Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
Gochsheim (Kreis
Schweinfurt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gochsheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15./18. Jahrhunderts zurück.
Erstmals werden um 1409 Juden am Ort genannt:
Links:
Schreiben aus der Zeit um 1409, in dem Erkinger von Seinsheim erklärt,
dass er keinerlei Ansprüche auf das Eigentum der Juden erhebt, die vom
Fürstbischof zu Gerolzhofen,
Dettelbach (?) und Gochsheim gefangen genommen werden. Der Ortsname
"Gochsheim" in der dritten Zeile von unten links. |
Im 16. Jahrhundert bestand eine jüdische Gemeinde mit
eigenen Einrichtungen am Ort. 1536 wird berichtet, dass die
jüdischen Familien auf den adligen Lehensgütern des Herrn von Schaumburg und
des Jürgen Diemar lebten. 1548 werden eine Synagoge in der Nähe der
Pfarrkirche und eine jüdische Schule genannt, die damals auf Betreiben des
Schutzherrn des freien Reichsdorfes Gochsheim - Kurfürst Friedrich II. von der
Pfalz - vom Fleckmeister geschlossen wurden. Die Gochsheimer Judenschaft wandte
sich unter Vermittlung des Rabbi Josel von Rosheim an Kaiser Karl V. und
erreichte die erneute Öffnung ihrer Synagoge und Schule. Unter den Gochsheimer
Juden werden mehrfach Jakob und Abraham, aber auch andere Personen genannt. Von
Seiten der christlichen Bevölkerung, dem Rat der Stadt Augsburg und dem
Würzburger Bischof wurde in der Folgezeit energisch die
"Ausschaffung" der Juden aus dem Ort betrieben. Auf mehrfache
Anweisung der Bischofs Julius Echter wurde schließlich eine Ausweisung 1581
erreicht. Sie kann nicht lange angedauert haben, da der Herr von Erthal auf
seinen Grundstücken am Ort (die bis 1570 den Herren von Schaumburg gehörten)
und zwar im Bereich des "Judenhofes" eine weitere jüdische Ansiedlung
erlaubte. Hier im Judenhof wurde 1654 eine neue Synagoge mit einer Mikwe
errichtet.
Im 18. Jahrhundert stieg die Zahl auf 26 jüdische Familien (1790).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1816 152 jüdische Einwohner (11,1 % von 1.373), 1837 170 (9,8 % von
1.730), 1867 118 (6,6 % von 1.784), 1880 72 (3,8 % von 1.890), 1900 50 (2,6 %
von 1.944), 1910 44 (2,0 % von 2.227).
Bei der Erstellung der Matrikelliste 1817 werden in Gochsheim auf
insgesamt 33 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände
genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Joseph Samuel Strauß
(Schmuserei), Joseph Hirsch Edelheim (Schmuserei), Abraham Mändel Traub (Trödelhandel),
Joseph Ruben Gross (Schmuserei), Kusel Isaak Mohr (Viehhändler), Abraham David
Mahler (Viehhändler), Baerlein Isaak Gotthal (Schmuserei), Pfeufer David
Goldstein (Schnittwaren- und Spezereihandel), Lazarus David Silberstein
(Schnittwaren- und Spezereihandel), Isaak Pfeiffer Kreiss (Viehhandel), Maier
Samuel Buchold (Galanterie- und Trödelhandel), Gerson Hirsch Stern (Mäklerei),
Philipp Hirsch Frankenheimer (Handel mit Schnittwaren, seit 1817), Mendel
Abraham Traub (Handel mit Schnittwaren, seit 1817), Samuel Abraham Gundersheimer
(Schnittwaren- und Pelzhandel), Nathan Jacob Heldenmann (Seifensieden und
Schlachten), Kusel Pfeufer Kanne (Schnittwaren- und Trödelhandel), Maier Isaak
Reiss (Trödelhandel), Abraham Wolf Heinemann (Seifen - und Lichterhandel),
Aaron Moses Lichten (Handel mit altem Eisen), Michael Isaak Rothhahn (Viehhandel
und Schlachterei), Wolf Simon Rosenthal (Schnittwarenhandel), Baruch Hirsch
Fischer (Schnittwaren- und Spezereihandel), Hirsch Isaak Lespult (Pfand- und
Rindviehhandel), Maier David Goldschmidt (Viehhandel und Schlachterei), David
Maier Schloß (Schmuserei), Abraham Hirsch Krauss (Viehhandel und Schmuserei),
Joseph Isaak Rosenblatt (Viehhandel), Moises Joseph Fränkel (Viehhandel), Isaak
Maier Schreiber (Zehngebotschreiber), Rosina, Witwe von Wolf Mardjes Eisenheimer
(Spezereihandel), Lazarus Maier Süskind (Galanteriehandel), Löw Samuel Silbermann
(Galanteriehandel).
Mitte des 19. Jahrhunderts werden im
Judenhof die jüdischen Familien genannt (nach den Familienvorständen): Abraham Kraus, Faust Kraus
(Weinreisender), Isaak Kame (Schnittwarenhändler), Kusel Kame (Trödler) Moses
Fränkel (Viehhändler), Isaak Gotthold (Schneider), Maier Reiß Witwe, Abraham
Heldmann (Metzger), David Schreiber (Garkoch), Hirsch Leopold (Viehhändler),
Jakob Eisenheimer (Schuhmacher), Baruch Fischers Witwe, Semele Rothahn, Geschwister
Heyum, Isaak Eisenheimer (Nagelschmied), Nathan Schreiber (Toraschreiber),
Abraham Heldmann (Metzger), Isaak Heldmann (Seifensieder). Inzwischen wohnten die
ersten jüdischen Familien auch bereits außerhalb des Judenhofes (Familien Gundesheimer, Bergmann).
