Von 1945 bis 1948/50 bestanden in Ulm und
Umgebung mehrere Lager für jüdische und andere "Displaced
Persons". Insgesamt lebten in dieser Zeit 6.000 bis 7.000 überwiegend
jüdische Flüchtlinge in der Stadt, die ab 1948 (Gründung des Staates Israel)
Ulm wieder verlassen haben. Für die in den Lagern lebenden Personen gab es auch
zahlreiche Einrichtungen wie Betsäle, Schulen (auch Jeschivot), Kindergärten
u.a.m..
Auf Dauer zogen nach Ulm seit 1945 zunächst nur wenige jüdische Personen
zu. Aus dem Kreise der "Displaced Persons" blieb etwa ein Dutzend in
der Stadt. Drei oder vier Mitglieder der ehemaligen jüdischen Gemeinde kamen
nach Ulm zurück. Die Betreuung dieser Personen lag in den Händen der
Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg mit dem Sitz in Stuttgart.
Zu einem verstärkten Zuzug jüdischer Personen kam es seit
etwa 1990, sodass bis 2004 wieder etwa 450 jüdische Personen in der Stadt
lebten. 2002
wurde eine jüdische Gemeinde (zunächst als Filialgemeinde zu Stuttgart)
wiederbegründet. Am 5. Mai 2002 konnte ein neues jüdisches Gemeindezentrum mit
einem Betsaal eingeweiht werden. Seit 1999 ist ein Rabbiner zur Betreuung
der jüdischen Einwohner in der Stadt. Der Neubau einer Synagoge in der Stadt
wurde schon bald angestrebt. 2007 wurde hierzu mit diesem Ziel auch ein "Förderverein zur Unterstützung des Baues
einer neuen Synagoge in Ulm e.V." gegründet. Im Mai 2009
fasste der Hauptausschuss des Gemeinderates der Stadt Ulm einstimmig den
Beschluss, dass eine neue Synagoge am Weinhof - unweit des Grundstückes der
1938 zerstörten Synagoge - gebaut werden kann. Im Januar 2010 wurde
nach einem Architektenwettbewerb der Entwurf für eine neue Synagoge
beschlossen. Im März 2011 erfolgte der "erste Spatenstich" zum
Bau der neuen Synagoge; im Juni 2012 konnte das Richtfest gefeiert
werden. Am 2. Dezember 2012 war die Einweihung der neuen Synagoge.
Spenden auf das "Spendenkonto Synagoge Ulm"
Sparkasse Ulm: Kontonummer: 211 537 30 BLZ 630 500 00.
oder an den "Förderverein Neue Synagoge in Ulm e.V."
Sparkasse Ulm, Kontonummer: 210 875 52 BLZ 630 500 00.
Geben Sie unbedingt den Spendenzweck an: "Für den Neubau
der Synagoge in Ulm"
Spendenaufruf in der
"Gemeindezeitung der
Israelitischen Religionsgemeinschaft
Württemberg", Ausgabe
September/Oktober 2010 Titelbild: nach Plan architekturbüro
kister scheithauer gross
Überbaut wird
nach den Plänen der Parkplatz am Weinhof gegenüber der
Kreissparkasse,
die auf dem Grundstück der 1938 zerstörten Synagoge
erstellt worden ist.
Vorstellung des Ergebnisses
des Architektenwettbewerbes
Grund zur Freude
bei (von links): Rabbiner Schneur Trebnik, Oberbürgermeister Ivo
Gönner,
IRGW-Vorstandssprecherin Barbara Traub M.A., Landesrabbiner
Netanel Wurmser,
Bürgermeister Alexander Wetzig
Interessiertes Publikum
Oberbürgermeister
Ivo Gönner
IRGW-Vorstandssprecherin
Barbara Traub M.A.
Bürgermeister
Alexander Wetzig
Modell
des Weinhofes mit der neuen Synagoge; auf dem Foto rechts
ist das Schwörhaus
im Vordergrund zu sehen (unterer Bildrand),
im Hintergrund (oberer
Bildrand) das Gebäude der Kreissparkasse
Plan des Weinhofes
mit Schwörhau
(links unten) und Kreissparkasse
(Mitte - rechts oben) und neue
Synagoge
Ansicht des künftigen
Betsaales
Zwei der acht weiteren
Vorschläge
für die neue Synagoge
Sommer
2008:Ein Förderverein
unterstützt den Bau einer neuen Synagoge
Links:
Informationsblatt Sommer 2008 des
"Fördervereins zur Unterstützung des Baues einer neuen Synagoge in
Ulm e.V. mit dem Text: "Am 12. September 1873 wurde die
Ulmer Synagoge am Weinhof (dort, wo heute die Sparkasse Ulm steht)
feierlich eingeweiht. Es war ein sehr schöner, orientalisch anmutender,
mit goldglänzenden Rundkuppeln verzierter Bau im Zentrum Ulms.
Diese Synagoge wurde im Zuge der Reichspogromnacht am 9. November 1938
durch SA-Leute in Zivil willentlich in Brand gesteckt und noch im gleich
Jahr abgerissen.
Nach der Befreiung der Nazi-Vernichtungslager 1945, in denen 6 Millionen
Juden im deutschen Namen vergast und sonst ermordet wurden, konnte niemand
ahnen, dass es jemals wieder jüdisches Gemeindeleben in Deutschland geben
wird. Diese seinerzeit berechtigte Vermutung wurde erfreulicherweise durch
die Wirklichkeit widerlegt. In den deutschen Städten gibt es wieder, mit
ansteigender Tendenz, jüdisches Gemeindeleben.
So auch in Ulm. Die Ulmer Jüdische Gemeinde, eine Zweigstelle der
Jüdischen Gemeinde Stuttgart (IRGW), arbeitet heute in den
Räumlichkeiten einer einfachen Etagenwohnung. Die Ulmer Gemeinde Gemeinde
betreut derzeit insgesamt ca. 450 Personen. Für ihre Gemeindearbeit sind
die derzeitigen Räumlichkeiten völlig unzureichend, ja würdelos.
Dies hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) in Ulm/Neu-Ulm 2005
erkannt und hat den Bau einer neuen Synagoge in Ulm gefordert. Da hierfür
ein formaler Rahmen gefunden werden musste, wurde aus der DIG Ulm/Neu-Ulm
heraus am 23. Mai 2007 unser Förderverein gegründet. Wir meinen, dass es
eine Verpflichtung der heute lebenden Menschen in unserer Region ist, die
seinerzeitigen Verbrechen, soweit dies überhaupt möglich ist, wieder gut
zu machen. Dies ist unsere Verantwortung vor der gemeinsamen
Geschichte.
Der Bauherr der neuen Synagoge, die Jüdische Gemeinde Stuttgart, ist
derzeit dabei, eine endgültige Planung und eine exakte Kostenberechnung
zu erstellen. Der neueste 'Entwurf' wurde im Juni 2008 dem Ulmer
Oberbürgermeister Ivo Gönner vorgestellt. Er beinhaltet eine
Kostenannahme von insgesamt knapp 3,9 Millionen Euro. Als Standort der
Synagoge ist bisher die Wildstrasse vorgesehen.
Die Aufgabe des Fördervereines ist es, für den Neubau in vielen
einzelnen Maßnahmen möglichst viele und hohe Spenden beizubringen. Dabei
gilt der Grundsatz. Jeder gespendete Euro hilft der Verwirklichung des
Vorhabens. Wolfgang Müller - Vorsitzender."
Spendenaufruf von
Rabbiner Shneur & Chana Trebnik
im "Jüdischen Kalender
5770" der Jüdischen Gemeinde
Ulm (Chabad Lubawitsch Württemberg)
Erste Ideen für den
Neubau der Synagoge in Ulm
Dezember
2008: Auf der Suche nach einem geeigneten
Standort
Artikel von Jakob Resch in der
"Südwest-Presse" vom 22. Dezember 2008: (Artikel) Synagoge: Neuer Standort wird geprüft
Ulm Für den Bau einer Synagoge in Ulm wird derzeit ein zweiter Standort geprüft. Das sagte Wolfgang Müller, Vorsitzender des Fördervereins zur Unterstützung dieses Baus, jetzt auf der ersten ordentlichen Mitgliederversammlung des Vereins. Nach wie vor ist ein Grundstück in der Wildstraße in der Neustadt für die Synagoge reserviert. Mit dem von der Stadt in Erwägung gezogenen alternativen Bauplatz in der Innenstadt würden sich Planung und Berechnung grundlegend ändern. Deswegen liegt das Projekt momentan auf Eis. Wie Rabbiner Shneur Trebnik von der Jüdischen Gemeinde Ulm auf Nachfrage sagt, geht es in dieser Frage einfach darum, einen attraktiveren Standort zu finden, wie er sich in der Innenstadt anbieten würde. Ende Januar soll darüber Klarheit herrschen. Bauherrin des Objektes ist die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg.
Seit seiner Gründung im Mai 2007 hat der Förderverein, der derzeit 41 Mitglieder hat, Spenden in Gesamthöhe von 15 700 Euro gesammelt. Er profitiert jetzt über die Staatsanwaltschaft Ulm auch als eingetragener Empfänger von Bußgeldern. Für den Anfang hat der Verein in erster Linie sich und das Bauprojekt mit Infoständen und in den Medien präsentiert und Kirchenvertreter der Region zum Austausch in die Räume der Jüdischen Gemeinde eingeladen. jr.
Mai
2009:Die neue Synagoge soll am
Weinhof gebaut werden
Artikel von Jakob Resch in der "Südwestpresse" vom 6. Mai 2009
(Artikel):
"Neue Synagoge am Weinhof - Stadt hält für jüdische Gemeinde Grundstück an historischem Ort vor. Die jüdische Gemeinde in Ulm bekommt eine Synagoge an historischem Standort: auf dem Weinhof. Die Stadt hält für den Bau nach einem gestrigen Beschluss ein Grundstück vor. 2011 könnte Baubeginn sein. Ulm "Es ist auch für uns ein bewegender Tag." Das hat Oberbürgermeister Ivo Gönner gestern nach einem einstimmigen Beschluss im Hauptausschuss gesagt, der eine vor kurzem noch unglaubliche Wendung in ein Bauvorhaben bringt: So hält die Stadt auf dem Weinhof ein Grundstück für den Bau einer Synagoge in Ulm vor. Es befindet sich gegenüber dem Standort der Synagoge, die 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde (und wo heute die Sparkasse steht), dort, wo sich derzeit nebst Parkplätzen und Grünstreifen die Gedenkstele für die alte Synagoge befindet. Gönner: "Wir gehen einfach die Straße rüber."
Damit ist der Startschuss für den Neubau einer Synagoge mit jüdischem Gemeindezentrum gegeben, der zuletzt noch für ein Grundstück in der Wildstraße in der Neustadt erwartet worden war. Das Blatt hatte sich gewendet, als die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg in Stuttgart als späterer Bauherr den Schwerpunkt im Gespräch klar auf die Synagoge gelegt hatte. Gönner: "Dafür ist der Bauplatz an der Wildstraße aber ungeeignet."
Martin Widerker vom Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft sagte gestern: "Durch diesen Beschluss hat man ein Zeichen gesetzt", er sei "ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die aus der Geschichte nichts gelernt haben und Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt predigen". Die Ulmer Stadträte bestätigten ihm, dass das Vertrauen, das man in die deutsche Demokratie, in die Parteien "und einen großen Teil der Gesellschaft" gesetzt habe, gerechtfertigt sei. Auch Ministerpräsident Günther Oettinger habe wie zuletzt in Lörrach bei einem ähnlichen Bauvorhaben seine Unterstützung für das Projekt zugesagt.
Zum Finanzvolumen schwieg sich Widerker in Anbetracht der frühen Planungsphase aus. Jetzt wird zunächst ein Architektenwettbewerb ausgelobt, dazu werden sieben Büros eingeladen, die schon ähnliche Projekte verwirklicht haben. Im Herbst werden erste Ergebnisse vorliegen, Ende des Jahres der ausgewählte Entwurf, nach dem dann auch feststeht, wo das Baugrundstück genau liegt. Erst dann wird das Grundstücksgeschäft zwischen der Stadt als Eigentümer und der Religionsgemeinschaft tatsächlich abgewickelt. 2010 stehen dann archäologische Grabungen an, die an Untersuchungen Ende der 1950er-Jahre anknüpfen. Für 2011 könnte der Baubeginn ins Auge gefasst werden, so dass schon 2012 eine Einweihung denkbar wäre.
