Das im Laufe des 12. Jahrhunderts entstandene jüdische Wohngebiet in Würzburg
lag im Bereich des heutigen Marktplatzes ("Grüner Markt") und der Schustergasse (ehemalige
"Judengasse"; das jüdische Wohngebiet wird 1197 als vicus
Judeorum bezeichnet, 1182 platea Judeorum, 1182 strata Judeorum).
Eine 1170 erstmals genannte, aber vermutlich bereits mindestens seit 1147
vorhandene Synagoge stand auf dem Platz der späteren Marienkapelle. Im
13. Jahrhunderts gab es wahrscheinlich mehrere Synagogen oder Beträume, da zur Gemeinde gegen Ende dieses Jahrhunderts über 800 Personen
gehörten (bei der
"Rintfleisch-Verfolung" wurden am 23. Juli 1298 über 900
jüdische Menschen grausam ermordet, darunter 100 aus anderen
Gemeinden).
Im Zusammenhang mit der Verfolgung in der Pestzeit (die Würzburger Juden starben am 21. April 1349
nach Überlieferung eines Chronisten durch Selbstverbrennung in ihren Häusern
und der Synagoge) wurde die Synagoge zerstört. Auf ihrem Grundstück wurde eine
erste Marienkapelle erstellt. 1377 wurde diese erste Kapelle
abgebrochen und an ihrer Stelle die bis heute stehende Marienkapelle errichtet.
Eine historische Gedenktafel berichtet: "Im Jahre des Herrn
1378 legte Herr Gebhard von Schwarzenberg, Bischof von Würzburg, den ersten Stein
am Vorabend von Pfingsten und ist der Gründer der Kapelle der Heiligen Jungrau
Maria auf dem Judenplatz in der Stadt Würzburg". Die Bauzeit betrug etwa 100 Jahre.
Bei der Bombardierung Würzburgs 1945 brannte die Kapelle
vollständig aus und ist im Innenraum heute modern gestaltet.
Von der mittelalterlichen Synagoge blieb nach dem Bau der Marienkapelle nichts
erhalten. Bei Ausgrabungen 2006 wurden möglicherweise Reste der Grundmauern der
Synagoge freigelegt.
Die Marienkapelle an Stelle der
mittelalterlichen Synagoge (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 21.10.2009)
Blick auf die
Marienkapelle, die an der Stelle der mittelalterlichen Synagoge
erbaut worden ist
Die Marienkapelle - vom Weg
zur
Marienburg aus gesehen.
Blick in die Marienkapelle
In der
Marienkapelle: Foto
der Ausgrabungen im Bereich der mittelalterlichen Synagoge, dazu als Text:
"'Gott, wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen,
dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk deines Bundes'
Papst Johannes Paul II. Am Ort der Marienkapelle stand im Mittelalter die
Synagoge der jüdischen Gemeinde Würzburgs, deren Mitglieder im Jahr 1349
grausam verfolgt und ermordet wurden. Die Ausgrabungen dokumentieren die
erhaltenen Reste der Anlage".
Hinweis auf kurzen Grabungsbericht
Links: Im September/Oktober 2006 fand im Bereich der Marienkapelle eine
Forschungsgrabung zu der 1349 zerstörten mittelalterlichen Synagoge
statt. Der im Bereich der Grabung vermutete Standort einer Mikwe konnte
jedoch nicht bestätigt werden. Es wurde ein möglicher Mauerrest der
Synagoge ausgegraben.
Quelle: Büro für Ausgrabungen & Dokumentationen Heyse, Website.
November 2019:
Einweihung einer Erinnerungsstele
am Unteren Markt zur mittelalterlichen jüdischen Geschichte
Pressemitteilung der Stadt
Würzburg vom 25. November 2019: "Einweihung der Stele am Würzburger
Marktplatz. Gedenkstele zur Erinnerung an jüdisches Zentrum
Wo heute der Würzburger Wochenmarkt stattfindet, befand sich im Mittelalter
das jüdische Viertel mit Synagoge, Wohnhäusern und einem eigenen Friedhof.
An diese Vergangenheit des Würzburger Marktplatzes erinnert nun eine
Gedenkstele 'Vom Judenplatz zum Marktplatz' am Unteren Markt. Einweihung der Stele. Die Stele wurde vom Würzburger
Gästeführerverein initiiert und gemeinsam mit dem Fachbereich Planen der
Stadt Würzburg finanziert. Eingeweiht wurde sie nun von Oberbürgermeister
Christian Schuchardt zusammen mit dem Team der Gästeführer, Dr. Rotraud Ries
von Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur in
Unterfranken, Kathrin Jacobs vom Fachbereich Kultur sowie Dr. Axel Metz vom
Stadtarchiv. Marienkapelle statt Synagoge. Auf Deutsch und Englisch vermittelt die
Stele den Würzburger Bürgerinnen und Bürgern wie auch den Gästen, dass sich
in früheren Jahrhunderten rund um den Marktplatz das Zentrum der Würzburger
Juden befunden hat. Nach dem letzten großen Pogrom gegen die Juden 1349
wurde die Synagoge niedergebrannt und alle jüdischen Einwohner vertrieben
oder ermordet. An der Stelle der zerstörten Synagoge haben die Bürger ab
1377 die Marienkapelle errichtet. Die Gedenkstele ist in Zusammenarbeit mit
dem Museum Shalom Europa entstanden und wurde vom Stadtgrafiker Markus
Westendorf entworfen."
Nachdem es seit 1803 beziehungsweise nach 1808 jüdischen
Personen beziehungsweise Familien unter bestimmten Voraussetzungen wieder
möglich war, sich in Würzburg niederzulassen, bemühten sich diese alsbald
darum, dass in der Stadt auch religiös-jüdisches Leben wieder möglich war. Bis
zur Schaffung einer Gemeindesynagoge sollte es jedoch einige Zeit dauern. 1828
bestanden sieben private Beträume in den Häusern der reichen und
angesehenen Familien wie Hirsch, Jeidels, Mayer und bei Oberrabbiner Abraham Bing. Die
unterfränkische Regierung verordnete am 29. November 1828 den in der Stadt
lebenden Juden, die Privatsynagogen aufzugeben und im Zusammenhang mit der
Bildung einer Kultusgemeinde eine gemeinsame Synagoge zu erstellen. 1831
wurde zur Durchführung eines gemeinschaftlichen Gottesdienstes ein Saal über den
Stallungen des Bauers Joseph Endres in der Ursulinergasse 8 angemietet ("alte
Synagoge"). 1834 konnten elf wohlhabende Würzburger Juden
einen Teil des "Hofes zum Fresser" in der Domerschulstraße 21 für
9.050 Gulden erwerben. Die Käufer überließen am 30. Januar 1834 das
Grundstück der Gesamtjudenschaft der Stadt zum Bau einer Synagoge. 1838 bis
1841 konnte die Synagoge nach den Plänen des berühmten Architekten Friedrich von Gärtner
in "ägyptischem Baustil" erbaut und am 10. September 1841 feierlich
eingeweiht werden.
90 Jahre nach der Einweihung der Synagoge an der Domerschulstraße - um 1930
- galt Würzburg als die Stadt der
"sieben Synagogen". Dabei handelte es sich um die folgenden
Bethäuser und Beträume:
Die Hauptsynagoge in der
Domerschulstraße (zur Baugeschichte siehe oben).
Bei der in
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schnell steigenden Zahl der
Gemeindemitglieder war die 1841 eingeweihte Synagoge allerdings mit ihren 140 Plätzen schon nach wenigen
Jahrzehnten viel zu klein, sodass die Plätze zu den Hohen Feiertagen
jährlich ausgelost werden mussten und die Gemeindeglieder, die keine Karte
bekamen, in die - allerdings wenig attraktiven - Zweitgottesdienste im
"Schrannersaal" ausweichen mussten (siehe unten Bericht von 1911
zur "Verlosung der Plätze in der Synagoge").
Seit der Zeit um 1900 plante die jüdische Gemeinde den Bau einer neuen
Hauptsynagoge. 1903 wurde ein Synagogen-Neubau-Verein gegründet, der
Spendengelder zu sammeln begann. 1912 war man so weit, dass man mit dem Bau
einer neuen Synagoge unmittelbar hätte beginnen können. Durch den Ausbruch
des Ersten Weltkrieges und die Inflationszeit zerschlugen sich die Pläne.
1922 hatte noch ein Viertel des sogenannten Zandt'schen Anwesens für den
Synagogen-Neubau erworben, doch war schnell klar, dass in absehbarer Zeit
die finanziellen Mittel für einen Neubau nicht erbracht werden konnten.
Schließlich entschloss sich die Gemeinde zu einem größeren Umbau und
einer Renovierung der bisherigen Hauptsynagoge in der Domerschulstraße.
Durch den Umbau konnten zunächst weitere 100 Plätze für Männer
eingerichtet werden. Anfang September 1926 konnte die Wiedereinweihung der
Synagoge gefeiert werden (siehe Bericht
unten).
Die "kleine Synagoge" im
Erdgeschoss des Gemeindehauses, in der im Winter die
Wochentagsgottesdienste abgehalten wurden. Sie war in der früheren
Mazzestube eingerichtet wurden, in der bis in die Zeit vor dem Ersten
Weltkrieg die rituellen Mazzenbrote gebacken wurden. Siegmund Seligsberger
hatte für diese kleine Synagoge die Inneneinrichtung einer fränkischen
Dorfsynagoge gestiftet. Die "kleine Synagoge" wurde am 19.
November 1924 eingeweiht (siehe Bericht unten von 1924). In ihr hatte es
70 Plätze für Männer, 20 für Frauen.
Die Ostjuden feierten in der Mazzestub ihre Gottesdienste am Schabbatmorgen.
Im Gebäude der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt war
die Synagoge der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt, die 1927 neu gestaltet wurde (Berichte
siehe auf der Seite zur "ILBA"). Auch
im Neubau der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in der Sandberger
Straße wurde eine Synagoge eingerichtet.
Im Haus der Familie Bamberger in der Bibrastraße 17
befand sich eine Privatsynagoge. In ihr
wurden täglich Gottesdienste abgehalten für all diejenigen
Gemeindeglieder, denen vor allem das gemeinsame Lernen wichtig
war.
Der Betsaal im jüdischen
Altersheim in der Dürerstraße 20.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. September 1838: "Würzburg, 24. August (1838). Der Bau der hiesigen
Synagoge schreitet rasch vorwärts, und bald wird zu den schönen
Gebäuden Würzburgs auch ein prachtvoller jüdischer Tempel gehören.
Vieles wird dann ohne Zweifel besser werden. Man hat die endliche
Realisierung dieses längst gehegten Wunsches nächst der hohen
Königlichen Regierung auch mehreren wackeren Männern der Gemeinde zu
verdanken, die mit einer lobenswerten Beharrlichkeit viele Schwierigkeiten
überwanden...
