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Kleinlangheim (Marktgemeinde,
VG Großlangheim, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Elisabeth Böhrer)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kleinlangheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/40. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück, doch gab es bereits im 15. Jahrhundert jüdische Personen am Ort (1415
genannt). Bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bildeten die in
Kleinlangheim lebenden Juden zusammen mit denen in Großlangheim
eine gemeinsame Gemeinde.
In den Ort kamen zu den regelmäßigen Viehmärkten - zwischen 1795 und 1908 war
in Kleinlangheim der größte Viehmarkt in Franken - auch viele Juden von
außerhalb.
Beim der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden für Kleinlangheim 14
bzw. bis 1825 17 Matrikelstellen festgeschrieben. Die damaligen
Familienvorsteher waren (in Klammer den angenommenen Familiennamen und er
Erwerbszweig): Maier Moses Haehnlein (Viehhandel), Hirsch Jacob Sondhelm
(Viehhandel), Mosis Jacob Sondhelm (Ellenwarenhandel), Jacob Moises Sondhelm
(Metzgerei und Feldbau), Moses Maier Haehnlein (Schmusen), Joseph Maier
Haehnlein (Viehhandel), Hirsch Isaac Berg (Warenhandel), Ensel Israel Helfer
(Buchbinder und Schmuser), Moses Israel Helfer (Waren- und Branntweinhandel,
dann Feldbau), Israel David Handburger (Ellenwarenhandel), Blümlein Handburger,
David Mendels Witwe (Ellenwarenhandel), Zärlein Fleischmann, Maier Moses Witwe
(Viehhandel und Metzgerei) Löw Ensel Rosenfelder (Getreidehandel), Kresslein
Rimfelder, Meyer Löws Witwe (Schmusen und Viehhandel), Jeremias Meier
Fleischmann (Feldgüter und Viehhandel, Matrikel seit 1820), Männlein
Handburger (Seifensieder, Matrikelstelle seit 1824), Veist Hirsch Berg
(Schnittwarenhandel, Matrikelstelle seit 1825).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1814 82 jüdische Einwohner (8,5 % von insgesamt 969 Einwohnern), 1837
118 (9,8 % von 1.210), 1867 116 (9,2 % von 1.256), 1880 105 (8,3 % von 1.258),
1900 83 (7,3 % von 1.140), 1910 62 (5,7 % von 1.092).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(einklassig; in einem nicht mehr bestehenden Gebäude vor der Synagoge) und ein rituelles
Bad (auf dem Grundstück der Synagoge). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof
in Rödelsee beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Als Lehrer werden genannt: um 1897 Lehrer Strauß, seit 1909 Lehrer Rosenberger, spätestens seit 1924
Lehrer Moritz Sonn. Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Kitzingen.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 50 Personen gehörten (4,9 % von insgesamt
1.016 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Bernhard Rosenstein und Simon
Hahn. Als Lehrer war Moritz Sonn tätig. Er erteilte an der Religionsschule der
Gemeinde zwei Kindern den Unterricht. An jüdischen Vereinen bestanden
der Wohltätigkeitsverein Maariw Bismano (gegründet 1885, vergleiche
Bericht von 1894 unten; 1932 unter Leitung von Adolf Sondhelm) und der Israelitische
Frauenverein (1932 unter Leitung von Zerline Handburger). 1932 waren
die Gemeindevorsteher Bernhard Rosenstein (1. Vors.), Arnold Lewin (2. Vors.).
Weiterhin war Lehrer Sonn in der Gemeinde tätig. Im Schuljahr 1931/32 erteilte
er vier Kindern der Gemeinde des Religionsunterricht.
Bereits in den 1920er-Jahren zeigten sich die Vorboten der NS-Zeit am
Ort. 1922 wurden in Kleinlangheim Fensterscheiben in jüdischen Häusern
eingeschlagen und die Fässer eines jüdischen Weinhändlers angebohrt. Das
Verhältnis zwischen jüdischen und nichtjüdischen Einwohnern wurde durch die
Ausschreitungen zunehmend belastet.
1933 lebten noch 38 jüdische Personen am Ort (3,8 % von insgesamt 999
Einwohnern). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (bis 1939 vier in die USA,
je drei nach England und Peru, zwei nach Holland und einer nach Palästina).