Nach den Forschungen von Leo Jakob Jäger (s. Lit. S. 59) waren Mitte des 19. Jahrhunderts sämtliche
Besitzer "handlohnbar" (Untertanenverhältnis) zur Freiherr von Bechtolsheimischen
Gutsherrschaft in Mainsondheim. Nach Forschungen von Elisabeth Böhrer bezieht
sich das nicht auf alle um 1850 dort lebenden jüdischen Bewohner.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule mit Lehrerwohnung sowie ein rituelles Bad. Zur Besorgung der religiösen Aufgaben der
Gemeinde war
ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. Die Gemeinde wurde dem Bezirksrabbinat in Schweinfurt
zugeteilt. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Gerolzhofen
und Schwanfeld beigesetzt.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Max Heldmann (geb.
24.5.1879 in Gochsheim, gef. 26.2.1916) und Gefreiter Justus Selig (geb.
5.6.1885 in Gochsheim, gef. 7.4.1916). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen und
Vermissten beider Weltkriege von Gochsheim in einem Hain an der Friedhofstraße
in der Nähe des örtlichen Friedhofes.
Um 1924, als noch 29 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (knapp 1
% von etwa 3.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Hermann
Strauß und Herr Rosenbusch. Einen eigenen Lehrer hatte die Gemeinde nicht mehr.
Den Religionsunterricht für das noch eine schulpflichtige jüdische Kind
erteilte Lehrer Heinrich Reiter aus Gerolzhofen.
Der jüdischen Gemeinde Gochsheim waren seit Juli 1905 auch die wenigen im benachbarten Schwebheim
lebenden jüdischen Personen zugeteilt (1919: 3), nachdem die dortige Gemeinde
aufgelöst worden war. Seit der Wahl am 12. Februar 1928 war Vorsteher der Gemeinde
der Viehhändler Wilhelm Heldmann (noch bis zur Auflösung der Gemeinde 1937).
1933 wurden noch 16 jüdische Gemeindeglieder gezählt (Mitglieder der
Familien Rosenbusch, Heldmann, Selig und die Geschwister Strauß). Auf Grund der
zunehmenden Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen
zwischen 1934 und 1938 elf Gemeindeglieder den Ort: vier emigrierten in die USA,
sieben zogen in andere deutsche Orte (drei nach Bad Kissingen, je zwei nach
Frankfurt am Main und Regensburg). Die Gemeinde wurde im Sommer 1937
aufgelöst (siehe Dokumente unten), die hier
noch lebenden jüdischen Einwohner der Gemeinde in Schweinfurt
zugeteilt. Beim Novemberpogrom 1938 kam es zu gewaltsamen Aktionen gegen
jüdische Familien durch SA-Leute: bei Familie Max Rosenbusch wurden Türen und
Fenster eingeschlagen, die Wohnungseinrichtung zertrümmert; die Wohnung der
Geschwister Emma und Betty Strauß wurde verwüstet, teilweise geplündert,
Bettfedern und Stoffe auf die Straße geworfen. Außer den Geschwistern Strauß,
die 1942 von Gochsheim deportiert wurden, haben alle jüdischen Einwohner
Gochsheim den Ort zuvor verlassen.
Von den in Gochsheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jutta Aal geb. Mohr (1860), Charlotte Frankenheimer
(1877), Ludwig Frankenheimer (1875), Bertha Fried geb. Rosenblatt (1857),
Michael Friedmann (1877), Emma Guggenheim geb. Wallenstein (1858),
Philippine Gutmann geb. Frankenheimer (1863), Amalie Haas geb. Straus (1874),
Hedwig Hanauer (1863), Balbina
(Babette) Heldmann geb. Steinhäuser (1876), Wilhelm (Willy) Heldmann (1873),
Pauline Kraus (1860), Sophie (Sofia, Sofie) Mayer geb. Friedmann (1865), Julius Raff
(1868), Nathan Reinstein (1871), Leopold (Leo) Rosenbusch (1903), Rosa Samuel geb. Heldmann
(1883), Emilie Schwed geb. Bergmann (1859), Amalie Selig (1889), Clara (Klara)
Selig geb. Isner (1861), Clothilde Selig
(1892), Netta (Nanette) Stern
geb. Silberstein (1862), Betty (Betti) Strauss (1874), Emma Strauss (1877), Philippina
Strauss (1887).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle der Religionslehrers, Vorsängers und Schächters
1877 / 1878 / 1887 / 1899 / 1900 / 1904 / 1907 / 1911
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1877:
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle mit
einem jährlichen Einkommen von 1.000 Mark ist erledigt und soll sofort
besetzt werden. Meldungen sind an den Unterzeichneten zu richten.
