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Alsenz (VG
Nordpfälzer Land, Donnersbergkreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Aktuell:
Hinweis auf die Projekt-Website zu der in der ehemaligen Synagoge Alsenz
gefundenen Geniza |
Auf einer Projekt-Website der
Universität Mainz (FB 01, Prof. Dr. Andreas Lehnardt) werden sämtliche Funde aus
der Geniza der ehemaligen Synagoge Alsenz vorgestellt und kommentiert.
Direkter Link http://www.blogs.uni-mainz.de/fb01genizatalsenz/ |
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Alsenz bestand eine jüdische Gemeinde bis Anfang der 1930er-Jahre. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1650
zwei jüdische Familien am Ort genannt. Doch gab es bereits vor dem
Dreißigjährigen Krieg eine "Judengasse", was auf eine jüdische
Ansiedlung bereits im 16. Jahrhundert (oder davor) schließen lässt. Seit 1673
kamen die Juden der Umgebung zum Neujahrs- und Laubhüttenfest nach Alsenz. 1677 waren fünf jüdische Familien am Ort. 1731 waren es bereits 22
Familien, die überwiegend mit Vieh und Getreide handelten. Dazu waren sie
im Geldverleih tätig.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1801 53 jüdische Einwohner (5,3 % der Gesamteinwohnerschaft), 1808 85
(7,7 %), 1825 97 (7,5 %), 1846 102 (in 22 Familien), 1875 80, 1910 41.
1809/10 waren die jüdischen Familienvorstände: Abraham Goldschmidt
(Händler), Marx Haas (Händler), Abraham Kahn (Viehhändler) Sander Kahn, Vogel
Kahn (Viehhändler), Witwe Sara Kahn, Samuel Kahnheimer (Viehhändler), Haymann
Neuberger (Viehhändler), Jacob Neuberger (Viehhändler), Lazarus Neuberger (Händler),
Mayer Neuberger (Viehhändler), David Stern (Viehhändler), Jacob Stern
(Kurzwarenhändler), David Wolff.
Die jüdischen Einwohner waren im Leben des Ortes weitestgehend integriert. 1861 wurde erstmals ein jüdischer
Bürger in den Gemeinderat gewählt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
eröffneten mehrere von ihnen offene Handlungen und Läden am Ort.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religions- bzw. Elementarschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof. Dieser wurde 1710
eröffnet und 1868 sowie 1905 um einen neuen Teil erweitert. Die jüdische Elementar-/
Konfessionsschule bestand
zwischen 1830 und 1916. Erster Lehrer war seit 1830 B. Weinschenk. Die jüdische
Schule wurde von bis zu 24 Kindern besucht. Die Gemeinde
gehörte zum Bezirksrabbinat Kaiserslautern.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 29 Personen gehörten (1,6 % von insgesamt
etwa 1.100 Einwohnern) gehörten
dem Gemeindevorstand an: Markus Heymann, August Gottsche und Leopold Sternheimer.
An jüdischen Vereinen bestand ein Wohltätigkeitsverein (um 1925 unter der
Leitung von Max Marum und August Gotsche). Anfang der 1930er-Jahre waren Max
Marum und August Gottsche die beiden letzten Gemeindevorsteher. Auch die in
Waldgeschweiler lebenden jüdischen Einwohner gehörten in den letzten Jahren
vor ihrer Auflösung der Alsenzer Gemeinde an.
Seit 1933 (noch 23 jüdische Einwohner) trafen die nationalsozialistischen antijüdischen Maßnahmen auch die
noch in Alsenz lebenden jüdischen Einwohner. Beim Novemberpogrom 1938 wurden
die beiden von jüdischen Familien bewohnten Häuser verwüstet. 1939 waren noch
fünf jüdische Einwohner am Ort. Zwei von ihnen starben nach der Deportation im
Oktober 1940 nach Gurs, zwei wurden in Auschwitz ermordet.
Von den in Alsenz geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Isabella Berghauser
geb. Bär (1876), Adolf Brück (1885), Friedrich Gottscho (1889), Lina Gottscho
(1878), Karl Heymann (1881), Rudolphine Honig geb. Sternheimer (1889), Ferdinand
Berthold Liepold (1885), Hella (Ella) Liepold (1879), Ludwig Liepold (1887), Erna
Lindauer geb. Hess (1867), Paula Mandel geb. Brück (1884), Hedwig Sonnheim
(1901), Leopold Sternheimer (1859), Sara Sternheimer geb. Kahn (1867), Rosa Sternheimer geb. Kahn
(1874).