1933 ist bereits ein jüdisches Wohnhaus angezündet. Im März 1938 wurde ein
jüdischer Mann durch eine Steinwurf schwer verletzt. Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge geschändet und demoliert (s.u.); die jüdischen Häuser
wurden überfallen und geplündert. Dabei wurde der Keller eines jüdischen
Weinhändlers völlig ausgeraubt. Zwei jüdische Männer wurden festgenommen und
in das KZ Dachau verschleppt. 1939 wurden noch 13 jüdische Einwohner gezählt.
Die letzten drei jüdischen Einwohner zogen 1940 nach Würzburg, von wo sie am
23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. Ende 1940 gab
es keine jüdischen Einwohner mehr in Kleinlangheim.
Von den in Kleinlangheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; Korrekturen am 27.5.2022
auf Grund der Recherchen von Wolf-Dieter Gutsch eingearbeitet): Jakob Ackermann (1866),
Jeanette Ackermann geb. Berliner (1865), Ludwig Ackermann (1906), Siegfried
Ackermann (1900), Hilde Bär geb. Sondhelm (1892), Käthe Bergmann geb. Sondhelm
(1893), Carry Birn geb. Sondhelm (1880), Georg Brönner (1929), Zerline Brönner
geb. Ackermann (1902), Cäcilie Fleischmann (1863), Jakob
Goldmeier (1874), Johanna Guldmann geb. Goldmeier (1896), Ida Haase geb.
Hähnlein (1902), Cilly Laura Lina Hahn (1880), Jetta Hahn (1879), Justin Hahn
(1921), Rosa Hahn geb. Sondhelm (1891), Simon Hahn (1881), Sophie Hahn (1870),
Albert Hähnlein (1899), Moses Hähnlein (1864), Adolf Handburger (1903), Isidor
Handburger (1871), Babette Heilbrunn geb. Sondhelm (1894), Else Hess geb.
Leopold (1881), Lina Kohlmeier geb. Goldmeier (1879), Babetta Koppel geb.
Sondhelm (1881), Emma Lehmann geb. Rosenblatt (1861), Arnold Lewin (1889), Irma
Lewin geb. Sondhelm (1890), Ricka Oberdorfer geb. Rosenblatt (1866), Minna
Regenstein geb. Goldmeier (1884), Wilhelm Rosenmann (1880), Dinchen Rosenstein
geb. Sonder (1873), Ernestine Schwarz
geb. Hahn (1886), Friedrich Sonhelm (1889), Getha Sondhelm geb. Silbermann
(1866), Hedwig Sondhelm (1888), Hermann Sondhelm (1861), Isak Sondhelm (1854),
Lucia Lina Sondhelm (1893), Max Sondhelm (1868), Sophie Sondhelm (1887), Therese
Stern geb. Strauß (1863), Jeanette (Jenny) Weber geb. Hahn (1884), Bertha Weil
geb. Handburger (1865).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1909
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1909:
"Die
hiesige Lehrer-, Kantor- und Schochetstelle
ist per sofort oder später zu
besetzen.
Garantiertes Einkommen 1.200 Mark pro Jahr, sowie freie Wohnung
und sehr schönen Garten.
Israelitische Kultusgemeinde Kleinlangheim
(Bayern).
Der Vorstand." |
Ein Vorbeter der jüdischen Gemeinde empfiehlt sich für die "Hohen
Feiertagen"
Anmerkung: zu den Hohen Feiertagen im Herbst suchten die jüdischen Gemeinde
häufig Hilfsvorbeter, um den eigenen Vorbeter angesichts der vielen
Gottesdienste zu entlasten.
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. September
1913:
"Vorbeter für 'Jomkippur' sucht Israelitische Kultusgemeinde.
