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Friedhöfe in der Region"
zur Übersicht über die
jüdischen Friedhöfe in Unterfranken
Pfaffenhausen (Stadt
Hammelburg, Kreis Bad Kissingen)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte jüdischer Einwohner
In Pfaffenhausen lebten einige Juden zumindest im 16.
Jahrhundert. 1568 wird "Nat-Jüdt" (Jude Nathan) als wohnhaft in
Pfaffenhausen genannt. Möglicherweise ist er bald wieder vom Ort verzogen, da
1575 "Natta Jud zuo Bonlant" (Bonnland)
genannt wird, vielleicht dieselbe Person.
Ansonsten: zur jüdischen Geschichte in
Hammelburg (interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
Der jüdische Friedhof in Pfaffenhausen wurde um 1580 vermutlich auf
Initiative der jüdischen Gemeinde Hammelburgs angelegt.
Urkundlich erstmals genannt wird der Friedhof in der Fuldaer Judenordnung von
1586.
Aus
der Judenordnung vom 31. Oktober 1586 - ausgestellt im Namen Maximilians,
Erzherzog von Österreich, Administrator des Stifts Fulda (Stadtarchiv
Fulda, Judenordnung, 1586, Okt.31, Handschrift; Abbildung aus dem Katalog
"Jüdisches Leben in und um Hammelburg" s.Lit. S. 17): "Zum
Fünfzehnten, sollen alle Juden, so unter uns sesshaft und darin sich
aufhalten, so sie alt oder jung sterben, ihr Begräbnis vor der Stadt
Fulda, Brückenau, Pfaffenhausen und sonst nirgends haben..." |
Der Friedhof diente in den
folgenden Jahrhunderten als Verbandsfriedhof für die verstorbenen Mitglieder
der jüdischen Gemeinden insbesondere in Geroda (bis 1911), Oberthulba,
Untererthal,
Unterriedenberg, Bad
Kissingen (bis 1801), Bonnland, Dittlofsroda,
Hessdorf,
Westheim, Gemünden und
Hammelburg.
Der älteste Friedhofsteil liegt im westlichen Bereich des heutigen Areals, das 1672
erweitert wurde. Durch die für jeden Beigesetzten erhobenen Gebühren war der
Friedhof lange Zeit für den Amtssitz Hammelburg, später für die Gemeinde
Pfaffenhausen eine nicht unbedeutende Geldeinnahmequelle.
Seiten aus der Hammelburger
Amtsrechnung von 1771/72 - Übersicht über die "Einnahm - Geld
von Juden Begräbnissen"
(Quelle: Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, Rechnung 7612 / Rechnung 7611;
Abbildungen aus dem Katalog "Jüdisches Leben in und um
Hammelburg" s.Lit. S. 57-61) |
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Auf den drei
Seiten werden als Herkunftsorte der beigesetzten jüdischen Personen
genannt: Völkersleier, Brückenau,
Platz, Unterleichtersbach,
Weickersgrüben, Westheim,
Kissingen, Bonnland,
Riedenberg, Gemünden,
Oberthulba, Mittelsinn,
Untererthal, Hammelburg,
Geroda, Hessdorf |
Der Friedhof war bereits im 19. Jahrhundert von der Schließung bedroht.
Wegen der Lage mitten im Ort beantragte der Gemeindeausschuss von Pfaffenhausen
1873 beim Königlichen Bezirksamt die Schließung wegen "1. Luftverderbnis
in Folge der unmittelbaren Nähe des Leichenackers am Orte Pfaffenhausen und
dadurch bedingt örtliche Krankheitserscheinungen. 2. Verunreinigung des
Trinkwassers durch gelöste Leichenstoffe aus dem genannten
Leichenacker...". Der Antrag des Gemeindeausschusses wurde jedoch
abgelehnt.
Die letzte Beisetzung auf dem Friedhof war diejenige von David Birk aus Gemünden.
Im Juli 1938 wurde der Friedhof aus "sanitären Gründen" geschlossen.
Die zum Friedhofsverband gehörenden Gemeinden mussten danach die Toten auf dem Friedhof
in Geroda beisetzen.
