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"Synagogen im Schwalm-Eder-Kreis"
Zimmersrode mit
Bischhausen, Gilsa und Römersberg (Gemeinde
Neuental, Schwalm-Eder-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(zu Waltersbrück siehe eigene
Seite)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Zimmersrode bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts
zurück. Auch die in der Umgebung lebenden jüdischen Familien gehörten zur
Gemeinde Zimmersrode: in Bischhausen, Gilsa,
Römersberg und Waltersbrück.
1646 gab es sieben jüdische Haushaltungen in Zimmersrode, 1744 15 und 1776
sechs Haushaltungen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Zimmersrode 1835 50 jüdische Einwohner, 1861 54 (10,6 % von insgesamt 509
Einwohnern), 1871 58 (10,8 % von 447), 1885 66 (12,3 % von 534), 1895 67 (11,5 %
von 583), 1905 59 (11,3 % von 520); in Gilsa 1835 und 1861 jeweils 38
jüdische Einwohner, in Waltersbrück 1835 14, 1861 36, 1905 22 jüdische
Einwohner, in Bischhausen 1835 9, 1961 10, 1905 8 jüdische Einwohner, in
Römersberg 1835 8, 1861 9 jüdische Einwohner.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Israelitische
Elementarschule (bis 1913, danach Religionsschule; ein Schulgebäude wurde um 1850 an der
Westseite der Synagoge in der Bornstraße erbaut) und ein rituelles Bad. Die
Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Haarhausen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An Lehrern
der Gemeinde sind u.a. bekannt: L. Heilbrunn (um 1865, Quelle),
Jakob Emmerich (bis 1869, danach in
Diemerode; unterrichtete 1868 insgesamt 26 Schüler - 16 Jungen und 10
Mädchen), Levi Plaut (nach 1881, siehe unten; unterrichtete bei Dienstantritt 54 Kinder, wenig
später insgesamt 46 Kinder,
davon 12 aus Dillich, je 7 aus Waltersbrück und Gilsa), Adolf Wertheim (aus Volkmarsen;
1895-1913, unterrichtete um 1900 noch ca. 30 Kinder, zuletzt nur noch sechs
Kinder), Sally Nußbaum (1913-1916, gefallen, siehe Bericht unten). Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk Niederhessen mit Sitz in Kassel.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Sally
Buchheim (geb. 22.10.1884 in Gilsa, gef. 1.9.1914), Unteroffizier Sally Nußbaum
(geb. 2.6.1892 in Mansbach, gef. 24.4.1915), Willy Schön (geb. 26.10.1892 in
Bischhausen, gef. 11.11.1916), Unteroffizier Felix Stahl (geb. 12.6.1892 in
Gilserberg, gef. 4.11.1915), Gefreiter Bernhard Stern (geb. 1.4.1887 in
Zimmersrode, gef. 21.8.1917), Moritz Stern (geb. 15.6.1895 in Zimmersrode, gef.
2.10.1918),
Seligmann (Selig) Stern (geb. 25.1.1884 in Zimmersrode, gef. 8.11.1915).
Außerdem ist gefallen: Unteroffizier Siegmund Buchheim (geb. 27.6.1892 in
Gilsa, vor 1914 in Nesselröden wohnhaft, gef. 11.11.1916).
Um 1924, als 50 jüdische Personen in Zimmersrode lebten (8,6 % von 582
Einwohnern; zur Gemeinde gehörten außerdem in Bischhausen 6, Gilsa 11 und
Waltersbrück 14 Personen), waren die Vorsteher der Gemeinde Theodor Höxter und
Daniel Meier. Den Religionsunterricht der damals acht Kinder der Gemeinde wurde
durch Lehrer Jakob Höxter aus Jesberg erteilt. An jüdischen Vereinen
gab es den Israelitischen Männerverein (Männer-Chewroth; 1924 unter
Leitung von M. Höxter, 1932 unter Leitung von Max Rothschild; Zweck und
Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Durchreisender) sowie den Israelitischen
Frauenverein (Frauen-Chewroth; 1924/32 unter Leitung der Frau von Daniel
Stern, Ziel und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger und
Durchreisender). 1932 war Gemeindevorsteher Max Rothschild, Schatzmeister
Sally Abraham. Im Schuljahr 1931/32 gab es acht schulpflichtige jüdische Kinder
in der Gemeinde, die ihren Unterricht nun durch Lehrer Levi Katz aus Borken
erhielten. In den Filialgemeinden lebten 1932: in Bischhausen 6, Gilsa 7 und
Waltersbrück 9 jüdische Personen.
1933 lebten noch 39 jüdische Personen am Ort (6,8 % von 574). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert: 14 konnten emigrieren,
andere verzogen u.a. nach Kassel und Hannover. Beim Novemberpogrom 1938 wurden
die Synagoge geschändet und verwüstet. Auch das Schulgebäude und die
Wohnungen jüdischer Familien wurden überfallen. In den Monaten nach dem Pogrom
(zwischen Dezember 1938 und April 1939) wurden die noch in Zimmersrode lebenden
jüdischen Personen nach Kassel verbracht und dort in "Judenhäuser"
zwangseingewiesen. Anfang 1939 hatten noch 13 jüdische Personen in Zimmersrode
gezählt.