Ich kann Ihnen die bestimmte Nachricht geben, dass von Seiten des hiesigen
Oberrabbinen Herrn Bing auf das Rabbinat verzichtet worden. Er hat
selbst den lobenswerten Schritt getan, es abzugeben. Er enthält 300
Gulden als Entschädigung, und da er noch 870 Gulden vom Staate bezieht,
so ist seine Existenz gesichert. Es steht demnach der Einteilung und
Besetzung der Rabbinatsdistrikte unseres Kreises kein Hindernis mehr im
Wege, und bei der rastlosen Tätigkeit unserer hohen Königlichen
Kreisregierung lässt es sich nicht bezweifeln, dass in Bälde in den
Kultusverhältnissen unseres Kreises große und wohltätige Verbesserungen
vor sich gehen werden. Möchten besonders die jüdischen Familienväter
die Wichtigkeit dieser Wahlen erkennen, und nur die Würdigsten zu den
Ämtern berufen!"
Stand der Bauarbeiten der Synagoge im Herbst
1839
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Dezember 1839: "Würzburg, 24. November (1839). Unsere
Kultusangelegenheiten haben jetzt ein getreues Abbild in unserer Synagoge.
Alles Material ist herbeigeschafft, die Steine sind ausgeführt, eine
Synagoge ist es nicht. Sie steht halbfertig da."
Einweihung der Synagoge (1841)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Oktober 1841:
"Würzburg, 11. September (1841). Gestern feierte die hiesige
jüdische Gemeinde die Einweihung ihrer neuen geschmackvoll gebauten
Synagoge. Viele Beamte der Stadt wohnten dieser Feierlichkeit bei, die
würdevoll vonstatten ging."
Programm zu Einweihung der Synagoge (1841)
(Quelle: vermutlich Stadtarchiv Würzburg, entnommen aus einer Publikation der
Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Würzburg und
Unterfranken vom November 1998)
Programm
zur Einweihung der neuen Synagoge in Würzburg.
1. Freitag den 10. September dieses Jahres findet die Einweihung der
neuen Synagoge dahier statt.
2. Nachmittags gegen halb 5 Uhr versammeln sich der Rabbiner, die
Kulturs-Deputierten, der Kultus-Ausschuss, die männliche über acht Jahre
alte Schuljugend, das Sänger- und Musik-Korps, dann die Toraträger und
die übrigen israelitischen Familienhäupter, welche sich dem Zuge
anschließen wollen, in der alten Synagoge oder in dem hintern Raum des
Synagogenhofes, von wo aus der Zug in die neue Synagoge
beginnt.
3.
Alle übrigen, mit Eintritts-Karten versehenen Individuen haben sich vor 5
Uhr unmittelbar in die Synagoge zu begeben, um dort den Beginn der
Einweihungs-Feierlichkeit abzuwarten.
4. Präzis fünf Uhr stellen sich die zum Zuge gehörigen Individuen in
folgender Ordnung auf:
1) das Musik- und Sänger-Korps; 2) die männliche Schuljugend; 3)
die Kultus-Deputierten mit Torarollen im Arme; 4( die übrigen
Toraträger; 5) die dem Zuge sich anschließenden Familien-Häupter.
Der Rabbiner, ein Kultus-Deputierter und noch ein Mitglied des
Kultusgemeinde begeben sich zur nämlichen Zeit an das Tor des
Synagogen-Hofes, um die Ankunft Seiner Exzellenz des Königlichen Herrn
Regierungs-Präsidenten abzuwarten und Höchstdenselben feierlich zu
empfangen.
5. Sobald Seine Exzellenz der Königliche Herr Regierungs-Präsident
erschienen und an der oberen Synagogentüre angelangt sind, setzt sich der
Zug unter Absingung des Hodu (Psalm 118, Vers 1-43) in Bewegung, während
dessen Seine Exzellenz auf den Ihm angewiesenen Ehrenplatz in der Synagoge
geleitet werden, der Rabbiner aber und der Kultus-Deputierte sich dem Zuge
anschließen.
6. Am Eingange der Synagoge werden die Verse 10 und 20 des Psalmes 118 mit
Musikbegleitung gesungen.
7. Beim Eintritte in die Synagoge nehmen der Rabbiner und Vorsänger die
in Bereitschaft gehaltenen Torarollen in den Arm und ziehen nebst den
Sängern, dem Musikkorps und den Toraträgern durch den Säulengang rechts
auf die Vorsänger-Tribüne; die übrigen mit eingezogenen Individuen
begeben sich auf ihre Plätze. Während dessen wird das beim
Eintritte in die Synagoge übliche Gebet Ma tofu abgesungen.
8. Hierauf halten das Sänger und Musik-Korps, der Rabbiner, Vorsänger
und die Toraträger einen dreimaligen Umzug von der linken zur rechten
Seite in der Synagoge, unter wechselseitiger Absingung des am
Gesetzfreudenfeste bei den Umzügen üblichen Gesanges Ono etc.
9.
Nach beendigtem Umzuge gehen die Toraträger auf den Stufen rechts zur
heiligen Lage hinauf, um einem der Kultus-Deputierten die Torarollen zum
Einheben zu übergeben, und treten auf den Stufen zur linken Seite wieder
hinab, um sich auf ihre Plätze zu verfügen.
Während dessen wird das beim Einheben der Torarollen übliche Gebet
Ufnucho jomar etc. gesungen.
10. Wenn die Torarollen eingehoben sind, wird der Psalm 84 von dem
Vorsänger versweise rezitiert und jeder Vers von der Gemeinde
nachgesprochen.
11. Hierauf hält der Rabbiner die Einweihungsrede und schließt mit dem
Gebete für seine Majestät den König und das Königliche Haus, für die
hohen Behörden des Reiches und die der hiesigen Stadt, sowie für die
gesamte hiesige Einwohnerschaft, wobei der Gemeinde an den gehörigen
Stellen mit einem 'Amen' einfällt.
12. Nach diesem wird der Psalm 30 auf gleiche Weise wie der 84. rezitiert
und dann der Einweihungsakt mit Absingung des Psalmes 150, Halleluja,
geschlossen.
13. Unmittelbar an diesen Akt schließt sich der beim Eintritte des
Sabbats übliche Gottesdienst an, wo die Hymne 'Lecha Dodi' mit
Musikbegleitung gesungen wird.
Würzburg, den 1. September 1841."
Trauerfeier zum Tod von Königin Therese in der
Synagoge (1854) Anmerkung: es handelt sich um eine Trauerfeier für Therese von
Sachsen-Hildburghausen (geb. 1792 in Seidingstadt, gest. 26. Oktober 1854 in
München), die durch ihre Heirat mit König Ludwig I. seit 1825 Königin von
Bayern war.
Artikel in der Zeitschrift
"Der treue Zionswächter" vom 29. Dezember 1854: "Würzburg, im November 1854: Die wahrhafte
Trauer, die sich um das Hinscheiden Ihrer Majestät, der Königin
Therese in allen Herzen kund gab, und stets noch kund gibt, fand auch
in einer in der Synagoge dahier veranstalteten Trauerfeier einen recht
würde- und geistvollen Ausdruck. Nachdem zur Hebung dieser Feier das
Innere des Gotteshauses mit schwarzen Draperien und reicher Beleuchtung
versehen war, begann mit einbrechender Nacht am 13. laufenden Monats die
von dem als einen der g4rößten jüdischen Theologen unseres Jahrhundert
in allen Weltteilen berühmten Herrn Rabbiner Seligmann Bär Bamberger
angeordnete Trauerfeierlichkeit. - Zuerst wurden mehrere dieser Feier
entsprechende Psalmen rezitiert; sodann bestieg der Rabbiner die Kanzel,
und schilderte in blühender, geistreicher Sprache den herben Verlust, den
das glorreiche Königshaus, das ganze Land, ja die ganze Menschheit durch
den Tod der edlen Königin erlitten; er verglich das Hinscheiden der von
allen Untertanen so innigst geliebten Königin mit dem Hinscheiden der
frommen Stammmutter Sara und zeigte mit geistreicher Gedankenfülle und
feuriger Beredsamkeit den unermesslichen Verlust, der fühlend und ahnend
jegliches Herz mit Schmerz und Wege durchzuckte. Die ganze Rede, mit
klangvoller und ergreifender Stimme vorgetragen, bewies, dass ein ebenso
wissenschaftlich gebildeter Redner, als ein höchst gefühlvolles und
patriotisches Herz sie verfasst, und dass das Charaktergemälde, der
Höchstverblichenen Königin von meisterhafter, gefühlvoller und
zartsinniger Hand gezeichnet und ausgeführt worden war. - Nach der
Predigt wurden abermals mehrere Psalmen rezitiert und das Kaddischgebet
vom Vorbetenden mit gerührter Stimme vorgetragen. - Unter den zahlreichen
Anwesenden, welche alle gerührten Herzens den letzten schuldigen Tribut
der Ehre und Teilnahme ihrer von dannen geschiedenen geliebten Königin
zollten, hatten sich auch die größten Notabilitäten der Stadt, als: die
beiden Herren Bürgermeister, der hohe Generalstab, sowie einige Hundert
aus dem Adel- und Bürgerstande eingefunden, welche alle tief ergriffen
und sichtbar erbaut das israelitische Gebethaus
verließen."
Patriotischer Gottesdienst in der Synagoge
(1863)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1863: "Würzburg.
Einen der Glanzpunkte unserer Oktober-Festgeschichte dahier bildete gewiss
die religiöse Feier der Israeliten in der Synagoge. Diese Feier ging nach
einem eigens hierzu ausgegebenen, gedruckten Programme in würdiger Weise
vor sich. Die weiten Räume der Männer- und Frauen-Synagoge, welche zur
Erhöhung der Feier mit mehr als 100 Gasflammen erleuchtet wurden, waren
mit Leuten aus allen Ständen und Konfessionen dicht gefüllt. Die Feier
nahm um 10 Uhr mit dem Absingen mehrerer Psalmen, woran sich Vorbeter,
Chor und Gemeinde beteiligten, ihren Anfang. Hierauf bestieg der als
Redner rühmlichst bekannte Herr Distrikts-Rabbiner Bamberger die Kanzel
und hielt die Festrede. Dieselbe, von einem wahrhaften Geist des
Patriotismus und der Liebe getragen, verbreitete sich hauptsächlich über
die Lage Deutschlands vor den Befreiungskriegen, über den Dank, den wir
Gott zunächst, dann jenen tapferen deutschen Kriegern schulden, über den
Wert andauernden Friedens und schließlich darüber, dass wir Bayern, mit
einem so edlen und gerechten Monarchen beglückt, besonders Ursache haben,
mit unseren Landesverhältnissen zufrieden zu sein. Diese mit Begeisterung
gehaltene Rede verfehlte nicht auf die Zuhörer von bestem Eindrucke zu
sein. Nachdem hierauf ein Gebet für das Wohl Seiner Majestät des
Königs, Ihrer Majestät der Königin und des königlichen Hauses
ebenfalls vom Herrn Rabbiner mit dem Allerheiligsten (Torarolle) im Arme
vorgetragen wurde, bildete das Absingen weiterer Psalmen den Schluss der
Feier. Die Menge verließ nun das Gotteshaus sichtlich erbaut und von der
hohen Bedeutung des Festes durchdrungen."
