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Ruppertshofen mit
Bogel (VG
Nastätten, Rhein-Lahn-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Ruppertshofen bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück.
Bereits im 16. Jahrhundert lebten Juden am Ort und in der Umgebung: 1597
werden erstmals Juden in Ruppertshofen genannt.
Von den im 18. Jahrhundert in Ruppertshofen geborenen jüdischen Personen
sind bekannt: Salomon Baruch Marchochai (geb. 1750 in Ruppertshofen, gest. 1828
ebd.), Joseph Baer (geb. 1754 in Ruppertshofen, gest. 1824 ebd.), Aron Moses
(geb. 1765 in Ruppertshofen, gest. 1833 ebd.), Samuel Marx (geb. 1766 in
Ruppertshofen, gest. 1837 ebd.).
Im 19. Jahrhundert haben sich die in den einzelnen Orten der Umgebung lebenden
jüdischen Familien unterschiedlich zusammengeschlossen. Enge, wenn auch
teilweise etwas spannungsreiche Beziehungen gab es zwischen den in Ruppertshofen
und Niederwallmenach lebenden jüdischen Familien, sodass diese zeitweise
mehr Kontakte zu den jüdischen Familien in Bornich pflegten (siehe unten zur
Synagoge). Enge Beziehungen gab es auch mit den in Miehlen und Niederbachheim
lebenden jüdischen Familien (1875 gemeinsame Ausschreibung einer Lehrerstelle).
Nach Angaben bei Arnsberg kamen "offenbar erst zu Beginn des (20.)
Jahrhunderts" die im unmittelbar benachbarten Bogel lebenden jüdischen
Familien zur Gemeinde in Ruppertshofen. Allerdings wird dort kaum zuvor eine eigene
Gemeinde bestanden haben.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Ruppertshofen 1843 47 jüdische Einwohner, 1864 77 (20 %
der Gesamteinwohnerschaft), 1895 45 (13,3 % von insgesamt 339 Einwohnern), 1900
35, 1905 26, 1910 20; in Niederwallmenach
1822 vier jüdische Familien, in Bogel 1843 13 jüdische Einwohner, 1905
12.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
und ein rituelles Bad (im Untergeschoss des Synagogengebäudes). Die Toten der Gemeinde wurden
auf dem jüdischen Friedhof in Bornich
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben war zeitweise ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibungen der Stelle unten). 1864 wird ein Lehrer Friedberg in
Ruppertshofen bei einer Lehrerkonferenz genannt (siehe Bericht unten). 1872 unterrichtete der Lehrer aus
Ruppertshofen zugleich die Kinder in Niederwallmenach,
Bornich und St. Goarshausen. Nach 1875 (vgl. Ausschreibung unten) war er
außer für Ruppertshofen auch für Miehlen und Niederbachheim zuständig.
Die
Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk in (Bad)
Ems (später Bad Ems - Weilburg).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Moritz Blumenthal
(geb. 7.1.1891, gef. 4.10.1914) und Eugen Blumenthal (geb. 4.12.1891, gef.
24.9.1915); auch Eduard und Heinrich Blumenthal waren unter den
Kriegsteilnehmern.
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 14 Personen in Ruppertshofen und
11 in Bogel gehörten, waren die Gemeindevorsteher Maier Blumenthal, Max
Blumenthal und August Geisel. 1932 waren die Gemeindevorsteher Milian
Blumenthal (1. Vors.) und Alfred Friedberg (aus Bogel, Schatzmeister). In
Ruppertshofen gab es Ende der 1920er-Jahre die folgenden jüdischen
Gewerbetreibenden: Josef Blumenthal (Kleinwarenhandlung), Milian Blumenthal
(Viehhändler), Maier Blumenthal (Viehhändler und Kleinwarenhandlung), Max
Blumenthal (Landwirt), Salomon Friedberg (Viehhändler).
1933 lebten noch 10 jüdische Personen in Ruppertshofen und 13 in Bogel. In
den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Aus Bogel ist 1934/35 die
Familie Goldmann weggezogen (Adolf und Marta Goldmann mit ihren beiden Kindern)
ausgewandert. Ihr Haus war 1932 abgebrannt; mit dem Wiederaufbau war noch
begonnen worden. 1938 lebten an den beiden Orten keine jüdischen Personen
mehr.