Städtebaulich ergibt sich damit am Weinhof auf alle Fälle nicht nur eine "interessante" (Gönner), sondern eine völlig neue Situation, da der Platz dort nie bebaut war. Baubürgermeister Alexander
Wetzig: "Es würde auch keine Bebauung geben, wenn es keine Synagoge gäbe." Gleichzeitig erwartet sich Gönner mit Synagoge und Gemeindezentrum samt Schule dort wieder "religiöses und gesellschaftliches Leben wie einst". Ins Gemeindezentrum in der Neustadt kommen derzeit bis zu 70 Gottesdienstbesucher bei einigen hundert Gemeindemitgliedern aus Ulm und dem weiten Umkreis insgesamt, wie der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik gestern sagte.
Der finanzielle Beitrag der Stadt besteht zunächst in den Konditionen für den Grundstücksverkauf. Im weiteren kann die Religionsgemeinschaft keine Zuschüsse für ihre religiösen Räume erwarten, wohl aber fürs Gemeindezentrum.
Artikel von Jürgen Buchta in der
"Südwestpresse" vom 29. Juli 2009: "Den Synagogen-Bau "offensiv angehen"
- Müller mit 9 zu 6 Stimmen abgewählt.
Der neue Vorsitzende des "Fördervereins zur Unterstützung einer neuen Synagoge in Ulm" ist Martin
Stoldt. Er will offensiv an die Öffentlichkeit treten. Ulm. In Ulm soll ein jüdisches Gotteshaus gebaut werden. Um dieses Vorhaben mit Rat und Tat zu unterstützen und nach Sponsoren zu suchen, hat der Noch-Vorsitzende der hiesigen Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
(DIG), Wolfgang Müller, am 22. Mai 2007 den "Förderverein zur Unterstützung einer neuen Synagoge in Ulm" gegründet. Bauherr dieser Synagoge wird die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg sein, die, geleitet von Rabbiner Shneur Zalman
Trebnik, ihre Ulmer Außenstelle in der Wildstraße betreibt.
Bis Donnerstag vergangener Woche hat Müller auch diesen mittlerweile 52 Mitglieder starken Verein geleitet. An jenem Abend haben ihn die Mitglieder aus dem Amt gewählt (wir berichteten). Müllers Herausforderer, Martin Stoldt aus Apfelstetten bei Münsingen, erhielt 9 Stimmen, Müller 6. Wahlleiter war der Landtagsabgeordnete Martin
Rivoir, der dem Verein kurz zuvor beigetreten war.
"Mit dem neuen Vorstand werden neue Aktivitäten ergriffen", kündigt Stoldt an, der sich als Noachid bezeichnet, als Getaufter, der sich im jüdischen Glauben aufgehoben fühlt. "Wir wollen eine offene ,Politik führen, Vorstandssitzungen werden künftig, von ganz wenigen Grundsatzvorbereitungen und -gesprächen abgesehen, nicht mehr hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern werden für interessierte Mitglieder immer offen sein." Das schreibt Stoldt im neu geschaffenen Informationsblatt "Ulmer Synagogenstein". Stoldts Stellvertreter ist Christof
Maihoefer, Schatzmeisterin ist Petra Bergmann. Als Beisitzer hat der Verein den Pfarrer der
Wengenkirche, Monsignore Josef Kaupp, gewinnen können.
Wie Stoldt im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE erläuterte, stehe die "heiße Phase" des Synagogenbaus unmittelbar bevor. Somit seien "Präsenz und Offenheit" gefragt. "Da reicht es nicht, innerhalb von 18 Monaten mit zwei Presseerklärungen und zwei Leserbriefen aufzuwarten", sagte er mit einem Seitenhieb auf seinen Vorgänger. Der Verein müsse seine Passivität hinter sich lassen.
"Für meine Person nehme ich in Anspruch, durch meine Tätigkeit diesen Förderverein erst möglich gemacht und ihn in der regionalen Öffentlichkeit ein Stück weit bekannt gemacht zu haben." Das sagte Müller schon während der Versammlung. Nachdem der ursprünglich geplante Standort für die Synagoge an der Wildstraße aufgegeben und durch einen Teil des Weinhofs ersetzt worden ist, gebe es viele offene Fragen. "Es existieren keine Berechnungen und keine Planungsunterlagen", sagte er gestern. "Was soll man in dem Vakuum machen?"
Ihn habe die Arbeit für das Projekt immens belastet. "Ich fühle mich jetzt freier", bekannte Müller. Besonders, nachdem er angekündigt hatte, zum Monatsende den Vorsitz in der DIG abzugeben. Manche zeichneten eben gern schwarz- weiß. Er sei es gewohnt zu warten, bis sich etwas Konkretes abzeichne, bevor er Entscheidungen treffe. Und dabei in politischen Zusammenhängen zu denken, sagt Müller. Wenn ihm Mitglieder in der DIG vorwerfen, schwächlich zu sein, so nehme er solches als Auszeichnung entgegen.
Müller kündigte an, Mitglied in beiden Vereinen zu bleiben und ihr Anliegen zu unterstützen. Die DIG werde seinen Nachfolger wohl nach den Sommerferien wählen. Müller schätzt, dass Christof Maihoefer dabei zum Zuge kommt.
Januar
2010: Neun Architekturbüros
beteiligen sich am Wettbewerb für die Synagoge
Artikel von Hans-Uli Thierer in der
"Südwestpresse" vom 8. Januar 2010 (Artikel):
"Neue Synagoge am Weinhof: Wer baut?
Ulm. Neun teils sehr renommierte Architekturbüros beteiligen sich am Wettbewerb für eine neue Synagoge. Ergebnispräsentation: heute in zwei Wochen.
Der 22. Januar 2010 könnte in die jüngere Geschichtsschreibung der Stadt Ulm eingehen. Heute in zwei Wochen präsentieren die Israelitische Religionsgemeinschaft in Württemberg und die Stadt Ulm die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbes, zu dem sie gemeinsam neun Büros eingeladen hatten. Die Aufgabe war es, für den nördlichen Weinhof eine Synagoge zu entwerfen; an der Stelle also, die jener gegenüber liegt, an der bis zu ihrer Zerstörung 1938 durch die Nazis die alte Ulmer Synagoge stand.
Mehr als sieben Jahrzehnte später soll das Gebetshaus für die im Hitler-Deutschland schließlich ausgelöschte, inzwischen aber wieder auf 450 Mitglieder angewachsene jüdische Gemeinde also nahe am alten Ort wieder entstehen. Diese Idee kommt von der Stadtspitze, allen voran favorisieren Oberbürgermeister Ivo Gönner und vor allem Ulms Baubürgermeister Alexander Wetzig diese Stätte. Zu ihren Gunsten wurde ein ins Auge gefasster Synagogenstandort an der Wildstraße aufgegeben. Wetzig sieht in einer Synagoge am Weinhof ein "Zeichen, wie eine Stadt sich mit einem Teil ihrer Geschichte auseinandersetzt - Ulmer Geschichte ist auch jüdische Geschichte". Nebenbei, so findet
Wetzig, lasse sich mit einem Synagogenbau das städtebauliche Problem lösen, "dass der Weinhof an dieser Stelle ausfranst".
Wer die Szene kennt, liest an den Namen der zur Teilnahme aufgeforderten Architekten Wetzigs Handschrift ab. Er hat Wert darauf gelegt, dass einige bekannte Büros mitmachen, allen voran Stephan Braunfels, der mit zwei Gebäuden in der Neuen Mitte bereits Spuren in Ulm hinterlassen hat; aber auch das Büro Allmann, Sattler, Wappner (München), das bereits mit diversen Architektenpreisen ausgezeichnet wurde, etwa für die Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausen; oder das Kölner Büro
Kister, Scheithauer, Gross, das die Maria Magdalena gewidmete Betonkirche in Freiburg gebaut hat und die Pauluskirche in Köln-Porz.
Erfahrungen im Sakral- oder Synagogenbau haben auch Alfred Jacoby (Frankfurt a. M.), Joseph Abiry (Stuttgart), Manuel Herz (Köln), Nathan Schächter (Münster) und Büro Schwarz, Jacobi (Stuttgart). Bleibt ein Name, den die Ulmer kennen:
Mühlich, Fink und Partner nehmen als Lokalmatadore teil."
20.
Januar 2010:
Über die
Architektenentwürfe wird entschieden
Artikel in der "Augsburger Allgemeinen" vom 20. Januar 2010
(Artikel):
"Heute wird über Entwurf der Synagoge entschieden.
Ulm (heo) - Für die Stadt Ulm ist heute ein historischer Tag: Etwa gegen 17 Uhr steht fest, welcher Entwurf für eine neue Synagoge auf dem Weinhof das Rennen gemacht hat. Der geplante Standort befindet sich gegenüber der Stelle, an der die alte Synagoge stand, die 1938 von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Derzeit wird das etwa 600 Quadratmeter große Areal als Parkplatz genutzt. Vorgesehen ist der Bau einer Synagoge mit angeschlossenem Gemeindezentrum, einem Kindergarten und einer Bibliothek, insgesamt gut 1000 Quadratmeter Nutzfläche. Wie berichtet, wurde 2007 ein
'Förderverein zur Unterstützung des Baues einer neuen Synagoge in Ulm' gegründet. Im Mai 2009 fasste der Gemeinderat der Stadt Ulm einstimmig den Beschluss, dass eine neue Synagoge am Weinhof gebaut werden kann. Staatsvertrag regelt künftige Finanzierung. Ein Meilenstein für die Realisierung einer neuen Synagoge in Ulm war die Unterzeichnung eines Staatsvertrags. Damit wurden Anfang der Woche die jüdischen Gemeinden in Baden-Württemberg den Kirchen rechtlich gleichgestellt. Dass die jüdischen Gemeinden 60 Jahre nach dem
Holocaust damit rechtlich und politisch auf die höchste Stufe gestellt werden, hat auch finanzielle Folgen. Mit dem Staatsvertrag werden die Zuschüsse für jüdische Baden-Württemberger von 330 Euro auf 750 Euro pro Kopf erhöht. Zudem bringe ein jährlicher Zuschuss von zunächst 500 000 Euro pro Landesverband Baden und Württemberg Planungssicherheit, hieß es vom Staatsministerium. Nach Angaben des
'Fördervereins zur Unterstützung des Baues einer neuen Synagoge in Ulm' beträgt der Eigenanteil etwa 1,5 Millionen Euro.
Renommierte Architektenbüros bewarben sich um den Bau der Ulmer Synagoge. Darunter Stephan Braunfels, der mit zwei Gebäuden in der Neuen Mitte aufmerkte, oder Alfred Jacoby, der bereits einige Synagogen in Deutschland baute.
Acht Personen entscheiden als Gutachter, welcher Entwurf den Zuschlag bekommt. Darunter der Ulmer Rabbiner Shneur
Trebnik, Landesrabbiner Netanel Wurmser, Bau-Bürgermeister Alexander
Wetzig, Volker Jescheck, Hauptabteilungsleiter Stadtplanung, Architekturprofessorin Ulrike Lauber, Architektin sowie die Stadtplanerin Rena
Wandel-Hoefer. Ausstellung. Die verschiedenen Modelle und Pläne werden ab Freitag, 22. Januar, bis zum 21. Februar im Gewölbesaal des Ulmer Schwörhauses zu sehen sein. OB Ivo Gönner eröffnet die Schau um 9 Uhr."
Artikel in der
"Südwestpresse" vom 22. Januar 2010 (Artikel):
"Ulm. Außen kompakt und schlicht. Innen über vier Geschosse hinweg ein "Schatzkästchen" für die jüdische Gemeinde. So soll die Synagoge ausschauen, die vom kommenden Jahr an auf dem Weinhof entstehen wird.