Trauer zum Tod von König Maximilian -
Trauergottesdienst in der Synagoge (1864)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1864: "Würzburg,
Ende März (1864). Die allgemeine Landestrauer um den dahingeschiedenen
König Maximilian II. Fand auch in der hiesigen israelitischen Gemeinde
warme Teilnahme und würdigen Ausdruck. Am 20. dieses Monats, nachmittags
3 Uhr, fand in der hiesigen Synagoge aus diesem Anlasse ein solenner
Trauergottesdienst statt. Die Beteiligung an dieser Feier war - eine
überaus große, nicht nur von Seiten unserer Glaubensgenommen, sondern
von allen Konfessionen, und selbst die höchsten Zivil- und
Militär-Autoritäten hiesiger Stadt waren in Amtsuniform erschienen. Die
Feier nahm mit dem Rezitativ der Psalmen 16 und 19 ihren Anfang, dann
wurde der Psalm 23 vom Vorbeter und Chor feierlichst und höchst
entsprechend abgesungen.
Hierauf hielt Herr Distrikts-Rabbiner Bamberger eine höchst geistvolle,
tief ergreifende Trauerrede, worin er die hohen Eigenschaften und
Verdienste des Betrauerten darlegte. Zum Text wählte sich der gefeierte
Redner den Vers 9 in Amos Kal. 8, welche Prophetie nach Talmud Moed Katon
25b auf den frühzeitigen Tod des Königs Joschiahu Bezug hat. Die
Ausführung war eine treffliche, indem erstens der Verblichene als weiter,
gerechter und umsichtiger Regent mit einer hell leuchtenden Sonne, dann,
da derselbe seine irdische Laufbahn so schnell und unerwartet im besten
Mannesalter Beendete, mit einer zur Mittagszeit untergehenden Sonne
verglichen wurde.
Rezitation der Psalmen 90 und 91 und das Kaddisch-Gebet bildete dann den
Schluss der Trauerfeier, worauf dann die Gesetzesrolle unter Absingung des
Wajehi Binsoa (nach 4. Mose 10,35) aus der heiligen Lade genommen,
vom Herrn Rabbinen ein Gebet für das Wohl des neuen Königs Ludwig II.
vorgetragen, und die Gesetzrolle mit Absingen des Uwnacha
zurückgebracht wurde. Die Predigt sowie die ganze Feier
verfehlten nicht, aus alle Andächtige den besten Eindruck zu machen, und
so verließ die Menge das Gotteshaus in sichtlich gehobenenr
Stimmung."
Patriotischer Gottesdienst am Jahrestag der
Beschießung Würzburgs durch die Preußen (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1867: "Würzburg, 15. Menachem. Heute ist nach jüdischem Kalender
der Jahrestag der Beschießung unserer Stadt durch die Preußen. Zur
Erinnerung daran und zum Danke für die Rettung aus dieser schweren Gefahr
fand gestern Abend in hiesiger Synagoge ein feierlicher Gottesdienst
statt. Nach beendigtem Minchagebete wurden bei festlich beleuchtetem Hause
die Psalmen 16, 46, 91 vom Vorsänger und Chore rezitiert. Darauf betrat
der ehrwürdige Herr Disktrikts-Rabbiner die Kanzel und trug die sehr
ergreifende Festrede vor. An Psalm 46,9-10 anknüpfend, hob er die Pflicht
des denkenden Menschen hervor, das Andenken überstandener Gefahren in
sich stets neu zu beleben. Darauf schilderte er mit lebhaften Farben die
Schrecken des Krieges und dessen entsittlichende Folgen, sowie die schwere
Gefahr, in welcher insbesondere unsere Stadt schwebte. Hieran reihte sich
die Aufforderung, dem Helfer aus allen Nöten für die Beseitigung dieser
Gefahr und die Wiederherstellung des größten aller irdischen Güter, des
Friedens, zu danken, was am besten geschehe durch pünktliche Übung aller
religiösen und bürgerlichen Tugenden, welche sich keineswegs, wie irrige
Auffassung wähne, gegenseitig beschränken, vielmehr im Judentume eine
unzertrennliche Einheit bilden. Nun folgte das Gebet für Seine Majestät
den König Hanoten teschua, das Seelengebet für die auf dem Felde
der Ehre gefallenen Krieger Ana Haschem und zum Schlusse die
Rezitation der Psalmen 100, 111, 150. Die einfache und prunklose, aber von
religiöser Innigkeit durchwehte Feier hat wohl bei allen Teilnehmern den
tiefsten Eindruck zurückgelassen."
Gottesdienst in der Synagoge zum Tod von König Ludwig I. (1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1868: "Würzburg,
den 19. März (1868). Heute Nachmittags 3 Uhr fand in der hiesigen
Synagoge die Trauerfeier um das Ableben Seiner Majestät des Königs
Ludwig I. statt, wobei auch die höchsten Zivil- und Militärbehörden,
Universität und Studienanstalten, der Adel und Bürgerstand hiesigen
Stadt stark vertreten. Dem eigens hiezu ausgegebenen Programme zufolge
begann dieselbe mit dem Rezitieren und Absingen einiger entsprechender
Psalmen. Sodann bestieg Herr Distrikts-Rabbiner Seligmann Bär Bamberger
die Kanzel und schilderte in blühender und geistreicher Sprache den
herben Verlust, den das glorreiche Königshaus, sowie überhaupt das ganze
Vaterland erlitten. Der Herr Redner verbreitete sich in seiner Rede
besonders darüber, was König Ludwig in seiner Erhabenheit gewesen und
was er für die Wohlfahrt des Vaterlandes gewesen. Beide Punkte, in wohl
überdachter und höchst gelungener Weise ausgearbeitet, verfehlten nicht,
bei den zahlreich versammelten Anwesenden den besten Eindruck und die
vollste Befriedigung hervorzurufen. Hierauf wurden weitere zwei Psalmen
rezitiert und das Kaddisch-Gebet vom Vorbeter mit gerührter Stimme
vorgetragen. Den Schluss der Feier bildete das von Herrn Rabbiner
Bamberger in hebräischer Sprache vorgetragene Gebet für das Wohl Seiner
Majestät des Königs Ludwigs II. und des ganzen königlichen
Hauses."
Gottesdienst aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der
bayerischen Staatsverfassung (1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1868: "Würzburg,
den 28. Mai (1868). Vorgestern Abends 7 Uhr wurde in der hiesigen
Synagoge, welche festlich beleuchtet und dekoriert war, wegen des
50jährigen Bestehens der bayerischen Staatsverfassung, unter zahlreicher
Beteiligung aus allen Ständen, feierlicher Gottesdienst abgehalten.
Nachdem von der Gemeinde ein Psalm abgesungen war, bestieg Herr
Distrikts-Rabbiner Seligmann Bär Bamberger die Kanzel und leitete mit
einem Gebete die Festpredigt ein. In der Herrn Rabbiner Bamberger eigenen,
ebenso warmen und ausdrucksvollen als scharfsinnigen und geistreichen
Sprache, verbreitete sich derselbe über das Wesen und die Beschaffenheit,
welche der Feier zu Grunde liegen. Von dem majestätischen Schöpfungsworte
ausgehend, 'Es werde Licht', verfolgte nun der Redner die
Entwicklungsgeschichte des Menschentums bis herauf in die neuesten
Generationen, betonte die gewaltigen Spuren, welche uns die Geschichte
zurückgelassen, um zu erkennen, welche Kämpfe es gekostet, um auf die
Stufe der heutigen Zivilisation zu gelangen. Fürsten wie Völker mussten
zum Ausbau des großen Werkes redlich das Ihrige dazu beitragen. Sache der
Fürsten war es, Recht und Schutz zu geben, Gewalttätigkeit und Willkür
zu verbannen, Sache der Völker war es, mit aufrichtiger Liebe und Treue
ihren Fürsten zugetan zu sein; nur durch ein solches Verhältnis konnte
es möglich sein, dass am 26. Mai 1818 der hochselige König Max Joseph I.
sein Bayernvolk mit einer konstitutionellen Verfassung beglücken konnte:
mit wahrer Begeisterung hob der Redner aus den Grundzügen der Verfassung
die glorreiche Bestimmung der vollkommenen Religions- und
Gewissensfreiheit hervor, welche Vater Max seinem Volke hiermit für alle
Zeichen zum Heil und Segen gab. Nach dem Schlusse der Predigt wurde wieder
ein Psalm abgesungen, womit an diesem denkwürdigen Tage ein solenner
Schluss der kirchlichen Feierlichkeiten in hiesiger Stadt gemacht
war."
Gründung eines Synagogen-Neubau-Vereins
(1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Oktober 1903: "Würzburg. Die hiesige israelitische
Kultusgemeinde beschloss, einen Synagogen-Neubau-Verein zu gründen,
welcher möglichst bald den Neubau einer Synagoge zustande bringen
soll."
Eidesbelehrungen in der Synagoge durch Distrikts-Rabbiner
Bamberger (1908/1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1908: "Würzburg,
15. November (1908). Zum ersten Male fand am Mittwoch vormittag 9 Uhr in
der Synagoge eine Eidesbelehrung an die neu eingestellten jüdischen
Mannschaften statt. Nach Absingung eines Psalmes durch Herrn Kantor
Lehmann hielt Herr Distrikts-Rabbiner Bamberger eine längere Ansprache
über die Bedeutung des Eides und schloss mit der Ermahnung zur Treue an
König und Vaterland."
Verlosung der Plätze in der Synagoge
(1911)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. August 1911: "Würzburg, 21. August (1911). Einmal im
Jahre erwacht für einige Wochen unter den hiesigen Juden allgemein das
Bewusststein, Mitglieder der hiesigen Kultusgemeinde zu sein. Das ist,
wenn die vorhandenen Synagogenplätze verlost werden. Für ungefähr 700 zahlende
Kultusmitglieder stehen in der einzigen Synagoge etwa 140 Plätze zur
Verfügung. Jedes Mitglied ist berechtigt, einen Platz für sich zu
zeichnen. Nach Schluss der Zeichnung werden die Plätze nach einem
althergebrachten Modus verlost, und die Gemeindemitglieder, welche in der
Synagoge keinen Platz finden - das sind mehr als drei viertel der Gemeinde
- können sich nach einem anderweitigen Gottesdienst umschauen. Für Rosch
Haschana und Jom Kippur ist in dem sogenannten Schrannerrsaal, einem
Restaurationslokal, ein sehr primitiver Gottesdienst eingerichtet, wo sich
die von der Synagoge Ausgeschlossenen Plätze mieten können. Die
kantoralen Hilfskräfte stehen dort aber nicht auf der wünschenswerten
Höhe, eine Predigt findet überhaupt nicht statt; weil in diesem Lokal
kein Rabbiner oder auch nur ein Rabbinatskandidat fungiert, sodass es
viele vorziehen, dem Gottesdienst ganz fern zu bleiben. Ein weiteres
Betlokal ist in der israelitischen Lehrerbildungsanstalt, wo die Plätze
auch vermietet werden, während in der kleinen, aber sehr hübschen
Synagoge des israelitischen Krankenhauses ohne jedes Entgelt 20 männliche
Personen Platz finden können. Es ist nur zu bedauern, dass in diesem
Lokal nicht auch für Frauenplätze gesorgt ist, damit die Pfründnerinnen
und leichteren Patientinnen sowohl als auch die jüdischen Damen, die sich
dienstlich hier aufhalten, ihrer religiösen Pflicht genügen könnten.
