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Friedhöfe im Landkreis Marburg-Biedenkopf und im Lahn-Dill-Kreis"
Fronhausen (Kreis
Marburg-Biedenkopf)
Jüdischer Friedhof
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Fronhausen (interner
Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
(Text von Annemarie Schlag, Fronhausen)
Die Toten der jüdischen Gemeinden Fronhausen/Lahn, Lohra und
Roth/Lahn wurden zunächst auf dem Zentralfriedhof in
Roth/Lahn auf dem dortigen Geiersberg beigesetzt. Zur Anlegung eines
eigenen Totenhofes in Fronhausen erhielt die jüdische Gemeinde 1874 nach einem Schenkungsvertrag vom
1. August 1873 durch den Pferdehändler Simon Löwenstein ein Stück Land auf dem
Stollberg (vergleiche den Bericht unten). Die Größe des Grundstückes betrug 1/2 Acker, 5
Ruthen (Staatsarchiv Marburg Kataster 1, Band 8, Blatt 841). Die erste Bestattung war die
der am 26. März 1874 verstorbenen Tochter Rosa des Pferdehändlers Simon Löwenstein und seiner Ehefrau Esther, geb.
Stern (siehe Foto unten).
Die letzte Beisetzung fand 1939 statt. Die verstorbene Minnchen Sonn, geboren 1847 in Röllshausen/Kreis Ziegenhain, war die Schwester von Dina Löwenstein, geb.
Sonn. Minnchen lebte und arbeitete bei der Familie Löwenstein (Dorfname: Hirsche). Sie besitzt keinen Grabstein, weil
Handwerker und damit auch Steinmetze nicht mehr für Juden arbeiten durften (Information
von Trude Meyer geb. Löwenstein, 1992). Auf Verfügung des Regierungspräsidenten in Kassel wurde der jüdische Friedhof am
28. Oktober 1940 geschlossen. Die im Landkreis Marburg danach
verstorbenen Juden wurden alle im jüdischen Friedhof in
Marburg beigesetzt, der seit dem 8. Juli 1940 als Zentralfriedhof bestimmt
war (Staatsarchiv Marburg Bestand 180 L.A.Marburg, Nr. 4831). Der Friedhof in Fronhausen wurde Eigentum der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, die durch die
10. Verordnung zum Reichsbürgergesetz am 4. Juli 1939 von den NS-Machthabern übernommen wurde. Wie auch in anderen Orten wurden auf dem Friedhof in der NS-Zeit die Grabsteine umgeworfen und
teilweise zerstört.
Nach Kriegsende wurde auf Befehl der amerikanischen Militärregierung der Friedhof wieder hergestellt und die Grabsteine aufgerichtet.
1960 erwarb der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen mit Sitz in Frankfurt/Main den Friedhof. Im
März 1986 verwüsteten Unbekannte den jüdischen Friedhof. Sie warfen
mehrere Grabsteine um. Dabei sind zwei Grabsteine in der Mitte zerbrochen. Die Täter konnten nicht ermittelt
werden (Oberhessische Presse vom 26.03.1986).
Auf dem Friedhof befindet sich ein Denkmal für die in der NS-Zeit umgekommenen jüdischen Einwohner der Gemeinde. Gewidmet wurde dieses Mahnmal von Karl Löwenstein (lt. Rückseite des Gedenksteins). Karl Löwenstein (Dorfname: Mendels) wurde am 24. August 1883 in
Fronhausen geboren, seine Eltern waren Moses und Henriette geb. Schott. Karl verzog nach seinem
Schulabschluss nach Berlin und erlernte den Beruf des Bankkaufmanns. Er heiratete in Berlin eine
nichtjüdische Frau (Söhne: John und Fred). Die NS-Zeit überlebte er in Berlin und verstarb dort am 30. November 1974.
Die
Friedhofsfläche umfasst heute 14,46 ar.
Die erhaltenen 40 schlichten Grabsteine sowie das Mahnmal sind aus Sandstein. Einige Grabsteine weisen ornamentale Schmuckformen auf. Die Inschriften sind vorderseitig (Richtung
Osten) hebräisch, teilweise rückseitig in Deutsch.