Kleinlangheim
- Unterfranken". |
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Kurzer Bericht zum Wohltätigkeitsverein Maarif-Bismano
(1895)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1895:
"Kleinlangheim, 7. April (1894). Vor 9 Jahren wurde hier ein Maarif-Bismano-Verein
gegründet. Derselbe erwies sich bis heute als nützlich in seinen
religiösen Wirkungen und in seiner Wohltätigkeit. Viele Tränen armer
Israeliten wurden durch die Gaben genannten Vereines gestillt." |
Vorboten der NS-Zeit (1922)
Artikel
in der CV-Zeitung (Zeitschrift des Central-Vereins) vom 16. November 1922:
"Die völkische Hetze im Maindreieck. Im Maindreieck der Gegend von Kitzingen,
Marktbreit und Kleinlangheim,
grassiert die völkische Hetze zurzeit besonders heftig. Wir erhalten aus Kleinlangheim
den Bericht über eine sozialdemokratische Versammlung, in dem es u.a.
heißt. Zu dieser Versammlung war auch der Stoßtrupp der Hakenkreuzler
und als Wortführer war der Zahnarzt Dr. Hellmuth aus Marktbreit
erschienen. Dieser Herr hielt sich besonders lange damit auf, den
ermordeten Minister Dr. Rathenau zu beschimpfen. Derartiges kann sich
diese Sorte von Leuten nur in Bayern leisten, wo ja das Schutzgesetz nicht
existiert. Die Bemühungen der Reichsregierung, politische Attentate zu
verhindern, werden wohl illusorisch sein, solange derartige Hetzen
ungestraft in Volksversammlungen gehalten werden dürfen. Ein Vorschlag
des Hetzredners ging dahin, den Juden das Geld abzunehmen und damit die
Kriegsschulden zu bezahlen. Derartiges erlebt man hier fast alltäglich.
Frau Ellen Arendt reist von Dorf zu Dorf, um ihre giftige Saat auszustreuen
und als die einzig Schuldigen am Elend der Gegenwart die Regierung und die
Republik zu bezeichnen. Man muss fürchten, dass in Bayern der Regierung
die Erleuchtung erst kommt, wenn es zu spät ist." |
Berichte zu einzelnen
Personen
aus der Gemeinde
Spende von Lehrer Jacob Salzer in Ermershausen
anlässlich der Verlobung seiner Sohnes Abraham Salzer mit Nanni Fleischmann
aus Kleinlangheim (1871)
Anmerkung: Die Mitteilung steht innerhalb einer Liste von "Spenden für das
Heilige Land". Abraham Salzer ist am 28. Juni 1846 in
Ermershausen geboren, er war verheiratet
mit Nanette (Nanni) geb. Fleischmann aus Kleinlangheim. Genealogische
Informationen siehe
https://www.geni.com/people/Abraham-Salzer/6000000000630364913.
Mitteilung in
"Der Israelit" vom 8. November 1871: "Lehrer Jakob Salzer von
Ermershausen gelegentlich der
Verlobung seines Sohnes Abraham Salzer Sofer in
Kissingen mit Nanni Fleischmann aus
Kleinlangheim 3 fl. 30 kr." |
Anzeige des Landesproduktenhändlers Löb Hahn 1892 und
Nachruf auf ihn 1897
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1892:
"Offeriere 40 Zentner sehr schöne selbstgedörrte Pessach-Zwetschgen.
Löb Hahn, Klein-Langheim." |
|
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1897:
"Kleinlangheim. Die hiesige Kultusgemeinde hat einen ihrer besten
Männer, einen wirklich frommen Jehudi dieser Tage zur letzten Ruhe
bestattet. Es ist dies der selige Löb Hahn, der in jeder Beziehung ein
edler Charakter, braver und wirklich gottesfürchtiger Mann war. Der
Verstorbene war erst 57 Jahre alt, hinterlässt eine große Familie, meist
unversorgte Kinder und ist dies ein schwerer Schlag für die Familie und
die israelitische Gemeinde. Wo es Kranke und Arme gab, war der Verblichene
stets da. Hahn war auch der Gründer der vor 11 Jahren entstandenen Chefre
Maarif-Bismano." (Wohltätigkeitsverein Maarif-Bismano). |
Zum Tod von Frau Wiesengrund
(1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "...Der
zweite Trauerfall ereignete sich in unserer Nachbargemeinde Kleinlangheim,
woselbst nach dem gesegneten Alter von fast 101 Jahren Frau Wiesengrund
verschied, die am 12. April - am Tag nach dem Pessachfest - beerdigt
wurde. Gelegentlich deren hundertsten Geburtstage brachte bereits der
'Israelit' eine kurze Beschreibung ihres Lebens und Wirkens, weshalb heute
eine nochmalige Wiederholung nicht nötig
erachte." |
Zur Geschichte der Familie
Brönner-Ackermann
(Informationen von Wolf-Dieter Gutsch)
Zerline Brönner geb. Ackermann (geb.
