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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Freudental (Landkreis Ludwigsburg)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des
Pädagogisch-kulturellen Centrums in Freudental: www.pkc-freudental.de
(hier auch aktuelle Informationen)
sowie die Website www.freudentaler-kulturwege.de
(mit zahlreichen Informationen zur jüdischen Geschichte vor
Ort)
Es besteht eine weitere
Seite mit Texten zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde Freudental
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde
(english
version)
Das Dorf Freudental gehörte nach dem Bayerischen Erbfolgekrieg erstmals
1504 bis 1506 zu Württemberg, wurde dann jedoch von Herzog Ulrich an Konrad
Schenk von Winterstetten um einen Teil des Dorfes Löchgau vertauscht. Im Laufe
des 16. und 17. Jahrhunderts wechselte es mehrfach den Besitzer, von 1685 bis
1697 war es wiederum württembergischer Besitz. Seit 1697 war der österreichische
Feldmarschall Hans Carl Graf von Thüngen Herr von Freudental, von 1719
an Freiherr Johann Gottlob Zobel von Gibelstadt (Giebelstadt). 1727 kam
das Dorf in den Besitz der Landhofmeisterin Wilhelmine Gräfin von Würben
geborene von Grävenitz (langjährige Mätresse des württembergischen Herzogs
Eberhard Ludwig); nach ihrem Sturz (1732) kam es am 20. August 1736 durch Kauf
erneut an Württemberg, das es als Stabsamt dem Kammerschreibereigut
einverleibte.
Bereits 1723 hatte Freiherr Johann Gottlob Zobel von Gibelstadt den
Schutzjuden Seligmann Wolff aus dem Kraichgauort Flehingen
mit seiner ganzen, aus sechs Haushaltungen bestehenden Familie in Freudental
aufgenommen. Die Familien durften in dem heruntergekommenen herrschaftseigenen
Neuen Bau ("Fürstliches Oberschloss), der seither wohl den Namen
"Judenschlösschen" trägt, sechs Wohnung einrichten. Die Familien
konnten für ihr gottesdienstliches Leben einen Betsaal einrichten und durften
gegen Bezahlung von zwei Gulden einen Friedhof
im Alleenfeld anlegen.
Zu weiteren Aufnahmen jüdischer Familien kam es unter Wilhelmine Gräfin
von Würben, die 1731 das Wohnrecht 24 jüdischen Familien in Freudental
gestattet. Seit dieser Zeit gab es auch einen Rabbiner am Ort. Mit dem
den Freudentaler Juden erteilten Schutzbrief wurden ihnen relativ großzügige
Rechte eingeräumt: sie durften eine Synagoge bauen, die bis zum Neubau von 1770
als Bet- und Versammlungshaus diente, ihren Friedhof einzäunen, ein Frauenbad
einrichten und einen Sabbat-Schlagbaum aufstellen. Im Ort hatten sie Anteil an
Wasser, Weide und Holz. Die Zahl der jüdischen Einwohner im 18. Jahrhundert
nahm zunächst noch langsam, dann aber sehr stark zu und erreichte um 1785
einen Höhepunkt, als es in Freudental 50 jüdische Familien mit zusammen 243 jüdischen
gegenüber 271 evangelischen Einwohnern gab. Während bis um 1800 die Zahl der
Einwohner Freudentals insgesamt bei ungefähr 500 konstant blieb, nahm die Zahl
der Juden gegenüber den Christen insgesamt wieder etwas ab: 1803 waren es in 40
jüdischen Familien 202 jüdische gegenüber 334 evangelischen Einwohnern.
Der Rabbiner Freudentals war im 18. und 19. Jahrhundert geistliches
Oberhaupt für alle jüdischen Gemeinden im württembergischen Unterland, die
keinen eigenen Rabbiner unterhalten konnte. Von 1769 bis 1817 war Alexander
Nathan Elsässer Rabbiner und trug zuletzt vermutlich den Titel eines württembergischen
"Landesrabbiners". Große Berühmtheit hat der sogenannte
"Wunderrabbi " Joseph Maier aus Schnaittach erlangt (Rabbiner in
Freudental von 1821 bis 1834). Nachdem 1832 Württemberg in 13 Rabbinate
aufgeteilt wurde, blieb Freudental weiterhin Rabbinatssitz.
Zu den einzelnen Rabbinern vgl. Publikation von J. Hahn über
Literaturverzeichnis unten.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1806 304 jüdische Einwohner, 1822 278, 1829 324, 1838 340, 1844 352,
1846 368, 1851 364 (48,2 % von insgesamt 755 Einwohnern), 1858 373, 1862 377,
1864 287, 1871 230, 1880 197, 1885 214, 1890 188, 1895 170, 1900 144 (29,4 % von
etwa 490 Einwohnern), 1905 114, 1910 72 (13,0 % von 556).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde im 19. Jahrhundert die
bereits genannte, 1770 erbaute Synagoge (s.u.), eine jüdische
Konfessionsschule (seit 1816, zunächst in gemieteten Räumen, seit 1862 in
einem eigenen Schulhaus, Strombergstraße 16: im Erdgeschoss Klassenzimmer, im
ersten Stock die Rabbinats-, später die Lehrerwohnung), ein rituelles Bad (im
19. Jahrhundert Seestraße 24) und einen Friedhof (alter
Friedhof bis 1811, neuer
Friedhof ab 1811).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Eugen Jordan (geb.
8.11.1888 in Freudental, gef. 2.4.1916), Isidor Levi (geb. 11.6.1889, gef.
24.8.1914), Isidor Manasse und Julius Marx.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden und
im Besitz jüdischer Personen/Familien befindlichen Handels- und
Gewerbebetrieben sind bekannt: Viehhandlung Josef Blum (Hauptstraße 8),
Viehhandlung Moritz Blum (Gartenstraße 2), Manufakturwarenhandlung Salomon Falk
(Seestraße 21), Viehhandlung Erich Jordan (Hauptstraße 18), Pferdehandlung
Abraham Levi (Pforzheimer Straße 1), Kleinviehhandlung Abraham Manasse (Seestraße
18), Handelsmann Max Marx (Pforzheimer Straße 4), Landwirt Moritz Herrmann [und
jüdischer Lehrer Simon Meißner] (Strombergstraße 11), Kolonialwarenhandlung
Ernestine Spatz (Pforzheimer Straße 8), Viehhandlung Julius Stein
(Strombergstraße 16), Viehhandlung Moritz Stein (Schlossstraße 23), Metzgerei
Emil Weil (Hauptstraße 15, abgebrochen), Pferdehandlung Leopold Wertheimer
(Hauptstraße 3).
1933 wurden noch 50 jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren
verließen über 30 von ihnen den Ort oder wanderten aus. Mehrere starben noch
in Freudental. Zu den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 siehe unten.
13 Personen wurden 1941 und 1942 von Freudental aus deportiert.
Von den in Freudental geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Karoline Gottlieb
geb. Marx (1896), Adolf Herrmann (1923), Frieda Herrmann (1881), Moritz (Moses
Leib) Herrmann (1874), Sidonie Herrmann geb. Rosenfeld (1895), Clara Jordan geb.
Rödelsheimer (1880), Hanna Krämer (1888), Käthe Krämer (1930), Sigmund Lasar
(1876), Ernestine (Esther Dina) Levi geb. Wertheimer (1863), Selma
Levi (1886), Sigmund Levi (1853), Else Löffler geb. Blum
(1892), Auguste Löwe (1871), Moritz (Manasse) Löwe (1863), Rosa Löwenthal
geb. Blum (1893), Karoline Marx geb. Gottlieb (1896), Regine Marx geb. Haugewitz
(1866), Samuel Marx (1894), Hedwig Metzger geb. Levi (1892), Johanna Metzger
(1905), Alma Richheimer geb. Levi (1883), Bertha (Bertel) Rosenfeld (), Hermann Rosenfeld (1923), Max Rosenfeld
(1887), Selma Rosenfeld geb. Stern (1898), Hannchen Stein geb. Ottenheimer
(1863), Joseph Stein (1868), Karoline Stein geb. Marx (1864), Sara Stein geb. Künstler (1869), Sara
Willenski (1901), Nanette Weil geb. Wertheimer (1868), Julius Wertheimer (1878).
