Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Baden-Württemberg"
Ebersbach an der Fils (Kreis
Göppingen)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Ebersbach
In Ebersbach an der Fils gab es zu keiner Zeit eine
jüdische Gemeinde. Im 19./20. Jahrhundert gab es wenige jüdische
Personen, die zeitweise in Ebersbach lebten. Bei den Volkszählungen zwischen
1806 und 1933 wurden nur 1875 / 1880 / 1885 und 1910 jeweils eine Person
jüdischen Glaubens in Ebersbach festgestellt. Nach 1874 war August Nathan
aus Laupheim am Ort, Teilhaber der
Zementfabrik.
Bei August Nathan handelt es sich sehr wahrscheinlich um Isac August Nathan,
der am 4. April 1853 in Laupheim als Sohn von Samuel Nathan (1807-1890) und der
Regine geb. Hirschfeld (1817-1890) (Familienregister Laupheim: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445959-131) geboren ist.
Familie Samuel Nathan lebte seit 1869 in Ulm (Familienregister Ulm:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446811-126). August Nathan war
seit 1890 (in Nürnberg) verheiratet mit Pauline geb. Neu (geb. 1868
Wilhermsdorf) und lebte später mit ihr
(nach der Zeit in Ebersbach) -
als Fabrikant, dann Privatier - in Bad Cannstatt, wo beide gestorben sind
(August Nathan am 9. September 1925, Pauline Nathan am 15. Juli 1924;
Familienregister Cannstatt:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-439989-47) und im
jüdischen Teil des Steigfriedhofes Bad
Cannstatt begraben sind.
Zur Geschichte der Zementfabrik in Ebersbach siehe Seite
https://www.ebersbach.de/zementherstellung.html.
Zwischen dem 1. Oktober 1926 und dem 9. August 1929 war die Familie Julius
Cronheim in der Martinstraße 60 in Ebersbach wohnhaft. Cronheim war Direktor
der Schwäbischen Textilwerke AG, Baumwollspinnereien und -webereien. Zur
Geschichte siehe
https://www.industriekultur-filstal.de/orte/ebersbach-an-der-fils/martin-und-soehne-schwaebische-textilwerke.html. 1929 verzog
die Familie nach Ettlingen, wo Julius Cronheim Direktor der Gesellschaft für
Spinnerei & Weberei in Ettlingen wurde.
Julius und seine Frau Gertrud Cronheim wurden nach der Deportation 1940
(zunächst nach Gurs, 1942 Rivesaltes, dann über Drancy nach Auschwitz) im
Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
In der NS-Zeit war das Ebersbacher Pfarrhaus Büchenbronner Straße 34 für
mehrere jüdische Personen ein zeitweiser Zufluchtsort. Pfarrer Hermann Diem und
seine Frau Anneliese sowie die Vikarin Ilse Härter gingen das große Risiko ein,
diese Menschen vor Verhaftung und Deportation zu bewahren. Unter den versteckten
Personen war die schließlich in die USA geflüchtete Anita Will geb. Schröder,
die in ihren 2014 in den USA erschienenen Lebenserinnerungen von ihrem
Aufenthalt 1943 im Ebersbacher Pfarrhaus berichtete. Drei Monate vor ihr waren
die aus Eschwege stammenden Franziska
Neumann und ihre beiden Söhne Ludwig und Wolfgang im Pfarrhaus versteckt. Ihr
Aufenthalt wurde verraten: im April 1943 wurden sie von der Gestapo verhaftet
und im Juni 1943 von Stuttgart aus in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert
und ermordet.
Von den in Ebersbach zeitweise wohnhaften beziehungsweise
in der Zeit des Zweiten Weltkrieges in Ebersbach im Pfarrhaus versteckten
Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Gertrud Cronheim geb.
Kretschmer (1897), Julius Cronheim (1882), Franziska (Fränze) Neumann geb.
