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Zu den Synagogen im
Kreis "Südliche Weinstraße" und Stadtkreis Landau
Ingenheim (Ortsgemeinde
Billigheim-Ingenheim, VG Landau-Land, Kreis
Südliche Weinstraße)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Hinweis: bitte besuchen Sie auch die
Website
www.juedisches-leben-in-ingenheim.de
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ingenheim bestand eine große jüdische Gemeinde bis 1940. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück, wenngleich bereits
1347 vorübergehend einige aus Landau vertriebene jüdische Familien hier
Aufnahme fanden.
Im 16. Jahrhundert werden erstmals 1548 und 1550 jüdische
Familien am Ort genannt. Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl jüdischer
Einwohner zu: 1784 werden bereits 206 Juden am Ort gezählt. Auf Grund der französischen
Revolutionskriege ging die Zahl um 1800 auf nur 47 zurück.
1808 wurden wieder
316 jüdische Einwohner gezählt, 1825 448. Die höchste
Zahl jüdischer Einwohner wurde 1848 mit 578 Personen erreicht (etwa ein Drittel
der Ortsbevölkerung; damals die größte jüdische Gemeinde im Bereich der
Pfalz). Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Waren
und Landesprodukten. 1869 gab es 24 jüdische Viehhändler am Ort. 1877
eröffnete ein jüdischer Unternehmer eine Zigarettenfabrik, in der noch in den
1930er-Jahren etwa 150 Personen einen Arbeitsplatz hatten. 1860 bis 1884
hatte Ingenheim einen jüdischen Bürgermeister (Bernhard Roos). 1903 wurde 207 jüdische Einwohner
in 73 Haushaltungen (von insgesamt 1295 Einwohnern) gezählt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere eine große, 1832 im maurischen
Stil erbaute Synagoge (s.u.), eine israelitische Konfessionsschule, ein
rituelles Bad und einen Friedhof. Das
jüdische Schulhaus stand neben der Synagoge. In ihm war auch das Rabbinat
(Bezirksrabbinat Ingenheim) untergebracht. Nach dessen Auflösung gehörte
die Gemeinde zum Bezirksrabbinat Landau. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde waren neben dem Rabbiner weitere
Personen angestellt: im 19. Jahrhundert war es an der Konfessionsschule ein Elementarlehrer,
der zugleich den Synagogenchor zu leiten hatte (siehe unten Ausschreibung von
1860 in Nachfolge des damals pensionierten Lehrers Dreyfuß) sowie in der
Gemeinde ein Kantor und Schochet (siehe unten die Ausschreibung von 1881
in Nachfolge des 45 Jahre - von 1836 bis 1881 - in der Gemeinde tätigen Kantors
Stern sowie die Ausschreibung von 1883 in Nachfolge des erkrankten Kantors Jaffe).
Seit 1883 war Kantor und Schochet der Gemeinde der im ganzen Ort (späteren
Ehrenpräsident des örtlichen Männergesangvereines) hoch angesehene Raphael
Mandel. 1903 war Lehrer E. Strauß, Kantor und Schochet R. Mandel,
Synagogendiener J. Kahn. 1903 besuchten 20 Kinder die jüdische Volksschule.
Gemeindevorsteher waren 1903: J. Weil. B. Marx und J. Haas.
An jüdischen Vereinen gab es (Verzeichnis 1903) einen Israelitischen
Armen- und Krankenverein (1903 unter Leitung von J. Haas), einen Frauenverein
(unter Leitung von Frau P. Kaufmann), den Synagogen-Chorverein (unter Leitung
von A. Deutsch) und den Friedhofsverein (unter Leitung von J. Weil). Es gab
mehrere Stiftungen: die Marks'sche Stiftung, die Altschul-Stiftung, die
Roos'sche Stiftung, die Meyer'sche Stiftung und die Rothschild'sche Stiftung.
Nach 1864 bestand in Ingenheim ein gemeinsam durch den jüdischen Oberlehrer
Bärmann und den protestantischen Pfarrer geleitetes "Knabeninstitut
Ingenheim", das längere Jahre mit großem Erfolg eine solide
Grundausbildung für verschiedene Berufe vermittelte (vgl. Ausschreibungen und
Bericht unten).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Alfred Blum (geb.
23.2.1876 in Billigheim, gef. 9.11.1914), Max Haas (geb. 12.11.1874 in
Ingenheim, gef. 21.12.1916), Max Marx (geb. 3.9.1884 in Ingenheim, geb.
22.1.1917) und Leutnant Viktor Moritz (geb. 13.2.1884 in Ingenheim, gef. 22.10.1915).
Außerdem sind gefallen: Eugen Müller (geb. 9.2.1892 in Ingenheim, vor 1914 in
Görlitz wohnhaft, gef. 11.9.1917). Unteroffizier Emil Siegel (geb. 14.2.1878 in
Ingenheim, vor 1914 in Speyer wohnhaft, gef. 2.11.1914) und Vize-Wachtmeister
Wilhelm (Willy) Roos (geb. 5.3.1894 in Ingenheim, vor 1914 in Neustadt wohnhaft,
gef. 24.10.1917).
Um 1925, als noch 75 jüdische Einwohner gezählt wurden (dazu die in Heuchelheim (18),
Göcklingen (3)
und Klingenmünster (4) lebenden jüdischen Personen), waren die Vorsteher der Gemeinde Eugen
Weil, Heinrich Joseph, Marx Leon und Karl Marx. Als Kantor, Schochet und
Religionslehrer wirkte Raphael Mandel. Er unterrichtete in Religion die damals
noch fünf schulpflichtigen jüdischen Kinder (1932: noch vier). An jüdischen Vereinen
gab es einen Israelitischen Armen- und Krankenverein (gegründet 1884, Ziele:
Unterstützung Ortskranker, Ortsarmer und Durchreisender), den Israelitischen
Armen-, Kranken- und Wohlfahrtsverein (Ziele: Unterstützung Hilfsbedürftiger,
Bestattung), den Synagogenchor, einen Israelitischen Frauenverein und eine
Ortsgruppe des Centralvereins (CV). Die jüdische Gemeinde verfügte auch über
eine Gemeindebibliothek.
1933 gehörten zur Gemeinde noch 90 Einwohner. Eingeschlossen in diese Zahl
waren die jüdischen Bewohner der genannten Filialen. 1938 lebten noch 57 Juden
in Ingenheim. Nach dem Novemberpogrom 1938 verließen die meisten jüdischen
Einwohner die Stadt. Am 22. Oktober 1940 wurden noch drei ältere jüdische
Frauen nach Gurs deportiert. Zwei von ihnen starben dort, die dritte nach dem
Transport nach Auschwitz.
Von den in Ingenheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; bitte beachten: evtl.
könnten einzelne der genannten Personen
auch aus Hoenheim-Ingenheim, Elsass stammen; die in den Listen gemachten Angaben
sind in einigen Fällen nicht eindeutig): Justine Beckhardt geb. Fried
(1851), Emile Behr geb. Marx (1860), Albert Deutsch (1864, Foto des
Grabsteines in Gurs siehe unten), Babette Dreyfuß geb. Marx (1848), Ernst Eisemann
(1891), Leo (Leon) Eisemann (1873), Joseph Emil (1873), Isabella Engel geb.
Mayer (geb. 1879 in Ingenheim, Suizid in Köln am 24.3.1941), Elisabeth Fett geb. Kaufmann
(1875), Emil Fried (1883), Johanna Gottschalk geb. Fried (1881), Rosa Günzburger geb. Müller (1876),
Berthold Haas (1866), Erich Albert Haas (1899), Rosa Haas geb. Siegel (1873), Rosa Haas geb.
