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Sondershausen 187 Inschriften (1713-1937)

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ID sdh-66
Lizenz Creative Commons Attribution-BY 4.0 International Licence [CC BY]
Zitation Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Sondershausen, sdh-66: http://steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?sdh-66

Name


[Fei?]wer Wallich (Philipp Wallich) [04.06.1740]                

Diplomatische Transkription und Übersetzung

‎‏[...] פה‏‎ [...] Hier
‎‏טמון?‏‎ ist geborgen?
‎‏איש תם וישר‏‎ ›ein lauterer und aufrechter Mann‹,
‎‏ה״ה [...]בר ואלך‏‎ es ist [Fei?]wer Wallich,
‎‏אשרי האיש‏‎ 5 ›Wohl dem Manne‹,
‎‏אשר בדרך‏‎ welcher auf rechten
‎‏ישרה ובשיבה‏‎ Weg und ›in gutem
‎‏טובה הלך לעו׳‏‎ Greisenalter‹ ›hinging in seine Welt‹
‎‏ש״ק ט׳ סיון ונק‏‎ (am) heiligen Schabbat, 9. Sivan, und begraben
‎‏בר ביו׳ תנצב״ה‏‎ 10 wurde am Tag [...]. Seine Seele sei eingebunden in das Bündel des Lebens

 

 Zl 3: Ijob 1,8  Zl 5: Ps 1,1  Zl 7f: Gen 25,8 | Zl 8: vgl. Koh 12,5

Kommentar

Datierung Gestorben möglicherweise am 9. Sivan des Jahres (5)500, das ist Samstag, 04.06.1740 (s.u.)
Vielleicht ist hier der Schlusssegen auch als Chronostichon mit dem Zahlenwert 547 zu lesen, das entspräche dem Jahr 1786/87, und der 9. Sivan 547 fiel auf Samstag, den 26. Mai 1787. Wahrscheinlicher ist jedoch daß das Sterbejahr in der heute nicht mehr zu lesenden, oberen Kopfzeile stand (siehe auch unten).
Dieser Grabstein wurde seiner relativ schlichten Inschrift ungeachtet für eine bedeutende Persönlichkeit aufgestellt. Kein anderer Stein in Sondershausen trägt Schriftzeilen im Giebel, die dem Bogenverlauf folgen. Auch die Kombination der Eulogie mit der Wendung für das Sterben ist hier einzigartig. Selten ist auch, dass auf die Nennung eines Vaternamens (Abraham) verzichtet wird, während der Verstorbene hier gleichzeitig einer Familie angehörte, die schon lange vor den entsprechenden Gesetzen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen feststehenden und weitervererbten Familiennamen trug.
Wahrscheinlich wurde dieses Grabmal für den Juwelier Philipp Abraham Wallich errichtet, wohl eines der vermögendsten und einflussreichsten Mitglieder der damaligen Gemeinde, Hoffaktor am Hofe der Fürsten Christian Wilhelm und Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen und laut Grabstein seines Sohnes auch Arzt. Laut der Grabsteine seiner Gattin und der Söhne lautete sein jüdischer Name Feiwer, und auch der Name des hier bestatteten Mannes aus der Familie Wallich endet auf -wer. Philipp Abraham Wallich starb um 1740/41, nach anderen Angaben um 1745, doch nur im Jahr 1740/(5)500 fiel der in der Inschrift angebene Sterbetag 9. Sivan auf einen Samstag, und zwar am 4. Juni 1740.
Zln 5, 6, 8: Mit Psalm 1,1 (dort: "Wohl dem Manne, der nicht wandelt im Rate der Frevler ...") wird hier die Eulogie eingeleitet und in Zl 8 fortgesetzt bzw. wieder aufgenommen durch die an Kohelet 12,5 angelehnte Wendung "Er ging hin in seine Welt" oder "seine Ewigkeit", die zur Angabe des Sterbedatums überleitet.
Zln 9-10: Zeilenübergreifendes Wort. In Zl 10 fehlt die Angabe des Begräbnistages sowie das Sterbejahr, möglicherweise wurde sie mit der Kopfzeile im Giebel fortgesetzt.

Beschreibung

Beschreibung Schmalhohe Stele aus Sondershäuser Muschelkalk mit Rundbogenabschluss und schmalem, scharrierten Rahmen. Das Schriftfeld ist vertieft, die Inschrift zentriert, die ersten beiden Zeilen folgen dem Verlauf des Rundbogens.
Zustand Das Schriftfeld ist verwittert und stark von Moos bewachsen. Der Stein wurde neu befestigt (im Boden einzementiert).