Seit morgens um neun saßen städtische Stadtplaner, Gemeinderäte, externe Fachleute, Landesrabbiner Netanel Wurmser und der Ulmer Rabbiner Shneur Zalman Trebnik gestern zusammen. Sie setzten sich mit den Entwürfen von neun Architektenbüros auseinander, die ihre Vorstellungen über die Gestaltung der Synagoge auf dem westlichen Weinhof zur Beurteilung eingebracht hatten.
"Unser Votum war einstimmig", berichtete Prof. Arno Lederer, der Vorsitzende des Gremiums, in einer am frühen Abend zusammengerufenen Pressekonferenz. Das Konzept, welches das Kölner Büro
Kister, Scheithauer und Gross erarbeitet hat, gefalle allen am besten. Das Kölner Team schlägt für "die hochsensible Stelle im Stadtraum" (Baubürgermeister Alexander
Wetzig) einen äußerlich schlichten würfelartigen Bau vor. Er wird rund 17 Meter und damit so hoch wie die Dachtraufe der Sparkasse auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Und etwa so breit und so lang wie eines der Bürgerhäuser am südlichen Ende des Platzes.
Kernstück des viergeschossigen mit einer Dachterrasse ausgestatteten Baus ist die Synagoge. Sie ist für das erste Stockwerk eingeplant und soll 140 Menschen Platz bieten. Fürs Erdgeschoss ist ein Mehrzwecksaal für Feste und Versammlungen vorgesehen. Im zweiten Obergeschoss die Frauensynagoge. An diese Säle lehnen sich L-förmig weitere Räume an: Schulungs- und Verwaltungszimmer, ein Raum für eine Kindertagesstätte. Eine Garage sei nicht vorgesehen, berichtete
Wetzig. "Die Besucher parken ihre Wagen unter der Neuen Straße".
Das ausgewählte Konzept sei kein konkreter Plan, betonte Lederer. Vielmehr stelle es die solide Empfehlung zur weiteren Planung. Trebnik geht davon aus, dass sich die Baukosten auf etwa vier Millionen Euro belaufen werden. Komme das Geld zusammen, dann könnten die Bauarbeiten im kommenden Jahr noch beginnen und etwa zwei Jahre später abgeschlossen sein.
Die Begeisterung unter den Jury-Mitgliedern über den Vorschlag aus Köln für den Weinhof war groß. Lederer rühmte insbesondere die Rücksichtnahme auf die umgebende Bebauung und die Aufnahme von Baulinien der einfachen Giebelhäuser, die die Dominanz des Schwörhauses anerkannten. Auch die weit nach Norden gerückte Synagoge taste diese städtebauliche Vorherrschaft nicht an, präsentiere sich jedoch als eigenständiger, als besonderer Bau. Bürgermeister
Wetzig: "Es ist eben kein profanes Bürgerhaus, sondern einen wichtigen Sakralbau." Den Kölner Architekten sei "das kultivierte Einfache" gelungen - und damit gute Ulmer Bautradition.
Aufgefordert zur Teilnahme waren insgesamt neun Büros. Alle haben abgegeben, das Niveau der Vorschläge sei hoch, sagte
Lederer.
Der einstimmig von der Jury gut geheißene Vorschlag, der nun Grundlage für die konkrete Planung einer Synagoge auf dem Weinhof werden soll, stammt von den national und international tätigen Kölner Architekten
Kister, Scheithauer, Gross. Auf ihrer Internetseite ist zu lesen und zu sehen, dass dieses Büro auf allen Feldern tätig ist, vom Gewerbe- bis zum Kulturbau. Und eben auch auf dem Gebiet der Sakralbauten. Zwar haben die Kölner noch keine Synagoge gebaut, sehr wohl jedoch Kirchen und kirchliche Einrichtungen wie die Basilika St. Ursula in Köln, die Freiburger Betonkirche Maria-Magdalena, die Pauluskirche samt Gemeindezentrum in Köln-Porz. Die Jury bestand aus Mitgliedern der israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg und der jüdischen Gemeinde Ulm, aus Vertretern der städtischen Bauverwaltung und der freien
Architektenschaft, vorneweg Architekturprofessor Arno Lederer aus Darmstadt als Jury-Vorsitzender. Er ist in Ulm sowohl als Juror als auch als Architekt kein Unbekannter: Nach seinen Plänen soll in unmittelbarer Nähe zur Synagoge, im Norden und gegenüber dem Neuen Bau ein Sparkassen-Gebäude entstehen, das derzeit auf Eis liegt."
Artikel von Jakob Resch in der
"Südwestpresse" vom 15. März 2010 (Artikel): "Ulm. Die diesjährigen Architekturgespräche im EinsteinHaus fanden große Resonanz. Thema waren "Stadtbausteine" im größeren wie kleineren Kontext. Der lokale Fokus lag auf der neuen Synagoge am Weinhof.
Eine Kölnerin warb am vergangenen Samstag aus tiefster Überzeugung für den Bau einer neuen Synagoge auf dem Ulmer Weinhof - und zwar nur dort. Susanne Gross war die wohl mit der größten Spannung erwartete Referentin bei den Ulmer Architekturgesprächen im EinsteinHaus und plauderte prompt aus dem Nähkästchen. Schließlich vertritt sie den Wettbewerbssieger für den neuen Synagogenbau, das Kölner Büro
Kister, Scheithauer, Gross.
"Warum darf das Grundstück für die Synagoge auf diesem Platz liegen?" So frage Susanne Gross eingangs und nannte dafür zunächst einen städtebaulichen Grund: "Der Platz löst sich zur Sparkasse hin auf merkwürdige Weise auf." Jetzt wird er neu gefasst. Noch wichtiger ist ihr aber der historische Aspekt der Rückkehr der jüdischen Gemeinde an den Standort, wo die alte Synagoge 1938 unter den Nazis zerstört wurde, ja: "Wir machen jetzt einen Schritt nach vorne." Auf den Platz. Dafür warb die Architektin auf unwiderstehliche Art und Weise: kompetent, klar verständlich, offen, sympathisch, heiter. Und zollte zugleich der Stadt Ulm großes Lob: "Dass der Gemeinderat so einen Beschluss gefasst hat, ist bewundernswert und ein Vorbild für andere Kommunen."
Zunächst hatte sie ein bisschen ausgeholt, um sich dialektisch dem Ulmer Projekt zu nähern. So erzählte sie von einem anderen Sakralbau, einer Doppelkirche für Katholiken und Protestanten, die sie auf dem Freiburger Rieselfeld realisierte: "Dort hatten wir die gegenteilige Problematik wie in Ulm: Wir hatten zu viel Platz." In Ulm habe man sich nun zu beschränken, wobei die jüdische Gemeinde selbst bescheidene Platzansprüche stelle. "Die Synagoge wird so groß wie die alte", nur dass sie - um den eigentlichen Sakralraum herum - im Gebäude jetzt auch noch alle anderen Funktionen unterbringt: Kindertagesstätte, Saal, Verwaltung.
Gross berichtete, dass die Raumplanung in der Ausschreibung relativ offen gehalten war. Fix war nur, dass im Sakralraum 80 Männer und 50 Frauen Platz finden müssen. "Jetzt geht die Arbeit erst so richtig los. Es wird noch ziemlich heftig umorganisiert werden."
Klar ist freilich, dass die "äußere, ruhige Quaderform" für den Stadtraum gesetzt ist. "Die Synagoge ist kein architektonisches Feuerwerk." Allerdings wolle man die Natursteinfassade "noch ein bisschen öffnen". Ein zentrales Gestaltungselement ist dabei die so genannte "Tasche", zugleich Innen- wie Außenfläche, über die das Licht von der Sattlergasse her in den Würfel dringt.
Auf dem Dach ist die Außenspielfläche für die Kinder vorgesehen - um unten auf dem Platz abschottende und abweisende Mauern und Zäune zu umgehen. "Es ist, als ob die Synagoge wie vom Himmel gefallen dort steht." Ein echter "Stadtbaustein", um das Thema dieser Architekturgespräche aufzunehmen.
Die Bedeutung des Sicherheitsaspekts sei bei einem solchen Projekt nicht hoch genug einzuschätzen, untermauerte dann aus berufenem Munde Christiane
Thalgott. Als langjährige Münchner Stadtbaumeisterin begleitete sie den Bau des Jüdischen Zentrums auf dem Jakobsplatz und berichtete jetzt in Ulm von einer Flut beschämender Briefe gegen das Projekt.
Thalgott selbst sprach vor rund 80 Symposiumsteilnehmern im EinsteinHaus über ein viel weiter gefasstes Thema, den Gegensatz von Stadt und Natur oder vielmehr seine Überwindung. In München spiegelt sich das praktisch in einem erfolgreichen Projekt für Bürger zur Kultivierung von Krautgärten wider. Damit erging die Einladung: "Wenn Sie die Synagoge in München besuchen, zeige ich Ihnen auch gleich unsere Krautäcker.""
Links:
"Im Tal zwischen Schwörhaus und Münster", so liegt nach den Worten der Architektin Susanne Gross die neue Ulmer Synagoge auf dem Weinhof und fügt sich in das Stadtbild ein. Computersimulation: Büro
Kister, Scheithauer, Gross;
Quelle: Website
von kister scheithauer gross - architekten und stadtplaner GmbH
Artikel von Oliver Helmstädter
in der "Augsburger Allgemeinen" vom 23. April 2010 (Artikel):
"Startschuss für neue Synagoge.
Ulm. Genau 26 100 Tage, nachdem marodierende Nazis im November 1938 die Ulmer Synagoge auf dem Weinhof anzündeten, wird der Neubau auf den Weg gebracht. Am kommenden Montag beginnen die ersten Vorarbeiten für Ausgrabungen des Landesdenkmalamts. Um 17 Uhr wird das Denkmal für die Ulmer Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in einer kleinen Zeremonie entfernt. Es findet eine vorläufige Heimat in der Ulmer Wilhelmsburg.
Ende 2010 will die Israelische Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) als Bauherrin den Bauantrag einreichen. Mitte 2011 kann mit dem Bau des gut vier Millionen Euro teuren jüdischen Gemeindezentrums mit Synagoge begonnen werden. Im dritten Quartal 2012 könnte die Synagoge bereits fertig sein.
Die Planungen gehen jetzt in die Details: Wie Susanne Jakubowski, Vorstandsmitglied der IRGW und der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik gestern im Ulmer Rathaus mitteilten, wurde der Siegerentwurf des Auswahlverfahrens inzwischen in Zusammenarbeit mit den Architekten und der Stadt Ulm auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt. Eine Folge: Die Synagoge wird 1,50 Meter breiter und zwei Meter länger als der ursprüngliche Entwurf. Zudem wird der Gebetsraum in das Erdgeschoss verlegt. Ursprünglich war dieser im dritten Stock geplant, doch dies kollidierte mit dem religiösen Verbot, am Sabbat keine Aufzüge zu verwenden.
Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner begrüßte ausdrücklich eine in Gang gekommene Diskussion um den 17,50 Meter hohen Quader im Herzen von Ulm.
'Das Schlimmste wäre Teilnahmslosigkeit in der Bevölkerung.' Bei der Auswahl des Entwurfs sei auch das Landesdenkmalamt
(LDA) beteiligt gewesen, um eine passende Bebauung für diesen historischen Ort sicher zustellen. Per Ausgrabung wollen die Archäologen des Denkmalschutzes bis November ergründen, was sich in der Tiefe befindet.
'Das ist wie eine Seite des Geschichtsbuches. Wir wollen sie abschreiben, bevor sie zerstört
wird', sagte Jonathan Schischkewitz vom LDA. Sensationen - wie etwa Reste der alten Pfalz - werden nicht erwartet, dies ließe sich durch frühere Untersuchungen ziemlich sicher sagen. Während der Grabungsarbeiten stehen auf dem Weinhof deutlich weniger Parkplätze als üblich zur Verfügung."
Links:
Einladung zur Veranstaltung am 26. April 2010.