Schmitz (1911), Rosa Hene geb. Dreyfuss (1864), Bertha Jeremias geb. Haas (1867), Anna Joseph geb. Hockenheimer (1879),
Emil Joseph (1873), Julius Joseph (1870, Fotos des Grabsteines in Gurs siehe
unten), Richard Joseph (1882), Siegfried
Joseph (1882), Ida Koppel geb. Eiffeler (1907), Julius Koppel (1900), Erna Kossmann geb. Haas (1900),
August Levy (1880), Bertha Levy
geb. Marx (1874), Max Levy (1876), Elisabeth (Elsa) Lindauer geb. Moritz (1880),
Samuel (Simon) Loeb (1862), Sigmund Löb (1869), Berthold Marx (1861), Emma Marx geb. Teutsch
(1886), Karoline Marx geb. Baruch (1881), Leo(n) Marx (1875), Melanie Marx geb.
Moritz (1855), Otto Jakob Marx (1905), Emilie Mendelssohn geb. Bieler
(1897), Katharina Meyer geb. Herz (1882), Elvira Michel geb. Josef (1869), Klara
Moritz geb. Chan (1865), Rebecka Müller (1873),
Elvira Michel geb. Josef (1869), Ernest Roos (1893), Siegmund Roos (1854),
Pauline Samuelsohn geb. Mayer (1880), Mathilde Schmidt geb. Fischel (1859), Auguste
Sophia Schwarz geb. Bieler (1893), Fritz Siegel (1908), Lina Siegel geb. Mayer (1880),
Edmund Stern (1862), Florentine Stern geb. Stern (1860), Moses Weil (1876), Sally Weil
(1887), Leo Weiss (1866), Martin Weissmann (1876), Ernestine Wertheimer geb.
Weiß (1870), Frieda Wolf (1883), Jakob Albert Wolf (1879), Wilhelm Wolf (1875),
Karoline (Lina) Zivi geb. Haas (1870).
*Anmerkung: In einigen Listen werden noch Rosa Stern geb. Schloss (1894) und Doris Trier geb. Schloss
(1867) mit Geburtsort Ingenheim genannt. Dies sind fehlerhafte Angaben, die
beiden sind in Sugenheim geboren, wo es mehrere Familien Schloß bzw. Schloss gegeben hat. Durch einen
Lesefehler dürfte aus dem unbekannteren "Sugenheim" "Ingenheim"
geworden sein.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeiner
Bericht zur Geschichte der Juden in Ingenheim
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Centralvereins") vom 15.
Oktober 1936: "Ingenheim, ein altes Judendorf in der Südpfalz
In der Südpfalz, zwischen Landau und der elsässischem Grenze, etwa 15 km vom
Rheinstrom entfernt, liegt das Dorf Ingenheim. Es hat 1300 Einwohner und ist
heute ein Bauerndorf wie viele andere. Wenige Judenfamilien mögen es sein,
die noch in diesem Dorf leben.
Die Hauptstraße zieht in gerader Linie mitten durch den Körper des Dorfes
und spaltet ihn in zwei Hälften. Auf dieser Dorfgasse stehen vereinzelt
Häuser, die aus dem üblichen Rahmen herausfallen. Wenn sie auch die Patina
ihres Alters nicht verleugnen, heben Sie sich doch durch vornehmere Bauart
und besondere Note von den Nachbarhäusern ab. Breit und behäbig stehen sie
am Straßenrand, als wollten sie die solide Bürgerlichkeit ihrer einstigen
Bauherren in die Jahrhunderte tragen. Zierliche Eisengitterbalkone
unterbrechen die Fassade der zweistöckigen Gebäude. Diese Patrizierhäuser
sind von Juden erbaut, deren Nachkommen heute in alle Welt zerstreut sind.
Im Jahre 1857 schrieb der pfälzische Schriftsteller und Dichter August
Becker in seinem Werke 'Die Pfalz und die Pfälzer': 'Im Klingenthal wohnen
ziemlich viele Juden, aber nirgends so viel als in Ingenheim selbst, das die
stärkste Judengemeinde der Pfalz ist. Die Juden geben dem Orte erst seine
rechte Bedeutung, Handel und Wandel, und einzelne haben sich große
städtische Häuser im Dorfe gebaut.
Ein ausgezeichneter Dorfchronist, Altbürgermeister Jakob Bohlender
beschäftigt sich in seiner Kurzgeschichte der Gemeinde Ingelheim (1932,
Kaußlersche Verlagsanstalt, Landau, Pfalz) mit den Ingelheimer Juden
eingehender. Nach Bohlenders Angaben sind die Juden schon im ersten
Jahrhundert nach Christi Geburt im Gefolge der Römer in das Gebiet der
heutigen Pfalz gekommen. Die auffallend stark jüdische Besiedlung des Dorfes
führt Bohlender auf die Judenverfolgung, die im Jahre 1347 in Landau
stattfand, zurück. Die Juden wurden damals aus Landau ausgewiesen und erst
1517 wieder zugelassen. Die Kurfürsten der Pfalz duldeten in ihrem Gebiet
keine Juden, so dass sie gezwungen waren, gegen Erlegung von Leibzoll und
sonstigen Sonderabgaben in kleineren geistlichen oder weltlichen
Herrschaften sich niederzulassen. Der heute noch vorhandene
alte Judenfriedhof, in dem die Juden
der ganzen Südpfalz bei gesetzt wurden, besteht schon seit dem 16.
Jahrhundert. Die ersten jüdischen Gemeinderäte erscheinen im Jahre 1820.
1832 wurde die Synagoge, die größte und schönste in der Pfalz, fertig
gestellt. Von 1869 bis 1884 ist ein Jude, Bernhard Roos, Bürgermeister
der Gemeinde, in der die Juden fast ein Drittel der Bevölkerung
ausmachen. In der Blütezeit der Gemeinde waren neben den christlichen
Schulen zwei jüdische Volksschulen und außerdem ein von Juden geleitetes
Knabeninstitut, das Schüler aus ganz Deutschland und sogar aus dem Auslande
an sich zog. Zwischen 1850 und 1880 setzt aber schon Auswanderung in die
Vereinigten Staaten ein. Nach 1880 folgt im großen Ausmaße die Abwanderung
nach Landau, Mannheim, Frankfurt usw.. Heute ist die Zahl der Juden auf
einen kleinen Rest zusammen geschmolzen.
Die Synagoge von Ingenheim, ein hoher, langgestreckter Bau, von dem im
gleichen Stile gehaltenen jüdischen Schulhaus flankiert, fügt sich
harmonisch in den Rahmen des Dorfbildes ein. Seine Fassade ist gut gestaltet
von der Freitreppe bis zu den Podesten des Treppengiebels, der auf der
Spitze als feierlicher Abschluss die zwei Zehngebotetafeln trägt. Das Innere
der Synagoge hat das, was man Raumwirkung nennt. Es strömt die gelassene
Feierlichkeit eines klassischen Tempels aus. Höhe und Weite,
Platzverteilung, Säulengliederung, Fensterbestückung und Belichtung und
schließlich die von Rundbögen getragene Empore der Frauen sind aufs
vornehmste zueinander abgestimmt und zeigen, dass der Baumeister vor 105
Jahren seiner Aufgabe in einer Weise gerecht wurde, die noch heute
uneingeschränkte Bewunderung verdient. Eugen Fried." |
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren
Ausschreibungen der Stelle des Elementarlehrers sowie der Stelle des Kantors (Vorbeters)
und Schochet 1860 / 1881 / 1883
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Januar 1860:
"Ingenheim, Kantons Bergzabern, bayerische Pfalz. (Schuldienst-Erledigung.).
Durch die Pensionierung des Lehrers Dreyfuß ist die hiesige Knabenschule
in Erledigung gekommen, und soll zu deren Wiederbesetzung geschritten
werden. Die Einkünfte dieser Stelle bestehen: 1) in bar 300 Gulden. 2)
Wohnungsentschädigung 50 Gulden. 3) 225 Dezimalen Ackerland, einen Ertrag
abwerfend von 80 Gulden. Zusammen: 430 Gulden.