Eine vollständige Liste aller zeitweise in Freudental lebender jüdischer
Personen, die in der NS-Zeit umgekommen sind, wurde noch nicht erstellt. Dazu
müssten auch Personen genannt werden wie das: Lehrerehepaar Joseph Wochenmark
(1880) und Bella geb. Freudenthal (1887) - Wochenmark war bis 1918 Lehrer in
Freudental.
1945/46 waren im Freudentaler Schloss (damals Kranken- und Pflegeheim
für "Displaced Persons", vor allem aus dem KZ Vaihingen/Enz) auch
jüdische Personen untergebracht. Von ihnen starben die beiden polnischen Juden
Jakob Nyss und Hirsch Harcryk, die im jüdischen Friedhof beigesetzt
wurden.
Persönlichkeiten. Marum Samuel von
Mayer (1797 Freudental-1862 Tübingen), Rechtswissenschaftler; 1821 Advokat
in Stuttgart, 1829 Privatdozent und 1831 Prof. des Rechts in Tübingen (1838 zum
Christentum konvertiert), 1849 und 1850 Rektor der Universität Tübingen.
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Die ersten Familien
wohnten im Bereich des Oberschlosses im Gebäude des heute noch sogenannten "Judenschlössles"
in der Strombergstraße (bis zur NS-Zeit "Judengasse"). In diesem Gebäude wurde
vermutlich auch bald ein Betsaal eingerichtet, möglicherweise in dem mit
einer Stuckdecke geschmückten Raum im ersten Stock.
Eine erste Synagoge wurde um 1735/38 erbaut.
In einer Übersicht von 1738 über die Freudentaler Juden werden bereits ein
Rabbiner mit Familie, ein Vorsänger und ein jüdischer Schulmeister genannt.
Diese erste Synagoge befand sich wahrscheinlich in einem Gebäude, das über dem
heutigen Keller zwischen Judenschlösschen und dem Treppenturm stand (d.h. im
heutigen Synagogenhof). 1750 wurde die Synagoge unter dem damaligen
Judenvorsteher David Ullmann erweitert. Nach seinen Angaben erhielt er im
Februar 1750 vom württembergischen Herzog "ein vier Schuh großes... in dem
herrschaftlichen Oberen Schlösschengarten befindliches und wüstliegendes Plätzchen"
für jährlich 10 Gulden zur Erweiterung der Synagoge. Die Baukosten für die
Erweiterung betrugen etwa 339 Gulden. Ullmann beklagte sich, dass ihm von den
damals im Schlösschen lebenden Juden nur etwa 116 Gulden ersetzt wurden.
Bereits 20 Jahre später musste die erste Synagoge durch
einen größeren Bau ersetzt werden. Sie scheint nicht sehr stabil gewesen sein,
da im Mai 1770 nach einem Bericht eine Seitenwand einfiel und der
Einsturz der Synagoge "allstündlich bevorsteht". Am 5. Juli 1770 schrieben die
jüdischen Gemeindevorsteher an den Herzog und baten ihn um Holz- und
Baumaterial aus den staatlichen Waldungen. Als Grund für ihre Bitte führten
sie auf: ihre Gebete für Herzog und Land, Beiträge zur Brandversicherung und
das herzogliche Waisenhaus in Stuttgart sowie ihre Schutzgelder. Der
Rentkammerrat reichte das Gesuch befürwortend an die Regierung weiter und wies
darauf hin, dass die Wiedererbauung der Synagoge für die Gemeinde um so härter
sei, da unter den Freudentaler Juden "nur wenige etwas Vermögen haben, alle übrigen
aber sehr arme Leute sind". Am 6. August erhielt die Gemeinde die sechs Eichen
aus den Wäldern der staatlichen Kammerschreiberei. Schließlich wurde auch ein
Baudarlehen von 1.000 Gulden auf ein bis zwei Jahre gewährt, um weiteres
Baumaterial und die Bauleute bezahlen zu können. Die neue Synagoge wurde im südlich
an die erste Synagoge angrenzenden Garten errichtet. Beim Bau orientierte sich
die Gemeinde am Baustil der Hugenottenkirchen, der in ganz Deutschland bei
zahlreichen jüdischen Gemeinden Nachahmung fand (z.B. sieht die Synagoge in Gröbzig,
Sachsen-Anhalt, der Freudentaler Synagoge zum Verwechseln ähnlich). Der
Baumeister der Freudentaler Synagoge ist unbekannt. Vielleicht war es der
Landesbaumeister des Herzogs Carl Eugen, Johann Adam Groß der Jüngere, der zur
selben Zeit in Brackenheim und Güglingen baute. Ein Meisterwerk der
Zimmermannskunst stellt vor allem der Dachstuhl dar, der im Innenraum den Einbau
eines hohen Muldengewölbes ermöglichte, das ursprünglich mit einem
Sternenhimmel bemalt war.
Mehrfach wurde die Synagoge renoviert, wobei unter anderem
die ovalen Ostfenster durch andere ersetzt und später ganz zugemauert wurden.
Probleme bereitete das schwere Walmdach, das die Nord- und Südwand nach außen
drückte, sodass Holzbalken durch das Muldengewölbe gezogen werden mussten. Bei
der Innenrenovierung der Synagoge 1888 wurde erstmals ein Inventarverzeichnis
angelegt. Damals gab es sieben Torarollen, deren Stifter mit Namen genannt sind,
dazu acht Toramäntelchen, Decken für den Almemor und die Kanzel, sowie je
einen Toraschrein-Vorhang für Werktage, Bußtage und Schabbat. 1895
wurde an der westlichen Südseite ein bis dahin bestehender torartiger Durchgang
zugemauert und außen eine Toilettenanlage angebaut. 1902/03 wurde ein Ofen
installiert. 1926 ist das Synagogengebäude unter Denkmalschutz
gestellt worden.
Am 9. September 1928 wurde in der Synagoge eine Gedenktafel
für die Gefallenen der jüdischen Gemeinde eingeweiht. Bezirksrabbiner Dr.
Beermann aus Heilbronn hielt die Ansprache. Der Gesangverein Freudentals
umrahmte die Veranstaltung und schloss mit dem bei solchen Feiern auch in
Synagogen gesungenen "Ich hatt’ einen Kameraden". In den 1920er-Jahren war
durch die Abwanderung vieler jüdischer Familien das Wochengebet (an den
Werktagen) in der Synagoge bereits schwierig geworden, da die Zehnzahl der Männer
nur noch schwer zustande kam. Man behalf sich in Freudental wie in manch anderen
Orten damit, dass man einen oder mehrere christliche Männer zum Gebet einlud.
In Freudental sollen manchmal bis zu drei Christen mit dem Hut auf dem Kopf und
rasch umgebundenen Gebetsriemen beim Wochentagsgottesdienst ausgeholfen haben.
Einweihung der Krieger-Gedenktafel in der Synagoge
(1928)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. September 1928: "Freudental.
