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Markt Hirschaid (Kreis
Bamberg)
mit Sassanfahrt (Markt
Hirschaid)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Hirschaid lebten einige Juden bereits in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts. Zwei Juden aus Hirschaid klagten 1488
und 1494/95 vor dem Landgericht Bamberg gegen Schuldner und Bürgen aus der
näheren Umgebung. 1508 war mindestens eine jüdische Familie sowie ein
jüdischer Arzt in Hirschaid ansässig. Ein Jude aus Hirschaid ließ sich 1508
in Rothenburg ob der Tauber nieder. Ob in den folgenden Jahrzehnten und in der
Zeit des Dreißigjährigen Krieges Juden am Ort lebten, ist nicht bekannt.
Erst in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sind Juden wieder in Hirschaid
nachzuweisen. 1675 lebten 30 jüdische Personen am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1812 83 jüdische Einwohner (in 20 Familien; 13,7 % von insgesamt 604
Einwohnern), 1832 104 (ca. 18 %), 1852 79, 1867 51 (6,6 % von 776), 1880 69 (7,3
% von 941), 1900 58 (5,2 % von 1.113), 1910 65 (4,6 % von 1.411). Die jüdischen
Familienvorsteher waren als Kleinhändler (mit Waren oder Vieh), Handwerker oder
auch in der Landwirtschaft tätig.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge, ein jüdische Schule
(jüdische Elementarschule bis 1924, im Gebäude Nürnberger Straße 12, das von
1887 bis 1939 von der jüdischen Gemeinde als Gemeindehaus sowie als Elementar-
und Religionsschule genutzt wurde - mit Lehrerwohnung) sowie
ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden bis 1819 auf dem jüdischen
Friedhof in Pretzfeld beigesetzt, seitdem
im Friedhof Buttenheim, der mit im Besitz
der Gemeinde Hirschaid war. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Von den Lehrern sind bekannt: um 1878/1882 Moses Goldlewsky
(danach in Gerolzhofen, siehe weitere Informationen dort). Sein Nachfolger war
von 1883 bis zu seinem Tod 1928
der von der Gemeinde hoch geschätzte Lehrer Abraham Rau. Sein
Nachfolger wurde Lehrer Kahn (vgl. Presseberichte unten).
Die jüdische Gemeinde gehörte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum
Rabbinat in Adelsdorf, nach dessen
Auflösung zum Distriktsrabbinat in Bamberg.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 64 jüdische Gemeindeglieder gehörten (4,1
% von insgesamt 1.594 Einwohnern; dazu 13 in Buttenheim), waren die Vorsteher der nach Auflösung der
Buttenheimer Gemeinde gebildeten "Synagogengemeinde Hirschaid und
Buttenheim" Jonas Strauß und Julius Aufsesser aus Hirschaid sowie
Jakob Bauer aus Buttenheim. Hauptlehrer Abraham Rau unterrichtete an der
Religionsschule der Gemeinde acht Kinder, an der Volksschule drei Kinder.
Er war zugleich Vorbeter und Schochet der Gemeinde. An jüdischen Vereinen
bestanden der Frauenverein Buttenheim-Hirschaid mit zusammen 23
Mitgliedern unter Leitung von Paula Schmitt aus Hirschaid (auch 1932). 1932
waren die Vorsteher der Gemeinde Heinrich Stern (1. Vors.) und Heinrich Hellmann
(3. Vors.) aus Hirschaid sowie Jakob Bauer (2. Vors.) aus Buttenheim. Den
Religionsunterricht besuchten im Schuljahr 1931/32 fünf Kinder.
1933 wurden 64 jüdische Einwohner gezählt (3,7 % von insgesamt 1.713
Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung
von Ort verzogen beziehungsweise ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde
die Synagoge zerstört (s.u.). 1941 wurden noch 26 jüdische Einwohner gezählt.
Im folgenden Jahr 1942 wurden alle vom Ort verschleppt; über Nürnberg erfolgte
ihre Deportation in die Nähe von Lublin.
Von den in Hirschaid geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julius Aufseeser (1880), Lina Aufseeser (1885),
Sofie Fleischmann geb. Hellmann (1883), Helene Frank geb. Götz (1898), Rosa Gerst geb. Stern (1883),
Leopold Godlewsky (1878), Mathilde Hahn geb. Strauss (1886), Heinrich Hellmann
(1879), Hilda Hellmann geb. Klein (1888), Bianka Heumann geb. Schmitt (1907),
Hannelore Heumann (1933), Jonathan Heumann (1892), Karl Heumann (1930), Ludolf
Heumann (1931), Philipp
Heumann (1899), Setta Heumann geb. Schümlein (1905),
Carry Kahn geb. Weissmann (1910), Frieda Kahn (1931), David Kahn (1894), Ferdinand Katz (1877),
Helene (Hindl) Neumann geb. Strauss (1890), Meta Neumann geb. Strauss (1884), Karola Plaut geb. Katz
(1911), Gerhard (Gerd) Plaut (1937), Siegfried (Fritz)
Plaut (1910), Moritz Schmitt (1880), Paula (Pauline) Schmitt geb. Dingfelder
(1884), Fanny Speyer geb. Godlewsky (1882), Frieda Stern (1881), Selma Stern
(1884), Selma Stern geb. Dingfelder (1891),
Sophie Stern geb. Heumann (1886), William Stern (1887), Jeanette Sternschein geb.
Hellmann (1890), Meta Stoll geb. Strauss (1884), Bertha Weissmann geb.
Reichmannsdörfer (1881), Gustav Weissmann (1878), Hermann Weissmann
(1905).
Hinweis: zur jüdischen Gemeinde Hirschaid gehörten auch die in Sassanfahrt
lebenden jüdischen Personen. Zwischen 1931 und 1939 war es die Familie Merel.