Ferner werden für Beheizung des Lehrsaales 30 Zentner Steinkohlen und 10
Gulden Renumerationsgeld gegeben. Dem bisherigen Lehrer wurden aus der
Kultuskasse die Jahresbeiträge zur Lehrerpensions- und Witwenkasse
bezahlt, welche Begünstigung auch dem künftigen Lehrer in Aussicht
steht, sobald er durch ein vorzügliches Prüfungsresultat seine
pädagogische Tüchtigkeit an den Tag gelegt haben wird.
Es ist selbstverständlich, dass der umsichtige und tätige Lehrer in der
hiesigen Gemeinde, der größten in der Pfalz, auf ein Nebeneinkommen,
teilweise durch Privatunterricht, von mindestens 150 Gulden rechnen
kann.
Praktische, im jüdischen Wissen erfahrene, und entweder in einem
bayerischen Lehrerseminar gebildete oder von einer kompetenten bayerischen
Prüfungskommission zu Lehrern qualifizierte Schulmänner werden anmit
eingeladen, ihre Gesuche, mit den vorschriftsmäßigen Zeugnissen belegt,
längstens bis zum 1. Februar dieses Jahres an den unterfertigen
Kultusbeamten gelangen zu lassen.
Bemerkt wird, dass der anzustellende Lehrer musikalische Kenntnisse
besitzen muss, da er bei Übernahme der Stelle auch gleichzeitig die
Verpflichtung übernimmt, den hier bestehenden Synagogenchore mitzuwirken.
Ingenheim, 1. Januar 1860. Der Präses des Synagogenvorstandes, Bernhard
Roos." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Dezember 1881:
"Erledigung der Kantor- und Schächterstelle zu Ingenheim (Pfalz).
Durch das Ableben des Kantors Stern ist obbezeichnete Stelle erledigt und
soll baldmöglichst wieder besetzt werden. Mit derselben sind folgende
Gehaltsbezüge verbunden: 1) Bar aus der Kultuskasse vorerst Mark 700, 2)
Anschlag der Schächtergebühren ca. Mark 800, 3) Anschlag der
Synagogenkasualien ca. Mark 300.
Bemerkt wird, dass die hiesige Kultusgemeinde 110 Familien zählt und die
Kasualien nicht hoch veranschlagt sind. Der verlebte Kantor Stern
fungierte 45 Jahre in hiesiger Gemeinde. Gut qualifizierte musikalisch
gebildete Bewerber mit angenehmer Stimme wollen ihre Gesuche mit
Zeugnissen belegt, nebst kurzer Beschreibung ihres bisherigen Lebensganges
längstens bis 15. Dezember bei unterfertigter Stell einreichen.
Ingenheim, 24. November 1881. Der Kultusvorstand Bernhard Roos." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Juni 1883:
"Erledigung der Kantor- und Schächterstelle zu Ingenheim, Pfalz.
Durch die Erkrankung des Kantors Jaffe wurde obbezeichnete Stelle erledigt
und soll sofort wieder besetzt werden.
Mit derselben sind folgende Gehaltsbezüge verbunden:
1. bar aus der Kultuskasse Mark 700. 2. Anschlag der Schächtergebühren
ca. Mark 800. 3. Anschlag der Kasualien ca. Mark 300.
Bemerkt wird, dass die hiesige Kultusgemeinde 110 Familien zählt. Gut
qualifizierte, musikalisch gebildete Bewerber mit angenehmer Stimme wollen
ihre Gesuche, mit Zeugnissen belegt, nebst kurzer Beschreibung ihres
bisherigen Lebensganges, längstens bis 20. Juni bei unterfertigter Stelle
einreichen. Ingenheim, 28. Mai 1883. Der Kultusvorstand: Bernhard
Roos." |
|
Ausschreibung der
Synagogendienerstelle (1901) |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1901: "Synagogendienerstelle.
Die Synagogendienerstelle in Ingenheim bei Landau, Pfalz, wird hiermit zur
Bewerbung ausgeschrieben. Einkommen circa Mark 800. Bewerber, welche den Kantor
eventuell vertreten können und das 35. Lebensjahr noch nicht
überschritten haben, wollen ihre Gesuche mit kurzer Lebensbeschreibung
bis 15. April laufenden Jahres persönlich Sonntags bei dem unterfertigten
Kultusvorstande einreichen. Reisespesen werden nicht vergütet.
Ingenheim, 21. März (1901). Der Kultusvorstand: Julius
Weil." |
Der Bruder von Kantor Raphael Mandel - Michael Mandel - wird Bürgermeister von
Alubquerque in Neu-Mexiko (USA, 1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1890: "Ingenheim,
16. April (1890). Nach einer hierher gelangten Nachrichten wurde unterm 1.
laufenden Monats Herr Michael Mandel, 32 Jahre alt, Sohn von August Mandel
aus Dauendorf im Unterelsass und Bruder des hiesigen Kantors Herrn R.
(Raphael) Mandel zum Bürgermeister der etwa 8.000 Einwohner zählenden
Stadt Albuquerque in Neu-Mexiko (Amerika)
gewählt." |
Vermächtnis von Julius Weil an die katholische Kirchenverwaltung (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. November
1906: "Ingenheim (Pfalz; statt Jugenheim). Der Synagogenvorstand Julius Weil
hat der katholischen Kirchenverwaltung testamentarisch 3000 Mark mit
der Bestimmung vermacht, dass aus den Zinsen Brot zur Verteilung an die
Ortsarmen angeschafft werde." |
25jähriges Jubiläum von Kantor Raphael Mandel (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1908: "Ingenheim,
31. Juli (1908). Am Schabbos Dewarim (Schabbat mit der Toralesung
Dewarim = 5. Mose 1,1 - 3,22, das war Samstag, 1. August 1908) waren es 25
Jahre, seit Herr Raphael hier als Chasan seine Stelle angetreten hat. Es
wusste sich in dieser Zeit die Achtung und Liebe seiner hiesigen
jüdischen und nicht minder auch der christlichen Mitbürger zu erwerben.
Möge es dem Jubilar vergönnt sein, noch viele Jahre zum Segen unserer
Gemeinde seines Amtes zu walten." |
Kantor Mandel wird Ehrenmitglied im "Männergesangverein" in Ingenheim
(1926)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Juli
1926: "Ingenheim. Herr Kantor Raphael Mandel, von hier,
geboren am 2. September 1859, der schon seit Juli 1883 in unserer
Kultusgemeinde als Kantor vorbildlich tätig ist, steht bei der hiesigen
Bevölkerung in solch hohem Ansehen, dass er vom hiesigen
Männergesangverein, dessen Mitgliederzahl überwiegend aus Katholiken und
Protestanten besteht, dessen aktives Mitglied er schon seit 40 Jahren ist,
im vorigen Jahre zu dessen 'Ehrenmitglied' ernannt wurde. Vor kurzem wurde
ihm vom Speyer-Gausängerbund, der sich über die ganze Pfalz erstreckt,
die 'goldene Ehrensängernadel' überreicht." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7.
August 1926: "Ingenheim. Berichtigung. Herr Mandel ist seit
1908 Ehrenmitglied des Männergesangvereins und wurde 1924 zum
Ehrenvorsitzenden ernannt." |
Auszeichnungen für Kantor Mandel (1927)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 22. Juni 1927:
"Ingenheim (Rheinpfalz). Vom Männergesangverein. Auf der am
Sonntag, dem 22. Mai, in Neustadt a.d. Haardt abgehaltenen Tagung der
Pfälzer Sängerbünde wurde bei der Ehrung unser Ehrenvorstand Mandel mit
der goldenen Sängernadel des Pfälzischen Sängerbundes nebst Ehrenbrief
vom deutschen Sängerbund für sein fünfzigjähriges Sängerjubiläum ausgezeichnet.
Herr Mandel wirkt schon 44 Jahre als Kantor hier, weshalb ich Ihnen diesen
Artikel einsende." |
51jährige Dienstzeit von Kantor Mandel (1927)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 13.