Am Sonntag, den 9. September dieses Jahres vormittags 11 Uhr findet die
Einweihung der Krieger-Gedenktafel in der hiesigen Synagoge statt, wozu
das Israelitische Kirchenvorsteheramt Freunde und Gönner der Gemeinde
einladet. (s. Anzeige)." |
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Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. September 1928: Zum Lesen
bitte Textabbildung anklicken. |
Bis 1938 diente das Gebäude der jüdischen Gemeinde für
ihre Gottesdienste. Am 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der
Synagoge von auswärtigen SA- und SS-Leuten mit Äxten völlig zerstört. Zudem
wurde Feuer gelegt, das jedoch auf Einspruch der Nachbarn, die ein Übergreifen
der Flammen auf ihre Häuser befürchteten, wieder gelöscht wurde. Der
Ortsgruppenleiter Freudentals holte ein Fuhrwerk herbei und die aus den Häuser
zusammengetriebenen Juden wurden unter Geschrei und Schlägen gezwungen, die
Kult- und Einrichtungsgegenstände der Synagoge auf den Wagen zu verladen. Unter
lautem Gebrüll der Nazis wurden die Gegenstände auf den damaligen Freudentaler
Sportplatz gefahren, dort aufgeschichtet und angezündet. Die jüdischen Männer
mussten im engen Kreis um das Feuer stehen. Teilweise mussten sie sich
niederknien und singen und wurden von Frauen der NS-Frauenschaft auf das Feuer
zugetrieben. Abends warfen die BDM-Mädchen die letzten Fensterscheiben der
Synagoge ein. Jüdische Frauen mussten den voller Glasscherben und Dachziegel
liegenden Synagogenvorplatz unter Spott und Hohen von Zuschauern säubern.
Seit Kriegsbeginn wurde die Synagoge von der bürgerlichen
Gemeinde benutzt. Im ehemaligen Gotteshaus wurde Sport betrieben, nachdem man
sie notdürftig wieder mit Fenster versehen und das beschädigte Dach geflickt
hatte. Im März 1943 erwarb die Ortsgemeinde das Gebäude und wollte es künftig
auch als Turnhalle oder Lagerhalle nutzen. Im September 1949 musste das
Synagogengebäude an die jüdische Gemeinde Stuttgart zurückgegeben werden.
Diese verkaufte es gegen eine Nachzahlung 1954 wieder an die Gemeinde
Freudental, die es 1955 an einen Handwerksbetrieb veräußerte. Dieser
machte das Haus durch etliche entstellende Umbauten für seine Zwecke nutzbar.
Wegen des zunehmenden Verfalls in den folgenden zwei Jahrzehnten war der Abbruch
durch einen Beschluss des Freudentaler Gemeinderates Anfang Oktober 1979 schon
kaum mehr aufhaltbar.
Der Beschluss des Freudentaler Gemeinderates 1979
mobilisierte eine Anzahl interessierter und engagierter Bürger aus Freudental
und Umgebung, die sich 1980 zu einem "Förder- und Trägerverein ehemalige
Synagoge Freudental e.V." zusammenschlossen, der das Ziel hatte, die
Synagoge zu erhalten und sinnvoll zu nutzen. Viele namhafte Persönlichkeiten
unterstützten die Bemühungen des Vereins. Im März 1981 konnte der Verein für
110.000 DM das Synagogengebäude vom bisherigen Besitzer kaufen. Gleichzeitig
begannen erste Bauarbeiten und Planungen der Restaurierung unter den Architekten
Walther-Gerd Fleck und Heinrich Kling. Bei den Restaurierungsarbeiten wurden im
Dachstuhl in einer sogenannten Genisa (Aufbewahrungsort ausgedienter Schriften)
zahlreiche wertvolle Gegenstände und Schriften gefunden, darunter Tora-Wimpel,
Gebetsriemen, jüdische Kalender usw.
Nicht nur die Synagoge, die als Kulturdenkmal von
besonderer Bedeutung gilt, wurde restauriert. In Nebengebäuden wurden 24 Übernachtungsmöglichkeiten
in Einzel- und Zweibettzimmern, dazu Seminarräume und ein Kommunikationsraum im
großen Gewölbekeller eingerichtet. Der gesamte Bauaufwand betrug 2,4 Millionen
DM. Am 17. Januar 1985 konnte das Gebäude als "Pädagogisch-kulturelles Centrum
Ehemalige Synagoge Freudental e.V." eingeweiht werden. Seither finden regelmäßig
Seminare, Tagungen, Ausstellungen, Vorträge, Theater- und Konzertabende im
renovierten Gebäudekomplex statt. Das PKC steht seit 1991 in der Trägerschaft des Landkreises Ludwigsburg. 2003 wurde
das Gebäude durch einen gläsernen Anbau im Synagogenhof erweitert. Im Sommer
2008 (August/September) wurde der Innenraum erneut restauriert.
Fotos
Historisches Foto:
(Quelle: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in
Württemberg. 1932 S. 75)
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Die Synagoge in Freudental um
1930 |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto um 1964
(Quelle: Nebel s. Lit.) |
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Die ehemalige Synagoge wird
als Handwerksbetrieb verwendet |
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Fotos 1983: Die Restaurierung
der ehemaligen Synagoge
(Fotos: Hahn) |
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Ehemalige Synagoge von
der
Ostseite gesehen |
Inschrift (Jahreszahl) über
dem Eingang zum Betsaal |
Im ehemaligen
Betsaal |
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Foto 1984:
Jüdische Lehrer aus Israel
beim Gebet in der ehemaligen Synagoge
(Foto: Hahn) |
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Die orthodox-jüdischen Lehrer
waren zu "Toralernwochen" der
Evangelischen
Landeskirche in Württemberg im Land
und an diesem Tag auf einer Rundfahrt |
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Fotos um 1985:
(Fotos: E. Tschepe, Ludwigsburg)
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Das Innere der ehemaligen Synagoge nach Abschluss der Renovierung |
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Fotos 2003:
(Hahn; Aufnahmedatum 7.8.2003)
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Hinweistafel in der
Strombergstraße |
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Die ehemalige Synagoge vom
Synagogenhof gesehen |
Hinweistafel am Gebäude |
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Blick über den Synagogenhof |
Der Hochzeitsstein (vgl. Seite
über Hochzeitssteine) |
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Das "Judenschlössle" |
Hinweistafel am "Judenschlössle" |
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Zur ständigen Ausstellung in der
ehemaligen Synagoge gehören Funde
aus der Genisa |
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Gedenksteine am Rathaus
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.6.2004) |
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Am Rathaus in
Freudental stehen zwei Gedenksteine, in denen namentlich an
das Schicksal
der Freudentaler Juden in der NS-Zeit erinnert wird |
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Fotos 2004/05
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum
19.3.2005; Fotos mit *: PKC Freudental |
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Nach
Umbaumaßnahmen im Innenhof konnte beim Stiftungsfest 2004 der neue gläserne
Anbau vorgestellt werden |
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Blick aus dem gläsernen Anbau
zum "Judenschlössle" |
Stiftungsfest 2004* |
Das
"Judenschlössle" |
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Fotos Herbst 2005
(Fotos: Hahn, 16.11.2005) |
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Blick auf die
ehemalige
Synagoge |
Blick von der
ehemaligen
Frauenempore |
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Der gläserne Anbau |
Im gläsernen
Anbau |
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Inschrift (Jahreszahl) über
dem
Eingang zum ehemaligen Betsaal |
Ausstellung / Seminarraum auf
der
ehemaligen Frauenempore |
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Torawimpel |
Funde aus der
Genisa |
Blick zum
"Judenschlössle"
vom Synagogenhof |
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Fotos Sommer 2008
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 18.7.2008) |
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Der Lehrerausflug
des Kollegiums eines Stuttgarter Gymnasiums führt in die ehemalige Synagoge -
Bericht durch den Leiter des PKC Freudental Ludwig Bez |
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Standort des ehemaligen
Toraschreines,
rechts davon Gemälde von
Maurycy Gottlieb |
Blick zur Frauenempore mit
Stuck
an der Decke des ehemaligen Betsaales |
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Außenaufnahmen -
vor der ehemaligen Synagoge |
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Erinnerung an Irvin Stein -
Wegbezeichnung
unweit der ehemaligen Synagoge |
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Hinweistafel mit
Text: "Dieser Weg ist unserem ehemaligen jüdischen Mitbürger Irwin
Stein gewidmet, stellvertretend für alle Angehörigen der früheren
jüdischen Gemeinde. Irwin Stern entging dem Konzentrationslager durch
Emigration nach Israel und hat bis zu seinem Tod 1989 seine Geburts- und
Heimatgemeinde mehrmals besucht." |
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Andernorts entdeckt -
Grabstein im jüdischen Friedhof des
Konzentrationslagers Gurs /Südfrankreich
(Foto: Benigna Schönhagen, August 2022) |
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In Gurs erinnert im
jüdischen Friedhof ein Grabstein an den
aus Freudental stammenden Siegmund Levi (1853-1941);
Levi wurde von Mannheim aus nach Gurs deportiert,
vgl.
https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/gurs_biogramme/4196/Levi+Sigmund
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Der jüdische Friedhof
des KZ Gurs.