1902 in Kleinlangheim). Zerline Brönner geriet 1938 wegen "fortgesetzter
Rassenschande" in die Hände der Gestapo und wurde in das KZ Moringen, später
in das KZ Lichtenburg, dann in das KZ Ravensbrück eingeliefert. 1942 kam sie
dann - wohl im Rahmen der Aktion "14f13" in die Tötungsanstalt Bernburg an
der Saale, wo sie in der Gaskammer ermordet wurde.
Zerline Brönner wurde in Kleinlangheim geboren und wuchs dort auf, verließ
allerdings ihren Heimatort etwa im Jahr 1928. Ihr außerehelicher Sohn Leo
Ackermann (geb. 1923 in Kleinlangheim) überlebte als "Geltungsjude" auf
wundersame (und noch nicht vollständig bekannte Weise) die Shoah, er starb
1996 in Langgöns bei Gießen. Ihr ehelicher Sohn Georg Brönner (geb.
1929 in Kleinlangheim, siehe Foto links) wurde am 31. Januar 1945 in
Hadamar ermordet.
Zur
Lebensgeschichte von Georg Brönner siehe im Anhang die
zu seiner "Stolperstein"-Verlegung in Würzburg erstellte Biographie von
Kristin Höhn (pdf-Datei). |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum vorhanden. 1725 wurde
eine erste Synagoge erbaut, die 1802 erweitert wurde
1832/33 wurde eine neue Synagoge erstellt. 1848 und 1927 wurde diese
jeweils umfassend renoviert.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch SS-Leuten aus
Kitzingen, unterstützt durch viele Ortsbewohner überfallen und geschändet.
Die Inneneinrichtung und die Ritualien wurden zerstört, darunter waren fünf
Torarollen. Auch das Schulhaus und die Mikwe wurden beschädigt. Das teilweise
beschädigte Synagogengebäude blieb noch einige Zeit erhalten, wurde jedoch
nach 1945 abgebrochen. Auf den Grundmauern wurde das Postgebäude der Gemeinde
erstellt.
Adresse/Standort der Synagoge: Pfarrgasse
21
Fotos
(Fotos: Hahn)
Grundstück der ehemaligen
Synagoge |
Rathaus mit
Gedenktafel |
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Grundstück Pfarrgasse
21: die ehemalige
Synagoge stand an Stelle des Gebäudes im
Hintergrund
mit dem bewachsenen Giebel,
dafür stand das Gebäude der jüdischen
Schule (heute neu bebaut). |
Die Gedenktafel am Rathaus ist
zu
sehen unterhalb des
angebrachten Spiegels. |
Inschrift: "In
Kleinlangheim bestand eine
Jüdische Kultusgemeinde, deren Synagoge
(Pfarrgasse 21) in der Pogromnacht 1938
verwüstet wurde. Zur Erinnerung
an unsere
ehemaligen Mitbürger". |
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Ehemalige Haus der
jüdischen Familie Lewin (Levin)
in der Wiesenbronner Straße 3
(Foto: Elisabeth Böhrer,
Aufnahme vom 3.4.2011) |
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Vor dem Haus
wurden im November 2010 zwei "Stolpersteine" zur Erinnerung an
Arnold Lewin und Irma Lewin geb. Sondhelm
sowie deren Eltern Hermann und
Hetta Sondhelm geb. Silbermann verlegt (siehe Pressebericht
unten) |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2010:
In Kleinlangheim sollen "Stolpersteine"
gelegt werden |
Foto
links von Ralf Weiskopf: Zur Erinnerung: Bürgermeister Roland Lewandowski, Pfarrer Gerhard
Homuth, die stellvertretende Bürgermeisterin Gerlinde Stier, Gemeinderat Oskar Friedel, Dagmar Voßkühler, die Vorsitzende des Fördervereins Alte Synagoge und der Historiker Michael Schneeberger vor dem Wohnhaus der Familien Levin in der Wiesenbronner Straße. Die jüdische Familie wurde 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet. Zwei Stolpersteine sollen an die ehemaligen Kleinlangheimer Bürger
erinnern.
