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Abenheim (Stadt
Worms)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis 1797 den Herren von Dalberg gehörenden Ort Abenheim bestand eine vor allem im 18. und 19.
Jahrhundert relativ große jüdische Gemeinde. 1824 lebten hier 66 und 1830 69
jüdische Personen.
Durch die Mitte des 19.
Jahrhunderts einsetzende Auswanderung nach Nordamerika und die Abwanderung in die Städte ging
die Zahl der jüdischen Einwohner schnell zurück, sodass bereits um 1880 die in
Abenheim lebenden jüdischen Einwohner der Gemeinde in Osthofen
beziehungsweise in Westhofen (um 1893)
zugeteilt wurden. Nachdem sich die Zahl der jüdischen Einwohner in den
folgenden Jahren nicht mehr erhöhte (1896 acht jüdische Einwohner in zwei
Familien, 1900 neun jüdische Einwohner), wurde die
Gemeinde 1901 offiziell aufgelöst. Dennoch taucht Abenheim auch noch 1924
im "Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung" als Gemeinde im
Rabbinatsbezirk Worms auf mit freilich nur noch sechs Gemeindegliedern und dem
Vorsteher J. Scheuer.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule sowie ein rituelles Bad. Die jüdische Schule war jeweils im selben
Gebäude wie die Synagoge. Mitte des 19. Jahrhunderts werden ein
"oberes" und ein "unteres Judenbad" genannt, wobei das
"obere Judenbad" an der Ecke Fronstraße/Welschgasse lag. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer
angestellt. 1849 wird als solcher Juda Löw Berliner (geb. 1819 in Harburg)
genannt, der bis dahin als Vorsänger in Bodenheim
tätig war (vgl. auch die Ausschreibung der Stelle von 1864 unten). Nach
Auflösung der jüdischen Gemeinde erhielten die noch in Abenheim lebenden
jüdischen Kinder Religionsunterricht durch den Religionslehrer aus Osthofen.
1939 lebte noch eine jüdische Familie mit drei Personen in Abenheim, die dann
nach Mainz verzogen ist.
Von den in Abenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jeanette (Johanette)
Frank geb. Löb (1858), Therese Levi geb. Scheurer (1853), Leo Metzger (1868), Karoline Pfälzer geb. Metzger
(1870).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung des Stelle des Lehrers, Vorsängers und
Schächters (1864)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. Dezember 1864: "Die Stelle eines Lehrers,
Schächters und Vorsängers zu Abenheim, womit bei freier Wohnung
ein Einkommen von mindestens 450 fl. verbunden ist, ist
erledigt.
Bewerber um diese Stelle wollen ihre Gesuche unter Anschluss von
Zeugnissen über Befähigung etc. bei dem israelitischen Vorstand zu
Abenheim einreichen.
Großherzogliches Kreisamt Worms. Pfannebecker."
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Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Nur noch eine jüdische Familie in
Abenheim (1899)
Artikel
in "Der Israelit" vom 14. August 1899: "Worms. Während vor einigen
Jahren wegen Wegzugs aller Israeliten die Synagoge in
Bechtheim verkauft wurde, ist dieser
Tage die allein noch in Abenheim wohnende (früher eine große jüdische
Gemeinde) jüdische Familie bei Großherzoglichem Kreisamt um die Erlaubnis
eingekommen, die Synagoge verkaufen und die Kultusgegenstände an arme
jüdische Gemeinden verschenken zu dürfen." |
Bildung eines Unterrichtsbezirks Osthofen -
Rhein-Dürkheim, Herrnsheim, Abenheim und Gundheim (1904)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Februar 1904: "Worms. Das Großherzogliche Ministerium plant die definitive Anstellung
israelitischer Religionslehrer, welche ein den Volksschullehrern gleiches
Gehalt beziehen und dieselben Rechte genießen sollen, sobald sie wöchentlich
20 Stunden Religionsunterricht erteilen. Die nötigen Mittel sollen von
den Gemeinden, die zu dem betreffenden Bezirk gehören, aufgebracht
werden. An die Vorstände der israelitischen Gemeinden des Kreises Worms
ist bereits der ausgearbeitete Plan gesandt worden. Nach ihm sind die
Gemeinden in vier Unterrichtsbezirke eingeteilt und zwar: 1. Alsheim,
Gimbsheim, Eich und
Hamm; 2. Osthofen, Rhein-Dürkheim, Herrnsheim,
Abenheim und
Gundheim; 3. Hessloch, Monzernheim, Eppelsheim, Gundersheim und Westhofen; 4. Monsheim,
Hohen-Sülzen, Nieder-Flörsheim,
Wachenheim, Mölsheim, Pfeddersheim
und Pfiffligheim. Die Gemeinden Heppenheim
a.d.W. und Offstein sollen der Gemeinde Worms zugeteilt werden. Bis
zum 1. Februar müssen die Gemeinden dem Kreisamte Worms Bericht erstattet
haben." |
Zu einzelnen
Personen und Familien aus der Gemeinde
Zur Familie Abenheim
Der Herkunftsname Abenheim begegnet u.a. bei:
Josef Abenheim (geb. 1804 in Worms,
gest. 1891 in Stuttgart): im 19. Jahrhundert in Stuttgart bekannter
Violinist und Dirigent. Erstmals 1825 als Violinist im Stuttgarter
Hof-Orchester genannt, seit 1854 erster Musikdirektor, Hofoperndirigent
beziehungsweise Königlicher Musikdirektor (Leiter der Hoftheaterkapelle),
1871 pensioniert. |
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Zur Familie Mayer
aus Abenheim |
Arnsberg S. 192 berichtet über die
Mitglieder einer Familie Mayer aus Abenheim, die in die USA
ausgewandert sind: "Max L. Mayer, geboren 1817, war der erste
Jude, der mit einem Pferde und einem Wägelchen in der Umgebung von
Chicago hausierte. Er war Freimaurer und später in Chicago ansässig. Leopold
Mayer, geboren 1827, besuchte das Lehrerseminar; er kam im Jahre 1850
nach Chicago, wo er zuerst Privatlehrer für Deutsch und Hebräisch war;
ab 1853 war er dann Sprachlehrer am Garden City Institut. L. Mayer
war Bahnbrecher des Reformjudentums in Chicago und Illinois überhaupt. Er
gründete 1858 den Reformverein, aus dem später die Sinai Congregation
entstand (1861). Zuletzt war L. Mayer im Bankgeschäft tätig, assistiert
von seinem Sohn Nathan; im Wohltätigkeitswesen von Chicago spielte er
eine bedeutende Rolle." |
Über den aus Abenheim stammenden Leo Metzger
(1868-1942)
Foto links: Blick in die Schlossergasse in Worms 1923, links die
Metzgerei und Wurstfabrik von Leo Metzger (Foto: Stadtarchiv Worms; in
höherer Auflösung in der Website der Stadt Worms).