In der NS-Zeit wurden auf Veranlassung des damaligen NS-Bürgermeisters
sämtliche Grabsteine von Schulkindern am 13. November 1938 umgeworfen1. Ab 1939
wurde der Friedhof als Viehweide benutzt. Im Taharahaus des Friedhofes wurde ein
NSV-Kindergarten eingerichtet. Im Friedhof wurden Eichen gepflanzt
("Hitler-Eichen"). Das alte gusseiserne Tor des Friedhofes wurde
entfernt und der Einschmelzung zu Kriegszwecken übereignet. Mauerteile des
Friedhofes wurden entfernt. NS-Mitglieder Pfaffenhausens verwendeten sie zum
Hausbau1 und gravierten in die Steine das Hakenkreuz ein. Umgeworfene Grabsteine
wurden benutzt, um das Saale-Ufer in Pfaffenhausen einzufassen. Gegen Kriegsende
befahl der NS-Bürgermeister einem örtlichen Bauunternehmer, im Friedhof eine
Barackensiedlung für Ausgebombte zu errichten1; der Bauunternehmer weigerte sich
jedoch. Bis zum Einmarsch der Amerikaner lagen die auf dem Friedhof noch
vorhandenen Steine auf Stapeln und wurden dann im Eiltempo wieder aufgestellt.
1):
Dr. Edgar Thamm (Leipzig, stammt aus Pfaffenhausen; Schreiben vom 2.12.2012)
weist auf Grund von eigenen Recherchen zu Hammelburg und Pfaffenhausen darauf
hin, dass die Anschuldigungen gegen BM Werberich im Gerichtsprozess nach 1945
zwar eine Rolle spielten, aber letztlich nicht belegt seien (gemeint die
Anschuldigungen, er habe habe zum einen befohlen, dass Schulkinder 1938 die
Grabsteine umwerfen, zum anderen, dass zu Kriegsende eine Barackensiedlung für
Ausgebombte errichtet werden sollte). Dr. Thamm konnte in den 1980er-Jahren auch
keinen Beleg (mehr) für die Behauptung finden, dass Grabsteine für den Hausbau
verwendet worden seien. Im Gerichtsprozess nach 1945 (Entnazifizierungsprozess)
sei BM Werberich freigesprochen
worden.
Petra Kaup-Clement weist andererseits darauf hin (Schreiben vom 19.6.2013),
dass im Mai 2013 im Zusammenhang mit dem Besuch jüdischer Gäste in
Hammelburg, Zeitzeugen erneut und wiederholt bestätigt haben, dass Grabsteine
des Friedhofes sowohl am Saale-Ufer liegen wie auch in Privathäusern verbaut
wurden. Im November 2017 konnten zwei Grabsteine aus der Saale geboren werden
(siehe Pressebericht unten).
Trotz der Zerstörungen in der NS-Zeit ist der Friedhof mit den
erhaltenen Steinen eines der wichtigsten Kulturdenkmale im Bereich der Stadt
Hammelburg geblieben. Am ehemaligen Tahara-Haus befindet sich eine
Hinweistafel mit der Inschrift: "Dieser jüdische Friedhof wurde seit
dem 16. Jahrhundert ununterbrochen benutzt. Im Juli 1938 wurden der jüdischen
Kultusgemeinde weitere Begräbnisse verboten. Zur Erinnerung [und] Mahnung".
Seit 1972 liegt die Pflege des Friedhofs in den Händen der Stadt Hammelburg.
Lage des Friedhofes
Der Friedhof liegt in der Mitte von Pfaffenhausen an einem nach Norden
abfallenden Hang. Eingefriedet ist das Areal teils mit einer massiven
Bruchsteinmauer, teils mit Maschendrahtzaun. Die Fläche des Friedhofes beträgt
121 ar.
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Die Lage ist eingezeichnet
im Stadtplan Hammelburg des Städteverlages -
der Link zeigt die Lage des Friedhofes an;
oder über "Einrichtungen" zu "Friedhof, israelit. Pfaffenhausen" |
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Rechts: Google Maps |
Größere Kartenansicht |
Fotos
Historische Karte
von Pfaffenhausen
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim / Ries) |
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Die Ansichtskarte
von Pfaffenhausen wurde als Feldpost in der Zeit des Ersten Weltkrieges
vom
Lager Hammelburg verschickt. Der Empfänger lag damals min einem
Reservelazarett in München.
