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Geschichte / Synagoge in Gelnhausen
Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis)
Texte zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Gelnhausen wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. Letzte Ergänzung: 2.12.2014.
Übersicht
Allgemeine Berichte
Eine
Urkunde aus Frankfurt berichtet über die Judenschaft in Gelnhausen im Jahr 1489
(Artikel von 1859)
Artikel in der "Allgemeinen Jüdischen Zeitung"
vom 25. Juli 1859: "Eine Urkunde (XXV.) vom Jahre 1489, 17.
November, liegt vor. In dieser verkündigt der Freigraf Silvester Lorinde
zu Landau der Frankfurter Judenschaft, dass die ganze Gemeinde von Gelnhausen
in die Acht getan sei, und verbietet demgemäss, mit den Gelnhausern bei
Strafe von 5 Pfund Goldes irgendwelche Gemeinschaft zu haben, mit ihnen zu
essen oder trinken, sie in ihre Synagogen zuzulassen, oder sie zur Erde zu
bestatten, unter Androhung schwerer Strafe auf jede Anzeige eines
Verstoßes gegen diesen Befehl; zugleich wird den Frankfurtern verboten,
etwaiges Eigentum der Gelnhauser diesen auszuliefern. (Die Urkunde ist in
einem entsetzlichen Stil abgefasst).
Da hiergegen von Seiten der Stadt nicht eingeschritten ward, während
gleichzeitig andere Freigrafen wegen Gerichte über Juden auf Veranlassung
des Rates, wie schon gemeldet, gestraft wurden, so dürfen wir annehmen,
dass die Frankfurter keinen Gehorsam leisteten und nicht weiter behelligt
wurden. Ob die Gelnhauser Schritte getan, wissen wir
nicht." |
Charakterisierung der jüdischen Gemeinde
Gelnhausen (1856)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. November 1856: "Gelnhausen, Sitz einer zahlreichen jüdischen Gemeinde, hat eine nette
Synagoge, eine Religionsschule und guten Chorgesang. Vor einigen Dezennien
blühte hier noch eine sehr besuchte Jeschiwa
(höhere Talmudschule), und gar manche unserer gegenwärtigen Rabbinen
haben dort zu den Füßen des Rabbi seinen Ausführungen gelauscht, haben
sich an den Geisteskämpfen des Pilpul
(Auslegungsmethodik) gelabt. Jetzt ist nichts mehr von all dieser
Herrlichkeit geblieben, nicht einmal ein Rabbiner hat dort seinen Sitz.
Die alte Burg dortselbst, einst die Residenz Kaiser Friedrichs I., ist
jetzt ganz von Juden bevölkert. Wie würde der alte Barbarossa staunen,
wenn er einmal vom Kyffhäuser aus das Leben und Treiben der jetzigen
Insassen seiner ehemaligen Burg mit ansehen könnte. Da ist nichts mehr
von all der früheren Herrlichkeit zu schauen; verschwunden sind die
stolzen Ritter, die zierlichen Edelfrauen, dahin Turniere und Kampfspiele,
ein ganz anderes, ernsteres und sehr tätiges Geschlecht hat dort seinen
Wohnsitz aufgeschlagen." |
Vortrag zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
des
jüdischen Lehrers Meier Strauß (siehe zu seiner Person unten)
(1903)
Von Lehrer Meier Strauß stammt die
nachfolgende Darstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in
Gelnhausen. Sie wurde in drei Teilen in Beilagen zum "Frankfurter
Israelitischen Familienblatt" im Dezember 1903 und Januar 1904
veröffentlicht. Leider konnte bislang nur der zweite und dritte Teil der
Darstellung gefunden werden. Diese beiden Teile werden im Nachfolgenden
wiedergegeben. |
2. Teil: |
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Dezember 1903: "Die
Juden in Gelnhausen. Historische Skizze von M. Strauß, Lehrer in
Gelnhausen. Vortrag, gehalten im Vereine ‚Mendelssohn’ in Gelnhausen.
(Fortsetzung).
Also, da die Juden doch der ewigen Verdammnis anheim fallen, so ist es
besser, sie betreiben die Geldgeschäfte, als ehrliche Christenleuten. Als
mäßiger Zinsfuß halt während des Mittelalters 12-30 Prozent. Nun kamen
die Kaiser und sagten: Weil die Juden so hohe Abgaben und Steuern zu
zahlen haben, müsste es ihnen gestattet sein, ihre Barschaft etwas höher
anzulegen, etwa 65 Prozent. Hatten sich dann die Juden mit ihrem Schweiße
voll gesogen, so wurden sie wie ein Schwamm ausgepresst, dann wieder eine
Pause und von neuem das Schauspiel. So entstand der verhängnisvolle
Kreislauf, je mehr sie wuchern, je reicher sie werden, desto größer die
Anforderungen des Kaisers, desto größer der Hass des Pöbels,
Schlusstableau: Galgen und Scheiterhaufen. Es war keine Übertreibung,
wenn damalige Geschichtsschreiber von den gottverfluchten Juden sprachen,
sie waren verflucht und ihr Fluch bestand darin, dass sie wuchern mussten.
Der schlimmste Vorwurf, den wir den Christen machen können, ist der, dass
unsere Vorfahren im Mittelalter Wucherer waren.
Nachdem also die Stadt Gelnhausen, wie wir gehört, 3 Juden gekauft hatte,
erließ sie eine Verordnung, um ihre Bürger einigermaßen vor Wucher zu
schützen. Die Judenordnung damals lautete in ihren wichtigsten Punkten:
1. Sie sollen den Herdschilling einrichten, wachen, reisen, graben und
andere kleine Dienste tun, wie bei Isenburg. 3. Sie sollen niemandes Gut
ausleihen, außer ihr eigenes und das anderer Juden. 6. Sie dürfen vom
Gulden nicht mehr als wöchentlich 2 Heller Zins nehmen (1 Kr. = 2 Heller,
1 Gulden = 120 Heller, also nahe an 100 Prozent). 8. Wird ihnen verboten
zu leihen aus Messgewand, blutige oder nasse Kleiner und unbereite Tuche,
sie wissen denn von wem, bei Verlust des geliehenen Geldes. 11. Nicht ohne
Wissen und Erlaubnis des Rats auswandern. 12. Es soll sich niemand den
Juden verschreiben, da sich viele Städte dadurch ins Unglück gestürzt hätten.
14. Nicht auf Geschütz oder Harnisch leihen.
Wiederholen muss ich es, der Gelnhäuser Rat hielt seinen Juden Wort. Ihr
Recht wurde ihnen. Wir finden Prozesse vom Jahre 1460-70 von Juden gegen
Christen und umgekehrt, streng rechtlich entschieden, die Namen Jakob,
Lipmann, Bulkin, Schmol und die Jüdin Ritza werden wiederholt erwähnt.
Die Juden waren darum auch hier nicht so furchtsam und gedrückt, wie
anderwärts und wussten auch, wenn es galt, ihr Schwert zu führen. Einmal
ums Jahr 1465 war der Juden Bulkin über den Acker des Henne von Glauberg
geritten, ein hiesiges Adelsgeschlecht. Der Herr von Glauberg mit dem
Barte wollte, wahrscheinlich aus alter Gerechtsame, dafür den Juden pfänden
und Bulkin wehrte sich dagegen. Nun wollte der Edle von Glauberg dem Juden
an den Kragen, doch dieser zog sein Schwert und Glauberg retirierte. In
regulärer Weise wurde der Fall später vor dem Schultheiß verhandelt.
Die Juden in Gelnhausen beherrschten damals den Geldmarkt hiesiger Gegend
und waren den Bürgern wie den Grafen und Herren der Wetterau |
unentbehrlich.
Die Gemeinde wurde zahlreicher und stärker. Indessen kamen die Wirren der
Reformation, in Gelnhausen fand die neue Lehre rasch Eingang und in dem Maße,
wie sich die Geister beschäftigten, litt die bürgerliche Arbeit Not, man
war immer öfter zu Anleihen bei Juden gezwungen und stak (stand) bei
ihnen arg in der Kreide. Darob wieder häufige Klagen. Solange Karl V.
lebte, wagte man allerdings nichts gegen die Juden, denn sie standen bei
diesem Kaiser in hohem Ansehen und Gelnhausen war die erste Stadt, deren
Judenschaft er den Schutzbrief verlieh, trotzdem er, der spanische Infant
den Judenhass mit der Muttermilch eingesogen hatte. Nach der Abdankung
Karls V. regten sich die Gelnhäuser Bürger, und beklagen sich heftig
wegen Zunahme der Juden und ihres Wuchers. Der Stadtrat verbot darauf 1566
irgendetwas bei den Juden zu leihen und bemerkte, dass ein Hauptgrund der
Verarmung darin liege, dass die Juden unumschränkt wuchern dürften.
Ja, was hätten sie denn tun sollen, um die riesigen Abgaben zu
erschwingen.
Am 18. Juni 1573 erschien ein Befehl der Pfandherrschaft an den Rat von
Gelnhausen, die Juden abzuschaffen und am 18. Juli 1576 konnte derselbe
berichten, dass die Juden hinausgeschafft seien. Es war dies allerdings
keine Judenaustreibung und auch keine Verfolgung, denn man ließ ihnen
doch 3 Jahre Zeit, ihre Angelegenheiten zu ordnen, mit Rücksicht auf das
unbarmherzige Mittelalter eine gewisse Humanität, hieß es doch auch in
einer Städteordnung aus jener Zeit: Die Juden wurden als christlichen,
billigen Ursachen zu gemeiner Stadt Wohlfahrt abgeschafft.
Im Jahre 1589 wurde dem Amtmann Albrecht Vogt von Wallstadt in seiner
Bestallung aufgegeben, er solle darauf sehen, dass die Juden in Gelnhausen
nicht geduldet würden. Doch im Jahre 1599 waren wieder zwei Juden da,
denen der Rat am 2. August 1599 Schutzbrief erteilte. Die Juden sollten
nur unter der Bedingung aufgenommen werden, dass sie vom Gulden wöchentlich
nicht mehr als (25 Prozent) ½ Pfg. Zinsen nehmen sollten, den Bürgern
ward hingegen verboten, bei auswärtigen Juden zu borgen. Pfarrer Junghans
bemerkt zu jener Verordnung: ‚Die Aufnahme der Kinder Israels geschah
also nicht aus Humanitätsrücksichten der aus Toleranz, sondern lediglich
im Interesse der geldbedürftigen Bürger.’
Zur Aufnahme kamen noch folgende Bedingungen: 1. Den Herren von
Forstmeister den schuldigen Zins für die Schule. 2. 4 Gulden jährlich für
den Friedhof. 3. Das ordentliche Geschoss. 4. Von jeder Familie 8 Gulden
Schutzgeld. 5. Im Falle des Abzuges jede Familie 50 Goldgulden Abzugsgeld.
6. Fremdes ihnen verkauftes oder versetztes Gut sollten sie 6 Wochen
aufzuheben gezwungen sein, dann aber konnten sie damit machen, was sie
wollten.
Die beiden neu aufgenommenen Familien hatten aber kein Minjan und erbaten
sich, dass noch ein dritter Juden, Aron von Frankfurt aufgenommen werde.
Dies wurde gestattet, doch nur gegen Erlegung von 100 Gulden.
Ein Denkstein in unserer Synagoge erinnert uns daran, dass diese 3
Familien sofort eine Synagoge bauten. Das Recht, einen Friedhof anzulegen,
nebenbei bemerkt, ein stets schwer erworbenes Recht, denn man erschwerte
sich dadurch die Judenaustreibung, - wenn man auch die lebenden Juden
fortjagen konnte, die toten konnte man doch nicht so ohne weiteres
mitschicken -; dieses Recht erlangen die Juden vom Erzbischof von Mainz,
der wahrscheinlich um jene Zeit Pfandherr war. Wenn uns auch der älteste
Grabstein hier erst das Jahr 1616 zeigt, so ist doch sicher anzunehmen,
dass der Friedhof früher angelegt war und vermutlich oft demoliert wurde,
denn lange Zeit bewiesen beim Aufwerfen von Gräbern Knochenreste, dass
der Friedhof schon früher benutzt wurden ist.
Es lag in der Natur der Sache, dass den Juden, die nur Geldgeschäfte
trieben, bald wieder einige Bürger verpflichtet waren. Die
Pfandherrschaft verfügte darum am 30. September 1613 abermals, dass der
Rat etliche aus seiner Mitte ernennen solle, um für die Bürger mit den
Juden abzurechnen, und wenn die Abrechnung zu Ende gebracht sei, solle man
trachten, wie man ihrer, der Juden, wieder gänzlich ledig werde. Die
Gelnhäuser mussten das aber nicht sehr ernst genommen haben, sie drückten
sich um die Bestimmung herum und trafen 1614 ein neues Abkommen mit der
Pfandherrschaft, dass in Zukunft wenigstens 2-3 Familien hier wohnen
sollten und die übrigen müssten nach Einziehung ihrer Schulden die Stadt
verlassen. Aber auch dieser Entschluss wurde nicht ausgeführt, denn bald
hatte Gelnhausen an anderes zu denken. Der 30-jährige Krieg war
ausgebrochen und hier krachte es an allen Enden, bald wurde die Stadt von
den Kaiserlichen besetzt, bald von den Spaniern, bald von den Schweden.
Einmal hausten sogar die Kroaten hier, die Böller und Kanonen des
Bernhard von Weimar trieb sie hinaus, kaum war letzterer abgezogen, kamen
die Kroaten zurück und wurden nun von den Schweden verjagt. Allerdings
ging Gelnhausen dabei in Trümmer, doch es war kroatenfrei.
Als der Krieg zu Ende war, blieben 200 Einwohner. Die Juden mussten alle
Schrecken des Krieges mitmachen, viele wurden, wie das Memorbuch
berichtet, niedergemetzelt. Eine Frau Orb ist schon zu jener Zeit erwähnt,
die in der damaligen Zeit der Leiden und Wunden, so viel Wohltätiges verübte.