Von den in Zimmersrode geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Herta (Greta)
Abraham (1928), Walter Abraham (1921), Frieda Blumenfeld geb. Stern (1896), Sara
(Klara) Hammerschlag geb. Stern (1893), Berta Hirschberg geb. Stern (1894),
Benedikt (Berthold, Benedick) Höxter (1883), Berthold Höxter (1877), Markus
Höxter (1881), Rickchen Höxter (1875), Theodor Höxter (1879), Irene Katz
(1889), Paula Katz (1888), Hildegard Lichtenberg geb. Wertheim (1906), Cilly
Lilienstein geb. Meier (1897), Hermine Meier (1898), Josef Julius Meier (1904),
Lotte Meier (1925), Marianne Meier geb. Bachrach (1867), Moses Meier (1890),
Rosa Meier geb. Michel (1892), Seligmann Siegmund Meyer (1888), Sara Michel geb.
Meier (1892), Wolf Benjamin Michel (1862), Thekla Rosenblatt (1880), Auguste
Roth geb. Rosenblatt (1883), Louis Schloss (1881), Bernhard Stern (1924), Daniel
Stern (1862), Ida Stern geb. Schirling (), Sofie Stern (1926), Theodor Stern
(1894), Amalie Stiefel geb. Rothschild (1901).
Aus Bischhausen sind umgekommen: Klara Schön (1897), Marianne Schön
geb. Wertheim (1866).
Aus Gilsa sind umgekommen: Charlotte Doiny geb. Katz (1888), Adolf Katz
(1889), Leo Katz (1918), Mathilde Katz (1924), Minna Katz (1891), Rosa Katz
(1888), Jettchen Kaufmann geb. Katz (1876), Auguste Philipp geb. Katz (1882),
Franziska Plaut geb. Buchheim (1882), Karoline Speier geb. Katz (1866).
Aus Römersberg ist umgekommen: Lina Regine Barton geb. Buxbaum
(1880).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Lehrer Levi Plaut tritt in den Ruhestand (1914, nach
1881 bis 1895 Lehrer in Zimmersrode)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. Dezember 1914: "Aus Kassel wird uns gemeldet: nach
33-jähriger Tätigkeit trat am 1. Oktober dieses Jahres Lehrer Levi
Plaut aus Gesundheitsrücksichten in den Ruhestand. In den Gemeinden Zimmersrode,
Witzenhausen und Frankenberg,
in welchen er gewirkt, war er wegen seiner Tüchtigkeit und seines
bescheidenen, freundlichen Wesens sehr geachtet. In Anerkennung seiner
treuen Dienste wurde ihm allerhöchst der Adler der Inhaber des
königlichen Hausordens vom Hohenzollern |
70. Geburtstag von Lehrer i.R. Levi Plaut (1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 5. Juni 1931: "70. Geburtstag des emeritierten Lehrers
Plaut. Am 11. dieses Monats kann Lehrer i.R. Levy Plaut auf 70
Lebensjahre zurückblicken. Wenngleich er diesen Tag infolge seines
leidenden Zustandes im engsten Familienkreis verbringen will, sei doch in
der Öffentlichkeit seiner Wertschätzung gedacht. Gehört er doch zu den
Veteranen des Lehrerstandes, der nur in seinem Heimatlande amtierte. Aus Frielendorf
stammend, bestand er am hiesigen Seminar (sc. Kassel) im Frühjahr
1881 die erste und zwei Jahre später die zweite Prüfung. Mit besten
Zeugnissen versehen, übertrag ihm die Regierung die Schulstelle in Zimmersrode;
damals waren dort 54 jüdische Kinder aus dem Orte und den umliegenden
Dörfern zu unterrichten, für einen jungen Menschen eine schwere Aufgabe.
Noch heute gedenken viele ehemaligen Schüler ihres Lehrers in Verehrung
und Dankbarkeit. Mit aller Kraft arbeitete Plaut an der ihm anvertrauten
Jugend, und seine Erfolge wurden von der Schulaufsichtsbehörde wie vom
Provinzialrabbiner Dr. Munk seligen Andenkens vollauf anerkannt, zumal er
durch Lehre und Leben auch in religiöser Hinsicht der Jugend das beste
Vorbild war und bis heute darin sich treu blieb. Die Behörden bezeigten
ihm daher vielfaches Wohlwollen. Sein Verhältnis zu seinen Kollegen und
Gemeinden war immer ein gutes auch noch als Lehrer in Witzenhausen
und Frankenberg. Gar zeitig waren
Plauts körperliche Kräfte verbraucht. Wochenlang lag er schwer krank in
der Marburger Klinik, nur sein Gottvertrauen und der feste Willen zur
Gesundung ließen ihn genesen. Der Heroismus versagte aber, und so musste
er schon 1914 in den Ruhestand treten. Die Segnungen seiner emsigen Arbeit
konnte er in seinem hiesigen Ruhesitz (sc. Kassel) nicht genießen.