Dezember 1927: "Ingenheim. Jubiläum. Raphael Mandel kann auf
eine über 51jährige Dienstzeit als Kantor und israelitischer
Religionslehrer zurückblicken. Aus diesem Anlass hat der Reichspräsident
Glückwunsch und besondere Anerkennung ausgesprochen." |
70. Geburtstag von Kantor Mandel (1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
September 1929: "Ingenheim (Pfalz). Herr Kantor und
Religionslehrer Mandel, hier, feierte am 2. September in voller
körperlicher und geistiger Frische seinen 70. Geburtstag. Seit über 46
Jahre ist er in unserer Gemeinde zur allgemeinen Zufriedenheit tätig. Die
Vorstandschaft hat es sich nicht nehmen lassen, ihm persönlich ihre
Glückwünsche zu überbringen. Herr Kommerzienrat Joseph, der Vorsitzende
des Verbrandes israelitischer Kultusgemeinden der Pfalz, übermittelte im
eigenen Namen, sowie im Namen des Verbandes brieflich seine
Glückwünsche. - So hat ihm auch die 'Freie Vereinigung der Lehrer und
Kantoren der Pfalz durch deren Vorstand ihre Gratulation übermitteln
lassen. Auch der Männergesangverein Ingenheim, dessen Ehrenpräsident
Herr Mandel ist, brachte ihm abends ein Ständchen. Fast die ganze
Gemeinde, ohne Unterschied der Konfession nahm an dieser Feier teil. Herr
Mandel wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde sowie von seinen
Freunden reichlich beschenkt." |
Über das "Knabeninstitut Ingenheim"
Allgemeiner Bericht (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 15. November 1867:
"Schulwesen. Aus der Pfalz. Zu den in der Pfalz seit
längeren Jahren bereits bestehenden Knaben-Instituten unter der Leitung
von Israeliten ist in der neueren Zeit in Ingenheim, einem in
reizender, sehr gesunder Gegend der Pfalz gelegenen Orte mit einer
zahlreichen jüdischen Gemeinde ein weiteres ins Leben gerufen worden, das
sich verdientermaßen schon einer bedeutenden Frequenz erfreut. Der
dortige tätige und aufgeweckte, besonders auch im Fache des kaufmännischen
Rechens tüchtige israelitische Ober-Knabenlehrer, Herr Bärmann, leitet
die Anstalt gemeinschaftlich mit dem protestantischen Pfarrer, Herrn Brion
daselbst, und dieser, ebenso wie der gleichmäßige Besuch derselben von
Knaben aller Bekenntnisse mag Ihnen zugleich einen Beweis liefern, von der
gleichsam schon in Fleisch und Blut unserer Pfälzer übergegangenen
innigen Verbindung der christlichen und jüdischen Bevölkerung unserer
Pfalz. In dieser Anstalt wird aber nicht bloß für das kaufmännische
Fach, sondern auf Verlangen auch in den klassischen Sprachen zur
Vorbereitung auf eine höhere gelehrte Anstalt Unterricht erteilt. Auch in
der englischen Sprache wir Vortreffliches geleistet. Ein wissenschaftliche
gebildeter Mann, der 15 Jahre an höheren Lehranstalten in Amerika tätig
war, gibt darin den Unterricht und der Berichterstatter muss gestehen,
dass er bei einer jüngst stattgefundenen öffentlichen Prüfung, der er
beiwohnte, über die Fortschritte der Knaben in dieser Sprachen staunen
musste, die erst seit einem Jahre die Anstalt besuchten und früher nie
ein Wort davon gehört hatten. Ebenso überraschend war die Gewandtheit
der Zöglinge im Rechnen, das von Herrn Bärmann unterrichtet wird. Physik
etc. wird von einem protestantischen Geistlichen in der Nähe, der früher
Professor an einer Staatsanstalt war, und wenn wir nicht irren, auch die
klassischen Sprachen an einzelne Zöglinge, deutsche Sprache, Stilistik
etc. von Herrn Pfarrer Brieu, Buchführung von einem jungen gebildeten
Kaufmanne unterrichtet. Es wäre wünschenswert, dass Herr Bärmann den
Lehrplan der Anstalt in diesen Blättern veröffentlichte, wir glauben
überzeugt sein zu dürfen, dass der Anstalt, in welcher auch ausreichend
für den Religionsunterricht der verschiedenen Konfessionen gesorgt ist,
umso mehr auch Zöglinge aus weiter Ferne zugeführt wurden, als Herr
Bärmann jetzt ein neues Haus in gesündester Lage zur Aufnahme einer
größeren Anzahl von Pensionären baut, und diese in dem von einer
wackeren Hausfrau geleiteten Haus die beste mütterliche Fürsorge
finden." |
Anzeigen für das "Knabeninstitut
Ingenheim" (1879)
Anmerkung: Anzeigen für das Knabeninstitut erschienen sowohl in
der liberalen "Allgemeinen Zeitung des Judentums" wie auch in der
orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit":
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. August 1879:
"Knabeninstitut Ingenheim (Rheinpfalz). Vollständige
Ausbildung für Eisenbahn, Post und Handelsfach, sowie für
Einjährigen-Freiwilligen-Examen. Mäßigste Preise. Beginn des neuen
(XIV.) Schuljahres: Montag, 6. Oktober. Näheres über Schule und
Pensionat mit Prospekt gratis durch die Direktion (israelitisch)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1879: "Knabeninstitut
Ingenheim (Rheinpfalz). Vollständige Ausbildung für Eisenbahn, Post
und Handelsfach, sowie für Einjährigen-Freiwilligen-Examen. Mäßigste
Preise. Beginn des neuen (XIV.) Schuljahres: Montag, 6. Oktober. Näheres
über Schule und Pensionat mit Prospekt gratis durch die Direktion
(israelitisch)." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
E. Straus erbittet aus Landau die Statuten des
Israelitischen Frauenvereins zur Gründung eines Frauenvereines in Ingenheim
(1897)
|
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|
Es handelt sich um
eine Postkarte an die Frau von Abraham Dreyfuß in Landau, versandt aus
Ingenheim am
21. April 1897 von E. Straus. Im rückseitigen Text finden sich Hinweise, die auf die Gründung des Israelitischen Frauenvereins von Ingenheim
Rückschlüsse geben. Die Frau von Abraham Dreyfuß war vermutlich die
Vorsteherin des Israelitischen Frauenvereins in Landau.
Der rückseitige Text lautet:
"Ingenheim, den 21.4.97.
Wertheste Frau Dreyfuß !
Es soll hier ein Frauenverein gegründet werden und wären wir Ihnen sehr dankbar,
wenn Sie uns die Statuten Ihres Vereins auf kurze Zeit überlassen würden. Ihr
Porto wird Ihnen zur Zeit übermittelt werden, für Ihre Mühe besten Dank. Sollte
mir falsch
ihre Adresse als Vorsteherin angegeben sein, so
bitte ich Sie die Karte an die richtige Adresse gelangen zu lassen.
Mit Hochachtung ergebenst - Straus
Adr.: E. Straus, Ingenheim." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Erfolge für israelitische Kandidaten bei den
"Urwahlen" (1855)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. September
1855: "Aus der bayrischen Pfalz, 2. September (1855). Jetzt, wo die
Tätigkeit des bayrischen Landtages beginnt, dürfte es von Interesse
sein, auch einiges über die Wahlen in der Pfalz zu vernehmen. Wenn schon
wir auf das Glück verzichten müssen, sagen zu können, dass auch aus
unserem Kreise ein Abgeordneter jüdischen Glaubens zu den Männern
zählte, die die Pfalz zu vertreten berufen sind, so lieferten die
Urwahlen (d.h. die Wahlen zu den Wahlmännern) doch den deutlichsten
Beweis, dass in dem Pfälzer nichts weniger als Judenhass wurzelt. In dem
Wahlbezirke Ingenheim, zu welchem noch zwei Ortschaften geschlagen
worden waren, in denen nicht ein Israelit wohnt, ging Herr Bernard
Roos, Gutsbesitzer und Präses des israelitischen Vorstandes in Ingenheim,
mit einer eklatanten Majorität als Wahlmann aus der Wahlurne hervor; von
246 Stimmen gingen Herrn Roos nur 6 verloren! Auch in anderen Wahlbezirken,
in welchen die jüdische Bevölkerung im Verhältnis zur christlichen wie
1 zu 100 steht, wurden Israeliten als Wahlmänner gewählt; in Edenkoben:
Herr Wolf Isaak; in Edesheim: Herr Wachel. Auch in Rülzheim, in
Germersheim und an anderen Plätzen hatten Israeliten dieses Vertrauens
sich zu erfreuen.