Von den in Ruppertshofen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Eduard Blumenthal (1887), Hans Blumenthal (1895),
Julius Friedberg (1882), Moses Friedberg (1873), Emma Guthmann geb. Blumenthal
(1874), Emma Jacoby (1865).
Anmerkung: nach den Recherchen von Michael Wallau und Judy Singer wurde der
oben genannte Teilnehmer am Ersten Weltkrieg Eduard Blumenthal (geb. 1887) mit
seiner Frau Martha (Meta) geb. Weile (1890) und den Töchtern Betty (geb. 1928)
und Elfriede (geb. 1930) von Rosbach aus am 20. Juli 1942 nach Minsk deportiert;
alle vier sind dort umgekommen.
Aus Bogel sind umgekommen: Erna Faber geb. Friedberg (1900), Ernst
Friedberg (1903), und Meta Simon geb. Friedberg (1900).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1872 /
1875
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1872:
"Die mit 300 bis 350 Gulden dotierte Religionslehrer- und
Vorbeterstelle in der israelitischen Gemeinde zu Ruppertshofen, Amts
Nastätten, Provinz Nassau, ist vakant, und kann sofort besetzt
werden.
Reflektanten belieben sich zu wenden an den Kultusvorsteher Hecht." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. August 1873: "Die
israelitische Kultusgemeinde zu Ruppertshofen, wozu auch die
Filialschule zu Miehlen etc. gehört,
sucht alsbald einen Religionslehrer zu akquirieren, dessen fixe
Besoldung jährlich 200 Thaler beträgt und stellt demselben auch
eine kostenfreie Wohnung. Bewerber um diese Stelle haben sich an den
israelitischen Kultusvorsteher Herrn Hecht in Ruppertshofen,
Amts Nastätten zu wenden." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1875:
"Die israelitische Kultusgemeinde zu Ruppertshofen, wozu auch
die Filialschulen zu Miehlen und
Niederbachheim gehören, sucht alsbald einen Religionslehrer, der zugleich
Vorbeter sein muss, zu akquirieren, dessen fixe Besoldung jährlich 600
Reichsmark beträgt, und stellt demselben eine kostenfreie Wohnung.
Bewerber um diese Stelle haben sich an den israelitischen Kultusvorsteher
Herrn Max Landsberg in Ruppertshofen, Amts Nastätten, Provinz
Nassau, zu wenden." |
Lehrer Friedberg in Ruppertshofen wird bei einer
Lehrerkonferenz in Singhofen genannt und zum
Vertrauensmann gewählt (1864)
Artikel
in "Der Israelitische Lehrer" vom 6. Oktober 1864:
"Aus Nassau. Zu Singhofen
(Amt Nassau) hat am 19. September eine Versammlung israelitischer Lehrer zu
dem Zwecke stattgefunden, einen gemeinsamen Anschluss an den
Unterstützungsverein zu bewerkstelligen. Diese Versammlung war von den
Herren Friedberg aus Nastätten,
Morgenthal aus Holzappel,
Emmel aus Limburg, Levi aus
Eltville, Laubheim aus
Singhofen, Aron aus
Kördorf (nicht: Kirdorf),
Friedberg aus Ruppertshofen besucht (Heymann aus
Schierstein hatte seine Verhinderung
angezeigt). Als vorzüglichster Erfolg dieser Vorberatung haben wir vorläufig
mitzuteilen, dass Anfangs November eine größere Versammlung in
Limburg a.L. stattfinden soll, und dass
als Vertrauensmann Herr Friedberg aus Ruppertshofen bestimmt
worden, welcher die Einladung (an Rabbiner, Vorstände, Lehrer und
Gemeindeglieder erlassen wird, und bei welchem auch die Anmeldungen zu
machen sind. Die betreffende Ansprache wird in einer der nächsten Nummern
des 'Israelitischen Lehrer' erscheinen." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Auf den Tod eines jungen Mädchens - Gedicht von N.N. Friedberg (1868)
Beitrag
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1868: "Auf
den Tod eines jungen Mädchens.
An dem reinen, blauen Himmel Steht in voller Glut die
Sonne;
Und sie sendet ihre Strahlen, zu verbreiten Licht und
Wonne.
Licht wird's ringsum auf der Erde, Licht auch wird's im
Menschenherzen,
Und des Lebens neue Wonne Lässt den alten Gram
verschmerzen.
Doch in einer Mutter Busen Ist das Weh' erst eingekehret;
Und die frische, tiefe Wunde Noch ihr traurig Recht
begehret.