Der aus Abenheim stammenden Leo Metzger (geb. 8. April 1868 in Abenheim)
hat in Worms eine "Metzgerei und Wurstfabrik" betrieben. Ende
September 1942 wurden er und seine Frau Rosa Metzger geb. Neuhof (geb. 9.
August 1883 in Friedberg) ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt
deportiert, wo er am 11. Oktober 1942 umgekommen ist (seine Frau am 24.
Januar 1943).
Im April 2011 wurden vor dem Haus in der Schlossergasse 22
"Stolpersteine" für das Ehepaar Metzger verlegt.
Zur "Stolpersteine"-Verlegung
siehe Bericht in der "Wormser Zeitung": Den Namen zurück gegeben (Wormser Zeitung, 29.04.2011). |
Zur Geschichte der Synagoge
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird eine "Judenschule"
(= Betstube, Synagoge) genannt (1786). Sie stand auf dem heutigen Grundstück
Fronstraße 19. Das Haus wurde 1965 abgebrochen, das Grundstück neu bebaut.
Eine neue Synagoge wurde spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts erstellt
(1854 in einer Bürgerliste zusammen mit dem oberen und unteren Judenbad
erwähnt). Diese Synagoge stand auf dem heutigen Grundstück Wonnegaustraße 50.
Der jüdischen Gemeinde gehörte bereits 1846 dieses Grundstück. Da die Zahl
der jüdischen Einwohner zurückgegangen war, konnten wohl bereits um 1880 keine
regelmäßigen Gottesdienste mehr in Abendheim abgehalten werden. Bei der
Auflösung der jüdischen Gemeinde 1901 wurde das Synagogeninventar verkauft. In
einer 1901 in der Zeitschrift "Der Israelit" mehrfach erschienenen
Anzeige wurden drei
Torarollen, sechs Subsellien (Bankreihen aus dem Betsaal) und andere
Einrichtungsgegenstände für andere Gemeinden angeboten:
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1901:
"Infolge Auflösung
der Gemeinde Abenheim sind an kleine, wenig
bemittelte Gemeinden drei Torarollen, sowie sechs Subsellien und andere
Synagogeneinrichtungs-Gegenstände zu vergeben. Reflektanten wollen sich
umgehend an den Unterzeichneten wenden.
David Scheuer, Abenheim bei
Worms." |
Wie viele Einrichtungsgegenstände der Synagoge Abenheim
tatsächlich verkauft werden konnten, ist nicht bekannt. Möglicherweise kam
alles durch Ankauf eines Herrn Guggenheimer in Worms an die jüdische Gemeinde
in Fußgönheim, deren Synagoge am 19.
August durch Blitzschlag abgebrannt war:
Die Gemeinde in Fußgönheim erhält die Synagogenutensilien der aufgelösten
jüdischen Gemeinde Abenheim (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1901: "Fußgönheim
(Pfalz). Durch gütige Vermittlung des Herrn Rabbiner Dr. Stein in
Worms erhielten wir von Herrn Guggenheimer in Worms die von ihm
angekauften Synagogenutensilien der aufgelösten israelitischen Gemeinde
Abenheim zum Geschenke, wofür wir genannten Herren auch auf diesem Wege
herzlichsten Dank aussprechen. Unsere Synagoge ist am 19. August durch
Blitzschlag abgebrannt. Der Vorstand: Emanuel Mayer." |
Das Synagogengebäude wurde verkauft und umgebaut. Es blieb
jedoch erhalten. Von 1945 bis 1995 befand sich in dem nicht mehr als Synagoge
erkennbaren Gebäude die Poststelle der Gemeinde.
Adressen/Standorte der Synagoge
| alte Synagoge (Betstube) in der Fronstraße 19
(abgebrochen; Grundstück neu bebaut) |
| neue Synagoge (bis 1901): Wonnegaustraße 50 |
Fotos
(Fotos: Michael Ohmsen, Aufnahmen vom Juli 2011; vgl. Website von
Michael Ohmsen mit Fotoseiten
zu Worms)
Grundstück der
alten Synagoge |
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Das heutige Gebäude
Fronstraße 19 |
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Gebäude der ehemaligen
neuen
Synagoge (bis 1901, umgebaut) |
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Das Gebäude Wonnegaustraße
50 |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bd. 2. S.
191-192 (im Artikel zu Osthofen). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 405 (Artikel von Irene Spille; mit weiteren Literaturangaben).
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