Artikel von Ralf Weiskopf in der "Main-Post" vom 14. November
2010 (Artikel):
"KLEINLANGHEIM. Den Mantel des Schweigens lüften
Auch in Kleinlangheim erinnern jetzt Stolpersteine an ehemalige jüdische Mitbürger
Wie in vielen anderen Gemeinden des Landkreises Kitzingen erinnern seit Freitag auch in Kleinlangheim zwei sogenannte Stolpersteine an ehemalige jüdische Mitbürger, die 1943 von den Nazis deportiert und in Auschwitz, beziehungsweise Westerbork, ermordet worden
waren. Die beiden Messingtafeln vor einem Haus in der Wiesenbronner Straße erinnern an Arnold und Irma Levin sowie deren Eltern Hermann und Getta Sondhelm, geborene Silbermann.
Es waren die Großeltern, beziehungsweise Eltern von Jack Levin, der 1939 rechtzeitig fliehen konnte. Er wurde mit vielen anderen Flüchtlingen im kleinen hugenottischen Städtchen Le Chambon in Frankreich durch die Hilfe der protestantischen Bevölkerung gerettet.
Die Wurzeln der Großfamilie reichen in Kleinlangheim bis in das Jahr 1780 zurück. Es waren Händler, aber auch bitterarme Menschen darunter, berichtete der Historiker Michael Schneeberger. Es habe zwei Familienzweige gegeben, die aber nicht sehr gut miteinander ausgekommen seien. Verwandte lebten unter anderem in Rödelsee, Mainbernheim und Kitzingen. Nachkommen der Überlebenden des Holocaust leben heute in Jerusalem, England, Chikago, Oakland und Baltimore.
Es sei der Herzenswunsch Levins gewesen, der heuer im Alter von 85 Jahren in Woodmere auf Long Island starb, dass in seinem Heimatort Kleinlangheim der Eltern und Großeltern mit Stolpersteinen gedacht wird, berichtete Schneeberger. Er hat sich intensiv mit der Geschichte der Familien Sondhelm, Levin und den zahlreichen anderen jüdischen Familien in Kleinlangheim befasst, die seit Jahrhunderten dort lebten.
Ein Zeichen der Versöhnung. Da sich die Verwirklichung des Planes, die Steine zu setzen, in Kleinlangheim einige Zeit hingezogen habe, konnte Levin dies leider nicht mehr miterleben, so Schneeberger. Er und Dagmar Voßkühler, die Vorsitzende des Fördervereins Alte Synagoge in Kitzingen, begrüßten die einstimmige Entscheidung des Gemeinderates, alljährlich mit einer solchen Stolpersteinaktion der ehemaligen Mitbürger zu gedenken. Vorher sei einige Überzeugungsarbeit zu leisten gewesen, erinnerte sich Bürgermeister Lewandowski. Er dankte ausdrücklich Pfarrer Gerhard Homuth für dessen Unterstützung.
Bürgermeister Lewandowski sagte: 'Wir wollen mit den Stolpersteinen hier in Kleinlangheim ein Zeichen setzen und den Deckmantel des Schweigens lüften, der lange Zeit über diesem dunklen Teil der Geschichte Kleinlangheims lag.' Es solle ein Zeichen der Versöhnung sein und man wolle daran erinnern, dass 1938 im Dorf noch rund 15 jüdische Familien lebten, die wegen ihres Glaubens umgebracht wurden.