Gochsheim bei Schweinfurt, 19. März 1877. Max Reinhold,
Kultus-Vorstand". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1878:
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle ist
erledigt und soll wieder besetzt werden. Jährliches Einkommen ca. Mark
900 nebst freier Wohnung. Meldungen sind innerhalb 4 Wochen an den
Unterzeichneten zu richten.
Gochsheim bei Schweinfurt, 28. Juli 1878. Max Reinhold,
Kultus-Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. November 1878:
"Die kombinierte Religionslehrerstelle Gochsheim-Schwebheim ist
erledigt und soll in Bälde besetzt werden. Fixer Gehalt (exklusive
Schächtergebühren und Nebenverdienste) Mark 550 nebst schöner freier
Wohnung. Nur befähigte Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den
Unterzeichneten einsenden.
Gochsheim bei Schweinfurt, im November 1878. Max Reinhold,
Kultus-Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1887:
"Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle an der
kombinierten Schule Gochsheim-Schwebheim wird bis zum 15. März frei und
soll sofort wieder besetzt werden. Fixer Gehalt 350 Mark, Ertrag der
Schächterfunktion 300, Nebenverdienste 40, für Beheizung des
Schulzimmers 25 Mark (Wohnung frei), fixer Gehalt von Schwebheim 120 Mark,
Schächter-Funktion daselbst 80 Mark, Gesamtsumme 925 Mark. Gesuche sind
an den Unterzeichneten zu richten.
Gochsheim bei Schweinfurt, 24. Februar 1887. Max Reinhold,
Kultusvorsteher." |
Auf die Ausschreibung bewarb sich Simon
Stern; er blieb 11 Jahre in Gochsheim. Die nachfolgende Ausschreibung
1899 war nach seinem Tod nötig (Nachruf siehe unten): |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1899:
"Die kombinierte Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle
in Gochsheim-Schwebheim ist erledigt. Fixer Gehalt 470 Mark, Ertrag der
Schächterfunktion 350 (ohne Garantie), Nebenverdienste 50, für Schulholz
40, Summa 910 Mark, nebst schöner freier Wohnung.
Bewerbungen sind unter Vorlage von Zeugnissen innerhalb 14 Tagen an den
Unterzeichneten zu richten.
Gochsheim bei Schweinfurt. M. Reinhold, Kultusvorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1900:
"Die kombinierte Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle in Gochsheim-Schwebheim ist erledigt und soll sofort
besetzt werden. Fixer Gehalt Mark 470, Ertrag der Schächterfunktion Mark
350 (ohne Garantie), Nebenverdienste Mark 50, für Schulholz Mark 40,
Summa Mark 910 nebst freier Wohnung. Nur seminaristisch gebildete Lehrer
wollen ihre Meldungen unter Vorlage von Zeugnissen an den unterzeichneten
Kultusvorstand richten.
Max Reinhold, Gochsheim bei Schweinfurt." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November 1904:
"Die kombinierte Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle,
Gochsheim - Schwebheim ist erledigt und soll baldigst besetzt werden.
Fixer Gehalt Mark 470, Ertrag der Schächter-Funktion ca. Mark 450,
Nebenverdienste ca. Mark 100, Holzentschädigung Mark 40 nebst schöner
freier Wohnung.
Nur seminaristisch gebildete Lehrer wollen ihre Gesuche mit Zeugnissen an
den Unterzeichneten einsenden.
Gochsheim (Unterfranken), 9. November, Max Reinhold,
Kultusvorstand". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1907:
"Lehrer, Kantor und Schochet. Für die Stelle Gochsheim - Schwebheim
(Unterfranken) gesucht. In Schwebheim ist nur zu schächten, und zwar
wöchentlich einmal. Fixer Gehalt Mark 520.- Ertrag des Schächtens
insgesamt annähernd Mark 400.- sonstige Nebenverdienste Mark 40.-. Freie
gesunde Wohnung. Nur seminaristisch gebildete Bewerber belieben ihre
Gesuche zu richten an
Hermann Strauss, Vorsteher, Gochsheim (Unterfranken)". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juli 1911:
"Die Religionslehrerstelle in der Gemeinde Gochsheim, Unterfranken,
mit einem jährlichen Einkommen von ca. Mark 1.500.- inklusive
Nebenverdienst ist neu zu besetzen und belieben Bewerber ihre Offerte an
den Kultusvorstand
Hermann Strauss, Gochsheim (Unterfranken) einzusenden." |
Zum Tod des Lehrers Joseph Silbermann (vor 1877 in
Gochsheim) siehe Bericht bei Wiesenfeld
Auf der Seite zu Wiesenfeld finden sich auch Berichte über seine Tochter Therese Bamberger
geb. Silbermann
Zum Tod des Religionslehrer Simon Stern (1899)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1899: "Schweinfurt, 3. Siwan.
Heute Nachmittag, kurz vor Schabbat
Kodesch, erfüllten wir die traurige Pflicht, einem früh
dahingegangenen Freund das letzte Geleite zu geben. Herr Simon Stern, der
zuletzt 11 Jahre in Gochsheim als Religionslehrer, Schochet und Kantor
gewirkt hat, nachdem er bereits mehrere Jahre diese Funktionen in Eberbach, Bez.-Rabbinat Mosbach ausgeübt hatte, ist seinem qualvollen, tückischen
leiden, das ihm seit mehr als einem Jahrzehnt ein furchtbares Martyrien
auferlegt hatte, im 33. Lebensjahre erlegen. Bereits seit dem Monat
Oktober des Vorjahres hatte er sein Amt in Gochsheim aufgegeben, da ihm
die furchtbaren Schmerzen der Krankheit und die immer mehr überhand
nehmende Schwäche nicht mehr gestatteten, zu seiner Befriedigung seine
Pflichten zu erfüllen. Ungern sah ihn die Gemeinde scheiden! Denn Lehrer
Simon Stern war ein Muster als Mensch und Jehudi, dessen schlichtes,
aufrichtiges und bescheidenes Wesen jedem Achtung abrang und Liebe einflößte.