Hoffen wir nun, dass unsere humane Staatsregierung in einer etwaigen
Änderung des Wahlgesetzes unsere Rechte wahren werde. Möchte Herr Dr.
Arnheim, der einzige Abgeordnete mosaischen Glaubens in der bayerischen
Kammer, während der Dauer dieses Landtages nie in die Lage kommen,
Israels gutes Recht verteidigen zu müssen.... Sollten aber auch diesmal
unsere Widersacher ihre giftigen Geschosse gegen uns schleudern, wahrlich,
wir brauchen Herrn Dr. Arnheim nicht zuzurufen. Sei stark und mutig." |
Bernhard Roos als Bürgermeister in Ingenheim (Artikel von 1870)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Mai 1870 (aus einem
längeren Artikel über die Verhältnisse in der Pfalz): "In wenigen
Staaten Deutschlands genießen die Israeliten solche Freiheiten und solche
Gleichberechtigung mit ihren christlichen Mitbürgern wie in der Pfalz,
und man darf es zum Ruhme Israels behaupten, dass die Israeliten durch
Moralität und Bürgertugenden sich im Allgemeinen die Achtung und
Anerkennung ihrer christlichen Mitbürger erworben haben. -
Dies zeigt sich recht deutlich bei jeder Wahl der Gemeinderäte,
Geschworenen etc. etc. In den Städten wie in den Dörfern finden sich,
und mitunter eine beträchtliche Zahl Israeliten im Gemeinderate.
In dem nahen Ingenheim ist sogar, und dies ist vielleicht der
einzige Fall in Deutschland, ein Israelit und zwar ein streng gläubiger,
frommer Jehudi, Herr B. Roos als Bürgermeister gewählt und
genehmigt worden, und genießt derselbe durch pünktliche und gerechte
Verwaltung seines Amtes in hohem Grade die Achtung seiner Gemeinde und
Vorgesetzten. -
Abermals ein Beweis, dass man seiner Religion getreu sein und doch in
schöner Eintracht mit seinen christlichen Mitbürgern leben und deren
Achtung erwerben und besitzen kann. - Auch als Landtagsabgeordneter ward
in dem Wahlkreise Edenkoben ein Israelit und zwar der in der Pfalz hoch geehrte
Herr Simon Levy aus Landau gewählt." |
Auszeichnung für Bürgermeister Roos (1883)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. März 1883:
"Dem Bürgermeister Bernhard Roos von Ingenheim wurde
in Anerkennung seines langjährigen pflichttreuen Wirkens im
Gemeindedienste das silberne Ehrenzeichen des Verdienstordens der
bayerischen Krone verliehen. Der dekorierte Bernhard Roos zählt
hinsichtlich seiner unerschütterlichen religiösen Grundsätze zu
denjenigen Männern, welche heutzutage leider immer seltener werden;
derselbe ist seit mindestens 40 Jahren Vorstand der israelitischen
Kultusgemeinde zu Ingenheim und seit 1869 Bürgermeister der Gemeinde
Ingenheim. Er ist jetzt fast 90 Jahre alt." |
Über den 1869 in Ingenheim geborenen Obermedizinalrat
Dr. Isidor Dreyfuß
Siehe weitere Informationen auf der Seite zu
Frankenthal und auf der Textseite zu
Ludwigshafen
Über den 1875 in Ingenheim
geborenen Apotheker und Unternehmer Richard Weil
Richard Weil ist am 28. April 1875 in Ingenheim geboren als drittes Kind des
Kaufmanns und Großgrundbesitzers Julius Weil (1843-1920) und seiner Frau Juliana
Mathilde geb. Wolf (1840-1905). Richard Weil heiratete 1905 in München Paula
geb. Hochstetter (1885-1970). Nach dem Besuch der Volksschule besuchte der
die höhere Schule in Bad Bergzabern. Er studierte Pharmazie (in Straßburg?) und
wurde zum Dr. phil. promoviert. Bis 1902 wissenschaftliches Arbeiten am
hygienischen Institut in Hamburg. Ab 1902 kurzzeitig Inhaber der
Einhorn-Apotheke in Frankenthal, dann der Schwanen-Apotheke in Frankfurt am
Main; Gründung der Endopharm Frankfurter Arzneimittelfabrik. Nach seinem Tod
1917 führten seine Söhne Hans-Joseph und Edgar das Unternehmen fort. In der
NS-Zeit wurde es enteignet. Weitere Informationen siehe Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Weil_(Unternehmer).
70. Geburtstag des aus Ingenheim stammendn Kommerzienrat Albert Joseph (geb.
1866 in Ingenheim, gest. 1936 in Landau)
Artikel in
der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1936:
"Zum
70. Geburtstag vom Kommerzienrat Joseph (20. Januar 1936). Unter den Männern,
die dem Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden seit seiner Begründung
im Jahre 1920 das Gepräge gegeben haben, steht Kommerzienrat Albert
Joseph in der vordersten Reihe. Wie das Trauben gesegnete Pfälzer Land im
bayerischen Staatsgebiet stets eine besondere Stellung eingenommen hat,
zugehörig und doch selbständig, dem Allgemeinen verflochten und in
seiner Eigenart doch stark betont, so hat der Verband der Israelitischen
Kultusgemeinden der Pfalz in dem Landesverband der bayerischen Gemeinden
von Anfand an, ungeachtet der treuen und hingebenden Tätigkeit für die
allgemeinen Interessen, im Einverständnis aller Beteiligten seine Selbständigkeit
behauptet. Der echte Repräsentant dieses Genius der Pfalz, die Verkörperung
seiner besten Kraft, der unermüdliche opferwillige Vertreter der
allgemeinen jüdischen Interessen des Landes, wie der sorgsame Behüter
der pfälzischen Eigenart ist jederzeit Albert Joseph gewesen. Es gereicht
uns stets zur besonderen Freude, die Ausführungen dieses Mannes zu hören,
getragen von durchschlagenden sachlichen Beweisgründen, aber auch
vorgebracht mit einer Überzeugungskraft und inneren Wärme, dass man fühlt,
Person und Amt sind hier nicht voneinander zu trennen. In der Tat,
unbeschadet der ausgezeichneten Leistungen seiner Mitarbeiter, ist Joseph
das Pfälzer Gewissen, und der Pfälzer Verband ist Joseph. So tritt er
als ‚der Vater seines Landes’, der für seine pfälzische Familie
sorgt und für die großen wie für die kleinen Angelegenheiten seiner
Angehörigen das gleiche Verständnis hat und den gleichen Eifer
entfaltet, im Rate unseres Verbandes auf und er wird von uns allen
verehrt, geschätzt und geliebt. Diese seine selbstlose aufopfernde Fürsorge
für die Interessen seines Bezirks wird auch von den staatlichen
Zentralstellen anerkannt und gewürdigt und so ist er bei den höchsten
Instanzen des Landes gerne gesehen und sein Wort hat Einfluss und
Bedeutung. Und wenn
dieser allverehrte Mann nunmehr das 70. Lebensjahr vollendet, so werden
ihm die herzlichsten Wünsche von der Leitung unseres Verbandes, der er
stets der getreueste Helfer gewesen ist, wie aus allen Gauen des
bayerischen Landes entgegengebracht. Wir wünschen unserem lieben Freunde,
dass er noch Jahre des Glückes in seiner Familie verbringe, dass er uns
gesund bleibe, dass er noch lange Zeit unserem jüdischen Gemeinwesen
erhalten werde mit seinem klugen Rat, seiner aufopfernden Fürsorge und
seiner liebenswerten Persönlichkeit. Dr. Neumayer.