Wiederum traten Leiden ein, und Heilung fand er nur für kurze Zeit. So
lange es sein Zustand ermöglichte, fand er hier Beschäftigung. Während
der Kriegsjahre unterrichtete Plaut an der Luisenschule und wiederholt
auch an unserer Volksschule, stets bereit, zu helfen. Die ihm gebührende
Anerkennung war ihm nie versagt. - Plauts Familienleben ist ein
musterhaftes; seine Frau, geb. Stahl, ist eine wahre Heldin an Hingebung
und Pflege, und sie trug viel dazu bei, den 70. Geburtstag ihres Mannes zu
begehen. Möge unserem lieben Mitbürger noch ein langes, recht gesundes
Leben besieden sein zur Freude seiner Familie, seiner guten Kinder und
vieler Freunde. Wir rufen ihm zu: 'Chasak - sei stark.' L. Horwitz."
|
Zum Tod des Lehrers Adolf Wertheim (1916; von 1895 bis 1913 Lehrer in Zimmersrode)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. Juni 1916: "Neustadt
(Kreis Kirchhain). Am 24. Mai ist Lehrer Adolf Wertheim, 45 Jahre alt, in
der Heimat seiner Gattin in Hannoversch Münden zu Grabe getragen worden.
Das große Geleite zur letzten Ruhestätte legte beredtes Zeugnis ab von
der Liebe und Wertschätzung, die der Heimgegangene genoss.
Lehrer Fabisch – Göttingen, schilderte am Grabe die Verdienste des
Verstorbenen um Schule und Gemeinde, seinen Fleiß und Wohltätigkeitssinn.
Lehrer Oppenheim, Treysa trauerte namens
der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens um den Verlust des wackeren,
pflichtgetreuen Kollegen, der mit siechem Körper sich noch im Dienste des
Vaterlandes betätigte und den Unterricht der etwa 100 Kinder zählenden
christlichen Schule zeitweise mit übernahm. Lehrer Neuhaus – Fritzlar
widmete ihm namens der Freien Vereinigung warme Worte der Anerkennung und
Lehrer Wertheim – Münden nahm in tief erschütternden Worten Abschied
von dem geliebten Bruder.
Der Verstorbene war 25 Jahre hessischer Lehrer und amtierte in Korbach, Zimmersrode
und Neustadt, Kreis Kirchhain.
Obgleich er in Neustadt nur 3 Jahre wirkte, hatte er sich dort einen großen
Freundeskreis erworben, sowohl in jüdischen, als auch in christlichen
Kreisen. Gar viele waren herbeigeeilt, ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Der Magistrat, die christliche Lehrerschaft und der Kriegerverein hatten
Deputierte mit kostbaren Kranzspenden entsandt. T." |
Lehrer Adolf Wertheim unterzeichnet den Spendenaufruf zum Neubau der Synagoge in
Dillich (1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1900: "Aufruf!
Die hiesige, aus acht Israeliten bestehende israelitische Gemeinde, ist in
die Notwendigkeit versetzt, ihr seitheriges altes Gotteshaus, in welchem
seit länger als 100 Jahren der Gottesdienst abgehalten worden ist, wegen
Baufälligkeit zu schließen. Seitens der polizeilichen Baubehörde ist
diese Aufforderung an uns ergangen. Ein Umbau ist daher unumgänglich, und
beziffern sich die Kosten für ganz bescheidene Anspruche, dennoch
immerhin auf 2.500 Mark. Leider ist unsere Gemeinde nicht in der Lage,
diese für uns unerschwingliche Summe aufzubringen. Wir wenden uns daher
an die große Wohltätigkeit unserer Glaubensbrüder und bitten edle
Menschenfreunde, ihr Scherflein gütigst hierzu beitragen und uns in
unserem Unternehmen unterstützen zu wollen. Der Lohn Gottes wird nicht
ausbleiben. Herr Gemeindeälteste N. H. Israel - Dillich, Herr
Lehrer Wertheim - Zimmersrode, sowie auch die Geschäftsstelle
dieses Blattes unter Nr. 5206 sind zur Entgegennahme von Gaben sowie auch
zu jeder weiteren Auskunft stets gern bereit." |
Zum Tod der Frau von Lehrer Adolf Wertheim: Lilli
Wertheim geb. Epstein (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Dezember 1901: "Zimmersrode, 4. Dezember (1901). Eine
wackere Frau im wahren und echten Sinne der Wortes, Frau Lilli Wertheim
geb. Epstein aus Fulda, Ehefrau des Lehrers A. Wertheim
hierselbst, ist plötzlich, in Folge eines Herzschlages, im noch nicht
vollendeten 27. Lebensjahre, am 2. Dezember aus dem Leben
geschieden.