Er war ein Vorbild an Pflichttreue und ein wirklicher Pädagoge; er
verstand es bei seiner Sachkenntnis, seinem unermüdlichen Eifer und
seiner Liebe zu jedem einzelnen Kind, auch den Schwachen Kenntnisse zu
vermitteln. Die schon seit Jahren an Schmerzen überreiche Krankheit, ließ
ihn doch nicht um Haaresbreite von dem Weg der strengsten Pflichterfüllung
abweichen, wiewohl seine Stelle, mit der noch eine Filiale verbunden ist,
nicht geringe Anforderungen an ihn stellte. Simon Stern war aber vor allem
eine Zierde seines Standes; seine ideale Auffassung des Lehrerberufes, die
Selbstlosigkeit, mit der er ihm oblag, verdienen Bewunderung. In der Tat
haben ihn auch seine Kollegen zum Beweis ihrer Hochachtung in die
erweiterte Vorstandschaft
des israelitischen bayerischen Lehrervereins während der letzten Jahre
gewählt.
Wer mit den Verhältnissen der Israeliten auf dem Lande, zumal in unserer
Gegend, vertraut ist, der weiß, welchen Einfluss ein tüchtiger,
gesinnungstreuer Lehrer zu üben vermag, welchen Verlust darum der Tod
eines solchen darstellt; mit Fug und Recht dürfen wir ausrufen. … Diese
Empfindungen beherrschten denn auch alle Teilnehmer der Beerdigung auf dem
Friedhof in Euerbach, wo sich alle die Kollegen, denen es trotz der
Sabbatnähe zu erscheinen möglich war, eine Deputation der Gemeinde
Gochsheim und Distrikts-Rabbiner Dr. Stein aus
Schweinfurt, außer den übrigen
zahlreichen Freunden und Bekannten und Leidtragenden eingefunden hatten.
Rabbiner Dr. Stein konnte nur seinem Bedauern Ausdruck verleihen, dass die
Sabbat- und Festesnähe es ihm nicht gestatte, dem Verblichenen, dem er
nicht nur als Vorgesetzter, sondern auch als wahrer Freund gegenübergestanden
hatte, den verdienten, ehrenvollen Nachruf zu widmen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. S." |
Zum 25-jährigen Ortsjubiläum des Lehrers Salomon Neumann
in Kassel (1931, geb. 1880, nach Simon Stern um 1900 einige Jahre Lehrer in Gochsheim)
Fotos, erhalten im August
2010
von Fredel Fruhman,
eine Enkelin von
Lehrer Salomon Neumann |
|
|
|
|
|
Lehrer Salomon Neumann in
Kassel mit den zu seinem
25-jährigen Ortsjubiläum 1931
in Kassel
erhaltenen Geschenken;
im nachfolgenden Abschnitt
wird ein Teil davon
erwähnt. |
Lehrer Salomon
Neumann (Foto
von 1934) und seine Frau
Frieda geb. Dorfzaun (nach der
Deportation 1942 umgekommen),
eine Tochter des Kantors Leopold
Dorfzaun
(zuletzt in Fischach) |
|
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1931:
"Kassel, 19. Oktober (1931). Am 16. Oktober waren 25 Jahre
verflossen, seitdem Herr Lehrer Salomon Neumann in den Dienst der Kasseler
Israelitischen Gemeinde trat. Der Jubilar ist in Burgpreppach als Lehrersohn
geboren und hat im Würzburger Seminar seine Ausbildung erhalten. Die
Tradition des Elternhauses war richtunggebend für seine religiöse Auffassung,
und der Pflege streng orthodoxer Anschauungen hat Lehrer Neumann seine
Arbeitskraft gewidmet. Nachdem er mehrere Jahre in Gochsheim, Rabbinat
Schweinfurt, als Lehrer, Chason und Schauchet tätig war, dann am
Schüler- und Lehrlingsheim in Marburg a.d. Lahn die Erziehertätigkeit
ausgeübt, übernahm er im Oktober 1906 die Schechitah in unserer
Gemeinde. Schon nach kurzem Wirken zog man Herrn Neumann auch als Lehrer
heran. Man übertrug ihm den hebräischen Unterricht an der dem Seminar
angegliederten Präparandenschule. Einige Jahre später unterrichtete
Neumann auch profane Fächer an der jüdischen Volksschule. Zur Zeit ist
Neumann als Religionslehrer und Bibliothekar der Israelitischen Gemeinde
tätig. Seine großen talmudischen Kenntnisse stellte er oft in den Dienst
der Jugenderziehung und des Vereinslebens. So sind mehrere Schiurim von
ihm abgehalten worden, und zur Zeit wird der von dem Chewras Emunim-Verein
eingerichtete Schiur von ihm geleitet. Dem Vorstand der 'Brüderschaft'
gehört er seit einigen Jahren an, ebenso auch anderen Vereinen, die auf
orthodoxer Grundlage errichtet wurden, wie dem Vorstand des 'Speisevereins'
und der 'Sterbekasse'. In der Absicht, auswärtige und in hiesigen
Krankenhäusern untergebrachte Patienten in religiöser Hinsicht betreuen
zu können, hat Lehrer Neumann den 'Bikkur chaulim-Verein' gegründet, der
sich wiederholt als segensreiche Einrichtung bewährt hat. Für die
praktische Ausbildung junger Fachgenossen stellte er sich gerne und oft
zur Verfügung.