Insgesamt fünf aus Freudental stammende Personen wurden
nach Gurs deportiert, weitere Hinweise zu deren Schicksal
siehe
Informationen bei leo-bw.de
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte (siehe hierzu vor allem die
Website des www.pkc-freudental.de)
Literatur-Neuerscheinung
2009: |
Foto
links: Autor Steffen Pross (links und Ludwig Bez vom
Pädagogisch-Kulturellen Centrum Ehemalige Synagoge Freudental mit einem
Plakat des neuen Buchs (Bild: Alfred Drossel).
Artikel von Andrea Nicht-Roth am 22. Juli 2009 in der "Ludwigsburger
Kreiszeitung" (Artikel):
FREUDENTAL. Von wieder gefundenen Lebensgeschichten.
Das Buch ist spannend – und es tut weh: "Freudental ’38 – Eine
Ermittlung" spürt der Geschichte der Freudentaler Juden auf neuen Pfaden nach und kommt zu neuen Erkenntnissen. Autor ist der Ludwigsburger Journalist Steffen Pross. Am Montag hat er die
"Ermittlung" in der Ehemaligen Synagoge Freudental der Öffentlichkeit vorgestellt.
Eine Collage historischen Materials nennt Steffen Pross (er ist im "Hauptberuf" stellvertretender Leiter der Kreisredaktion der Ludwigsburger Kreiszeitung) seine Arbeit, die auf den Quellen basiert, die auch Theobald Nebel, dem ersten Erforscher der jüdischen Geschichte Freudentals, zur Verfügung standen, aber noch weit darüber hinaus geht.
Nebel, der inzwischen verstorbene Besigheimer Lehrer, hatte bereits vor 20 Jahren die Geschichte der Freudental-Juden beschrieben. Die Erinnerungstafeln in Freudental gründen auf seinen Erkenntnissen.
"Nach 20 Jahren ist es an der Zeit, neue Fragen zu stellen", sagt Pross, zumal ihm andere Möglichkeiten der Recherche zur Verfügung standen – im Internet etwa.
In sechs Kapiteln schildert das Buch an Hand von Zeitungsausschnitten, Ratsprotokollen, Briefen, Bildern, Gesprächen, Vernehmungsakten der Spruchkammer und deren Urteilen, wie sich das Netz um die jüdischen Bürger Freudentals immer enger zog, wie die Hetze der Nazi-Presse immer hemmungsloser wurde, die wirtschaftliche Lage der jüdischen Bauern, Textil- und Viehhändler immer verzweifelter, wie das jüdische Leben in Freudental schließlich in Verfolgung und Deportation erstarb.
Den Dokumenten gibt Pross durch erklärende Zwischentexte eine zwingende Dramaturgie, die den Leser tiefer und tiefer in den Alltag des Jahres 1938 hineinzieht. Da erzählt eine Margot Rubin im Juli 1997 einer Besigheimer Schülergruppe, wie sie mit ihrer Mutter Fleisch kaufen gegangen ist, bis das Schächten ganz verboten war. Da geht es im Gemeinderat um die Frage, ob die Judengasse – die heutige Strombergstraße – umbenannt werden soll und dass im Hirsch
"Juden unerwünscht" waren. Immer schneller dreht sich die Spirale von Hetze und Gewalt und die nüchternen Texte verschärfen das Entsetzen: Der Bietigheimer Roßmarkt sei der erste
"judenfreie Pferdemarkt" in Württemberg, jubelt die NS-Rundschau und kennt keine Hemmungen: Der Jude Wertheimer habe seine Latrinengrube ausgepumpt und
"die ganze Schweinerei" aus dem "Judenabort" in den Steinbach gepumpt, empört sich das Blatt und wird nicht müde
"jüdische Ungezogenheiten" abzudrucken – mit voller Namensnennung, versteht sich. Der
"Judenlehrer" verreise sehr viel mit dickbauchigen Aktentaschen, der Textilhändler Wertheim schleiche jeden Tag mit einem anderen Auto in die Dörfer –
"die Hetze in der Zeitung war eine wirkliche Überraschung", sagt Steffen Pross über seine Recherche.
Am Tag nach der Pogromnacht wird in Freudental die Synagoge geschändet. Es waren
"koi Freudetaler" erinnern sich später Zeitzeugen; der Schlägertrupp kam wohl vor allem aus Ludwigsburg. Was einige aber offenbar nicht hinderte, sich zu bedienen. Nein, sie habe keinen Silberbecher aus der Synagoge geholt, gab eine Frau nach dem Krieg zu Protokoll, nur einen auf der Straße gefunden.
Pross nennt die Namen der jüdischen Opfer und ihrer – wenigen – Helfer. Es gehe, schreibt er, um die Identität, die man ihnen rauben wollte. Nichtjüdische Dorfbewohner, ob Unbeteiligte, Mitläufer oder Täter sind anonymisiert – mit Ausnahme der Ortsgruppenleiter, der Bürgermeister und anderer höherer Parteifunktionäre. Im Rahmen seiner Recherchen hat Pross, ein studierter Historiker, neue Erkenntnisse zu Tage gefördert: Aus Freudental kamen nicht 14 Opfer wie angenommen, sondern 33 – bisher. Er hat sie alle am Ende des Buchs aufgelistet und sagt
"darauf bin ich wirklich stolz". Sein Ehrgeiz: Allen 33 mit einer Kurzbiografie ihre Geschichte wieder zu geben –
"dem nähere ich mich langsam an".
Denn der zweite Band der Reihe ist bereits in Arbeit und umfasst die Jahre bis 1942. Die Konsequenz aus der mühevollen akribischen Kleinarbeit ist, dass viele Angaben auf der Gedenkplatte am Rathaus nach seinen Forschungen nicht mehr stimmen und manches in der Geschichte der Freudentaler Juden umgeschrieben werden muss.
Info: Das Buch ist unter ISBN 978-3-9809962-3-5 zum Preis von fünf Euro im Buchhandel zu bestellen |
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Januar 2010:
25 Jahre Pädagogisch-Kulturelles Centrum in der
ehemaligen Synagoge - ein Gespräch mit dem Leiter Ludwig Bez
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Artikel in der "Stuttgarter
Zeitung" vom 16. Januar 2010: "DIE BEGEGNUNGSSTÄTTE UND IHR LEITER
- 'Arbeit ist Teil der Versöhnung'
Freudental. In der ehemaligen Synagoge im Norden des Landkreises Ludwigsburg wirbt das Pädagogisch-Kulturelle Centrum seit 25 Jahren um Toleranz und Verständnis.
Zur Person Ludwig Bez ist 1949 in Kirchheim/Teck geboren ist und hat Sozialpädagogik, Theologie und Sport studiert. Bez arbeitete als Lehrer, bis er von Beginn an die Leitung des PKC übernahm. 1979 war er erstmals nach Israel gereist und hatte in einem Kibbuz gelebt. Dort traf er Überlebende der Nazizeit. "Der Kibbuz ist der Ort meiner sozialen Geburt", sagt der 61-Jährige.
