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Biel / Bienne (Kanton
Bern, CH)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Neu eingestellt: die Synagoge Biel im Film:
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Biel lebten jüdische Personen/Familien bereits im Mittelalter.
Die Stadt wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts durch den Bischof von Basel
gegründet und erhielt ihr Stadtrecht durch Rudolf von Habsburg. 1305
erwarb die ein paar Jahre zuvor auf Grund einer Ritualmordverleumdung aus Bern
vertriebene jüdische Witwe Guta mit ihrer zahlreichen Familie erneut (ex
novo ut antea) das Bürgerrecht in Biel. Witwe Guta, ihre Söhne und
Schwiegersöhne waren damals als Geldverleiher in der Stadt Biel willkommen. 1329
wird ein Jude namens Meier von Biel als Hausbesitzer in Basel genannt. Bei der
Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 wird Biel nicht genannt, möglicherweise
lebten damals keine Juden in der Stadt. 1375 werden wiederum ein oder
mehrere jüdische Familien in
Biel erwähnt.
Im 15. Jahrhundert wird 1416 ein Jude in Biel genannt: Jud Isaias,
der aus Bern gekommen war. 1421 zog Abraham Bellin von Murten nach Biel,
doch blieb er hier nicht lange: 1424 lebte er in Solothurn. 1427 zog Isaak von
Péry mit seiner Frau Merin von Bern nach Biel. 1440 waren zwei jüdische
Familien in Biel (Löw und Isaak); im Juli dieses Jahres wurde Simon, Isaaks
Sohn als Judenbürger aufgenommen. 1444 gab es zwischen der Stadt und
Bischof Friedhof zu Rhein eine Auseinandersetzung; der Bischof behauptete, dass
die Bieler ohne seine Erlaubnis Juden aufgenommen hätten. Doch wollten sich die
Bieler nicht vorschreiben lassen, ob und wie sie Juden in ihre Stadt aufnahmen.
1447 werden mehrfach Simon und Moyses (von Freiburg im Breisgau) als Juden in
der Stadt genannt. 1450 zogen die letzten jüdischen familien von Biel weg,
nachdem der Rat ihre Aufenthaltsbewilligung nicht mehr verlängerte und die
Juden ausgewiesen hat.
Vom Ausgang des Mittelalters bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
durften Juden nicht in Biel leben. Nach einer Bieler Verordnung von 1770 war
jüdischen Händlern "jeglicher Handel zu Stadt und Land"
verboten.
Zur Bildung einer jüdischen Gemeinde kam es erst nach der Mitte des 19.
Jahrhunderts. 1819 wird erstmals wieder ein Jude in der Stadt genannt
(Picard von Lutry); er hielt sich einige Monate hier auf. Bei der Volkszählung
1833 wurden keine Juden in der Stadt gezählt. Bis 1837 sind mehrere
jüdische Personen / Familien aus dem Elsass (Sulz und Hegenheim) zugezogen:
Nathan und Caroline Grumbach mit ihren Kindern Léon und Eugen, Nathan Nordmann,
Caroline Schwob, Heinrich Bloch. Seit 1839 war eine Niederlassung in der Stadt
grundsätzlich wieder möglich. 1844 beschloss die Bieler Stadtregierung
Steuererleichterungen für einwanderungswillige Uhrenmacher, worauf - u.a. aus
Lyon und Dresden - einige jüdische Uhrenmacher mit ihren Familien in die Stadt
gezogen sind. Seit 1846 waren auf Grund der Berner Verfassung alle
Schweizer Bürger unabhängig von ihrem Glauben rechtlich gleichgestellt, was
zusätzlich die Zuwanderung jüdischer Familien (u.a. aus dem Elsass) nach Biel
förderte. 1848 beschlossen die in der Stadt lebenden Israeliten, an
jedem Sabbat gemeinsam zu beten - es entstand eine "Israelitische
Corporation Biel". Nach einem Bericht von 1857 (siehe unten) war die
Gemeinde noch im Entstehen; damals seien jedoch bereits mehrere "bedeutende
Etablissements von Uhrenfabrikation" von jüdischen Unternehmern aufgebaut
worden. Mit der Einrichtung eines Betsaales 1858 war die Bildung der Gemeinde
abgeschlossen. Im August 1858 lebten 52 jüdische Personen in Biel. Innerhalb
der nächsten 30 Jahre wuchs die jüdische Gemeinde auf über 200 Personen (1888
wurden 213 jüdische Einwohner in der Stadt gezählt). Zuzug erfuhr die Gemeinde
weiterhin u.a. aus elsässischen Gemeinden, aber auch aus dem schweizerischen
Surbtal: 1863 lebte der ehemalige Vorsteher der jüdischen Gemeinde Endingens
- Gustav Michael Dreifuss - in Biel. Er engagierte sich von hier aus für die
weitere Gleichberechtigung der jüdischen mit den christlichen Bürgern in der
Schweiz und vor allem in seinem Heimatkanton Aargau.
Nicht nur im Blick auf den Aufbau von Industrie und Gewerbe in der Stadt war ein
großes Engagement der jüdischen Einwohner festzustellen. Auch im allgemeinen
kommunalen Bereich waren sie alsbald völlig integriert. 1879 wurde mit Max
Gugenheim ein erster jüdischer Bürger in den Stadtrat gewählt. 1906 wurde das
Vorstandsmitglied der Gemeinde Charles Picard auf Grund vielfältiger Verdienste
zum "Offizier de l'academie française' ernannt. Als 1919 Menachem
Sternbach starb, galt er trotz seiner erst 29 Jahre als "einer der
angesehensten Kaufleute" in der Stadt.