Die Entschlafene war ihrem Gatten, mit dem sie in echter echter Ahawat
Naschim, in unverbrüchlicher Ehe verbunden gewesen, ein echtes
Biederweib. Gottergeben, von wahrer Religiosität und Frömmigkeit
erfüllt, war sie in aufopfernder, weiblicher Pflichttreue unablässig
für Gatte und Kind besorgt. Ihren seelischen Adel, von dem ihr ach so früh
gebrochenes Herz erfüllt, betätigte sie durch Wohltätigkeit
gegen Arm und Reich, gegenüber den Lebenden wie den Toten, sie
öffnete ihre Hand den Armen, sie spendete und labte gern jeden
Notleidenden. Sie war als eine echte Lehrergattin in ihrer Gemeinde
überall die Erste, wo es galt, Kranke zu pflegen, Trauernde zu trösten
und die letzten Liebesdienste zu erweisen.
Aus ihrem leider nur zu früh und für uns alle geschlossenen Auge
strahlte ein Blick voll von Menschenliebe und Frieden, mit dem sie ihren
Gatten beglückte, ihre Mutter, Geschwister und die gesamten
Familienangehörigen erfreute, und den großen Freundes- und
Bekanntenkreis ihrer nahen und fernen Umgebung an sich zu fesseln
verstand. Ihr Haus ist nun verwaist, die zarte Gatten-, Mutter- und
Kinderliebe erloschen; ihr verklärter Blick schaut jetzt aus den
himmlischen Regionen hernieder, und möge allen um sie tieftrauernden
Herzen eine Trösterin, ein Trostbalsam dem Rest der Trauernden
um Zion und Jerusalem sein. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
Lehrer Adolf Wertheim wechselt nach Neustadt (1913)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. Juni 1913: "Neustadt
(Kreis Kirchhain). Die durch Pensionierung des Lehrers M. Markus
freigewordene Schulstelle an der hiesigen öffentlichen israelitischen
Elementarschule wurde dem Lehrer Wertheim – Zimmersrode, übertragen.
Demselben geht der Ruf eines tüchtigen Pädagogen voraus, der sich das
Vertrauen seiner vorgesetzten Behörde im weitesten Maße erfreut." |
Die Schule muss wegen Schülermangels geschlossen
werden (1913)
Mitteilung
aus der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. August 1913:
"Die jüdische Schule zu Zimmersrode, eine der ältesten in
Kurhessen, ist durch den Minister wegen Schülermangels aufgehoben
worden." |
Zum Soldatentod des Lehrers Salli Nußbaum
(1915)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1915: "Salli Nussbaum
– seligen Andenkens.
Mansbach, 4. Juni. Wieder hat der Krieg eine
schmerzliche Lücke in der Lehrerwelt gerissen. Herr Salli Nussbaum ist
nicht mehr. Eine feindliche Kugel hat ihn, der voll glühender
Begeisterung für das Vaterland in das Feld zog, tödlich getroffen. Im blühenden
Alter von 23 Jahren ist der Brave seinen Eltern und Geschwistern, seiner
ihm in Liebe ergebenen Gemeinde und seinen zahlreichen Freunden, die ihn
ob seiner Tugenden schätzen, entrissen worden. Sein Heimgang weckt Gefühle
der Trauer und des Schmerzes bei allen, die ihn kannten. Nussbaum war in
Mansbach am 2. Juni 1892 als Sohn des Synagogenältesten Jacob Nussbaum
geboren. Nachdem er von dem Lehrerseminar zu Köln, von der mündlichen Prüfung
befreit, abgegangen war, übernahm er, nach kurzer Vertretungsstelle das
Lehreramt in Zimmersrode. Mit seinem Infanterie-Regiment 167, bei dem er 1
Jahr gedient hatte, zog er mutig und voll Gottvertrauen in den Kampf, wo
er sich als ein Held erwies. Für seine Tapferkeit wurde ihm das Eiserne
Kreuz verliehen. Verwundet kehrte er in die Heimat zurück. Nach erfolgter
Heilung zog er wieder ins Feld und wurde wegen wiederholt bewiesener
Tapferkeit zum Unteroffizier befördert. Leider sollten wir ihn nicht
wieder sehen; ein Grabeshügel bei St. Julien wölbt sich über seine
entseelte Hülle. Seine Seele sein
eingebunden im Bund des Lebens." |
Die christliche Volksschule übernimmt das bisherige
Unterrichtslokal der jüdischen Gemeinde
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Mai 1927: "Treysa.
Aus dem Schulleben. Das Gemeindelokal und das Schulzimmer der
israelitischen Gemeinde Treysa werden von der dortigen höheren
Schule für Unterrichtszwecke benutzt. - Die Volksschule der christlichen
Gemeinde Zimmersrode ist mit einem Teil ihrer Schule in das
Unterrichtslokal der jüdischen Gemeinde übergesiedelt. So blüht neues
Leben in den Ruinen." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für die schwer pflegebedürftige Witwe
Stern (1882)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1882: "Dringende
Bitte! Seit ca. 13 Jahren ist Frau Witwe Stern von hier kontrakt und
zwar in einer solchen Weise, dass sie Pflege und Bedienung wie ein kleines
Kind bedarf. Frau Stern ist verwitwet und ihre letzten und einzigen
Stützen, ein Sohn und eine Tochter, wurden ihr durch die unerbittliche
Gewalt des Todes entrissen, sie befindet sich deshalb ganz in fremden
Händen. Da dieselbe zudem auch noch alles Vermögens entblößt ist, so
fristet dieselbe ein wahrhaft trauriges Dasein. Die Unterzeichneten wenden
sich deshalb mit der dringenden Bitte an alle wohltätigen Menschenherzen,
die wahrhaft arme Frau nach Kräften zu unterstützen. Milde Gaben wolle
man gefälligst an einen der Unterzeichneten senden.