Links:
Von der Stadt Ulm (Fachbereich Stadtentwicklung, Bau und Umwelt) wurde in
Zusammenarbeit mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs
herausgegeben:
"Dokumentation Gutachterverfahren Neue Synagoge", 56 S.
Ulm 2010.
Aus dieser Dokumentation sei das Vorwort von Rabbiner Shneur Trebnik (S.
10-11) zitiert:
"B'H (= Baruch HaSchem, G'tt sei gepriesen). Liebe
Bürgerinnern und Bürger Ulms, liebe Leserinnen und Leser,
es liegen bewegende Monate hinter uns, in denen unsere Gemeinde hier
im Herzen Ulms große Schritte in Richtung eines jüdischen G'tteshauses
gegangen ist. Monate, in denen wir gemeinsam mit Stadt und
Verantwortungsträgern viel erreichen konnten. Wir beginnen hier in Ulm
wieder in die Fußstapfen jener jüdischen Gemeinde zu treten, die hier
einst bestanden hat und deren Wurzeln bis ins 13. Jahrhundert
zurückreichen.
Gebäude spiegeln den Geist ihrer Zeit wieder. Die Synagoge, die 1873 hier
errichtet wurde, war ein imposantes Gebäude im maurischen Stil. Und auch
die Synagoge, die wir mit G'ttes Hilfe und getragen von der breiten
Unterstützung der Ulmer Bürgerschaft jetzt errichten, spiegelt unsere
heutige Zeit wider: Von außen kompakt und schlicht, doch innen voller
Leben. Ein Ort jüdischen Lebens mit Synagoge, Mikwe, Kindergarten,
Kulturräumen und allem, was heute als wichtig für eine jüdische
Gemeinde empfunden wird. Ein Ort für jüdische und nichtjüdische
Bürger, ein Ort der Religion, der Kultur und der Begegnung. Ihr Licht
wird weit über die Grenzen unserer Heimatstadt hinausstrahlen.
Allen beteiligten Architekten und Architenteams - jüdischen und
nichtjüdischen - merkte man die Begeisterung und Leidenschaft an, sich
beim Gutachterverfahren für dieses besondere G'tteshaus an diesem
besonderen Ort beteiligen zu dürfen.
Der Jury aus Vertretern der Israelitischen Religionsgemeinschaft
Württembergs, der Stadt Ulm und von Fachgutachtern ist die Entscheidung
nicht leicht gefallen, und doch gelang es einstimmig, einen der Entwürfe
als jenen auszuweisen, der noch einen Tick überzeugender war.
Möge G'ttes Segen allzeit auf den Bürgerinnen und Bürgern unserer
Stadt, den Mitgliedern unserer jüdischen Gemeinde und diesem Gebäude
ruhen.
Rabbiner Shneur Trebnik. Ortsrabbiner Ulm."
September
2010: Führungen
zum "Tag der Europäischen jüdischen Kultur" - Synagogenbau ab
Frühjahr 2011 ?
Artikel von Jürgen Buchta in
der "Südwestpresse" vom September 2010 (Artikel):
"Ulmer Synagogenbau ab Frühjahr?
Der Tag der Jüdischen Kultur hat diesmal ganz im Zeichen der geplanten neuen Synagoge gestanden. Sie soll auf dem Ulmer Weinhof
entstehen. Der Baustart ist fürs kommende Frühjahr vorgesehen.
Der Europäische Tag der Jüdischen Kultur besteht in seiner heutigen Form seit 1999. Gestern, als er erneut begangen wurde, sind an etwa 50 Orten in Baden-Württemberg und im Elsass Zeugnisse der älteren, aber auch der neu entstandenen jüdischen Gemeinden gezeigt worden.
Während im vergangenen Jahr an diesem Tag die jüdischen Feste schwerpunktmäßig vorgestellt wurden, so lautete das Thema diesmal "Kunst und Judentum". In Ulm fand in diesem Zusammenhang eine Stadtführung statt, die das jüdische Leben in der Stadt vom Mittelalter bis zur Gegenwart beleuchtete. Auf dem Plan standen auch eine Begehung des jüdischen Bereichs im Neuen Friedhof, und zwei Vorträge: zum einem über bedeutende jüdische Handschriften des Mittelalters und zum zweiten über die jiddische Frauenbibel Zenna
Urenna, ihre Geschichte und Inhalte. Im Zentrum des öffentlichen Interesses standen diesmal aber aktuelle Informationen über den geplanten Bau der Synagoge, die auf dem Weinhof entstehen wird.
"Die grundlegenden Pläne dazu sind fertig", berichtete gestern Nachmittag Rabbiner Shneur Zalman Trebnik in den Räumen der jüdischen Gemeinde an der Neutorstraße. Technische Details müssten noch ausgearbeitet werden, man gehe aber davon aus, dass der Bauantrag der Stadtverwaltung im Dezember vorgelegt werde. "Wir hoffen, dass der erste Spatenstich oder die Grundsteinlegung für den Bau dann im März oder April kommenden Jahres möglich ist", berichtete Trebnik weiter. Die archäologischen Grabungen auf dem Baugelände seien soweit fortgeschritten, dass sie in etwa sechs Wochen beendet werden können.
Die rund 450-köpfige jüdische Gemeinde im Großraum Ulm/Neu-Ulm - ihr Einzugsgebiet reicht von Heidenheim bis Biberach - ist nicht selbstständig. Sie firmiert als Außenstelle der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg in Stuttgart. Und daran werde sich in absehbarer Zeit wohl auch nichts ändern, berichtete der Rabbiner.
Die neue Synagoge soll nach dem Konzept des Kölner Büro Kister, Scheithauer und Gross gebaut werden. Das sieht einen äußerlich schlichten würfelartigen Bau vor. Er wird 17 Meter hoch und damit so hoch wie die Dachtraufe der Sparkasse auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Und etwa so breit und so lang wie eines der Bürgerhäuser am südlichen Ende des Platzes. Kernstück des viergeschossigen mit einer Dachterrasse ausgestatteten Baus ist die Synagoge. Sie ist für das erste Stockwerk eingeplant und soll 140 Menschen Platz bieten. Fürs Erdgeschoss ist ein Mehrzwecksaal für Feste und Versammlungen vorgesehen, im zweiten Obergeschoss die Frauensynagoge.
Diesem Neubau war gestern Abend auch eine Veranstaltung in der Georgskirche gewidmet. Die Konzertlesung stand unter dem Titel: Rufer, Mahner, Tröster."
Artikel von Dagmar Hub in der "Augsburger Allgemeinen" vom 6. September
2010 (Artikel):
"Synagoge soll in zwei Jahren auf dem Weinhof stehen.
Ulm. Zum europaweit begangenen Tag der jüdischen Kultur informierte der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik in den gegenwärtig genutzten und viel zu engen Räumen der Ulmer jüdischen Gemeinde über den aktuellen Stand des Synagogen-Neubaus auf dem Weinhof. Dabei stellte ein interessiertes Publikum auch Fragen zur Finanzierung und Nutzung des Synagogengebäudes, das bis etwa September 2012 auf dem Weinhof entstehen soll.
Mit einer Liste von 89 Namen großenteils religionsfern aufgewachsener russischer Juden begann Shneur Trebnik seine Arbeit, als er vor zehn Jahren mit Frau und Tochter nach Ulm kam - eine sehr erfolgreiche Arbeit, denn inzwischen zählt die jüdische Gemeinde Ulms beinahe 500 Mitglieder und ist damit von ihrem Stand vor 1933 gar nicht mehr so weit entfernt. Viele dieser Gemeindemitglieder sind Juden aus der ehemaligen Sowjetunion und aus anderen Ländern, aber auch israelische Studierende an der Universität Ulm sind darunter. Ein Problem für Trebnik stellt es dar, dass in der Stadt häufig jüdische Geschäftsleute für wenige Tage zu Gast sind, für die kein koscherer Laden existiert, sodass sie Schwierigkeiten haben, sich zu versorgen.
Als Traum habe er es empfunden, als Gemeinderat Martin Rivoir einen Vorstoß für eine neue Synagoge auf dem Weinhof (statt wie angedacht in der Nähe der derzeitigen Räume der Israelischen Gemeinde an der Neutorstraße) machte - doch diesen Vorstoß zu realisieren war der Gemeinderat bereit: Mit Beschluss vom 5. Mai 2009 wurde der jüdischen Gemeinde ein Baugelände auf dem Weinhof zur Verfügung gestellt, dessen exakte Lage Trebnik damals auch noch nicht bekannt war. Wegen der erwarteten Reste mittelalterlicher oder noch früherer Bebauung auf dem Weinhof wurde das Landesdenkmalamt sofort aktiv. Es soll mit den Grabungen bis Mitte November fertig sein, so
Trebnik. Weil im Dezember der Bauplan für die Synagoge eingereicht werden soll, werden derzeit notwendige Änderungen am Entwurf der Kölner Architektin Susanne Gross vorgenommen: Um die Gebetsrichtung der Synagoge nach Jerusalem - zum Tempelberg hin - zu erreichen, ist eine Südost-Ausrichtung nötig. Die Farbgebung des Gebäudes sei noch offen, so
Trebnik, die Entscheidung für ein großes Eckfenster mit Davidssternen in dem etwa hundert Quadratmeter großen Betraum ist aber bereits gefallen.
Auch die darüber liegende Frauenempore ist planerisch entschieden. Exakte Baupläne müsse er aber aus Gründen der Sicherheit der Öffentlichkeit vorenthalten, so der Rabbiner. Das Synagogengebäude soll zusätzlich einen Versammlungssaal, einen jüdischen Kindergarten, ein Jugendzentrum, eine Bibliothek und einen koscheren Laden mit eigenem Eingang beherbergen. Ein koscheres Restaurant in der Stadt wäre für Trebnik mittelfristig wünschenswert, müsste aber auf private Initiative hin entstehen. Auf eine Tiefgarage im Synagogengebäude wird aus Sicherheitsgründen verzichtet.
Für Diskussionen sorgte der geplante jüdische Kindergarten. 'Integration ist eine sehr große Sache, aber Assimilation ist
problematisch', sagt Shneur Trebnik. 'Ich versuche, die jüdische Kultur zu schützen.' Die Synagoge dagegen soll für alle Bürger offen sein, allerdings sei natürlich das Thema Sicherheit ein zentrales und noch nicht abschließend geklärt. Es werde einen Pförtner geben, der die Ausweise der Besucher kontrolliert. Ob Kameras angebracht werden oder nicht, sei ein heißes Thema - man müsse einen Kompromiss zwischen Sicherheit und Privatsphäre der Menschen finden. Das Ziel der jüdischen Gemeinde sei aber Frieden für alle Bürger.
'Wir wollen hier kein Getto, wollen keinen Streit.' Stadt zahlte nach dem Krieg Ausgleich für Grundstück. Shneur Trebnik beantwortete auch die Frage von Interessierten, warum die Synagoge nicht auf dem Platz der Vorgängersynagoge entstehen konnte. Seinen Informationen nach habe die Stadt Ulm die jüdische Gemeinde 1938 zu einem Verkauf des Grundstücks der Synagoge für die Summe von nur 20 000 Mark genötigt, später sei diese Summe dann auf 14 000 Mark gekürzt worden. 1951 verkaufte die Stadt das Gelände an die Sparkasse. Allerdings, so
Trebnik, habe die Stadt nach dem Krieg einen Ausgleich für das Grundstück an die Jewish Agency und später an die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs in Stuttgart bezahlt."
Artikel
von Christa Kanand aus der "Südwestpresse" vom 7. September
2010 (Artikel): "Am Tag der jüdischen Kultur standen in der St. Georgskirche die Propheten im Mittelpunkt. Eine Konzertlesung zu Gunsten der neuen Synagoge.
Die Propheten als Brückenbauer zur jüdischen Kultur: Die Einnahmen einer Konzertlesung in der gut besuchten katholischen St.