Mit geringen Kosten und wenig Schwierigkeiten könnte Abhilfe geschaffen
werden. So erhebt sich also in diesen Wochen alljährlich der Ruf nach
eurer neuen größeren Synagoge, die für alle Mitglieder die nötigen
Plätze bieten würde. Dieser Ruf ertönt natürlich nur von Seiten der
durch das Los nicht Begünstigten und dauert fort bis zu dem Tag nach dem
Versöhnungsfest."
Der Bau der neuen Synagoge steht bevor
(1912)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. März 1912: "Würzburg. Mit dem Bau der neuen Synagoge
wird in Kürze begonnen."
Einweihung der renovierten Wochentagssynagoge
(1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1924: "Würzburg,
26. November (1924). Am Sonntag, den 16. November, 19. Marcheschwan,
fand hier eine kleine, aber in der jetzigen Zeit gewiss seltene Feier
statt. Galt es doch, die Einweihung unserer neu hergerichteten kleinen
Synagoge festlich zu begehen. In dem Raume der ehemaligen 'Mazzostube' -
die alten Würzburger werden sich der Zeit noch erinnern, da diese ihrem
eigentlichen Berufe, dem Mazzebacken für die Gemeinde diente - erstand
durch Umbau und Erweiterung, der Gemeinde diese 'Winterschul für den
Wochentagsgottesdienst'. Die hiesige Familie Seligsberger stiftete aus
Familienbesitz, zum Andenken an ihren früh verstorbenen Neffen Otto
Hirsch seligen Andenkens aus München die hauptsächlichsten Teile
der Inneneinrichtung, die aus einer alten unterfränkischen Synagoge
stammen. Viele hiesige Gemeindemitglieder ergänzten die fehlenden Stücke
und so entstand ein kleines Heiligtum, ein wahres Schmuckkästchen,
wie es wohl stilvoller und schöner kaum erstellt werden kann. Die
Synagoge fasst 70 Herren- und 20 Frauenplätze.
Zur Feier der Einweihung waren neben den Spendern und den Mitgliedern der
Verwaltung aus Mangel an Platz nur die Vertreter der hiesigen Vereine
geladen. Nach Verbringung der Torarollen und dem einleitenden
Gesang Mah towu übernahm der Vorsitzende der Kultusverwaltung,
Herr Justizrat Dr. Haas die Synagoge seitens der Gemeinde. Er dankte den
Spendern, vor allem der Familie Seligsberger und dem Mitgliede der
Verwaltung Herrn Samuel Pfeiffer, der den lange projektierten Plan des
Umbaues der Mazzestube verwirklicht und mit unermüdlicher Tatkraft die
Erstellung geleitet hat, den Architekten Stadtbaurat Kreuter und Sonnen,
sowie dem Baumeister Lehritter für ihre Arbeit. Er gab dem Wunsche
Ausdruck, dass diese schöne, heizbare Wintersynagoge ein Ansporn für den
täglichen Besuch des Gottesdienstes sein möge. Nach einem Jiskor
für Herrn Otto Hirsch seligen Andenkens fanden die Tekufot
(Umgänge mit den Torarollen) statt und unter dem Gesange von Uwenucha
jomar (nach 4. Mose 10,36 Und wenn sie sich niederließ [die
Bundeslade]...) wurden die Torarollen in die Heilige Lade (Toraschrein)
verbracht.
Anknüpfend an den Vers 'Eine Leuchte des Ewigen ist des Menschen
Seele' (Sprüche 20,27) entzündete Herr Rabbiner Dr. Hanover mit dem
dazugehörigen Segen das Ner Tamid (ewiges Licht) und würdigte in
meisterhafter Rede die Bedeutung dieser Stunde. Mit Gesang von Psalm 150
und dem Minchoh-Gebet schloss diese erhebende Feier, allen Teilnehmern
wird sie noch lange in Erinnerung bleiben."
Umbau, Renovierung und Neueinweihung der Synagoge
(1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1926: "Würzburg,
6. September (1926). Seit langen Jahren tauchte in größeren
Zwischenräumen immer wieder der Wunsch auf, unserer Synagoge, die
bereits auf ein Alter von fast 100 Jahren zurückschaut, ein würdigeres
Aussehen zu geben. Denn der Zahn der Zeit hatte unserer Synagoge den
Stempel der Vergänglichkeit allzu stark aufgedrückt. Auch machte sich am
Schabbat und Feiertag der Platzmangel so sehr
bemerkbar, dass alljährlich vor den ehrfurchtgebietenden Tagen (sc.
vor den Hohen Feiertagen im Herbst) bei der Verlosung der Plätze
derjenige aufrichtig beneidet wurde, der das Glück hatte, einen Platz zu
erhalten. Seit einigen Jahren sammelte daher der hiesige Synagogenbauverein
Mittel zu einem Neubau. Doch die Not der Zeit hat die Verwirklichung
dieses Zieles auf Jahre hinaus verschoben, und so wurde beschlossen, eine
vorläufige gründliche Renovierung der Synagoge vorzunehmen. In
dankenswerter Weise stellte der Synagogenbauverein die bisher
gesammelten Mittel der Gemeindeverwaltung hierzu zinslos zur Verfügung
und in der kurzen Zeit von acht Wochen wurde die Renovierung der Synagoge
in einer Weise durchgeführt, die wohl allen Ansprüchen an ein würdiges
Gotteshaus gerecht geworden ist. Durch Neubeschaffung und Neuordnung des
Gestühles wurden ca. 100 Männerplätze neu gewonnen, der Anstrich der
Wände und der Decke wurde erneuert und eine moderne Dampfheizung wurde
eingebaut. Ein kunstvoll ausgeführter Almemor ziert jetzt die Mitte des
Gotteshauses, während bisher die Toravorlesung auf dem Vorbeterpulte
erfolgte. Eine Kanzel wurde errichtet und der Araun hakaudesch (Toraschrein)
mit neuen Schiebetüren versehen. Zwei große Menorot (siebenarmige
Leuchter), aus Messing getrieben, sollen fortan am Chanukka-Fest und
bei einer Beschneidung ihr Licht erstrahlen lassen.
Am jüngsten Freitagabend war die Gemeinde fast vollzählig in freudiger
Stimmung zur Einweihung versammelt. Galt es doch dem neuen Werke die Weihe
zu geben. Nach einleitendem Chorgesang - Mah tauwuh - wurde das
Minchahgebet verrichtet und der erste Vorsitzende der Gemeinde, Herr
Justizrat Dr. Haas, ergriff das Wort. Er dankte im Namen der Gemeinde dem
Synagogenbauverein für die Bereitstellung der Mittel; er dankte fernen
allen denen, die zum Gelingen des Werkes beigetragen, dem Architekten und
dem Bauleiter, der Baukommission und den Handwerkern und nicht zuletzt den
Arbeitern, die die geplanten Arbeiten verständnisvoll ausgeführt. Sein
Dank galt auch allen Spendern, die in reichem Maße durch namhafte Spenden
die gelungene Ausstattung des Gotteshauses ermöglicht hatten. Nach einem
Psalmvortrag des Herrn Oberkantor Eschwege bestieg Herr Bezirksrabbiner
Dr. Hanover die Kanzel, um das Ner tomid (ewige Licht) zu entzünden und
in geistvollen Worten zu betonen, dass das kleine Licht des Gotteshauses,
das Symbol des ewig strahlenden, nie verlöschenden Glanzes unseres
Judentumes auflodern möge in den Herzen unserer Jugend und seinen Schein
verbreiten möge in den Herzen aller unserer Mitmenschen. Anknüpfend an
die Sidrah (Wochenabschnitt aus der Tora) 'Ihr stehet heute alle vor
dem Ewigen, eurem Gotte' (5. Mose 29,9) führte er aus, dass nur
die vorbildliche traditionelle Einigkeit der Würzburger Gemeinde, die
trotz der bestehenden Verschiedenheit der religiösen Anschauungen sich
stets zusammenfindet, wenn es das Wohl der Gemeinde gilt, das Gelingen
dieses Werkes in der heutigen schweren Zeit ermöglicht habe. Nach
abermaligem Chorgesang des 150. Psalmes schloss mit Kabbolas Schabbos
(Feier zu Schabbatbeginn) die erhebende Feier.
Im nächsten Jahre soll - so Gott will - die Vergrößerung der
Frauensynagoge vorgenommen werden, doch schwebt als letztes Ziel uns immer
noch ein Um- oder Neubau der Synagoge vor. Möge dieses Endziel in nicht
allzu ferner Zeit seiner Verwirklichung entgegen
gehen."
Ein nicht mehr zum Neubau verwendetes Grundstück für eine neue Synagoge wird
verkauft und der Betrag der Gemeinde zur Verfügung gestellt (1928)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1928: "Würzburg, 15. Dezember (1928).
(Ein schönes Geschenk). Im Mai 1922 kaufte ein Konsortium der
Israelitischen Gemeinde Würzburg, 30 Herren, den vierten Zeil des
sogenannten Zandtschen Anwesens, schlossen sich zu einem Verein zusammen
und bestimmten statutarisch, dass dieser Erwerb zum Neu- oder Umbau einer
Synagoge verwendet werden solle. Die Gemeinde sollte höchstens den
Geldwert des Erwerbs dem einzelnen Genossen vergüten, ein Gewinn dürfte
nicht verlangt werden. Nun haben die katholischen Schwestern, deren
Anwesend an das Zandtsche grenzt, dasselbe gekauft, sodass dem Konsortium
ein Erlös von etwa 71.000 Reichsmark zufiel.
In uneigennütziger Weise hat das Konsortium diesen Betrag der
Israelitischen Gemeinde zur Verfügung gestellt, um denselben zum Neu-
respektive Umbau der Synagoge zu verwenden.
Herr Karl Sichel, der Vorstand des Konsortiums, übergab in der letzten
Kultussitzung dieses schöne Geschenk dem Vorstand der Israelitischen
Kultusgemeinde."
Der Umbau der Synagoge und der Neubau einer Schule
müssen zurückgestellt werden (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1933: "Würzburg,
8. Januar (1933). Die Würzburger Israelitische Kultusgemeinde hatte unter
der Fortdauer der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse zu leiden,
sodass sie den schon seit Jahren geplanten Umbau der Synagoge und den
Neubau einer Schule zurückstellen musste. Gleichwohl konnten die
jüdische Wohlfahrtszentrale und die jüdische Mittelstandshilfe
zahlreichen bedürftigen Gemeindeangehörigen ihre Fürsorge zuteil werden
lassen. Von der Mittelstandshilfe wurden über 60 Familien mit
Lebensmitteln und Brennmaterialien für den Winter versorgt. In dem
israelitischen Krankenhaus wurde, wie im Vorjahre, eine Notstandsküche
zur Abgabe billiger Speisen eingerichtet."
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Hauptsynagoge in der
Domerschulstraße durch SS- und SA-Männer
überfallen. Fenster und die Inneneinrichtung wurden zerschlagen, Leuchter und
Ritualien zerstört. Die Torarollen wurden in Brand gesteckt, das Haus wurde
jedoch nicht niedergebrannt - vermutlich mit Rücksichtnahme auf die
"arischen" Häuser in der Umgebung. Unter denen, die in der Synagoge
zugange waren, war auch Universitätsrektor Prof. Dr. Ernst Seifert, damals
SA-Führer und SA-Obersturmbannarzt. Nach dem Pogrom wurde im
Synagogengebäude ein Parteibüro der NSDAP eingerichtet.