Sehet! eben wird die Bahre In die Gruft
hinabgelassen;
Und von Kummer überwältigt, Kann die Mutter kaum sich
fassen.
Dennoch tönet wie vom Himmel Leise, Horch! ein
Trosteswort:
Trennt der Tod und auch auf Erden, Wieder finden wir uns
dort.
Darum höret auf zu klagen! Pilger sind wir nur hienieden*;
Wohl ihr, die als zarte Jungfrau Schon errang den
Gottesfrieden.
Hemmet nicht durch euer Weinen Ihren Geist auf seiner
Bahn;
Lasst die reine Seele schweben Zu dem Vater
himmelan!
Ruppertshofen. Friedberg.
*) 3. Buch Mose 25,23." |
Zur Geschichte der Synagoge
In Ruppertshofen gab es im 19. Jahrhundert einen Betraum
(Synagoge). 1822 kamen auch die Juden aus Niederwallmenach
zum Gottesdienst nach Ruppertshofen, wollten jedoch damals eine eigene Betstube
einrichten, was allerdings die Gottesdienste in Ruppertshofen gefährdet hätte
(auf Grund der notwendigen Zahl von 10 religionsmündigen Männern). Daher wurde
ihnen die Einrichtung einer Betstube in Niederwallmenach nicht gestattet.
1841 gingen die Juden von Niederwallmenach zu den Gottesdiensten nach Bornich,
wogegen die Ruppertshofener Juden erfolglos protestierten. Einige Jahre später
(1849, 1867) besuchten die Juden von Niederwallmenach wieder die Synagoge
in Ruppertshofen, da der Betraum in Bornich geschlossen und der Weg nach
Ruppertshofen kürzer als nach Bornich war.
1860 kaufte der damalige Vorsteher der jüdischen Gemeinde Elias
Blumenthal das Haus von Abraham Landsberg, um den Scheunenteil dieses Hauses zu
einer Synagoge umzubauen. Bis zum folgenden Jahr 1861 konnte der Umbau
abgeschlossen und die Synagoge am 30. August 1861 feierlich durch
Rabbiner Hochstätter aus Bad Ems eingeweiht werden. Zur Finanzierung des Umbaues,
der etwa 3.500 Gulden kostete, musste die jüdische Gemeinde neben den
vorhandenen Eigenmitteln eine Kredit bei der Herzoglichen Landesbank in Höhe
von 1.500 Gulden aufnehmen.
Einweihung der Synagoge in Ruppertshofen (1861)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. November 1861:
"Ruppertshofen (Nassau), im Oktober (1861). Am 30. August
wurde hier eine neue Synagoge durch Herrn Rabbiner Hochstätter aus
Ems auf die würdigste Weise geweiht.
Das ganze Dorf betätigte die regeste Teilnahme, indem an diesem Tage alle
Geschäfte ruhten, die Straßen festlich und viele Häuser mit Fahnen
geschmückt waren." |
Bis nach 1933 war die Synagoge in Ruppertshofen Mittelpunkt des
jüdischen Gemeindelebens, allerdings ist unklar, wie lange regelmäßige
Gottesdienste stattfinden konnten. Im September 1935 wird von einem Einbruch in
der Synagoge berichtet. Dabei wurde der Raum teilweise verwüstet. 1936
wurde das Synagogengebäude an einen Landwirt verkauft. Danach wurde es als
Scheune verwendet. 1953 wurde die ehemalige Synagoge
abgebrochen.
Adresse/Standort der Synagoge:
Miehlener Straße
Fotos
Lageplan und Zeichnung
(Quelle: Beitrag von Ellen Stein und
Michael Wallau, siehe unten;
weitere
Skizzen siehe in dem angegebenen Beitrag) |
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Lageplan der Synagoge an der
Straße
nach Miehlen (Orientierungszeichen
nach Norden beachten!) |
Skizze des
Synagogengebäudes von
Ellen Stein |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Vortrag von Ellen Stein und Michael Wallau:
Juden in Ruppertshofen und Umgebung. Eingestellt
bei regionalgeschicht.net - Mittelrhein (online zugänglich)
|
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 242-243. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 329 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Ellen
Stein: Gemeinsam leben mit Milian und Sarah. Juden in Ruppertshofen,
Bogel, Bornich, Miehlen, Nastätten, Niederwallmenach und Umgebung. 41 S.
und Nachtrag. Ohne Jahr. |
n.e.
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