Die Karte zeigt Pfaffenhausen; im Hintergrund der Kirche ist der
jüdische Friedhof zu sehen. |
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Neuere Fotos:
Der Friedhof im
Frühjahr 2010
(Fotos: Hahn) |
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Das Eingangstor mit
Blick
über das Saaletal |
Das Taharahaus rechts
des Eingangstores |
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Blicke vom
Friedhof auf Hammelburg |
Blick vom Friedhof
auf einen
Teil von Pfaffenhausen |
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Teilansicht des
Friedhofes |
Grabstein im Vordergrund links
für
Sara Kleemann aus Hammelburg |
Grabstein mit "segnenden
Händen"
der Kohanim für Joseph Cahner |
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Grabstein für Musikprofessor
Herrmann Steuermann (geb. 1848 in
Obbach, gest. 1909 in Würzburg) |
Grabstein für
Abraham Schleßinger
(1829-1883) |
Grabstein für Nathan Stern
aus Hammelburg
(gest. 1928) |
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Teilansicht des Friedhofes -
vom
Eingang auf der rechten Seite |
Grabstein links
"abgebrochene Säule" für
einen mitten im Leben Verstorbenen |
Teilansicht
des Friedhofes |
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Grabstein links der Mitte für
Babette Klingenstein geb. Lamm (1853
in Ottensoos - 1923 in Westheim) |
Grabstein Mitte für Simon
Sitzmann von
Riedenberg (gest. 1903), rechts für
Klara Distelburger von
Oberthulba |
Grabstein links für Regina Schleßinger
von
Hammelburg (1828-1907), rechts für
David Schleßinger
(gest. 1895) |
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Teilansicht mit Blick
zur
Kirche von Pfaffenhausen |
Grabstein mit einer Krone (des
"guten
Namens") für Abraham Bonnländer |
Grabstein für
Babetta Hamburger (gest. 1879)
und Emanuel Hamburger (gest. 1890),
beide
von Hammelburg |
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Grabstein links der Mitte für
Isak Engelhardt aus Unterriedenberg
(gest. 1908) |
Grabstein Mitte (mit
Levitenkanne)
für Meier Löb Bergmann aus Völkersleier
(gest. 1910) |
Grabstein für Frida Kohn geb.
Feuchtwanger
(1870 in Schwabach
- 1934 in Hammelburg) |
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Grabstein für Leopold
Klingenstein
aus Westheim (1847-1928) |
Blick auf das
Taharahaus |
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Der Friedhof im
Sommer 2003
(nach Monaten der Trockenheit in völlig ausgetrocknetem Zustand;
Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.8.2003) |
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Hinweistafel
am Friedhof |
Der Eingang von der Südseite
mit Taharahaus |
Blick über den Friedhof
Richtung Ortsmitte
Pfaffenhausen, links das Tahara-Haus |
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Blick über die 121 ar
große
Friedhofsfläche |
Im Hintergrund die
Erdfunkstelle
Fuchsstadt (Intelsat Teleport) |
Blick nach
Hammelburg |
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Teilansichten des Friedhofes |
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Einzelne ältere Grabsteine |
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Grabstein für Nathan Stern
aus Hammelburg |
Grabstein für Henriette Cahner
geb. Kohnstamm aus Brückenau |
Grabstein für Samuel Schiff
aus Oberthulba (gest. 1937) |
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Ältere Fotos
(Fotos: Hahn, aufgenommen
Mitte der 1980er-Jahre) |
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Eingangstor zum Friedhof -
im
Hintergrund Hammelburg |
Teilansicht -
im Hintergrund
Hammelburg |
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Blicke über den
Friedhof und auf Pfaffenhausen |
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Der Friedhof
im Sommer 2007
(Fotos: Petra Kaup-Clement) |
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März 2008: die 1939
gepflanzten
Eichen werden gefällt |
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Die Eichen
wurden nach mehrjährigem Befall durch den Eichenprozessionsspinner im
Auftrag des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern
in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Bad Kissingen gefällt. |
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Offene Fragen im Blick auf das
Tahara-Haus
(Hinweise und Fotos von Petra Kaup-Clement) |
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Es ist unklar, ob das jetzige "Friedhofshäuschen" rechts des Eingangs
noch das originale Taharahaus ist. In der NS-Zeit wurde das Taharahaus um-
oder sogar großenteils neugebaut als Büro und Wohnraum der Kindergartenschwester der NSV, die dort
nach Zeitzeugenaussagen aus Pfaffenhausen ab 1942 wohnte und auf dem Friedhofsgelände bis
1945 einen Kindergarten der NSV betrieb.