Gelnhausen musste oft während des Krieges Kontributionen zahlen,
hilfsbereit standen dem Rat bei Beschaffung der Finanzen die Juden bei und
wer weiß, ob in Gelnhausen noch ein Stein auf dem anderen geblieben wäre,
wenn die Juden damals nicht die schweren Kontributionen zahlen halfen. Die
1601 erbaute Synagoge ging während des Krieges in Trümmer und die Juden
hatten darum nach dem Kriege nichts Eiligeres zu tun, als ihre Synagoge
wieder aufzubauen. Sie mussten natürlich für diese Erlaubnis wieder
blechen und zwar 50 Taler an die Stadt. Wer wird denn auch eine solche
Erlaubnis umsonst geben.
Während des Krieges scherte sich kein Mensch um Gesetz und Verordnung und
so kam es, dass die Juden außer den Geldgeschäften auch sonst ein
bisschen Handel trieben. Die Stadt war sehr arm, an Handel und Gewerbe wie
früher nicht zu denken, alles öde und verwüstet. Nur die zähen Juden
fingen wieder an, lebhaften Handel und Wandel in die Stadt zu bringen und
mussten darum bald das alte Schauspiel erleben, dass man den Neid nicht
ungestraft hervorruft. Die Bürgerschaft beschwerte sich heftig beim Rat,
dass dieser zu gelinde mit den Juden umgehe, sogar die Synagoge zu bauen
gestattete, die Juden hätten allen Kommers an sich angezogen, es seien übrigens
zu viel Juden hier. Der Rat erwiderte darauf; dass wir die Juden gelind
behandelt, haben sie verdient, denn sie haben uns bei den
Kriegskontributionen wacker beigestanden; dass wir die Synagoge aufbauen
ließen, taten wir deshalb: Sie müssen den Herren von Forstmeister einen
Zins von ihrer Schul geben. Ei, wenn sie keine Synagoge haben, kann doch
Herr von Forstmeister sein Geld nicht kriegen ergo. – Schluss folgt." |
|
Schluss
des Vortrages von M. Strauß, Lehrer in Gelnhausen über "Die Juden in
Gelnhausen". Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt vom
22. Januar 1904: "Die schweren Zeiten entschuldigen wohl zur Genüge die
Nichtausführung der Beschlüsse von 1613 und 14. Um aber das Interesse
der Bürger zu wahren, wurde den Juden all bürgerliche und öffentliche
Krämerei verboten.
Ja, der Stadtrat hatte sich da schlau herausgewickelt, besonders wegen der
Erlaubnis zum Synagogenbau. In Wirklichkeit verhielt sich die Sache etwas
anders. Der Kaiser, damals in Regensburg, hatte der Stadt ihre Privilegien
neu bestätigt und hatte die Absicht, eine Kommission nach Gelnhausen zu
schicken, um die Huldigung entgegenzunehmen und auch ein bisschen den
Stadtsäckel zu untersuchen. Das zu verhüten, hatte der Rat seine guten
Gründe, denn die Bürgerschaft behauptete damals, der Rat halte auf dem
Rathaus und im Wirtshaus nur Saufkonventikel ab, wenn er nur einen Pfennig
weiß, geht’s tapfer her und sollten es auch Almosenheller sein.
Der Rat wollte darob lieber eine Deputation nach Regensburg schicken und
erbat von der Bürgerschaft die Mittel, diese schlug das Anfordern ruhig
ab und darum wandte sich der Rat an die 5 Familien Juden, knöpfte ihnen
50 Taler ab, ihnen dafür das Recht gewährend, ihre Synagoge wieder
aufzubauen.
Langsam, doch stetig, nahm auch die jüdische Gemeinde wieder zu, hatte
sie auch manche Einschränkung zu dulden, so lebte sie doch unter starkem
Schutz und wurde dadurch bald der Mittelpunkt für die kleinen Gemeinden
in Wächtersbach, Salmünster und Bieber, welche ihre Toten hierher
beerdigten. Die hiesigen, jüdischen Heiratskandidaten damaliger Zeit,
holten sich ihre zarteren Hälfte aus Hanau, Frankfurt und Worms und waren
nicht wenig stolz darauf, wenn sie die Tochter eines Torakundigen zur Frau
bekamen; das jüdische Familien und Gemeindeleben fing in jener Zeit des
erleichterten Druckes an, seine schönen Blüten zu entfalten.
Wer den ehrenden Beinamen Morenu (unser Lehrer) sich aneignen
konnte, suchte eine große Ehre darin, andere die dies nicht erreichen
konnten, richteten ihr Streben ein, damit nach ihrem Ableben die Worte Nausei
wenausein blemimoh ihren Grabstein zieren konnten.
In jene Zeit fällt auch die Entstehung unserer Kippaus (religiösen
Vereine). Es galt als Vorzug, jenen Vereinen anzugehören und wem der
geringste Makel anhaftete, wurde von der Mitgliedschaft zurückgewiesen.
Mitglied jener Vereine zu sein, war ein halber Adelsbrief und unsere
Grabsteine erzählen uns heute noch, wem damals jene Ehre zuteil wurde.
Nach und nach wurde die Gemeinde so kräftig, um einen Rabbiner besolden
zu können und man hatte das Glück, als Rabbiner den berühmten Henoch
Juda Halevi* einziehen zu sehen, den Verfasser der Responsensammlungen Chinach beht jehudo und Reischis
bikurim. Dem Rabbiner wurde das Recht gewährt, auch zivile
Streitigkeiten zwischen Juden zu schlichten, überhaupt in allen
Angelegenheiten zwischen Juden Recht zu sprechen, als erste und oberste
Instanz; von der Stadt wurde ihm dafür Steuerfreiheit (eingeräumt).
Der 30jährige Krieg hatte trotz seiner Gräuel und Schrecken Licht in die
Geister gebracht, die Nebel des Mittelalters begannen sich zu verflüchtigen
und ganz versteckt legte so hie und da ein bisschen Humanität hervor.
Wer scherte sich mehr um die alten Verordnungen, dass die Juden nur
wuchern und immer wuchern sollten, man drückte erst das eine Auge zu und
dann alle beide und ließ die Juden gehörig Handel treiben, und dies
wahrlich nicht zum Unsegen der Stadt. Man vereinbarte sogar 1705, dass die
Juden das Recht hätten, mit Allem Handel zu treiben, außer mit Leder-
und Eisenwaren. Der Geldhandel trat in den Hintergrund, bei Objekten unter
50 Gulden war jede Willkür an Zinsnehmen gestattet, über 50 Gulden war
das Maximum 6 %.
Jene Zeit bedeutete für die hiesigen Juden einen gewaltigen Fortschritt,
der Verstand hatte über die Unvernunft gesiegt. Allerdings bestand zu
jener Zeit das Ghetto noch. Jawohl, auch Gelnhausen hatte sein Ghetto, die
jetzige Judengasse bildete das Territorium hierfür, an beiden Seiten mit
Toren abgegrenzt, abends geschlossen, mit Wache versehen, bot es Schutz
gegen plötzliche Überfälle des ungezügelten Pöbels. Man fühlte sich
wohl in der engen Judengasse und erkannte die Abschließung
werden als Zurücksetzung, mehr als willkommenen Schutz. Wurden ja in der
Tat ursprünglich die deutschen Ghettos nur zu letzterem Zweck
eingerichtet." |
|
*Anmerkung zu dem genannten Rabbiner
Henoch Juda Halevi beziehungsweise Rabbiner Henoch (Chanoch) ben
Jehuda Löb. Es handelte sich um einen 1709 aus Schnaittach
zugezogenen Rabbiner (geb. etwa 1681 in Pfersee), der zunächst - von etwa
1702 bis 1709 Rabbiner in Schnaittach war und danach noch etwa 20 Jahre in
Gelnhausen wirkte. Über ihn liegt folgender Bericht vor: |
Aus
einer Reihe über verschiedene bedeutende Rabbiner in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 30. Oktober 1867: "Rabbi Chanoch Sohn
des Rabbi Jehuda Lew. R. Henoch b. Jehuda Löb, Sohn des Pferseer
Rabbiners wurde ums Jahr 1681 geboren. Da er sich von Jugend auf in der
rabbinischen Gelehrsamkeit sehr auszeichnete, so wurde er frühe schon zum
Oberhaupt der Synagoge von Schnaittach gewählt. Er war bereits Rabbiner
in diesem Orte, als sein Vater 1705 starb; er betrachtete sich sogleich
als Vollzieher des Willens seines Vaters hinsichtlich der Herausgabe der
hinterlassenen Schriften seiner Vorfahren. Während drei Jahre
beschäftige er sich mit der Redaktion zweier Sammlungen, eine den
homiletischen und eine den kasuistischen Schriften gewidmet. Beide
erschienen in Frankfurt am Main 1708 bei Mt. Andrä und Joh. Kellner. Die
erste Sammlung führte den Titel Reschit Bachurim Das Früheste der
Erstlinge, enthält Synagogal-Vorträge über die drei Hauptfeste von
seinem Großvater Henoch ben Abraham, seinem Vater Jehuda Löb ben Henoch
und von ihm Henoch ben Jehuda Löb. Die zweite Sammlung betitelt Fragen
und Responsen Chinuch Beit Jehuda - Einweihung des Hauses Jehuda,
besteht aus 145 Rechtsgutachten, nach den 4 Turim geordnet. Die meisten
Gutachten sind von seinem Vater, viele von seinem Großvater, Großonkel
und seinem Urgroßvater, die übrigen von ihm und etwa 20 anderen
Rabbinern." |
Aus der Geschichte
des Rabbinates in Gelnhausen
Zum
Tod von Rabbiner Hirsch Kunreuther (1847)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 16. März 1847
(leicht abgekürzt zitiert): "Nekrolog. Aus Kurhessen.
Ein betrübendes Ereignis ist dieser Tage in einer nicht unbedeutenden
Gemeinde Kurhessens eingetreten, eine Trauerkunde, die überall die
gebührende Teilnahme in Anspruch nehmen wird. So ungern ich auch der
Überbringer einer Trauerbotschaft bin, so wenig kann ich es jedoch über
mich gewinnen, eine solche Zeitung mit Stillschweigen zu übergehen, sie
nicht zur Kunde Aller zu bringen. Am 26. Schewat (12. Februar 1847)
starb der allgemein geachtete und gelehrte Kreisrabbiner zu Gelnhausen,
Rabbiner Hirsch Kunreuther - das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen -, in einem Alter von 75 Jahren. Er war geboren zu Baiersdorf
in Oberfranken in Bayern, besuchte in seiner Jugend die Jeschibah zu Mainz,
welcher damals der bekannte Rabbiner Herz Scheuer - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen - vorstand. Nachdem er, mehrere Jahre dort
verweilend, sich tüchtige Kenntnisse im rabbinisch-talmudischen Fache
angeeignet hatte, kehrte er wieder in seine Heimat zurück, wo er als
Privatmann lebte. Später
erhielt |
er
das Rabbinat zu Mergentheim an der
Tauber, welches er längere Zeit verwaltete, und wo er sich die
Zufriedenheit, Liebe und Achtung aller Angehörigen seines Sprengels in
reichem Maße erworben hatte. Endlich wurde er nach Gelnhausen
berufen, an welcher Stelle er über 28 Jahre gewissenhaft und pünktlich
alle Funktionen seines seinem Glauben mit ganzem Herzen anhängenden, und
mit der Religion es ernst meinenden Rabbinen eifrigst oblag. Er hatte im
Anfange seines Amtsantrittes eine Jeschibah in Gelnhausen gegründet,
wohin aus verschiedenen Gegenden Jünglinge kamen, die bei ihm im Talmud
und rabbinischen Wissenschaften unterrichtet wurden. Er suchte Jeden zum
eifrigen Talmud-Studium zu ermuntern und es gelang ihm, eine große Anzahl
wissbegieriger Jünglinge um sich zu versammeln, da er eine gediegene
Kenntnis aller talmudischen Disziplinen besaß, eine gute Methode im
Lehren befolgte, ein tiefes und ausgebreitetes Wissen in allen sonstigen
rabbinischen Fächern bekundete, und durch seine scharfsinnigen
Disputationen die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer
fesselte.
Wer den Dahingeschiedenen kannte, wie ein echter, frommer Sinn ihn
beseelte, wie er für den altehrwürdigen Glauben erglühte, der wird den
innigen Schmerz und das Gefühl der Trauer mit uns empfinden, welches bei
der Nachricht von seinem Hinscheiden in uns erregt worden. Gottesfurcht
und Tugend waren die Leitsterne auf seiner Lebensbahn, sein Sanftmut und
seine liebevolle Zuvorkommenheit gegen Jedermann, seine gastliche
Aufnahme, mit der er jeden beehrte, seine Bereitwilligkeit, mit Rat und
Tat zu helfen, verschafften ihm Achtung und Liebe bei allen Gemeinden
seines Kreises. Zwar wurden ihm die letzten Jahre seines Lebens, die
freundliche Sonne, die ihn in seinen früheren Tagen lieblich und hell
umstrahlte, durch drohende düstere Wolken getrübt und verfinstert, was
wir jedoch zur Ehre derer, welche diese Leiden ihm verursacht, gerne
verschweigen, indem wir hierdurch seine edlen Grundsätze, die er im
praktischen Leben so schön bewährte, erfüllen; auch er hatte allen
seinen Gegnern ihre Unbilden verziehen, denn, als der streng orthodoxen
Richtung angehörend, befolgte er alle Prinzipien des Talmuds... Süß ist
der Schlaf des Arbeiters, der seinen Beruf und seines Standes Pflichten
treu erfüllt, der redlich stets gewandelt, Tugend und Wohlwollen stets
geübt, die ihm ein herrliches Denkmal setzen, dauernder als Erz. Sit illi
tara levis (die Erde sei ihm leicht)." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Religionslehrerstelle 1876
/ 1887 / 1919 / 1922 / 1925
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1876: "In
der Synagogengemeinde Gelnhausen wird bis zum 1. Oktober die Stelle eines
Religionslehrers, womit auch die Funktionen eines Vorsängers und
Schächters verbunden sind, vakant. Der etatmäßige Gehalt beträgt,
nebst freier angenehmer Wohnung Mark 900, während die Nebeneinkünfte als
Schächter etc. die gleiche Höhe erreichen. Da der Religionsunterricht
wöchentlich nur 20 Stunden in Anspruch nimmt, so ist Gelegenheit geboten,
durch Privatunterricht das Einkommen noch wesentlich zu verbessern.