Bei der Bombardierung Würzburgs im März 1945 sind die früheren
Gebäude der jüdischen Gemeinde, darunter das Synagogengebäude und das
frühere Gemeindehaus völlig vernichtet wurden. 1956 wurde das Gelände
zur Anlage eines Sportplatzes des Priesterseminars eingeebnet. An der den Sportplatz umgebenden Mauer
(der Sportplatz war nicht öffentlich zugänglich) wurde 1964 eine Gedenktafel angebracht.
1998 kam nach langwierigen Verhandlungen das Grundstück der früheren
jüdischen Einrichtungen an der Domerschulstraße wieder in
den Besitz der Jüdischen Gemeinde von Würzburg und Unterfranken. Ziel war es,
dass längerfristig wieder an dieser Stelle eine Synagoge Würzburgs entstehen
kann.
Artikel
von Burkhard Hose in der Zeitschrift "Der Landesverband der
Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern" vom Dezember 1998 (13.
Jahrgang Nr. 78) S. 14:
"'Ein freudiger und doch auch unendlich trauriger Tag'. Die
jüdische Gemeinde in Würzburg erwirbt nach 60 Jahren ihr ehemaliges
Synagogengrundstück zurück. Auf den Tag genau 60 Jahre nach der
Schändung und Vernichtung der Würzburger Synagoge durch den
nationalsozialistischen Terror in der Reichspogromnacht und 46 Jahre nach
dem Verkauf des Synagogengrundstückes durch die JRSO an das Bischöfliche
Klerikalseminar kann die Jüdische Gemeinde Würzburg den
Grundstücksteil, auf dem ehemals ihre Synagoge und das Gemeindehaus
standen, wieder ihr eigen nennen..." Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken.
Zwischen 2000 und 2004 wurde das Grundstück entlang an
der Domerschulstraße überbaut mit dem neuen Diözesanarchiv des Bistums
Würzburg. Am Gebäude des Diözesanarchivs wurde die Gedenktafel von 1964
angebracht.
Das mittelalterliche jüdische
Viertel
(Quelle: Flade s. Lit. S. 49)
Radierung von 1572
(rechts Ausschnittvergrößerung) mit Eintragung der Marienkapelle
"Vnser
Frawen Capel"). Der Platz davor wird noch als "Judenplatz"
bezeichnet. Auf dem
Gesamtplan (links) ist mit einem Pfeil der jüdische
Friedhof eingetragen, der 1576
enteignet und als Bauplatz für das
Juliusspital bestimmt wurde.
Plan des Grundstückes der
jüdischen
Gemeinde an der Domerschulstraße 21 (1985 nach Bauakten der Stadt Würzburg
gezeichnet - Schönewolf)
Auf dem
Grundstück der jüdischen Gemeinde befand sich in der Mitte die Synagoge
(mit A bezeichnet, rechts eine Skizze der Fassade der Synagoge), dahinter
das
Gemeindehaus und die Jüdische Volksschule (mit B bezeichnet). Hinter
dem
Haupteingang von der Domerschulstraße befand sich ein
Pförtnerwohnhaus (C),
gegenüber ein Nebengebäude (D).
Innenansichten der
Hauptsynagoge
Innenansicht der
Synagoge vor der
Renovierung 1926
Innenansicht der Synagoge nach der
Renovierung 1926
Toraschrein, gestiftet von
Joel Jakob von Hirsch
Die weiteren Synagogen /
Beträume
Die 1924 in der früheren
"Mazzestub" eingerichtete "kleine Synagoge"
Privater Betraum / Lernraum im
Haus Bamberger in der Bibrastraße 17
Der 1927 eingeweihte neue
Betraum in
der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt
in der Bibrastraße
6
Betsaal im Erdgeschoss
des Altersheimes
Zu den um 1930 "sieben
Synagogen"
in Würzburg zählten auch die Synagogen
in Heidingsfeld
und Kirchheim
Das
kriegszerstörte Gelände in der Domerschulstraße 21 wurde 1956
eingeebnet und in
einen Sportplatz des Priesterseminars umgewandelt. Zwischen den Baggern ist
der 1926
geschaffene Aufgang zur Frauenabteilung der Synagoge zu sehen,
von der noch eine Wand
steht (Foto bei Flade S. 404).
Dokument von 1998 - das
Grundstück
in der Domerschulstraße kommt wieder
in den Besitz der
jüdischen Gemeinde (Quelle: Sammlung Hahn,
vgl. Bericht oben)
"Der
Jüdischen Gemeinde in Würzburg und Unterfranken ist es nach langwierigen
Verhandlungen
gelungen, von der Diözese Würzburg den größeren Teil des
Grundstücks Domerschulstraße 21
zurückzuerwerben, auf dem ehedem die
Große Synagoge, das Gemeindehaus und die
jüdische Volksschule sowie ein Pförtnerhaus
standen..."
Gedenken an die Synagoge (Foto: Jürgen Hanke, Kronach)
Die seit 1964 an der Umfassungsmauer des Sportplatzes des Priesterseminars
angebrachte Gedenktafel
Am Grundstück
der ehemaligen Synagoge im Oktober 2009 (Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 21.10.2009)
Blick auf das Gebäude des
2000 bis 2004
auf dem Synagogengrundstück und
seiner Umgebung erbaute
Diözesanarchiv
mit der Gedenktafel
Gedenktafel am
heutigen Diözesanarchiv mit
Inschrift: "Hier stand die 1837 erbaute
und am 9.11.1938 durch die
damaligen Machthaber zerstörte Synagoge der
Israelitischen Kultusgemeinde
Würzburg" mit eine Darstellung von Synagoge
und Gemeindehaus sowie
dem umgebenden Hof.
Januar 2010:
In Würzburg sind inzwischen fast 280
"Stolpersteine" verlegt
Artikel in der Website von TVtouring.de vom
27. Januar 2010 (Artikel):
"Würzburg. Stolpersteine in Würzburg verlegt
Bereits zum 10. Mal wurden in Würzburg Stolpersteine verlegt, um an ermordete jüdische Mitbürger während der Nazizeit zu erinnern.
Am heutigen internationalen Holocaust-Gedächtnistag wird der Verfolgung und Ermordung von fast 6 Millionen Juden durch die Nationalsozialisten gedacht. An in der Nazizeit ermordete Mitbürger erinnert auch die Aktion Stolpersteine. Von diesen wurden jetzt weitere in Würzburg verlegt.
An der Würzburger Sebastiansteige sollen die Stolpersteine vor deren ehemaligen Wohnstätten an die Opfer des NS-Regimes erinnern. Fast 280 dieser Steine sind mittlerweile in der Domstadt verlegt. Finanziert werden die Steine durch Patenschaften, in diesem Fall wurde sie von der katholisch-deutschen Studentenverbindung."
September
2010: 11. Verlegung von
"Stolpersteinen" in der Stadt siehe Artikel von
Roland Flade vom 17. September 2010 in der "Main-Post"
(als
pdf-Datei eingestellt)
September
2010: Ein "Weg der Erinnerung" soll
ab Mai 2011 angelegt werden.
Artikel von Patrick Wötzel im
"Main-Netz.de" vom 4. September 2010 (Artikel):
"Gegen das Vergessen der Vernichtung
Gedenken: 'Weg der Erinnerung' erinnert an die Deportation unterfränkischer Juden - Bahn unterstützt Projekt
Würzburg An über hundert Stellen im Stadtgebiet wurden 'Stolpersteine' verlegt, zwei Gedenktafeln erinnern in Würzburg bereits an die Deportationen der unterfränkischen Juden in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Ab Mai 2011 soll auch ein
'Weg der Erinnerung' das Schicksal von über 2000 Opfern ins Gedächtnis rufen.
Zwischen 1941 und 1943 fanden von Würzburg aus sechs Deportationen statt, anschließend wurde der damalige
'Gau Mainfranken' als 'judenfrei' gemeldet. Die jüdischen Mitbürger mussten sich in der Schrannenhalle oder im Platz'schen Garten versammeln und von dort zum Verladebahnhof Aumühle oder zum Hauptbahnhof marschieren. Von dort wurden sie mit der Reichsbahn in die Vernichtungslager gebracht.
In der Aumühle liegen keine Schienen mehr, Unkraut wuchert zwischen Bahnsteig und Schotterhaufen. An einer Mauer in der Nähe kündet seit vier Jahren eine Gedenktafel vom Schicksal der unterfränkischen Juden. Auch an der ehemaligen Schrannenhalle in der Nähe des Mainfranken-Theaters wird an die Deportationen erinnert. Über 100 in die Gehsteige vor ihren Wohnhäusern eingelassene
'Stolpersteine' beschreiben Namen, Geburts- und Todesdaten von Würzburger Juden. Aus der Aktion
'Stolpersteine' hat sich auch die Projektgruppe entwickelt, die am 10. Mai 2011 den
'Weg der Erinnerung' veranstaltet.
An diesem Tag soll an die rund 850 Opfer der dritten Würzburger Juden-Deportation vom 25. April 1942 erinnert werden. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung werden Schilder mit Namen und Herkunft der einzelnen Opfer tragen. Die Opfer kamen aus Würzburg, Kitzingen, Schweinfurt, Gemünden, Marktheidenfeld, Aschaffenburg, Alzenau und über 50 weiteren unterfränkischen Kommunen. Sie mussten sich im Platz'schen Garten am Friedrich-Ebert-Ring, damals ein großes Tanzlokal, versammeln.
Das Projekt wird von Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal (SPD) unterstützt:
'Wir wollen uns an diesem Tag daran erinnern, dass es in Unterfranken lebendige jüdische Gemeinden gegeben hat.' Wegen der Osterferien hat man nicht den eigentlichen Jahrestag der dritten Deportation gewählt:
'Wir wollen ganz bewusst auch Schüler einbinden', erläutert Josef Schuster, der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde.
An der Stelle des Platz'schen Gartens steht heute das 'Haus Benedikt' der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach. Als Auftakt des Erinnerungsweges soll dort ein Denkmal entstehen. Pater Meinrad Dufner will die Treppe zum Tanzlokal nachempfinden, auf der zurückgelassene Schuhe zu sehen sein sollen:
'Um zu zeigen, dass dort der Totentanz vieler Menschen begann.'
Entlang der Strecke werden elf Betonschwellen als visuelle Hinweise auf den Weg der Opfer eingelassen. Daneben werden Stelen über die einzelnen Deportationen informieren. Auch am Ende des Erinnerungswegs wird eine Gedenkstele errichtet:
'Die Deutsche Bahn, die früher bei diesem Thema immer sehr zurückhaltend reagiert hat, verschließt sich unserem Anliegen nicht', so Schuster.
Zahlen und Fakten: Deportation der Juden. Zwischen dem 27. November
1941 und dem 17. Juni 1943 wurden von Würzburg aus bei insgesamt sechs
Deportationen insgesamt 2063 unterfränkische Männer, Frauen und Kinder
jüdischer Abstammung in die Konzentrationslager gebracht. Von ihnen
überlebten nur 41 die Massenvernichtung. Den Beginn der langen Reise in die
Vernichtungslager wollen die Initiatoren der Aktion 'Wir wollen uns
erinnern' fast 70 Jahre später wieder ins Gedächtnis rufen." Siehe die Website: www.wir-wollen-uns-erinnern.de."