Auf dem linken Foto oben ist am Fensterrahmen aus Stein zu erkennen, dass hier früher eine Türe war. Das Fenster mit Holzfensterladen wurde später geschaffen, vermutlich 1942. Das originale Taharahaus war
vermutlich größer und hatte einen überdachten Vorplatz. Darauf weisen rechteckig angeordnete Steine im Boden vor dem Eingang
hin (Foto rechts). Ob der Schmuckstein auf dem Boden vom alten Taharahaus
oder von einem Grabstein stammt, ist gleichfalls unklar. |
Einzelne Presseberichte
April 2013:
Gedenktafel für Sophie Sichel |
Artikel von Roland Pleier in der
"Main-Post" vom 2. Mai 2013 (Link
zum Artikel): "PFAFFENHAUSEN. Ort der Vergangenheit und Zukunft
Gedenktafel auf dem jüdischen Friedhof von Pfaffenhausen erinnert an Sophie Sichel zurück
Er ist mehr als einen Hektar groß und sogar von Hammelburg aus als markante grüne Fläche sichtbar. Von der westlichen Ecke aus sind es grade mal 50 Meter zur katholischen Kirche von Pfaffenhausen. In mehr als 350 Jahren wurden auf dem jüdischen Friedhof von Pfaffenhausen über 1000 Juden aus der ganzen Region begraben. Der letzte war 1938 David Birk aus Gemünden. Dann kamen Adolf Hitlers Nationalsozialisten (NS).
Auch Sophie Sichel wurde 1918 dort 'für die Ewigkeit' bestattet. Sie ruhte ungestört, bis 1938 nach dem Kirchweihtanz die Hammelburger Sturmabteilung (SA) kam, Hitlers paramilitärische Kampforganisation, und die Sockel von über 1100 Grabsteinen lockerte. Am nächsten Morgen wurde die Schändung des jüdischen Friedhofs öffentlich zelebriert. Der nationalsozialistische Dorfschullehrer rückte mit fünf Dutzend Schulkindern an, um die gelockerten Grabsteine umzulegen.
Ab 1939 wurde der Friedhof als Viehweide benutzt. Das Taharahaus, das Leichenhaus, nutzten Kinder bei Aktionen der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt.
'Hitler-Eichen' wurden gepflanzt, das gusseiserne Tor eingeschmolzen, Mauerteile entfernt. Pfaffenhäuser NS-Mitglieder verwendeten sie zum Hausbau, gravierten Hakenkreuze ein. Grabsteine wurden benutzt, um das Saale-Ufer in Pfaffenhausen einzufassen.
Als 1945 die Amerikaner anrückten, wurden die noch vorhandenen, gestapelten Steine hastig wieder aufgestellt. Welcher Stein der von Sophie Sichel war und wo genau er stand, weiß man heute nicht mehr. Nur die Reihe, in der sie begraben ist, kennt man. Einer der größeren Grabsteine bekommt nun wieder eine Inschrift-Tafel, sie erinnert an die Frau von Samuel Sichel, die 1853 in Gersfeld geboren wurde und in Hammelburg starb.
Sie war die Großmutter von Kurt Samuel, der mit seiner Familie in die USA emigrierte. Er benannte sich um in Arnold Samuels, als er US-Soldat wurde und gegen Hitler in den Krieg zog. Und er war, ebenso wie der gleichaltrige Arthur Stühler, dabei, als der Würzburger Rabbiner Jakov
Ebert diese Tafel am Dienstag vor 30 Versammelten segnete. Auch die Inschrift auf der Gedenktafel, die seit 1986 am ehemaligen Leichenhaus hängt und an den Pogrom erinnert, wurde aufgefrischt, der siebenarmige Leuchter neu vergoldet.
Oskar Böhm, langjähriger Ortsbeauftragter Pfaffenhausens, erinnerte an die Zeit, in der
'Heil Hitler!' den herkömmlichen Gruß ablöste. Weil er sich nicht daran gehalten und den Lehrer mit
'Grüß Gott' gegrüßt habe, erzählte der heute 85-Jährige, habe ihm dieser damals
'20 übern Arsch gehauen'.
Arnold Samuels nickte gerührt mit, als der Rabbiner ein hebräisches Gebet intonierte. Er selbst dankte nur Petra Kaup-Clement, die den Besuch eingefädelt hatte:
'Petra hat dies so wunderbar gemacht. Sie war der wichtigste Grund, dass ich nach Hammelburg gekommen
bin', so der 89-Jährige.