Am Jubeltag fand in der Wohnung des Jubilars eine erhebende Feier statt.
Für Schächtkommission und Schule sprach Herr Landrabbiner Dr. Walter,
für die Gemeindeverwaltung Herr Rechtsanwalt Dalbert, für die
verschiedenen Vereine und die Fleischermeister Herr Gemeindeältester
Löb. An Ehrengaben wurden überreicht: ein prachtvoller, silberner
Brotkorb mit Gravierung, eine herrliche silberne Esrogbüchse, ein großer
silberner Pokal, ein in Silber gefasster Hawdolohteller, Weine, Liköre
und sonstige Geschenke. Das Festzimmer glich einem Blumenhain, alles ein
Beweis für die Liebe und Verehrung, die man in allen Kreisen Herrn
Neumann entgegenbringt. Am Schluss nahm Herrn Neumann das Wort, um allen
Organisationen aufs herzlichste zu danken und zu geloben, im bisherigen
Sinne seine Kräfte weiterhin zur Verfügung zu stellen.
(Alles Gute)
bis 120." |
|
Anmerkung: nach Angaben einer Enkelin von
Lehrer Salomon Neumann (Fredel Fruhman geb. Jacobs, Tochter von Hetti
Jacobs geb. Neumann) war Salomon Neumann auch
weiterhin in Kassel tätig. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er verhaftet
und für einige Zeit in ein Konzentrationslager verschleppt. Erst Mitte
September 1941 (!) verließ er Deutschland und emigrierte über Barcelona nach
Südamerika, wo er sich in Quito, Ekuador niederlassen konnte.
Seine Frau Frieda geb. Dorfzaun (geb. 1883 in Schwanfeld) wurde nach der
Deportation 1942 ermordet. Nach 1945 ließ sich Salomon Neumann in den USA
nieder, lebte zunächst in New York City, danach in Trenton, New Jersey.
Er starb 1971 in New York im Alter von 91
Jahren. Der älteste Sohn von Salomon Neumann - Erich Neumann - war u.a. Lehrer in
Spangenberg
(Foto dort). |
Über Lehrer Max Adler (nach 1918 Lehrer in
Gochsheim)
(Quelle: Barbara Kowalzik: Lehrerbuch. Die Lehrer und Lehrerinnen des
Leipziger Schulwerks 1912-1942. Leipzig 2006. S. 129; vgl. Strätz
Biographisches Handbuch Würzburger Juden I S. 51)
Max Adler (geb. 1894 in Brückenau,
ermordet nach Deportation in Kaunas im November 1941): Ausbildung in der
Präparandenschule in Burgpreppach
und 1910 bis 1913 an der ILBA in Würzburg;
1914 bis 1918 beim Militärdienst; nach Rückkehr aus dem Kriegsdienst
Lehrer in Gochsheim, dann in Altenmuhr;
seit 1921 verheiratet mit Else geb. Blatt (Tochter des Oberlehrers der
jüdischen Schule in Obbach Nathan
Blatt); 1923/24 an der Israelitischen Mädchenschule in Leipzig; seit 1924
Lehrer an der Münchener orthodoxen jüdischen Volksschule, später Leiter
dieser Schule; war Vorstandsmitglied der israelitischen Kultusgemeinde
München. Mit Ehefrau und Sohn Raphael nach Kaunas deportiert und
ermordet. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Zur Aufstellung eines Kriegerdenkmals für die Kriegsteilnehmer 1870/71
(1896)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1896: "Gochsheim. Als
Gegenstück zur der kürzlich in diesen Blättern erwähnten Dörnigheimer
Affäre – der dortige Pfarrer wollte die Aufstellung einer Gedächtnistafel
in der Kirche nicht zugeben, weil auf derselben auch jüdische Veteranen
der deutsch-französischen Krieger 1870/71 verzeichnet waren – möge
folgende Tatsache aus unserem, ehemals reichsfreien Dorfe an dieser Stelle
registriert werden. Auch die hiesige Gemeindeverwaltung errichtete zu
Ehren ihrer Veteranen ein prachtvolles Denkmal in Form eines Obelisken mit
dem Reichsadler gekrönt. Unter den Namen der auf dem Sockel verzeichneten
Krieger figuriert auch ein Jude, der Metzgermeister Nathan Heldmann.
Derselbe erhält sogar als Kriegsinvalide eine entsprechende Pension
ausgezahlt.
Zur Ergänzung der im verflossenen Jahre erschienenen Krieger- und
Veteranenliste sei noch erwähnt, dass die drei Gebrüder Schuster von Nordheim
v.d. Rhön im Kriegsjahre unter den Waffen standen und zwei derselben
die Kämpfe in Frankreich mitmachten; der älteste Bruder ist übrigens
schon Kriegsveteran aus dem Jahre 1866.