An das Schicksal der von Alsenz nach Gurs im Oktober 1940 deportierten vier
Frauen erinnert ein "Stolperstein" am "Gottscho-Platz" (vgl.
Foto unten): Lina Gottscho, Ella LIepold, Sara Sternheimer, Rudolfine Honig.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Vorbeters und Elementarlehrers / Schächters 1864
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1864: "Alsenz
(Pfalz). Die Stelle eines Vorbeters und Elementarlehrers mit freier
Wohnung und mit einem Bargehalte von 338 Gulden, exklusive der Gebühren
des Schächterdienstes, welche sich mindestens auf 70-80 Gulden jährlich
belaufen, ist zu besetzen. Meldungen sind zu richten an den Vorstand J.
Brück." |
Nennung von Lehrer B. Weinschenk in
Alsenz (Lehrer seit 1830; 1841)
Artikel in "Israelitische Annalen" vom 15. Januar 1841: "Rabbinatsbezirk Kaiserslautern
1) Winnweiler, J. Strauss 7. März 1830.
2) Alsenz, B. Weinschenk, 28. August 1830.
3) Odenbach, Is. C. Kampe, 16.
Februar 1831.
4) Otterberg, J. Lehmann, 11. Juni 1831
(Nach dessen Versetzung J. Asser, jetzt gestorben, und an dessen Stelle
jetzt Mandel.)
5) Steinbach, S. Frenkel, 11.
August 1831.
6) Münchweiler, J. Strauß, 15.
Januar 1832.
7) Kirchheimbolanden, Adler,
28. Juli 1832 (an dessen Stelle später der ebenfalls wackere Jakob
Sulzbacher).
8) Kaiserslautern, A. Kahn, 23.
Mai 1833 (später Walz).
9) Hochspeyer, H. Rothschild, 4.
August 1833 (später in Niederhochstadt und jene Stelle ist noch unbesetzt).
10) Gauersheim, B. Feistmann, 30.
Dezember 1834 (gestorben)
11) Börrstadt, Jos. Abr. Blum, 20.
Februar 1836 (versetzt nach Hagenbach, und hier B. Alexander).
12) Rockenhausen, M. Eigner, 28.
Oktober 1837.
13) Niederkirchen, M. Salomon, 11.
Oktober 1837.
14) Marienthal, Isaac Lob, 18. März
1838 (später J. Frank, pensioniert unterm 23. August 1838, für ihn S.
Wolff)." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Mitarbeitersuche des gemischten Warengeschäftes
Feisenberger & Stern (1872)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1872: "Wir
suchen für unser gemischtes Warengeschäft en gros et
détail:
1 angehenden Commis, sowie 2 Lehrlinge, mit guten Schulkenntnissen
versehen, aus gutem Hause.
Kost und Logis wird im Hause gegeben. Über die näheren Bedingungen wende
man sich direkt an den Unterzeichneten selbst.
Der Eintritt kann sogleich erfolgen.
Alsenz, Rheinbayern, 23. Januar 1872. Feisenberger &
Stern." |
Zur Geschichte der Synagoge
Das bis heute stehende Synagogen- und Schulgebäude der jüdischen Gemeinde
Alsenz wurde 1762-65
durch den herrschaftlichen Baumeister Szekl erbaut. Er erstellte einen
spätbarocken kubischen Putzbau mit hohem Walmdach, in dem auch die Schule sowie
die Wohnung
des Lehrers und Vorbeters eingerichtet wurden. Der Bau kostete die Gemeinde 4.000
Gulden, eine hohe Summe, die erst 1782 ganz bezahlt war. Ursprünglich war der Fußboden
des Betsaales einige Stufen unter dem des heutigen Niveaus. Dadurch hatte die
Synagoge auch ausreichende Höhe für eine Frauenempore. 1852 wurde der
Boden höhergelegt; seitdem war auch keine Frauenempore mehr vorhanden.
Durch einen Brand in einem Nachbarhaus wurde die
Synagoge 1911 beschädigt und musste renoviert werden. 1912 waren die
Bauarbeiten abgeschlossen. Auf Grund der
zurückgegangenen Zahl der Gemeindeglieder (1933 nur noch neun jüdische
Einwohner) wurde das Gebäude 1933 an einen ortsansässigen Bauern verkauft.
Dieser verwendete sie als Lagerschuppen und vermietete die ehemalige
Lehrerwohnung.