Geeignete Bewerber wollen ihre Gesuche unter Beifügung ihrer Zeugnisse
gefälligst an Unterzeichnete einsenden.
Gelnhausen, den 6. August 1876. Die Synagogenältesten: Der Kreisvorsteher
Lismann. Leopold Stern. J.D. Goldschmidt." |
Offenbar war es nicht möglich, die Stelle
zum 1. Oktober 1876 zu besetzen, wonach weitere Ausschreibungen
erfolgten: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1876: "Bekanntmachung.
Die Religionslehrerstelle zu Gelnhausen, mit welcher der Vorsängerdienst
in dasiger Gemeinde verbunden ist, soll wieder besetzt werden. Bewerber um
dieselbe wollen ihre Meldungsgesuche, mit den erforderlichen Zeugnissen
versehen, binnen 3 Wochen bei unterzeichneter Stelle einreichen. Fixer
Gehalt 900 Mark jährlich nebst freier Wohnung. Bemerkt wird, dass, nach
Angabe der dortigen Synagogenältesten, das Nebeneinkommen namentlich
durch Versehung des Schächterdienstes auch auf 900 Mark jährlich zu
veranschlagen ist.
Hanau, den 3. November 1876 Königliches
israelitisches Vorsteher-Amt. Hamburger." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juni 1887:
"Bekanntmachung. Die Religionslehrer- und Vorbeterstelle zu
Gelnhausen, mit welcher der Schächterdienst verbunden ist, soll
demnächst besetzt werden. Das jährliche fixe Einkommen der Stelle
beträgt 900-1000 Mark nebst freier Wohnung, der Ertrag aus dem
Schächterdienst einschließlich sonstiger Nebeneinkommen ungefähr 1.000
Mark. Geeignete Bewerber, besonders solche, welche eine schöne Stimme und
gute musikalische Kenntnisse besitzen, wollen ihre Meldungen unter
Beifügung eines Lebenslaufes und den Kopien ihrer Zeugnisse bis zum 15.
Juni dieses Jahres anher einreichen und wird bemerkt, dass diejenigen,
welche ihre Lehrerprüfung nicht an einer preußischen staatlichen Lehrerbildungsanstalt
abgelegt haben, vor ihrer Anstellung eine Prüfung vor der Prüfungs-Kommission
für israelitische Religionslehrer zu Hanau abzulegen haben. Hanau, den
27. Mai 1887. Das Vorsteheramt der Israeliten, Dr. Koref." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1919: "Die Stelle eines
Religionslehrers, Vorbeters und Schochet in der israelitischen Gemeinde
Gelnhausen ist sofort zu besetzen. Geeignete, seminaristische
vorgebildete, auf dem Boden des gesetzestreuen Judentums stehende Bewerber
mögen sich innerhalb drei Wochen unter Vorlage ihrer Zeugnisse
melden.
Als Anfangsgehalt wird Mark 2.500.- bewilligt, das von drei zu drei Jahren
um Mark 300.- steigend, als Höchstgehalt den Betrag von Mark 3.400.- pro
Jahr erreichen kann. Daneben wird freie Dienstwohnung in einem der beiden
der Gemeinde eigentümlichen Häuser gewährt. Der Beitrag zur
Ruhegehalts- und Witwen- und Waisenkasse für die Kommunalbeamten des
Regierungsbezirkes Kassel wird von der Gemeinde bestritten.
Gelnhausen, den 3. Januar 1919. Die Synagogen-Ältesten." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1922:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schochet in
der israelitischen Gemeinde Gelnhausen ist zum 1. Oktober zu besetzen.
Geeignete, auf dem Boden des gesetzestreuen Judentums stehens Bewerber
mögen sich innerhalb drei Wochen unter Vorlage ihrer Zeugnisse melden.
Als Jahresgehalt wird Mark 50.000.- bewilligt, daneben freie
Dienstwohnung; Nebenverdienste in ansehnlichem Betrage, u.a. sämtliche
Schlachtgebühren.
Der Beitrag zur Ruhegehaltskasse für die Kommunalbeamten des
Regierungsbezirks Kassel wird von der Gemeinde bestritten.
Gelnhausen, den 25. Juli 1922. Die Synagogen-Ältesten." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schochet an
der israelitischen Gemeinde Gelnhausen ist zum 1. April dieses Jahres zu
besetzen. Gehalt Mark 2.700.-, nicht garantiertes Nebeneinkommen Mark
1.000.-, freie Wohnung im Werte von Mark 600.-. Die Gemeinde ist der
Ruhegehaltsklasse für die Kommunalbeamten des Regierungsbezirkes Kassel
angeschlossen. Reflektanten mögen sich unter Vorlage von
Zeugnisabschriften melden. Gelnhausen, 9. Februar 1925. Die
Synagogen-Ältesten." |
Aktivitäten
des Lehrers Meier Strauß (1895)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1895: "Gelnhausen. Im hiesigen
Literaturverein ‚Mendelsohn’ hielt kürzlich Herr Lehrer Strauß einen
sehr gut besuchten Vortrag über ‚Die Juden in Gelnhausen’, aus
welchem wir Folgendes als erwähnenswert hervorheben: ‚Die älteste
Urkunde, in der von in Gelnhausen wohnenden Juden gesprochen wird, datiert
vom Jahre 1280; doch ist es erwiesen, dass schon bei Schließung des
Wetterauer Städtebundes (1265) hier Juden wohnten. Die jetzige Synagoge
wurde 1601 erbaut. Der Friedhof ist ungefähr 100 Jahre älter; das Recht
zur Anlage desselben gewährte der Erzbischof von Mainz. Es wirkte dahier
im Anfang des 18. Jahrhunderts Rabbi Henoch Juda Halevi, der Verfasser des
Reschit Bachurim und später
Rabbi Jechiel Speier (gest. 1822 in Dessau).’
Der im vorigen Winter gegründete Verein bezweckt, seine Mitglieder mit
den Erzeugnissen der jüdischen Literatur vertraut zu machen und sucht
dieses Ziel durch das Ausleihen von Büchern, durch Vorträge und
Leseabend zu erreichen. Die Bibliothek besteht bereits aus ca. 300 Bänden,
von denen der Verein einen Teil der Güte des Herrn Charles Hallgarten,
Frankfurt am Main verdankt. Den Reigen der Vortragenden eröffnete Herr
Provinzialrabbiner Dr. Koref, Hanau. Herr Dr. Koref, dem an dieser Stelle
für seine Uneigennützigkeit nochmals der wärmste Dank ausgesprochen
sei, gab seinen Zuhörern ein Bild von dem Leben und Wirken Berthold
Auerbachs. Es sprachen ferner noch: Herr Arthur Meyer hier über ‚Samson
Raphael Hirsch’, Herr Lehrer Strauß hier über ‚Das jüdische
Kalenderwesen’ und über ‚Die Juden im Mittelalter’ und Herr S. Geis
hier über ‚Die Juden in Spanien’. Leseabende fanden jeden Freitag und
Sonntagabend von 8-10 Uhr statt; es lagen an denselben der ‚Israelit’
und die ‚Jüdische Presse’, sowie verschiedene wissenschaftliche Werke
zur Benutzung aus; auch regte der Vorstand oft Diskussionen an.
S.G." |
25-jährige Amtstätigkeit von Lehrer Meier Strauß
(1912)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. September 1912: "Gelnhausen.
Am 1. September (1912) konnte Lehrer M. Strauß auf eine 25jährige Amtstätigkeit
innerhalb unserer Gemeinde zurückblicken. Diesen Anlass benutzten die
Gemeindemitglieder, um ihre Verehrung und Liebe zu ihrem Lehrer zum
Ausdruck zu bringen. – In dem prächtig geschmückten Schulraum fanden
sich am Sonntagvormittag die Schüler und Schülerinnen, Deputationen der
einzelnen Vereine sowie der größte Teil der Gemeindemitglieder
ein.
Nachdem im Namen der Schulkinder Sida Lorsch, Erna und Jenny Heilmann und
Erich Linick in poetischer Form ihrem Lehrer den Dank abgestattet und Glückwünsche
dargebracht hatten, nahm der Synagogenälteste, Josef Lorsch, das Wort, um
in längerer Rede die Verdienste des Jubilars auf den verschiedensten
Gebieten seines Amtes zu beleuchten. Hierauf überreichte Synagogenältester
K. Moritz mit den besten Glückwünschen namens der Gemeinde ein größeres
Geldgeschenk.
Diesen Wünschen schloss sich der dritte Gemeindevorsteher, J.S.
Goldschmidt an, daran erinnernd, wie der Jubilar einst in einer vor 25
Jahren gehaltenen Rede sein Fremdsein in hiesiger Gemeinde betonte. Jetzt
sei er ein Freund unter Freunden!
In meisterhafter Weise gedachte dann der Vorsteher des israelitischen
Krankenunterstützungsvereins der verdienstvollen Tätigkeit des Jubilars
in diesem Verein, streifte auch dessen Wirksamkeit auf den anderen
Gebieten dessen Berufes. Der Titel ‚Raw’ war allezeit in Israel ein
Ehrentitel. Mit dem Wunsche, dass der Jubilar diesen Titel noch viele
Jahre in geistiger und körperlicher Frische zum Segen der Gemeinde tragen
möge, schloss Redner seine eindrucksvolle Ansprache. Für den gleichen
Verein überreichte dessen zweiter Vorsteher, L. Bergen, als Zeichen der
Anerkennung ein Geschenk in Silber. Der israelitische Frauenverein, dessen
eifriger Förderer der Jubilar stets gewesen, ließ durch seine Präsidentin,
Frau K. Moritz, seine Wünsche aussprechen und nebst einem Geschenk eine
Adresse überreichen.
Für die Chewero Kadischo de
Kabronim (Friedhofsbruderschaft), deren langjähriges Mitglied der
Jubilar ist und die sich seiner geistreichen Vorträge an jedem Sabbat
nach beendigtem Gottesdienst zu erfreuen hat, überreichte Herr Heymann
unter Worten des Dankes und der Anerkennung einen silbernen Leuchter mit
Widmung.
Den Reigen der Ansprachen beschloss im Auftrage der Chewro Kadischo de
Gemilaus Chassodim Herr Arthur Mayer. Erinnernd an das Wort unserer
Chachonim s.A. ‚Aumrim Kezaß
Schewochau schel Odom beponof wekulo schlau beponof’, wolle er sich
darauf beschränken, aus der vielseitigen Wirksamkeit des Gefeierten einen
Zweig zu pflücken, der von jeher mit besonderer Genugtuung und Liebe von
ihm gehegt und gepflegt wurde. Was der Jubilar auf dem weiten Felde des Gemilus
Chesed (Wohltätigkeit) in seiner 25jährigen Amtstätigkeit, unterstützt
von seiner gleichgesinnten wackeren Gattin, geleistet habe, ließe
sich nicht in Worten schildern. Dieses verdienstvolle Wirken werde aber
noch gekrönt durch die Art und Weise, wie es geübt worden sei. Somachti
wesimachti galt dem Jubilar dabei als Devise, und so könne er, wenn
auch alles menschliche Wirken nur ein Bruchteil der uns obligenden
Leistungen ist, dennoch rückblickend von seiner Tätigkeit sagen: ‚Schomati
bekaul Haschem Elaukoj (ich habe auf die Stimme Gottes gehört), osisi
kechol ascher Ziwisoni (und habe gemacht, was er mir befohlen hat).’
Mit dem Wunsche: ‚Haschkifo mimaun Kodschecho uworech’, dass der maalin bekaudesch (der im Heiligtum Hinaufschreitende) in immer
steigender Erkenntnis des hohen Ideales seines Berufes, seines Amtes, auch
fernerhin zum Segen der Gemeinde, zur Erhaltung und Förderung aller ihrer
geheiligten Institutionen walten möge, schloss Redner seine Ansprache,
namens gedachter Vereinigung ein Geschenk überreichend, mit den Worten:
‚Wesomachto beschol hatauw ato
uwesecho.’