Zur Person

Philipp Abraham Wallich stammte höchstwahrscheinlich von der alten Wormser Arztfamilie Wallich ab. Dafür sprechen neben dem Familiennamen Wallich und dem Beruf des Arztes auch die Vornamen: Sowohl die Namen Meir/Feibusch/Feifer/Phöbus = Philipp als auch die Namen Awraham/Awram kommen in dieser Familie immer wieder vor. Auch war es in dieser Familie offensichtlich Brauch, den Namen auf hebräisch mit ‎‏רופא וואליך‏‎ / "Arzt Wallich" wiederzugeben, ebenso wie auf dem Grabstein des Sohnes Awram (sdh-0044). Als möglicher Vater kommt aufgrund der Daten der Frankfurter Arzt Abraham Wallich infrage (ein Sohn des Metzer Arztes Isaak Wallich), welcher am 22. Mai 1693 in Frankfurt gestorben und auf dem alten Friedhof an der Battonnstraße begraben worden war. Schultze (Geschichte der Familie Wallich) kennt ihn nicht, doch im Register der Frankfurter Beerdigungsbruderschaft finden sich im Jahr 1693 zwei weitere Einträge für Kleinkinder, die beide im Monat Nissan gestorben und auf dem Frankfurter Friedhof begraben wurden, beides Kinder von ‎‏פויאפֿר‏‎ bzw. ‎‏פויפֿר בן ר׳ אברהם רופא‏‎ / "Feufer" oder "Peufer Sohn des Arztes Awraham", der in aller Wahrscheinlichkeit identisch ist mit dem hier genannten Feiwer Wallich. Philipp Abraham Wallich, laut Auberbach ein gebürtiger Halberstädter, hatte also wie seine fünf Brüder Medizin studiert und nach seiner Eheschließung zunächst noch einige Zeit in Frankfurt gelebt, wo die ersten Kinder zur Welt kamen, bevor er nach Sondershausen gezogen war.
Den archivalischen Quellen in Sondershausen sind drei weitere Kinder zu entnehmen: Hannele Wallich, verheiratet mit Marcus Isaac in Lübbecke, Gnendel Wallich, welche um 1758 Nathan Benjamin heiratete, sowie Seelig Philipp Wallich, welcher um 1761 starb. Die oben genannten Söhne erscheinen dagegen in den Quellen nicht.

Zur Familie

Gattin?: Edel G. Feiwer Wallich (Grabstein Nr. sdh-0065)
Mögliche Söhne: Awram ben Arztes Feiwer Wallich, gest. 1766 (Grabstein Nr. sdh-0044); Mosche Chajim? ben Feiwer? Wallich?, gest. 1713? (1733?) (Grabstein Nr. sdh-0050)

Quellen / Sekundärliteratur

"Sefer Kawranim" - Frankfurter Beerdigungsregister, Abschrift von S. Unna (Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem, Mikrofilm HM 2/3177), Einträge 40 und 44 des Jahres 453 (1693).
Schultze, I.: Geschichte der Familie Wallich, in: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums 49 (1905), S. 57-77, 183-192, 272-285, 450-458, 571-580.
Ettlinger, Schlomo: Ele Toldot (Werk zur Geschichte der Frankfurter Juden, Manuskript im Jüdischen Museum Frankfurt), Personalblätter, 22.V.1693 (Arzt Awrom Wallih)
Horovitz, Markus: Awnei sikaron. Die Inschriften des alten Friedhofs der israelitischen Gemeinde zu Frankfurt a.M., Frankfurt a.M. 1901, Nr. 5512 (Der Arzt Awram zum roten Hirsch)
Dokumentation des alten jüdischen Friedhofs Frankfurt a.M., Battonnstraße, Nr. 6172 (Publikation in Vorbereitung)
Bettina Bärnighausen: "Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Sondershausen", in: 875 Jahre Sondershausen. Eine Schrift zum Jubiläum, Sondershausen 2000, S. 67f.
Jens Beger: "Jüdische Familien in Sondershausen", in: Beiträge zur Geschichte der Juden Schwarzburgs (Juden in Schwarzburg, Bd. 1), hrsg. vom Schlossmuseum Sondershausen (Sondershäuser Kataloge IV), 2006, S. 204-234, zu Philipp Abraham Wallich.
Bernd-Wilhelm Linnemeier: Jüdisches Leben im Alten Reich. Stadt und Fürstentum Minden in der Frühen Neuzeit, Bielefeld 2002, S. 493 (zu Hannele Wallich).
B.H. Auerbach: Geschichte der istaelitischen Gemeinde Halberstadt, Halberstadt 1866, S. 69.

Fotografien

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Henryk Bies, Sondershausen

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Zitation der Inschrift

Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Sondershausen, sdh-66
URL: http://www.steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?id=sdh-66
(letzte Änderungen - 2013-04-24 14:57)

 

Steinheim-Institut
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