Die Synagoge Die 1770 errichtete Freudentaler Synagoge überstand die Pogromnacht 1938, wenn auch beschädigt. 1979 wäre das Gotteshaus wegen seiner starken Baufälligkeit fast abgerissen worden. Aber 1980 schlossen sich engagierte Bürger aus Freudental und Umgebung zu einem Förderverein zusammen. Dessen Ziel war es, die Synagoge zu erhalten. An der Spitze des Vereins stand der inzwischen verstorbene Verleger Heinz M. Bleicher, der Vorstandssprecher der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Stuttgart. Dem Verein gelang es, das Gebäude zu retten. Am 17. Januar 1985 wurde die alte Synagoge als Begegnungsstätte eingeweiht. Am morgigen Sonntag wird diese Gründung von 15 Uhr an mit dem 25. Stiftungsfest gefeiert. ily
Wir wollen das Erinnern mit F ragen der Gegenwart und der Zukunft verbinden", sagt Ludwig Bez, der Leiter des Centrums in Freudental. Die Gedenkstättenpädagogik habe sich verändert, erklärt er im Interview.
Herr Bez, wieso braucht es Orte wie die ehemalige Freudentaler Synagoge? Solche Orte sind mitten unter uns und fragen nicht, ob wir sie brauchen. Sie sind Zeugen unserer Geschichte und regen uns an, Fragen zu stellen: Wo sind die Menschen, die sich früher hier zum Gebet versammelt haben? So ein Ort fordert uns auf, sich genau zu erinnern. Erinnern braucht aber auch einen Gegenwartsbezug.
Wie meinen Sie das? Die Gedenkstättenpädagogik der 60er Jahre beschäftigte sich vorwiegend damit, an die Gräueltaten der Nazis und die Ermordung der Juden zu erinnern. Anfangs standen vor allem die Opfer im Blickpunkt, später die Täter. Wir wollen heute das Erinnern mit Fragen der Gegenwart und Zukunft verbinden.
Wäre es den Freudentalern nicht lieber gewesen, man hätte vor 25 Jahren die Synagoge als "steinernes Gewissen" abgerissen? Ja, es gab Leute, die eine Renovierung vehement abgelehnt haben. Aber im Ort gab es auch eine Bürgerinitiative, die den Erhalt der Synagoge gefordert hat. Die Spaltung ging durch ganze Familien. Einerseits waren da noch die stillen Bewunderer Hitlers. Auf der anderen Seite gab es diejenigen, die damals den jüdischen Nachbarn zur Flucht verhelfen konnten.
Wie ist die Reaktion auf das PKC heute? Überwiegend positiv. Seit Jahren kommen Vereine und Gruppen aus dem Dorf in die ehemalige Synagoge und berichten über ihre eigene Familiengeschichten in den Jahren von 1933 bis 1945.
Gehen die Menschen heutzutage offener mit dem Thema um? Ja, vor allem die jüngeren Menschen. Früher ist es vielen schwergefallen, über jene Zeit zu reden. Die unheilvolle Verstrickung mancher Bürger war offenkundig. Auch in Freudental hat man vom Massenmord an den Juden profitiert. Mehr als 30 Freudentaler wurden deportiert und ermordet. Andere konnten durch Emigration und Flucht ihr Leben retten.
Gibt es Kontakte zu jüdischen Familien, die in Freudental gelebt haben? Ja, der Aufbau und die Pflege von Kontakten zu Nachfahren jüdischer Familien aus Freudental ist ein wichtiger Bestandteil unserer Begegnungsstätte. Wir haben mehr als 60 Adressen von Familienangehörigen der zweiten und dritten Generation.
Ist die Arbeit des PKC mit Erinnern, Lernen und Begegnen erfolgreich? Die Resonanz spricht für uns. Ich erlebe vor allem, dass der Wunsch nach konkreter Erinnerung zunimmt und dass die Nachfrage für unsere Angebote wächst. Menschen haben ein Bedürfnis nach authentischer Geschichtsvermittlung. Wir bleiben dabei nicht in der Vergangenheit stehen, sondern suchen den Bezug zur Gegenwart, auch außerhalb Freudentals auf Exkursionen und Studienreisen.
Wie sieht das aus? Bei Begegnungen von Jugendlichen in Israel setzen wir uns mit der Geschichte auseinander. Wir beschäftigen uns aber auch mit der aktuellen Situation. Wir sprechen mit Menschen, die unter den politischen Gegebenheiten leiden.
Wird das nicht als falsche Parteinahmen interpretiert? Man ist immer in der Gefahr, falsch verstanden zu werden. Wer früher Gedenkstättenpädagogik betrieb und sich mit den Gräueltaten der Nazis beschäftigte, galt als Verräter an der eigenen Nation und der eigenen Geschichte. Heute heißt es: Ich dachte, du bist ein Freund Israels, jetzt bist du für die Araber. Darum geht es nicht. Ich habe jüdische und arabische Freunde in Israel. Freundschaften sind wichtiger als Bekenntnisse zu einer Politik oder einer Nation.
Ist die Arbeit des PKC auch ein Beitrag zur deutsch-israelischen Versöhnung? Unsere Arbeit ist Teil des globalen Versöhnungsprozesses, an dem viele Menschen in unserer Welt arbeiten. Das Verhältnis zwischen Deutschland und Israel spielt dabei für uns in Freudental aber eine besonders wichtige Rolle.
Die Fragen stellte Martin Willy." |
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Juni 2013:
Weitere Publikation von Steffen Pross |
Siehe unten bei den Literaturhinweisen |
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Juli 2015:
Zweiter Preis eines Landeswettbewerb für eine Kooperation zwischen dem PKC
Freudental und der Uhlandschule Marbach |
Artikel in der "Südwestpresse" vom 17. Juli
2015: "'Wir können das schaffen'
'Förderschüler beeindrucken Gedenkstättenbesucher' ist der Titel eines
Projekt der Uhlandschule Marbach in Kooperation mit dem PKC Freudental.
Kultusminister Andreas Stoch würdigte dies mit dem zweiten Preis des
Landeswettbewerbs.