Dann ergriff, tief bewegt, der Gefeierte selbst das Wort. In der ihm
eigenen meisterhaften Art schilderte er in längerer Rede das schöne Verhältnis
zwischen Lehrer und Gemeinde, ohne welches ein gedeihliches, ersprießliches
Wirken im Amte unmöglich sei. Unebenheiten, die ja niemals vollständig
ausbleiben, seien aber stets durch das friedliche Wollen beider Parteien
geebnet worden. Das Beste seines Könnens habe er seiner Schule gegeben;
seine Schüler und Schülerinnen habe er geliebt wie seine eigenen Kinder
und ihnen ein Stück seines Herzens geschenkt. Was er an Wissen in sich
aufgenommen, habe er freudig seinen Hörern in seinen regelmäßigen
Sabbatvorträgen geweiht, um Interesse für Judentum und jüdisches Leben
zu wecken und zu fördern. Mit Dankesworten an die Gemeinde, an seine Schüler,
an die Vereine, an seinen Lehrer und Freund Herrn Rabbiner Schüler in
Bollweiler, der ihm in jüngeren Jahren stets mit weisem Rat zur Seite
stand, schloss der Jubilar seine Rede. Abends gratulierte der
Synagogenchor seinem Dirigenten, ebenfalls ein Geschenk überreichend." |
Arnold
Strauß - Sohn von Lehrer Strauß - wird mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet
(1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1915:
"Gelnhausen, 11. Mai (1915). Das Eiserne Kreuz wurde dem Gefreiten
Arnold Strauß, Sohn des Lehrers M. Strauß in Gelnhausen, verliehen. Bei
den Kämpfen um Ypern hat er sich derart durch Tapferkeit hervorgetan,
dass er sowohl vom Regiments- als auch vom Brigadekommandeur zu dieser
Auszeichnung vorgeschlagen wurde." |
Auszeichnung für Lehrer Meier Strauß anlässlich
seiner Zurruhesetzung (1917)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Februar 1917:
"Lehrer Meier Strauß in Gelnhausen wurde anlässlich seines
Übertritts in den Ruhestand der Adler der Inhaber des Königlichen
Hausordens von Hohenzollern verliehen." |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Januar
1917: "Gelnhausen. Lehrer Meier Strauß wurde anlässlich
seiner Übertritts in den Ruhestand der Adler der Inhaber des Königlichen
Hausordens von Hohenzollern verliehen." |
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Meier Strauß (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923:
"Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum
begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich -
Langenselbold, Fröhlich - Gießen, Goldstein - Würzburg, Klein -
Gießen, Levi - Burgpreppach, Rau - Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss
- Langen, Stern - Echzell, Strauß - Gelnhausen, Weichselbaum -
Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen Seminare
ein ahnsehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges 1883
sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt
untergebracht." |
Zum Tod von Lehrer Meier
Strauß (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Oktober 1924: "Gelnhausen,
6. Oktober (1924). Lehrer Meier Strauß ist uns im 59. Jahre seines Lebens
durch den Tod entrissen worden. Aus der Trauerkundgebung kann man auf die
Charaktereigenschaften des Entschlafenen schließen. Der Tod dieses Mannes
hinterlässt eine schmerzlich fühlbare Lücke, nicht nur in unserer
Gemeinde, sondern auch in unserer Stadt. Den Reigen der Redner eröffnete
Herr Rechtsanwalt Dr. Koref - Hanau als Vertreter der Loge. Herr Lehrer
Marx hier erging sich in längerer Ausführung über die Bedeutung des
Heimgegangenen als Lehrer und Vorbeter in hiesiger Gemeinde, in der er
länger als drei Jahrzehnte segensreich gewirkt hatte. Herr
Gemeindeältester Lorsch gab dem Schmerz der Gemeinde über das
Hinscheiden des verdienten Führers, Beraters und Menschenfreundes
beredten Ausdruck. Für die israelitische Lehrerkonferenz Hessens sprach
Herr Lehrer Levi - Bierstein ergreifende Worte. Herr Lehrer Ehrenreich -
Langenselbold nahm als Klassenbruder im Namen der Klassenbrüder von dem
treuen Freunde schmerzbewegt Abschied. Herr Rechtsanwalt Dr. Goldschmidt
hier widmete dem Verblichenen im Namen der ehemaligen Schüler rührende
Dankesworte. Herr Lehrer Schmey hier, als Vertreter des
Kreislehrervereins, rühmte die Tugenden des Heimgegangenen in erhebender
Weise. Als Vertreter des Zentralvereins deutscher Staatsbürger und Freund
der Familie Strauß entbot Herr Lehrer Halberstadt - Büdingen dem
wackeren Vorkämpfer für Wahrheit und Recht, dem vorbildlichen
Familienvater den letzten Gruß. Herr Lehrer Wingerton - Hanau, der
unmittelbare Amtsnachfolger des Verklärten schilderte ihn als warmherzigen
Freund und treuen Berater. Der Führer der Sanitätskolonne pries die Opferfreudigkeit
und Hilfsbereitschaft des einstigen Vorsitzenden der Kolonne in den
sturmbewegten Tagen der Kriegszeit. Ergriffen und ergreifend dankte der
Schlussredner der Schwiegersohn des Verstorbenen, Herr Stern, dem
geliebten Vater für die der Familie stets bewiesene Liebe und Güte. Die
Sonne hatte bereits den Zenith überschritten, als wir die stille Stätte
des Friedens verließen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Aus
der Geschichte der weiteren Kultusbeamten
Ausschreibung
der Stelle des Schochet und Synagogendieners (1871)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Dezember 1871
und in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Dezember 1871
(rechts): "Vakanz. Ein religiöser, unverheirateter, als Schochet
(Schächter) geprüfter Mann kann sofort als Schochet uBodek eintreten.
Derselbe hat gleichzeitig die Stelle als Schamasch
(Synagogendiener) in der Gemeinde zu versehen. Es wird durch beide
Funktionen eine Einnahme von jährlich 300-350 Gulden erzielt. Viel freue
Zeit zum Betriebe eines Nebengeschäftes bleibt übrig. Offerten mit
etwaigen Zeugnissen beliebe man baldigst portofrei einzusenden an die
Synagogenältesten in Gelnhausen Regierungsbezirk Kassel." |
Auf obige Ausschreibung hin bewarb sich
erfolgreich Emanuel Somborn, der in der Folgezeit über 30 Jahre als
Synagogendiener und Schochet in der Gemeinde wirkte:
Auszeichnung für Emanuel Somborn für 30
Jahre Dienst in
der Synagoge (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30.
August 1912: "Gelnhausen. Herrn Emanuel Somborn, der seit 30
Jahren in seltener Pflichttreue in hiesiger Kultusgemeinde das Amt des
Synagogendieners ausübt, wurde durch den Landrat in Gegenwart der
Synagogenältesten und des Kreisvorstehers das ihm von Seiner Majestät
verliehene Allgemeine Ehrenzeichen in Silber überreicht." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Vortrag
von Provinzialrabbiner Dr. Bamberger zwecks Gründung einer Ortsgruppe des
Verbands der Sabbatfreunde (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. Juni 1906:
"Gelnhausen, 17. Juni (1906). Heute hielt Herr
Provinzialrabbiner Dr. Bamberger - Hanau zwecks Gründung einer Ortsgruppe
des Verbands der Sabbatfreunde dahier eine Versammlung ab. Der Redner
wusste die Zuhörer derart für die Sache zu begeistern, dass sofort 25
Herren sich zum Beitritt meldeten. - Als Vorstand der neuen Ortsgruppe
wurden gewählt: die Herren Arthur Meyer, Jakob Moritz und Michael
Lorsch." |
200-jähriges Jubiläum der Israelitischen
Beerdigungsbruderschaft und des Wohltätigkeitsvereins (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Juni 1911: "Gelnhausen. Zu einer glänzenden, allen Teilnehmern unvergesslichen
Feier gestaltete sich das 200jährige Jubiläum der israelitischen
Beerdigungsbrüderschaft und des Wohltätigkeitsvereins (Chewraus
Gemilus Chasodim w’Kabronim), zu der sich außer der gesamten Gelnhäuser
Judenheit zahlreiche Gäste von auswärts eingefunden hatten. Zwei der
Einladung versandte hübsch ausgestattete Büchlein – die von unserem
Lehrer Strauß verfasste, durch die Munifizenz des Ehepaares M. Tannenbaum
und Frau Klara geb. Sichel – Frankfurt herausgegebene Festschrift und
das gleichfalls von Lehrer Strauß verfasste, durch die Munifizenz der
Frau Johanna Bobrecker – Kansas City gedruckte Weihespiel – hatten
schon vorher die Erwartungen aufs höchste gespannt.
Ernst begann die Reihe der Veranstaltungen. Auf dem Friedhofe, der sich
stimmungsvoll an den Ufern der Kinzig erstreckt und dessen bis 400 Jahre
alten Steine in beredter Sprache von der Geschichte der Gelnhäuser
Judenheit erzählen, galt es, der verstorbenen Mitglieder zu gedenken.
Provinzialrabbiner Bamberger – Hanau, Lehrer Strauß und Arthur Meyer
hielten der Nachdenklichkeit des Ortes gemäße Ansprachen. Ganz besonders
die Worte des Herrn Meyer griffen in da Tiefste der Herzen und erpressten
aus zahlreichen Augen Tränen. Die üblichen Gebete, Rundgang und
Chorgesang beendeten den Akt auf der Stätte der Vergangenheit, dem sich
nun der Festgottesdienst in der altehrwürdigen Synagoge, deren
wundervoller Oraun-hakaudesch (Toraschrein) ein Genuss für jedes künstlerisch
geschulte Auge ist, anschloss.
Das festlich geschmückte Gotteshaus war bis aufs letzte Plätzchen
besetzt. Der Bürgermeister, Vertreter der Stadt und zahlreicher jüdischer
Gemeinden der näheren Umgebung saßen als Ehrengäste in den vorderen
Reihen. Provinzialrabbiner Dr. Bamberger hielt eine groß angelegte,
meisterhafte Festpredigt. Der Chor der Gelnhäuser jüdischen Gemeinde
zeigte das musikalische Können seines auf so vielen Gebieten erprobten
Leiters Lehrer Strauß. Eine neue Ewige Lampe, gestiftet von Frau Wolf
Stern – Hanau und ausgeführt von der Kunstwerkstätte der bekannten
Silberwarenfirma Felix Horovitz – Frankfurt, wurde entzündet; - möge
sie stets über eine Gemeinde scheinen, in der traditionelles jüdisches
Leben Stätte hat!
Nachmittags 4 ½ Uhr versammelten sich 104 Teilnehmer in der Turnhalle zu
dem Festmahle. Jakob Moritz, der Vorsteher der Kabronim-Chewra,
eröffnete die Tafel mit einer begeisterten, inhaltsreichen Ansprache und
zahlreiche geistvolle Toaste würzten das Mahl.
Dem Festmahle schloss sich eine Abendunterhaltung an. Mit einem flotten
Marsch und der Ouvertüre der Norma, gespielt von der Gelakapelle, begann
das Programm. Sodann ging das von Lehrer Strauß gedichtete Weihespiel
‚Judäa’ über die Bretter. Seine Darstellerinnen – Sophie Hecht,
Erna und Jenny Heilmann, Sitta Lorsch, Karla Moritz, Flora Scheuer und
Henny Strauß – waren verständnisvolle Interpreten der feinsinnigen
Dichtung. Elli Strauß (Klavier) und Sitta Lorsch spielten das
Bruch’sche ‚Kolnidrei’ mit
lebhaftem Beifall. Ein schönes Bild bot der von den Schülerinnen aufgeführte
Blumen- und Schleierreigen. Ausgezeichnet war das Liederspiel ‚Die wilde
Toni’ mit Frl. Strauß in der Titelrolle und Frl. Selma Moritz als
Mitspielenden. Die Ouvertüre zu ‚Nebukadnezar’ bildete den Schluss
der Abendunterhaltung, der sich noch ein Ball anschloss. |
Die
Feier gab vielen früheren und jetzigen Mitgliedern der beiden Vereine und
ihren Freunden Anlass zu Stiftungen. So stifteten die beiden Vereine und
frühere Mitglieder einen kostbaren Vorhang aus weißem Samt und die
beiden Fenster an der Ostseite der Synagoge, Juda Heilmann eine künstlerisch
gearbeitete Altardecke, Levi Abraham – Kassel eine hübsche Pultdecke,
Max Stern – Darmstadt einen Kidduschbecher, Nathan und Hermann
Goldschmidt – Frankfurt am Main je einen sehr kostbaren Becher, Louis
Stern – Auerbach einen Almemorschmuck." |
Weiterer
Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1911: |
"Gelnhausen,
27. Juni (1911). Das 200jährige Jubiläum der hiesigen israelitischen
Beerdigungsbrüderschaft und des Wohltätigkeitsvereins wurde unter
allgemeiner Beteiligung der hiesigen jüdischen Gemeinde, sowie auswärts
wohnender früherer Mitglieder der Gemeinde und vieler Gäste aus den
benachbarten Gemeinden am Sonntag gefeiert.
Um 9 ½ Uhr fand ein Besuch des Friedhofes statt, wo die zahlreichen
Steine, darunter solche, die 300-400 Jahre alt sind, mit ihren Inschriften
eine lebendige Sprache von der Vergangenheit unserer Gemeinde und der
beiden Vereine führen. Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger aus Hanau,
Herr Lehrer Strauß und Herr Artur Meyer hielten Ansprachen, und die
vorgeschriebenen Gebete der Brüderschaften wurden gesprochen. Rundgang
und Psalmengesang schlossen die ernste Feier. In seiner Ansprache ging
Herr Lehrer Strauß besonders auf die Geschichte des Friedhofes ein, der
Privateigentum des Deutschen Kaisers war und ein Verpfändungsobjekt
bildete, wie manche der jüdischen Gemeinden. Der hiesige jüdische
Friedhof war zumeist den Bischöfen zu Mainz verpfändet. Da die Juden ihr
Territorium nicht vergrößern durften, so waren sie immer wieder genötigt,
denselben kleinen Raum zur Bestattung ihrer Leichen zu benützen. Immer
wieder musste der Friedhof mit hoher Erdschicht bedeckt werden, um aufs
Neue benützt werden zu können. Dadurch entstand die hügelige Form des
Friedhofes.
Eine im Archive gefundene Notiz besagt, dass der Friedhof eben wegen
seiner Erdaufschüttung im Siebenjährigen Kriege von den Franzosen zu
einer Schanze benutzt werden sollte, was aber die jüdische Gemeinde durch
Zahlung von 200 Gulden verhindern konnte.
Dem Festgottesdienst in der reich geschmückten und vollgefüllten
Synagoge wohnen Herr Bürgermeister Dr. Schmidt und Herr Voit als
Vertreter des Magistrats und Stadtverordnetenvorsteher Sonnenmayer bei,
sowie Delegierte vieler Gemeinden aus den Kreisen Hanau, Schlüchtern und
Gelnhausen. Die Festpredigt hielt Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger
aus Hanau; mit dem Gottesdienste wurde die feierliche Einweihung des von
Frau Wolf Stern gestifteten Ner
Tamid (Ewiges Licht) verbunden.
Nachmittags um 4 ½ Uhr versammelten sich 104 Teilnehmer in der Turnhalle
zu einem Festmahl und im Anschluss daran fand eine Abendunterhaltung
statt, die von den Mitgliedern der Gemeinde, vielen auswärtigen Gästen
und hiesigen Bürgern aller Konfessionen sehr zahlreich besucht war.