Anfang des 20. Jahrhunderts stieg die Zahl der jüdischen Einwohner in
der Stadt auf etwa 300 (Jüdisches Jahrbuch für die Schweiz 1916 S. 197:
"heute 60 Gemeindemitglieder mit zirka 300 jüdischen Seelen; dieselbe
Angabe auch in den Jahrbüchern 1918 S. 255 und 1921 S. 177); 1917 werden 413
jüdische Einwohner in Biel angegeben.
An Einrichtungen wurden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule), ein rituelles Bad und - seit 1903 - ein Friedhof
eingerichtet. Auch gab es eine "Jüdische Lesehalle" und eine
"Armenkasse".
Zur Besorgung religiöser Aufgaben wurden ein Lehrer, zeitweise auch ein
Rabbiner angestellt; der Lehrer war auch als Kantor und Schochet tätig,
sofern nicht eine weitere Person als Kantor angestellt war. Unter den Rabbinern
waren in Biel tätig: Rabbiner Dr. Chaim Lauer (1916-1925 und 1939-1945),
Rabbiner Dr. Aron Silberstein (1949-1970), Rabbiner Dr. Benyamin Z. Barslai
(1971-1981) und Rabbiner Aharon Daum (1982-?). Als Lehrer werden genannt:
Léon M. Wormser (1870-1879), Benzion Taubé (1879-1900), Kalman Rosenblatt (1900?-1919?),
Abraham Langsam (1919-1925), Abraham Bronkhorst
(1925-1928). Der Gemeinde stand ein Präsident vor, u.a. Marc
Goschler (erster Präsident von 1858 bis 1885), Samuel Levy (1885-1905), Israel
Dreyfus (1905-1918), Naftali Schmoll (1918-1929), Charles Picard (1929-1946),
Jules Hecker (1946-1953), Gabriel Picard (1953-1969), David Epelbaum
(1970-1976), Josef Gefter (1976-?), Klaus Appel.
In der Gemeinde gab - und gibt es teilweise bis zur Gegenwart - ein reges
Vereinsleben: so waren um 1916/21 die folgenden jüdischen Vereine aktiv: den Männerkrankenverein
(Chevra Bikkur Cholim, gegründet am 20. November 1866, 1918 war
Präsident Israel Dreyfus, 1921 Gabriel Hess), den Zionistenverein Ohave Zion
(1916/21 unter Leitung von Dr. C. Lévy), den Israelitischen
Frauenverein (1916/18 unter Leitung der Frau von Naphtali Schmoll, 1921 unter Leitung von
Frau Laure Nordmann), den Zionistenverein "Hatikwa" (1918/21
unter Leitung von S. Liebmann), den Frauenverein Malbisch Arumim (1921
unter Leitung von Moise Lévy), eine Sektion der Alliance Israélite
Universelle (1916 unter Leitung von Blum-Goschler, 1921 unter Leitung von R.
Blum), den Jugendverein "Macabäa" (1921 unter Leitung von
Gaston Bickert).
Die zionistische Gruppe hatte in Biel relativ viele Anhänger. Mehrfach hielt
sich in Biel Dr. Chaim Weizmann - der zionistische Führer und spätere
israelische Staatspräsident - auf; er pflegte enge Kontakte mit dem
Präsidenten des Zionistenvereins Ohave Zion Dr. C. Lévy. 1903 hatte
Weizmann in Biel einen Vortrag über "Chanukka im Lichte der
Gegenwart" gehalten.
Einige Jahre gab es in Biel eine kleine ostjüdische Gemeinde, die sich
als Verein "Achdus" mit dem Präsident J. Pintschuk
organisierte und nach 1918 ein eigenes Bethaus in der Industriestraße 18
unterhielt. Mit zunehmender Integration der ostjüdischen Familien ging die
Gruppe in den 1930er-Jahren in der Israelitischen Gemeinde der Stadt
auf.
1948 konnte die jüdische Gemeinde in Biel das 100-jährige Bestehen der
Gemeinde feierlich begehen. An der Feier sprach Alt-Stadtpräsident Dr. Guido
Müller, der sich in der NS-Zeit stark für Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz
gegenüber den jüdischen Mitbürgern eingesetzt
hatte.
1964 gab sich die Gemeinde neue Statuten, nach denen sie eine Vereinigung
aller Juden von Biel und Umgebung anstrebt, um namentlich folgende Zwecke zu
erfüllen: Pflege des jüdischen Kultus, jüdischer Fürsorge und
Wohltätigkeit; Erhaltung der Institutionen wie Synagoge, Friedhof,
Religionsschule; Pflege und Förderung des religiösen, kulturellen und
wissenschaftlichen jüdischen Lebens, auch durch Erwachsenenbildung; Wahrung und
Förderung allgemein jüdischer Interessen. 1969 hatte die jüdische
Gemeinde 227 Mitglieder.
Seit 1996 ist auf Grund eines Beschlusses des Kantonsparlaments die
"Jüdische Gemeinde Biel-Bienne" (wie auch die Gemeinde in Bern) öffentlich-rechtlich
anerkannt. Die Statuten und das Beitragsreglement wurden den neuen
Gegebenheiten angepasst. 1998 wurde das 150-jährige Bestehen der
Gemeinde gefeiert.