A." |
Auflösung der jüdischen Gemeinde Gochsheim (1937)
Anzeige in
der "Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juni 1937: "Bekanntmachung
über Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde Gochsheim. Der Rat des
Verbandes hat in seiner Sitzung vom 21./22. März 1937 nach Anhörung des
zuständigen Bezirksrabbinats auf Grund des § 28 der Verbandsverfassung
beschlossen:
1. Bei der Kultusgemeinde Gochsheim sind die Voraussetzungen dafür
gegeben, dass diese Kultusgemeinde als aufgelöst anzusehen ist.
2. Die Auflösung der Kultusgemeinde Gochsheim wird als eingetreten erklärt.
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht unter Hinweis
auf § 28 der Verbandsverfassung, laut welchem gegen den Beschluss jedem
Gemeindemitglied binnen einer Frist von einem Monat nach dieser
Bekanntmachung die Beschwerde zum Landesschiedsgericht des Verbandes
zusteht. Die Beschwerdefrist beginnt mit Veröffentlichung dieser
Bekanntmachung.
München, 31. Mai 1937. Verband
Bayerischer Israelitischer Gemeinden.
Dr. Neumeyer". |
Angliederung der in Gochsheim noch lebenden jüdischen Einwohner nach Schweinfurt
1937
Anzeige in
der "Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. August 1937:
"Bekanntmachung
über Ausdehnung des Gebietes der Israelitischen Kultusgemeinde
Schweinfurt auf das Gebiet der politischen Gemeinde Gochsheim.
Die Israelitische Kultusgemeinde Schweinfurt hat als
Steuerverbandsvertretung am 19. Juli 1937 folgenden Beschluss
gefasst:
Das Gebiet der Israelitischen Kultusgemeinde Schweinfurt wird auf das
Gebiet der politischen Gemeinde Gochsheim erstreckt.
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.
Den an der Umbildung Beteiligten, insbesondere den von der Umbildung
betroffenen umlagenpflichtigen Bekenntnisgenossen, wird hiermit
Gelegenheit zur Einsprache gegeben. Die Einsprache soll genau die Gründe
darlegen, welche gegen die bekannt gegebene Umbildung angeführt werden
wollen. Die Einsprache muss binnen einer vom 20. August 1937 ablaufenden
Frist von zwei Wochen bei der Israelitischen Kultusgemeinde Schweinfurt
schriftlich eingereicht werden.
Schweinfurt, den 30. Juli 1937. Israelitische Kultusgemeinde Schweinfurt.
Ludwig Silberstein. 1. Vorstand." |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Über die Familie Selig (Hinweis eingefügt
anlässlich der "Stolpersteine"-Verlegung in Regensburg im September
2013:
Im September 2013 wurden in Regensburg "Stolpersteine" verlegt für Klara,
Amalie und Clothilde Selig, die den größten Teil ihres Lebens in Gochsheim
verbracht haben: Klara Selig geb. Isner ist 1861 in Hüttenbach
geboren und heiratete 1883 in Nürnberg Hermann Selig. Das Ehepaar lebte
nach der Heirat in Gochsheim, wo fünf Kinder geboren sind: Joseph
(später Rechtsanwalt in Schweinfurt, 1928 ebd. gestorben), Justus
(gefallen im Ersten Weltkrieg, siehe oben), Emma (früh verstorben), Amalie
(geb. 1889) und Chlothilde (genannt Thilda, geb. 1892). Klara Selig
führte in Gochsheim viele Jahre einen gut gehenden
"Tante-Emma-Laden". Hermann Selig ist noch in Gochsheim gestorben.
Nach 1933 eröffnete ein SA-Führer aus Schweinfurt einen Laden in derselben
Straße wie der Laden von Klara Selig, um ihr die Kundschaft abzuziehen. Klara
und Klothilde verzogen - der Existenzgrundlage beraubt - im Oktober 1937 von
Gochsheim zu der bereits in Regensburg lebenden Amalie. Am 2. April 1942 wurden
alle drei von Regensburg nach Piaski deportiert. Sie wurden vermutlich im
Vernichtungslager Sobibor ermordet.
Im September 2013 wurden in Regensburg vor dem Gebäude Heiliggeistgasse 10 drei
"Stolpersteine" für die Klara Selig und ihre beiden Töchter
verlegt.
Vgl. Artikel von Hannes Helferich in der "Main-Post" vom 17. September
2013: "Gedenken
an drei von den Nazis ermordete Frauen". .
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge gab es in Gochsheim bereits im 16. Jahrhundert.
Sie befand sich in der Nähe der Pfarrkirche, vermutlich auf dem Grundstück
neben dem Kantoratsgebäude, heute Gasthaus "Zur Rose". Mauern dieser
ersten Synagoge können im heutigen Anbau dem Gasthaus "Zur Rose"
aufgegangen sein. Möglicherweise ist der Anbau auch auf dem Grund der ersten
Gochsheimer Synagoge entstanden. Äußerlich sieht der Anbau bis heute wie ein
früheres Synagogengebäude aus.