Im Rahmen des Wettbewerbs des Kultusministeriums 'Menschenrechte in
Baden-Württemberg' wurde das Projekt der Uhlandschule Marbach in Kooperation
mit dem Pädagogisch-Kulturellen Centrum Ehemalige Synagoge Freudental (PKC),
wie bereits gemeldet, mit dem zweiten Preis belohnt. Die Jury überzeugte die
Idee der Klasse 9 der Marbacher Förderschule: Unter dem Projektmotto
'Förderschüler beeindrucken Gedenkstättenbesucher' waren die Schüler
regelmäßig zu Veranstaltungen des PKC präsent. Sie halfen bei der
Bestuhlung, nahmen den Gästen die Jacken ab und arbeiteten bei der Bewirtung
mit. Im Vorfeld haben sich die Schüler intensiv mit der Geschichte und den
Aufgaben des PKC Freudental auseinandergesetzt. 'Für Marcel und Max ist es
selbstverständlich, Gäste über die Funktion der früheren Synagoge zu
informieren, und Carmen kann detailliert Auskunft geben, wie der Abend
abläuft', betonen Isolde Siegers und Barbara Schüßler, Leiterinnen des PKC
Freudental. Die Neuntklässler Halil und Egzon haben gemeinsam mit den
Mitschülern ihr Projekt auch bei der Preisverleihung im Kultusministerium
präsentiert. Schulleiter Bernd Schlegel, gleichzeitig Fachlehrer Ethik an
der Marbacher Uhlandschule, freut sich vor allem am gewachsenen
Selbstbewusstsein der Schüler. Halil fasst es treffend zusammen: 'Als
Förderschüler hat man immer Angst, gegen die Gymnasiasten keine Chance zu
haben. Aber unser Rektor hat immer wieder gesagt, dass wir das schaffen
können.' Auch Siegers und Schüßler erlebten die Kooperation als
gewinnbringend: 'Die Schülerinnen und Schüler sind ein selbstverständlicher
Teil des Teams. Ihre Sichtweise auf das PKC ist bereichernd für den Umgang
miteinander.' Die Klasse 9 wird die Schule verlassen. Den Kontakt zum PKC
Freudental wollen sie halten und auch weiterhin bei Veranstaltungen
mithelfen. Das Projekt wird durch die Schüler des kommenden Jahrgangs
fortgesetzt. Verbunden mit dem Preis des Kultusministeriums ist ein Zuschuss
in Höhe von 6000 Euro für eine Studienfahrt mit gedenkstättenpädagogischem
Schwerpunkt nach Polen. An dieser Fahrt, die im Herbst dieses Jahres
stattfinden soll, werden dann Schüler aus beiden Klassen teilnehmen. Schon
vorher wird die dann neue Klasse 9 der Uhlandschule Marbach nach Freudental
ins PKC kommen, um die Geschichte der ehemaligen Synagoge zu erarbeiten und
sich auf die Betreuung der Gäste vorzubereiten. Ziel ist es, die Gegenwart
aus der Geschichte verstehen zu lernen. Aber auch, dass Jugendliche, die
sich selbst am Rand der Gesellschaft stehend erleben, Selbstbewusstsein
gewinnen, heißt es in einer Mitteilung des PKC. So werde in einem sehr
praktischen Projekt umgesetzt, was Kultusminister Stoch in seiner Rede zur
Preisverleihung sagte: 'Gedenken für das Unrecht der Vergangenheit und
Aufmerksamkeit für unsere Mitmenschen in der Gegenwart sind auf das Engste
miteinander verflochten.'"
Link zum Artikel |
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August 2015:
Über den Fund der Genisa in
Freudental |
Artikel von Rüdiger Rüster in der
"Südwestpresse" vom 1. August 2015: "Geschichte wird greifbar. Nicht mehr
gebrauchte religiöse Schriften und Kultgegenstände haben Juden nicht
weggeworfen, sondern aufbewahrt - in einer Genisa. Bei der Sanierung der
Freudentaler Synagoge wurde eine solche Genisa auf dem Dachboden gefunden.
Martin Haußmann, in den 1980er-Jahren im Vorstand des Förder- und
Trägervereins Ehemalige Synagoge Freudental, erinnert sich heute noch genau
an den Abend der Entdeckung der Genisa. "Wir stiegen auf einer schmalen
Leiter von der Frauenempore hinauf zu einer kleinen Luke im hohen
Muldengewölbe der Synagoge." Bewusst habe man für das waghalsige Unternehmen
die Dunkelheit abgewartet, "damit durch die Sprossen der tief unter uns
liegende Boden nicht zu erkennen war und Höhenangst erst gar nicht aufkommen
konnte", so Haußmann heute. Im Schein der Taschenlampen entdeckten Haußmann
und andere neugierige Forscher dann zwischen den Balken des Dachgestühls die
Genisa - ein Sammelsurium an Gebetsbüchern, Kalendern, Aufzeichnungen,
Textilien, Stoff- und Lederbeuteln sowie Gebetsriemen. Überzogen waren die
modrigen Haufen mit Dreck und Staub aus rund zwei Jahrhunderten. Mühsam in
Plastiksäcken gesammelt, wurde der Fund an Seilen zu Boden gebracht und im
Rathaus gelagert. Martin Haußmann, damals als Restaurator im
Württembergischen Landesmuseum tätig, hat sich in seiner Freizeit der
Schriftstücke angenommen, diese gereinigt und geglättet. Erstmals bei der
offiziellen Einweihung des PKC im Januar 1985 konnten Exponate aus dem
Freudentaler Genisa-Fund ausgestellt werden. Danach waren etliche Experten
am Werk, die einen kleinen Teil des gefundenen Materials wissenschaftlich
unter die Lupe nahmen. Unter dem Motto "Das verborgene Erbe der jüdischen
Gemeinde Freudentals" wurde 1997 auf der Frauenempore der ehemaligen
Synagoge eine Dauerausstellung eröffnet. Dort befindet sie sich noch heute.
Für Barbara Schüßler, Leiterin des Pädagogisch-Kulturellen Centrums (PKC)
ist die Ausstellung von besonderem Wert. "Die Exponate geben uns wichtige
Aufschlüsse über die kulturhistorische Geschichte im Allgemeinen sowie des
Landjudentums." Bei ihren Führungen spielt die Ausstellung meist eine Rolle,
weil "durch die Objekte in den Vitrinen Geschichte wirklich greifbar ist",
erklärt die Geschäftsleiterin. In der entdeckten Genisa befanden sich
wertvolle Fundstücke wie etwa ein gebetsartiger Willkommensgruß an Herzog
Friedrich II. von Württemberg, den späteren König Friedrich I. von
Württemberg. Dieser in Hebräisch verfasste Gruß ist ein Exponat unter
vielen. Die Zeilen stammen aus der Feder des Freudentaler Rabbiners Nathan
Elsässer. Am 25. Mai 1801 schrieb sie der Rabbiner aus Anlass des hohen
Besuchs von Herzog Friedrich II. von Württemberg. Der Herzog war anfangs des
Jahres 1801 aus dem Exil in Erlangen nach Württemberg zurückgekehrt und
machte danach auch Station in Freudental. In der Stromberggemeinde befanden
sich damals das dem Haus Württemberg gehörende Schloss und die
herrschaftlichen Jagdreviere. Die im Ort ansässigen Juden waren stets auf
das Wohlwollen und den Schutz des Landesherrn angewiesen. Deshalb sprachen
sie in der Synagoge regelmäßig ein Gebet für den Landesherrn aus. Der in der
Genisa gefundene Willkommensgruß beginnt mit den Worten: "Dies ist der Tag,
den wir ersehnt, nach dem unsere Seele verging" Und an anderer Stelle der
fünfseitigen Schrift heißt es: "Erfülle die Hoffnung der Armen. Erbarme dich
unser. Und in deinem Schatten verbirg uns vor falscher Rede. Über Tand und
Nichtigkeit möge Gott dich erheben. Gedenk, dass wir ein Abbild Gottes sind"
Die Schrift sei ein bedeutendes historisches Dokument, sagt Barbara Schüßler.
Dennoch fällt es ihr schwer, ein Exponat aus der Sammlung besonders
hervorzuheben. Die Geschäftsführerin verweist auf bunte Torawimpel und
Schmuckbänder, die zum Laubhüttenfest aufgehängt wurden, Schuldscheine und
Taschenkalender. Ihr Lieblingsstück ist das Fragment eines Werbezettels in
hebräischer Schrift. Die Landkaffeemanufaktur in Vaihingen warb damit für
koscheren Zichorienkaffee. Auch dieser gelbe Fetzen Papier wurde Anfang der
1980er-Jahre auf dem Dachboden gefunden. Was in der Freudentaler Ausstellung
zu sehen ist, ist jedoch nur ein Bruchteil dessen, was vor mehr als 30
Jahren gefunden wurde. Der größte Teil des Funds lagert noch in Kisten und
wartet auf eine wissenschaftliche Aufarbeitung."
Link zum Artikel |
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Zum Tod von Ludwig Bez am 26. November
2016
Links Traueranzeige des PKC Freudental: "Das Pädagogisch-Kulturelle
Centrum Ehemalige Synagoge Freudental e.V. trauert um seinen langjährigen
Geschäftsleiter
Ludwig Bez,
der völlig überraschend am 26. November 2016 von uns gegangen
ist.
Die Gründung unseres Vereins ist ganz wesentlich auf seinen Einsatz
zurückzuführen. Mehr als dreißig Jahre hat er unsere Arbeit geprägt.