Zimmersrode, den 25. Januar 1882. Simson Meier.
Der evangelische Pfarrer: Stübinger.
L. Plaut, Lehrer.
Wir sind gern bereit, Gaben in Empfang zu nehmen und weiterzubefördern. Die
Expedition des Israelit." |
Chanukka-Ball der Ortsgruppe des Reichsbundes
Jüdischer Frontsoldaten Zimmersrode - Jesberg (1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 13. Dezember 1929: "Zimmersrode. Die Ortsgruppe des
Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten Zimmersrode-Jesberg
feiert am 29. Dezember dieses Jahres im Gasthaus "Zum Bahnhof"
(Inhaber Ferdinand Theune) zu Zimmersrode ihren diesjährigen
Chanukah-Ball, verbunden mit der Feier des fünfjährigen Bestehens der
Ortsgruppe, wozu sämtliche Ortsgruppen, Freunde und Bekannte eingeladen
werden. Ganz besonders wird darauf hingewiesen, dass die in Hessen und
Waldeck als erstklassig bekannte einzige jüdische Konzert- und
Tanzkapelle Gebrüder Gelonka für den Abend verpflichtet ist, sodass für
eine gediegene Tanzmusik garantiert wird. Für rituelle Küche bestens
Sorge getragen." |
Vortragsabend des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten
(1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 30. März 1931: "Zimmersrode. Am 7. März
veranstaltete der Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten, Ortsgruppe Zimmersrode, einen Werbeabend, der auch von den umliegenden Ortschaften,
besonders von Jesberg, gut besucht war.
Lehrer Katz, Borken, hielt einen recht beifällig aufgenommenen
Vortrag über 'Frontgeist im Judentum'. Gemütliches Beisammensein hielt
die Teilnehmer bis in die späten Nachtstunden zusammen." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der
Gemeinde
Goldene Hochzeit von Ehepaar Schloß
(1896)
Artikel in
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Mai 1896: "Aus Kurhessen,
15. Mai (1896). Das Schloss’sche Ehepaar zu Zimmersrode feierte letzten
Mittwoch das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Selbstverständlich waren
die Kinder des Jubelpaares, deren Familienangehörige, viele Freunde und Gönner
erschienen, um ihre Glück- und Segenswünsche zu überbringen. Die
Synagoge war von Juden und Christen bis auf den letzten Platz besetzt. Die
Festpredigt hielt Herr Lehrer Wertheim zu Zimmersrode. Derselbe erntete für
seine wohl durchdachte, äußerst sinnreiche Rede großen Beifall. Als
Text legte derselbe seiner Rede die Schriftstelle aus dem 3. Buch Moses
Kap. 25, Verse 10 und 11 zugrunde: ‚Und ihr sollt heiligen das 50.
Jahre; ein Jubelfest soll das 50. Jahr sein!’ Im Laufe des Tages liefen
viele Glückwunschtelegramme, zahlreiche Geschenke und Glückwunschschreiben
ein, ebenso ein Allerhöchstes Kabinettsschreiben des Kaisers, welches
durch den Bürgermeister Köhler nebst der Ehejubiläumsmedaille dem
Jubelpaare überreicht wurde und folgenden Wortlaut hat: ‚Berlin, 12.
Mai 1896. Seine Majestät der Kaiser und König haben vernommen, dass Sie
mit Ihrer Ehegattin nach 50-jähriger Ehe am 13. mai dieses Jahres die
goldene Hochzeit fern werden. Zur Erinnerung an dieses frohe Ereignis, zu
dem Seine Majestät dem Jubelpaare die besten Glückwünsche aussprechen
lassen, verleiben Allerhöchstdieselben Ihnen die beifolgende Ehejubiläums-Medaille,
mit dem Wunsche, dass es Ihnen und Ihrer Gattin vergönnt sein möge,
unter Gottes gnädigem Beistande in treuer Gemeinschaft miteinander sich
noch recht lange eines glücklichen und zufriedenen Lebensabends zu
erfreuen. Der Geheime Kabinettsrat, in Vertretung gez. Stumm’. Die
Medaille ist in einem reizenden Etui, welches mit dem verschlungenen
Monogramm W.A. und der Krone geziert ist. Herr Schloss steht im 76. und
dessen Gattin im 74. Lebensjahre, und erfreuen sich beide noch körperlicher
und geistiger Rüstigkeit. Möchte ihnen noch ein heiterer Lebensabend
beschieden sein." |
70. Geburtstag von Kaufmann Gerson Rothschild
(1925)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1925: "Zimmersrode, 10.