Nachdem seit Ende des 16. Jahrhundert die jüdischen Familien im Bereich des Judenhofes
unter dem Schutz derer von Erthal lebten, erbauten sie hier 1652 oder 1654
eine neue Synagoge mit einer Mikwe im Keller. Gründliche Renovierungen
beziehungsweise Umbauten wurden 1754 und 1920 vorgenommen.
Bei der Auflösung der jüdischen Gemeinde 1937 wurden die
Ritualien der Synagoge der Gemeinde Schweinfurt übergeben, wo sie beim
Novemberpogrom 1938 vernichtet wurden. Die Gebäude der Synagoge und der
jüdischen Schule kamen am 16. März 1937 mit damit verbundener
Rückzahlung einer Grundschuld in den Besitz der jüdischen Gemeinde
Schweinfurt, die sich verpflichtete, die Synagoge in Gochsheim zu erhalten und
den Gochsheimer Juden zur Verfügung zu stellen, solange ihr Vorsteher Wilhelm
Heldmann in Gochsheim wohnt und es noch mindestens acht jüdische Einwohner in
Gochsheim hat. Damals befanden sich in der Synagoge noch 12 Torarollen mit
Toramänteln, 3 Vorhänge des Toraschreines, 1 silberner Jad (Lesehand), 2
silberne Toraschilder (Tass), 1 silberner Ez Chaiim.
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde Gochsheim im Juni/Juli 1937 wurde
das Synagogengebäude verkauft und zu einem bis heute
bestehenden Wohnhaus umgebaut.
Das Gesamtensemble des ehemaligen "Judenhofes" ist in der Denkmalliste
aufgenommen. Dazu gehören die Gebäude Judenhof 2-22 mit dem ehemaligen
jüdischen Gemeindehaus und der Synagoge (Judenhof 16/18) sowie das Gebäude
Hadergasse 3 auf den Flurstücken 112/1, 113-116 und 190-196.
Adresse/Standort der Synagoge: Judenhof 16.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007)
Vermutetes
Grundstück, möglicherweise sogar Gebäude der alten Synagoge
(16. Jahrhundert) |
|
|
|
Nach den Urkunden
des 16. Jahrhunderts stand die alte Synagoge in der Nähe der Kirche.
Bekannt ist, dass das Grundstück des abgebildeten Gebäudes später im
Gemeindebesitz und nicht im Besitz einer adligen Familie (auch nicht derer
von Erthal) war. Die jüdischen Familien erbauten im 17. Jahrhundert ihre
neue Synagoge auf von Erthaler Grundstück im Bereich des nahen
Judenhofes. |
|
|
|
|
|
|
Der Judenhof |
|
|
|
Hinweistafel:
"Judenhof. Unter dem Schutz der Schlossherren lebte
hier über
Jahrhunderte eine jüdische Gemeinde" |
|
|
|
|
|
|
Blick in den
Judenhof |
|
|
|
|
Gebäude der
(neuen) Synagoge (17. Jahrhundert, als Synagoge umgebaut 1754 und
1920; zum Wohnhaus umgebaut nach 1937) |
|
|
|
|
Vermutetes Aussehen der
ehemaligen
Synagoge (Zeichnung: Peter Jäger) |
Die ehemalige
Synagoge wird als Wohnhaus verwendet; links davon angebaut
war das
Gebäude der jüdischen Schule mit der Lehrerwohnung |
|
|
Gedenktafel im Kirchhof |
|
|
Gedenktafel im
Kirchhof, November 1996 anlässlich des 1200jährigen Jubiläumsjahres am
Kantoratsgebäude angebracht:
"Zum Gedenken. Im Jahre 1933 zählte die Gemeinde noch 16
jüdische Mitbürger. Die Familien Heldmann, Rosenbusch, Selig und die
Geschwister Strauß. Bis 1938 verließen 11 den Ort. Von den 5
verbliebenen jüdischen Mitbürgern konnten die Eheleute Rosenbusch noch
nach Amerika auswandern, ihr Sohn Leopold wird vermisst gemeldet, die
Geschwister Strauß wurden 1942 deportiert. Es waren Menschen wie du und
Ich. Im 1200jährigen Jubiläumsjahr November 1996". |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juni
2019:
Rituelle Gegenstände aus
Gochsheim in einer Ausstellung im Museum für Franken
|
Artikel
von Aaron Niemeyer in der "Main-Post" vom 19. Juni 2019:
"Gochsheim. Spektakulärer Fund: Jüdischer Schatz aus Gochsheim in
Museum
Seit Anfang Juni stellt das Museum für Franken jüdische Heiligtümer aus, die
bei der Reichspogromnacht 1938 geraubt wurden. Die Sammlung von jüdischen
Ritualgegenständen gilt als einer der bedeutendsten Funde der vergangenen
Jahre und war bislang im jüdischen Museum in München ausgestellt. Mit dabei
sind zwei Heiligtümer aus Gochsheim (Landkreis Schweinfurt), die
jahrzehntelang als verschollen galten. Leo Jäger ist glücklich und zornig
zugleich. Glücklich ist er, weil der Zufall eine Fügung ermöglichte, an die
er lange nicht mehr geglaubt hatte. Bei einer Generalinventur im Jahr 2016
entdeckte das Museum für Franken in Würzburg mehrere Kisten mit lange
verloren geglaubten jüdischen Ritualgegenständen. Mit dabei zwei goldene
Tora-Schilder, die die jüdische Gemeinde in Gochsheim bis zu ihrer Auflösung
1937 im Gottesdienst verwendet hatte. Viele Jahrzehnte hatte der
Hobby-Historiker aus Gochsheim erfolglos danach geforscht. Dass sie nun
durch einen Zufall zutage kommen sollten, hatte er nicht mehr für möglich
gehalten. Leo Jäger ist jedoch auch zornig, weil die Geschichte der
Heiligtümer eine traurige ist. Sie zeugt von menschlichen Abgründen, von
Hass, Gier und Leid. 'Die kleine jüdische Welt, die es einst in Gochsheim
gab, ist von blindem Fanatismus und Hass vernichtet worden', sagt Leo Jäger.