Lange stand die Synagoge leer, bis sie 1981 von einer Familie aus Frankfurt/Main gekauft und restauriert wurde. Die
während der NS-Zeit teilweise abgeschlagene, hebräische Inschrift über dem
Eingangstor ist noch lesbar und enthält Zitate aus Psalm 118,20 ("Die ist
das Tor des HERRN. Gerechte werden dort einziehen") und 1. Mose 28,17
("Hier ist nichts anderes als Gottes Haus und hier ist die Pforte des
Himmels"). Das Gebäude wurde 1982 unter Denkmalschutz. 1986 bis
1988 wurde das Gebäude wiederhergestellt. Bei der Sanierung wurden Reste einer
Genisa auf dem Dachboden entdeckt (Link
zur Projekt-Website der Universität Mainz).
Erhalten ist die nach 1945 abgebaute Umfassung des Toraschreines im Historischen Museum der Pfalz in
Speyer als Dauerleihgabe der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.
Adresse/Standort der Synagoge: Kirchberg 1
Fotos
(farbige Fotos: Hahn, Aufnahmedatum am "Tag des offenen Denkmals",
11.9.2005; unten Hahn: Aufnahmedatum 25.5.2010)
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Historische Aufnahme der
Synagoge vor 1938 (Quelle:
Archiv Fücks in: Weber s.Lit. S. 47) |
Der frühere
Toraschrein (Aufnahme nach 1945, heute im
Historischen
Museum der Pfalz in Speyer; Foto aus
"und dies ist die
Pforte..." S. 72) |
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Die ehemalige Synagoge im
September 2005 |
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Die ehemalige Synagoge mit
Blick auf die Ostfassade
(zwischen den hohen Fenstern war der Toraschrein) |
Hinweistafel
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Eingangstor mit Plakathinweis
zum
"Tag des offenen Denkmals" |
Das Eingangstor
zum Betsaal |
Inschrift über dem Eingang:
Zitate aus Psalm 118,20 und
1. Mose 28,17 |
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Blick nach Osten zum Bereich
des ehemaligen Toraschreines |
Blick nach Westen (Eingangstor)
mit Besuchern am
"Tag des offenen Denkmales" |
Die bei den Renovierungen
in
den 1980er-Jahren bis zum
Boden verlängerten Fenster |
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Der Fußboden des Betsaales
auf
dem Niveau von 1852
(zuvor lag der Boden tiefer) |
Der Hochzeitsstein mit Stern
und gerade noch lesbaren Buchstaben M und T für den Wunsch "Masel
Tow" (= Viel Glück") sowie dem für Hochzeitssteine
gewöhnlichen Zitat aus Jeremia 7,34 (Buchstabenreste unter dem Stern) |
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Eingang zur früheren
Lehrerwohnung und Schule |
Aufgang zur
früheren Schule |
Im Raum der ehemaligen
jüdischen Schule |
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Bemalter Holzbalken |
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Die ehemalige
Synagoge im Mai 2010
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 25.5.2010) |
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Blick auf die ehemalige
Synagoge
(Betsaal links) von Nordosten |
Blick auf den Eingang zum
jüdischen Gemeindezentrum |
Hinter den Fenstern links des
Eingangs
waren die Lehrerwohnung und
die jüdische Schule
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Hinweis:
das Foto oben
in hoher Auflösung: hier
anklicken |
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Hinweistafel |
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Gottscho-Platz mit
"Stolperstein"
(Fotos: Michael Ohmsen, vgl. Fotoseite von
M. Ohmsen mit Fotos
zu Alsenz) |
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Hinweistafel
links: "Gottscho-Platz - errichtet 1976"; Tafel rechts mit
Inschrift: "'Stolperstein'.
Zur Erinnerung an unsere jüdischen
Mitbürgerinnen, die am 22.10.1940 nach Gurs/Südfrankreich
deportiert
wurden. Lina Gottscho - Ella Liepold - Sara Sternheimer - Rudolfine
Honig". |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| August Kopp: Die Dorfjuden in der Nordpfalz.
Dargestellt an der Geschichte der jüdischen Gemeinde Alsenz ab 1655.
Otterbach. 1988². |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 41. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 69-72 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Alsenz Palatinate. Two
protected Jewish families were present in 1650. In 1731 there were 22 families,
trading in cattle and grain and engaged in moneylending. In 1807, the Jewish
population comprised 13 families and in 1846, 22 (102 Jews), including 17
merchants and five artisans. The number of Jews dropped to 80 in 1875, 41 in
1910, and 23 in 1932. In 1861, a Jew was elected to the village council. A
cemetery was opened in 1710 and expanded in 1868. A synagogue was erected in
1765 and renovated in 1911 following a fire. A Jewish elementary school operated
between 1830 and 1916, attendance ranging from three to 24 children. The
synagogue was sold in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the two
Jewish homes remaining in the village were vandalized. Five Jews remained in
1939. Two perished in the Gurs concentration camp and two in Auschwitz.
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