Georgskirche, die der Organist Siegfried Gmeiner mit Antonin Dvoraks Präludium und Fuge D-Dur festlich eröffnete, war für den Bau der jüdischen Synagoge in Ulm bestimmt. Lesung, Bildbetrachtung, Orgelspiel, Sologesang, das Programm war vorbildlich ausgestaltet: "Rufer, Mahner, Tröster: die Propheten des Alten Testaments an den Hochwänden von St. Georg" - sie standen wortwörtlich im Scheinwerferspot. Auf Augenhöhe mit den Aposteln haben die zwölf Propheten - oft verspottet, isoliert und verfolgt - nicht nur eine herausragende Stellung als Mittler zwischen Volk und Gott im Alten Testament, sondern auch im
Tanach, der hebräischen Bibel. Ihre Reihe von Moses über Jeremias bis Baruch bildet eine gemeinsame Schnittstelle von Juden- und Christentum.
Pfarrer Thomas Keller stellte jeden an den Wänden über den Bögen des Hauptschiffs mit Spruchbändern und Bibelstellen verewigten Propheten vor. Mit höchster Aufmerksamkeit, auch wegen akustischer Defizite, lauschten die rund 250 Zuhörer seinen komprimierten Informationen zum Leben und zur
Ikonografie. Den Gestalten und der biblischen Aussagen stellte Siegfried Gmeiner an der spätromantischen Walcker-Orgel ein musikalisches Ebenbild zur Seite. Unter den Werken befand sich auch der Choral " O Jerusalem du schöne" von Johannes Graf (1853-1923), der vor seiner Zeit als Ulmer Münsterkantor an der Heilbronner Synagoge Kantor gewesen war. Anita Steuers überlegen geführter Sopran voller Wärme verstand in allen Lagen zu betören und zu berühren - besonders in Dvoraks Psalmvertonung "Gott ist mein Hirte", in der Partie des Königs David, der mit einem Lamm dargestellt wird.
Inseln der Meditation bildeten Orgelwerke von Buxtehude, Guilmant sowie Mendelssohns gewaltige
"Vater-Unser-Choralvariationen" und Max Springers spätromantische Oster-Fantasie. Textklar zog die Sopranistin auch mit einer Jesajavertonung in ihren Bann, die Adolf Kern (1906-1976), Kantor der in der Reichspogromnacht von den Nazis zerstörte Ulmer Synagoge, komponiert hatte."
Foto
links: Am Computer simuliert: die Innensicht des Synagogen-Gebetsraumes am Ulmer Weinhof. Animation: Architekturbüro
Kister, Scheithauer, Gross.
Artikel von Dagmar Hub in der "Augsburger Allgemeinen" vom 10.
November 2010 (Artikel):
"Neue Synagoge auf gutem Weg. Ulm Noch in diesem Monat, so hofft die jüdische Gemeinde Ulms, soll der Bauantrag für den Neubau der Synagoge auf dem Weinhof genehmigt werden. Der Spatenstich - und damit der Baubeginn - soll am 17. März 2011 um 18 Uhr geschehen.
Wie bei der Gedenkfeier für die in der Shoa ums Leben gekommenen Ulmer Juden am 9. November auf dem Weinhof bekannt wurde, gibt es gegenüber der ursprünglich geplanten Gestaltung des Neubaus größere bauliche Veränderungen an der Weinhofseite der Synagoge. Die Pläne selbst will die jüdische Gemeinde im Dezember der Öffentlichkeit präsentieren.
Die Südseite der Synagoge zum Weinhof hin verändert sich durch drei große Fenster und wird dadurch transparenter werden. Auch das prächtig gestaltete Eckfenster des Gebetsraums selbst, nach Südosten gerichtet, wird der bisherigen Planung der Architektin Professor Susanne Gross gegenüber größer.
Bei der Gedenkfeier auf dem Weinhof hatte OB Ivo Gönner zum offenen Dialog über die geplante Synagoge aufgerufen. Im Anschluss an die Gedenkstunde auf dem Weinhof, die an die Zerstörung der Ulmer Synagoge und die Übergriffe auf jüdische Mitbürger auf dem Weinhof in der Reichspogromnacht 1938 erinnert, gab es im Münster eine Gedenkfeier, bei der auf der Münsterorgel Kompositionen des 1976 verstorbenen Adolf Kern erklangen. Kern war zugleich Münsterkantor und Chorleiter der Ulmer Synagoge und so ein Mittler zwischen Christen und Juden.
Die Künstlerin Marlis Glaser erläuterte ihre derzeit im Nordschiff des Münsters gezeigten Porträts jüdischer Mitbürger, deren Leben sich ohne die Shoa wohl in Süddeutschland abgespielt hätte.
(köd)"
Artikel in den Stadtnachrichten
Ulm vom 14. Dezember 2010 (schwaebische.de - Artikel):
"Neue Synagoge wird teurer als geplant
Erster Spatenstich für den Bau der Synagoge auf dem Weinhof wird am 17. März 2011 sein, dessen ist sich Rabbiner Shneur Trebnik sicher. Auf die Fertigstellung ihrer Synagoge hofft die jüdische Gemeinde Ulms bis zum August oder September 2012.
'Es ist machbar, es hängt jedoch fast alles an der finanziellen Situation', so
Trebnik.
Deshalb sind in dieser Woche noch einige Dinge zu klären: Da das Bauvorhaben teurer werden wird als ursprünglich veranschlagt und für die Kosten wohl eine Fünf-Millionen-Summe zu Grunde gelegt werden muss, andererseits bisher deutlich weniger Spenden eingingen als erhofft, wird sich am Donnerstag die Israelitische Gemeinde Ulms mit dem mit dem Bau beauftragten Kölner Architekturbüro zusammensetzen, um nach Sparmöglichkeiten zu suchen. Die jüdische Gemeinde muss für den Bau etwa 1,5 Millionen Euro selbst aufbringen, weswegen Rabbiner Trebnik auch auf mögliche Sponsoren zugehen will und Veranstaltungen und Aktionen im Frühjahr plant.
'Wir müssen jetzt, was die Baupläne betrifft, Einigkeit bekommen. Es gibt Sparvorschläge vom Architekturbüro, die für uns nicht hinnehmbar sind, und es gibt solche, die für die Architektin Susanne Gross unakzeptierbar
sind', sagte Trebnik. An Spenden und Zuwendungen gingen 2009 und 2010 beim Förderverein etwa 45 000 Euro ein, so dass dessen Geldbestand aktuell bei 60 000 Euro liegt.
Die Baupläne werde man der Öffentlichkeit vorstellen, so Trebnik, wenn die Planung hundertprozentig fertig ist. Auch für den Bauantrag Ende des Jahres ist eine abgeschlossene Planung nötig. Was Trebnik aber bereits weiß: Das große Eckfenster mit Davidssternen im Betraum, das zum Tempelberg in Jerusalem hin weisen wird, wird noch größer werden, und die Südfassade der Synagoge wird von Fenstern durchbrochen und somit lichter werden."
Artikel von René Barth in der "Augsburger Allgemeinen" vom 29.
Januar 2011 (Artikel):
"Ulmer Rabbiner steht Rede und Antwort
Weißenhorn 'Warum tragen die Männer bei den Juden solche Mützen?', 'Darf man einfach in eine Synagoge?
' oder 'Wie ahnden Sie es, wenn sich jüdisch Gläubige nicht regelkonform
verhalten?' Diese und ähnliche Fragen stellten fast fünfzig Weißenhorner dem Ulmer Rabbiner Shneur
Trebnik.
'So war das auch gedacht', erklärt Franz Snehotta von 'Pax Christi', der gemeinsam mit der Stadtbücherei, dem Frauenbund und dem Weißenhorner Museumsverein seit mehr als 15 Jahren stets am 27. Januar eine Veranstaltung organisiert. An genau diesem Tag wurde vor 66 Jahren das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. 1996 wurde dieser Tag von Bundespräsident Herzog aus diesem Grund zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt.
'Wir wollen nicht nur die Erinnerung wachhalten, sondern wir sehen diesen Tag als Motivation zur
Politik', erklärt Snehotta. Bisher griffen die Organisatoren verschiedenste Themen zu diesem Anlass auf. Ob Theater, Musik oder Vorträge, die Veranstaltungen waren, wie die am vergangenen Donnerstagabend auch, stets gut besucht. Einen Rabbiner hatten die Weißenhorner bislang allerdings noch nicht zu Gast im Christophorushaus.
Die Ulmer Geschichtslehrerin Luise Keck referierte zum Einstand über die Geschichte der Juden in Ulm. Bereits dreimal schon wurden diese aus der Münsterstadt
'verjagt', erzählte sie. Während in den Jahren 1348/49 die Juden für die Pest verantwortlich gemacht wurden, vertrieb man sie 1499 allein wegen ihrer Güter aus Ulm. Erst 1806 kamen die Juden dann wieder in die Stadt, um dann von 1933 an wieder erneut grausam aus Ulm vertrieben zu werden.
Im Jahr 2000 war der Rabbiner mit seiner Frau und einem Baby direkt aus Israel in die Münsterstadt gekommen, mit dem Ziel, die jüdische Gemeinde in Ulm wiederzubeleben.
Seit 2002 hat die Gemeinde, die ein Teil der jüdischen Gemeinde Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist, eine eigene Räumlichkeit für ihre Religion. Derzeit betreut Rabbiner Trebnik 450 Mitglieder und plant seit geraumer Zeit schon den Bau einer Synagoge auf dem Ulmer Weinhof, wo früher schon eine Synagoge stand.
'Im März soll nun endlich der Spatenstich sein und im September 2012 die
Einweihung', freute sich der Rabbiner.
'Wenn Sie mich fragen, was ist die jüdische Religion, dann gibt es nur einen Satz, der das erklärt, nämlich: Liebe Deinen Nächsten'; eröffnet Rabbiner Trebnik seine Gesprächsrunde.
'Woher kommen denn die Juden in Ulm?', wollte ein Besucher wissen. 95 Prozent der Ulmer Juden kommen aus Osteuropa, wie der Rabbi erklärte.
Auf die Frage der Integration dieser Menschen sagte der Rabbiner, dass nur ein Teil der zugewanderten osteuropäischen Juden sich bisher integriert hat.
'Lernen denn die Schüler im Unterricht Hebräisch und ist der Gottesdienst auf Hebräisch?', wollte eine Besucherin von Trebnik wissen.
'Ein Teil des Unterrichts wird in Hebräisch gelehrt, allerdings ist es nicht Kern unserer Religion, Hebräisch zu lehren. Der Gottesdienst aber wird natürlich in Hebräisch mit deutscher Übersetzung
abgehalten', erklärte er.
Natürlich hatten die Gäste auch Fragen zur jüdischen Lebensweise mitgebracht.
'Wie läuft denn eigentlich der Sabbat bei Ihnen ab?', fragte ein Anwesender.
'Stellen Sie sich vor, Sie schalten für einen Tag das Handy, den Fernseher, das Telefon, den Computer und dergleichen ab und kümmern sich nur um die Familie. Das ist Sabbat, ein Familientag
eben', beschrieb der Rabbiner diesen Tag.
'Wie bekommen Sie denn das Koscher-Essen?', war eine weitere Frage. Rabbi Trebnik bedauerte, dass es in Ulm nicht ganz einfach ist, dieses zu bekommen. Das nächste Geschäft, das koschere Lebensmittel vertreibt, sei in Stuttgart.
'Monatlich fahren wir aber nach Frankreich, um einzukaufen', erzählte der Rabbi.
'In die Ulmer Synagoge ist auf jeden Fall angedacht, einen Lebensmittelmarkt einzurichten, der koscheres Essen
verkauft.'
Für die Weißenhornerin Gerlinde Keck war die Veranstaltung eine sehr interessante Art, die jüdischen Gedanken
kennenzulernen. 'Mich interessiert der Glaube der Juden und auch das Schicksal dieser Menschen, die so viel unsägliches Leid erfahren
mussten', fasste sie zusammen. Auch Johanna Gürster befasst sich schon lange mit dem Glauben der Juden.
'Diese Veranstaltung war für mich eine Bestätigung über das, was ich schon gewusst
habe', erklärte sie, 'aus erster jüdischer Hand sozusagen.'
Auch ein 'Aha'-Erlebnis hatte die Besucherin. 'Ich habe nicht gedacht, dass jüdische Frauen heutzutage immer noch eine Perücke tragen, ich dachte, das hat sich mit der modernen Zeit erübrigt', staunte sie.