Die - in den vergangenen Jahren zahlenmäßig kleiner gewordene - Gemeinde hat
derzeit (2009) keinen Präsidenten; verschiedene Aufgaben in der Verwaltung sind
an Gemeindeglieder verteilt. Einen eigenen Rabbiner hat die jüdische Gemeinde
in Biel nicht mehr. Zuständig für Biel ist inzwischen der Rabbiner der
Jüdischen Gemeinde in Bern, David Polnauer. Eine eigene Religionsschule wird
derzeit nicht betrieben; die jüdischen Schüler aus Biel besuchen den
Religionsunterricht in Bern. Gottesdienste in der Synagoge finden regelmäßig
an den Schabbatot zu jedem Rosch Chodesch (jüdischer Monatsbeginn) und an den
Feiertagen statt. Zu den Hohen Feiertagen im Herbst kommt seit vielen Jahren
regelmäßig Kantor Gabriel Strenger aus Jerusalem in die Gemeinde. Einige
Vereine der Gemeinde sind weiterhin - auch durch größere Veranstaltungen -
aktiv, darunter der Israelitische Frauenverein.
Aktuelle Informationen über das jüdische Gemeindeleben in Biel finden sich
regelmäßig im "JGB-Forum", hrsg. von der jüdischen Gemeinde
Bern.
Link zu den aktuellen
Ausgaben des JGB-Forums seit 2007.
Berichte aus
den ersten Jahrzehnten der Geschichte der jüdischen Gemeinde (1860-1930)
Aus der Geschichte des Rabbinates
Rabbiner Dr. Chaim Lauer wechselt von Biel nach Mannheim
(1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1925:
"Biel, 9. Februar (1925). Der Synagogenrat in Mannheim hat Herrn
Rabbiner Dr. Ch. Lauer in Biel als Direktor der hebräischen Schule der Lemle Moses-Klaus-Stiftung berufen. Herr Dr. Lauer hat den Ruf angenommen
und gedenkt schon am 1. Mai sein neues Amt anzutreten. Herr Dr. Lauer
lernte lange Jahre auf der Jeschiwa des weit über die Grenzen seines
Landes berühmte Gaon R. Elieser Deutsch seligen Andenkens in Bonyhad
(Ungarn), dessen Lieblingsschüler er stets war (siehe R.G.A. Peri-ha-Sode,
Bd. 1-3). Später kam er mit reichen talmudischen Kenntnissen nach
Deutschland und war mehrere Jahre Rabbinatsassistent bei Herrn
Provinzialrabbiner Dr. M. Cahn seligen Andenkens in
Fulda. In Basel
war er anfangs einige Jahre lang Lehrer des 'Schomre-Thora'-Vereins, und
dann mehrere Jahre geistiger Leiter der Gemeinde
Liestal bei Basel.
Nachdem er in Basel die Maturitätsprüfung bestanden hatte, studierte er
an der dortigen Universität Orientalia, Philosophie und
Naturwissenschaften. Nach seiner Promotion in Basel besuchte er das
Rabbinerseminar in Berlin, das er mit großem Erfolg absolvierte. Im
Sommer 1914 hat ihn der Verwaltung der 'Ica' zum Oberrabbiner ihrer
Kolonien in Argentinien ernannt. Infolge des Weltkrieges konnte Herr Dr.
Lauer sein Amt in Argentinien nicht antreten. Ungern sehen seine
zahlreichen Freunde in der Schweiz, seine Schüler - and last not least -
seine Gemeinde ihn in das Ausland scheiden; wir hätten ihn gerne
zurückgehalten mit den Worten des R. Josua: so viele geistige Schätze
besitzest du und du willst uns verlassen. Wir sind überzeugt, dass er
durch sein charakterfestes und taktvolles Wesen, durch seine großen
Kenntnisse auf religiösem und profanem Gebiete, durch seine aufrichtige,
ungeheuchelte Religiosität sich auch in seinem neuen Amte bald die
Sympathie und Wertschätzung aller erringen wird. Wir wünschen ihm, dass
sein Streben, die ihm anvertraute Jugend zu edlen Menschen und
aufrichtigen Juden zu erziehen, von reichem Erfolge gekrönt
werde." |
|
Rabbiner
Dr. Chaim Lauer (Quelle für das Foto: Volker Keller: Bilder vom
jüdischen Leben in Mannheim 1988 Foto Nr. 137) - ergänzende
Informationen zum obigen Artikel: Lauer ist als Sohn des Gerson Lauer und
der Rahel geb. Seelengut am 25.8.1876 im galizischen Bobowa (heute
polnisches Karpatenvorland, Kreis Gorlice) geboren. Über seine Ausbildung
siehe oben.
Rabbiner Chaim Lauer war von 1916 bis 1925 Rabbiner in Biel. Nach einer
erfolgreichen Tätigkeit als Rabbiner in Mannheim war er zum Verlassen
Deutschlands 1939 gezwungen. Er konnte nochmals bis zu seinem Tod am 11.