Mai (1925). Seinen 70. Geburtstag beging Herr Kaufmann Gerson Rothschild
dahier in bester Gesundheit." |
Kaufmann Max Rothschild wurde zum Gemeindeältesten
gewählt (1926)
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 5. Februar 1926: "Zimmersrode.
(Wahl des Gemeindeältesten). Der Kaufmann Max Rothschild wurde zum
Gemeindeältesten der hiesigen Synagogen-Gemeinde
gewählt". |
Der Kriegsveteran Moses Höxter erhält
eine Auszeichnung (1927)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juni 1927: "Zimmersrode, 29.
Mai (1927). Bei dem hier stattgehabten Kreiskriegerverbandsfest erhielt
auch Herr Moses Höxter, Veteran von 1866 und 1870/71, der älteste
hiesige Einwohner, für seine langjährige Zugehörigkeit zum Preußischen
Landeskriegerverband einen Orden und wurde mit den zwei anderen Veteranen
in einem Wagen zum Festplatz gefahren". |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 17. Juni 1927:
derselbe Bericht wie im "Israelit" |
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Moses Höxter
(1927)
Anmerkung: da Moses Höxter im Artikel oben als "ältester hiesiger
Einwohner" (sc. in Zimmersrode) bezeichnet wird, wird sich der ganze
Artikel auf Zimmersrode und nicht auf Borken beziehen. Auch ist die Schule
Zimmersrode nach dem Tod von Lehrer Nußbaum geschlossen worden und nicht die
Schule in Borken.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck"
vom 26. August 1927: "Borken. Im Alter von 84
Jahren starb hier der Gemeindeälteste a.D. Moses Höxter, der 47
Jahre die Gemeinde führte und vor fünf Jahren sein Amt, das ihm seitens
der Behörden die größte Anerkennung eingebracht, niederlegte. Unter
seiner Verwaltung ist die öffentliche Schulstelle wegen geringer
Kinderzahl im Jahre 1912 aufgelöst worden. Seitdem nun der Privatlehrer
Nußbaum im Weltkrieg gefallen, hat die Gemeinden keinen Kultusbeamten
mehr. Höxter hat an den beiden Feldzügen 1866 und 1870/71 mit
Auszeichnungen teilgenommen und wurde auch im letztgenannten Feldzuge
verwundet. Der Kriegerverein Zimmersrode, dem er über fünfzig
Jahre angehörte, begleitete den Veteranen bis zur letzten
Ruhestätte in Haarhausen und ehrte ihn durch eine Ehrensalve. Die Ortsgruppe
jüdischer Frontsoldaten Zimmersrode hatte ihn zum Ehrenmitglied
ernannte. Ein zahlreiches Gefolge begleitete die sterbliche Hülle. Herr
Katz - Borken zeichnete das
segensvolle Wirken des Verblichenen als Mensch, Bürger und
Gemeindeleiter." |
Zum Tod von Settchen Stern geb. Stier (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 24. Februar 1928: "Zimmersrode. Am letzten Montag
trug man die Frau Settchen Stern geb. Spier zu Grabe. Das
zahlreiche Gefolge zeugte von der großen Beliebtheit der Verstorbenen.
Auch der israelitische Frauenverein verliert ein treues Mitglied. |
70. Geburtstag von Johanna Rothschild geb. Katzenstein
in Waltersbrück (1928)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1928: "Zimmersrode, 13. Mai. Im nahen Waltersbrück
beging heute Frau Johanna Rothschild geb. Katzenstein ihren 70.
Geburtstag." |
Zum Tod von Simon Katz, langjähriger Vorsitzender des
Israelitischen Wohltätigkeitsvereins (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1928: "Zimmersrode,
17. Dezember (1928). Unter großer Beteiligung wurde am Donnerstag Simon
Katz dahier zu Grabe geleitet. Der Verstorbene stammte aus dem nahen Gilsa
und war 40 Jahre, seitdem er hierher verzogen, Vorsitzender der
israelitischen Wohltätigkeitsvereins. Auch bekleidete er lange Jahre das
Amt des israelitischen Rechnungsprüfers. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
|
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 14. Dezember 1928: "Zimmersrode. Unter
zahlreicher Beteiligung wurde das hiesige Gemeindemitglied Simon Katz zu
Grabe getragen. Katz entstammt dem nahen Gilsa und ist vor vierzig
Jahren nach hier übersiedelt. Seit dieser Zeit war er Vorsitzender des
israelitischen Wohltätigkeitsvereins. Auch bekleidete er lange Zeit das
Amt des Rechnungsführers. Herr Lehrer Katz (Borken)
zeichnete vor dem Trauerhause das lebenstreue Bild des
Verstorbenen." |
83. Geburtstag von Manuel Katz aus Neuenhain (1927)
Anmerkung: es ist unklar, in welchem Westheim Manuel Katz gefeiert hat, evtl.