'Vergangenheit ist nur, wenn man was davon hat', sagte Rabbiner Ebert. An diesem Ort in Pfaffenhausen seien Vergangenheit und Zukunft verbunden.
'Wie man sich hier den Koffer vollmacht', machte er bildhaft deutlich, 'kommt man an in der
Ewigkeit.' Arthur Stühler hat einen guten Grund, erneut nach Hammelburg zu kommen: Auch sein Großvater Abraham Stühler ist in Pfaffenhausen begraben. Dessen Grab allerdings wurde noch nicht ausfindig gemacht." |
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Mai 2013:
Grabsteine am Ufer der Saale sollen geborgen
werden |
Artikel in der "Main-Post" vom 24.
Mai 2013 (Link
zum Artikel): "PFAFFENHAUSEN. Grabsteine werden geborgen
Wasserwirtschaftsamt kündigt Schritte an (dübi/rp)
Das Wasserwirtschaftsamt unterstützt die Bergung von Grabsteinen des jüdischen Friedhofes in Pfaffenhausen. Der Friedhof war 1938 von Nationalsozialisten geschändet worden. Einzelne Grabsteine wurden an der Saale oberhalb des Stegs zur Uferbefestigung eingebaut (wir berichteten). Möglicherweise wurden sie als Treppenstufen verwendet.
'Wir müssen uns erst vor Ort ein Bild machen', sagt Leonhard Rosentritt zum erforderlichen Umfang der Arbeiten. Dazu wolle man neben dem eigenen Flussmeister zwei ortskundige Bürger einbeziehen. Zu sehen sind die Steine nur bei klarem Niedrigwasser.
Wasser ist zu trüb. Durch die aktuellen Regenfälle führe die Saale allerdings zu viel Wasser und sei zu eingetrübt, um einen kompletten Überblick zu gewinnen, schränkt Rosentritt ein. Bis bei besseren Bedingungen gehandelt werden kann, werde es noch einige Wochen dauern. Zeitzeugen gehen davon aus, dass bis zu fünf Grabsteine vom Friedhof an die Saale gebracht worden sind.
Der Friedhof ist mehr als einen Hektar groß. In mehr als 350 Jahren wurden auf dem jüdischen Friedhof von Pfaffenhausen über 1000 Juden aus der ganzen Region begraben. Sie ruhten ungestört, bis 1938, als nach dem Kirchweihtanz die Hammelburger Sturmabteilung (SA) kam, Hitlers paramilitärische Kampforganisation, und die Sockel von über 1100 Grabsteinen lockerte.
Am nächsten Morgen wurde die Schändung des jüdischen Friedhofs nach Schilderungen von Zeitzeugen öffentlich zelebriert. Der nationalsozialistische Dorfschullehrer rückte mit fünf Dutzend Schulkindern an, um die gelockerten Grabsteine umzulegen." |
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November 2017:
Bergung von zwei Grabsteinen
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Artikel
von Michael Nöth in der "Main-Post" vom 24. November 2017: "Grabsteine
wieder im jüdischen Friedhof.
Wasserwirtschaftsamt barg geschändete Steine aus der Saale - Jahrelang in
einer Ufertreppe verbaut..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
Link zum Artikel mit Fotos |
September 2019:
Rundgang über den Friedhof mit
Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence |
Artikel in "infranken.de" vom September 2019:
"Geschichte. Rundgang durch den jüdischen Friedhof von Pfaffenhausen
Bis heute gibt es keine Dokumentation des Pfaffenhausener Friedhofs und
seiner Grabsteine. Warum das so schwierig ist, erklärte Kreisheimatpflegerin
Cornelia Mence.