Den Reigen der Toaste eröffnete der verdiente Vorsitzende der Chewra
Kadischa Kabornim, Herr Jakob Moritz, mit einer begeisterten
Ansprache. Darauf hing nach einigen musikalischen Darbietungen ein
symbolisches Festspiel des Herrn Lehrer Strauß über die Bretter, das in
den Mitwirkenden Flora Scheuer, Sophie Hecht, Karla Moritz, Henny Strauß,
Erna Heilmann, Jenny Heilmann und Sitta Lorsch vorzügliche Interpretinnen
fand und den Glanzpunkt des Abends bildete.
Instrumentale und Gesangsvorträge folgten nun aufeinander und hielten die
Festgäste in höchst animierter Stimmung. Auch viele wertvolle Stiftungen
wurden bei diesem Anlasse von hiesigen und auswärtigen Freunden den
Jubelvereinen gemacht." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. Oktober 1861: "Dr. jur. utr. Kunreuther zu Gelnhausen
hat nach glänzenden Marburger und Kasseler Prüfungsresultaten (die
Marburger Fakultät stempelt ihn, den Protektionslosen, mit einer
glänzenden Note zum Doktor beider Rechte; die Staats-Prüfungskommission
zu Kassel, zusammengesetzt aus den Zierden deutscher Jurisprudenz und
individueller Unantastbarkeit: Oberamtsgerichtspräsidenten Schellenberg.
Obergerichtsdirektor Endemann und Oberamtsgerichtsrat Gleim, qualifiziert
ihn auf Grund seiner schriftlichen wie mündlichen Leistungen zum
Obergerichts-Referendar) in einer Eingabe vom 16. November 1860 auf Grund
seiner Qualifikation zum Zulassung n den juristischen Vorbereitungsdienst
gebeten. Es vergehen Tage, Wochen, Monate - keine Antwort. Dieser wird
schließlich des Wartens müde und bittet in einer höchst bündigen, an
das Justizministerium gerichteten Eingabe, datiert 26. März 1861, also
nach 136 Tagen, um endliche Resolution. Jetzt erst wird ein
allerhöchstes Reskript geboren und dem jüdischen Doktor durch das
Justizamt Gelnhausen unterm 20. April 1861 eröffnet, 'dass seinem Gesuche
um Zulassung in den Vorbereitungsdienst 'nicht allergnädigst'
stattgegeben worden sei,' Hiermit schließt der erste Akt eines unserer
zahlreichen Dramen, welches somit einen Zeitraum von einhundertvierundfünfzig
Tagen umfasst. - Der zweite Akt beginnt mit einer Vergnügungsreise des
'Vielgeprüften' nach Kassel. Zwischen Akt 1 und 2 liegt die kurze Spanne
von drei Tagen, denn - das Schicksal schreitet schnell und
Privatangelegenheiten bedürfen bekanntlich, im Vergleich zu offiziellen,
nur gleich viele Minuten. Der Tourist bewundert das rege Leben Kassel, die
im Frühlingssturme bedeutsam rauschenden Wipfel auf
Wilhelmshöhe |
-
dem ehemaligen Trarion des höchstseligen Königs Jerome von Westfalen -
und richtet schließlich, dazu von berufener, also offiziöser Seite
beraten, unterm 27. April dieses Jahres, eine zwar, in den herkömmlichen
Formen sich bewegende, ihrem Inhalte nach jedoch nichts weniger als
kriechende Eingabe an die landesfürstliche Gnade. Unter vielen
andern erheblichen und der Veröffentlichung würdigen Punkten dieser
Eingabe, ja ich darf sagen: dieses staatsrechtlichen Aktenstückes, will
ich hier vorerst nur einen Passus einfließen lassen. '....Sache
eines Charakterlosen kann es nur sein, mit erheuchelten Religionsansichten
täuschen zu wollen; Sache eines redlichen Mannes hingehen, eher zu leiden
und zu dulden, als seiner eigenen und der allgemeinen Achtung in einem
nachteiligen Lichte zu erscheinen.' Solche Stilistik mag Ihnen die
Überzeugung geben, dass der 'Bittsteller', seiner geistigen
Selbstständigkeit selbst in dem entscheidenden Momente in vollstem Maße
bewusst gewesen sei. Unterm 5. dieses Monats eröffnet das Justizamt
Gelnhausen dem Dr. Kunreuther, 'dass auch sein jetziges Gesuch um
Zulassung zu den Arbeiten des Justizamtes Gelnhausen allerhöchste
Gewährung nicht gefunden habe.' Als Eingeweihter kann ich Ihnen verbürgen,
dass Dr. Kunreuther die Episoden seiner religiös-politischen Kämpfe in
Kurhessen, die bis auf das Jahr 1854 zurückführen, zunächst zu
veröffentlichen beabsichtigt. Der Betreffende wird kein erlaubtes Mittel
unversucht lassen, sein ihm vorenthaltenes Recht zu erringen. Er wird
weder anonym auftreten, noch wird er sich begnügen, jene
Persönlichkeiten, und wären es selbst 'Excellenzen', mit welchen er zu
verhandeln veranlasst worden, nur andeutungsweise zu nennen. Er wird
vielmehr mit offenem Visier ohne allen Rückhalt in die Schranken treten;
nicht Eine Szene, nciht Ein Dialog wird unterdrückt werden. Frei wie der
Mann wird auch seine Rede sein. Vorerst protestierend, wird er den
Zeitpunkt zu erfassen wissen, autorisierte Organe für seine gerechte
Sache zu interessieren." |
Dr.
jur. Kunreuther aus Gelnhausen wird ihn Gotha als Rechtsanwalt zugelassen
(1862)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. November 1862: "Gotha,
im Oktober (1862). Wie bereits in diesem Blatte angedeutet worden, hat die
herzogliche sächsische Staatsregierung den aus seinem Vaterlande
Kurhessen durch die ihm als Juden trotz glänzend bestandener Examina
geschehene Verweigerung der Anstellung vertriebene Dr. jur. utr.
Kunreuther zum Rechtsanwalt und Notar mit dem Wohnsitze Gotha ernannt
und ist derselbe bereits in Geschäftstätigkeit
getreten." |
Rettungsmedaille für Simon Reis (1894)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1894: "Gelnhausen. Seine
Majestät der König verlieh dem Simon Reis, Sohn des Handelsmannes Marcus
Reis in Gelnhausen die Rettungsmedaille. Dieselbe wurde dem 16jährigen
jungen Manne von dem Landrat Freiherren von Riedesel mit etwa folgenden
Worten überreicht: Ich freue mich lebhaft, dass Sie als Sohn unserer
Stadt eine derartige Auszeichnung erhalten und nicht minder wird sich die
hiesige jüdische Gemeinde mit Ihrer Tat und deren Allerhöchsten
Anerkennung freuen. Der junge Mann rettete einen Menschen vom Tode des
Ertrinkens, indem er bei reißender Strömung in die hoch angeschwollene
Kinzig sprang und mit unendlicher Mühe und Gefahr den Ertrinkenden
rettete. Reis ist Jude, der Gerettete Christ." |
Verlobungsanzeige von Sidonie Frank und Max Wallach (1903)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Oktober 1903: "Sidonie Frank – Max Wallach. Verlobte. Oktober 1903.
Gelnhausen –
Quedlinburg" |
Ein
jüdisches Mädchen (Sophie Hecht) rettet einen christlichen Jungen vor dem
Ertrinken (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Juni 1908:
"Gelnhausen. Bravour eines jüdischen Mädchens. - Der kleine
Junge des Wegewärters Müller fiel an der vorderen Burgbrücke in die
angeschwollene und an dieser Stelle reißende Kinzig und wäre unrettbar
verloren gewesen, wenn ihm nicht die zehnjährige Tochter Sophie des
Handelsmannes Markus Hecht unverzüglich nachgesprungen wäre, die ihn
packte und ans Ufer brachte." |
90. Geburtstag von Kreisvorstehers J. D. Goldschmidt (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. Juli 1908:
"Gelnhausen. Der Senior aller im Ehrendienste des
jüdischen Gemeinwesens Tätigen dürfte der hiesige Kreisvorsteher J.
D. Goldschmidt sein, der in einigen Monaten bereits sein 90.
Lebensjahr vollendet und trotzdem seines Amtes als Kreisvorsteher noch mit
Umsicht waltet." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1908: "Gelnhausen, 25.
November (1908). Am 24. dieses Monats beging der noch als Kreisvorsteher
fungierende Herr J.D. Goldschmidt die Feier seines 90. Geburtstages. Der
alte, noch rüstige Herr erfreut sich in allen Kreisen großer Verehrung,
die an diesem Tage sich besonders zeigte. Der Landrat des Kreises
Gelnhausen, Herr von Gröning, überreichte persönlich im Namen Seiner Majestät den Kronenorden 4. Klasse. Herr Provinzial-Rabbiner Dr.
Bamberger aus Hanau brachte die Glückwünsche des Vorsteheramtes und des
Rabbinats und hob in einer herzlichen Ansprache die Verdienste des
Gefeierten hervor. Der Magistrat unter Führung des Bürgermeisters Dr.
Schmidt sowie das Stadtverordnetenkollegium, sogar das Presbyterium -
durch Herrn Metropolitan Schäfer vertreten - boten ihre Glückwünsche
dar. Die jüdische Gemeinde gratulierte unter Übergabe einer kunstvoll
ausgearbeiteten Adresse. Die Chewra Bikur Cholim (Kranken-Besuchsverein),
welcher der alte Herr 66 Jahre und die Chewra Kadischa Lekewarim (Friedhofsverein),
welcher er 64 Jahre angehört, waren durch Deputationen vertreten und
ehrten ihr pflichttreues Mitglied ebenfalls durch Darreichung von
künstlerisch ausgeführter Adressen. |
Zum
Tod des israelitischen Kreisvorstehers Jsrael David Goldschmidt (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. April 1911:
"Gelnhausen, 3. April (1911). Der älteste Einwohner unserer
Stadt, israelitischer Kreisvorsteher J.D. Goldschmidt, bis heute im Alter
von 93 Jahren verschieden." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. April 1911: "Am 3. dieses Monats starb in Gelnhausen, 93
Jahre alt, der Kreisvorsteher der israelitischen Gemeinden des Kreises
Gelnhausen und Gemeindeälteste der israelitischen Gemeinde, Israel
David Goldschmidt. Der Verstorbene war eine in den weitesten Kreisen
bekannte und geachtete Persönlichkeit. Mit ihm ist der älteste Einwohner
Gelnhausens gestorben." |
Zum Tod von Hermann Frank
(1914)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Dezember 1914: "Gelnhausen.
Einen herben Verlust haben wir erlitten! Der Beste aus unserer Mitte, Herr
Hermann Frank, ist uns durch des Allmächtigen unerforschlichen Ratschluss
entrissen worden. Im Alter von beinahe 73 Jahren ist er am vergangenen
Schabbos einem Schlaganfall plötzlich erlegen und schmerzlos in den ‚Jaum
schekulau schabbos unmuchoh’ eingegangen.
Wie sein ganzes Leben nur von ‚Mizwaus’ (Geboten) und ‚Maasim tauwim’
(guten Taten) ausgefüllt war, so war auch das Sterben dieses wahrhaftigen
Zaddik (Gerechten) umringt von Mizwaus (gemeint:
nachdem er die Pflichten dieses Tages vom Synagogenbesuch bis zum Anzünden
der Chanukka-Lichter erfüllt hatte), im Strahlenglanz der
Schabbos-Lampe und der Chanukka-Lichtlein, nachdem er vom Gottesdienst in
der Synagoge kommend die Chanukkahymne gesungen, die ‚Malachei
hascholaum’ in seinem trauten Heim willkommen geheißen, im Kiddusch in
seiner ihm eigenartigen weihevollen Weise zur Heiligung des Sabbats
ausgerufen, kehrte seine reine Seele in die Höhen des Lichtes zum
Urquelle des Lebens zurück.
‚Neschomoh schenosato bi betouroh
hi!’ (die Seele, die du
gegeben hast, war in mir in der Tora’). – Mit diesen Worten darf
er seine Seele mit Recht zurückerstatten. Lauter in seinem Charakter,
redlich und ehrlich in Handel und Wandel, in Gottesfurcht allen
Zeitgenossen mustergültig voranleuchtend, in jedem Menschen, ob reich
oder arm, ob hoch oder niedrig das Ebenbild Gottes achtend und ehrend,
bescheiden und zuvorkommen gegen Jedermann, war Hermann Frank von allen,
die das Glück hatten, mit ihm in Verkehr zu kommen, geliebt und geachtet.
Mehr als ein Menschenalter war der Entschlummerte Parnes
(Vorsteher) unserer Gemeinde, länger als ein Jahrzehnt Mitglied der obersten
jüdischen Behörde unserer Provinz, des israelitischen Vorsteheramtes zu Hanau,
seit etwa vier Jahren auch noch Vorsteher des ganzen Kreises. In allen
diesen Ämtern war es seine vornehmste Aufgabe, für die Erhaltung der jüdischen
Institutionen ‚Kedas’ und ‚Kedin’ (gemäß
der Erkenntnis
und gemäß des Gesetzes) zu wirken.
Doch nicht nur für seine eigene Gemeinde und deren Bezirk hatte er
Interesse, er brachte es auch allen Vorkommnissen des ‚Kellal’
(Gesamtheit) entgegen und unterstützte die der Gesamtheit dienenden
Vereinigung mit reichlich bemessenen Beträgen.
Mit welcher Hingabe er sich der Mizwoh
von ‚Hachnosas aurchim’
(Gebot der Gastfreundschaft) hingab, lässt sich in wenigen Worten nicht
schildern. Unserem Ahnherrn Abraham gleich bewirtete er selbst seine Gäste,
das Beste, was Küche und Keller boten, trug er auf, um die Müden,
Geplagten, von Ort zu Ort Wandernden zu laben. Wir werden sie jammern
diese armen Menschenkinder, wenn sie von dem Heimgang ihres Wohltäters hören,
dessen Wohl tun keine Grenzen kannte!
Mit seinem Heimgang ist der Familie der Glanz, unserer Gemeinde ihr Stolz,
dem toratreuen Judentum einer seiner besten Söhne genommen. Von der
allgemeinen Liebe und Verehrung legte die Bestattung beredtes Zeugnis ab.