Er war Kopf, Herz und Seele des PKC. Er hat maßgeblich dazu beigetragen,
dass die ehemalige Synagoge Freudental heute ein Ort der Erinnerung, der
Begegnung und des Lernens ist. Vor allem seinem Wirken sind unsere engen
Beziehungen nach Israel zu verdanken. Toleranz, Abbau von Vorurteilen und
gelebte Völkerverständigungen waren ihm wichtig. Diese
Grundüberzeugungen hat er gerade auch jungen Menschen vermittelt. Der Dialog
der Kulturen stand im Zentrum vieler Reisen in die ganze Welt, die er
geleitet hat.
Wir sind Ludwig Bez zu großem Dank verpflichtet und werden sein Andenken
in Ehren halten. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Marlis und seiner
Tochter Christiane sowie der ganzen Familie.
Herbert Pötzsch 1. Vorsitzender Isolde
Siegers Leiterin Geschäftsstelle Barbara
Schüßler Leiterin Pädagogik & Kultur." |
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Nachruf von Steffen Pross in der "Ludwigsburger Kreiszeitung"
vom 29. November 2016:
"Der Menschenfischer von Freudental ist tot.
Ludwig Bez hat das PKC erfunden und es in 28 Jahren zu einer weltweit
anerkannten Institution gemacht..."
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken. |
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Auch
die Mitglieder und Freunde der Arbeitsgemeinschaft "Alemannia Judaica"
sind tief betroffen über dem Tod von Ludwig Bez. Viele von uns erinnern
sich sehr gerne an die Jahrestagung 2009,
die von Ludwig Bez für die TeilnehmerInnen in Freudental organisiert und
durchgeführt wurde (Foto links). Wir haben ihm viel zu
verdanken! |
Dezember 2017:
Das Schächthaus wurde abgebrochen
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Im Dezember 2017 wurde das ehemalige
jüdische Schächthaus in Freudental abgebrochen. Die Fleischerhaken und
die Wandgraffiti (vgl. Artikel) wurden geborgen und konserviert.
Dazu Artikel von Steffen Bross in der Ludwigsburger Kreiszeitung vom
25./26. November 2017: "Zeitzeuge aus Fachwerk: das Schächthaus
der Freudentaler Juden. Auch die Spuren der 'Arisierung' sind noch
unsichtbar..." Link
zum Artikel (pdf-Datei, eingestellt mit freundlicher Genehmigung des
Verfassers) |
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November 2019:
Interview zu den Genisa-Funden
in Freudental mit Prof. Andreas Lehnardt (Mainz)
Anmerkung: Das Interview wurde
anlässlich eines Vortrages von Prof. Lehnardt in Freudental geführt.
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Artikel von Michael Bosch in der
"Stuttgarter Zeitung" vom 22. November 2019: "Interview: Genisa-Fund in
Freudental. Mäuse verschonen religiöse Schriften und Gegenstände
Judaistik-Professor Andreas Lehnardt von der Johannes Gutenberg Universität
in Mainz erzählt im Interview, warum der Genisa-Fund in Freudental etwas
ganz Besonderes ist
Freudental - Bereits 1981 wurde in Freudental eine spektakuläre Entdeckung
gemacht. Nun haben Wissenschaftler die Funde untersucht und eingeordnet.
Herr Lehnardt, für alle jene, die sich nicht so gut mit dem Judentum
auskennen wie Sie, erklären Sie doch einmal, was eine Genisa ist.
Eine Genisa ist ein traditioneller Lagerraum für gebrauchte religiöse
Gegenstände und liturgische Schriften. Die jüdischen Bräuche erlauben es
nicht, dass sie einfach im Altpapier entsorgt werden. Da ist die Ehrfurcht
vor dem Heiligen und der Religion einfach zu groß.
In Freudental hat man die Schriften bereits 1981 unter dem Dach gefunden.
Warum wurden sie jetzt erst untersucht? Nach dem Fund wurden
die Stücke nur kurz untersucht, einige bedeutende Funde sind seitdem auch in
der Ausstellung auf der Frauenempore zu sehen gewesen. Mein Team und ich
haben jetzt alles an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz
identifiziert und katalogisiert. Das Projekt wurde von der Rothschild
Foundation in London gefördert.
Wie lang hat die Arbeit gedauert? Drei Jahre. Es waren heiße
Sommer für meine Mitarbeiter.
Und was genau enthielt die Genisa? Das sind unzählige Schriften,
teilweise auch nur winzige Schnipsel. Es wurden zum Beispiel alte Textilien
und einige sehr schöne Tora-Wimpel gefunden. Unter den Fundstücken befinden
sich Schriften ab dem 17. Jahrhundert bis in das 19.
Kennen Sie vergleichbare Funde? Für Süddeutschland ist es ein
besonderer Fund. Wir kennen ähnliche Sammlungen beispielsweise aus Franken,
aber im Kreis Ludwigsburg gab es so etwas zuvor nicht.
Warum? Viele Synagogen wurden zerstört, dann gab es im 19.
Jahrhundert die Landflucht – und viele jüdische Gotteshäuser sind inzwischen
auch verkauft. In Freudental wurde die Synagoge zwar 1938 geplündert, aber
nicht angezündet, weil die Bebauung dort zu dicht war. Häufig ist es bei
solchen Funden auch einfach der Zufall, der hilft. In Freudental wurden die
Stücke auf dem Dachboden in einer Ecke gefunden, teilweise waren die
Schriften unter den Balken gelagert. Man hat sie entdeckt, als das Dach neu
gedeckt wurde.
Ist es normal, dass die Schriften noch so gut erhalten sind, wenn sie
einfach unter dem Dach liegen? Nein, in Freudental sind sie schon
sehr viel besser erhalten als anderswo. Ich mache immer den Scherz, dass die
Mäuse dort wahrscheinlich gut Hebräisch lesen konnten. Aber es sah dort
schon so aus, als hätte man die Kehrwoche nicht vernachlässigt.
Was werden Sie den Zuhörern bei ihrem Vortrag am Sonntag präsentieren?
Ich werde einfach ein paar besondere Texte vortragen, schöne
Erzählungen und Fabeln. Wir wollen einfach ein bisschen in die jüdische
Literatur rein schmökern."
Link zum Artikel |
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Juli 2020:
Der Erweiterungsbau des
Pädagogisch-kulturellen Centrums ist fertig |
Artikel von Gabriele Szczegulski in der
swp.de vom 29. Juli 2020: "Schlüsselübergabe für PKC-Anbau Neubau ist ein
Beitrag zu einer positiven Zukunft
Freudental. 'Wer baut, glaubt an die Zukunft', sagte Herbert Pötzsch,
Vorsitzender des Pädagogisch Kulturellen Cetrums Ehemalige Synagoge (PKC),
in Freudental bei der Übergabe des neuen Anbaus an die Leiter Isolde Siegers
und Michael Volz am Mittwoch. Die symbolische Schlüsselübergabe übernahm
Landrat Dieter Allgaier. Denn der Landkreis ist als Eigentümer des
Gebäudeensembles auch Bauherr und hat die Kosten von 680.000 Euro
übernommen. Das PKC besteht nun aus der Ehemaligen Synagoge, dem ehemaligen
Schulhaus und dem Neubau.
Nicht nur an die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus soll das PKC
erinnern, sondern auch an die 'schöne Zeit des Zusammenlebens mit der
jüdischen Bevölkerung in Freudental', sagte Pötzsch angesichts einer aus dem
ehemaligen alten jüdischen Schächthaus stammenden Wand, die nun in dem neuen
Seminarraum hängt und als Indiz belegt, dass die Freudentaler Juden auch
nach dem Schächtverbot der Nationalsozialisten noch einige Jahre heimlich
Kleinvieh geschächtet haben. Für Pötzsch bietet der Anbau mehr Möglichkeiten
für Seminare und Tagungen und ist ein 'Beitrag zur Gestaltung einer
positiven Zukunft', der gerade in einer Zeit zunehmenden Antisemitismus sehr
wichtig sei. 'Dagegen machen wir im PKC einges und haben nun den notwendigen
Platz dafür. Wir müssen mit Mut gegen Antisemitismus antreten', so Pötzsch.