August 1945 in Biel als Rabbiner tätig. sein. Er ist auf dem jüdischen Friedhof
in Biel beigesetzt. |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Über Abraham Bronkhorst (Lehrer in Biel von 1925-1928)
(Quelle für das Foto siehe bei Heldenbergen)
Lehrer
Abraham Bronkhorst (geb. 1890 in Arnheim NL): 1922 bis 1925 Lehrer,
Vorbeter und Schochet der jüdischen Gemeinde in Heldenbergen,
danach in Biel, 1928-1933 in Esens; war verheiratet mit Dora geb.
Landau (geb. 1891 in Hannover; Sohn Hermann, geb. 1922 in Heldenbergen). Da die
Familie die niederländische Staatsangehörigkeit hatte, floh sie 1933 nach
Holland. 1942 wurde das Ehepaar in Amsterdam verhaftet, nach Westerbork
transportiert und von dort in das Vernichtungslager Sobibor, wo beide am 4. Juni
1943 ermordet wurden. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die jüdische Gemeinde ist im Entstehen (1857)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Juni 1857
(aus einem längeren Artikel über den Stand der Entstehung jüdischer
Gemeinden in der Schweiz): "Auch in Neuenburg, Stadt, hat sich erst
seit Kurzem eine Miniaturgemeinde von Israeliten gebildet. Biel im
Kanton Bern scheint auch etwas derartiges werden zu wollen, indem nun dort
bedeutende Etablissements von Uhrenfabrikation durch Juden gegründet
werden." |
Delegiertentag der schweizerischen Zionisten in Biel (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juni 1908:
"Zürich. Der Delegiertentag der schweizerischen Zionisten
wird am 28. Juni in Biel, Hotel Bielerhof,
abgehalten." |
Gemeindebeschreibung im "Jüdischen Jahrbuch für
die Schweiz" (1916)
Artikel
im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" 1916 S. 197: "Biel.
In Biel besteht seit dem Jahre 1865 eine jüdische Gemeinde, welche heute
60 Gemeindemitglieder mit zirka 300 jüdischen Seelen zählt. Vorstand:
Israel Dreyfus, Präsident; Charles Picard, Sekretär; N. Schmoll,
Kassier; M. Levy, Dr. Levy, S. Frank, Jules Picard (Beisitzende). Beamte:
Kantor (vacat), Lehrer: Herr Rosenblatt.
Institutionen: Synagoge und Religionsschule
(Rüschlistraße 3).
Vereine: Männerkrankenverein (Chevra Bikkur Cholim), Ohav Zion (Dr.
C. Levy), Israelitische Frauenverein (N. Schmoll), Sektion der Alliance
Israélite Universelle (Blum-Goschler). Jüdische
Lesehalle." |
Statistik der jüdischen Einwohner 1917
Artikel im "Jüdischen Jahrbuch der Schweiz" von 1917 S. 220: Es
werden angegeben an jüdischen Einwohnern:
"Kanton Zürich: Zürich 5212, Winterthur 133, Bülach
24;
Baselstadt 2452;
Genf 2236;
Kanton Bern: Bern 1062, Biel 413,
Delsberg 75, Burgdorf 50, Langental 32, Laufen 27, Thun 27;
Kanton Waadt: Lausanne 989, Vevey 127, Yverdon 102, Montreux 96,
Avenches 74, Nyon 64, Morges 40, Mondon 32, Cossonay
24". |
Gemeindebeschreibung im "Jüdischen Jahrbuch für
die Schweiz" (1921)
Artikel
im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" 1921 S. 177: "Biel.
In Biel wurde im Jahre 1848 eine jüdische Gemeinde gegründet, welche
heute 60 Gemeindemitglieder mit zirka 300 Seelen zählt. Vorstand:
N. Schmoll, Präsident; Achilles Dreyfus, Sekretär; Léon Nordmann,
Kassier; weitere Mitglieder: S. Frank, Dr. Camille Lévy, M. Lévy,
Charles Picard. Beamte: Rabbiner Dr. Ch. Lauer und A.
Langsam.
Institutionen: Synagoge (Rüschlistraße 3). Religionsschule
(Präsident: N. Schmoll). Armenkasse. Friedhof.
Vereine: Männerkrankenverein (Präsidentin: Frau Léon Nordmann). -
Frauenverein Malbisch Arumim (Präsidentin: Frau Moise Lévy). -
Zionistenverein 'Hatikwa' (Präsident: S. LIebmann). - Sektion der
Alliance Israélite Universelle (Präsident: R. Blum). - Verein "Achdus'.
Bethaus, Industriestraße 18 (Präsident: J. Pintschuk). - Jugendverein 'Maccabää'
(Präsident: Gaston Bickert)." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Max Guggenheim ist erster jüdischer Stadtrat in Biel
(1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1879: "In
Biel, wo früher kein Jude wohnen durfte, ist nun ein
Glaubensgenossen, Herr Max Guggenheim, als erster Stadtrat gewählt
worden." |
Mitteilung des Todes des Präsidenten der jüdischen
Gemeinde Samuel Levy (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israeliltischen Familienblatt" vom 9. Februar
1906: "In Biel verschied Herr Samuel Levy, der Präsident der
jüdischen Gemeinde, 80 Jahre alt." |
Charles Picard wird zum "Offizier de l'academie française' ernannt
(1906)
Armand Dreyfus-Marx aus Biel wird Direktor des Schweizerischen Bankvereins in
Zürich (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. September
1906: "Biel (Schweiz). Herrn Charles Picard,
Vorstandsmitglied der hiesigen israelitischen Gemeinde, ist letzthin eine
ehrenvolle Auszeichnung zuteil geworden. Der Genannte, der schon seit
einer Reihe von Jahren Präsident der hiesigen Société française ist,
und als solcher seinen französischen Landsleuten vielfache
schätzenswerte Dienste erwiesen hat, ist durch Vermittlung der
französischen Gesandtschaft in Bern vom Minister des öffentlichen
Unterrichts und der schönen Künste in Frankreich zum 'Officier de
l'academie française' ernannt worden.