Aus allen Richtungen waren Verwandte, Freunde und Bekannte herbeigeeilt,
um dem Heimgegangenen den Beweis der Liebe und Wertschätzung zu zollen.
Auf unserem durch Geschichte und Alter besonders geheiligtem Friedhof
entwarf in formvollendeter Rede Provinzialrabbiner Dr. Bamberger – Hanau
ein Lebensbild des Entschlafenen. Im Namen der Familie rief der älteste
der Schwiegersöhne, Julius Bickhardt – Frankfurt, dem Familienoberhaupt
ein ‚Leich lescholaum’ (geh in
den Frieden) nach. Nach der Beisetzung sprach Provinzialrabbiner Dr.
Cahn – Fulda als Freund des Frankschen Hauses Worte des Gedenkens. Ihm
folgte mit einem tief empfundenen Hesped
(Trauerrede) Lehrer Strauß. Zum Schluss ergriff unser verehrter
Provinzialrabbiner Dr. Bamberger nochmals das Wort, um dem Heimgegangenen
den Chower-Titel (Titel eines
besonders Gelehrten) zu verleihen." |
Martha
Strauß erhält die Rote Kreuz-Medaille (1918)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Oktober
1918: "Gelnhausen. Martha Strauß, Tochter des Lehrers
Strauß, seit Beginn des Krieges Hilfsschwester vom Roten Kreuz, erhielt
die Rote Kreuz-Medaille 3. Klasse." |
Zum Tod des Gemeindeältesten Jakob Moritz (1920)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1920: "Gelnhausen, 26. Juli
(1920). Unsere Gemeinde traf durch das Hinscheiden ihres
Synagogen-Ältesten,
des Herrn Jakob Moritz, ein schwerer, kaum zu ersetzender Vertust. Am 1.
Aw beim Morgengebet, die Tefillin an Haupt und Arm, schloss er die Augen
zum ewigen Schlummer, zum unsäglichen Schmerze seiner engeren und
weiteren Familie. Der Dahingeschiedene zeichnete sich durch strenge
Pflichttreue und echte, tiefe Religiosität aus, er wirkte vorbildlich und
aneifernd für die ganze Gemeinde. An seinem Sarge sprach im Trauerhause
der älteste Sohn, Herr Ludwig Moritz aus Berlin, in schmerzerstickter
Stimme Worte des Abschieds. Am Grabe sprach Herr Lehrer Weingarten und hob
die schwere Trauer hervor, welche Familie, Gemeinde und Stadt betroffen." |
Zum Tod von Nanni Strauß geb. Heidelberger, Gattin des
Lehrers Meier Strauß (1923)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1923: "Gelnhausen, 12.
März (1923). Am Dienstag nach Purim geleiteten wir eine Frau, Nanni Strauß
geb. Heidelberger, die Gattin unseres pensionierten allverehrten Lehrers
Strauß zur letzten Ruhe. Frau Strauß, deren arbeitsreiches Leben im
Alter von 62 Jahren ein Ziel gesetzt wurde, war vorbildlich als Gattin und
als Mutter hilfreich und gut allen, die in ihren Kreis traten. Am Grabe
schilderte Herr Lehrer Marx das Leben der Heimgegangenen, das von Wohltätigkeit
erfüllt war, wie sie dem Gattin in allen Lagen des Lebens, besonders in
seinen vielseitigen Anforderungen eine wahre ‚Hilfe
als sein Gegenüber’ (sc. Formulierung aus der Schöpfungsgeschichte
1. Mose 1) in des Wortes schönster Bedeutung gewesen
und dadurch ihr Heim zum Mittelpunkte der ganzen Gemeinde gestaltete. Was
die Verstorbene für den hiesigen israelitischen Frauenverein, dessen
Vorsitzende sie viele Jahre gewesen und für die übrigen
Wohlfahrtseinrichtungen unserer Kehillo
(sc. Gemeinde) geleistet hat, wird stets in dankbarer Erinnerung bleiben.
Im Namen des schmerzgebeugten Gatten, der Kinder und Geschwister, dankte
in bewegten Worten der älteste Schwiegersohn, Herr Lehrer Stein –
Bleicherode, der teuren Mutter für all die Liebe, mit der sie ihre Lieben
betreute. Herr Lehrer Halberstadt, Büdingen, pries als Freund des Hauses
die wackere Frau als Muster uneigennütziger Freundschaft. Das große
Leichenbegängnis legte Zeugnis ab, welch große Verehrung die wackere
Frau auch bei den Andersgläubigen genossen hatte.
Im Sinne so vieler jüngerer Lehrer, die während der Zeit ihrer
Ausbildung zum Schochet (Schächter)
im Hause der Verstorbenen ein gastliches Heim gefunden, sprach
Waisenhausverwalter Marx, Frankfurt, während der Schiwa
im Trauerhause geistvolle Worte ehrenden Gedenkens. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens". |
Zum
Tod von Moses Halle (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Dezember 1924: "Gelnhausen, 11.
Dezember (1924). Am Schabbatausgang
des Schabbat Paraschat Toledot verschied nach mehrwöchentlicher
Krankheit im Alter von 67 Jahren Moses Halle. Einer gut jüdischen Familie
aus Hardheim (Baden) entsprossen, war
derselbe allzeit bestrebt, die Traditionen des Elternhauses in seinem
Kreise zu hüten und zu pflegen. Er gehörte zu den regelmäßigen Teilnehmern
der Abendgebete und nur selten fehlte er beim Gottesdienste. Seine Wohltätigkeit
war weit über das Weichbild unserer Gemeinde bekannt. Mit vollen Händen
spendete er, wenn es galt, Not und Elend zu lindern. Als die
Inflationszeit auch sein Vermögen um einen wesentlichen Teil verringerte,
bedauerte er lebhaft, seiner Wohltätigkeit Schranken ziehen zu müssen.
Das Leichenbegängnis dieses vollkommenen und aufrechten Mannes gestaltete
sich zu einer erhebenden Trauerkundgebung. Am Eingang des Friedhofs
widmete Herr Rechtsanwalt Dr. Koref, Hanau, namens des ‚Israelitischen
Vorsteheramtes der Provinz Hanau’ dem Heimgegangenen einige Worte des
Abschiedes, für die vierundzwanzigjährige treue Arbeit als Mitglied des
Kollegiums dankend. Herr Lehrer Marx schilderte in seiner Rede das Leben
und Wirken des Verstorbenen als Familienvater, als Mitglied unserer
Gemeinde, als Förderer der die Allgemeinheit dienenden Institutionen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum
Tod von Fanny Frank geb. Stern (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925: "Gelnhausen,
8. Februar (1925). Im Alter von 84 Jahren starb nach kurzem Krankenlager
Frau Fanny Frank geb. Stern, die würdige Gattin unseres
unvergesslichen langjährigen Vorstehers Hermann Frank - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen -. Bis in die letzten Tage
ihres Lebens erfreute sie sich einer seltenen körperlichen und geistigen
Rüstigkeit und mit großem Interesse verfolgte sie alle Ereignisse in
unserer Gemeinde. In einem unerschütterlichen Gottvertrauen fand sie Stab
und Stütze in allen Lagen des Lebens, ganz besonders in den
schicksalsschweren Stunden, die auch ihrem Leben nicht erspart blieben,
dadurch Kindern, Kindeskindern, sowie ihrem großen Bekanntenkreis, das
mustergültige Beispiel wahrhaft echter Gottesfurcht gebend. Die
vorgeschriebenen täglichen Gebete, die nie versäumt wurden, die
herrlichen Psalmen, welche ihr seelenerquickende Lektüre waren, bildeten
die Quellen, aus denen sie die Kraft schöpfte, Freud und Leid in
Dankbarkeit und Ergebenheit zu ihrem Schöpfer zu tragen. Es würde den
Rahmen einer kurzen Berichterstattung überschreiten, wollte man
ausführlich von ihrem Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) den fast
täglich bei ihr zu Gast weilenden Wanderarmen gegenüber sprechen, oder
von ihrer peinlichen Gewissenhaftigkeit in allen Kaschrusangelegenheiten
erzählen. Einem Wunsche der Verstorbenen entsprechend, durfte an ihrem
Grabe kein Hesped (Trauerrede) gehalten werden. Der älteste der
Schwiegersöhne, Herr Julius Bickhardt, Frankfurt am Main, dankte im Namen
der Familie der Mutter und Großmutter für die Fülle der erwiesenen
Liebe." |
Zum Tod von Jacob S.
Goldschmidt (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1925: "Gelnhausen,
6. Juli (1925). Schon wieder hat die hiesige Gemeinde den Tod eines ihrer
besten Mitglieder zu beklagen. An den Folgen einer Operation verschied am
3. Tamus (= 25. Juni 1925) im Alter von 75 Jahren Herr Jacob S.
Goldschmidt. Mit ihm ist eine Zierde unserer altehrwürdigen Gemeinde
dahingegangen, ein Jehudi alten Schlages, dessen Bekenntnis
Ausfluss innerster Überzeugung, echt und wahr gewesen. 13 Jahre lang hat
der Heimgegangene als Gemeindevorsteher unserem Gemeindewesen
vorgestanden. Seine dem Streite abholde, friedliebende Natur stempelte ihm
zu einem Friedensfürsten, der mit allen ihm zu Gebote stehenden
Kräften nach Versöhnung der Gegensätze strebte, wann und wo auch immer
diese auftauchten. Bewundernswert war sein Gottvertrauen, das ihn in
keiner Lage des Lebens verließ. Die Liebe und Verehrung zu diesem Manne
kam bei seiner am Freitag vor Schabbat Chukkat uBalak vormittags
erfolgten Bestattung zum Ausdruck. Herr Lehrer Marx entwarf ein getreues
Lebensbild des Entschlafenen. Herr Synagogenältester Josef Lorsch dankte
namens des Kollegiums dem Heimgegangenen für die langjährige treue
Mitarbeit in schwerer Zeit unter häufig schwierigen Verhältnissen. Tief
bewegt nahm als letzter Redner der Sohn, Herr Rechtsanwalt Dr. S.
Goldschmidt Frankfurt am Main, Abschied von dem geliebten Vater, dankend
für die aufopfernde Liebe, mit welcher derselbe die engere und weitere
Familie stets beglückte. Wie als höchste Lobeskundgebung das heilige Schriftwort
von unserem Stammvater Jakob erwähnte, er sei ein gerader und
aufrichtiger Mann gewesen, so könne er diese Prädikate auch auf
seinen Vater Jakob anwenden und sagen: er war ein einfacher,
rechtlich denkender, rechtlich handelnder Mensch, dem selbst im Scherz das
Wort der Lüge nie über die Lippen gekommen. - Als wir den frischen
Grabeshügel verließen, erklangen in uns die Worte des heidnischen Sehers
Bileam: 'Es sterbe meine Seele den Tod der Frommen und sei ein solcher
mein Ende' (4. Mose 23,10 - aus der Parascha Balak)." |
Zum Tod von Hermann Schmidt
und Leopold Herz (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Oktober 1925: "Gelnhausen,
7. Oktober (1925). Am zweiten Tag des Neujahrsfestes (= 20.
September 1925), kurz nach Beginn des Schacharit-Gebetes wurde
unser allbeliebtes Mitglied Hermann Schmidt von einem Unwohlsein
befallen, welches ihn zum Verlassen des Gotteshauses zwang, das wieder zu
betreten ihm nicht vergönnt war. Nach kurzem Krankenlager, im Alter von
72 Jahren, stattete er seine reine Seele am Erew Schabbat Teschuba
(Freitag, 25. September 1925) dem himmlischen Vater zurück. Vor etwa 12
Jahren nach dem Ableben seiner Gattin kam der Verstorbene aus Karlstadt
bei Würzburg hierher, um im Kreise seiner Kinder und Geschwister seinen
Lebensabend in Ruhe und Behaglichkeit zu verbringen. Der Weltkrieg brach
aus und forderte von ihm seinen einzigen Sohn zum Opfer. Schwer traf ihn
dieser Schlag; doch noch inniger als zuvor, schloss er sich seinem Gotte
an. Morgens und abends konnte man ihn bei Tefilloh bezibur
(öffentliches Gebet in der Synagoge) antreffen, mit jugendlicher Behändigkeit
eilte er zur Erfüllung von Mizwaus (religiösen Vorschriften), wo sich
ihm Gelegenheit bot; um Worte der Tora zu hören, versäumte er keinen
Schiur (Lehrvortrag). Seinem Leben, glich sein Sterben. Bei vollem
Bewusstsein sagte er wenige Minuten vor seinem Verscheiden mit laut
vernehmbarer Stimme Widuj und... Am Tag vor Jom Kippur (Sonntag,
27. September 1925) trugen wir in in stummer Wehmut zur letzten
Ruhestätte.
Acht Tage später, am 2. Tag von Sukkot (= Sonntag, 4. Oktober 1925)
betteten wir an seine Seite das älteste männliche Mitglied unserer
Kehillo, Leopold Herz, Bergen, der einer alteingesessenen
gutjüdischen hiesigen Familie entstammte. Plötzlich, ohne vorheriges
Kranksein, ereilte ihn mitten in der Unterhaltung im Hause eines seiner
Schwiegersöhne im Alter von 79 Jahren am Rüsttage des Laubhüttenfestes
der Tod. In ihm verliert unsere Gemeinschaft ebenfalls einen Mann, der
für die Erhaltung des Kultus in traditionellem Sinne nach bestem Können
bestrebt war, der Pflege jüdischen Geistes Interesse entgegenbrachte und
über den religiösen Abfall der Jugend häufig Worte der Klage und des
Tages fand. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
50-jähriges
Geschäftsjubiläum des Manufakturwarengeschäftes K. Moritz (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 6. Mai 1927: Gelnhausen. Das Manufakturwarengeschäft
des hochbetagten Kaufmanns K. Moritz konnte das fünfzigjährige
Bestehen feiern." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Mai 1927: "Gelnhausen. Sein
50-jähriges Geschäftsjubiläum beging Kaufmann K. Moritz
dahier." |
Beleidigungsklage
gegen den Schächter Sigmund Marx und Metzgermeister Ludwig Reis vor den
Gerichten (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. Oktober 1927:
"Die Legende vom Kalb in Gelnhausen vor dem Reichsgericht.