in Westheim bei Hammelburg oder in Westheim
bei Hassfurt.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. März 1927: "Neuenhain. Am 27. Februar
feierte der Kriegsteilnehmer von 1866 und 1870/71 Manuel Katz in
Westheim in seltener Rüstigkeit seinen 83. Geburtstag. Derselbe ist
geboren in Neuenhain (Kreis Homberg) und Ehrenmitglied der
Ortsgruppe Zimmersrode im Reichsbund jüdischer
Frontsoldaten". |
Zum Tod von Benedikt Stern (1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck"
vom 15. März 1929: "Zimmersrode. Am letzten
Freitagmittag wurde hier der 65-jährige Benedikt Stern zu Grabe
getragen. Lehrer Katz - Borken zeichnete vor dem Trauerhause das getreue
Lebensbild des Verstorbenen, der in Frömmigkeit und Einfachheit seinen
Lebensweg gegangen war. Für die jüdische Gemeinde bedeutet sein Tod
wiederum einen Verlust, da dadurch die Zahl seiner Mitglieder weiter
abgenommen hat." |
Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte der Synagoge ist nur wenig bekannt. Bereits
um 1590 soll es in Zimmersrode eine "Judenschule" (Betraum, Synagoge)
gegeben haben.
Um
1850 ließ die Gemeinde an der Westseite der Synagoge eine Schule anbauen. Erhalten
sind - in den Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem (JRSO/Hes
158) - aus der Geschichte der Synagoge noch eine Bestuhlungsskizze vom
Erdgeschoss mit anschließendem Schulraum (M1:100), eine Bestuhlungsskizze vom
Obergeschoss sowie eine Fotokopie der Gebäudeschützung zur Brandversicherung
der Gemeinde Zimmersrode. Diese Akten stammen ursprünglich aus dem nach 1945
eingerichteten JRSO Hauptbüro in Frankfurt am Main.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Synagoge und die jüdische Schule
durch einheimische Ortsbewohner zerstört.
Adresse/Standort der Synagoge: Bornstraße
(ehemalige Judengasse)
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur ehemaligen Synagoge vorhanden; über Zusendungen freut
sich der Webmaster der
"Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Straßenschild an der
Bornstraße
(ehemalige "Judengasse")
(Foto: Hahn, Aufnahmedatum 8.4.2010) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Juli 2012:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Bischhausen |
Artikel in der "Hessischen /
Niedersächsischen Allgemeinen" (www.hna.de) vom 3. Juli 2012: "Fünf
Stolpersteine der Achtung in Bischhausen. Bischhausen. Eine weite Reise haben Helmut und Lynne Schön auf sich genommen, um dabei zu sein, wenn in Bischhausen neue Stolpersteine verlegt werden. Sie kamen aus Connecticut in Amerika in den Neuentaler Ortsteil..."
Link
zu dem Artikel
Anmerkung: Insgesamt fünf Stolpersteine wurden durch Gunter Demnig in Bischhausen verlegt. Die ersten Steine, die in der
Bischhäuserstraße 14 verlegt wurden, erinnern an Helmut Schöns Großmutter Marianne (geboren 1866) und an seine Tante Klara (Jahrgang 1897), die beide bis zu ihrer Deportation nach Theresienstadt Anfang September 1942 in diesem Haus gelebt hatten. Marianne Schön wurde in Theresienstadt ermordet, das Schicksal von Klara Schön ist unbekannt. Helmuts Onkel Theodor Schön (geboren 1904) war bereits 1937 in die USA ausgewandert.
Die zweite Verlegestelle war in der Alsfelder Straße 1. Hier lebte Helmut Schön mit seiner Schwester Alice und seinen Eltern Salli und Goldina Schön bis 1939. In jenem Jahr wanderten die Eltern in die Vereinigten Staaten von Amerika aus.
Salli war ein Jahr zuvor nach der Reichspogromnacht am 8. November ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht und inhaftiert worden. Freigelassen wurde er dann unter der Auflage, dass die Familie das Deutsche Reich verlässt, der Familienbesitz dem Land übereignet
wird. |
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Mai 2024:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Zimmersrode |
Artikel von Thomas Schattner in hna.de vom
6. Mai 2024: "Erinnerungskultur in Zimmersrode: Neue Stolpersteine
erzählen von jüdischem Leben
Erneut konnte der Künstler und Bildhauer Gunter Demnig nach Zimmersrode
geholt werden. Dort verlegte er 16 Stolpersteine, um der jüdischen
Geschichte des Ortes zu gedenken.
Zimmersrode – 16 Stolpersteine erinnern nun an die Einzelschicksale
von Zimmersörder Juden. Der 76-jährige Künstler und Bildhauer Gunter Demnig
verlegte kürzlich an drei Stellen in Zimmersrode die ersten Stolpersteine.
Auf Initiative von Rainer Scherb und Thomas Schattner sowie in Kooperation
mit der Gemeinde Neuental, dem Ortsbeirat Zimmersrode und dem Heimatverein
Zimmersrode gelang es, Gunter Demnig erneut nach Neuental zu holen. Bereits
im Jahr 2012 hatte er im Ortsteil Bischhausen, 2017 im Ortsteil Gilsa und
2018 im Ortsteil Waltersbrück Stolpersteine verlegt.