1146 Grabsteine stehen auf dem jüdischen Friedhof in Pfaffenhausen, der um
das Jahr 1580 herum angelegt wurde. Und es ist schon Tradition geworden,
dass Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence jedes Jahr im September hier einen
Rundgang organisiert. Und so trafen sich auch dieses Mal knapp 30
kulturhistorisch oder heimatkundlich Interessierte am 1877 gebauten
Tahara-Haus (Leichenwaschhaus), um sich von ihr auf dem 1,2 Hektar großen
Hanggelände führen zu lassen. Vor 400 Jahren gab es nur wenige Einwohner
jüdischen Glaubens in den überwiegend katholisch geprägten Dörfern, so dass
man sich nicht überall einen eigenen Friedhof leisten konnte. Um 1580 kaufte
deshalb die jüdische Gemeinde Hammelburgs ein erst später auf 12.100
Quadratmeter vergrößertes Grundstück in Pfaffenhausen, das über Jahrhunderte
als Verbandsfriedhof diente, um dort die Toten aus 26 Gemeinden, also weit
über die heutigen Landkreisgrenzen hinaus, bestatten zu können. Obwohl der
Friedhof jüdisches Eigentum war, musste dennoch für jede Beisetzung eine
Gebühr zunächst an den Amtssitz Hammelburg, später an die Gemeinde
Pfaffenhausen gezahlt werden. Im 18. Jahrhundert waren dies drei Gulden für
Erwachsene und ein Gulden für jedes Kind. Mence: 'Damals verdiente ein
Maurer fünf Gulden pro Monat, ein Schulmeister nur 20 Gulden pro Jahr.' Erst
später bildeten sich in den Städten größere jüdische Gemeinden, so dass dort
- wie 1817 in Bad Kissingen -
eigene Friedhöfe entstanden. Nur unzugängliche und deshalb schwer zu
bewirtschaftende Flächen wurden den Juden für ihre Friedhofsanlagen
verkauft. 'Flächen, die keiner gebrauchen konnte', formulierte es Cornelia
Mence beim Rundgang. So hat auch der Pfaffenhausener Friedhof eine recht
steile Hanglage.
Alle Grabsteine stehen mit der hebräischen Inschrift nach Osten. Neuere
Steine zeigen rückseitig den deutschen Text, nur die neuesten beide
Versionen auf der Vorderseite. Verziert sind viele Steine mit Ornamenten,
deren Bedeutung einige Besucher anhand der von Cornelia Mence verteilten
Texte vorlasen. So verweisen Kannen oder Amphoren auf die levitische
Abstammung des dort Begrabenen, zwei Hände mit gespreizten Fingern
symbolisieren den aaronitischen Segen, der Schmetterling steht für die
Metamorphose und damit für die Wiederauferstehung der Seele und die Sanduhr
für die Vergänglichkeit des Lebens. Hin und wieder ist auf dem Friedhof
statt eines Grabsteins eine abgebrochene Säule zu finden, die das abrupt
unterbrochene Leben erinnert. Erkennt man die Zeichen Alpha und Omega auf
einem Grabstein, eigentlich ein typisches Symbol des Christentums, dürfte es
sich um einen wohl preiswerteren, weil vom Steinmetz schon serienmäßig
vorgefertigten Grabstein gehandelt haben, meinte dazu die
Kreisheimatpflegerin. Mence gab nicht nur Auskunft zur Symbolik, sondern
erzählte auch kleine Geschichten zu einigen bekannteren Persönlichkeiten,
die auf dem jüdischen Friedhof bestattet sind. So las sie vor dem Grab des
Westheimer Gemeindevorstehers
Benjamin Hirschenberger, der am 18. Oktober 1904 starb, den Bericht aus der
jüdischen Zeitung 'Der Israelit' vom 3. November, in dem die Beisetzung in
Anwesenheit von Familie und Freunden, der Verwaltung und der Feuerwehr genau
beschrieben wurde.
Grabsteine aus der Anfangszeit um 1600 wird man heute in Pfaffenhausen wohl
nicht finden. Zwar dürfen jüdische Grabstätten niemals aufgelöst werden,
doch war es Brauch, nach Jahrzehnten aus Platzmangel 'aufzustocken',
berichtete Kreisheimatpflegerin Mence. Noch heute sieht man am westlichen
Ende, dem ältesten Teil des Friedhofs, an dem einst auch der Eingang war und
das erste Tahara-Haus stand, einen breitflächigen, begrünten Erdhügel ohne
Grabsteine, der auf eine solche Aufstockung hindeutet. Doch auch die
ältesten der heute noch stehenden Grabsteine sind derart verwittert, dass
die Inschriften nicht mehr lesbar sind. Zudem ist es für heutige Fachleute
schwierig, das alte Hebräisch zu übersetzen. Auch deshalb gibt es bis heute
keine Dokumentation des Pfaffenhausener Friedhofs und seiner Grabsteine.
