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Heidingsfeld (Stadt
Würzburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(Zeichnung oben aus: Zeitschrift Menorah vom November 1928)
Übersicht:
Links: "Heilige Gemeinde Heizfeld" - Eintrag von 1780
handgeschriebenen Gebetbuch der Gemeinde
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Heidingsfeld (seit 1268 unmittelbares Reichsdorf) kam es zur Ansiedlung jüdischer Familien bereits im Mittelalter.
Der älteste Nachweis ist von 1298, als bei der Judenverfolgung
("Rintfleisch-Verfolgung") eine jüdische Frau namens Zira erschlagen
wurde. Nach der Zeit der Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 (unklar, ob es
in Heidingsfeld zu einer Verfolgung kam) werden 1378 wiederum Juden in Heidingsfeld
genannt. Ein Privileg Kaiser Sigismunds von 1431 begünstigte den jüdischen
Zuzug.
Bis Mitte der 15. Jahrhunderts waren die in Heidingsfeld lebenden Juden
mit der Würzburger Gemeinde verbunden, dann bildeten sie eine eigene Gemeinde
mit eigenen Einrichtungen und Gemeindebediensteten. 1490 wird eine "Judengasse"
genannt, die wahrscheinlich in der "Oberstadt", im südlichen Bereich
der Stadt am Salmannsturm (?) lag. In der Judengasse lag auch die
"Judenschule" (Synagoge). Die jüdische Einwohner lebten überwiegend
vom Geldhandel, aber auch (innerhalb der Gemeinde) vom Handel mit Brot, Fleisch
und anderen Lebensmitteln. Von den 1508 genannten jüdischen Familien
am Ort lebten sieben unter dem Schutz des Würzburger Bischofs,
dem sie in diesem Jahr zusammen 120 Gulden Jahressteuer zu bezahlen hatten.
Andere Juden lebten unter dem Schutz anderer Herrschaften (auch der Reichsstadt
Nürnberg, an die Heidingsfeld zeitweise verpfändet war). Die jüdischen
Familien hatten einen "Schulklopfer" (der zu den Gottesdiensten
eingeladen hat). Er war zugleich der Synagogendiener. Zu einer Vertreibung der
Heidingsfelder Juden kam es am Ausgang des Mittelalters nicht. Im Gegenteil
entwickelte sich Heidingsfeld nach der Vertreibung der Juden aus Würzburg (1561)
neben Fürth zur bedeutendsten und größten jüdischen Gemeinde in Franken.
Die Aufnahme vertriebener Juden aus Würzburg war möglich, weil Heidingsfeld
als böhmisches Leben einen besonderen Status hatte.
Seit 1628 kam das Reichsdorf Heidingsfeld unter die fürstbischöfliche
Territorialgewalt. Seitdem zahlten die Juden ihre Steuern entweder an das
Würzburger Domkapitel oder an den Bischof. Da sich um 1628 die Heidingsfelder
Bürger weigerten, den Juden weiterhin Wohnraum zur Verfügung zu stellen,
kaufte das Domkapitel, dem die Juden zinspflichtig waren, ein Adelshaus mit
dazugehörigem Hof in der Klostergasse (heute noch "Judenhof").
Hier wurden die jüdischen Familien untergebracht.
Heidingsfeld wurde Mitte des 17. Jahrhunderts Sitz
eines Oberrabbinates, zuständig mit Unterstützung durch Unterrabbiner für
zeitweise mehr als 100 Gemeinden). Der Fürstbischof räumte 1695 dem
Oberrabbiner in Heidingsfeld eine eigene Gerichtsbarkeit in innerjüdischen Streitsachen
ein. Unter den Rabbinern werden genannt: um 1680 Rabbi Moses ben
Israel bzw. Moses Hammelburg als Lehrer und Rabbinatsassessor; 1695-1700 Rabbi Salomon Rothschild aus Frankfurt;
um 1699 Rabbi Josef Traub (Benjamin Seev Wolf aus Frankfurt); 1707-1727
Rabbi Simeon Fränkel; 1727-1742
Rabbi Jakob Löb ben Arje Löb aus Reckendorf bei Bamberg (zuvor Rabbiner
und Jeschiwaleiter in Baiersdorf); 1742-1780 Rabbi Arje Löb Baruch Kohn
Rapoport, "Oberlandesrabbiner der Würzburger Medine" (Medine =
Land, Bezirk); 1783-1794 Rabbi
Jehuda Löb Farnbach (war zuvor Dajan in Fürth und Berlin), 1794-1816
Abraham Bing, der 1816 den Rabbinatssitz von Heidingsfeld nach Würzburg
verlegte. Damit endete die Geschichte des Rabbinates in Heidingsfeld.
Die jüdischen Haushaltsvorstände in Heidingsfeld sorgten für den
Lebensunterhalt ihrer Familien überwiegend durch Handel mit Vieh,
Landesprodukten und Waren aller Art. Zum einen handelten sie mit der
Landbevölkerung des Umlandes, zum anderen beschickten sie den Würzburger Markt
mit ihren Waren. Da ihnen das Übernachten in Würzburg verboten war, zogen sie
jeden Morgen über den heute noch so genannten Judenbühlweg auf der Höhe
zwischen Heidingsfeld und Würzburg in die Bischofsstadt, um ihre Geschäfte
abzuwickeln.
Ende des 18. Jahrhunderts wurden 281 jüdische Einwohner gezählt, 1805
wurde die Höchstzahl von etwa 600 Juden am Ort gezählt. Kurz zuvor (1803)
war es für Juden - wenn auch zunächst nur in besonderen Fällen (allgemein ab
1861) - wieder möglich, nach Würzburg zu ziehen. Dadurch verringerte
sich die jüdische Bevölkerungszahl in Heidingsfeld rasch.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1816 507 jüdische Einwohner (18,8 % von insgesamt 2.691), 1837 500
(16,0 % von 3.120), 1867 273 (8,4 % von 3.242), 1871 237 (8,0 % von 3.392), 1880
189 (5,0 % von 3.746), 1890 150 (4,0 % von 3.727), 1900 100 (2,4 % von 4.154(,
1910 86 (1,8 % von 4.809).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Elementar- und Religionsschule.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde waren neben dem Rabbiner auch Lehrer, Synagogendiener, Schächter
tätig. Nach Aufhebung des Rabbinat 1816 war jeweils ein Lehrer an der
Israelitischen Elementarschule tätig, der zugleich als Vorbeter und Schochet
tätig war. Um 1830 wird als Lehrer Nathan Freund genannt (s.u.).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Ludwig
Breitenbach (geb. 4.1.1871 in Heidingsfeld [nicht
Obernbreit, wie in einigen Listen
angegeben], mindestens seit 1903 in
Schweinfurt wohnhaft, gef. 22.7.1917 und in Schweinfurt beigesetzt;
Informationen von E. Böhrer vom 1.12.2013 und 5.7.2020) und Unteroffizier Fritz
Dessauer (geb. 22.10.1896 in Heidingsfeld, vor 1914 in
Bamberg wohnhaft, gef.
18.4.1918).
Um 1924, als noch 100 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1,66 %
von insgesamt etwa 6.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Abraham
Bravmann, Meyer Frank und J. Forchheimer. Als Lehrer, Kantor und Schochet war
(bereits seit 1913) Simon Grünfeld tätig. Die Jüdische Staatliche Volksschule besuchten damals sechs Kinder.
Rabbiner Dr. Siegmund Hanover aus Würzburg erteilte sieben Kindern an den
höheren Schulen den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen bestanden
die Wohltätigkeitsvereine Gemillut Chassodim (1924 Leitung Salomon
Gutmann, 5 Mitglieder, 1932 Leitung Herr Forchheimer, 8 Mitglieder; Ziel: Unterstützung
Hilfsbedürftiger), Maariw Bisman (1924 Leitung Salomon Gutmann, 10
Mitglieder; 1932 nicht mehr genannt), der Talmud-Lernverein Limud Tora (1924 Leitung Salomon
Gutmann, 10 Mitglieder), der Verein Bachurim (1924 Leitung A. Bravmann,
12 Mitglieder, 1932 Leitung Hauptlehrer Grünfeld; Ziel Wohltätigkeit) und der Israelitische
Frauenverein (1924/32 unter Leitung von Frau Lea Grünfeld, 1932 17
Mitglieder). Die jüdische Gemeinde war dem Distriktsrabbinat Würzburg
zugeteilt. 1932 waren die Vorsteher weiterhin die 1924 genannten Personen
(s.o.). J. Forchheimer ist dabei in der Funktion als "Schatzmeister"
eingetragen.
Unter den jüdischen Persönlichkeiten der 1920er-Jahre sind u.a. zu
nennen: Herta Mannheimer (geb. 1891 in Bütthard/Ufr.), seit 1905 mit
ihrer Familie in Heidingsfeld, wo der Vater einen Handel mit Mehl und
Landesprodukten eröffnete; wurde 1924 als Stadträtin in Heidingsfeld gewählt
(damals einzige Frau im Stadtrat); 1937 nach Holland emigriert; 1943 von
Amsterdam über Westerbork nach Auschwitz deportiert und ermordet (Stolperstein
Kirchgasse 12; Link zu Stolpersteine
Würzburg). An sie erinnert der "Herta-Mannheimer-Weg".
Gleichfalls ist der 1874 in Heidingsfeld als Sohn des Lehrers Freudenberger
geborene Felix Freudenberger zu nennen; er war seit 1899 Buch- und
Schreibwarenhändler in Würzburg und wurde 1912 für die SPD in den Stadtrat
Würzburg gewählt. 1918 stand er an der Spitze des Arbeiter- und Soldatenrates;
von 1919 bis zu seinem Tod 1927 war er Mitglied des bayrischen Landtags (Frau
Rosa Freudenberger wurde in Auschwitz ermordet).
1933 lebten noch ca. 60 jüdische Personen in Heidingsfeld. Die
Auflösung der Gemeinde war absehbar. Im August 1934 wurde das alte
Gemeinde-Archiv dem Verband der Israelitischen Gemeinden in München übergeben.
Im April 1937 hatte die jüdische Gemeinde noch 40 Mitglieder. Im Oktober
1937 wurde durch den Verband der Bayerischen Israelitischen Gemeinden die
Israelitische Kultusgemeinde in Heidingsfeld aufgelöst (siehe Artikel unten).
Die am Ort noch lebenden acht jüdischen Familien wurden der Gemeinde Würzburg
zugeteilt. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt
(s.u.), auch wurden die Häuser mehrere jüdischer Familien verwüstet. Zwei
jüdische Männer wurden in das KZ Buchenwald verschleppt.