Auch für den Rabbiner selbst, der immer wieder diese Art von Veranstaltungen besucht, war der Abend ein
'schönes und sehr fröhliches Erlebnis'."
Foto
links: Die neue Synagoge soll künftig den Weinhof nach Norden hin abschließen. Links im Bild das Schwörhaus, rechts im Hintergrund das Münster. (Foto:
nuz).
Artikel in der "Schwäbischen Zeitung" vom 8. Februar 2011 (Artikel):
"Weinhof: Bau der Synagoge kann beginnen
Stadträte geben grünes Licht - Das neue jüdische Gotteshaus soll bis zum 9. November 2012 fertig sein Ulm / mru: Der Bau der neuen Synagoge auf dem Ulmer Weinhof kann
bald beginnen. Der überarbeitete Entwurf des markanten Gebäudes fand bei
den Mitgliedern des Bauausschusses gestern große Zustimmung. Damit kann
sofort der Bauantrag gestellt werden.
Geplanter Spatenstich ist am 17. März. Wenn alles glatt geht, ist die
neue Synagoge bis zum 9. November 2012 fertig – 74 Jahre, nachdem das
alte jüdische Gotteshaus nur wenige Meter entfernt von den
Nationalsozialisten zerstört wurde.
Die Kölner Architektin Prof. Susanne Gross stellte am Dienstag den
Stadträten den in den vergangenen Monaten überarbeiteten
Wettbewerbs-Entwurf vor. Das etwa 17 Meter hohe Gebäude soll künftig den
Weinhof nach Norden hin abschließen – für Baubürgermeister Alexander
Wetzig ein städtebaulicher Gewinn und eine Art Stadtreparatur von
Schäden aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Das Schwörhaus werde
stärker in die Mitte gerückt und bekomme eine Fassung – der Platz
werde aufgewertet.
Im Vergleich zum Entwurf aus dem Wettbewerb wurde das Gebäude in der
überarbeiteten Fassung leicht nach Nordosten gedreht. Die Blickachse zum
Neuen Bau und zum Münster bleibt erhalten. Die Fassade soll
voraussichtlich eine Verkleidung aus Kalkstein erhalten. Ein großes
Eckfenster mit stilisierten Davidsternen durchbricht das Steinmuster zum
Weinhof und zur Sattlergasse hin. Die eigentliche Synagoge befindet sich
im südöstlichen Teil des Gebäudes und ist somit in Richtung Jerusalem
ausgerichtet.
Ergänzt wird der Sakralraum durch verschiedene Einrichtungen des
jüdischen Gemeindezentrums, beispielsweise einen Veranstaltungssaal, eine
Bibliothek, eine Religionsschule mit Gästezimmer und Verwaltung sowie
eine Kindertagesstätte mit Speiseraum und Küche. Das Gebäude hat zudem
ein Souterraingeschoss mit einem Ladengeschäft für koschere
Lebensmittel.
Die Kosten belaufen sich auf vier bis fünf Millionen Euro. Bauherrin der
neuen Synagoge ist die Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg.
Deren Vorstandssprecherin Barbara Traub, nannte die Lücke, die jahrelang
am Weinhof klaffte, eine Wunde, die in der Stadt bestanden hat. Der Neubau
ist eine Chance, diese Wunde zu schließen."
Ein weiterer Artikel zu
derselben Thematik erschien von Hans-Uli Thierer in der
"Südwestpresse" (Ulm) vom 9. Februar 2011 ("Die
9.-November Synagoge"): Link
zu diesem Artikel beziehungsweise
pdf-Datei.
Artikel von Oliver Helmstädter in der "Augsburger Allgemeinen"
vom 19. März 2011 (Artikel):
"Ulm bekommt eine neue Synagoge
Es war der Spatenstich für einen ganz besonderen Bau: Ulms neue Synagoge.
Gestern Abend wurde Geschichte geschrieben auf dem Ulmer Weinhof. 73 Jahre nachdem in der Reichspogromnacht Nazis die 1869 erbaute Synagoge im Herzen Ulms schändeten und beschädigten, wurde symbolisch mit dem Neubau begonnen. Begleitet von Personenschützern und einem imposanten israelischen Medientross reiste der in Israel prominente Staatsminister Yossi Peled aus Jerusalem zum Spatenstich an.
'Das ist kein normaler Termin für mich. Das ist etwas ganz Besonderes', sagte der 70-Jährige, dessen Familie zum Großteil von Nationalsozialisten ermordet wurde. Der Neubau sei ein Ausdruck des Vertrauens, das jüdische Menschen in die deutsche Demokratie gefasst hätten.
'Hass und Tod haben nicht das letzte Wort gehabt', sagte Sozialministerin Dr. Monika Stolz als Vertreterin des Landes, bevor Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner die Redner schmunzelnd zur Zurückhaltung ermahnte:
'Es kommt ja noch die Grundsteinlegung, das Richtfest und dann die Eröffnung.' Selbige soll am 9. November 2012 sein – 74 Jahre, nachdem das alte jüdische Gotteshaus nur wenige Meter entfernt von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Das etwa 17 Meter hohe Gebäude soll künftig den Weinhof nach Norden hin abschließen.
'Ein hervorragender Entwurf', verteidigte Gönner erneut den nicht überall beliebten Kubus der Architekten
'Kister Scheithauer Gross'. Dass die Architektur sogar Gegner innerhalb der jüdischen Gemeinde gehabt habe, verriet Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW). Doch die Wogen wären nun geglättet. Die Freude auf das
'lebendige Zentrum für alle Bürger der Stadt' sei groß. Wichtige Aufgabe sei es in Zukunft, das gedeihliche Miteinander der Bürger in Ulm zu fördern. Ein Symbol dafür waren die für das Purim-Fest typischen Haman-Taschen, die nach dem Spatenstich mit einer Tasse Tee gereicht wurden.
'Wir wünschen uns, dass dieses Gebäude von den jüdischen und nichtjüdischen Bürgern angenommen wird als ein Ort der Begegnung und ein Ort des
Friedens', sagte Barbara Traub.' Ein Gebäude aus hellem Kalkstein. Im Vergleich zum Entwurf aus dem Wettbewerb wurde, wie bereits berichtet das Gebäude in der überarbeiteten Fassung leicht nach Nordosten gedreht. Die Blickachse zum Neuen Bau und zum Münster bleibt erhalten. Die Fassade soll mit einem hellen Kalkstein verkleidet werden. Die jüdische Gemeinde rechnet mit Gesamtkosten von etwa fünf Millionen Euro.
Der Ulmer Ortsrabbiner Schneur Trebnik betonte, dass dies ein besonderes Ereignis nicht nur für die Juden, sondern für alle Ulmer sei.
'Wir sind jetzt wieder mitten im Zentrum der Stadt.' Dort, wo die religiöse Heimstätte hingehöre. Diese Synagoge werde
'sicher länger bestehen, als die erste – vielleicht für ewig'."
Artikel in der "Südwestpresse"
(Ulm) vom 30. März 2011 (Artikel):
"Jüdische Spuren: Münsterführung für die Synagoge
Die Münstergemeinde bietet jetzt Führungen zur Unterstützung des Baus der neuen Synagoge in Ulm an, Titel: "Jüdische Spuren." Start mit Münsterpfarrerin Tabea Frey ist am morgigen Donnerstag: "Die Kirche ist mit dem Judentum von ihren Wurzeln her zutiefst verbunden. Leider hat sie das zu manchen Zeiten verkannt."
Diesen Irrtümern wie den Neubesinnungen geht die Pfarrerin nun mit Sonderführungen im Münster nach, von der Grundsteinlegung bis zur neueren Geschichte in Stein und Bild. Zu sehen sind unter anderem die Holzskulpturen von Mirjam und David, die von zwei Jüdinnen für die alte Orgel gestiftet worden waren, sowie mittelalterliche jüdische Grabsteine, die in den "geheimen Kammern" des Münsters zu sehen sind.
Der Eintritt von zehn Euro fließt komplett in die neue Synagoge am Weinhof, genauer in den Kindergarten, der im obersten Stock 15 Kindern mit Ganztagesbetreuung Platz bieten soll. Weitere Aktionen von den in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Ulm/Neu-Ulm organisierten Gemeinden wie dem Münster folgen, ein Höhepunkt ist der Israelsonntag am 28. August. Die Termine der Führungen:
31. März, 16 bis 17.30 Uhr;
8. April, 16 bis 17.30 Uhr;
6. Mai, 15 bis 16.30 Uhr.
Treffpunkt ist die Münsterpforte, wo es auch Karten gibt (für maximal je 20 Teilnehmer). Bei großer Nachfrage gibt es weitere Termine. jr"
Bericht über eine
Münsterführung mit Pfarrerin Tabea Frey von Jakob Resch in
der "Südwestpresse" vom 6. April 2011 (Artikel):
"Ulm. Das Münster ist so alt und so groß, dass die Geschichten dort nicht ausgehen. Eine besondere Geschichte aber spiegelt sich in den jüdischen Spuren wider. Eine Führung zugunsten der neuen Synagoge klärt auf.
Am Ende geht noch einmal so richtig ein Stern auf: 40 Meter hoch in der so genannten Orgelkammer im südlichen Chorturm des Ulmer Münsters, da stehen David und Mirjam, bewundernswert. Die beiden kunstvollen, fast lebensgroßen Holzskulpturen zierten die alte Münsterorgel. David mit der Harfe und Mirjam mit der Trommel sind jüdische Figuren aus dem Alten Testament - und von zwei Ulmer Jüdinnen, dem Fräulein Fried und ihrer Lehrerin Fanny Nagel, im späten 19. Jahrhundert fürs Münster gestiftet worden.
So schließt sich der Kreis einer Münsterführung, die diese Vorzeichen derzeit umdreht: Unter dem Titel "Jüdische Spuren" sammelt nun nämlich die Münstergemeinde für den Bau der neuen Ulmer Synagoge auf dem Weinhof, genauer: für den Kindergarten dort. So soll eine Gemeinschaft bekräftigt werden, die über weite Strecken brüchig war. Münsterpfarrerin Tabea Frey sagt: "Es ist eine Führung, die mit der leidvollen und hoffnungsvollen Geschichte von Juden und Christen im Zickzack durch die Kirche führt."
Los geht es gleich mit einer großen Botschaft, die das Israelfenster an der Pforte bereithält. Tabea Frey erklärt: "Das Münster ist meines Wissens die einzige Kirche, die ihre Besucher" - und das sind 700 000 im Jahr - "unter dem Davidstern hindurchführt." 1986 ist es von der Münstergemeinde in Auftrag gegeben worden, als Zeichen auch für die Christen selbst, "nicht die Wurzeln zu kappen", da das Christen- aus dem Judentum hervorging.
Wie brutal wenige Jahre nach Fräulein Fried und Fanny Nagel die Wurzeln gekappt worden waren, hat Künstler Hans Gottfried von Stockhausen in diesem Fenster mit den Namen der KZ Treblinka, Auschwitz, Bergen-Belsen verarbeitet sowie mit dem Zug der Juden durch die Vorhölle in die als Feueröfen dargestellten Gaskammern. Darüber aber dominiert der siebenarmige Leuchter mit dem ewigen Licht.
Noch in der Vorhalle wird an eine viel frühere Zeit erinnert, "in der der Antisemitismus wütete", wie Tabea Frey sagt. Ein Grabstein für die 1288 gestorbene Nina Jizchak ha-Levi wurde 1377 umgewidmet in einen Gedenkstein für den ersten Münsterpfleger. "Ein Sakrileg" nach jüdischer Tradition, just im Jahr der Münstergründung. Wie zum Hohn bedienten sich die Ulmer gleichzeitig aber des Juden Jäcklin als Kreditvermittler für den Münsterbau.
Tabea Frey verbindet ihre Kirchenführung mit der Geschichte der Ulmer Juden und deren Synagogen überhaupt, die mit der Vertreibung 1399 für lange Zeit endete. Im 19. Jahrhundert wird die Beziehung wiederbelebt, und wieder geht es um alte jüdische Grabsteine. Doch diesmal sichert sie der Altertumsverein droben im südlichen Chorturm: "Ihre Ruhe sei im Garten Eden."