Gelnhausen. Wie seinerzeit berichtet, hatte der Tierarzt Dr. Lindemann
in Gelnhausen eine Beleidigungsklage gegen den israelitischen Schächter
Sigmund Marx und den Metzgermeister Ludwig Reis angestrengt,
weil diese eine Schilderung Lindemanns über den Verlauf einer Schächtung
in Gelnhausen in einer öffentlichen Erklärung als eine bewusste
Verleumdung bezeichnet hatten. Das Schöffengericht Hanau hatte die
Beklagten freigesprochen, die Strafkammer sie zu je 150 Mark Geldstrafe
verurteilt. Das Reichsgericht hat das Urteil der Strafkammer aufgehoben
und an die frühere Instanz
zurückverwiesen." |
75.
Geburtstag von Kreisvorsteher K. Moritz (1928)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 23. März 1928: "Gelnhausen. (75. Geburtstag).
Kreisvorsteher K. Moritz konnte vorletzten Sonntag in körperlicher
und geistiger Frische unter Anteilnahme der ganzen Gemeinde seinen 75.
Geburtstag feiern. Als ehemaliger Gemeindevorsteher und seit 13 Jahren als
Kreisvorsteher der jüdischen Gemeinde des Kreises hat der Jubilar, der
außerdem seit mehr als 50 Jahren Mitglied der Chewra Kadischa ist und
dieserhalb kürzlich besonders geehrt wurde, den gemeinnützigen
Institutionen mit großem Eifer und vorbildlicher Selbstlosigkeit
gedient." |
Zum Tod von Frau Bankier Halle
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1929:
"Gelnhausen, 3. März (1929). Im Alter von nur 62 Jahren verstarb
Frau Bankier Halle von hier im Hause ihrer Tochter zu Köln, wo sie auf
Besuch geweilt hatte. Am Mittwoch, den 20. Februar betteten wir sie hier,
an der Seite ihres vor vier Jahren verstorbenen Gatten, zur letzten Ruhe.
Sie war lange Jahre 2. Vorsitzende des Israelitischen Frauenvereins
Gelnhausen und hat durch ihr vorbildliches, soziales und tief religiöses
Wirken unendlich viel Gutes geschaffen. Gar manches Leid und manche
Tränen hat sie gestillt. Ihr Haus stand in vorbildlicher Gastfreundschaft
jedermann offen und ihr wahrhaft vornehmen Wesen brachte ihr die
ungeteilte Verehrung der ganzen Gemeinde ein. An ihrem Grabe zeichnete
Herr Lehrer Marx das Bild des Hauses Halle, das einstmals Zierde und
Vorbilde der Gemeinde gewesen, weil es erfüllt war von Tora,
Gottesdienst und Wohltätigkeit. Er (?) nahm in bewegten Worten
Abschied von der Entschlafenen und dankte ihr namens des Israelitischen
Frauenvereins und der ganzen Gemeinde für ihr segensreiches Wirken. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Johanna Moritz
(1931)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1931: "Gelnhausen, 3.
Juli (1931). Am 2. Tammus ist
eine der besten jüdischen Frauen Gelnhausens in ein besseres Jenseits
abberufen worden. Frau Johanna Moritz ist nach längerer schwerer
Krankheit im 70. Jahre ihres nach der Tora
und den Mizwaus (Geboten)
gewidmeten Lebens ihrem vor 11 Jahren dahingegangenen Manne Jakob Moritz
– er ruhe in Frieden – gefolgt. Einem echt jüdischen Hause
Langenselbolds entstammend, gründete sie vor 50 Jahren mit ihrem Manne in
Gelnhausen ihre Familie und betrachtete sie es als ihre vornehmste
Pflicht, ihre Kinder zu echten Jehudim zu erziehen. Mit ihr ist uns eine
jener gerechten Frauen genommen worden, wie sie besonders in den
Kleingemeinden immer seltener werden. Tiefe Frömmigkeit, fest gegründet
auf Vertrauen zu ihrem Schöpfer, zeichnete diese Frau aus. Noch in den
letzten Wochen ihrer schweren Krankheit begab sie sich mit großer Mühe
ins Gotteshaus, um dort noch einmal mit der ganzen Gemeinde zu ihrem Schöpfer
beten zu können. Beispielgebend war ihr Verhalten Armen gegenüber, denn
kein Armer durfte ohne eine Liebesgabe ihr offen stehendes Haus verlassen.
Groß war das Gefolge, das ihr die letzte Ehre erwies. Herr
Provinzialrabbiner Dr. Gradenwitz, Hanau, schilderte in ergreifender Weise
das vorbildliche Leben der Verstorbenen; im Namen der Familie gab der älteste
Sohn, Herr Ludwig Moritz, Berlin, dem heißen Dank und der tiefen Trauer
in bewegten Worten Ausdruck. Möge ihr Verdienst
ihren Kindern beistehen und ihnen Kraft geben, in ihrem Sinne weiter zu
leben. Ihre Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
Zum
Tod von Jettchen Moritz geb. Glauberg (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1934:
"Gelnhausen, 8. Juli (1934). Am 18. Tammus (1. Juli 1934) hauchte
Frau Jettchen Moritz geb. Glauberg nach kurzer Krankheit im 69.
Lebensjahre ihre Seele aus. Mit ihr ist eine jener frommen Frauen von uns
gegangen, wie sie besonders in den Kleingemeinden immer seltener werden.
Einem echt jüdischen Hause Langenselbolds entstammend, gründete sie vor
über vier Jahrzehnten in Gelnhausen ihr eigenes Heim und gestaltet ihr
Haus zu einem kleinen Heiligtum in des Wortes schönster Bedeutung.
Ihre größte Freude war es, ihre Kinder, von welchen ein Sohn nach Erez
Jisroel übergesiedelt ist, zu wahrhaft frommen Jehudim und tüchtigen
Menschen heranwachsen zu sehen, wofür sie auch das schöne Verdienst
genoss, dass diese, selbst schon Eltern, an ihr die Pflicht des 'ehre
Vater und Mutter' in der edelsten Form bis in die letzten Stunde ihres
gottgefälligen Lebens ausübten. Das Üben von Wohltätigkeit war ihr
selbstverständliche Pflicht, die sie in reichem Maße zu erfüllen stets
bestrebt war.
Groß war das Gefolge derer, die ihr die letzte Ehre erwiesen. Herr
Religionslehrer Lang schilderte am Grabe in ergreifenden Worten das
vorbildliche Leben der Verblichenen. Ferner widmete ihr Herr Lehrer
Weingarten, Hanau, als Freund der Familie warme Dankes- und
Abschiedsworte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Karoline
Stern geb. Schmitt (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1934:
"Gelnhausen, 25. Juli (1934). Am 29. Tamus (= 12. Juli 1934) haben
wir Frau Karoline Stern geb. Schmitt zu Grabe getragen. Durch das
Hinscheiden einer seiner Gründerinnen erleidet unser Israelitischer
Frauenverein einen großen Verlust. Vierzehn Jahre lang gehörte sie dem
Vorstande des Vereins an. Wo es galt, Not zu lindern, Arme zu
unterstützen, wo Waisen der Annehmer bedurften, wo es galt, Gemilus
Chesed (Wohltätigkeit) an Toten zu üben, immer war sie im Verein mit
den anderen Damen des Vorstandes zur Stelle. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens
des Israelitischen Frauenvereins wurden ihr in einer wohlverdienten
Ehrenurkunde der Dank und die Anerkennung des Vereins ausgesprochen. -
Aber nicht nur dem Verein, sondern in erster Linie galt ihr Schaffen und
Wirken ihrer Familie. Wenn ihr auch das Glück versagt blieb, eigene
Kinder zum Guten zu erziehen, so hat sie dies durch Annahme verwandter
Kinder, durch deren sorgfältige Pflege und Erziehung, aufs schönste und
beste geübt. So hat sich die Heimgegangene durch ihr Streben und Wirken
ein ehrenvolles und dauerndes Gedächtnis geschaffen. Nach 23 Jahren
Witwentums ist sie ihrem Gatten in die Ewigkeit gefolgt. - Herr
Religionslehrer Lang würdigte am Grabe in herzlichen Worten den
vorbildlichen Lebenswandel der Verblichenen. Ihre Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
Zum
Tod von Sara Wolf geb. Strauß (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1935:
"Gelnhausen, 5. März (1935). Am 19. Schebat (= 23. Januar 1935)
haben wir Frau Sara Wolf geb. Strauß zu Grabe getragen. Mit ihrem
Hinscheiden erleidet unser Israelitischer Frauenverein einen großen
Verlust. Über zwei Jahrzehnte gehörte sie dem Vorstand des
Israelitischen Frauenvereins an, in den letzten Jahren übte sie das Amt
der Kassiererin in vorbildlicher Weise aus. Mit großer Vornehmheit
verstand sie es, ihre Sorgebefohlenen zu behandeln und jeder, der sich an
sie wandte, wusste, dass er es mit einer wahren Freundin zu tun hatte, der
er ganz sein Herz ausschütten konnte. Wo immer eine Liebespflicht am
Nächsten zu üben war, war sie stets zur Stelle und wirkte unermüdlich
um Ausüben an Wohltaten an Lebenden und Toten. So hat die Heimgegangene
in ihrem Wirken und Streben ein ehrenvolles, dauerndes Denkmal in unserer
Gemeinde zurückgelassen. Bei der Beerdigung würdigte Herr Lehrer Lang
ihre Verdienste, indem er in ergreifenden Worten ihr Lebensbild entwarf.
Möge ihr Verdienst den trauernden Geschwistern beistehen. Ihre Seele
sein eingebunden in den Bund des Lebens." |
Weitere Meldungen
Missstimmungen im christlich-jüdischen Miteinander
anlässlich des "Sedanfestes" (1876)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. September 1876: "Gelnhausen
(Oberhessen), im September (1876). Man schreibt von hier: ‚Unser diesjähriges
Sedanfest hat leider zu recht unangenehmen Misshelligkeiten Veranlassung
gegeben. Es war hier der Gebrauch bei dem Feste, dass nach der Schulfeier
früh morgens sich die Bevölkerung auf dem Obermarkt versammelte, um mit
den Behörden an der Spitze und sämtlichen Vereinen mit ihren fliegenden
Fahnen, unter dem Geläute der Glocken in feierlichem Zuge zum
Festgottesdienst nach der Kirche zu ziehen. Drei hiesige Gesangvereine
pflegten zusammenzutreten, um den Gottesdienst durch Festgesänge zur großen
Befriedigung von jedermann umso feierlicher zu machen, und erst nach
diesem Gottesdienst ging der Festzug zu den weiteren Feierlichkeiten nach
dem Kriegerdenkmal! – Nun haben wir in unserer Stadt nur wenige
Personen, welche die Befähigung haben, solche Gesangsproduktionen zu
dirigieren. Es sind dies der katholische und der jüdische Lehrer und zwei
von den zwölf protestantischen Lehrern. Letztere hatten sich nun im
vorigen Jahre ablehnend zur Übernahme verhalten, dem katholischen Lehrer
wurde diese von seinem Pastor nicht gestattet, und so war man sehr froh,
als sich der jüdische Lehrer, Herr Gutkind, eine hier allgemein geachtete
und beliebte Persönlichkeit, dazu finden ließ, den Vereinen aus der
Verlegenheit zu helfen. Unter seiner Leitung ging auch Alles vortrefflich,
dass die Befriedigung allgemein wurde, und man gern hörte, dass in diesem
Jahre die Übungen schon seit Monaten stattfänden, um noch Besseres zu
leisten. Da verbreitete sich mit einem mal das Gerücht, dass die
Geistlichkeit Schwierigkeiten mache, und es entstand eine große Aufregung
in der Stadt. Es stellte sich heraus, dass Herr Metropolitan Manz
(evangelisch), während der Herr Bürgermeister krank war, dem Bürgermeisteramt
auf seine Anfrage, welcher von den beiden Herren Geistlichen die
Festpredigt halten würde, habe mitteilen lassen: er dulde den Gesang der
Vereine nicht in der Kirche, denn er wolle keinen Juden unter dem Kreuz
sehen, dies störe die Andacht. Die Entrüstung in der Bevölkerung war um
so größer, als, mit Ausnahme eines kleinen Häufleins von Fanatikern,
die übergroße Mehrzahl unserer Einwohner aus aufgeklärten Leuten
besteht, und vielleicht nirgends so wie hier, die verschiedenen
Konfessionen im größten Frieden miteinander leben. – Auf die Erklärung
sämtlicher Vereine, dass sie sich unter diesen Umständen dem
Gottesdienst, wie dem Festzug nach der Kirche entziehen müssten, trat das
Festkomitee zusammen und fasste einstimmig den Beschluss, Herrn Bürgermeister
Schöner zu ersuchen, persönlich dem Herrn Metropolitan vorzustellen,
dass es sich hier um keinen konfessionellen Gottesdienst, sondern um ein
ganz allgemeines nationales Dankfest handle für alle Deutschen, einerlei
welcher Konfession sie angehören! So auch werde das Fest von oben herab
aufgefasst und gewünscht! Die Mitglieder des Kriegervereins sagten mit
Recht, vor den französischen Kanonen habe man auch nicht gefragt, wer
Christ oder Jude sei, und sie müssten dagegen protestieren, dass ihre jüdischen
Kameraden bei dem Erinnerungsfest in ihren Gefühlen verletzt würden!
Auch wurde angeführt, die protestantische Geistlichkeit werde sich in der
Toleranz nicht von den Juden beschämen lassen wollen! Hier handle es sich
bloß darum, dass ein unbescholtener Mann jüdischen Glaubens den Takt
still zu den Gesängen schlage. Der Herr Bürgermeister unterzog sich den
Vorstellungen bereitwillig, allein ganz ohne Erfolg. So blieb dem
Festkomitee nichts übrig, das das bereits publizierte Programm abzuändern.