Von den in Heidingsfeld geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch einige Namen aus R. Strätz,
Biographisches Handbuch Würzburger Juden und aus der Liste von
"Stolpersteine Würzburg"): Mina
Bergenthal geb. Schwarzenberger (1870), Regina Bergenthal geb. Lehmann
(1869), Jette (Henriette) Eppstein geb. Hirnheimer (1865 - Ehemann Nathan Eppstein war nach 1927
Friedhofspfleger der Gemeinde Heidingsfeld, gest. 1942 in Würzburg), Selma
Flörsheimer geb. Strauss (1876) Fanny
Frank geb. Fuchs (1890), Hanna
Frank (1871), Meier (Maier, Markus) Frank (1872), Max Frank (1908), Emil Frankenfelder (1874), Raphael
Frankenfelder (1885), Dr. Hermann Freudenberger (1875), Julius Freudenberger
(1866), Rosa Freudenberger geb. Frankenfelder (1872), Cäcilie (Cilli) Gerstle
(1881), Henriette Hammer geb. Bachmann (1851), Bertha Hoffmann geb. Bachmann
(1881), Jette Kahn geb. Freudenberger (1872), Paula Kirschner geb. Bachmann
(1879), Herta Mannheimer (1891), David Menko (1866), Lina Rosenbaum geb. Stern
(), Martha Schwarz geb. Forchheimer (1903), Rosa Uhlfelder (1854), Rosi Weißbacher geb. Bergenthal (1899).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte
des Rabbinates in Heidingsfeld
Über Rabbiner Arje Löb Rapoport (Rabbiner in
Heidingsfeld ab 1742; Artikel von 1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März
1900: "Die Rabbinerfamilie Rapoport in Deutschland
(Fortsetzung). Aus der Ehe des Baruch Kohn Rapoport (Anmerkung:
derselbe war etwa 1668 geboren und nicht 1688, wie oben S. 6 irrtümlich
angegeben ist; er stand demnach 1706 im 38. Lebensjahr) in Fürth und
der Sara Chaja aus Grodno gingen drei Söhne und vier Töchter hervor. Der
älteste Sohn Löb Rapoport wurde ums Jahr 1693 geboren. Wenn die
Angaben Carmoly's stimmen (sc. Eljakim Carmoly: Ha-Orebim u-Bene Jona.
Genealogie der Familie Rapoport. Rödelheim 1861 S. 18) richtig sind,
so hatte er sich durch Heirat ein großes Vermögen erworben, das jedoch
in der Geschäftsgemeinschaft mit dem Hofjuden Gabriel Fränkel in Fürth
wieder verloren ging. Er musste deshalb nach einem Erwerbszweig sich
umsehen und nahm das Rabbinat der vier Gemeinden Ottensoos,
Schnaittach, Forth
und Hüttenbach mit dem Sitz in Schnaittach
an. Von da wurde er 1742 nach Heidingsfeld als Rabbiner des
Würzburger Kreises berufen, nachdem die von sämtlichen Vorgängern der
hochstiftlichen Judenschaft per vota majora geschehene Wahl am 10. August
1742 durch Fürstbischof Friedrich Karl bestätigt war. Dort stand er in
hohem Ansehen und erwarb sich innerhalb seines Wirkungskreises die
Anerkennung und Verehrung aller derjenigen, die unter seiner geistlichen
Führung standen.
Im hohen Alter von 87 Jahren ging er am Sonntag, den 16. Ijar (21. Mai)
1780 zu seinen Vätern ein und wurde in Allersheim
beerdigt.
Das Memorbuch in Heidingsfeld widmet ihm den ehrenvollen
Nachruf..." . |
Erinnerung an Rabbiner Simon Fränkel 1902
Artikel
zu den Gedenktagen im Monat Nissan (März/April 1902) in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 3. April 1902: "Rosch-Chodesch Nissan
(Monatsbeginn Nissan). Dienstag, 1. Nissan. An diesem Tage Fasten in
Erfurt, - Lemle Reinganum, Klausgründer in Mannheim, gest. 1. Nissan 5484
(25. März 1724). - Simon Fränkel, Rabbiner in Heidingsfeld, gest.
1. Nissan 5487 (23. März 1727)." |
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Zum Tod von Lehrer Nathan Freund
(1868, war um 1830 5 Jahre Lehrer in Heidingsfeld)
Artikel
in "Der Israelit" vom 12. August 1868: "Heidingsfeld (Bayern).
(Ungern verspätet.) Ein teures Leben ist dahingegangen in Israel! Ein edles
Herz hat zu schlagen aufgehört! Gerne möchte ich schweigen von der
Trauerkunde, von dem im 67. Lebensjahr erfolgten Heimgange des gewiss einem
großen Teile des Leserkreises dieser Blätter rühmlichst bekannten
Lehrers Nathan Freund in Rimpar
bei Würzburg; aber verschwunden ist der Gerechte (Zadik) für sein
verschwindendes Geschlecht und gewiss dieser Gerechte (Zadik) ist
wert, von ganz Israel betraut zu werden. Von unbemittelten Eltern in
Wittelshofen in Mittelfranken
geboren, besuchte er in seinen Jünglingsjahren die Hochschule des berühmten
Hagaon Abraham Bing das Andenken an den Gerechten ist zum Segen (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Bing) und war einer von dessen
hervorragenden Schülern. Die profanen Wissenschaften studierte er unter
Leitung der damaligen gelehrtesten Professoren der Würzburger Universität.
Die gründliche Gelehrsamkeit in Schas und Posekim, ganz
besonders aber die eminent Sprachkenntnisse, namentlich in der hebräischen
und chaldäischen Sprache dieses Mannes, seine Universalbildung und seine so
tief wurzelnde G"ttesfurcht, seine Herzensgüte verbunden mit der
aufopfernsten Wohltätigkeit und Spendenbereitschaft (frei
übersetzt) sind allen bekannt, die ihm näher standen. - Als Lehrer
wirkte er erfolgreich in Theilheim,
hierauf circa fünf Jahre in Heidingsfeld,
wo Einsender (sc. dieses Artikels) auch so glücklich war, zu seinen
Schülern zu gehören und zuletzt in Rimpar,
wo er 35 Jahre als Gesetzeslehrer (sc. zur Klärung von halachischen
Problemen berechtigte Person) und Vorbeter segensreich wirkte und
durch seinen so gründlichen Unterricht und seine so glückliche Vorsorge für
die religiösen Institutionen, durch sein eifriges Bemühen, Herz und Sinn von
Klein und Groß im Sinne unserer heiligen Religion auszubilden, Rimpar
zu einer Mustergemeinde hervorhob. Dabei beschäftigte er sich, wenn seine
Berufsgeschäfte es ihm erlaubten, trotz seiner schon vieljährigen
Kränklichkeit, unausgesetzt mit dem Torastudium. - Wie er lebte, so starb
er; mit gottergebener Geduld harte er auf seinem höchst schmerzvollen
Krankenlager aus; bis zu den letzten Stunden genoss er nichts ohne Vor- und
Nach-Bracha (= Segensspruch)! Fortwährend flüsterten die heiligen
Lippen, welchen trotz der heftigsten Schmerzen kein Seufzer entfuhr,
Worte der Tora. Wenn solche Sterne in Israel erbleichen, wem blutet da
nicht das Herz von unaussprechlicher Wehmut? Das bezeugten auch heute seine
Gemeindeglieder, von denen viele seiner Schüler waren, und viele andere
seiner guten Freunde und Gönner, als sie schluchzend und wehklagend den Sarg
des geliebten Lehrers umstanden, - Zadikim werden oft mehr geachtet, wenn
sie unter den Toten als unter den Lebenden sind (frei übersetzt) - und
gewiss wurde heute an seinem Grabe noch bei Manchem der Entschluss, den
Lehren des Seligen unwandelbar treu zu bleiben und hiermit dessen Andenken
am besten zu ehren, nochmals besiegelt und befestigt! Der Gemeinde Rimpar
aber wünschen wir von Herzen wieder einen Mann, in dem sie, bin auch nur
einigermaßen, Ersatz für ihren so schweren Verlust finden möge. ER (=
G"tt) macht verschwinden den Tod auf immer (Jesaja 25,8).
Heidingsfeld, am 18. Tamus. G-dt." |
Ausschreibung der Elementarlehrerstelle, verbunden mit Vorbeter- und
Schächterdienst 1893
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1893:
"Unsere frühere Annonce ziehen hiermit zurück und sagen der Herren
Bewerbern besten Dank. Dagegen st die hiesige Elementarlehrerstelle,
verbunden mit Vorsänger- und Schächterdienst pro 1. Januar
1894 neu zu besetzen. Der Lehrergehalt beträgt Mark 600.-, welcher sich
durch Staatszuschuss bedeutend erhöht, Mark 200.- nebst schöner,
geräumiger Wohnung als Vorsänger, nebst den nicht unbedeutenden
Schächtgeldern und sonstigen Nebeneinkommen. Geeignete Bewerber (ledige
bevorzugt), welche staatlich geprüft und genannte Funktionen mit
übernehmen wollen, blieben ihre Offerten, mit Zeugnisabschriften belegt,
an die Unterzeichnete einzusenden. Kultus-Verwaltung Heidingsfeld." |
50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Adler 1879 (Lehrer in Heidingsfeld seit
1839)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit " vom 30. April 1879:
"Würzburg. Der israelitische Volksschullehrer Herr Adler zu
Heidingsfeld feierte am 22. dieses Monats sein fünfzigjähriges
Dienstjubiläum. Derselbe wurde nachmittags 4 Uhr von der Geistlichkeit in
seiner Wohnung abgeholt und in den festlich dekorierten Rathaussaal
geleitet. Daselbst empfind er durch Herrn Regierungsrat Nickels im Auftrag
Seiner Majestät des Königs den Ludwigsorden für die mit Treue und Eifer
geleisteten langjährigen Dienste. Bei der Übergabe dieser Allerhöchsten
Auszeichnung heilt Herr Regierungsrat Nickels eine tief ergreifende Rede,
woran sich noch eine Ansprache des Herrn Bürgermeister Otto anschloss.
Sodann wurde Herrn Adler von den Herren Deputierten der israelitischen
Kultusgemeinde ein prachtvoller Pokal überreicht. Nach Beendigung dieser
Feierlichkeit begaben sich sämtliche Teilnehmer in die Reuter'sche
Brauerei zum Festmahl, bei welchem Musik- und Gesangvorträge, Reden und
Toaste, auf den gefeierten Jubilar ausgebracht, in bunter Reihe
abwechselten. Auch liefen verschiedene Telegramme von Nah und Fern ein, in
denen dem Jubilar (der bereits 40 Jahre als Lehrer in Heidingsfeld tätig
ist), für die so seltene Feier die besten Glückwünsche dargebracht
wurden. Die Festlichkeit verlief in der gehobensten Stimmung und trennten
sich die Gäste erst nach Mitternacht." |
Lehrer Hirsch Goldstein, Vorsitzender des
Israelitischen Lehrervereins für Bayern, lädt zur nächsten Generalversammlung
ein (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1901: "Heidingsfeld,
17. Juli. Montag, den 29. Juli, Vormittags 9 Uhr, findet im Saalbau
des Hotel Goldschmidt in Würzburg die 22. Generalversammlung des
'Israelitischen Lehrervereins für das Königreich Bayern' statt. Die
Tagesordnung lautet: 1. Begrüßungen. 2. Berichterstattung des
Vereinsvorstandes. 3. Festsetzung des Unterstützungsteils (Paragraph 10
der Satzungen.) 4. Neuwahl der Verwaltung. 5. Vorträge: 1) Die Tätigkeit
des Lehrers für kulturelle Bestrebungen innerhalb der Judenheit,
insbesondere für Erweckung des Interesses für Handwerk und Bodenkultur;
Referent N. Blatt - Obbach, Korreferent: J. Wahler -
Hörstein; 2) Der
jüdische Schreibunterricht; Referent: S. Blumenthal - Rimpar.