Zürich. Herr Armand Dreyfus-Marx von Biel, bisher
Vizedirektor des Schweizerischen Bankvereins in Basel, ist als Direktor
derselben Bank in Zürich ernannt worden." |
Mitteilungen zu öffentlichen Ämtern einzelner
Personen der Gemeinde (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Januar 1907: "Biel (Schweiz). Herr Gabriel Heß
ist wieder zum Mitgliede der 'städtischen Schulkommission' gewählt
worden. Er ist außerdem in Gemeinschaft mit Herrn Leopold Dreyfus
Mitglied der 'städtischen Steuerkommission'. Auch im 'großen Stadtrat'
sitzt ein Jude, nämlich Herr Blum-Goschler".
|
Zum Tod von Moritz Meyer (1907)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Juli 1907:
"In Biel verschied im Alter von 52 Jahren der allgemein
hochgeschätzte Seniorchef der dortigen bedeutenden Warenhausfirma Knopf, Herr
Moritz Meyer. Herr Meyer gehörte dem Vorstande der jüdischen
Gemeinde an und betätigte sich innerhalb der jüdischen Gemeinde sehr
lebhaft." |
Salomon Heß wurde in den Großen Stadtrat gewählt (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Juni
1908: "Biel (Schweiz). Salomon Heß wurde auf Vorschlag
der Freisinnigen Partei ohne Opposition in den Großen Stadtrat gewählt".
|
Zum Tod des Kaufmanns Menachem Sternbach (1919)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 19. Januar
1919: "Biel (Schweiz). Menachem Sternbach,
Vorstandsmitglied der Zionistischen Ortsgruppe, trotz seiner Jugend einer
der angesehensten Kaufleute der Stadt, verschied - 26 Jahre alt - an der
Grippe." |
Naftali Schmoll wird zum Präsidenten der Gemeinde gewählt (1919)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Januar
1919: "Biel (Schweiz). Naftali Schmoll wurde einstimmig zum
Präsidenten unserer 300 Seelen zählenden Jüdischen Gemeinde
gewählt." |
Zum Tod von Salomon Heß (1921)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. Januar
1921: "In Biel verschied - 63 Jahre alt - Salomon Heß,
ein Mann, der im politischen und sozialen Leben seiner Stadt eine
führende Rolle spielte." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Apothekers J. Bucher
(1918)
Anzeige
im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" Jahrgang 1918 S.
26:
"Pharmacie-Seeland-Apotheke.
Biel - Bienne.
J. Bucher, pharmacien-chimiste, Rue Nidau 54..." |
Sonstiges
Dokument aus der Verfolgungszeit
Postkarte
von Rosa Levi aus
Buttenhausen nach Biel (CH) (1935)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
D - Kirchheim / Ries) |
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Die Karte wurde am 23. September 1935 von
Rosa Levi in Buttenhausen an Frau Henriette Levy bei Herrn J. Weil, Schuhgeschäft, nach Biel
in die Schweiz geschickt mit den besten Wünschen zum Jahreswechsel
(Rosch Haschana war 1935 am 28. September).
Zum Text der Karte: "Buttenhausen, 22.9.35. - Liebe Frau Levy.
Hoffe Sie mit Ihren Lieben Allen gesund, was doch die Hauptsache ist. Auch wir sind es so ziemlich, d.h. die Nerven machen
eben einem viel zu schaffen und hoffen wir, dass es bald besser wird. Von Bern höre auch hier und da von Ihrem l. Herrn Levy,
auch Ludwig erzählte mir von Euch. L. Hedwig hat mich so lieb eingeladen nach den Feiertagen, einige Zeit zu kommen. Wie
gerne würde dies annehmen, aber es kann leider nicht sein, habe bis dorthin kein Mädchen und kann somit unmöglich fort von
meinem l. Mann und Paul. Wie geht es Euch allen. Würde Euch so gerne wieder einmal sehen. Von uns kann Euch nicht viel
berichten. Man macht eben so fort. Zum Jahreswechsel sende Euch Allen meine besten Wünschen und Grüße.
Eure Rosa Levi. - Auch von meinem l. Mann herzl. Gratulation."
Die Absenderin der Karte und ihre Mutter starben am 28. Oktober 1940 in
Furcht vor einer bevorstehenden Deportation. Weiteres siehe auf der Seite Texte
zur jüdischen Geschichte in Buttenhausen (interner Link).
|
Zur Geschichte der Synagoge
1848 beschlossen die Israeliten der Stadt, an jedem Sabbat
gemeinsam zu beten. Man traf sich zunächst in den Wohnungen einzelner Familien.
Zehn Jahre später - am 27. Oktober 1858 - wurde mit Schreiben des
Regierungsrates an den Regierungsstatthalter in Biel die Einrichtung eines
Betsaales genehmigt. Ein solcher konnte zunächst im Hause Girard in der
Neustadt angemietet werden, doch wechselte die
Gemeinde wenig später in einen Saal des ehemaligen Fabrikationsgebäudes der
Familie Neuhaus (heutiges Museum Neuhaus).