Müller (geb. 1909 in Themar), Ludwig (Lutz)
Neumann (geb. 1934 in Gießen), Wolfgang
Neumann (geb. 1936 in Gießen). Für die
Mitglieder der Familie Neumann wurden 2018 "Stolpersteine" verlegt (siehe
Pressebericht unten).
Berichte aus der
jüdischen Geschichte in Ebersbach
November 2018:
Für die jüdische Familie
Franziska, Ludwig und Wolfgang Neumann wurden in Ebersbach "Stolpersteine"
verlegt |
Links: Ludwig, Franziska und Wolfgang Neumann. Foto aus der
Pressemitteilung der Stadt vom 31. Oktober 2018: "Pressemitteilung der
Stadt Ebersbach an der Fils:
Drei Stolpersteine für Ebersbach an der Fils. Seit 1992 fertigt der
Künstler Gunter Demnig so genannte 'Stolpersteine'. Sie erinnern an
Mitbürger, die während des NS-Terrors ermordet wurden. Unter dem Aspekt der
Hilfeleistung für Verfolgte ist dieses Thema in Ebersbach an der Fils durch
die Pfarrhauskettevertreten, in der sich das Pfarrerehepaar Diem und die
Vikarin Ilse Härter mutig engagierten. Wie viele Menschen im Ebersbacher
Pfarrhaus versteckt gelebt hatten ist unbekannt, bislang sind zwei Beispiele
bekannt. In ihren 2014 in den USA erschienenen Lebenserinnerungen 'Passing.
Growing up in Hitler’s Germany' erzählt Anita Witt, wie sie vorübergehend
im Pfarrhaus lebte, bevor man einen ständigen Aufenthaltbei einer
Ebersbacher Familie arrangierte. Die jüdische Herkunft ihrer Mutter war ihr
'lebensgefährliches Geheimnis'. Nach umfangreichen Recherchen kann nun auch
das Schicksal einer dreiköpfigen Familie genauer geschildert werden, die
knapp ein Viertel Jahr vor Anita Witt für einige Wochen im Ebersbacher
Pfarrhausversteckt gelebt hatte. Franziska Neumann und ihrer Söhne Ludwig
und Wolfgang gehören leider zu denjenigen, deren Versteck verraten wurde.
Die Gestapo verhaftete Sie Ende März/Anfang April 1943 im Ebersbacher
Pfarrhaus. Am 17. Juni 1943 wurden sie von Stuttgart aus ins KZ Auschwitz
deportiert, wo sie den gewaltsamen Tod fanden. Vor dem Pfarrhaus werden nun
drei Stolpersteine für die versteckt gelebte Familie verlegt.Die drei
Stolpersteine werden von Gunther Demnig am 14. November 2018 ab 14 Uhr Uhr
in der Büchenbronner Straße 34 vor dem evangelischen Pfarrhaus verlegt. Die
Feier wird musikalisch durch das Duo Köster und Reil begleitet. Lesungen und
andere Kurzbeiträge sind geplant. Zur Steineverlegung werden auch zwei
lebende Verwandte der Familie Neumannaus Dänemark erwartet. Im Anschluss
besteht für die Gäste dieMöglichkeit bei Kaffee und Tee in den
Seminarräumen der VHS im Kirchberg (Stadtbibliothek) mit Gunter Demnig zu
sprechen.Am Abend vor der Stolpersteinverlegung findet am Dienstag 13.
November2018 eine Informationsveranstaltung im Evangelischen Gemeindesaal
der Veitskirche statt. Beginn ist um 19 Uhr Uhr. Helga Wittler-Morgen und
Uwe Geiger erzählen die Geschichte der jüdischen Familie Neumann, die als 'Bombenflüchtlinge'
getarnt, einige Wochen in Ebersbach lebte." . |
|
Artikel von Margit Haas im "Teckboten" vom
17. November 2018: "Zwischen Neckar und Alb. Versteckt, verraten,
deportiert, ermordet
Stolperstein Franziska Neumann und ihre Söhne Wolfgang und Ludwig wurden
Opfer des Nazi-Terrors.