Die
Herren Kollegen werden ersucht, die Versammlung recht zahlreich zu
besuchen und auch die außerordentlichen Mitglieder und Gönner des
Vereins hierzu einzuladen.
Die Verwaltung: H. Goldstein, Vorsteher. A.
Mandelbaum, Schriftführer." |
Verabschiedung von Lehrer Hirsch Goldstein 1913 (Lehrer in Heidingsfeld seit
1895)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. November
1913: "Heidingsfeld. Infolge seiner Pensionierung hat Hauptlehrer H.
Goldstein den Ort seines 19jährigen segensreichen Wirkens verlassen. Mit
Bedauern sieht die jüdische Gemeinde ihren Lehrer scheiden, denn in
strenger Gewissenhaftigkeit und wahrer Pflichttreue hat er seines Amtes
gewaltet und ist jederzeit mit Wärme für die Interessen der Gemeinde
eingetreten. Die Gemeinde ließ durch die Verwaltung in Würdigung der
geleisteten Dienste einen silbernen Pokal als Zeichen der Dankbarkeit
überreichen. Es geht nun der allgemeine Wunsch dahin, dass es Herrn G.
vergönnt sein möge, in seinem neuen Domizil zu Würzburg in
körperlicher Rüstigkeit und Geistesfrische im Kreise seiner werten
Familie noch einen schönen Lebensabend zu genießen und sich der wohl
verdienten Ruhe noch viele Jahre zu erfreuen. G. " |
Ergänzende Angaben nach Strätz,
Biographisches Handbuch Würzburger Juden I,200: Hirsch Goldstein ist
geb. am 22.9.1854 in Bischwind/Ufr. und gest. am 15. Juli 1929 in
Würzburg. Er hatte an der ILBA 1873 Examen gemacht und war seit 1895 in
Heidingsfeld als Hauptlehrer an der jüdischen Volksschule tätig. Er war
Vorsitzender des Israelitischen Lehrervereins für Bayern (siehe oben
stehender Artikel).
Vor Heidingsfeld war Goldstein Lehrer an der Israelitischen Volksschule
und Leiter eines "Israelitischen Unterrichtsinstitutes" in Maßbach,
woher seine Frau Regina geb. Marx stammt (verh. 1880) und die Kinder Louis
(geb. 1881), Alfred (geb. 1882) und Max (geb. 1883) geboren sind. |
Zum Tod von Hauptlehrer Hirsch Goldstein (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juli 1929: "Würzburg,
15. Juli (1929). Heute starb dahier Herr Hauptlehrer H. Goldstein, früher
in Heidingsfeld, langjähriger Vorstand des bayrischen jüdischen
Lehrervereins; er wurde Mittwoch in Höchberg beerdigt. Jeden Nachruf
verbat er sich. Wenn Freunde und Kollegen ihm einen Schiur
(religiöse Lernstunde) lernen wollen, so entspricht das gewiss seinem
frommen Sinne." |
Spendenaufruf von Lehrer Simon Grünfeld (1915)
Anmerkung (Angaben aus Strätz: Biographisches
Handbuch Bd. I S. 213): Lehrer Simon Grünfeld (geb. 20. März 1872 in
Tauberrettersheim als Sohn des dortigen Viehhändlers Seligmann Grünfeld und
der Babette geb. Ehrlich) war Schüler der ILBA Würzburg (Examen 1892). Er
unterrichtete zunächst u.a. in Kleinwallstadt. Ab 1913 war er als Nachfolger
von Hirsch Goldstein an der Israelitischen Volksschule in Heidingsfeld tätig.
Nach einer schweren Erkrankung 1925 trat er wenig später in den Ruhestand. Er
emigrierte im Mai 1939 nach Tel Aviv. Er war verheiratet mit Lea geb. Jameson
(geb. 10. November 1892 in London).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Januar 1915: "Hilfe!
Eine achtbare Familie, die einer angesehenen Toragelehrtenfamilie
entstammt, ist unverschuldet in eine sehr bedrängte Lage geraten, sodass
schleunige Hilfe dringend not tut. Gutherzige, Wohltätigkeit
übende Menschen bitten um Gaben für dieselbe
Lehrer S. Grünfeld in Heidingsfeld bei Würzburg.
Auch die Redaktion ist bereit, Gaben in Empfang zu
nehmen." |
Das Lehr- und Handelsinstitut des Lehrers Jakob Freudenberger - Anzeigen 1861 /
1865 / 1869 / 1879
Lehrer Jakob Freudenberger betrieb in Heidingsfeld für einige Jahre
eine "Israelitische Lehr- und Erziehungsanstalt" bzw. ein "Lehr-
und Handelsinstitut". Nach Angaben bei Strätz, Biographisches Handbuch Bd.
I S. 171 ist Jakob Freudenberger am 3. Dezember 1827 in Unterleinach geboren
(muss wohl in 1828 korrigiert werden, siehe Artikel zu seinem 80. Geburtstag!).
Spätestens seit 1855 war er Lehrer in Heidingsfeld. Er war verheiratet mit Sara
geb. Bacharach (geb. 1835 in Heidingsfeld, gest. 1902 in Heidingsfeld). Von den
Kindern Jenny (1859), Markus (1860), Aron (1863), Julius (1866), Hannah (1868),
Esther (1870), Jette (1872), Felix (1874), Hermann (1875), Sophie (1879), Fanny
(1880) wurden mehrere Lehrer oder waren mit Lehrern verheiratet. Im Einzelnen
siehe Angaben bei Strätz a.a.O.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1861: "Israelitische
Lehr- und Erziehungsanstalt in Heidingsfeld bei Würzburg. Zu
bevorstehendem Semester, welches am 7. Oktober beginn, beehrt sich der
Unterzeichnete, auswärtigen Eltern und Pflegeeltern die Errichtung seiner
Lehr- und Erziehungsanstalt in hiesiger Stadt kund zu geben. Das
desfallsige Vertrauen der dasigen israelitischen Familien schon seit
Jahren genießend, wird er stets bemüht sein, das Gedeihen dieser Anstalt
zu fördern.
Auch Zöglingen, die sich dem Schulfache hinneigen, dürfte es von
besonderem Interesse sein, durch diese Anstalt, welche durch hohe
Regierungsentschließung der Beaufsichtigung der königlichen Schulbehörden,
sowie hinsichtlich des Religionsunterrichtes der Überwachung des Herrn
Distrikts-Rabbiners Bamberger in Würzburg unterstellt ist, die erforderliche
Vorbereitung erlangen zu können. Nähere besagt der Prospektus, den auf
Verlangen übersendet J. Freudenberger, Instituts-Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. April 1865: "Lehr-
und Handelsinstitut in Heidingsfeld bei Würzburg. Mit dem 24. April
dieses Jahres beginnt das Sommersemester an der Anstalt des
Unterzeichneten. - Zugleich ist mit dieser Anstalt ein Vorbereitungskurses
für Schullehrlinge verbinden J. Freudenberger, Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Oktober 1869: "In
der Lehr- und Erziehungsanstalt der Unterzeichneten wird ein Lehrer
gesucht, der befähigt ist, in Talmud und Tanach (Bibel), sowie in
der deutschen Sprache und den Realien gründlichen Unterricht zu erteilen.
Demselben wird Gelegenheit geboten, die 1/2 Stunde entfernte Universität
zu frequentieren. Eintritt 1. November. Näheres bei J. Freudenberger
in Heidingsfeld bei Würzburg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1879:
"In meiner Privat- Erziehungs- und Unterrichtsanstalt dahier
finden noch immer Zöglinge Aufnahme, welche sich für das Geschäft oder
Lehrfach, sowie für das Examen zum Einjährigfreiwilligen Dienst
heranbilden wollen. Referenzen bei Herrn Rabbinatsverweser Bamberger in
Würzburg. Prospekte stehen gratis zu Diensten bei J. Freudenberger,
Heidingsfeld." |
80. Geburtstag des Lehrers Jakob Freudenberger (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1908: "Heidingsfeld,
30. November (1908). Herr Lehrer Freudenberger dahier feierte am 14.
Kislew seinen 80. Geburtstag. Wir wollen nicht unterlassen, auch an dieser
Stelle dem allseitig geachteten und geliebten Lehrer die Wünsche seiner
dankbar Gemeinde, die lange in ihm einen treuen Führer hatte, zum
Ausdruck zu bringen." |
Aus dem jüdischen Vereinsleben
Sijum-Feier des Talmud-Lern-Vereins (1847)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 1. Juni 1847
(das Hebräische ist teilweise schlecht lesbar, daher wird teilweise etwas
freier übersetzt): "Heidingsfeld (bei Würzburg) am
Ausgang von Schawuoth. Vor einigen Jahren hat der 'treue
Zionswächter' die Begründung eines Talmud-Lernvereins gemeldet. Wir
freuen uns, berichten zu können, dass diesen Nachmittag ein Sijum-Fest...
feierlichst begangen wurde. Die Festlichkeit ward durch die Gegenwart
unseres hochgeachteten, ehrwürdigen Herrn Distrikts-Rabbiners Seligmann
Bär Bamberger besonders erhöht, welcher durch viele Torazitate
usw. die sämtlichen Anwesenden aufs Angenehmste unterhielt und zum
ferneren eifrigen Talmudstudium ermunterte. Dass dieses seitherige
Mischna-Lernen auf das praktische, religiöse Leben der Vereinsmitglieder
schon den wohltätigsten Einfluss übte, ist
unverkennbar." |
50-jähriges Bestehen des Vereins Chewrat
Bachurim (Jungmännerverein) 1890 -
verbunden mit der Feier der 50jährigen Amtstätigkeit des Vereinsgründers
Samuel Romann
(vgl. unten den Bericht zum Tod von Samuel Romann
1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1890:
"Heidingsfeld, 6. Januar (1890). Eine erhebende, schöne Feier
vereinigte am Montag, den 6. Januar die Mitglieder der hiesigen Chewrat
Bachurim. Es galt der Jubiläumsfeier des Vereins und der 50jährigen
Amtstätigkeit des Gründers und Vorstehers derselben, Herrn Samuel Romann
dahier.