'Pro Stein dürfte es über 1000 Euro kosten - abbauen, restaurieren,
Inschrift übersetzen und wieder einsetzen', schätzt Mence. Noch stehen 1146
jüdische Grabsteine auf dem 440 Jahre alten Friedhof in Pfaffenhausen,
dessen weiterer Betrieb 1938 von den Nationalsozialisten verboten wurde.
Viele der dort Bestatteten sind heute vergessen. Sogar manche ihrer
Grabsteine sind schon halb im Erdreich versunken."
Link zum Artikel |
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September 2021:
Jüdischer Friedhof soll online
gehen |
Artikel von Ralf Ruppert in der "Saale-Zeitung"
vom 23. September 2021: "Jüdischer Friedhof Pfaffenhausen soll online
gehen
In einem Leader-Projekt sollen die rund 1300 Grabsteine im Friedhof
Pfaffenhausen erfasst und Daten rund um die Gedenkstätte digitalisiert
werden.
Seit Jahrzehnten beschäftigt sich Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence aus
Hammelburg mit dem früheren jüdischen Leben in der Region. Eines der
wichtigsten verbliebenen Zeugnisse ist dabei der jüdische Friedhof in
Pfaffenhausen. Er wurde um 1580 angelegt und war Verbands- und
Bezirksfriedhof für die jüdischen Gemeinden in
Bonnland,
Dittlofsroda, Gemünden, Hammelburg,
Hessdorf, Oberthulba,
Untererthal,
Unterriedenberg und
Westheim, bis ins Jahr 1801
zusätzlich auch für Bad Kissingen
und bis 1911 für Geroda. Umso mehr freut
sich Mence, dass die rund 1300 Grabsteine im jüdischen Friedhof mitten in
Pfaffenhausen nun erfasst und ausgewertet werden. "Es geht nicht nur um
jüdische Geschichte, sondern auch um Stadt-Geschichte", plädierte sie in der
jüngsten Stadtratssitzung für ein Leader-Förderprojekt, das einstimmig nach
kurzer Beratung auch auf den Weg gebracht wurde.
"Der jüdische Friedhof in Pfaffenhausen ist der älteste und größte im
Landkreis", betonte Bürgermeister Armin Warmuth (CSU). "Der Friedhof gehört
zum Kulturerbe von Pfaffenhausen", sagte Ortssprecher Detlef Heim (CSU). 2.
Bürgermeisterin Elisabeth Assmann (Grüne) bezeichnete die Grabsteine dort
als "eine Art Stolpersteine", die an die Lebensgeschichte jüdischer
Mitbürger erinnere. Einige Stadträte schlugen vor, dass der gesamte Stadtrat
eine Führung durch den Friedhof mache. Etliche Mitglieder kennen die mehr
als einen Hektar große Anlage bereits. "Mich hat sehr beeindruckt, was aus
einem Grabstein alles an Geschichte herauszulesen ist", berichtete etwa
Thomas Reuter (Bürgerliste) von zwei Führungen dort. Auch 3. Bürgermeister
Christian Fenn (Junge Liste) hat sich bereits über die Vorbereitungen auf
das Leader-Projekt informiert: "Der Vortrag hat deutlich gemacht, welchen
Schatz wir da haben."
Vorbild im mittelfränkischen Schopfloch.
Um die kulturelle und religiöse Gedenkstätte zu erhalten und
aufzuwerten, hat die Stadt Verhandlungen mit dem Landesamt für Denkmalpflege
und dem Regionalmanagement des Landkreises Bad Kissingen geführt. In einem
Leader-Förderprojekt sollen der Friedhof vermessen, Grabsteine fotografiert
und in einer öffentlich zugänglichen Datenbank dokumentiert werden. Als
Vorbild nannte Bürgermeister Warmuth die Seite
www.juedischer-friedhof-schopfloch.de, auf der Maße, Inschriften und
Bedeutungen jedes Grabsteins abrufbar sind.
Das Landesamt für Denkmalpflege stelle die Software und fachliche Beratung
zur Verfügung. Finanziell dagegen sei von dort nur ein Zuschuss von rund
fünf Prozent zu erwarten. Die Stadt rechnet mit rund 100 Euro Kosten je
Grabstein. Zudem seien Öffentlichkeitsarbeit und pädagogische Projekte
geplant. Der Bürgermeister geht deshalb von rund 150 000 Euro Gesamtkosten
aus. Über das Leader-Programm erhofft sich die Stadt 60 Prozent Förderung.