Auch der Landrat wies darauf hin, dass, obwohl wegen der Corona-Pandemie
derzeit im PKC keine Veranstaltungen stattfinden, die Zahl der Buchungen
davor konstant stiegen, was ein großes Interesse an der Arbeit der Gedenk-
und Bildungsstätte beweise. Allgaier betonte, dass die Erweiterung notwendig
wurde, um flexibler zu sein und Gruppenarbeit möglich zu machen. Bisher war
nur der Synagogenraum als Tagungsstätte vorgesehen. Für wichtig hielten
Allgaier und Pötzsch auch die Nutzung des Seminarraums durch Freudentaler
Bürger, wie auch der stellvertretende Bürgermeister Helmut Schrenk in
Vertretung von Alexander Fleig betonte. Wichtig, so sagte Michael Volz von
der Geschäftsleitung, sei auch der neue Archivraum im Keller, der dazu
beitragen werde, die Sammlung der Synagoge angemessen aufzubewahren, die
bisher auf der Empore der Synagoge ungeschützt lagerte.
Neues Seminargebäude fürs PKC Freudental. 680 000 Euro kostete den
Landkreis der Neubau in der Strombergstraße 21 mit Seminarraum, vier
Einzelzimmern, neuen Sanitäreinrichtungen, einem Archivraum sowie einem
barrierefreien Besucher-WC. 50.000 Euro gab die Wüstenrot-Stiftung zu den
Baukosten hinzu.
142 Quadratmeter Nutzfläche hat der Neubau. 34 Quadratmeter ist der
Seminarraum groß, der auch von Freudentaler Gruppen, Vereinen und Bürgern
genutzt werden kann.
1938 wurde das jüdische Schulhaus, das neben dem neuen Anbau steht,
arisiert. Aus dieser Zeit hat sich ein Bleistift-Fragment erhalten, ein
Hakenkreuz und ein Hitler-Gruß, die Jugendliche malten. Zudem gibt es eine
Art Graffiti, auf dem mit dem nicht-jüdischen Kleintierlieferanten Wilhelm
Kummer abgerechnet wird. Beide Graffitis hängen im Fenster des neuen
Seminarraums. 1985 wurde die Ehemalige Synagoge durch den Landkreis zur
Tagungsstätte eingerichtet. Mittlerweile ist sie eine anerkannte
Jugendbildungsstätte. Der Landkreis nimmt für das Gebäude keine Miete."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern. 1966. S. 78-82. |
| Theobald
Nebel: Die Geschichte der Freudentaler Juden. 1985. |
| Joachim Hahn: Synagogen in Baden-Württemberg.
Stuttgart 1987. S. 72ff. |
| Heinrich Kling: Freudenthal. Ein schwäbisches Dorf.
1991 (2. Teil, S. 359-494). |
| Ludwig Bez u.a.: Der jüdische Friedhof in
Freudental. 1996. |
|
Joachim Hahn: Die Rabbiner in Freudental. Freudentaler Blätter 1. Online
zugänglich.
Dieser Beitrag erschien neu im November 2016 gemeinsam mit
Gudrun Emberger: Joseph Süß Oppenheimer. Freudentaler Blätter
2.
108 S. ISBN 978-3-9809962-9-7 |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 216-217. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Steffen
Pross: Später erhielt ich noch zwei Karten aus Theresienstadt.
Freudentaler Adressbuch 1935. Band I. Reihe: Freudentaler Blätter Nr. 6
(Hrsg. Ludwig Bez, PKC Freudental). 2011. ISBN 978-3-9809962-5-9. 240 S.,
zahlr. Abb. Preis: 10 €.
Bestellbar über PKC Freudental to[et]pkc-freudental.de - www.pkc-freudental.de
Eine Buchbesprechung von Günter Bächle erschien in der
Ludwigsburger Kreiszeitung am 4. November 2011:
Link
zum Artikel in der LKZ; auch eingestellt
als pdf-Datei.
Eine Buchbesprechung von Karen Schnebeck erschien in der "Stuttgarter
Zeitung" (Lokalausgabe Kreis Ludwigsburg)
am 3. Dezember 2011: Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
| Steffen
Pross: Eines Tages ist die Frau Stein plötzlich nicht mehr da
gewesen. Freudentaler Adressbuch 1935 Band II. Reihe: Freudentaler Blätter
Nr. 7 (Hrsg. Ludwig Bez, PKC Freudental). 2013. ISBN 978-3-9809962-6-6. 348
S., zahlr. Abb.
Bestellbar über PKC Freudental to[et]pkc-freudental.de - www.pkc-freudental.de
Im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buches erschienen Presseartikel in
der "Ludwigsburger Kreiszeitung":
Artikel von Wolf-Dietrich Retzbach vom 29. Juni 2013: "Juan Carlos'
Zukunft liegt in Deutschland..." Eingestellt
als pdf-Datei.
Artikel von Günter Bächle vom 1. Juli 2013: "Freudentaler Juden. Der
Spurensuche zweiter Teil..." Eingestellt
als pdf-Datei.
Artikel von Kathrin Haasis vom 1. Juli 2013: "Der Ururenkel macht die
Auswanderung rückgängig..." Eingestellt
als pdf-Datei. |
| Steffen Pross: Novemberpogrome 1938: Vor 75 Jahren
eskalierte in Deutschland die Judenverfolgung. Am Beispiel Freudental. Vom
Synagogensturm zum Massenmord. Artikel in der Ludwigsburger Kreiszeitung vom
9. November 2013. Eingestellt
als pdf-Datei (mit freundlicher Genehmigung des Autors). |
| Damit
die Anfänge nicht vergessen werden. Neubeginn in der ehemaligen
Synagoge Freudental. Hrsg. Pädagogisch-Kulturelles Centrum Ehemalige
Synagoge Freudental.
Martin Haußmann, Recherche / Rüdiger Rüster, Recherche und Texte /
Barbara Schüßler, Texte und Redaktion / Isolde Siegers, Redaktion.
2015.
Dazu Presseartikel von Gabriele Szczegulski in der "Bietigheimer
Zeitung" vom 29. Januar 2014: "PKC: Wie die Synagoge gerettet
wurde..."
Link
zum Artikel |
| Film "Back to Freudental": ab 2019 eingestellt
über https://www.chemodanfilms.com/back-to-freudental
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Freudental
Wuerttemberg. As part of the Duchy of Wuerttemberg, Jews in the 18th century
lived in Freudental under a liberal letter of ptotection according extensive
privileges and serving as a model for other such charters (freedom of worship
and movement, use of town's natural resources, exeption from military service
and quartering of soldiers, etc.). The community erected its first synagogue in
1770 and by 1800 was one of the few in Wuerttemberg to reach 45 % of the total
population. In 1855 the Jewish population stood at 364 but thereafter declined
sharply owing to emigration. Many engaged in the cattle trade and belonged to
the town's wealthy class. A Jewish school was founded about 1816. Good relations
generally prevailed with the local population. In 1933, 50 Jews remained (with
another seven joining the community later), subjected from the outset of Nazi
rule to anti-Jewish propaganda. On Kristallnacht (9-10 November 1938),
the synagogue was vandalized by SS and SA stormtroopers and Jews were tormented.
Thirty-six Jews emigrated, 19 to the United States, and 17 perished following
expulsion. Of the 13 Jews in the attached community of Zaberfeld,
which dated back to the 18th century*, eight perished following expulsion.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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