Im Jahre 1840 verbanden sich mehrere hiesige junge Leute, um einen Verein
zu begründen, der sich Wohltätigkeit Pflicht für die Armen
der Stadt in echt jüdischem Sinne zur Aufgabe stellte. Aus
bescheidenen Anfängen hervorgegangen, verdankte dieser Verein sein
kräftiges Emporblühen der rührigen Tätigkeit seines Vorstandes. Um
diesen Mann zu ehren und ihm den wohlverdienten Dank zu zollen, haben sich
die Vereinsmitglieder zu einer Festfeier an diesem Gedenktage
eingefunden.
Eingeleitet wurde diese Freier durch einen Festgottesdienst in der
Synagoge. Eine besondere Weihe wurde dem Feste noch verliehen durch die
Anwesenheit des Herrn Distriktrabbiners Bamberger, welcher den Jubilar in
die Synagoge begleitete und daselbst in einer gehaltreichen Festpredigt
die hohen Verdienste des Vereins und dessen Vorstandes hervorhob. Mittags
versammelten sich die Vereinsmitglieder zu einem solennen Festmahle im
Schulhause, wo dem Jubilar ein prachtvoller Pokal mit sinniger Aufschrift
überreicht wurde. Da Herr S. Romann auch Vorsteher der israelitischen
Kultusgemeinde ist, war die Beteiligung an seinem Ehrenfeste eine
allgemeine und liefen Glückwünsche von Nah und Fern ein. Im Namen der
gesamten Schuljugend überreichte das Töchterchen des Herrn Lehrer
Freudenberger mit einer kurzen herzlichen Ansprache dem Jubilar einen
Blumenstrauß. Der erste Toast, der von Herrn Lehrer Freudenberger
ausgebracht wurde, galt Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzregenten. Ernsten
und heiteren Inhalts folgten dann Toast auf Toast und kam dabei die
allgemeine Liebe und Achtung, deren sich der Jubilar in der ganzen
Gemeinde erfreut, zum Ausdruck. Der Tendenz des Vereins entsprechend wurde
auch an diesem Tage der Armen und Notleidenden nicht vergessen. Möge dem
Jubilar noch eine lange Zeit zur Erinnerung an diesen Tag beschieden
sein." |
Berichte /
Anzeigen zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Toraschreiber A. Goldschmidt sucht einen Lehrling
(1847)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 27. Juli 1847:
"Unterzeichneter wünscht einen jungen, ordentlichen Menschen von
religiöser Erziehung unter billigen Bedingungen in die Lehre zu nehmen.
Anmeldungen werden franco erbeten.
A. Goldschmidt Toraschreiber - Schreiber von Torarollen,
Tefillin und Mesusot
in Heidingsfeld bei Würzburg". |
J. Friedlein empfiehlt sich als Mohel (Beschneider) (1879)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1879: "Ich
empfehle mich als Mohel. Sehr gute ärztliche Zeugnisse stehen mir zur
Seite. Seine Ehrwürden Herr Rabbinats-Verweser Nathan Bamberger in
Würzburg, sowie Herr Rabbi Isaak Gutmann dahier, haben die Güte, nähere
Auskunft über mich zu erteilen. J. Friedlein in Heidingsfeld am
Main." |
Anzeige des Eisengeschäftes S. Bachmann & Co.
(1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Mai 1889: "Eisengeschäft.
Wir suchen für unser Comptoir und Magazin einen angehenden Commis oder
Volontair zum sofortigen Eintritt oder 15. Mai. Kost und Logis im Hause.
Samstage und Feiertage geschlossen.
S. Bachmann & Co.
Heidingsfeld am Main." |
Anzeige von J. Friedlein (1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai
1889: "Gesucht wird gegen bescheidenes Honorar für eine angehende Ladnerin
der Kurz- und Schuhwarenbranche eine Stelle in einem jüdisch-religiösen
Hause. Näheres bei
J. Friedlein in Heidingsfeld am Main".
|
Empfehlung eines Schadchen (Heiratsvermittlers) aus
Heidingsfeld und ergänzende Anzeige von Lehrer J. Freudenberger
(1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 12. Juni 1889: "Ein in allen Kreisen eingeführter Schadchen
empfiehlt sich zur Vermittlung von nur reellen Partien mit beliebigen
Mitgiften. Offerten unter 'Schadchen 519' postlagernd Heidingsfeld."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juni 1889: "Berichtigung.
Wiederholten Anfragen zu begegnen erkläre ich hiermit, dass das schön
öfters im 'Israelit' enthaltene Inserat: 'Schadchen, postlagernd Heidingsfeld'
betreffend, nicht von mir herrührt, und ich überhaupt mit dem anonymen
Einsender desselben in keinerlei Verbindung stehe. Briefe an mich wolle
man nur unter meiner Adresse aufgeben.
J. Freudenberger, Lehrer in
Heidingsfeld". |
Zum Tod von Frau Nathan geb. Goldschmidt aus Heidingsfeld
(gest. in Hamburg 1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1891: "Hamburg.
Die Frommen, sagt Maimonides, bedürfen keiner Monumente, ihre guten Taten
sind der beste Gedenkstein. Eine wackere Frau im schönsten Sinne
des Wortes, eine wahre tüchtige Frau, die Frau unseres
allverehrten und allgeliebten Herrn Dr. S. P. Nathan, eine geborene Goldschmidt
aus Heidingsfeld in Bayern schied nach vollendetem 70. Lebensjahre
am vorletzten Freitag zur Zeit des Schabbateingangs aus diesem
Leben, betrauert von der ganzen Gemeinde. Das beredteste Zeugnis ihrer
außerordentlichen Beliebtheit war die endlose, bei dem
Leichenbegängnisse einer Frau wohl noch niemals hier gesehene
Menschenmenge, die dem Trauerzug folgte. Es kann an dieser Stelle nicht
geschildert werden, was diese edle Frau ihrem Manne, was sie den Armen,
was se überhaupt ihren Mitmenschen war. Ihre unbegrenzte Wohltätigkeit
und die liebevolle Weise, in der sie dieselbe übte, ihre stet
Bereitwilligkeit zu Werken der Menschenliebe, ihre Liebenswürdigkeit und
Leitseligkeit gegen Jedermann gewannen ihr die Herzen aller. Mit inniger
Andacht verrichtete sie die täglichen Gebete und versäumte nie eines
derselben. Alle religiösen Frauenpflichten beobachtete sie mit seltener
Pflichttreue. Möge der Allgütige ihrem tief gebeugten Gatten Trost
spenden; ihrer aber wird stets segnend gedacht werden. Das Andenken an
die Fromme ist zum Segen." |
Zum Tod von Samuel Romann, Gemeinde- und
Vereinsvorsteher (1891)
(vgl. oben: Feier des 50jährigen Bestehens des Vereins
Chewrat Bachurim 1890)
Hinweis: aus der Familie Romann stammt auch der später Landrabbiner in Kassel
Dr. Philipp Romann, geb. 1810 in Heidingsfeld, gest. 1842 in Kassel. Weiteres
auf der Seite www.alemannia-judaica.de/kassel_rabbiner.htm.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. November 1891:
"Heidingsfeld, im (Monat) Marcheschwan. Unsere alte,
ehrwürdige Gemeinde hat den Verlust eines ihrer ältesten, getreuesten
Mitglieder zu beklagen. Unser allverehrter, greiser Kultusvorstand, Herr
Samuel Romann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
vollendete in Dieburg, wo er zum
Besuche seiner daselbst verheirateten Tochter sich befand, seine
gottgefällige irdische Laufbahn. Trotzdem der Dahingeschiedene das hohe
Alter von 81 Jahren erreichte, hat dessen Hintritt nicht nur bei seinen
Angehörigen, sondern auch in der ganzen hiesigen Gemeinde die
schmerzlichste Trauer erweckt. Ein Bruder des ehemaligen Kasseler
Landrabbiners, Dr. Ph. Romann - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen - hat er alle Tugenden in sich aufgenommen, welche der große
Bruder durch Beispiel und Lehre ihm einflößte. Zwanzig Jahre hindurch an
der Spitze der hiesigen Gemeinde und über fünfzig Jahre Vorsteher der
von ihm zur Betätigung von Wohltätigkeit an verschämte Arme
gegründeten Chawerat Bachurim, leitete er die Angelegenheiten
derselben mit unermüdlichem Fleiße und beispielhafter Ordnung und
Pünktlichkeit. Die letzten Jahre seine Lebens waren seit Aufgabe seines
Geschäftes ausschließlich den Bedürfnissen der Gemeinde
gewidmet, und versah er noch an den jüngst verflossenen heiligen ernsten
Tagen (sc. Tage von Neujahrsfest bis Versöhnungstag) das Amt eines ehrenamtlichen
Vorbeters mit Aufgebot seiner letzten Kräfte. Eine Deputation
der hiesigen Gemeinde hatte sich zu seinem Begräbnis in Dieburg
eingefunden, um ihm die wohl verdiente letzte Ehrenbezeugung zu erweisen.
Am Grabe brachte Herr Lehrer Freudenberger aus Heidingsfeld und Herr
Lehrer Kaufmann aus Dieburg in tief empfundenen Worten die allgemeine
Trauer um den edlen Dahingeschiedenen zum Ausdruck. 'ER (Gott) macht
verschwinden den Tod für immer...' (Jesaja 25,8)." |
Krankenpflegerin Herta Mannheimer wird mit dem Ludwigskreuz ausgezeichnet
(1917)
Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2.
März 1917: "München. Distriktsrabbiner Dr. Cohn - Burgpreppach,
Rabbinersgattin Mathilde Meyer - Regensburg und Krankenpflegerin Herta
Mannheimer aus Heidingsfeld wurden mit dem Ludwigskreuz
ausgezeichnet |
Anzeige des Sofer (Torarollen-Schreibers) Nathan Eppstein (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928:
"Meinen verehrten Kunden teile ich hierdurch mit, dass ich von
Greußenheim nach Heidingsfeld verzogen bin. Ich halte mich
weiterhin für Lieferung von Tefillin, Mesusos usw. und Sofer-Arbeiten
jeder Art in bekannter gewissenhafter Ausführung bestens empfohlen.
(Referenzen orthodoxer Rabbiner stehen zu Diensten). Nathan Eppstein,
Sofer, Heidingsfeld, Johannitergasse 14." |
Angaben zur Person (nach Strätz I S.