Nun 'versenkte' er erneut Steine in den Bürgersteig der Gemeinde, danach
hielt er im Bürgerhaus vor knapp 40 Zuhörern einen Vortrag über seinen
Werdegang als Künstler und Bildhauer.
Der Weg des Künstlers hin zum Projekt Stolpersteine. Anhand von
vielen ausgewählten Kunstwerken konnten die Besucher seinen künstlerischen
Weg hin zu dem Projekt Stolpersteine nachvollziehen. Nach Grußworten vom
Ersten Beigeordneten Erich Strohm und dem Vorsitzenden des Heimatvereins
Karl-Heinz Theis forderte Pfarrer Frieder Seebaß als kommissarischer Leiter
der evangelischen Gemeinde Zimmersrode zur Christenpflicht und
Mitmenschlichkeit im gegenseitigen gesellschaftlichen Miteinander auf. Aus
Respekt vor der jüdischen Kultur und Religion trug er ein
alttestamentarisches Gebet erst auf Deutsch, dann auf Hebräisch vor.
Hans-Hagen Hoffmann führte anschließend detailliert in die jüdische
Geschichte des Ortes ein. Dabei erstaunte er die Besucher mit der Tatsache,
dass exakt vor 435 Jahren die ersten Juden in Zimmersrode nachweisbar waren
und dass die jüdischen Mitbürger mehr als 350 Jahre fester Bestandteil der
Dorfgemeinschaft waren.
Rainer Scherb erläuterte danach die architektonischen Besonderheiten von
kleinen Landsynagogen anhand von Zeichnungen und Fotografien. Als besonders
spannend wurde eine Fotografie von den Anwesenden empfunden, in der im
Hintergrund die Synagoge zu erkennen war, an deren linken Rand aber ein Haus
zu sehen war, welches ein großes weißes Hakenkreuz trug. Es gehörte einem
damaligen NSDAP-Funktionsträger.
Einzelschicksale der Zimmersröder Juden wurde thematisiert. Thomas
Schattner führte abschließend in Einzelschicksale von Zimmersröder Juden vor
dem Hintergrund der großen Entwicklungslinien der deutschen Geschichte ein.
Am Ende bedeutete das die Ermordung von 32 ehemaligen Nachbarn in den
osteuropäischen Konzentrations- und Vernichtungslagern. Besonders grausam
war das Schicksal von Herbert Katz, an den nun in der Hauptstraße 1 ein
Stolperstein erinnert. Er wurde im November 1938 von SS-Wachmännern im
Konzentrationslager Buchenwald in den geladenen elektrischen Zaun gedrängt,
da er eine größere Summe Bargeld bei sich trug. Sein Bruder Moritz, an ihn
erinnert an gleicher Stelle ein Stolperstein, musste diesen Mord aus
unmittelbarer Nähe mit anschauen, weil er ebenfalls nach den Pogromnächten
im November 1938 ins Lager verschleppt wurde. Moritz Katz konnte im Sommer
1939 nach Schanghai (China) fliehen. Wenn es nach dem Willen der
Organisatoren geht, werden im nächsten Jahr weitere Steine folgen. Gunter
Demnig zeigte sich jedenfalls kurz vor seiner Weiterfahrt nach Melsungen
nicht abgeneigt, auch im Jahr 2025 der Gemeinde Neuental einen weiteren
Besuch abzustatten."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Zimmersrode
und umliegender Orte |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Zimmersrode sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,893 Geburtsregister der Juden von Zimmersrode
1824 - 1889; enthält auch Angaben zu Bischhausen, Gilsa, Römersberg
und Waltersbrück https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290106
HHStAW 365,894 Geburtsregister der Juden von Zimmersrode
1824 - 1890; enthält auch Angaben zu Bischhausen, Gilsa, Römersberg
und Waltersbrück - mit Ausnahme
der letzten Seite gleichlautend wie das Geburtsregister 893
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101124
HHStAW 365,896 Sterberegister der Juden von Zimmersrode
1826 - 1888; enthält auch Angaben zu Bischhausen, Gilsa, Römersberg
und Waltersbrück https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3500115
HHStAW 365,895 Trauregister der Juden von Zimmersrode
1827 - 1888; enthält auch Angaben zu Bischhausen, Gilsa, Römersberg
und Waltersbrück https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3271704
HHStAW 365,884 Trauregister der Juden von Zimmersrode
1827 - 1888; enthält auch Angaben zu Bischhausen, Gilsa, Römersberg
und Waltersbrück - mit Ausnahme
der letzten Seite gleichlautend wie das Trauregister 895
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290107
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Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 446-448. |
| Keine Artikel bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 179. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 552-553. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Zimmersrode
(now part of Neuental) Hesse-Nassau. Established around 1646, this
regional community had an ancient Jewish cemetery and numbered 67 (11 % of the
total) in 1895. It was affiliated with the rabbinate of Kassel. The Jewish
population declined to 39 in 1933 and by 1941 no Jews remained; at least 12
perished in the Holocaust.
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