Zum 70. Geburtstag von Kommerzienrat Albert Joseph in Landau wird uns von
besonderer pfälzischer Seite noch geschrieben:
Am 20. Januar 1936 vollendet Herr Kommerzienrat Albert Joseph in
Landau in der Pfalz, der Präsident des Verbandes der israelitischen
Kultusgemeinden der Pfalz, das 70. Lebensjahr. |
Der
Jubilar ist in Ingenheim bei Landau
geboren und entstammt einem angesehenen, echt jüdisch-religiösen Hause.
Er trat früh in den kaufmännischen Beruf, konnte sich aber infolge
seiner ungewöhnlichen Tüchtigkeit und der dadurch erzielten Erfolge
schon in jungen Jahren vom Geschäft zurückziehen. Seitdem widmet er
seine ganze Kraft dem Dienst am Judentum, dem schon immer sein Herz gehörte.
Er war 22 Jahre Mitglied des Synagogenrates Landau, zuerst als Beisitzer,
später als Vorsitzender. Es muss rühmend hervorgehoben werden und ist in
Landau unvergessen, dass die Finanzen der Gemeinde nie in so guter Ordnung
waren als in jener Zeit.
Sein Lebenswerk ist aber der Pfälzer Verband. An den Vorarbeiten zu
dessen Gründung, die in das Jahr 1916 zurückreichen, war er maßgebend
beteiligt und als es am 18. März 1918 in einer denkwürdigen Versammlung
zur Gründung des Verbandes kam, wurde Herr Kommerzienrat Joseph
einstimmig zum Präsidenten des Vorstandes gewählt und ist es seitdem
geblieben zum Segen des pfälzischen Judentums. Unter ihm entwickelte sich
der Pfälzer Verband zu dem, was er heute ist. Aus einem eingetragenen
Verein des bürgerlichen Rechts, der auf kümmerliche Mitgliederbeiträge
angewiesen war, wurde durch Verleihung der Staatsregierung eine Körperschaft
des öffentlichen Rechts, bei welcher die Kultusumlagen sämtlicher pfälzischen
Juden zusammenfließen und ohne deren Mitwirkung im gemeindlichen und
religiösen Leben der Pfalz nichts mehr geschieht. Wenn heute alle
Gemeinden der Pfalz ihren Verband, der doch auf freiwilligem
Zusammenschluss beruht, als eine nicht mehr wegzudenkende Einrichtung
betrachten, so ist das im Wesentlichen ein persönliches Verdienst des
Jubilars, der all die Jahre hindurch seine ganze Kraft dafür eingesetzt
hat, die Überzeugung von der Notwendigkeit des Verbandes in den
Verbandsgemeinden zu wecken und zu erhalten. Unter seiner Leitung ist
Bedeutendes erreicht worden. Die Finanz- und Gehaltsverhältnisse der
Gemeindebeamten, die teilweise recht im Argen lagen, wurden befriedigend
geregelt, die Notlage der kleinen Gemeinden wurden durch laufende Zuschüsse
weitgehend behoben, für Gottesdienst und Religionsunterricht in |
allen
Gemeinden wurde gesorgt und die auf dem flachen Lande wohnenden Hilfsbedürftigen
wurden der Fürsorge des Verbandes unterstellt. Vor allem aber wurde das
Gemeinschaftsgefühl in den pfälzischen Juden geweckt und gestärkt, ein
Erfolg, der gerade heute nicht hoch genug veranschlagt werden kann. Die
derzeitigen Verhältnisse haben noch zu einer wesentlichen Erweiterung des
Tätigkeitsbereichs des Verbandes geführt. Die seit mehr als zwei Jahren
bestehende Wohlfahrtsstelle des Verbandes hat die Fürsorge für Arme und
Kranke nach modernen Grundsätzen neu organisiert, eine Berufsberatung und
Stellenvermittlung eingerichtet, kümmert sich um die so wichtige
Berufsumschichtung, berät und hilft bei Auswanderung und eine eigene
Darlehenskasse bestrebt sich, gefährdete Existenzen zu erhalten und zu
retten. Es ist bewundernswert, mit welcher geistigen Frische und mit
welchem Eifer sich der Jubilar diesen neuen Aufgaben zugewendet hat und
sich bemüht, sie zu meistens. Man sieht ihm sein Alter nicht an. Von früh
bis spät steht sein gastliches Haus Ratsuchenden offen und niemand kommt
zu dem hilfsbereiten und warmherzigen Manne vergebens. Es wird wenige
Gemeinden in der Pfalz gehen, die Herr Kommerzienrat Joseph nicht besucht
hat und deren Synagogen und Friedhöfe er nicht kennt und unter seinem
Schutze genommen hat. Wenn eine Gemeinde seinen Rat und seinen besuch wünscht,
ist ihm kein Weg zu weit und kein Wetter zu schlecht. Die Zahl der
Sitzungen und Besprechungen, besonders in den letzten Jahren, ist Legion
geworden. Dass
einem so tätigen Leben der äußere Erfolg nicht versagt blieb, ist
begreiflich. Der Jubilar ist heute und seit langem die populärste Persönlichkeit
in der pfälzischen Judenheit, allgemein gekannt, geachtet und geehrt. Nun
ist er 70 Jahre alt geworden und hätte gewiss das Recht erworben, nach
einem so reichen und gesegneten Leben sich zurückzuziehen und sich der
lange entbehrten Ruhe im Kreise der Familie hinzugeben. Aber es wird ihm
nicht vergönnt sein. Sein Rat und seine Arbeitskraft sind unersetzlich.
Dass ein so seltener Mann auch außerhalb der Pfalz die gebührende
Anerkennung gefunden hat, ist nur natürlich. So wirkt der Jubilar höchst
segensreich in engster Fühlung mit dem Präsidium des Verbandes
bayerischer israelitischer Gemeinden. Auch dem Beitrat der
Reichsvertretung der Juden in Deutschland gehört er als Mitglied an. Möge
dem allverehrten und trefflichen Manne noch ein langer und glücklicher
Lebensabend an der Seite seiner Gattin und im Kreise seiner Mitarbeiter
beschieden sein! Dr. R. - Frankenthal."
|
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabsteine für Samuel Fischel aus Ingenheim in New Orleans
(1829-1895) sowie für Moritz Kaufmann aus Ingenheim
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht
Samuel Fischel
Born at Ingenheim, Germany
April 9, 1829
Died Oct. 11, 1895 |
|
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht
Moritz Kaufmann
Born in Ingenheim, Germany
January 9, 18x9
Died ..."
Die Lebensdaten sind auf dem Foto nicht klar erkennbar. |
Erinnerung an einen Gefallenen des
Ersten Weltkrieges aus Ingenheim
90. Geburtstag von Karoline Weil geb. Mayer (1927)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 8. März 1927:
"Ingenheim (Rheinpfalz). Die älteste Bürgerin der Gemeinde,
Frau Karoline, genannt 'Hannchen' Weil geborene Mayer, feierte am 5. März
1927 ihren 90. Geburtstag." |
Erinnerung
an die Deportation in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabsteine für Albert Deutsch und Julius Joseph in Gurs
Grabstein
im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs für
Julius Joseph,
geb. am 11. Juli 1870 in Ingenheim, später wohnhaft in Mannheim,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 18. November 1940
umgekommen ist. |
Grabstein im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs
für
Albert Deutsch,
geb. am 16. Februar in Ingenheim, später wohnhaft in
Heidelberg,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo er am 1. Dezember 1940
umgekommen ist. |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Betty Roos und Abraham Roos (1903)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. August
1903: "Statt jeder besonderen Anzeige.