134): Nathan Eppstein (geb. 1865 in Mönchsroth als Sohn des
Toraschreibers Simon Eppstein, gest. 1942 in Würzburg), war neben seinen
Tätigkeiten als Toraschreiber als Kaufmann, auch als Hausierer/Reisender
unterwegs. 1891 hatte er ein Kolonialwarengeschäft in Greußenheim
übernommen, 1928 kam er nach Heidingsfeld und war hier auch als
Friedhofspfleger der israelitischen Gemeinde Heidingsfeld tätig. Bis 1938
betrieb er auch einen Hausierhandel mit Wäsche. Seit März 1939 im
Israelitischen Pfründnerheim Würzburg Dürerstr. 20. Seine Frau Jette
geb. Hirnheimer, geb. 1865 in Greußenheim ist 1943 im Ghetto
Theresienstadt umgekommen. |
30-jähriges Jubiläum der Fa. S. Schwarzenberger Manufaktur- und Modewaren
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929: "Heidingsfeld,
31. Januar (1929). Die Firma S. Schwarzenberger, Manufaktur- und Modewaren
Heidingsfeld - Würzburg, kann am 4. Februar auf ein 30-jähriges Bestehen
zurückblicken." |
Verlobungsanzeige von Betty Grünfeld und Selig Wolf
(1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1933: "Statt
Karten
Hauptlehrer Simon Grünfeld und Frau Leah geb. Jamson
Rabbiner Dr. Wolf und Frau Helene geb. Auerbach beehren sich,
die Verlobung ihrer Kinder Betty und Selig bekannt zu geben. Heidingsfeld
und Köln Adar 5693.
Betty Grünfeld - Selig Wolf. Verlobte. Fürth /
Heidingsfeld - Siegburg / Köln." |
Nach 1945 in den USA: Todesanzeige für Max Newman (1949)
Anmerkung: Max Neumann ist am 24. Mai 1878 in Künzelsau
geboren. Er zog 1923 von Künzelsau nach Heidingsfeld und ist vermutlich Ende
des 1930er-Jahre in die USA emigriert. Er war verheiratet mit Rosa geb. Hilder,
die am 21. Oktober 1881 in Heidingsfeld geboren ist. Die beiden hatten zwei noch
in Künzelsau geborene Söhne: Herbert (geb. 1910, gest. Juli 1985) und Julius
(geb. 1912, gest. Mai 1957). Angaben nach Strätz Biographisches Handbuch und
Social Security Death Index.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 22.
April 1949:
"Am 15. April 1949 verschied nach kurzem Leiden im 71. Lebensjahr
mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Grossvater, Bruder
und Onkel
Max Newman
früher Würzburg Heidingsfeld.
Im Namen der Hinterbliebenen: Rosa Newman geb. Hilder, 274 Seymour
Ave., Newark 8, N.J." |
Aus den "Mescholim"
von S. Brückheimer in Marktbreit (1930)
(nur die ersten beiden, sich auf Heidingsfeld beziehende Geschichten sind
ausgeschrieben)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1930: "Mescholim.
Nachlese. Von S. Brückheimer in Marktbreit. 1. Als vor Jahrzehnten das
weit bekannte Heidingsfeld noch eine 'Mutter' war in Jisroel, da
bestand dort auch noch eine Maariw-bismano-Chewroh (wörtlich: 'Abendgebet-zu
seiner Zeit-Verein'). Einmal im Jahre versammelten sich deren
Mitglieder zu der Chewroh S'udoh (Vereinsversammlung), die einem
Hochzeitsgelage glich. Und weil der Teilnehmer viele waren, und es am
Raume mangelte, erhielt jeder einen tag zuvor eine vielfarbige, mit einer
Nummer versehene Marke, die den Tischplatz bezeichnete. Jakob Hirsch, von
dem man nie recht wusste, ob er ein wenig kindisch sei oder nur andere zum
Narren halten wollte, gefiel dieses wie ein Regenbogen schimmernde
Papierchen sehr wohl und er steckte es mit einer Nadel an den
Fenstervorhang.
Nicht lange danach besuchte König Ludwig I. dieses alte Städtchen. Alle
Vereine, die Feuerwehr, der Kriegerverein und alle die anderen waren
aufgefordert worden, Spalier zu bilden. Und wer auch nur so ein Bändchen,
Abzeichen oder gar einen Orden hatte, trug sie auf der Brust auf dem
schwarzen Rock.
Als Jakob Hirsch die so Geschmückten an seinem Haus vorbeigehen sah, fuhr
ihm ein selbstbewusstes Lächeln um den Mund. Er lief zum Schrank, zog
seinen Jomtof-(Feiertags-)Anzug an und heftete die noch blinkende
Tischmarke von der Chewroh-S'udoh an den Gehrock. Dann eilte er vor
das Rathaus, stelle sich dort in eine der vordersten Reihen und verfolgte
aufmerksam die Begrüßungsreden. Als die Feier ihrem Ende sich zuneigte,
schritt König Ludwig die Reihen entlang, den und jenen nach dem Grunde
seiner Auszeichnung fragend. Und der Zufall ließ ihn auch vor Jakob
Hirsch stehen bleiben.
'Und wo hat Er diesen Orden her?' fragte der Fürst, der sich sicher nicht
soviel Zeit genommen hatte, jedes Abzeichen genau zu betrachten. Jakob
Hirsch stellte sich in Positur, und mit kräftiger Stimme erscholl seine
Antwort: 'Von der Maariw-bismano-Chewroh!' |
2.
War es nun gleich anschließend an dieser Feier oder war es an einem
anderen Orte - jedenfalls ist es verbürgt, dass Ludwig I. einmal eine
Synagoge besuchte und sich von dem Vorstande das und jenes erklären
ließ. Auch an die sonstigen Anwesenden richtete er einige Worte. 'Und was
ist Er?', fragte er einen Beamten der Gemeinde. 'Ich bin Judenschächter',
sagte dieser. König Ludwig winkte gnädig mit der Hand: 'Schächt' Er
ruhig weiter!' - - -
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Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde Heidingsfeld
1937
Anzeige
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeit vom 1. November 1937:
"Bekanntmachung über Auflösung der Kultusgemeinde Heidingsfeld.
Das
Präsidium des Rats hat am 6., 9., 12. Oktober 1937 auf schriftlichem Wege
folgenden Beschluss gefasst:
Die Israelitische Kultusgemeinde Heidingsfeld wird aufgelöst.
Gemäß § 25 der Verbandsverfassung wird dieser Beschluss hiermit
öffentlich bekannt gegeben. Gegen den Beschluss ist binnen einem Monat
nach der öffentlichen Bekanntmachung die Beschwerde zum Landesschiedsgericht
des Verbandes zulässig. München, den 13. Oktober 1937. Verband
Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Dr. Neumeyer" |
Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1937:
"Die Israelitische Kultusgemeinde in Heidingsfeld ist durch den
Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden aufgelöst
worden". |
Sonstiges
Beiträge von Leo Silberstein in Heidingsfeld von 1846:
1. Übersetzung eines Briefes des durch Frömmigkeit und Gelehrsamkeit gleich
hochberühmten Ramban - seligen Andenkens (gemeint Nachmanides, siehe Wikipedia-Artikel),
den er bei seinem Überzuge nach dem heiligen Lande an seinen in Katalonien
lebenden Sohn schrieb. Derselbe befindet sich bei den mit dem Kommentar des
Ramban zu Venedig gedrückten Chumoschim, sowie bei der zu Pressburg 5599 ohne
den heiligen Text des obengedachten Kommentars erschienen Ausgabe.
2. Übersetzung eines Briefes, welchen der berühmte Gaon R. Eliahi aus Wilna
(gemeint der Gaon von Wilna, siehe Wikipedia-Artikel)
an seine Familie schrieb, als er im Begriffe war, in das heilige Land
überzuziehen.
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Artikel in
"Der treue Zionswächter" vom 22. September 1846 |
ebd. vom 20.
Oktober 1846 |
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ebd. vom 10.
November 1846 |
ebd. vom 17.
November 1846 |
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ebd. vom 1.
Dezember 1846 |
ebd. vom 8.
Dezember 1846 |
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Briefkuvert - adressiert an die "Herren
Schwabacher & Sohn Wohlgeboren zu Heidingsfeld" (1873)
(Aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)
Der
Brief an die "Herren Schwabacher & Sohn Wohlgeboren zu Heidingsfeld am
Main" wurde versandt aus Zwickau am 19. Oktober 1873.
Zur Familie liegen die folgenden Informationen vor: Isaak Schwabacher wurde 1809 geboren als Sohn von
Joseph Elias Baer (Schwabacher) und seiner Frau Zipper (Zibora)
geb. Glaser. Er starb 1889, Zibora war bereits 1813 gestorben. Isaak Schwabacher
hatte noch einen Bruder: Amson Ensle Schwabacher (geb. 1806, gest.
1884).
Isaak Schwabacher hatte noch fünf Halbgeschwister: Vogel Schwabacher (1816-1817),
Miko (Malka) Schwabacher (1819-1826), Meier Schwabacher (1821-1899),
Herz Schwabacher (geb. 1823) und Samuel Schwabacher
(geb.1825), deren Mutter Rosetta geb. Ehrlich oder geb. Ehrmann
war, die zweite Ehefrau von Joseph Elias Baer (Schwabacher). Joseph Elias Baer (Schwabacher) starb 1859.
Joseph Elias Baer (Schwabacher) war Weinhändler; Isaak Schwabacher trat in die Fußstapfen seines Vaters und wurde ebenfalls
Weinhändler.
Auf dem jüdischen Friedhof Heidingsfeld findet sich der Grabstein der Ehefrau von Isaak
Schwabacher: Karoline Schwabacher geb. Neustädter (geb. 1825 in München,
gest. 1904 in Würzburg). Das Ehepaar hatte einen Sohn: Ludwig
Schwabacher (geb. 4. März 1859, gest. 13. Juni 1910). Ludwig war verheiratet mit
Johanna geb. Heim (geb. 15. Dezember 1868, gest. ca. im Januar 1963 in den
USA). Das Ehepaar hatte drei Kinder: Julius Ludwig Schwabacher
(geb. 13. Februar 1891; umgekommen im KZ Dachau am 21. Juli 1940), Frieda
Schwabacher verh. Samson (geb. 23. Januar 1892, gest. August 1980 in New York)
und Sophie Schwabacher verh. Oppenheimer (geb. 3. November 1897).
Quellen: https://relativelyrelatives.wordpress.com/2011/04/27/heidingsfelds-history/
https://www.geni.com/people/Ludwig-Schwabacher/6000000058195689067?through=6000000058197436953 |
Zur Geschichte der Synagoge
"Schon das Betrachten dieser in ihrer
Art in Deutschland ganz ungewohnten Synagoge ist Andacht und heilige
Erschütterung" (S. Brückheimer 1929).
Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden: 1490
wird die "Judenschule" in der "Judengasse" genannt. Die
genaue Lage ist nicht bekannt.
Über die Beträume / Synagogen vom 16. bis zur zweiten Hälfte des 17.