Im Laufe der 1870er-Jahre gab es auf Grund der größer werdenden Gemeinde immer
stärker werdende Bemühungen, eine Synagoge zu erbauen. Im Juli 1882 konnte
ein geeignetes Grundstücke an der Rüschlistraße gefunden werden. Die Pläne
für die neue Synagoge wurden von den Architekten Johann Jakob Frey (1848-1890)
und August Eduard Haag (1850-1918) gezeichnet. Die beiden hatten seit 1874 ein
gemeinsames Architekturbüro in Biel gegründet. Sie schlugen für den Baustil
der Synagoge den im 19. Jahrhundert über mehrere Jahrzehnte weit verbreiteten
neo-orientalischen ("maurischen") Baustil
vor.
Die Einweihung der neuen Synagoge fand am 7. September 1883 unter
Beteiligung mehrerer Vertreter von Kirche und Stadt sowie anderer jüdischer
Gemeinden statt. Die Weihepredigt hielt der Genfer Rabbiner Joseph Wertheimer
(1833-1908).
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November
1883: "In Bienne (Schweiz) ist eine Synagoge durch Rabbiner
Wertheimer aus Genf feierlich eingeweiht worden." |
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Synagoge immer
wieder renoviert, insbesondere 1923 (neue Bemalung des Inneren der
Synagoge, Elektrifizierung der Leuchter, neue Fensterverglasungen) und 1995
(u.a. neue Fenster: Kunstverglasungen des israelischen Künstlers Robert
Nechin). Ein Eingriff in die prägende neo-orientalischen Architektur des
Synagoge wurde wieder rückgängig gemacht: nachdem 1974 die Kuppeln der vier
Ecktürme abgebrochen worden waren, sind diese 1995 wieder hergestellt
worden.
2008 wurde das 125-jährige Bestehen der Synagoge festlich
begangen.
Adresse/Standort der Synagoge: Rüschlistraße
3
Fotos
(Quelle: Fotos oben links und Mitte sowie alle
Innenaufnahmen erhalten von Haim Madjar,
Jüdische Gemeinde in Biel, Juli 2010 und August 2011;
weitere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 28.8.2008)
Die 1883 eingeweihte Synagoge |
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Blick von Westen
/ Südwesten auf die Synagoge mit Eingangsportal und den seitlichen
quadratischen
Ecktürmen. Das Foto
rechts in hoher Auflösung (0,7 mb). |
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Die Gebotstafeln
auf dem Giebel der Westfassade. |
Das
Eingangsportal |
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Blick von Süden
auf die mit Hufeisenbögen verzierten Fenster der Längsfassade |
"Laterne" mit
Tambour in der Dachmitte
über dem First mit kleinen Fenstern |
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Rundfenster mit
"Davidstern"
von außen |
Rundfenster
mit "Davidstern"
von innen |
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Im Betsaal -
Blick zum Toraschrein |
Die südlichen
Bankreihen |
Die nördlichen
Bankreihen |
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Blick von der
Frauenempore
zum Toraschrein |
Der Toraschrein
(Vorhang - Parochet
mit Widmungsinschrift) |
Blick auf die
Torarollen
(dieses Foto in
hoher Auflösung) |
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Die
Glasfenster des Künstlers Robert Nechin (vgl. unten bei den
Links) |
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Blick
auf Fenster der Synagoge mit den 1975 angebrachten Szenen aus der Tora
-
Erinnerung an einzelne in den fünf Büchern Moses erzählte
Begebenheiten |
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Zu Beginn der
Schöpfung -
hebräisches Zitat
aus 1. Mose 1,2:
"und die Erde war öd' und wüst" |
Die
Erschaffung von Sonne, Mond und
Sternen: hebräisches Zitat
aus
1. Mose 1,14: "Es seien Lichter an der
Fläche des Himmel" |
Erinnerung
an das Ende des Berichtes
vom Garten Eden - hebräisches Zitat
aus
1. Mose 3,23: 'da schickte ihn weg der
Ewige, Gott, aus dem Garten
Eden' |
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Der
"Turm von Babel" - bezeichnet
in verschiedenen Sprachen
(in der Mitte hebräisch: Migdal Babel) |
Erinnerung an die
"Bindung" (sc.
"Opferung") Isaaks in 1. Mose 22 -
hebräische Worte: "Bindung Isaaks" |
Jakobs
Traum nach 1. Mose 28 mit
Darstellung der Himmelsleiter und den
auf- und absteigenden Engeln -
hebräische Worte "Jakobs Traum" |
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Der brennende
Dornbusch - hebräisches
Zitat
aus 2. Mose 3,2: "der Dornbusch
brannte im Feuer, aber der
Dornbusch
wurde nicht verzehrt" |
Erinnerung an den
Auszug aus Ägypten -
hebräisches Zitat
aus 2. Mose 12,27:
'der (=der Ewige) hinwegschritt über
die Häuser
der Kinder Israel' |
Gottes
Geleit bei der Wüstenwanderung -
hebräisches Zitat
aus 2. Mose 13,21:
"(der Ewige zog vor ihnen her des Tages)
mit
einer Wolkensäule, (und Nachts)
mit einer Feuersäule" |
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Die Gebotstafeln,
dahinter der Berg Horeb -
hebräische Zitate
aus 2. Mose 20: jeweils
erste Worte der zehn Gebote |
Das "Goldene
Kalb" am Berg Horeb -
hebräisches Zitat
aus 2. Mose 32,8: "sie
machten sich ein gegossenes Kalb" |
Mose
darf vom Horb das verheißende
Land sehen - hebräisches Zitat
aus
5. Mose 34,1: "Und er (der Ewige) ließ ihn
(Mose) schauen das
ganze Land" |
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Bericht über eine Veranstaltung u.a. in
der Synagoge im Februar 2009 |
Photo:
Léon Reich a fait découvrir la synagogue de Bienne, à la rue du Rüschli, devant une salle archi-comble.