Die israelitische Religionsgemeinschaft in Ulm ihrerseits, darunter der Vater Albert Einsteins, stiftete zum 500. Jahrestag der Grundsteinlegung 1877 mit Jeremia eine der Pfeilerfiguren für das Hauptschiff. Tabea Frey: "Das zeigt wie weit man einander nähergekommen war." Und woran jetzt für den Synagogenbau angeknüpft werden kann - unter dem Stern von David und Mirjam hoch droben im Turm."
Pressemitteilung vom 5. April 2011 (dapd):
"Finanzierung von jüdischem Gemeindezentrum in Ulm gesichert
Ulm (dapd-bwb). Die Finanzierung eines geplanten jüdischen Gemeindezentrums mit Synagoge in Ulm steht. Die Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) werde einen Großteil der geschätzten Baukosten in Höhe von 4,6 Millionen Euro übernehmen, sagte Stephan Kramer, Generalsekretärs des Zentralrats der Juden in Deutschland, am Dienstag auf
dapd-Anfrage.
Die IRGW zahlt nach Aussage von Kramer 3,5 Millionen Euro, die teilweise durch Spenden abgedeckt werden sollen. Auch Stadt und Land beteiligten sich an den Baukosten. Kramer sagte, bei einem so "ehrgeizigen Projekt" könne es die ein oder andere kleine Überschreitung der eingeplanten Kosten geben. Dass der Bau aber bis zu sieben Millionen Euro teuer werden könne, wie Kritiker geäußert hatten, wies er als "Phantasie" zurück."
Die Presseerklärung
der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs vom 5. April 2011
(pdf-Datei)
Artikel von Michael Ruddigkeit in der "Augsburger Allgemeinen"
vom 5. Juli 2011 (Artikel):
"Weinhof. Neue Synagoge: Jetzt geht’s richtig los
Seit gestern liegt die Baugenehmigung vor. Finanzierung geklärt. Gemeinde hofft, dass das Gebäude bis November 2012 fertiggestellt werden kann
Die Baugenehmigung liegt vor, die Bagger sind angerollt: Jetzt kann der Bau der neuen Synagoge auf dem Weinhof beginnen. Fertig soll das jüdische Gotteshaus bis November 2012 sein. Ulm Am 17. März war auf dem Weinhof der symbolische Spatenstich für das neue jüdische Gotteshaus samt Gemeindezentrum. Seitdem war es etwas still geworden.
'Da tut sich ja gar nichts mehr', wunderten sich viele Bürger. Getan hat sich viel, doch zunächst hinter den Kulissen. Jetzt sind die Bagger angerollt. Und seit gestern liegt der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) – der Bauherrin für das Vorhaben – auch die Baugenehmigung der Stadt vor.
'Damit können wir in die konkrete Bauphase eintreten', sagte Vorstandssprecherin Barbara Traub.
Grund für die Verzögerungen war, dass es innerhalb der IRGW unterschiedliche Auffassungen über die Finanzierung der Ulmer Synagoge gab. Deshalb hat sich die Religionsgemeinschaft an den Zentralrat der Juden und an das Land Baden-Württemberg gewandt, damit diese vermitteln. Die Mitglieder der Repräsentanz – das ist das zuständige Entscheidungsgremium der jüdischen Gemeinde – haben sich daraufhin über das weitere Vorgehen geeinigt.
Beschlossen wurde, die Synagoge mit Gesamtkosten von bis zu 4,6 Millionen Euro zu bauen. Der Vorstand kann über einen Eigenanteil der IRGW von 1,5 Millionen Euro für die Finanzierung verfügen und zusätzlich einen Zwischenkredit von bis zu zwei Millionen Euro aufnehmen. Im Gegenzug wird für Grundschule, Kindergarten, Jugendarbeit und Religionsschule in Stuttgart zweckgebunden jährlich eine halbe Million Euro zusätzlich zu den laufenden Haushaltsmitteln eingestellt. Die Ulmer Gemeinde plant mit insgesamt 875000 Euro städtischer und staatlicher Förderung für das Bauvorhaben auf dem Weinhof. Außerdem erhofft sich die IRGW Spenden von Ulmer Bürgern und Unternehmen, um das restliche Geld zusammen zu bekommen.
Nachdem auf dem Weinhof inzwischen die Baugrube ausgehoben und für den Neubau vorbereitet wurde, sieht der weitere Fahrplan so aus: Ende Juli soll die Vergabe an einen Generalunternehmer erfolgen. Im August und September ist dann die konkrete Ausführungsplanung vorgesehen. Mit dem Rohbau soll Anfang Oktober begonnen werden. Dieser soll möglichst bis Frühjahr 2012 stehen.
Ziel ist nach wie vor, dass die Synagoge bis zum 9. November 2012 fertig ist – 74 Jahre, nachdem das alte jüdische Gotteshaus von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Trotz der bisherigen Verzögerungen zeigte sich Vorstandssprecherin Barbara Traub gestern zuversichtlich, dass dieser Zeitplan eingehalten werden kann.
Neben der eigentlichen Synagoge sollen in dem etwa 17 Meter hohen Neubau verschiedene Einrichtungen des Gemeindezentrums untergebracht werden, beispielsweise ein Veranstaltungssaal, eine Religionsschule, eine Bibliothek, eine Kindertagesstätte und ein Laden mit koscheren Lebensmitteln. Das Gotteshaus soll künftig den Weinhof nach Norden hin abschließen und somit den Platz aufwerten."
Juli 2011:
Die Bauarbeiten beginnen
Foto
links (von Rabbiner Shneur Trebnik, www.irgw.de):
oben Aufnahme der Arbeiten am Fundament am 22. Juli 2011; unten:
Eintreffen von schwerem Baugerät am Abend des 21. Juli 2011.
Video - eingestellt bei YouTube.com - zur
Neuen Synagoge im Weinhof in Ulm
Artikel in der "Schwäbischen
Zeitung" vom 1. Dezember 2011: "Ortrun Bäumlein führt
Förderverein.
Ulm / köd. Der Förderverein zum Bau der neuen Ulmer Synagoge hat
einen neuen Vorstand: In der Jahreshauptversammlung des Fördervereins
legte dessen Vorsitzender Martin Stoldt sein Amt aus gesundheitlichen
Gründen nieder. Einzige Kandidatin und ohne Gegenstimme zur neuen Ersten
Vorsitzenden gewählt wurde die seit 2005 in Ulm lebende Heilpraktikerin
in SPD-Politikerin Ortrun Bäumlein..." Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei
Artikel von Hans-Uli Thierer in der
"Südwest-Presse" (Lokalausgabe Ulm) vom 28. Dezember 2011:
"Synagogenbau am Ulmer Weinhof: 'Wir sind im Plan'
Ulm. Die neue Synagoge in Ulm, ihre Kosten und Finanzierung: ein
Dauerthema unter den Juden im Land. Die israelitische
Religionsgemeinschaft tritt Gerüchten entgegen, das Projekt verteuere
sich maßlos..." Link
zum Artikel
Fotos der
Synagogenbaustelle Ende Dezember 2011:
Fotos vom 30. Dezember 2011
(erhalten von Christof Maihöfer,
Förderverein zur Unterstützung
zum Bau einer neuen Synagoge
in Ulm e.V.)
Januar
2012: Im Synagogenbau wird auch
eine Mikwe (rituelles Bad) eingebaut
Artikel von Jürgen Buchta in der
"Südwest-Presse" (Lokalteil Ulm) vom 19. Januar 2012: "Die
Ulmer Synagoge wird mit einer Mikwe ausgestattet. Ulm. Jüdinnen ist auferlegt, sich regelmäßig rituell
zu reinigen. Ein Tauchbad, in dem sie dem Gebot nachkommen können, wird
seit gestern im Untergeschoss der neuen Synagoge auf dem Weinhof
gebaut..." Link
zum Artikel
Artikel von Johannes Wagemann in der
"Schwäbischen Zeitung" vom 24. Januar 2012: "Ulms neue
Synagoge nimmt Form an.
Ulm - Ulms jüdische Gemeinde bekommt ein neues Zuhause. Die Synagoge
in der Donaustadt nimmt langsam Form an. Der Kubus könnte bis zum Herbst
fertig werden, doch der Rabbiner ist sich noch nicht ganz
sicher..." Link
zum Artikel
Drei Artikel in der "Südwestpresse
Ulm" vom 3. März 2012:
- Konflikt belastet Ulmer Synagogenbau.
Ulm/Stuttgart. Von wegen Burgfrieden. Der Streit unter Württembergs
Juden über den Ulmer Synagogen-Neubau geht
weiter..."
Link zum Artikel
- "Maximalpreis ist garantiert": "Kolportierte
Behauptungen" nennt der IRGW-Vorstand - Sprecherin Barbara Traub, Susanne
Jakubowski, Michael Kashi - die Aussagen Martin Widerkers. Das Trio nimmt
Stellung zu den Streitpunkten. Link
zum Artikel.
- Leitartikel - Zum Schaden der Sache - von Hans-Uli Thierer: Link
zum Artikel
Pressemitteilung
der Israelitischen Religionsgemeinschaft vom 29. Juni 2012: "Stuttgart
/ Ulm, 29. Juni 2012 - 9. Tammus 5772. Wichtige Etappe beim Bau des
IRGW-Gemeindezentrums auf dem Ulmer Weinhof genommen. Richtfest für die
neue Synagoge findet zur Stunde statt; Einweihung folgt Anfang
Dezember..." Link zur
Pressemitteilung (pdf-Datei)
Die neue Synagoge - wenige
Tage
vor dem Richtfest (Fotos: obere
Zeile: D. Bluthardt; untere Zeile:
Hahn; Fotos vom 24.6.2012)
Blick vom Weinhof
Verschiedene
Informationstafeln an der Baustelle
Blick von Süden, rechts
Treppe zum Weinhof
Blick vom Weinhof
Rechts das Grundstück der
1938
zerstörten Synagoge
Blick von der
Neuen Straße
Presseberichte zum
Richtfest:
Artikel von Hans-Uli Thierer in der "Südwest-Presse"
(Lokalausgabe Ulm) vom 29. Juni 2012: "Richtfest an der neuen
Synagoge am Weinhof.
Ulm. Sie steht nun komplett, kein halbes Jahr mehr, dann wird sie
eröffnet. Am Freitag aber war zuerst einmal Richtfest am Synagogenbau,
der als markante moderne Architektur am historischen Weinhof
entsteht..." Link
zum Artikel.
Artikel von Oliver Helmstädter in der "Augsburger Allgemeinen"
vom 29. Juni 2012: "Ulm. Richtfest als Zeichen von Normalität.
Das Rohbau steht. Ein Besuch in der künftigen Ulmer Synagoge, die im
Dezember eröffnet werden soll..." Link
zum Artikel
Artikel im Architektur- und Design-Blog DETAIL daily vom 5. Juli 2012:
"Richtfest am Weinhof in Ulm" Link
zum Artikel
Artikel in der "Südwestpresse"
(Lokalausgabe) vom 13. Juli 2012: "Zuschuss für Jugendräume in
der Synagoge. Für einen Jugendraum in der neuen jüdischen Synagoge am Weinhof zahlt die Stadt Ulm einen Zuschuss von 33 800 Euro. Das haben die Stadträte des Fachbereichsausschusses Bildung und Soziales einstimmig beschlossen. Damit nimmt die jüdische Gemeinde das selbe Recht in Anspruch wie Vereine, andere Kirchen oder Institutionen auch... Link
zum Artikel
Die neue Synagoge am Weinhof wurde
im Dezember 2012 eröffnet. Zum fünfjährigen Bestehen der Synagoge
sammelte die jüdische Gemeinde Spenden für eine neue Tora-Rolle. Dank
zahlreicher eingegangener Spenden konnte am 5. Dezember 2017 eine
neue Torarolle eingeweiht werden.