Ebersbach. Arne und Poul Müller hatten Glück: Ihr Vater konnte vor
Ausbruch der Zweiten Weltkrieges nach Dänemark fliehen. Ihre Tante Franziska
Neumann und ihre Cousins Ludwig und Wolfgang dagegen wurden Opfer des
NS-Terrors. Als kürzlich in Ebersbach 'Stolpersteine' in der Büchenbronner
Straße 34 für sie verlegt wurden, waren sie eigens dafür aus Dänemark
angereist. Uwe Geiger referierte am Dienstagabend im Gemeindesaal der
Veitskirche über den tragischen Lebensweg von Franziska, Ludwig und Wolfgang
Neumann. 'Mithilfe der Pfarrhauskette versteckt, gelebt, verraten,
verhaftet, deportiert, 1943 ermordet in Auschwitz', so hatte der
Stadtarchivar seinen Vortrag überschrieben. Franziska, Ludwig und Wolfgang
Neumann lebten etwa drei Wochen in Ebersbach. Dem Ehemann und Vater Erich
war es gelungen, mit einem falschen Visum nach England auszureisen.
Franziska sollte folgen, zog mit den Kindern nach Berlin, 'hoffte, in der
Großstadt als Jüdin nicht aufzufallen'. Als sie 1943 den Stellungsbefehl zur
Deportation erhielt, konnte sie dank der Pfarrer der Bekennenden Kirche
fliehen. 'Mehr als 40 Pfarrhäuser und deren Vertraute bildeten die
württembergische Pfarrhauskette. Über eine Zwischenstation in einem
Pfarrhaus kamen sie und ihre beiden Söhne wohl Anfang April 1943 in
Ebersbach an' - getarnt als Bombenflüchtlinge. Bürgermeister Gustav Seebich,
der eingeweiht war, wollte den Aufenthalt legalisieren, um die Gefahr für
Flüchtlinge und Helfer abzuwenden. Aber die Familie wird denunziert und 'vom
örtlichen Gendarmeriemeister Hans Strohm in Begleitung eines weiteren
Polizisten im Pfarrhaus in der Büchenbronner Straße 34 verhaftet'. Sie
werden nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Im Anschluss an den Vortrag referierte Helga Wittler-Morgen von der
Evangelischen Erwachsenenbildung über den Antijudaismus der Kirche. Er
begann bereits im Mittelalter, fand in Martin Luther einen lautstarken
Vertreter und mündete letztendlich in einer Kirche, die der
Massenvernichtung nicht widersprach. Anders der Ebersbacher Pfarrer Hermann
Diem. Er gehörte zu einer ganzen Reihe von Pfarrern, die jüdische Familien
versteckten und so dem Zugriff der Nazi-Schergen entzogen. Helga
Wittler-Morgen hob aber auch hervor, dass die Evangelische Landeskirche
bereits 1988 die 'Erklärung zur Verbundenheit von Christen und Juden'
verabschiedet habe und es gerade evangelische Geistliche sind, die den
jüdisch-christlichen Dialog pflegen.
Info Auf
www.ebersbach.de/stolpersteine findet sich der komplette Aufsatz
von Uwe Geiger. "
Link zum Artikel |
Vgl. Artikel von Harald Beck in der
"Stuttgarter Zeitung" vom 14. November 2018: "Stolpersteine in Ebersbach.
Versteckt, verraten, deportiert und ermordet..."
Link zum Artikel |
Fotos
Die vor dem Pfarrhaus
Büchenbronner Str. 34
verlegten "Stolpersteine" (Foto: Stadt Ebersbach) |
|
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Rainer Brüning: Nur ein Augenblick, Jüdische
Passanträge aus der NS-Zeit im Generallandesarchiv Karlsruhe. In:
Staatsanzeiger - Momente 1/2009. S. 10-12. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|