(Photo: René Villars)
Artikel in "Le Journal du Jura" vom 20. Februar 2009 (Artikel):
"Les quartiers biennois attirent la foule.
La troisième édition du Parcours culturel, cette manifestation originale créée par le Musée Schwab à
Bienne, a rencontré un vif succès lors de son lancement, dimanche. La
synagogue, la salle du Conseil de ville ou encore l'aire Schnyder ont affiché complet, donnant lieu à des débats
passionnants.
Le premier Parcours culturel proposait de partir à la rencontre des communautés étrangères de Bienne; la deuxième édition donnait la parole aux jeunes, et ce troisième volet part à la découverte de l'histoire de Bienne et de ses quartiers. Plusieurs modules seront proposés jusqu'en août. Le premier module, dimanche, a enregistré un véritable succès, toutes les manifestations proposées affichant complet.
Organisé par le médiateur culturel Ali Sylejmani, le Musée Schwab et notamment sa directrice Madeleine Betschart, ce Parcours culturel 3 commençait par une visite de la synagogue de Bienne, à la rue du Rüschli 2. Après quelques mots de bienvenue du maire Hans Stöckli, les visiteurs ont été tenus en haleine par la présentation passionante de Léon Reich, ancienne victime des camps de concentration
nazis. Autre lieu, autres souvenirs, mais avec la même passion: à midi, le public a pu se remémorer les temps de la Cité Marie, à la rue Centrale. Le préfet Philippe Garbani et Mario Taddei ont échangé leurs souvenirs et leurs réflexions sur cet endroit emblématique de la ville de
Bienne. La journée s'est poursuivie à l'aire Schnyder, avec un podium animé en deux langues par les journalistes Mike Sommer et Renaud Jeannerat. Ces derniers ont ensuite animé un deuxième podium, dans la salle du Conseil de ville, elle aussi archi-comble. Un podium très ouvert, qui a donné lieu à des échanges riches et variés, sur le thème des lieux de mémoire et des lieux d'identité. La question du possible déménagement du Conseil de ville dans des locaux neufs près du Palais des Congrès a suscité de nombreuses réactions, certains tenant à rappeler que le Bourg, au coeur de la vieille ville, a toujours été le lieu de pouvoir de Bienne, depuis le château du Prince-Evêque au Moyen Age, et qu'il serait malheureux de rompre cette tradition. Les débats ont aussi évoqué le Capitole, les lieux de rencontre romands, les projets culturels à la vieille ville et bien d'autres thèmes encore, pour le plus grand plaisir des participants. |
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Artikel in
"Bieler Tagblatt" vom 23. Februar 2009 (Artikel):
"Am Sonntag wurde der dritte Kulturparcours vom Museum Schwab eröffnet. Zahlreich fanden sich die Interessierten in der Synagoge an der Rüschlistrasse ein.
Nid/pl. 'Scheinbar haben die Organisatoren des Kulturparcours eine bessere Reichweite als ich', zeigte sich Léon Reich von der Synagoge ob der Besuchermenge erstaunt,
'sonst brauche ich kein Mikrofon.' In der Synagoge waren an diesem Sonntag nur noch wenige Plätze frei. Ungewöhnlich war auch, dass die Besucher gemischt
saßen. 'Normalerweise sitzen die Frauen oben, was aber nicht diskriminierend gemeint ist, denn die Männer schauen zu den Frauen empor', beschrieb Reich mit einem Lächeln die Regel im jüdischen Gotteshaus.
Nach einem kurzen Abriss zur 125-jährigen Geschichte der Synagoge und der jüdischen Gemeinde in Biel würdigte Stadtpräsident Hans Stöckli den Tempel und den Kulturparcours zugleich. An der Synagoge, die zwischen seinen Arbeitsplätzen in der Präsidial- und der Finanzdirektion liege, fahre er mehrmals täglich vorbei.
'Eine gewisse Neugier ist bei ihrem Anblick immer vorhanden.' Deshalb habe er die Einladung, die Synagoge zu besuchen, nicht ausschlagen können:
'Dies vor allem in einer Zeit, wo sich Religionen bekämpfen, anstatt
gemeinsam nach Lösungen zu suchen.' So diene der Kulturparcours in diesem
Fall dazu, die Geschichte und Entwicklung der Gesellschaft zu verstehen, um
besser 'vorausdenken zu können'. |
Einzelne neuere Presseberichte
März 2020:
Sicherheitsvorkehrungen in der
Synagoge werden erhöht
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Artikel
in "20min.ch" vom 6. März 2020:
" Bieler Synagoge rüstet auf – auch wegen Halle.
Die jüdische Gemeinde Biel erhöht die Sicherheitsvorkehrungen in ihrer
Synagoge. Zu diesem Entscheid trug nicht zuletzt der Anschlag in Halle (D)
bei.