Jahrhunderts liegen kaum Informationen vor. Eine erste größere Synagoge
wurde zwischen 1693 und 1698 am Dürrenberg erbaut. Nach der Mitte des
18. Jahrhunderts wurde sie zunehmend baufällig und war zu klein für die
steigende Zahl der Gemeindeglieder.
1780 wurde eine neue Synagoge gebaut. Die in barockem Stil erbaute
Synagoge wurde die größte fränkische Synagoge in ihrer Zeit, ein
herausragendes Gebäude im damaligen Heidingsfeld. Die Bauakten, die sich im
Würzburger Staatsarchiv befanden, sind bei der Bombardierung Würzburgs im
März 1945 verbrannt. Jedoch liegen einzelne Berichte aus jüdischen
Periodika mit Beschreibungen der Heidingsfelder Synagoge vor (s.u.).
Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ein Bericht über die
feierliche Einweihung einer Torarolle 1862 in der Synagoge
erhalten:
Charakterisierung der Gemeinde und Einweihung einer neuen
Torarolle 1862
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1862:
"Heidingsfeld (Bayern), 24. August (1862). Erlauben Sie mir,
hochgeehrter Herr Redakteur, auch den Namen unseres Städtchens in Ihr
hochgeschätztes Blatt einzuführen. - Die jüdische Gemeinde dahier,
deren altehrwürdige Geschichte mit vielen Namen weitberühmter Koryphäen
des Judentums geschmückt ist, zählt auch hinsichtlich der Anzahl ihrer
Gemeindemitglieder zu den bedeutenderen des Königsreichs.
Hier bei uns wurzelt Gottlob das reine jüdische Element noch auf festem
Grunde und Dank sowohl unserer in Eintracht zusammenlebenden Gemeinde und
dem gesunden Sinne, der noch nicht von dem zerstörenden Wurme der
Neuerungssucht angefressen ist, auch auch der sorgfältigen Umsicht
unseres ehrwürdigen Herrn Distrikt-Rabbiners Bamberger, dieses
unermüdeten Kämpfers für Wahrheit, bestehen unsere religiösen
Institutionen noch in ihrer unverdorbenen kernhaften, von unseren
ehrwürdigen Altvorderen uns vererbten Form. Wir haben hier sechs
Männervereine mit verschiedenen religiösen und wohltätigen Zwecken. -
Einer dieser Vereines Chewrat T'H feierte gestern am Heiligen
Schabbat Paraschat Reeh das Einweihungsfest einer neuen auf seine
Kosten verfertigten Torarolle. - Die Feier war einfach, aber desto inniger
und erhabener. Unser allgemein hochgeachteter und geliebter Herr Rabbiner
verherrlichte das Fest durch seine Gegenwart. - Nach Tefilat Sacharit
(Morgengebet) wurde die Sefer Tora (Torarolle) vom Herrn Rabbiner
in Begleitung der Herren Gemeinvorstände abgeholt und am Eingange der
festlich dekorierten Synagoge von den Vereinsmitgliedern mit (älteren) Sifrei
Tora (Torarollen) empfangen. Bei Ankunft der Torarolle in der Synagoge
wurden der Feier entsprechende Verse aus Psalmen in erhebender
Weise abgesungen und dann die bei dieser Gelegenheit üblichen Umzüge mit
Gesang abgehalten; hieran schloss sich die treffliche Predigt der Herrn
Rabbiners, in welcher mit tiefergreifenden Worten die Bedeutung des Festes
erörtert, und mit überzeugender Beredsamkeit dargetan ward, wie milde
die von dem göttlichen Gesetze an uns gestellten Anforderungen sind; wie
wirkliche Aufklärung und wahrer Seelenadel nur in der Religion ihren
Stützpunkt haben und mit ihr Hand in Hand gehen müssen; dass man auf der
Höhe der Zeit stehen und dabei doch ein wahrer Israelite sein könne.
Nach Mincha (Mittagsgebet) versammelten sich die Vereinsglieder...
Unser Herr Rabbiner trug den letzten Abschnitt des Mischnaot
vor und durchflocht denselben in seiner Weise mit einem duftenden Kranze
der lieblichsten Bluten seines vielseitigen und ausgebreiteten Wissens. -
Ein gemütliches Mahl schloss die Feier. Mögen ähnliche Feste uns noch
oft wiederkehren." |
Obwohl die Zahl der Gemeindeglieder stark
zurückgegangen war, beschloss die jüdische Gemeinde Mitte der 1920er-Jahre,
die Synagoge umfassend renovieren zu lassen. Das Gebäude stand inzwischen unter
Denkmalschutz. Über die Renovierungsarbeiten wird in einem Artikel
anlässlich der Wiedereinweihung der Synagoge am 22. September 1929
berichtet:
Die Einweihung der restaurierten Synagoge Heidingsfeld
am 22. September 1929
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Oktober 1929: "Aus dem Verbande - Einweihung der
wiederhergestellten Synagoge in Heidingsfeld.
Heidingsfeld, ein Städtchen unweit von Würzburg, besitzt eine alte
Judengemeinde, die im Nürnberger Memorbuch bereits im 13. Jahrhundert
erwähnt wird; im 15. Jahrhundert hatte die Gemeinde ein Rabbinat, das vom
18. Jahrhundert bis 1813 Oberrabbinat aller jüdischen Gemeinden des
Würzburger Bezirks war. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts zählt die
Judengemeinde in Heidingsfeld an 600 Seelen. Dem damals in Würzburg
bestehenden Wohnverbot für Juden verdankte die Gemeinde Heidingsfeld ihr
Aufblühen; die Aufhebung dieses Verbots bedingte auch den Verfall der
Gemeinde. Heute ist ihre Seelezahl schon wesentlich unter 100 gesunken.
Die jetzige Synagoge stammt aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Ihre
Architektur und ihre Inneneinrichtung spiegelt die Einflüsse der
Würzburger Barockzeit wieder. Ein rechteckiger Bau, dessen Männerraum
durch 2 Untergeschosse und ein Mezzaninobergeschoss hindurchgeht und der
an der Südseite von einem dreigeschossigen Bauteil begleitet wird, dessen
Erdgeschoss und 1. Empore für die Frauen bestimmt ist. In einem 3. Geschoss
über der Frauensynagoge befindet sich die Gemeindestube. Der
ursprüngliche Haupteingang zum Männerraum, der an der Nordseite liegt,
ist innen durch Gestühl verstellt. Dieser Hauptzugang scheint bei
Trauungen benützt worden zu sein, die auf dem Platz vor der Synagoge
abgehalten wurden; hier befindet sich nämlich der Chuppastein mit den
hebräischen Anfangsbuchstaben des Trauungsspruches: 'Stimme der Wonne und
Stimme der Freude, Stimme des Bräutigams und Stimme der Braut.'
Die Männersynagoge schließt nach oben ab mit einer Spiegeldecke, die mit
Rokokostuckwerk geschmückt ist. Der Almemor in der Mitte ist in
klassischen Formen verziert. Seine Tischplatte ist seitlich mit einem
schmiedeeisernen Gitter versehen, auf dem Kerzenhalter angebracht sind und
das Laubwerk in Art der Rokokoornamente zeigt. Aus dem 17. oder 18.
Jahrhundert (vermutlich aus einer älteren Synagoge) hängt eine Anzahl
der üblichen Messingkronleuchter im Kreis um den in der Mitte
angebrachten klassizistischen Kronleuchter von der Decke. Das Gestühl aus
losen Ständern war ursprünglich um den Almemor gruppiert.
Nach einer Beschreibung der Gesellschaft zur Erforschung jüdischer
Kunstdenkmäler in Frankfurt am Main gehört die Heidingsfelder Synagoge
zu den historisch und künstlerisch interessantesten Bauwerken ihrer
Art.
Verschiedene Instandsetzungen im 19. Jahrhundert haben die Heidingsfelder
Synagoge verunziert. Rohe Farben an Decken und Wänden, überstrichenes
Holz und Steinwerk sowie schlechte Gruppierung der Bänke raubten dem
Gotteshause die stilvolle Feierstimmung des Raumes. Der Verband Bayerscher
Israelitischer Gemeinden betrachtete es auf Grund einer Anregung des Herrn
Kommerzienrats Braunschweiger als eine wichtige Aufgabe, die Synagoge in
alter Schönheit wieder erstehen zu lassen. In der farbigen Behandlung
sollte der ursprüngliche Zustand aus der Zeit guter handwerklicher Kultur
wieder hergestellt werden. Eine gründliche Untersuchung sämtlicher Teile
des Hause förderte denn auch alles zutage, was dem Auge jetzt
wohlgefällt und fast selbstverständlich erscheint. Die vorgefundene
Farbengebung reichte aus, um dem Bau seine ursprüngliche Vornehmheit
wiederzugeben. Der kleinen Mitgliederzahl der Gemeinde entsprechend wurde
nur die Bestuhlung der Wände belassen. Zum Schutze gegen die
Grundfeuchtigkeit entfernte man den alten Steinboden und legte eine
isolierende Betonschicht aus Backsteinen. In die Bänke wurden
unauffällig elektrische Heizungsplatten eingesetzt; besondere Sorgfalt
wurde der elektrischen Beleuchtung gewidmet, die mit ihrem diffusen Licht
der ursprünglichen Beleuchtung mit großen Kerzen entspricht. Die Herren
Oberregierungsbaurat Dr. Lommel und unter dessen Anleitung Herr Architekt
Kreis sowie Herr Andreas Menna haben die Wiederherstellungsarbeiten
geleitet. Die aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts stammenden zahlreichen
Thoravorhänge von hervorragend kunstgewerblichem Wert wurden ebenso wie
der silberne Toraschmuck unter Leitung des Herrn Sigmund Seligsberger
einer fachgemäßen Renovation unterzogen. Nun steht die Synagoge in ihrer
alten, schlichten Vornehmheit wieder da.
Am 22. September fand die feierliche Einweihung in Gegenwart der
Heidingsfelder Gemeinde, der Vertreter des Stadtrates Würzburg und Heidingsfeld,
der Kultusverwaltung Würzburg, bayerischer |
Rabbiner
und zahlreicher Mitglieder von Rat und Tagung statt. Unter den Gästen
befand sich auch der evangelische Geistliche von Heidingsfeld. Der
Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Heidingsfeld, Herr Bravmann,
dankte in seiner Begründungsansprache dem Verband Bayerischer
Israelitischer Gemeinden für das Werk der Wiederherstellung der Synagoge,
von der er wünschte, dass sie nach dem Prophetenworte werden möge ein
Gebethaus für alle Völker. Namens der Kultusgemeinde Würzburg gedachte
in seiner Begrüßungsansprache Herr Justizrat Dr. Haas der engen
Beziehungen zwischen der einst großen Gemeinde Heidingsfeld und der im
19. Jahrhundert erst aufgeblühten Gemeinde Würzburg; noch enger dürften
diese Beziehungen werden durch die für 1. Januar 1930 bereits festgelegte
Einverleibung des Städtchens Heidingsfeld in die Stadtgemeinde Würzburg.