Die Einladung zur
Einbringung der neuen Torarolle und zur
Feier des fünfjährigen Bestehens der Ulmer Synagoge
Programm Rednerliste der
Veranstaltung im Rathaus
Liturgische Texte
zur Einbringung: Seder Hakafot
(Umzüge mit den Torarollen in der Synagoge)
Artikel von Ludger
Möllers in "Augsburger Allgemeinen"
vom 31. Mai 2019: "Konferenz. Rabbiner loben Ulms Engagement. 50
jüdische Gelehrte tagen. Kippa-Debatte überlagert Treffen
Als starkes Zeichen der Verbundenheit mit den Juden hat der Vorsitzende der
Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), Rabbiner Menachem Margolin, das
persönliche Engagement von Oberbürgermeister Gunter Czisch und den Empfang
von 50 Rabbinern in der Donaustadt gewürdigt: Czisch hatte die Teilnehmer
einer Rabbiner-Konferenz am Dienstag im Rathaus begrüßt. In der aktuellen
Debatte um das öffentliche Tragen der Kippa seien deutliche Botschaften wie
jene aus Ulm wichtig, so Margolin. Während der dreitägigen Konferenz
beschäftigten sich die Teilnehmer mit Fragen des jüdischen Reinheitsgebots,
der Beerdigungsrituale und der Kleidung. Vier Experten aus New York, Israel
und London standen als Gesprächspartner und für Vorträge zur Verfügung.
Bereits am Montagabend hatte der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik seinen
Kollegen die Stätten jüdischen Lebens in Ulm gezeigt. Überlagert war die
Tagung durch die aktuelle politische Diskussion um das öffentliche Tragen
der Kippa: Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein,
hatte in der vergangenen Woche dazu geraten, Juden sollten sich nicht
überall in Deutschland mit der Kippa zeigen. Er begründete dies mit der
'zunehmenden gesellschaftlichen Enthemmung und Verrohung', die ein fataler
Nährboden für Antisemitismus sei. 'Wenn Politik und Gesellschaft mit
vereinten Kräften gegen Antisemitismus vorgehen, dann haben wir eine echte
Chance, diesen Kampf zu gewinnen', sagte Klein. 2018 war die Zahl
antisemitischer Straftaten bundesweit stark angestiegen. Der CER-Vorsitzende,
Rabbiner Menachem Margolin, lobte nach der Konferenz den Ulmer OB Czisch:
'Wir waren berührt, dass das Stadtoberhaupt von Ulm, einer Stadt mit langer
jüdischer Geschichte, seine Solidarität mit uns gezeigt hat', sagte er und
fügte hinzu: 'Dies ist eine Botschaft, für die auch andere Politiker und
Vertreter gesellschaftlichen Lebens eintreten sollten, anstatt eine
Botschaft der Niederlage gegen den Extremismus zu verbreiten, indem sie
Juden auffordern, ihre Identität zu verbergen.' Der Ulmer Rabbiner Shneur
Trebnik hält allein schon die Debatte darüber, welche Kleidung man trägt,
für falsch. Auch den Aufruf, dass Deutsche am Samstag aus Solidarität Kippa
tragen sollen, sieht er kritisch. 'Ulm ist ein sicherer Hafen – mitten in
Deutschland, mitten in Europa. Aber auch, wenn in Ulm noch nichts spürbar
ist von solch einer Vorsicht, macht man sich sicher Gedanken: Wie geht’s
weiter?' Heute habe Ulm wieder eine lebendige und wachsende jüdische
Gemeinde mit etwa 500 Mitgliedern. Die neue Synagoge wurde am 2. Dezember
2012 offiziell eröffnet. Die alte Synagoge war 1938 unter den
Nationalsozialisten in Brand gesteckt worden." Link zum Artikel
Artikel von Moritz
Clauß in der "Südwestpresse" vom 10. Juli 2020: "Jubiläum in Ulm Vom
Wohnzimmer zur Synagoge: Wie die jüdische Gemeinde entstand
Der Weg zur eigenen jüdischen Gemeinde in Ulm war nicht leicht. Nach 20
Jahren gibt es Grund zum Feiern – doch die Gesundheit geht vor. Als Shneur und Chani Trebnik im Jahr 2000 nach Ulm kamen, gab es dort
schon lange keine jüdische Gemeinde mehr. Die Trebniks wollten das ändern,
die Jüdinnen und Juden in der Stadt und der Region wieder zusammenführen.
Dafür mussten sie erstmal viel telefonieren. 'Die erste Frage war sehr oft:
Wer hat ihnen meine Telefonnummer gegeben?', sagt der Rabbiner. Die Leute
hätten kein Interesse gehabt. Dazu sei noch ihr schlechtes Deutsch gekommen,
ergänzt Chani Trebnik. Beide sind in Israel aufgewachsen. Doch es gab
Menschen, die sich auf das Angebot einließen. Die zu Treffen und gemeinsamen
Gebeten kamen – im Wohnzimmer der Familie Trebnik, vierter Stock, kein
Aufzug. Mit der Zeit wuchs die Gemeinde, 2002 mieteten die Gläubigen eine
eigene Wohnung als Gebetsraum an. Im Mittelalter aus der Stadt vertrieben. Shneur Trebnik sei dazu
bereit gewesen, 'in ein Land zu gehen, das er nicht kannte, um dafür zu
sorgen, dass aus einzelnen Menschen jüdischen Glaubens eine jüdische
Gemeinde wurde', sagt Michael Joukov-Schwelling. Der Grünen-Politiker ist
selbst Jude und bezeichnet sich als Dreiviertel-Atheisten. Über den
orthodoxen Rabbiner sagt er: 'Man muss anerkennen, dass er seine Ansichten
hat, aber sie niemandem aufdrängt.' Es sei wichtig, dass es jemanden gebe,
'der sich komplett für die Gemeinde hergibt'.
Im Mittelalter waren die Jüdinnen und Juden aus Ulm vertrieben worden. Bis
auf Einzelfälle blieben sie der Stadt für Jahrhunderte fern. Erst im 19.
Jahrhundert entstand eine neue jüdische Gemeinde, die eine Synagoge
errichtete. 1938 zerstörten die Nazis das Gotteshaus. Jubiläum: Feier wegen Corona-Krise abgesagt. Seit 2012 steht auf dem
Weinhof wieder eine Synagoge. Ganz in der Nähe des Ortes, an dem der
Vorgängerbau stand. 'Der Standort am Weinhof ist sehr prägnant', sagt
Susanne Jakubowski, Vorstandsmitglied der Israelitischen
Religionsgemeinschaft Württembergs. Die Beziehungen zur Stadt und zum Land
seien ausgezeichnet. Im März wollte die Jüdische Gemeinde, die mittlerweile
rund 400 Mitglieder hat, ihr 20-jähriges Bestehen feiern, in der
Corona-Krise wurde die Feier auf Juni verlegt. Auch diesen Termin sagte die
Gemeinde später ab. 'Rabbiner Trebnik ist wirklich der allerletzte, der die
Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen würde', sagt Jakubowski. Dazu kam:
Wichtige Gäste und Künstler aus Israel hätten wegen der Pandemie nicht
anreisen können. Wenn möglich, sollen die Feierlichkeiten im nächsten Jahr
nachgeholt werden. 'Die Lage auf der ganzen Welt ist so verrückt', sagt
Shneur Trebnik. 'Menschen erkranken, Menschen verlieren ihre Arbeit,
Menschen sterben.' Eine Jubiläumsfeier zu verschieben, damit könne man im
Vergleich dazu leben."
Link zum Artikel
Juni 2021:
Brandanschlag auf die
Synagoge in Ulm - Nach Fahndungsaufruf der Polizei wurde der Täter identifiziert
Am Samstag 5. Juni 2021
wurde von einem gut zwei Wochen später identifizierten Täter eine brennbare
Flüssigkeit an der Synagoge in Ulm angezündet. An der Synagoge entstand ein Sachschaden, Personen wurden
glücklicherweise nicht verletzt. Zur Aufklärung des Tatgeschehens richtete
die Ulmer Kriminalpolizei eine Ermittlungsgruppe ein. Intensive
Ermittlungen - vor allem auch mit Fahndungsfotos (links) - führten dazu,
dass der Täter identifiziert werden konnte. Die Tätersuche wurde daher am
22. Juni 2021 eingestellt. An diesem Tag war es allerdings noch nicht zu
einer Festnahme gekommen.
Dezember 2023:
Täter des Brandanschlages
entschuldigt sich
Artikel von Maja Nötzel und Peter Schmid in
swr.de vom 22. Dezember 2023: "Im Rahmen des Prozessauftakts zum
Brandanschlag an der Synagoge in Ulm wird der mutmaßliche Brandstifter in
den Großen Sitzungssaal des Landgerichts Ulm geführt. Brandanschlag auf
Ulmer Synagoge: Angeklagter entschuldigt sich bei Rabbiner
Der Prozess um die Brandstiftung an der Ulmer Synagoge im Sommer 2021 hat
begonnen. Der Angeklagte hatte im Vorfeld zugegeben, ein Feuer gelegt zu
haben.
Seit Donnerstag muss sich ein 47-Jähriger wegen schwerer Brandstiftung vor
dem Landgericht Ulm verantworten. Dem Mann wird vorgeworfen, im Sommer 2021
einen Brandanschlag auf die Ulmer Synagoge verübt zu haben. Zum
Prozessauftakt hat der Mann bereitwillig über sich und sein Leben Auskunft
gegeben. Zum Tatvorwurf selbst sagte er nichts, er entschuldigte sich jedoch
beim Rabbiner der Synagoge, Shneur Trebnik.
Entschuldigung nach Aussage des Rabbiners. Der Rabbiner der Synagoge
wurde am ersten Verhandlungstag als Zeuge vernommen. Nach der Vernehmung
wandte sich der Angeklagte an Trebnik und entschuldigte sich für die Tat. Es
habe sich um eine Kurzschlussreaktion gehandelt. Die Entschuldigung sei bei
ihm angekommen, so Trebnik dem SWR. Sie sei allerdings zweifelhaft. Es sei
aus seiner Sicht keine Kurzschlussreaktion, wenn jemand eine Flasche
Brandbeschleuniger abfülle, mit einem Bus zu einer Synagoge fahre und ein
Feuer entzünde, so der Rabbiner. Vor Prozessauftakt: Angeklagter gibt zu, Feuer gelegt zu haben. Zur
Tat selbst sagte der psychiatrische Gutachter aus, der den Angeklagten vor
Prozessbeginn angehört hatte: Der 47-Jährige habe damals ein Zeichen setzen
wollen. Er habe sich viele Gedanken darüber gemacht, wie die Palästinenser,
vor allem die Kinder, unter der Situation in Israel leiden. Das Feuer habe
zeigen sollen, wie schnell 'so etwas' passieren könne. Aber jemandem schaden
wollte er nicht. Auch habe der Angeklagte nicht gewusst, dass dieses
jüdische Gebäude eine Synagoge sei, so der Gutachter in seiner Aussage. Nach
der Tat sei er etwa zehn Minuten später noch einmal an der Stelle
vorbeigegangen und habe gesehen, dass Feuerwehr und Polizei schon da gewesen
seien. Zu Hause habe er dann den ganzen Tag gewartet, dass ihn die Polizei
festnehme. Mutmaßlicher Brandstifter war in der Türkei untergetaucht. Nach der
Tat tauchte der Ulmer mit türkischem Pass zwei Jahre lang unter. Seine
Freundin habe ihm dazu geraten, sagt der Gutachter aus. Fast zwei Jahre war
er in der Türkei und habe sich in der Zeit von einer Herzoperation und einem
Schlaganfall erholt. Zurück kam er, so sein Verteidiger Stefan Holoch, weil
er einen Schlussstrich unter die Sache habe ziehen wollen. Im SWR-Interview
bezeichnete der Verteidiger seinen Mandanten als einen fehlgeleiteten
Idealisten 'ohne großartige politische Ansprüche'. Die Anklage wegen
schwerer Brandstiftung sei 'viel zu hoch gehängt'. Der Prozess wird im
Januar fortgesetzt. Ende des Monats soll auch das Urteil fallen."
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