In der Bieler Synagoge wird aufgerüstet: Mit baulichen Vorkehrungen für
insgesamt 80'000 Franken soll die Sicherheit der Besucher erhöht werden.
Maximal die Hälfte der Kosten übernehmen Bund und Kanton, die Stadt steuert
4000 Franken bei, den Rest übernimmt die jüdische Gemeinde Biel.
'Wir wollen keinen Bunker'. Ob Poller, Panzerglas oder
Überwachungskameras installiert werden, verrät die jüdische Gemeinde nicht –
man will möglichen Attentätern nicht unnötig in die Hände spielen. Haim
Madjar (84) vom Vorstand lässt zumindest durchblicken, welcher Gebäudeteil
mitunter wohl sicherer gemacht wird: 'Beim letztjährigen Anschlag in Halle
spielte die Eingangstür eine sehr große Rolle.' Diese verhinderte, dass der
Attentäter in das jüdische Gotteshaus eindringen konnte, und rettete damit
wohl dutzenden Menschen das Leben. Überhaupt hatten die jüngsten
rechtsextremistischen Anschläge in Pittsburgh, Christchurch, Poway und Halle
keinen geringen Anteil am Entscheid der jüdischen Gemeinde, zusätzliche
Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. 'Man hört, was alles passiert und wie
man gewisse Dinge vermeiden kann', sagt Madjar, der in Bulgarien geboren
wurde und 1961 über Israel in die Schweiz kam. Man sehe sich daher
veranlasst, auch die eigenen Leute besser zu schützen. Allerdings sollten
sich die Vorkehrungen in einem gesunden Rahmen bewegen: 'Wir wollen aus der
Synagoge keinen Bunker machen.'
'Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste'. Insgesamt 523
antisemitische Vorfälle registrierte der jährliche Antisemitismusbericht für
das Jahr 2019 in der Deutschschweiz, die meisten davon im Online-Bereich
(485). Tätlichkeiten an Juden oder Sachbeschädigungen an jüdischen
Einrichtungen wurden im Berichtsjahr keine gemeldet. Der Schweizerische
Israelitische Gemeindebund spricht von einer 'stabilen Entwicklung der Zahl
physischer und verbaler antisemitischer Vorfälle'. In Biel, sagt Madjar,
gebe es glücklicherweise kaum Vorfälle. Von Schmierereien oder sonstigen
Vandalenakten sei die Synagoge in der Vergangenheit verschont geblieben. Das
habe nicht zuletzt mit der Unsichtbarkeit der Religion zu tun, glaubt der
gelernte Elektro-Ingenieur: 'Wir sind keine orthodoxe Gemeinde, man sieht in
Biel keine Kippas oder schwarzen Kleider auf der Strasse.' Dennoch hält er
die erhöhten Sicherheitsmassnahmen nicht für verkehrt. Man könne
schliesslich nicht wissen, was in der Zukunft passiere. Madjar: 'Vorsicht
ist die Mutter der Porzellankiste.'"
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 81; III,1 S. 113-114. |
| Vita Epelbaum: 125 Jahre Israelitische Gemeinde
Biel. 1973. |
| Emil Dreifuss: Juden in Bern. Ein Gang durch die
Jahrhunderte. Bern 1983. Online
zugänglich (pdf-Datei). |
| Ron
Epstein-Mil: Die Synagogen der Schweiz. Bauten zwischen Emanzipation, Assimilation und
Akkulturation.
Fotografien von Michael Richter
Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in der Schweiz. Schriftenreihe des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Band 13.
2008. S. 142-145 (hier auch weitere Quellen und
Literatur). |
| Anette Brunschwig: Die Anfänge der jüdischen
Gemeinde Biel. In: Bieler Jahrbuch 2008. Ersch.
2009. |
| Anette
Brunschwig: Heimat. Biel. Geschichte der Juden in einer Schweizer
Stadt vom Spätmittelalter bis 1945.
Hrsg. vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund.
Chronos Verlag Zürich 2011. ISBN
978-3-0340-1072-6. |
| Haim Madjar: Die Geschichte der Bieler Synagoge. Hrsg. von der
Jüdischen Gemeinde Biel (Communauté Juive Bienne) 2011.
12 S., zahlr. Abb.; online zugänglich - eingestellt in zwei Größen (Fotos unterschiedlich
komprimiert): größeres
Format (3,86 MB), kleineres
Format (1,22 MB). |
| Anette
Brunschwig: Heimat Biel. Geschichte der Juden in einer Schweizer
Stadt vom Spätmittelalter bis 1945.
Hrsg. vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund.
Chronos Verlag Zürich 2011. ISBN 978-3-0340-1072-6.
Link
zur Verlagsseite mit Bestellmöglichkeit. |
Artikel in "Encyclopedia Judaica"
Keter Publishing House Jerusalem Vol 4. Sp. 981:
Biel (Bienne), town in the Swiss canton of Berne.
Citizenship (Buergerrecht) was granted to several Jewish families in 1305,
although Jews probably settled in Biel earlier. They were allowed to trade
freely and engage in moneylending, until their expulsion from the city, the date
of which is unknown. Communal life revived after 1848, when several Jewish
families from Alsace-Lorraine settled in Biel. A synagogue was built in 1882. In
1969 the community consisted of 227 people and had its own rabbi.
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