Der Präsident des Verbandes, Herr Oberstlandesgerichtsrat Dr. Neumeyer,
begrüßte die erschienenen bayerischen Rabbiner, die Geistlichkeit, die
Behörden und die Organe des Verbandes. Seine Ausführungen schlossen an
das Wort der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach: 'Was uns an der
sichtbaren Schönheit entzückt, ist ewig die unsichtbare.' Der Dreiklang
Glaube, Kunst, Heimat ist uns das führende Symbol, das den suchenden
Menschen hineinführt in das Geheimnis des Abglanzes göttlichen Schauens.
Die Kunst, die auf dem Fundament heimatlicher Erde und gläubigen Sinnes
ruht, ist die Quelle, aus der die Gedanken der Ewigkeit ersprießen. Möge
der Wanderer, der Deutschlands Stätten der Kunst aufsucht, beim Besuche
dieses Gotteshauses den Gedanken in sich aufnehmen, dass in einer Zeit der
Auflösung und des Verfalls die jüdische Gemeinschaft Bayerns
Aufbauarbeit geleistet hat durch Zusammenschluss. Bürgermeister Schnabel
von Heidingsfeld rühmte den Opfersinn der jüdischen Gemeinde, durch
welche ein Gotteshaus wieder erstanden sei, das eine Zierde der Stadt
darstelle. Pfarrer Meier, der Geistliche der evangelischen
Kirchengemeinde, weist in seiner Begrüßungsansprache hin auf die
Gestalten der jüdischen Propheten, deren Geist lebendig werden möge in
unserer Mitte. Die Festpredigt des Bezirksrabbiners Dr. Hanover zeigte,
wie notwendig in unserer materialistischen, von der Aufklärung
beherrschten Zeit, deren Weltbild bedingt wird von unerhörten
Fortschritten der Technik und der Wissenschaft, gerade für den Menschen
der Gegenwart Hoffen, Glauben und Fürchten ist. Im Anschluss an das Wort
'drischu w'ichju', 'suchet, damit ihr lebet', zeichnete er die Segenskräfte,
die von jüdischer Gottesfurcht und jüdischer Gotteserkenntnis
ausströmen, wies aber auch hin auf das jüdische Leid der Gegenwart, das
nur überwunden werden könne durch Stärkung des Glaubens, durch
Festigung unserer Treue, durch Weihe unseres Lebens.
Umrahmt war die Feier von Gesängen des Synagogenchores Würzburg unter
Leitung des Herrn Oberlehrers Hellmann und von den Solovorträgen des
Herrn Kantors Behrendt (Veitshöchheim)." |
Über die renovierte Synagoge in Heidingsfeld (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1929:
"Die renovierte Synagoge in Heidingsfeld.
Von S. Brückheimer in Marktbreit.
Wenn man gleich hinter dem Rathaus in das enge Gässchen einbiegt, in
welchem in sternenhellen Nächten die Giebel der einander so nahe
gegenüberstehenden Häuser sich allerlei Geschichten aus dem 30jährigen
Krieg, von Kaiser Wenzel aus Böhmen, aber auch von berühmten
Torafürsten heimlich erzählen, gelang man nach wenigsten Schritten an
einen freien Platz. Hier teilt sich die Gasse. Aber vor der etwa
mannshohen Mauer an dieser Straßengabelung und dem dahinter sich
auftürmenden, beinahe quadratisch erscheinenden Hausblock stockte der
Fuß. Das Auge folgt der Mauer, empfindet sie auch hinter dem mächtigen
Bau, sieht sie von der Ostseite wieder vordrängen und vermittelt so
gleich im ersten Augenblick die Ahnung, dass hinter ihr etwas Bedeutendes
warte. Und tritt man nun unter das eiserne Gittertor und bemerkt nach
einem mit Gras bewachsenen Platz, auf dem einige noch junge Pappeln
stehen, das Gebäude in seiner ganzen monumentalen Wucht und daneben -
klein und niedrig im Vergleich zum ihm - zwei Kleinstadthäuser, dann
liegt die Vermutung nahe, dass da, umgeben von seinen Dienstleuten, ein
Grandseigneur in hoheitsvoller Stille residiere. Und diese Annahme trifft
zu in allen ihren Auszweigungen:
Es thront hier der Herr, der die Erde geformt, der den Regenbogen spannt
über durstgetränktem Gefilde.
Und der den Menschen segnet, überall wo er Seiner in Demut gedenkt.
Dieser fast trotzige Bau ist die Synagoge von Heidingsfeld.
Durch ein Portalhäuschen betritt man den Betraum der Männer.
Die Erwartung ist gespannt. Mit dem Bilde einer der schönen fränkischen
Synagogen im Kopfe erhofft man hier eine hoch altertümlichere
Ausstattung, eine noch deutlichere Betonung alter Überlieferungen.
Doch wie der arme Fischer, benommen von der glitzernden Schönheit, die
Augen bedeckt, wenn ihn der gütige Wassergeist in sein unterirdisches
Schloss führt, so glaubt man, den Blick nach oben gerichtet, in einem
Saale der Würzburger Residenz sich zu befinden. Denn die hohe
Spiegeldecke, in der Mitte in zartem Lila überhaucht, zeigt einen
meisterhaften Stuck zierlicher mit Bändern umflatterter Rokokokränze wie
sie anmutiger kaum in Balthasar Neumanns Prunkbau sich im Kreise
schwingen.
An den neuen kunstvollen Messingleuchtern, von denen einer den ein Bündel
Blitze tragenden Jupiter (?), ein anderer den auch im Stadtwappen
befindlichen böhmischen Löwen zeigt, gleitet das Auge herab auf den
steinernen Almemor. Von den ihn früher umdrängenden Gebetständern
befreit, die wie in sephardischen Synagogen sich an den Wänden entlang
reihen, wächst er, so machtbewusst und naturhaft wie ein Baumriese, aus
dem backsteinernen Grunde. Zwei Treppen, die an ihren Aufgängen große
grün angelassene Pinienäpfel tragen, führen auf die |
Estrade.
Um diese schwingt sich eine mit stilechten Barockformen verzierte
Balustrade, die mit ihren mit hohen Leuchtern bestandenen Gesimsen weit
ausgreift, als wollte sie die ganze Menschheit zur Entgegennahme des
hehren Gotteswortes herbeizwingen.
Der Toraschrein wirkt trotz seiner Zierraten, den zwei Säulen, dem
verkröpften Gebälk mit den Vasen darüber, etwas zu nüchtern. Für
diesen massigen Raum hätte man als Gegenstück zur Bima eher einen Steinkoloss
erwartet, der als Teil der Ostmauer, aus ihr heraushängend, sich zur
Höhe gebäumt hätte. Auch die einem Oraun-hakodesch (Toraschrein)
sonst selten beigegebenen antiken Sabbatlampen, die an dreieckigen, mit
Laub- und Bandwerk geschmückten Auslegern hängen, geben nur ein weiteres
interessantes Detail. Dagegen bleibt man lange noch im Banne des mit
seltener Hingabe und Kunstfertigung gewirkten Brokatvorhanges, vor dem man
sich staunend fragt, ob man mehr die sinnigen Stickereien oder die ihn
fast neu erscheinen lassenden Auffrischungsarbeiten bewundern soll.
Und dann warte man in der Synagoge, bis die letzten Lichter des Tages
erloschen sind. Bis durch die hohen Fensterbogen mit den absonderlich
hineingebauten Fenstern fahlgelber Monddämmer hereinfällt, in welchem
das Ewige Licht in der Ecke wie ein Glühwurm in warmen Juninächten auf-
und abgeistert.
In dem Brauen und Wogen dieses Halbdunkels gewinnt das Ölgemälde der
Sammlung Seligsberger, das einen Jom-Kippur in der Heidingsfelder Synagoge
darstellt, warmes Leben:
Eine kleine Pause war eingelegt worden. Bald soll das Neiloh-Gebet
beginnen. Aus den Ständern an der Wand lösen sich hohe Gestalten in
weißen Sterbegewändern. Männer mit den hohen Hüten des ausgehenden 18.
Jahrhunderts auf dem bärtigen Kopfe treten neben dem Almemor zu Gruppen
zusammen. Ein feines Raunen und Rascheln geht durch den weiten Raum. Die
Gittertürchen an den barock-geschnittenen Fenstern der Frauensynagoge
werden leise zurückgeschoben, weiße Häubchen beugen sich heraus und
nicken antwortend herüber in den Männerraum. Und in einer zweiten
Frauenabteilung darüber, die unter den Schiebern die reliefartigen Decken
und Holzgewände etwas deutlicher zeigt, ein Huschen und Hin- und
Hergleiten der weiblichen Jugend. Aber noch einmal höher hinauf, an einem
Fenster, das mit der Decke abschließt, stehen dichtgedrängt christliche
Knaben und Mädchen, die sich jedes Jahr am Versöhnungstage über die
außen wie ein Turm angebaute Wendeltreppe hinaufschleichen, um in stiller
Scheu zu lauschen und zu betrachten.
Und vermeint man nicht, dass die weiße Gestalt vor dem Heiligen Schrein,
langsam sich in den Hüften wiegend, leise die so wehmütige Melodie des
Neiloh-Kaddisch probiere? ...
Da knackt ein elektrischer Schalter. Die Gestalten springen in die
Schatten der Gebetständer. Aber das Gotteshaus zeigt im diffusen Licht
der kleinen Birnen auf den Messingleuchtern (wodurch die Wirkung des
Kerzenlichtes gut nachgeahmt ist) noch einmal ganz deutlich seine
einzigartige Schönheit. Dann steht man wider draußen in den ummauerten
Vorhof. Und man spürt des deutlich: schon das Betrachten dieser in ihrer
Art in Deutschland ganz ungewohnten Synagoge ist Andacht und heilige
Erschütterung". |
Aus einem Reisebericht von 1935
Aus
einem Reisebericht, abgedruckt in der "Bayerischen Israelitischen
Gemeindezeitung" vom 1. Juli 1935: "Durch winklige Gassen an der
alten Stadtmauer entlang geht es zur Synagoge in Heidingsfeld. Wenig Juden
wohnen noch dort. Die Lehrersfrau führt. - Vor einigen Jahren ist die
Synagoge durch die Opferwilligkeit von Juden, die von echtem Gemeinsinn
erfüllt waren, wieder hergestellt worden. Das altehrwürdige Gotteshaus,
das heute von Gläubigen nicht mehr voll werden kann, steht als
historisches Kleinod unter Denkmalschutz.