Der Festzug geht nicht nach der Kirche, wird erst nach dem Gottesdienst
aufgestellt und die Festgesänge sollen am Kriegerdenkmal gehalten werden.
Das Protokoll der Komiteesitzung, worin Alles enthalten ist, liegt zu
jedermanns Einsicht auf dem Rathaus offen, und ist die Abschrift dem königlichen
Landratsamt mitgeteilt worden. Recht schmerzlich ist es, in unserer
aufgeklärten Zeit und bei Gelegenheit unseres großen deutschen
Nationalfestes so Bedauerliches melden zu müssen. (Man sieht wieder
einmal, dass in unserer Zeit die eigentliche Feinde der Kirchen deren
eigenen Geistliche sind, die sich den edelsten Richtungen und Erfolgen der
Neuzeit hartnäckig entgegenstellen. Redaktion)."
|
Tödliches Duell
(1880)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. November
1880: "Hanau, 9. November (1880). So hat denn diese fluchwürdige
Judenhetze bereits ein Menschenleben gekostet! Vergangenen Sonntag fand in
einem Walde bei Hanau ein Pistolenduell statt zwischen dem Referendar Hugo
Goldschmidt von Gelnhausen und dem Leutnant Freiherrn von Kapphengst vom
Infanterie-Regiment No. 32. Der erster, welcher nach bestandenem
Offiziersexamen zu einer achtwöchentlichen Übung nach Hensfeld
einberufen war, hatte den Offizier wegen einer, seine Israelitische
Konfession betreffenden injuriösen Äußerung sofort nach seiner
Entlassung aus dem Dienste gefordert. Von Kapphengst wurde gleich beim
ersten Gange durch einen Schuss in die Brust schwer verwundet und wird an
seinem Aufkommen gezweifelt. Wie weiter mitgeteilt wird, hatte das
Ehrengericht die Berechtigung der Forderung anerkannt und bestimmt, dass
das Duell stattzufinden habe. Das Nähere wird so berichtet:
Ein Einjährig-Freiwilliger jüdischer Konfession, seinem bürgerlichen
Berufe nach Jurist und war Referendarius, stand eben im Begriffe, das
Offiziers-Examen zu machen, als er bei irgend einer dienstlichen
Gelegenheit von seinem Hauptmann in einer Weise brüskiert wurde, die dem
jungen Manne eine Remedur, nachdem der Dienst beendet war, notwendig
erscheinen ließ. Der Hautmann hatte nämlich zum Feldwebel geäußert:
'Den Judenjungen machen wir nicht zum Offizier', und über diese
Äußerung, die ihm mitgeteilt wurde, erbat sich der Freiwillige von
seinem Hauptmann eine Erklärung, die dieser verweigerte. Das
militärische Ehrengericht, an das sich der Beleidigte wandte, entschied
dahin, dass der Hauptmann gehalten sei, dem Einjährig-Freiwilligen
Genugtuung zu geben. Zu einer andern Zeit, als es sich um die
Quartierverteilung der Einjährig-Freiwilligen bei dem Manöver handelte,
hat der Premierleutnant von Kapphengst dem Feldwebel die Order erteilt:
'Die jungen Männer bringen Sie mir gut unter, was den Judenjungen
betrifft, so möge er sehen, wo er bleibt'. Herr Goldschmidt hatte dabei
gestanden und als Untergebener des Leutnants von Kapphengst die
Äußerungen anhören müssen, ohne mit der Wimper zu zucken. Er hat sie
angehört, - aber er hat sie nicht vergessen." |
Zum Hanauer Eisenbahnunglück 1884, bei dem zwei jüdische
Gemeindeglieder aus Gelnhausen starben (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1884: "Gelnhausen, 16. November (1884). Die Kunde von dem entsetzlichen
Hanauer Eisenbahnunglück ist in die weitesten Kreise gedrungen, und ihren
Lesern wird auch die Tatsache bekannt sein, dass sich unter den vielen
unglücklichen Opfern desselben auch vier brave Jehudim befinden.
Auch unsere Gemeinde wurde leider sehr hart betroffen. Es verunglückten
Herr Nathan J. Goldschmidt von hier und Frl. Regina Rosenthal aus
Burg-Gelnhausen: Die Leichen wurden hierher überführt und heute
Nachmittag unter ganz großartiger Beteiligung fast aller hiesiger
Einwohner und der der benachbarten Plätze der Erde übergeben.
Es war ein erschütterndes, seit Menschengedenken hier nicht da gewesenes
Ereignis, zwei Tote in einem Leichenbegängnisse der Erde überführen zu
sehen; Der Heilige – er sei
gepriesen – möge unsere Zukunft in Gnaden vor solchen Aufregungen
bewahren.
Unter militärischen Ehrenbezeugungen seitens des hiesigen Kriegervereines
wurde Herr Nathan J. Goldschmidt, der die beiden Feldzüge 1866 und
1870/71 unversehrt mitgemacht, zuerst in die Gruft gesenkt.
Beide waren rechtschaffene, brave, allgemein beliebte Charaktere, die die
allseitig größte Sympathie mit ins Grab genommen haben.
Es wurde lebhaft bedauert, dass unser Provinzialrabbiner Herr Dr. Koref
aus Hanau bei der Beerdigung nicht zugegen war, um der tiefen Trauer des
nach Tausenden zählenden Menge beredten Ausdruck zu geben. Der Allmächtige
möge den Hinterbliebenen den Trost senden, dessen sie so sehr bedürfen!" |
Schwerer Auto-Unfall (1914)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. April 1914: "Gelnhausen.
Sonntagnachmittag hat sich an der ‚Abtshecke’ auf der Straße von
Langenselbold nach Rothenbergen ein schweres Unglück ereignet. Das mit fünf
Personen besetzte, der hiesigen Firma Heilmann Söhne, Metzgerei und
Viehhandlung, gehörige Auto nahm anscheinend eine Kurve zu kurz, wodurch
es ins Schleudern kam und die Insassen herausgeworfen wurden. Hermann
Heilmann erlitt eine schwere Schädelverletzung, während die übrigen
Fahrtteilnehmer, darunter seine Frau und Kind, mit unbedeutenden Hautabschürfungen
davon kamen. Ein Automobil des Kaiserlichen Automobilklubs war recht bald
an der Unfallstelle. Die Insassen, mehrere Offiziere, leisteten die erste
Hilfe. Der herbeigeholte Arzt aus Langenselbold konnte nur den inzwischen
eingetretenen Tod feststellen." |
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jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
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des Manufaktur- und Bankgeschäftes Albr. Lismann Sohn (1872)
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1872: "Commis-Gesuch.
Ein gewandter junger Mann findet in meinem Manufaktur- und Bankgeschäft,
das an Sonn- und Feiertagen geschlossen, sofort Engagement. Gefällige
Offerten werden erbeten.
Albr. Lismann Sohn in Gelnhausen." |
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des Tuch-, Manufaktur- und Modewaren-, sowie Herren- und
Damenkonfektionsgeschäft H. Moritz (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1890:
"Ich suche für mein Tuch-, Manufaktur- und Modewaren-, sowie Herren
und Damenkonfektions-Geschäft nach Maß, welches samstags und an
Feiertagen streng geschlossen ist, einen tüchtigen, zuverlässigen Detail-Reisenden
für eingeführte Touren. Reflektanten bitte Photographie, Zeugnisse und
Gehaltsansprüche bei freier Station einzusenden.
H. Moritz, Gelnhausen." |
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des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes J. Moritz (1897 / 1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1897:
"Für mein Manufaktur- und Konfektions-Geschäft, welches Samstags
und israelitische Feiertage streng geschlossen ist, suche ich zum
sofortigen Eintritt einen Detailreisenden und einen angehenden Commis.
Offerten mit Gehaltsansprüchen, Zeugnissen und Photographien
erbeten.
J. Moritz, Gelnhausen." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922: "Lehrling
per sofort gesucht. Kost und Logis wird im Hause gewährt.
J. Moritz, Manufakturwaren, Gelnhausen, Langgasse
4." |
Lehrlingssuche
und Commissuche des Manufakturwarengeschäftes S. H. Scheuer (1900 / 1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1900:
"In
meinem Samstags und Feiertage geschlossenen Manufakturwarengeschäft suche
ich zum baldigen Eintritt einen
Lehrling
mit schöner Handschrift.
S. H. Scheuer, Gelnhausen." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1901:
"Suche für mein Samstags und Feiertage geschlossenes Manufakturwaren-Geschäft
einen jüngeren
Commis
auf sofort. Freie Station im Hause. Offerten mit Gehaltsansprüchen
an
S. H. Scheuer,
Manufakturwaren - Detail, Gelnhausen." |
Neujahrsgrüße
von Arthur Meyer und Frau sowie H. Frank und Familie (1903)
Anzeigen
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September
1903:
"Verwandten, Freunden und Bekannten wünschen
Chesiwo wechesimo tauwo (= Einschreibung und gute Besiegelung).
Arthur Meyer und Familie,
Gelnhausen.
Freunden und Bekannten wünschen
Chesiwo wechesimo tauwo.
H. Frank und Familie,
Gelnhausen." |
Anzeige
von Heinrich Casparius (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Juli 1903: "Zum sofortigen Eintritt, suche eine
tüchtige
Verkäuferin,
sowie eine angehende Verkäuferin aus der Kurz-, Weiß- und
Wollwarenbranche. Offerten nebst Gehaltsanssprüchen, Zeugnissen und
Photographie umgehend erbeten. Ferner findet ein Lehrling oder Lehrmädchen
Aufnahme. Station im Hause.
Heinrich Casparius, Gelnhausen." |
Lehrlingssuche
des Manufaktur- und Damenkonfektionsgeschäftes K. Moritz (1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Februar
1905: "Für mein Manufaktur- und Damenkonfektionsgeschäft, am
Samstag und Feiertagen streng geschlossen, suche ich alsbald einen Lehrling
mit guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause unter günstigen
Bedingungen.
K. Moritz, Gelnhausen." |
Lehrlingssuche
des Kolonial- und Materialwaren-en gros-Geschäftes Arthur Meyer & Co.
(1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. November
1905: "Lehrling mit guter Schulbildung per sofort für unser
Kolonial- und Materialwaren - en gros - Geschäft gesucht. Junge Leute, im
Besitz des Zeugnisses für den einjährig-freiwilligen Dienst erhalten den
Vorzug. Schabbos und Jontof (Feiertag) geschlossen.
Arthur Meyer & Co., Gelnhausen." |
Lehrmädchensuche
des Kurzwarengeschäftes Max Stern (1905)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. Dezember
1905: "Zum Eintritt nach Weihnachten suche ich für mein
Kurzwaren-Geschäft, Samstags und Feiertage geschlossen, 2 Lehrmädchen
mit guten Schulkenntnissen. Station im Hause. Selbstgeschriebene Offerten
an
Gelnhausen. Max Stern." |
Anzeige
der Firma Arthur Meyer & Co. für koschere Pflanzenmargarine (1907)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Juli 1907: "Koscher Planta Koscher.
Beste gelbe, geschmeidige Pflanzenmargarine, zu Milch- und
Fleischspeisen verwendbar, übertrifft an Fettgehalt und Haltbarkeit
Butter und Gänseschmalz. Versand in Eimern von 10, 30 und 40 Pfd. à
Pfund 65 Pfennig franko gegen Nachnahme. Jeder Eimer ist mir Koscher-Plombe
versehen.
Arthur Meyer & Co., Gelnhausen.
Referenz: Seiner Ehrwürden Herr Provinzialrabbiner Dr. Bamberger in
Hanau". |
Anzeige
der Mehl- und Futterartikelhandlung en gros H. Frank (1907)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Juli 1907:
"Mehl und Futterartikel en gros.
Militärfreier junger Mann für Kontor, Lager und Reise per 1. Juli dieses
Jahres gesucht. Nur Branchekundige wollen sich melden. Solche, die gereist
haben, bevorzugt. Samstags streng geschlossen. Offerten nebst
Gehaltsansprüche an
H. Frank, Gelnhausen." |
Verlobungs-
oder Hochzeitsanzeige von Hedwig Halle und Moritz Isaac (1912)
Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. Oktober 1912:
"Statt Karten!
Hedwig Halle - Moritz Isaac.
Gelnhausen - Köln". |
Verlobungsanzeige
von Betti Ansbacher und Willi Lang sowie eine Geburtsanzeige (1931 / 1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1931:
"Gott sei gepriesen.
Betti Ansbacher - Willi Lang. Verlobte.
Nürnberg - Kartäusergasse 10 - Gelnhausen / Frankfurt am Main.
Empfang:
Schabbat Bereschit (= 10. Oktober 1931) in Nürnberg." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1933:
"Gott sei gepriesen.
Die glückliche Geburt eines gesunden Jungen zeigen hocherfreut an
Willy Lang und Frau Betty geb. Ansbacher.
Gelnhausen, 2. Adar 5693 (= 28. Februar 1933)". |
Verlobungsanzeige
von Thekla Lang und Heinrich Scheuer (1934)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1934:
"Gott sei gepriesen.
Thekla Lang - Heinrich Scheuer. Verlobte.
Frankfurt am Main - Grünestrasse 34 - Gelnhausen -
Schmidtgasse 17.
Tischri 5695 - September 1934." |
Nach der Emigration: Hochzeitsanzeige von Walter
Goldschmidt und Hilda geb. Weis (früher Gelnhausen) (1944)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 11. Februar 1944:
"Cpl. Walter Goldschmidt - Hilda Goldschmidt geb. Weis.
Vermählte.
Die Trauung findet statt in der Synagoge Congregat. Ahuvath Thora
2024 Amsterdam Av., zu. 160.-161. St. am Samstag, 12. Febr. 1944, 8.30
p.m.
Kennedy General Hospital Memphis, Tenn., U.S. Army (frueher
Oberlistingen Bez. Kassel) -
95 Thayer Street New York City (früher Gelnhausen)." |
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