'Mit den Stolpersteinen wollen wir auf das Unrecht hinweisen, das diesen Menschen durch unsere Vorfahren geschehen ist', so der Bürgermeister. Geplant sei, Zug um Zug auch vor den anderen Gebäuden im Ort, in denen jüdische Familien lebten, Stolpersteine anzubringen." |
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Januar 2019:
Kleinlangheim unterstützt das
Netzwerk Jüdischer Friedhof Rödelsee
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Artikel von Winfried Worschech in der "infranken.de"
("Die Kitzinger") vom 17. Januar 2019: "Kleinlangheim unterstützt Netzwerk
Jüdischer Friedhof Rödelsee. Viele Jahrhunderte gestalteten jüdische
Mitbürger in unseren Breiten das Leben in Dörfern und Städten mit.
Viele Jahrhunderte gestalteten jüdische Mitbürger in unseren Breiten das
Leben in Dörfern und Städten mit. Das Netzwerk jüdischer Friedhof in
Rödelsee will das nicht in Vergessenheit geraten lassen. Führungen im
Friedhof, verschiedene Aktionen und Dokumentationen in den Kommunen sollen
dazu beitragen. Das Netzwerk braucht dazu auch die finanzielle Unterstützung
der Gemeinden. Der Kleinlangheimer Marktgemeinderat sprach sich in der
Sitzung am Dienstagabend bei einer Gegenstimme dafür aus, einen einmaligen
Zuschuss von 3500 Euro beizusteuern. Bürgermeisterin Gerlinde Stier
erinnerte daran, dass aus Kleinlangheim 112 ehemalige jüdische Mitbürger auf
dem Rödelseer Friedhof beerdigt sind. 'Deren Andenken in Ehren zu halten ist
nicht nur Verpflichtung, sondern ein Anliegen', sagte Stier. In
Kleinlangheim habe der Anteil der jüdischen Mitbürger bei etwa zehn Prozent
gelegen 'unter denen viele angesehene Einwohner waren'. Bei ihren Argumenten
bezog sich die Bürgermeisterin auf den Vortrag, den Monika Conrad in dieser
Sache in der Jahresschlusssitzung im Dezember gehalten hatte. Werner Krauß
vertrat die Meinung, dass die finanzielle Unterstützung vom Eigentümer des
jüdischen Friedhofs geleistet werden müsse. (Besitzer ist der jüdische
Landesverband, Anm. d. Verf.). Dem hielt die Bürgermeisterin entgegen, dass
es nicht um die Pflege des Friedhofs, sondern um das Netzwerk und die
Beteiligung der betroffenen Ortschaften gehe."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
| Website der Gemeinde
Kleinlangheim |
| Rede
des Kreuznacher Oberbürgermeisters Andreas Ludwig zum 27. Januar 2008
(Gedenktag für die Befreiung von Auschwitz) - im Mittelpunkt der Rede eine
Erinnerung an die aus Kleinlangheim stammende Sophie Sondhelm (geb. 1887
in Kleinlangheim, seit 1920 Leiterin der "Kölner Jüdischen
Kinderheilanstalt Bad Kreuznach"; auch ihre Schwester Hedwig und Mina,
ihre Cousine Lina arbeiteten mit; 1935 kam nach dem Tod der Mutter von
Sophie Sondhelm auch der Vater Seligmann Sondhelm 1935 von Kleinlangheim
nach Bad Kreuznach; nach der Zerstörung und zwangsweisen Schließung des
Kinderheimes 1938 übernahm Sophie Sondhelm die Leitung des Altenheimes in
Gailingen, bis 1942 noch die Leitung des Kinderheims Neu-Isenburg; im
Februar 1943 nach Theresienstadt deportiert, im November 1944 nach
Auschwitz, wo sie ermordet wurde). Die Rede auch als
doc-Datei. |
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 338-339. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1992² S. 86 |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 556-557. |
| Dirk Rosenstock (Bearbeiter): Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg.
Band 13. Würzburg 2008. S. 177-178. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Kleinlangheim Lower Franconia.
Jews are first mentioned in 1415 and subsequently formed a single community with
Grosslangheim (until the late 18th century). The Jewish population numbered
118 (total 1.210) in 1837 and 38 in 1933. From the 1920s, the Jews
suffered from anti-Jewish agitation and occasional violence. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was vandalized and Jewish homes were looted.
In 1937-39, 13 Jews emigrated an 22 left for other German cities. The last three
were deported to the Theresienstadt ghetto on 23 September 1942.
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