Wir blättern in einem handgeschriebenen Gebetbuch. Heidingsfeld hat noch
heute seine teilweisen besonderen Gebetsordnungen. Ein herrlicher Almemor
in der Mitte trägt die Worte der Tora zum Ewigen. - Und wenn der letzte
Jude einmal von hier weggezogen sein wir, dann wir diese Synagoge noch von
denen künden, die hier gelebt und dieses Heiligtum gestaltet haben." |
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Nachstehend der gesamte Artikel "Von
Synagogen im Frankenland": |
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Juli
1935
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken. |
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Beim Novemberpogrom 1938 wurde das
Synagogengebäude in Brand gesteckt und völlig zerstört. Der Frau des
Synagogendieners war in der Nacht zum 10. November befohlen worden, die Synagoge
zu öffnen. Beim Brand der Synagoge wurden alle wertvollen, noch vorhandenen
Ritualien zerstört, darunter gold- und silberbestickte Toraschrein-Vorhänge vom Beginn des 18.
Jahrhunderts, Kupferleuchter aus dem 17. Jahrhundert, zwei fein gearbeitete
Schabbat-Leuchter (die zu beiden Seiten der Heiligen Lade an mit Laub und
Bandwerk geschmückten schmiedeeisernen Armen hingen),
zahlreiche schön bestickte Toramäntel, silberne Torakronen, Gebetbücher usw..
Die Umfassungsmauern der zerstörten Synagoge standen bis in Traufhöhe noch bis
nach Kriegsende. Das daneben stehende verputzte Fachwerkhaus der
jüdischen Schule sowie die barocke Umfassungsmauer des gesamten Areals blieben
gleichfalls bis nach 1945 erhalten (Hinweis Thomas Wüstefeld vom 2.9.2015).
1956 wurde das Synagogengrundstück beziehungsweise das ganze Quartier neu bebaut (zwei Wohnhäuser).
Statt des umfriedeten Grundstücks mit Grünraum und Einzelbauten entstand eine
geschlossene Blockrandbebauung, die jede Erinnerung an die Vorkriegsbebauung
negiert. In unmittelbarer Nähe (beim Gebäude Dürrenberg 1) wurde im Dezember
1986 von der Stadt Würzburg eine Gedenksäule aufgestellt. Der
Schaft symbolisiert die Geschichte des Volkes Israel; er ist mehrfach gewaltsam
unterbrochen. Stilisierter Stacheldraht und Tränen aus Bronze stehen für die
leidensvollen Epochen in der Geschichte auch der Heidingsfelder Juden. Die sechs
Teile der Säule sind Symbol für die sechs Millionen in der NS-Zeit ermordeten
Juden. Die Inschriften lauten: "Gottlose Menschen zerstörten am
9. November 1938 die hier gestandene Synagoge", "Zur Erinnerung
an den Leidensweg der jüdischen Gemeinde", in Hebräisch "Zur
Erinnerung an die heilige Gemeinde in Heidingsfeld".
Der Hochzeitsstein (Chuppa-Stein) der Heidingsfelder Synagoge blieb
erhalten und wurde in die Außenmauer der 1970 eingeweihten Würzburger Synagoge
(Valentin-Becker-Str. 11) integriert und befindet sich inzwischen im neuen
"Jüdischen Museum Würzburg" bei der Synagoge Valentin-Becker-Straße
11.
Adresse/Standort der Synagoge: Dürrenberg 4
(das Denkmal gegenüber Dürrenberg 1a)
Fotos
(Historische Aufnahmen - wenn nicht anders angegeben - von Theodor Harburger
1927,
veröffentlicht in ders.: Die Inventarisation jüdischer Kunst- und
Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. von den Central Archives for the History of the
Jewish People, Jerusalem und dem Jüdischen Museum Franken - Fürth und
Schnaittach. 1998 Bd. 2 S. 261-270; mehrere der Aufnahmen sind auch in anderen
Publikationen veröffentlicht wie Jüdisches Lexikon, Jewish Encyclopedia u.a.).
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Blick auf die
Synagoge in Heidingsfeld (rechts davon eines der gemeindeeigenen Häuser
mit der Wohnung des Lehrers |
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Innenansichten
der Synagoge, jeweils mit Blick über das Almemor zum
Toraschrein (Aron haKodesch)
(Foto rechts: aus Flade Würzburg s.Lit. S. 59) |
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(Quelle: Flade Würzburg
s.Lit. S. 60) |
Ölgemälde: "Jom Kippur
in der
Heidingsfelder Synagoge" |
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Von der mit Rokokostuck
verzierten
Decke hingen Messingkronleuchter
aus dem 17. und 18.
Jahrhundert. |
Chanukkaleuchter in der
Synagoge;
war 91,5 cm hoch, 100 cm breit.
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Besamim-Büchse,
Nürnberger
Arbeit |
Tora-Aufsatz (Rimmonim),
Nürnberger
Arbeit des 18. Jahrhunderts |
Silberplatte,
Nürnberger
Arbeit |
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Die im November 1938
zerstörte Synagoge
(Quelle: Photo Archive Yad Vashem,
Jerusalem) |
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"Judenhof" und Synagogendenkmal im Oktober 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 21.10.2009) |
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An der Klosterstraße
gelegen:
der "Judenhof" (1628 als Wohngebiet jüdischer Familien, die
dem Domkapitel zinspflichtig waren, eingerichtet)
(Link
zu den Google-Maps) |
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Straßenschild
"Judenhof" |
Bis heute ein abgegrenzter
Wohnbereich |
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Denkmal zur
Erinnerung an die zerstörte Synagoge und die frühere jüdische Gemeinde
gegenüber dem Gebäude Dürrenberg 1a
(Link
zu den Google-Maps); das Denkmal wurde im Dezember unweit des
Standortes der ehemaligen Synagoge
(Dürrenberg 4; auf rechtem Foto im
Bereich der Häuser hinter dem Denkmal) aufgestellt. |
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"Gottlose Menschen
zerstörten am
9. Nov. 1938 die hier gestandene Synagoge" |
"Zur Erinnerung an den
Leidensweg
der jüdischen Gemeinde" |
Hebräisch: Zur Erinnerung
an die
Heilige Gemeinde Heidingsfeld" |
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Symbol: Torarolle |
Symbol: Menora / siebenarmiger
Leuchter |
Symbol: Davidstern / Magen
David |
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Im Jüdischen Museum
Würzburg |
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Der Chuppa-Stein
(Hochzeitsstein) von der Synagoge in Heidingsfeld mit erklärendem
Hinweis: "In Franken war der Brauch weit verbreitet, das Glas am Ende
der Trauung nicht zu zertreten, sondern gegen den Chuppastein zu werfen.
Die Zeremonie will inmitten der Freude über die eben geschlossene Ehe
durch die Scherben an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels
erinnern."
Anmerkung: der Chuppa-Stein war in ganz Süddeutschland, neben dem
fränkischen vor allem auch im württembergischen Bereich verbreitet.
Rechtes Foto: im Museum befindet sich der Hochzeitsstein unter einem
Baldachin. |
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Über ein
handgeschriebenes Gebetbuch im Besitz der
jüdischen Gemeinde Heidingsfeld
Teil eines Beitrages von Theo Harburger: "Jüdische Buchmalerei im 18.
Jahrhundert"
(erschienen in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. Mai 1928)
Artikel wird nicht
ausgeschrieben, bei Interesse bitte abgebildete Seiten anklicken |
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Nachfolgend Fotos von Theo Harburger, die
er im April 1927 vom Heidingsfelder Gebetbuch erstellte. Das Gebetbuch
wurde in den Jahren 1730-1735 durch den Toraschreiber Juda Loeb aus
Trebitsch in Mähren geschrieben; über den Verbleib des Gebetbuches
liegen keine Informationen vor. Quelle der Fotos: Theodor Harburger: Die
Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. von
den Central Arhcives Jerusalem und dem Jüdischen Museum Franken Bd. 2 S.
271-280. |
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Titelblatt |
Blatt 1, Seite 2 |
Blatt 4, Seite 1 |
Blatt 42, Seite 2 |
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Blatt 45, Seite 2 |
Blatt 96, Seite 1 |
Blatt 142, Seite 2 |
Blatt 143, Seite 1 |
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Blatt 187, Seite 2 |
Letzte (Zusatz-)Seite mit
Notiz über
die Synagogeneinweihung 1780 |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 346; III,2 S. 528-531. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 315-316. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 136-137. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S.
|
| Roland Flade: Die Würzburger Juden. Ihre Geschichte
vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Würzburg 1987. |
| ders.: Stadt Würzburg errichtet Gedenksäule im Stadtteil
Heidingsfeld. In: Der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in
Bayern. Heft 23 Schewat 5747. Januar 1987 S. 13-14. |
| ders.: Felix Freudenberger (1874-1927),
sozialdemokratischer Bürgermeister und Pazifist. In: Geschichte und
Kultur der Juden in Bayern. Lebensläufe. 1988. S. 269-273. |
| Haus der Bayerischen Geschichte. Reihe: Exkursionsblätter
zur Geschichte und Kultur der Juden in Bayern. Hg. vom Manfred Treml.
München 1990.
Exkursion: Jüdische Landgemeinden in Unterfranken. Raumbeispiel:
Umgebung Würzburgs. Text von Roland Flade. |
| Peter Fasel: Heidingsfeld im Nationalsozialismus.
In: Rainer Leng (Hg.): Die Geschichte der Stadt Heidingsfeld. Von den
Anfängen bis zur Gegenwart. 2005. S. 199-227. |
| Michael Schneeberger: Die "Hetzfelder"
(=Heidingsfelder) Juden. Reihe: Jüdische Landgemeinden in Bayern (1). In:
Jüdisches Leben in Bayern. Mitteilungsblatt des Landesverbandes der
Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern. 17. Jg. Nr. 88. April 2002. S.
15-19.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Heidingsfeld, Lower Franconia.
With Worms, Oettingen
and Frankfurt, Heidingsfeld was one of the four Jewish communities that
maintained a virtually continuous existence in Germany from the Middle Ages,
living under various letters of protection. Jews from Wuerzburg settled there
before the expulsion of 1565 as well as afterwards. In the early 18th century,
Heidingsfeld became the seat of the chief rabbinate of the Wuerzburg region and
later of all Lower Franconia, its authority extending over more than a 100
settlements. Among its chief rabbis were Shelomo ben Yitzhak Rothschild
(1666-75), founder of the famous banking family. The community was known for its
aid to the Jewish settlement in Erez Israel. A new synagogue was consecrated in
1780 and a cemetery in 1810. The community attained its peak growth in 1805,
becoming the second largest in Bavaria with 600 Jews. In 1819, Jewish homes were
burned in the anti-Jewish Hep! Hep! riots that spread from Wuerzburg throughout
Germany. The Jewish population declined to 273 in 1867 (total 3.242) and 83 in
1925. In 1930 the town was annexed to Wuerzburg and in June 1937 so was the
community. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was
burned and Jewish homes were destroyed.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|