Foto rechts.
Deportation
vom Verladebahnhof Aumühle
zwischen 1941 und 1943.
Foto links von Patrick Wötzel:
Der ehemalige Verladebahnhof Aumühle heute: Hier endet am 10. Mai 2011
die Erinnerungsveranstaltung an die Deportation der unterfränkischen
Juden.
Gedenktafel
an der Mauer in der Nähe vom Verladebahnhof Aumühle
mit der Inschrift "Zum Gedenken (hebräisch und
deutsch).
Vom Verladebahnhof Aumühle wurden 1941 bis 1943 über 1500 jüdische
Bürger Würzburgs und Unterfrankens in die Vernichtungslager
deportiert
und dort fast ausnahmslos ermordet".
(Foto: Jürgen Hanke, Aufnahmedatum 3.8.2014)
November 2010: Neues Denkmal am
Ort der Deportationen am Platz'schen Garten
Artikel von Andreas Jungbauer in
der "Main-Post" vom November 2010 (Artikel):
"WÜRZBURG - Deportiert und ermordet: Mahnmal für NS-Opfer - Erinnerung an jüdische Mitbürger vor St. Benedikt
Am Ende sollten nur 41 von ihnen das Grauen überleben. Über 2000 jüdische Mitbürger aus Mainfranken wurden in den Jahren 1941 bis 1943 von Würzburg aus mit sechs Zügen in osteuropäische Vernichtungslager transportiert – wie Schlachtvieh. Seit Mittwoch erinnert ein Mahnmal an die Deportierten. Angelegt wurde es am Friedrich-Ebert-Ring (zwischen Rottendorfer Straße und Valentin-Becker-Straße) vor dem Haus St. Benedikt. Hier war früher der Eingang zum Platz'schen Garten, ein bekanntes Tanzlokal. Hier – oder in der Schrannenhalle – mussten sich die Opfer sammeln. Dann traten sie ihren Todesmarsch Richtung Hauptbahnhof oder Verladebahnhof an. Oberbürgermeister Georg Rosenthal erinnerte bei der Gedenkfeier daran, dass auch Würzburger an diesen Verbrechen beteiligt waren, weggeschaut oder geschwiegen – oder sogar Beifall geklatscht haben. Oder: Sie haben sich bereichert, als alles Hab und Gut der jüdischen Mitbürger versteigert wurde.
Geschaffen hat das Mahnmal der Benediktinerpater Meinrad Dufner. Er hat in das Kunstwerk die früheren Treppen aufgenommen, eine Jugendstilsäule und den Zaun. Ins Mauerwerk sind die Namen der Vernichtungslager und die Deportationsdaten eingraviert. Auf der Treppe liegen verloren drei einzelne Schuhe (aus Eisen) – ein Männer-, ein Frauen-, ein Kinderschuh. Ganze Familien wurden damals ausgelöscht. Vormals, so Pater Meinrad, sei dies der festliche, mondäne Eingang zu Würzburgs bekanntestem Tanzlokal gewesen.
'Für die jüdischen Mitbürger war es der Eingang zum Totentanz.'
Es war im Jahr 1955, als die Benediktiner das frühere Deportationsgelände zu ihrem Anwesen dazukauften.
'Wir sind uns des Erbes sehr bewusst', sagte Abt Michael Reepen in seiner Ansprache. Das Gedenken habe man immer bewahrt und die Pläne für ein Mahnmal jederzeit unterstützt. Auch der Orden selbst war von der NS-Diktatur betroffen. Selbst Ordensleute wurden ins KZ verfrachtet. 1941 lösten die NS-Behörden das Benediktinerkolleg auf und nutzen es stattdessen als Lehrerfortbildungsanstalt. 1945 brannte das Gebäude bei der Bombardierung völlig aus. Es sei danach als erstes Haus in Würzburg wieder mit Ziegeln bedeckt worden –
'es war ein Haus der Hoffnung.' Projekt 'Weg der Erinnerung.' Auch das neue Denkmal – hergestellt in den Werkstätten der Abtei – soll Hoffnung geben und fortwährende Mahnung sein, für ein
'friedvolles Miteinander aller Bürger, unabhängig von ihrer Religion, Herkunft oder
Hautfarbe', wie es Josef Schuster, Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde, zum Ausdruck brachte.
Allein bei der dritten Deportation am 25. April 1942 wurden 852 jüdische Würzburger und Mainfranken ins Vernichtungslager Lublin transportiert.
'Die Shoa', so Oberbürgermeister Rosenthal, 'wird immer ein Teil der Geschichte Würzburgs
bleiben.' Und damit Aufgabe der permanenten Wachsamkeit gegenüber aufkeimendem Rassismus und Antisemitismus. Rosenthal:
'Wir müssen Zivilcourage zeigen, wo die Menschenwürde verletzt wird.'
Das Denkmal ist der Anfang eines Erinnerungsweges, der mit elf Betonschwellen entstehen und bis zum früheren Verladebahnhof in die Aumühle führen soll. Die Projektgruppe
'Wir wollen uns erinnern' bereitet in Erinnerung an die Opfer für den 10. Mai 2011 einen Gedenkmarsch auf der Deportationsstrecke vor."
Fotos von Elisabeth Böhrer
am Tag der Einweihung des Denkmales, dem 10. November 2010.
Dem früheren Eingang zum Platz'schen Garten nachempfunden:
das von Benediktinerpater Meinrad Dufner von der Abtei Münsterschwarzach
(auf den mittleren Fotos) entworfene Denkmal zur Erinnerung an die Deportation mainfränkischer Juden.
Teilweise erkennbar sind auf den Fotos die Deportationsdaten mit Zielort
sowie die symbolische Treppe des Platz'schen Gartens mit Schuhen: ein
Herren-, ein Damen- und ein Kinderschuh.
März
2011: Vorbereitungen für die
Eröffnung des "Weges der Erinnerung" am 10.Mai 2011
Artikel im "Main-Netz" vom 23. März 2011 (Artikel):
"'Opfern ihre Namen zurückgeben'
Gedenken: 2063 Juden wurden vom Würzburger Verladebahnhof aus deportiert -
'Weg der Erinnerung' am 10. Mai
Würzburg Die Organisatoren sind optimistisch: Gesucht werden 852 Menschen, die am 10. Mai bei einer großen Gedenkveranstaltung in Würzburg an die Deportation der unterfränkischen Juden in die nationalsozialistischen Vernichtungslager
erinnern.
Jeder einzelne von ihnen soll ein Schild mit Namen und Herkunftsort eines der jüdischen Mitbürger tragen, die bei der dritten von sechs Deportationen am 25. April 1942 mit Nummern gekennzeichnet und von Würzburg aus mit dem Zug nach Izbica im östlichen Polen gebracht wurden.
'Wir wollen den Opfern ihre Namen zurückgeben', sagt Benita Stolz von der Projektgruppe, die den
'Weg der Erinnerung' ins Leben gerufen hat.
Insgesamt wurden 2063 Juden von Würzburg aus in die Vernichtungslager gebracht. Versammeln mussten sie sich an der Schrannenhalle oder beim Vergnügungslokal
'Platz'scher Garten'. Dort erinnert seit November ein Denkmal an ihr Schicksal (wir berichteten). Die erste Etappe führte die jüdischen Mitbürger knapp zwei Kilometer zu Fuß zum Verladebahnhof Aumühle. Diesen Weg wollen die Teilnehmer des
'Wegs der Erinnerung' am 10. Mai ab 15 Uhr mit den Namensschildern schweigend zurücklegen. Betonschwellen. Entlang der Strecke weisen elf in die Gehsteige eingelassene Betonschwellen mit der Aufschrift
'Wir wollen erinnern' den Weg. Sie werden Anfang April installiert. Am Bahnhof in der Aumühle tragen Schauspieler des Mainfranken-Theaters die Namen der Opfer vor. Am künstlerischen Teil der Gedenkfeier beteiligt sich auch die Würzburger
'Tanzwerkstatt', die in der Aumühle ihren Proberaum hat.
Die Vorarbeiten für die Veranstaltung sind umfangreich: 'Derzeit werden unterfrankenweit die Namen und Biografien der Opfer recherchiert. Ich bin begeistert, mit wie viel Engagement überall daran gearbeitet wird', berichtet Benita Stolz. Die größte Gruppe der Deportation vom 25. April 1942 kam mit 170 Menschen aus Aschaffenburg, 50 waren aus Würzburg, der Rest aus 69 anderen unterfränkischen Städten und Gemeinden. Jeder einzelne Name wird schon im Vorfeld im Internet veröffentlicht.
Für den 'Weg der Erinnerung' liegen bisher 80 Anmeldungen vor, darunter Verwandte von Opfern aus den USA und Israel. Benita Stolz und ihre Mitstreiter rechnen mit bis zu 1000 Teilnehmern an der Gedenkveranstaltung. Angeschrieben wurden unter anderem 330 Schulen und die Bürgermeister der 71 Herkunftsorte. Nicht alle haben geantwortet:
'Manche Gemeinden wollen die Vergangenheit lieber ruhen lassen', so Stolz. Wer am 10. Mai ein Namensschild tragen möchte, soll sich bis 30. April auf der Homepage der Organisatoren anmelden. Das Ausmaß begreifen- Als Mindestalter für die Schilderträger haben die Initiatoren zwölf Jahre festgesetzt:
'Wir möchten Menschen, die das Ausmaß der damaligen Taten wenigstens annähernd begreifen können', erläutert Benita Stolz die Einschränkung. Die Schilder mit den Namen der Opfer werden nach dem Erinnerungsweg zwei Wochen lang als Ausstellung im Würzburger Rathaus zu sehen sein. Patrick Wötzel
Internet: www.wir-wollen-uns-erinnern.de"
Video - eingestellt bei
Youtube - zur Eröffnung des "Weges der Erinnerung" in
Würzburg
Weiteres Video "Weg der
Erinnerung" - eingestellt bei
Youtube - mit historischem Bildmaterial
April
2012: 14. "Stolpersteine"-Verlegung
in Würzburg
Artikel von Karl-Georg Rötter
in der "Main-Post" vom 13. April 2012: "Würzburg.