Somit würde bei der Stadt ein Eigenanteil von maximal 50 000 Euro bleiben,
sagte Warmuth. Allerdings hätten andere Projektträger bereits darauf
hingewiesen, dass sich auch private Stiftungen an solchen Projekten
beteiligen. Der Bürgermeister hofft also, dass sich der Eigenanteil noch
reduziert.
Der Hammelburger Bürgermeister betonte zudem, dass das Projekt auch für
andere Kommunen mit jüdischen Friedhöfen offen stehe. "Damit wären
sicherlich Synergieeffekte zu erzielen." Allerdings müsse jede Gemeinde
einen eigenen Leader-Antrag stellen. Zudem betonte Warmuth, dass für das
Projekte noch ehrenamtliche Helfer gesucht werden. "Frau Mence hat sich
schon bereit erklärt", bedankte sich Warmuth. Die Stadt Hammelburg geht
davon aus, dass die Erfassung und Dokumentation aller Grabsteine mindestens
drei Jahre dauert, wahrscheinlich eher fünf Jahre.
Dass die Zeit drängt, betonte Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence in der
Stadtratssitzung. Auf Fotos von Grabsteinen aus den 1990er Jahren seien noch
Details zu erkennen, die mittlerweile verschwunden sind. "Deshalb ist es
höchste Zeit, das anzugehen", warb sie für das Projekt... "
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 335-336, III,1 S. 510-511. |
| Michael Trüger: Artikel zum jüdischen Friedhof Pfaffenhausen, in:
Der Landesverband der israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. 13 Nr. 78
Dezember 1998 S. 18. |
| Israel Schwierz: Steinere Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern.
1988. S.63. |
| Roland Flade: 50 Jahre danach. Die Stadt Hammelburg erinnert sich.
Eine Dokumentation, hrsg. von der Stadt Hammelburg, 1995. |
| Volker Rieß: Sie gehören dazu...
Erinnerungen an die jüdischen Schüler der Lateinschule und des
Progymnasiums – verbunden mit einigen Aspekten zur Geschichte der Juden in
der Stadt Hammelburg und ihren Stadtteilen (Frobenius-Gymnasium Hammelburg.
Festschrift zum Schuljubiläum 1994), Hammelburg 1994, S. 83-102. |
| Ders.: Jüdisches Leben in und um Hammelburg.
Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum Herrenmühle 12. Oktober – 10.
Dezember 2000, Hammelburg 2001.
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Gerhild
Elisabeth Birmann-Dähne: Jüdische Friedhöfe in der Rhön. Haus des
ewigen Lebens. 132 S. 166 Abb. ISBN 978-3-7319-0828-9. 19,95 €. Imhof-Verlag.
Fulda 2018.
Information auf Verlagsseite mit Bestellmöglichkeit. https://www.imhof-verlag.de/juedische-friedhoefe-in-der-rhoen.html
Das Buch ist ein Führer zu den interessantesten jüdischen Friedhöfen in der
Rhön, dokumentiert durch Bild und Text. Ausführlich behandelt sind die
Friedhöfe in Altengronau (Hessen), Aschenhausen (Thüringen), Barchfeld an
der Werra (Thüringen), Bauerbach (Thüringen), Berkach (Thüringen), Burghaun
(Hessen), Dreißigacker (Thüringen), Gehaus (Thüringen), Geisa (Thüringen),
Kleinbardorf (Bayern), Marisfeld (Thüringen), Mellrichstadt (Bayern),
Neustädtles (Bayern), Pfaffenhausen (Bayern), Schmalkalden (Thüringen), Schwarza (Thüringen), Stadtlengsfeld (Thüringen), Suhl-Heinrichs
(Thüringen), Tann (Hessen), Unsleben (Bayern), Vacha (Thüringen),
Weimarschmieden (Bayern) und Weyhers (Hessen).
Presseartikel zur Buchvorstellung:
Artikel
in der "Fuldaer Zeitung" vom 3. November 2018 zu einer Ausstellung mit Fotos
von jüdischen Friedhöfen in der Rhön;
Artikel zur Vorstellung des Buches in "Fulda Aktuell" vom 29. Dezember 2018;
Artikel zur Buchvorstellung in der Zeitschrift "Marktkorb" vom 2. Januar
2019. |
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