Trauer schwingt in seiner Stimme mit...
Die Reichspogromnacht als traumatischer Einschnitt. Nicht nur für die
Gochsheimer Juden stellte das Novemberpogrom, an dem die Gochsheimer
Toraschilder aus der Schweinfurter Synagoge geraubt wurden, ein
traumatisches Ereignis dar. 'Es war die Nacht des Schreckens und der
Verzweiflung für die Juden in Deutschland. Es war die Nacht der Bereicherung
an jüdischem Eigentum', erklärte Josef Schuster, Vorsitzender der jüdischen
Gemeinde in Würzburg und des Zentralrats der Juden in Deutschland anlässlich
der Ausstellungseröffnung in München. Wie die Gochsheimer Heiligtümer nach
dem Pogrom von 1938 ins damalige Mainfränkische Museum kamen, ist ungeklärt.
Klar ist jedoch, dass sie bei der Bombardierung des Museums am 16. März 1945
schwer beschädigt wurden. "Die Schilder wurden durch die Bombardierung des
Museums teilweise schwer deformiert, daher wissen wir, dass sie bei uns
eingelagert waren", sagt Claudia Lichte, Leiterin des heutigen Museums für
Franken. Was nach 1945 mit den Schildern passierte, ist wiederum unklar.
Erst der Zufall brachte sie im Jahre 2016 bei einer Generalinventur zum
Vorschein.
Wiedergutmachung durch Erinnerungskultur? Hergestellt wurden die
vergoldeten Toraschilder, auch "Tass" genannt, im 18. Jahrhundert in
Nürnberg. Sie sind eines von fünf Schmuckstücken der Tora, die wiederum ein
Teil der hebräischen Bibel ist. Im Gottesdienst werden Toraschilder etwa als
Orientierungshilfe benutzt, um die Torarollen den jeweiligen Feiertagen
zuzuordnen. Dass die Gochsheimer Heiligtümer wieder aufgetaucht sind,
bedeutet dem Gochsheimer Hobby-Historiker Leo Jäger viel. Seit den 60er
Jahren setzt er sich mit der jüdischen Geschichte in Deutschland
auseinander. "Ich wollte etwas gutmachen, wenn man das als Deutscher kann."
Die Heiligtümer der Gochsheimer Synagoge zu finden, war für ihn ein Teil der
Aufarbeitung. In den 80er Jahren hatte er die Hoffnung dann jedoch
aufgegeben. "Ein Fund von stadthistorischer Bedeutung scheint für immer
verloren", schrieb er damals enttäuscht in eine Notiz. Im Ort seien seine
Recherchen nicht immer gerne gesehen gewesen. Die Leute hätten ihre Ruhe
gewollt. Nun wünscht er sich, dass möglichst viele Gochsheimer die
Ausstellung in Würzburg besuchen: "Die jüdische Geschichte war schließlich
auch ein Teil unseres Lebens.'
Die Ausstellung "Sieben Kisten mit jüdischem Material. Von Raub und
Wiederentdeckung 1938 bis heute" im Museum für Franken ist bis 20. Oktober
von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. "
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Salomon
Stein: Zur Geschichte der Juden in Schweinfurt und dem Vogteidorf Gochsheim
im XVI. Jahrhundert. Eine aktenmässige Darstellung von Distriktsrabbiner
Dr. Salomon Stein in Schweinfurt. In: Jahrbuch der Jüdisch-literarischen
Gesellschaft. Jg. 1906 S. 1-74. Kann online gelesen werden
über www.compactmemory.de (beim
Aufrufen der Jahrbücher der Jüdisch-literarischen Gesellschaft - Jahrgang
1906. Der Artikel ist auch direkt eingestellt:
hier anklicken (pdf-Datei). |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 304-305. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 60-61. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 436-437.
|
| Leo
Jakob Jäger: Israelitische Kultusgemeinde Gochsheim - Geschichte der
Juden in Gochsheim. Selbstverlag Gochsheim 2001.
S. 8-29 wird der Inhalt des Beitrag von Rabbiner Salomon Stein: 'Die
Schicksale der Juden in den Vogtey-Dörfern Gochsheim und Sennfeld
1548-1581' wiedergegeben. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 232-234. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gochsheim Lower Franconia.
An organized community with a synagogue existed in the mid-16th century. A new
synagogue was built in 1754 and a Jewish school with 28 students was in
operation in 1850. In 1837 the Jewish population was 170 (total 1.730),
thereafter declining steadily to 16 in 1933; 11 left in 1934-1938 and the last
two were deported to Izbica near Lublin and the Theresienstadt ghetto,
respectively, in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|