Stolperstein-Verlegung: Erinnerung mit Zeitzeugen. 14. Stolperstein-Verlegung:
18 weitere Gedenksteine wird Gunter Demnig am Mittwoch in Würzburg
verlegen. Ein ganz besonderes Ereignis, denn jüdische Verwandte oder
Freunde der Opfer sind dabei..." Link
zum Artikelwww.stolpersteine-wuerzburg.de
April
2012: Rundgang zu jüdischen Stätten in der Altstadt
Artikel in der
"Südwestpresse" vom 25. April 2012: "Zeichen für
Zukunft. Würzburg. Zu jüdischen Stätten in der Altstadt gingen der
katholische Dekan Vorndran und die evangelische Dekanin Weise mit
jüdischen Gästen..." Link
zum Artikel
Mai
2014: Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Würzburg
Oktober 2014:
In Würzburg liegen nun 404
"Stolpersteine"
Artikel in der "Main-Post" vom
5. Oktober 2014: "WÜRZBURG. Paten für Stolpersteine gesucht.
Seit 2006 sind in Würzburg 17-mal Stolpersteine verlegt worden. Somit sind
jetzt 404 Menschen, die unter Hitlers Schreckensherrschaft ermordet wurden,
mit ihrem Namen und den Lebenseckdaten zurückgekehrt an den Ort, wo sie
früher gelebt oder gewirkt haben. Organisiert wurden die Verlegungen vom
Arbeitskreis Stolpersteine, in dem zahlreiche gesellschaftliche
Organisationen mitarbeiten. 404-mal wurde durch die Übernahme einer
Patenschaft eine Brücke zu Menschen der Gegenwart geschlagen, auch
Schulklassen und Jugendgruppen sind darunter. Sie übernahmen auch die Kosten
der Produktion und Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig aus Köln in
Höhe von jeweils 120 Euro. Da die angemeldeten Patenschaften nun zur Neige
gehen, bittet der Arbeitskreis um neue Patenschaften schon für die nächsten
Verlegungen, die am 1. Dezember und am 12. Februar stattfinden. Steine
werden verlegt für alle Opfergruppen; nach den Juden, Oppositionellen,
Zeugen Jehovas, Homosexuellen, Deserteuren sollen es im Februar
Euthanasieopfer sein. Mehr als 100 Menschen aus Würzburg wurden meist
aufgrund ihrer psychischen Behinderung ermordet, schreibt der Arbeitskreis
(AK). Welch große Bedeutung die Stolpersteine über das Gedenken hinaus
haben, zeigte sich jüngst bei einem Telefonat von Benita Stolz, der
Koordinatorin des AK, mit einem fast 90-jährigen Überlebenden aus den USA.
Auf die Frage 'Haben Sie eigentlich ihren Kindern über die schreckliche Zeit
in Deutschland damals erzählt?' folgte zögernd die Antwort: 'Erst seit ich
wegen der Stolpersteine für meine Eltern mit Ihnen ins Gespräch kam, ist es
mir möglich geworden, meine Erfahrungen an meine Familie weiterzugeben.
Jetzt wollen die alles wissen.'
Kontakt: Tel. (09 31) 9 64 81, oder
www.stolpersteine-wuerzburg.de (Rubrik 'Pate werden')."
Link zum Artikel
Juni 2015:
Die "Stolpersteine" werden
geputzt
Artikel von Joachim Fildhaut in
der "Main-Post" vom 7. Juni 2015: "WÜRZBURG. Junge Leute legen Hand an
Am Samstag verwandelte sich ganz Würzburg in ein Hands-on-Camp von Rotaract.
Für alle, die das nicht mitbekamen: Die Nachwuchsorganisation der
Rotary-Clubs legte in der Stadt Hand an, half fünf Organisationen. Zum
Beispiel dem Verein Stolpersteine. 140 der 440 Messing-Gedenkplatten für
Opfer des Nazi-Regimes glänzen seit Samstag wieder blank. Hierfür griffen
insbesondere die heimischen Rotaract-Mitglieder zum Scheuertuch. Die jungen
Würzburger waren sehr interessiert, Näheres über die Stolpersteine zu
erfahren. Zudem waren Rotaracters aus Schweinfurt, Frankfurt, München, Köln
und Bielefeld angereist..."
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Februar 2018:
Über Jehuda Amichai, geboren als
Ludwig Pfeuffer 1924 in Würzburg, Israels bekanntester moderner Lyriker
Juli 2019:
Stadtrat befürwortet neues Denkmal
am Hauptbahnhof
Artikel in "infranken.de" vom
15. Juli 2019: "Stadtrat befürwortet Denkmal vor dem Hauptbahnhof in
Würzburg
Stellvertretender Landrat Paul Streng zollte der Initiative großes Lob, in
Würzburg, direkt am Vorplatz vom Hauptbahnhof, ein Denkmal für die
deportierten und ermordeten jüdischen Mitbürger, den sogenannten 'DenkOrt
Aumühle', zu errichten und auf diese Weise den Opfern des
Nationalsozialismus Respekt zu erweisen.Zu einer Informationsveranstaltung
zum geplanten Deportationsdenkmal 'DenkOrt Aumühle Würzburg' hatte der
Verein Alt Prichsenstadt e. V., unter der Federführung seines Arbeitskreises
'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken', nicht nur interessierte
Mitbürgerinnen und Mitbürger nach Laub eingeladen, sondern auch Vertreter
der Kommunalpolitik sowie der weiterführenden Schulen aus der näheren
Umgebung. 14 Stolpersteine in Prichsenstadt...
Benita Stolz,Vorsitzende des Vereins DenkOrt Aumühle Würzburg e. V.,
informierte, dass die Planungen für das Deportationsdenkmal in Würzburg
ursprünglich auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofes Aumühle
realisiert werden sollten, denn dort wurden die meisten Deportationszüge
zusammengestellt. Aus verschiedenen Gründen scheiterten diese Planungen und
die Mitglieder des Stadtrates Würzburg gaben nun grünes Licht für eine
Alternative direkt am Vorplatz des Hauptbahnhofes in Würzburg. Wie eine Bahnrampe. Stolz beschrieb die Gestaltung des Denkmals, das
von der Form her an eine Bahnrampe erinnern soll und auf der 'Denkstücke' in
Form von Koffern, Rucksäcken und Bettzeug platziert werden. Die Kommunen,
aus denen die Deportationsopfer stammten, sind aufgefordert, jeweils ein
solches Objekt für das Denkmal in Würzburg beizusteuern und ein Duplikat
davon in ihrer Gemeinde aufstellen zu lassen. Dazu hat sich inzwischen etwa
die Hälfte der beteiligten 109 Kommunen bereiterklärt. In Kitzingen und
Gerolzhofen wurde das Duplikat bereits installiert.
Zum Abschluss der Informationsveranstaltung kam es zur einer symbolischen
Scheckübergabe durch eine Bürgerinitative aus Wiesentheid. Dort hatte sich
eine Gruppe von Bürgern zusammengetan und eine Spendenaktion unter dem Motto
'Wiesentheid unterstützt den DenkOrt Aumühle' ins Leben gerufen. Insgesamt
kam der Betrag von 500 Euro zusammen, den Vertreter der Wiesentheider
Bürgergruppe an die Vereinsvertreter aus Würzburg überreichten. Zusätzlich
wurde während der Informationsveranstaltung eine Spendensammlung
durchgeführt. So konnte sich der Verein DenkOrt Aumühle Würzburg e. V. über
eine weitere Zuwendung in Höhe von 150 Euro freuen."
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Oktober 2019:
Schülerinnen des
St.-Ursula-Gymnasiums übernehmen Patenschaft für Stolperstein
Artikel von Nico Christgau in
der "Main-Post" vom 3. Oktober 2019: "Gymnasiasten der St.-Ursula-Schule
gestalten Gedenkminuten.
An einen Menschen erinnern, ein Opfer ehren, die lebende Generation mahnen,
damit nicht in Vergessenheit gerät, dass Juden, Euthanasieopfer oder
Homosexuelle in der Zeit von 1933 bis 1945 Opfer des Nationalsozialismus
wurden: Das ist das Ziel der Verlegung von Stolpersteinen. Deshalb übernahm
die St.-Ursula-Schule Würzburg die Patenschaft für den Gedenkstein von
Hannelore Akselrad, die 1929 in der Büttnergasse 15 geboren wurde, wie
es in einer Pressemitteilung heißt. Bereits im Juni 1932 zog die kleine
Familie wieder aus der Wohnung aus, weil sich die Eltern scheiden ließen.
Anschließend begann für das junge Mädchen ein Leidensweg durch verschiedene
Heime und Ghettohäuser in Köln. Zwischen September 1942 und Januar 1943
lebte Hannelore im Deportationslager Köln-Müngersdorf – sehr wahrscheinlich
in extrem beengten Verhältnissen bei schlechter Versorgung. Letztlich wurde
sie zusammen mit den für das Ghetto Theresienstadt bestimmten Menschen am
15. Januar 1943 von Köln nach Berlin gebracht und von dort mit 73 anderen
Kölnern nach Auschwitz verschleppt. Sie ist beim 'Zug der Erinnerung' als
eines der 4512 Berliner Kinder beziehungsweise eines der 80 Würzburger
Kinder erwähnt, die zwischen 1933 und 1945 als jüdische Opfer der Verfolgung
den Tod fanden.
Schülerinnen aus der 10. Jahrgangsstufe des St.-Ursula-Gymnasiums
gestalteten einen würdigen Rahmen für die Verlegung der Stolpersteine für
Hannelore Akselrad und deren Mutter. Sie trugen den Anwesenden Teile aus der
Biografie des Mädchens sowie der ihrer Eltern vor und sangen unter der
Leitung ihrer Musiklehrerin Claudia Breitfeld jiddische Lieder. Schwestern
der Ursulinen – unter ihnen auch Schulleiterin Katharina Merz – legten
Blumen an den frisch in die Straße eingelassenen Gedenksteinen nieder.
Stadträtin Benita Stolz dankte seitens der Initiative 'Würzburger
Stolpersteine' den Schülerinnen für ihren Einsatz. Das Ehepaar Verena und
Helmut Utzschneider übernahm die Patenschaft für den Stolperstein von
Hannelores Mutter Mathilde Akselrad-Hasenberg und würdigte deren Leben."
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Dezember 2019:
Neue Gedenkstele auf dem
Marktplatz zur Erinnerung an die jüdische Geschichte der Stadt
Artikel von Israel Schwierz in "haGalil.com"
vom 18. Dezember 2019: "Neue Gedenkstele für die frühere jüdische
Gemeinde Würzburg
Wo heute normalerweise der Würzburger Wochenmarkt und im Dezember der
Weihnachtsmarkt stattfindet, befand sich im Mittelalter das Jüdische Viertel
von Würzburg mit Synagoge, Schule, Wohnhäusern und auch einem eigenen
jüdischen Friedhof. An diese Vergangenheit des Würzburger Marktplatzes
erinnert seit Anfang Dezember 2019 eine Gedenkstele 'Vom Judenplatz zum
Marktplatz'…
Am heutigen Marktplatz befand sich im Mittelalter das jüdische Viertel, das
man über die Schustergasse und den Schmalzmarkt – die sogenannten
Judengassen – erreichte. Der Markt fand damals zwischen Dom und Mainbrücke
statt. Die Juden lebten hier nicht in einem Ghetto, sondern in direkter
Nachbarschaft mit Christen. Sie gehörten allerdings nicht der Bürgerschaft
an, sondern standen als besondere Gruppe unter dem Schutz von Kaiser und
Bischof. Das 13. Jahrhundert gilt als die Blütezeit der jüdischen Gemeinde
in Würzburg. Es gab einen großen Friedhof in der Pleicher Vorstadt,
mindestens zwei Synagogen, ein Lehrhaus, ein Hospiz und ein Gästehaus. Neben
wachsendem Wohlstand erlangte die Gemeinde Geltung unter den Judenschaften
in Mitteleuropa. Hier verkehrten international hoch angesehene Rabbiner, die
Würzburger Juden galten als sehr gebildet. Doch schon bald gerieten sie in
den Machtkampf zwischen Bischof und Bürgern. Gleichzeitig kamen in ganz
Europa abergläubische Vorurteile gegen Juden auf. Man warf ihnen
Hostienfrevel und Ritualmord vor. Beim sogenannten Rintfleisch-Pogrom, das
vom nahen Taubertal ausging, wurden nach einer hebräischen Quelle im Juli
1298 allein in Würzburg 841 Juden ermordet. Die jüdische Gemeinde war damit
fast ausgelöscht. Nur zögernd wuchs die Gemeinde später wieder an.