Betty Roos - Abraham Roos. Verlobte.
Ingenheim - Frankfurt am Main, Fahrgasse 17 I." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge, über die nichts weiteres bekannt ist, stammte vermutlich
aus dem 18. Jahrhundert. In den 1820er-Jahren plante die jüdische
Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge. 1827 konnte der
Gemeindevorstand von der Witwe des Brigadegenerals Mercier ein Grundstück für
einen Neubau erwerben. Zum Bau der neuen Synagoge wurden mehrere Entwürfe
diskutiert. 1830 wurde der dritte Entwurf des Münchner Architekten Friedrich Gärtner
als Grundlage für den Neubau ausgewählt. Die Planung für den Innenausbau übernahm
August von Voit. 1831 konnte mit dem Bau begonnen werden; der Rohbau war im
Dezember 1831 fertiggestellt. Weil der Bauplatz sumpfig war, mussten als
Fundament 320 Stahlpfähle 4 m tief in die Erde gelassen werden. Am 10. Dezember
1832 erfolgte die Einweihung der Synagoge. Rabbiner Jakob Aaron Ettlinger
hielt die Einweihungsrede. Das Gebäude umfasste eine Fläche von 125 m². Der
Innenraum war über 10 m hoch und hatte Plätze für 240 Männer und 170 Frauen
(auf der Empore). Der Toraschrein hatte einen zweisäuligen altarartigen Aufbau
mit Flachgiebel und reiches Ornamentik. Die Ingenheimer Synagoge wurde zum
Vorbild für mehrere andere jüdische Gotteshäuser in und außerhalb der Pfalz
(z.B. Böhl-Iggelheim,
Binswangen,
Weingarten).
Ein Höhepunkt in der Geschichte der Synagoge in der Mitte des 19. Jahrhunderts
war der Besuch des Bischofs von Speyer (es war der seit Juli 1842
amtierende Bischof Nikolaus von Weis) in der Synagoge in Ingenheim im
Juni 1844.
Erster
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Juli
1844: "Speyer, 10. Juli (1844). Bei einem neulichen Besuch unseres
Bischofs in Ingenheim wurde er am Eingang des Orts von den Notabeln aller
Konfessionen, von Protestanten, Katholiken und Israeliten empfangen, und
er benutzte diese Gelegenheit es auszusprechen, wie erhebend es sei, alle
Konfessionen friedlich mit und nebeneinander leben zu sehen. Auch besuchte
er die Synagoge und hielt sogar dort eine kleine Rede über die Vorzüge
der hebräischen Sprache beim Gottesdienst. Die Jugend ermahnte er, dass
sie festhalten möge an die Religion ihrer Väter usw." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. August 1844:
"Aus
der bayerischen Pfalz, 10. Juli. Wir haben zwar den Gegenstand des Folgenden
bereits in voriger Nummer berichtet, können uns aber nicht enthalten, diesen
ausführlichen Artikel dem "Landauer Eilboten" zu entlehnen: "Ingenheim,
im Juni 1844. Bei der im verflossenen Monate stattgehabten Umreise des Herrn
Bischofs von Speyer war kaum die Kunde von dessen bevorstehender Ankunft in
Ingenheim erschollen, als schon Alle sich bereit hielten, den würdigen Prälaten
auf würdige Weise zu empfangen. Der Gemeinderat, bestehend aus Bürgern
evangelisch-protestantischer, katholischer und israelitischer Konfession, hatte
sich am Eingang des Ortes, den Bürgermeister an der Spitze, versammelt, und
beim Einzuge schon äußerte sich der Herr Bischof, wie wohl es seinem Herzen
tue, alle Konfessionen so friedlich mit und nebeneinander leben zu sehen. Nach
abgehaltenem Gottesdienste äußerte der Herr Bischof den Wunsch, auch die
Synagoge zu sehen, welche, als kaum dieser Wunsch laut geworden, wie durch einen
Zauberschlag prachtvoll erleuchtet dastand. Bald darauf begab sich der Herr
Bischof, in Begleitung des Herrn Distriktsschulinspektors, des Herrn
Lokalinspektors, vieler anderer Herren Geistlichen und der Ortsbehörde, in das
israelitische Gotteshaus, in welchem sich an 2.000 Menschen aller Konfessionen,
alle festlich gekleidet, versammelt hatten. In der Vorhalle empfing den
Erwarteten der Vorstand, dessen Präsident, Herr B. Roos, eine kurze passende
Anrede hielt, welche von dem Herrn Bischof auf eben so kurze als herzliche Weise
erwidert wurde. Bei dem Eintritte in den Tempel wurde von dem, durch den sehr
tätigen Kantor, Herrn Stern, der auch das gebührende Lob für seine Leistungen
erntete, neu eingerichteten Sängerchor
und der Schuljugend der 26. Vers des 118. Psalms: "Gesegnet, wer da kommt
im Namen Gottes, wir segnen euch aus dem Hause Gottes!" mit vieler
Präzision abgesungen. |
Der Eindruck, welchen dies auf alle Anwesenden, besonders
aber auf den gefeierten Gast und die Herren Geistlichen, welche den Sinn dieses,
in hebräischer Sprache abgesungenen Verses und die Absicht der Wahl erfassten,
hervorbrachte, war sichtbar. Hierauf sprach der Herr Bischof in kräftigen
Worten sich über den Geist der hebräischen Poesie aus, deren Höhepunkt von
keiner andern Sprache noch erreicht worden, über das in den hebräischen
Gebeten liegende tiefe Gefühl, das durch keine Übersetzung wieder gegeben
werden könne, und über den Wert der heiligen Sprache im Allgemeinen, woraus
der Schluss auf deren göttlichen Ursprung gezogen werden müsse. Nachdem nun
von dem Chor und der Schuljugend der 133. Psalm, und zwar auf ausdrückliches
Verlangen, in hebräischer Sprache abgesungen worden, und der Herr Bischof die
Jugend besonders deshalb belobt, dass sie den Sinn der hebräischen Gebete und
Gesänge so richtig auffasste, sprach der Gefeierte wiederholt sein Wohlgefallen
an dem Geiste des Friedens aus, der hier die Bekenner so verschiedener
Konfessionen, gleich Kindern eines Vaters, belegt. Er ermahnte die Anwesenden zu
fernerer Eintracht und brüderlicher Liebe, indem man nur dadurch Gott gefällig
leben könne; sodann, sich an die Schuljugend wendend, legte er ihr ans Herz,
wie sie durch Befolgung der göttlichen Lehre glücklich werden könne, und wie
sie ja festhalten möge an der Religion der Väter usw. Zum Schlusse wurde ein
Schul- und Synagogenlied abgesungen, was auf die Versammlung so ergreifend
wirkte, dass wenige Augen nur tränenleer waren; und so endete diese Feier,
welche der zahlreichen israelitischen Einwohnerschaft Ingenheims um so
unvergesslicher sein wird, als der Impuls dazu durch einen hochstehenden
Geistlichen anderer Konfession gegeben ward, dessen schönes Beispiel alle
Intoleranz, wenn sie je auftauchen wollte, im Keim ersticken und das Streben der
Proselytenmacher lähmen muss. - Der Herr sei mit dem Würdigen auf allen seinen
Wegen!" |
Im Frühjahr 1932 konnte die jüdische Gemeinde das
100jährige Bestehen der Synagoge feiern. Auf Grund der "misslichen
wirtschaftlichen Krise" (siebe Bericht) setzte man feierlich keine
besondere Festfeier an. Im "Bayerischen Israelitischen Gemeindeblatt"
vom 1. Mai 1932 erschien zum Jubiläum der folgende Artikel:
"100jähriges
Bestehen der Synagoge in Ingenheim (Rheinpfalz). In diesen Tagen sind 100
Jahre verflossen seit der Einweihung der hiesigen Synagoge. Am 27. September
1827 wurde Grund und Boden dazu von der Witwe des Brigadegenerals Mercier durch
die damalige Vorstandschaft der israelitischen Kultusgemeinde erworben. Der
Vertrag wurde von folgenden Herren unterzeichnet: '1. Bernhard Roos, 1. Vorstand
und Bürgermeister, 2. Salomon Roos, 3. Moses Altschul, 4.Jonas Marx, 5.