Aus der Geschichte des Friedhofes
Zum Tod der Frau von Simon Löwenstein (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1908:
"Fronhausen, 25. Oktober (1908). Ein überaus großer Leichenzug
bewegte sich heute nach dem Friedhof unseres Ortes. Es galt die
sterblichen Überreste einer edlen Frau zur letzten Ruhestätte zu
geleiten, der Frau Simon Löwenstein, die bei ihren Kindern in Jesberg zu
Besuch weilend, durch einen plötzlichen Tod, im nahezu 70. Jahre
abberufen wurde. War es doch der letzte Wunsch der Verblichenen gewesen,
an der Stätte begraben zu werden, wo auch ihr Gatte ruht, auf dem Friedhof,
das letzterer einst seiner Gemeinde als Geschenk überwiesen hat. Viele
Prüfungen waren der Heimgegangenen im Leben auferlegt worden, die sie
alle mit Gottvertrauen trug. Aus dem heiligen Quell unserer Religion
schöpfte sie immer wieder neue Kraft, die sie niemals zusammenbrechen
ließ unter der Wucht der Ereignisse. Selbst des Trostes bedürftig,
vergaß sie oft eigene Schmerzen, um andere zu trösten, und überall mit
dem reichen Schatze weiser Lebenserfahrung den Armen beratend und helfend
zur Seite zu stehen. Erst ihr Tod brachte ans Licht, was sie den Armen
gewesen, da es letztere selbst erzählten. Wie hoch sie im Ansehen Aller
stand, zeigte sich an ihrem Begräbnistage, der sich zu ihrem Ehrentage
gestaltete. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Ida Isenberg geb. Löwenstein aus Gießen, Tochter von Simon
Löwenstein (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1934: "Fronhausen,
14. September (1934). Eine trauernde Gemeinde war es, die eine weit über
die Grenzen der engeren Heimat überaus hochgeschätzte, von allen
geliebte und geachtete Frau zur letzten Ruhestätte führte, zu dem Friedhof,
den ihr seliger Vater vor vielen Jahren der Gemeinde geschenkt und
auf dem alle Glieder seines Hauses ihren Ruheplatz finden sollten:
Frau Ida Isenberg aus Gießen, deren Gatten David Isenberg man
schon im Jahre 1906 hier heraufgetragen hatte. Schon gar früh hat diese
wackere Frau das Leben an verantwortungsvolle Stelle gestellt und sie hat
ihren Posten treu behauptet. Schon mit 19 Jahren reichte sie ihrem tiefen
angesehenen Gatten zu Ehebund die Hand, dem sie elf Kinder schenkte, wovon
noch 9 leben und sich großer Beliebtheit erfreuen. In ihr Leben griff das
Schicksal oft mit rauer Hand ein und getragen von einer echten Gottesfurcht,
gestärkt durch unsere Wahrheit hat sie allen Stürmen
standgehalten, besonders als in ihrem 38. Lebensjahr durch den Tod ihres
Gatten das traute, schöne Familienleben zerrissen wurde und sie nun mit
einer alten Mutter und noch zehn unmündigen Kindern allein stand. Bei der
Fülle der nun auf sie einstürmenden Aufgaben und Pflichten hat sie nie
gewankt und ihren heiteren Lebensmut verloren, eine seltene Frau, die nach
ihrer Erziehung so peinlich die Gebote einhielt, dass sie zum
Vorbild für viele gelten könnte. Wo Not und Armut war, war sie hilfsbereit
zur Hand, ob es halt, im Gießener Krankenhaus oder auch in Privathäusern
Kranke zu besuchen oder das heilige Gebot (statt Gebet) von wahrhafter
Wohltätigkeit zu erfüllen (sc. sie hat sich auch in der
Frauenchewra um das Bestattungswesen bemüht).
Am Tag vor Neujahr erlitt sie einen Schlaganfall und am
Donnerstagmorgen erwachte sie aus ihrer Bewusstlosigkeit, um, mit dem Sch'ma
auf den Lippen, ihre reine Seele auszuhauchen.
Herr Lehrer Neumann, Gießen, entwarf ein kurzes Lebensbild
der Verstorbenen, der fast die gesamte Gemeinde von Gießen das letzte
Geleite gab; auf dem Friedhof in Fronhausen hatten sich viele Trauernde
eingefunden. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Lage des Friedhofes
Hinter der Grundschule in Richtung Tennisplatz (vom Salzbödener Weg, Weg rechts ab Richtung Tennisplatz/Schützenhaus; hinter der Abfahrt zum Schützenhaus befindet sich der
Friedhof). Der Friedhof ist eingezäunt und mit einer Buchenhecke umgeben.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 27.3.2008; Fotos mit *) von
Annemarie Schlag, Fronhausen)
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Eingangstor |
Hinweistafeln am
Eingang |
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Blick über den Friedhof |
Gräberreihen in
dem nur teilweise belegten Friedhof |
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Grabstein für Rosa
Löwenstein, die erste auf dem Friedhof Beigesetzte
(geb. 12.
November 1873, gestorben 26. März 1874)* |
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Grabstein für
Ester Löwenstein (27. Oktober 1838 - 23. Oktober 1908); hebräisch links:
"Hier ruht die Frau Ester, Tochter des Mosche Meir HaLewi, gestorben
in Jesberg..." * |
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Grabstein
für Simon Löwenstein (26. Februar 1809 - 31. August 1890) ;
hebräisch links:
"Hier ruht Schim'on, Sohn des Ascher HaLewi,
genannt Simon Löwenstein Fronhausen..." * |
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Das Mahn- und Gedenkmal
im
Friedhof |
"gewidmet von
Karl
Löwenstein" |
"Zum
mahnenden Gedenken an die Mitglieder
der jüdischen Gemeinde von
Fronhausen, die
ein Opfer der Nazi-Verfolgung 1933-1945
geworden
sind". |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Arnsberg I,217-218.
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Barbara Wagner, Dieter Bertram, Friedrich Damrath, Friedemann
Wagner:
Die jüdischen Friedhöfe und Familien in Fronhausen, Lohra,
Roth
375 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Marburg 2009.
Zu beziehen über Geschichtswerkstatt Marburg e.V. Schwanallee
37-31, 35037 Marburg
www.geschichtswerkstatt-marburg.de
Arbeitskreis Landsynagoge Roth e.V., Lahnstraße 27 (Roth),
35096 Weimar (Lahn)
www.landsynagoge-roth.de |
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