Als die Pest in Europa ausbrach, wurden vielerorts Juden grundlos
beschuldigt, Quellen und Brunnen vergiftet und so die verheerende Krankheit
verursacht zu haben. Das veranlasste die Bewohner und Räte zahlreicher
Städte, die in ihrer Mitte wohnenden Juden schon vor dem Eintreffen der Pest
umzubringen –so auch 1349 in Würzburg. Erst nach 1400 bildete sich hier
wieder eine kleine jüdische Gemeinde, die aber nicht mehr die frühere
Bedeutung erlangte. An der Stelle der zerstörten Hauptsynagoge wurde ab 1377
die Marienkapelle erbaut. Sie galt als sichtbares Zeichen für den 'Sieg' der
christlichen Kirche – personifiziert in Maria – über die jüdische Religion.
Ähnliches geschah damals auch in Bamberg, Nürnberg und Regensburg. Auf dem
jüdischen Friedhof errichtete Fürstbischof Julius Echter ab 1576 das
Juliusspital. Die Grabsteine hatte man größtenteils schon vorher entfernt
und als Baumaterial verwendet. Ein Teil dieser Steine mit hebräischer
Inschrift wurde 1987 bei Abbrucharbeiten im Stadtteil Pleich wieder
entdeckt. 1455 Steine und Steinfragmente konnten geborgen werden. Dieser
sensationelle Fund – die größte Hinterlassenschaft aus einem
mittelalterlichen Judenfriedhof weltweit – liegt heute als symbolisches
Fundament in einem Depot unterhalb des jüdischen Gemeinde- und
Kulturzentrums 'Schalom Europa' in der Valentin-Becker-Straße. 'Schalom
Europa' wurde 2006 eröffnet und steht für die Erneuerung jüdischen Lebens in
der Region und darüber hinaus.
Die Stele wurde vom Würzburger Gästeführerverein initiiert und gemeinsam mit
dem Fachbereich Planen der Stadt Würzburg finanziert. Eingeweiht wurde sie
von Oberbürgermeister Christian Schuchardt zusammen mit dem Team der
Gästeführer, Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte
und Kultur in Unterfranken, Kathrin Jacobs vom Fachbereich Kultur spwie Axel
Metz vom Stadtarchiv.
Auf Deutsch und Englisch vermittelt die Stele den Würzburger Bürgern wie
auch die Gästen , dass sich in früheren Jahrhunderten rund um den Marktplatz
das Zentrum der Würzburger Juden befunden hat. Nach dem letzten großen
Pogrom gegen die Juden 1349 wurde die Synagoge niedergebrannt und alle
jüdischen Einwohner vertrieben oder ermordet. An der Stelle der zerstörten
Synagoge haben die Bürger ab 1377 die Marienkapelle errichtet. Die
Gedenkstele ist in Zusammenarbeit mit dem Museum Schalom Europa entstanden
und wurde vom Stadtgrafiker Markus Westendorf entworfen." Link zum Artikel
Mai 2024:
Erinnerung an die Frauenrechtlerin, Lehrerin und Kinderärztin Klara
Oppenheimer
Anmerkung: nach Klara Oppenheimer ist die Klara-Oppenheimer-Schule in
Würzburg benannt
https://www.klara-oppenheimer-schule.de/
Artikel von Patrick Woetzel in
der "Main-Post" vom 21. Mai 2024: "Klara-Oppenheimer-Route in Würzburg
eröffnet: Ab sofort lassen sich sechs Lebensstationen einer starken Frau
erkunden. Auf den Tag genau 81 Jahre nach ihrem Tod im Konzentrationslager
Theresienstadt ist in Würzburg eine Erinnerungsroute an das Leben der
jüdischen Frauenrechtlerin, Lehrerin und Kinderärztin Klara Oppenheimer
offiziell eröffnet worden: Schülerinnen und Schüler der seit 2007 nach ihr
benannten Berufsschule haben das Projekt zusammen mit dem Arbeitskreis
Stolpersteine und dem Johanna-Stahl-Zentrum für jüdische Geschichte und
Kultur in Unterfranken umgesetzt. 'Sie war eine starke Frau. Sie hat alle
ihre Ziele erreicht, obwohl es in schwierigen Zeiten war.' Diese und
ähnliche Sätze hört man, wenn man sich mit Sara Vasapollo, Denislava Ivanova
und Kimberly Göpfert über Klara Oppenheimer unterhält. Die drei jungen
Frauen sind angehende zahlärztliche Fachangestellte und gehören zur Klasse
11 ZF 1 der Klara-Oppenheimer-Schule- Eine Route mit sechs Lebensstationen. Das Lernziel des Projekts war
die Erinnerungskultur, herausgekommen ist eine Route mit sechs
Lebensstationen von Klara Oppenheimer in Würzburg. Die Route beginnt mit
einem steinernen QR-Code an der Ecke Friedenstraße/Sophienstraße. Er liegt
direkt neben dem Stolperstein, der dort seit einigen Jahren im Pflaster des
Gehwegs eingelassen ist. Der QR-Code führt auf eine Webseite mit den
einzelnen Stationen, darunter auch eine Zusatz-Station zum Hintergrund der
Würzburger Stolpersteine und eine Nachbesprechung. In Audio-Dateien zu jeder
einzelnen Station wird die Lebensgeschichte leicht verständlich aus der
Perspektive von Klara Oppenheimer erzählt. 'Sie wusste, was sie wollte. Und
sie war sehr zielstrebig', sagte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei
der offiziellen Eröffnung. Im Alter von sieben Jahren zog die in Paris
geborene Klara Oppenheimer mit ihrer Familie nach Würzburg, wohnte zunächst
in der Sanderau und dann im Frauenland. 1889 legte sie das
Lehrerinnen-Examen ab und hatte damit den höchsten Bildungsabschluss
erreicht, der für Frauen damals möglich war. 'Eine qualifizierte
Berufsausbildung für Frauen und Mädchen lag Klara Oppenheimer sehr am
Herzen', sagte Schulleiter Norbert Sierl: 'Ich glaube, sie würde sich über
unsere Frauenquote bei den Schülern von fast 65 Prozent freuen.' Außerdem
erlernen knapp ein Viertel der Schülerinnen und Schüler des
Berufsschulzentrums einen medizinischen oder pflegerischen Beruf. Alle Schülerinnen und Schüler sollen die Route absolvieren. Nachdem
im Jahr 1903 Frauen in Bayern zum regulären Studium zugelassen wurden, holte
Oppenheimer das Abitur nach, studierte Medizin und wurde 1918 zur ersten
niedergelassenen Ärztin in Würzburg. 25 Jahre später, im Alter von 75
Jahren, kam sie acht Monate nach ihrer Deportation im KZ Theresienstadt ums
Leben.
Die Klara-Oppenheimer-Route führt vom Wohnhaus über den
Geschwister-Scholl-Platz zum Kürschnerhof, wo sie ihre Praxis hatte. Weiter
geht es über das 'Braune Haus' am Kardinal-Döpfner-Platz und die
Schrannenhalle zum DenkOrt Deportationen vor dem Hauptbahnhof. Die Route sei
'ein ganz bedeutsamer Beitrag, um die Vergangenheit, die auch für die
Gegenwart von großer Bedeutung ist, erlebbar zu machen', betonte der
Oberbürgermeister. Ziel der Schule ist es, dass jede Schülerin und jeder
Schüler innerhalb seiner dreijährigen Schulzeit die Route einmal absolviert,
um das Leben von Klara Oppenheimer im historischen Kontext des
Nationalsozialismus zu erfahren. 'Sie sollen mit dem Namen die Werte
verknüpfen, für die unsere Schule steht', betonte Norbert Sierl."
Link zum Artikel
Germania Judaica I, S. 475-496; II,2 S. 928-936; III,2 S.
1698-1711.
Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 433-449.
Herbert Schultheiss: Juden in Mainfranken 1933-1945
unter besonderer Berücksichtigung der Deportationen Würzburger Juden. Bad
Neustadt a.d. Saale 1980.
Herbert Schultheiss / Isaac E. Wahler: Bilder
und Akten der Gestapo Würzburg über die Judendeportationen 1941-1943. Bad
Neustadt a.d. Saale 1988.
Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988. 1992² S. 139-140.145-147.
Rainer Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger
Juden 1900-1945. Veröffentlichungen des Stadtarchivs. Band 4 (mit zwei
Teilbänden). Würzburg 1989.
Jutta Sporck-Pfitzer: Die ehemaligen jüdischen
Gemeinden im Landkreis Würzburg. Hg. Landkreis Würzburg. Würzburg
1988.
Roland Flade: Die Würzburger Juden. Ihre Geschichte
vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Würzburg 1987. Erweiterte Auflage (mit
einem Beitrag von Ursula Gehring-Münzel) 1996².
Ursula Gehring-Münzel: Vom Schutzjuden zum
Staatsbürger. Die gesellschaftliche Integration der Würzburger Juden
1803-1871. In: Veröffentlichungen des Staatsarchivs Würzburg Band 6.
Würzburg 1992.
Karlheinz Müller: Die jüdische Gemeinde. In: U. Wagn
er
(Hg.): Geschichte der Stadt Würzburg, Band 1: Von den Anfängen bis zum
Ausbruch des Bauernkrieges. Stuttgart 2001. S. 515-542.
ders.: Die Würzburger Judengemeinde im Mittelalter: von
den Anfängen um 1100 bis zum Tode Julius Echters (1617). Hg. Freunde
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. Würzburg 2004.
Ursula Gehring-Münzel: Jüdische Geschichte bis zum
Ende des Ersten Weltkrieges und Roland Flade: Jüdische Geschichte von 1919
bis zur Gegenwart. In: Geschichte der Stadt Würzburg. Band 3: Vom Übergang
an Bayern 1814 bis zum 21. Jahrhundert. 2007.
Hans-Peter
Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und
Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur
Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Würzburg S. 151-161.
Siehe auch die Literaturzusammenstellung
"Literature about Jewish history in Lower Frankonia" des
"Dokumentationszentrums für jüdische Geschichte und Kultur in
Unterfranken" auf der Website von "Shalomeuropa". Literatur
A-LLiteratur
M-Z
Spuren jüdischer Geschichte in Stadt und Landkreis
Würzburg - Ein Wegweiser für junge Leute. Hrsg. vom Landkreis
Würzburg in Zusammenarbeit mit dem Partnerlandkreis Matah Yehuda (Israel)
und dem Kooperationsprojekt Landjudentum in Unterfranken. Würzburg 2013.
Online zugänglich: Download
der pdf-Datei.
Kontakt und Information: Landkreis Würzburg - Kommunale Jugendarbeit
Klaus Rostek Zeppelinstr. 15 97074 Würzburg Tel. 0931
8003-376 E-Mail:
k.rostek[et]Ira-wue.bayern.de
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