Jonathan Kaufmann, 6. Markus Altschul, sämtliche Handelsleute und in Ingenheim
wohnhaft.' Damals wohnten 150 Familien in Ingenheim. Wie groß der Opfersinn der
Gemeinde war, bezeugte heute noch der monumentale Prachtbau, den der pfälzische
Dichter August Becker in seinem Roman 'Nonnensusel' als die schönste Synagoge
der Pfalz bezeichnet, ferner die vielen wertvollen Kultusgegenstände, von den
einzelnen Mitgliedern gestiftet. Schade, dass dieses herrliche Gotteshaus, einst
bis auf den letzten Platz gefüllt, heute, auch an den hohen Feiertagen, eine
gähnende Leere aufweist, da die Gemeinde nur noch 27 Familien zählt. Früher
hatten wir 2 Beamte, 2 Elementarlehrer, 1 Kantor und 1 Synagogendiener, während
wir heute gar keinen Beamten mehr halten können. Der Gottesdienst wird durch
Privatpersonen in uneigennütziger Weise abgehalten, nur an den hohen Feiertagen
benötigen wir einen bezahlten Hilfskantor von auswärts. Den
Religionsunterricht erteilt unser pensionierter Kantor, Herr Mandel. Leider
müssen wir infolge der misslichen wirtschaftlichen Krise von einer Feier
Abstand nehmen." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am frühen Morgen des 10.
November angezündet. Die Feuerwehr wurde nicht zum Löschen zugelassen. Das
Gebäude brannte im Laufe des Vormittags völlig aus. Im Polizeibericht dieses
Tages hieß es: "Die Synagoge dürfte schon vor 5 Uhr angezündet worden
sein. In aller Eile entfernte man einen Tankwagen aus der Nähe der Brandstelle,
um eine Explosion zu verhüten. Die Feuerwehr wurde nicht zum Löschen
zugelassen. Erst gegen 10 Uhr bekam das Feuer in der Synagoge Luft, darauf stürzte
sehr schnell der Dachstuhl ein und das Gebäude brannte völlig aus." Beim
Brand wurde die gesamte Inneneinrichtung zerstört, darunter vier
Predigerpulte, eine Orgel, Kronleuchter, Hängelampen, Wandlampen, Kokosläufer,
Garderobeneinrichtungen, die Einrichtungen des Gemeinde und des Rabbinerzimmers.
An rituellen Gegenständen wurden vernichtet: 20 Torarollen, 60 Toramäntel, 15
Sätze Toraschmuck, 100 Torawimpel, zehn Toravorhänge, eine ewige Lampe, vier
Chanukkaleuchter, vier silberne Altarleuchter, drei Sätze Becher, zwei
Trauhimmel, zwei Megillot, zwei Schofarhörner, 50 Gebetsmäntel, 80
Gebetsbücher, 60 Festtagesgebetsbücher und 60 Exemplare des Pentateuch.
Die Synagogenruine wurde während des Krieges durch Artilleriebeschuss weiter
beschädigt und durch Witterungseinflüsse weiter zerstört. Schließlich wurde
es abgebrochen. Das Grundstück wurde 1951 an einen Ingelheimer Bürger
verkauft. Eine Gedenktafel wurde am 9. November 1986 in
Anwesenheit des damaligen Landesrabbiners von Rheinland-Pfalz Dr. Meier Ydit
eingeweiht.
Standort der Synagoge: Hauptstraße 17-19 in
Ingenheim
Fotos
Historische Pläne / Fotos:
(Quelle: Pläne obere Zeilen in: "Und dies ist die
Pforte des Himmels" s.Lit.; die Außen- und Innenansichten finden sich in
zahlreichen Darstellungen zur Geschichte der Synagogen)
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Fassadenskizze zur Synagoge
in
Ingenheim. Zeichnung des
Architekten Friedrich von Gärtner,
1830. |
Fassade der
Synagoge: Plan von Friedrich von Gärtner, 1830. Rechts Ausschnitt des
Portales mit Inschriften. Über
dem Eingang Zitat aus Psalm 118,20
(abgekürzt): "Die ist das Tor zum Herrn, Gerechte ziehen durch es
hinein".
Darüber im Rundbogenfenster (?) der auf Hochzeitssteinen (Chuppastein)
übliche Spruch aus Jeremia 7,34: "Die
Stimme der Wonne und die
Stimme der Freude, (das sind) die Stimme des Bräutigams und die Stimme
der Braut". |
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Seitenansicht
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Querschnitt
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Grundriss im
Bereich des Betsaales: die Bima (Vorlesepult) ist noch
traditionell im
Mittelpunkt |
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Rabbinerhaus
(links) und Synagoge in Ingenheim |
Blick auf die
Fassade und das Eingangsportal |
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Weitere Ansicht - Blick auf
Fassade
und Eingangsportal
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Ortsansicht Ingenheim
1879 mit Synagoge
und den beiden Kirchen (aus der
Sammlung von Bernhard Kukatzki) |
Innenansichten der Synagoge:
Blicke zum Toraschrein, davor
das Lesepult (Schulchan); rechts und links die Frauenemporen.
Auf dem Foto rechts ist auch der Kantor zu sehen. |
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Modell der Ingenheimer
Synagoge von "Bet
Tfila" - Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa:
Modell der Ingenheimer
Synagoge |
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Fotos nach 1945/Gegenwart:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.8.2004)
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Standort der ehemaligen
Synagoge |
Gedenktafel |
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Denkmal für die Gefallenen
der Gemeinde Ingenheim
mit den Namen der fünf jüdischen Gefallenen
(vgl. oben; Foto: Bernhard Kukatzki 2020) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
April
2916:
Einladung zur Präsentation der
neuen Website zur jüdischen Geschichte Ingenheims
|
Einladung des Bürgermeister der Ortsgemeinde Billigheim-Ingenheim vom 11.
April 2016 zur Vorstellung der neuen Homepage der Ortsgemeinde
Billigheim-Ingenheim mit dem Titel: "Jüdisches Leben in Ingenheim..." |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Jakob Aaron Ettlinger: Rede gehalten zur
Einweihungsfeier der neuen Synagoge zu Ingenheim im königlich baierischen
Rheinkreise, Mannheim 1833. |
| Karl Fücks / Michael Jäger: Synagogen der Pfälzer Juden.
Vom Untergang ihrer Gotteshäuser und Gemeinden. 1988. |
| Alfred Hans Kuby (Hg.): Pfälzisches Judentum gestern und heute.
Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Neustadt a.d.
Weinstraße 1992. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 105-106 (mit weiteren Literaturangaben). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ingenheim
Palatinate. Jews settled in a local castle belonging to the counts of Gemmingen
after the expulsion from Landau in 1347. The 19th century community was the
largest and most important in the Palatinate with a peak population of 578 (a
third of the total) in 1848. In 1869, Jewish merchants included 24 cattle
dealers active throughout Germany. Jews also traded in grain and farm produce. A
Jewish-owned cigarette factory set up in 1877 employed 150 people in the 1930s.
A synagogue in the Moorish style, the largest in the Palatinate, was consecrated
in 1832 with a Jewish school attached to it. In 1933, the Jewish population was
90 with three other communities (Goecklingen, Heuchelheim, Klingenmuenster) part
of the congregation. In 1938, 57 Jews remained. The synagogue was set on fire on
Kristallnacht (9-10 November 1938). Most of the remaining Jews left the
town. On 22 October 1940, three elderly Jewis women were deported to southern
France, two dying in the Gurs concentration camp and the other in Auschwitz.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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