Die Eltern, Samuel Merel (geb. 1890 in Gorlice) und Minna (Mina, Mindel) geb.
Feniger (geb. 1890 in Dukla) sowie ihre fünf Kinder Lotte, Esther, Nathan,
Sophie und Jenny. Die Eltern starben im Vernichtungslager Auschwitz (Samuel
Merel) bzw. in Le Vernet (Frankreich; Minna Merel). Lotte, Esther und Nathan
wurden mit einem Kindertransport nach England geschickt. Sophie und Jenny, die
mit den Eltern nach Südfrankreich geflüchtet waren, konnten von einer
jüdischen Hilfsorganisation in ein Kinderheim in die Schweiz gebracht werden
und trafen im Oktober 1945 ihre Geschwister wieder. Für die Eltern wurden am
17. Oktober 2017 in Sassanfahrt "Stolpersteine" verlegt.
Zum Besuch von Jenny Orenstein geb. Merel im Oktober 2017 in Sassanfahrt siehe
Pressebericht: http://www.infranken.de/regional/bamberg/ein-bewegender-besuch;art212,2978919
Hinweis: An den in Hirschaid geborenen jüdischen Lehrer Elias Godlewsky
(Sohn des Lehrers Moses Godlewsky; war Lehrer nach verschiedenen anderen Orten
von 1924 bis 1936 in Kassel, zuletzt noch in Bad Wildungen; gest. 1953 in New York) erinnert ein "Stolperstein" in
Bad Wildungen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des
Religionslehrers/Vorbeters/Schächters 1876/77
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1876:
"Lehrer-Gesuch.
Die israelitische Kultus-Gemeinde zu Hirschaid bei
Bamberg sucht einen Religionslehrer, wenn möglich unverheiratet, welcher
zugleich die Vorsänger und Schächterstelle übernehmen kann, und wird
demselben ein jährlich fixierter Gehalt von 800 Mark nebst freier Wohnung
zugesichert. Hierauf Reflektierende wollen sich gefälligst bald anher
melden.
Hirschaid, 7. September 1876. Die Kultus-Verwaltung." |
Unklar ist, worum fünf Monate nach der
obigen Ausschreibung im Februar 1877 erneut ausgeschrieben werden musste.
Eventuell war nur kurze Zeit ein neuer Lehrer in der Gemeinde oder die
Stelle kommt im Herbst 1876 nicht besetzt werden. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1877:
"Lehrer-Gesuch.
Die israelitische Kultus-Gemeinde zu Hirschaid bei
Bamberg sucht einen Religionslehrer, wenn möglich unverheiratet, welcher
zugleich die Vorsänger und Schächterstelle übernehmen kann, und wird
demselben ein jährlich fixierter Gehalt von 800 Mark nebst freier Wohnung
zugesichert. Hierauf Reflektierende wollen sich gefälligst bald anher
melden.
Hirschaid, im Januar 1877. Die Kultus-Verwaltung." |
Zum Tod des Lehrers (auch Vorbeter, Schächter, Beschneider) Moses Godlewsky
in Gerolzhofen
im März 1900 (war um 1878/1882 Lehrer in Hirschaid)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1900:
"Unterfranken. Ende März (1900). 'Wehe uns...' haben wir
schmerzvoll bei der Nachricht von dem plötzlichen Hinscheiden des Herrn
Lehrer Moses Godlewsky in Gerolzhofen am Abend des 19. vorigen Monats
(März 1909) ausgerufen. Gewiss, wer wie wir Gelegenheit hatte, den Mann
kennen und würdigen zu lernen, der wird diesen Schmerz mit uns teilen,
der wird empfinden, dass der Tod dieses seltenen Mannes nicht nur einen
schweren Verluste für die hartgeprüfte Familie und für die Gemeinde,
sondern auch für das Allgemeine, für den Kelal Jisrael (ganz
Israel) bedeutete. Herr Godlewsky war sozusagen ein Vollkommener,
vor allem ein Chassid (ein Frommer) ein Gottesfürchtiger mehr
als viele andere, ein reiner, hoher Charakter, selbst- und
anspruchslos wie selten einer, musterhaft in Pflicht- und Berufstreue. Von
guter, ehrenwerter Familie in Russland stammend, war er mit reicher
Torakenntnis ausgestattet, ein Gelehrter in Tanach (Bibel) und ...
Sein Hebräisch war klassisch und bewundernswert. Seit Jahrzehnten in
Bayern naturalisiert, hat er sich rasch die Kenntnis im Deutschen
angeeignet, sodass er nicht nur den gesetzlichen Ansprüchen für den
Lehrerberuf mehr als genügte, sondern auch bei den königlichen
Behörden, bei Vorgesetzten und Kollegen, sowie in der Gemeinde und deren
Umkreis in hohem Ansehen stand. Bei seiner seltenen Begabung und seinem
energischen Willen war es ihm gelungen, bisher ihm fremde Kenntnisse und
Fähigkeiten sich anzueignen, ward ein gewandter, angenehmer Chasan
(Vorbeter), ein tüchtiger Schochet uBodek (Schächter und
Fleischbeschauer), ein geschickter Mohel (Beschneider) und erlernte
noch in späteren Jahren Stenographie und Schriftmalerei. Was er für die
Ausbildung seiner Kinder, die ebenfalls von besonderer Begabung, getan und
geleistet, erregte allgemeine Bewunderung. Von seinen fünf Söhnen
studierte einer Medizin, der bereits als tüchtiger Arzt praktiziert, die
vier anderen ließ er als Lehrer ausbilden und suchte sie so der Tora
und der Gottesfurcht zu erhalten. So hatte Herr Godlewsky im engeren
Kreise gelebt und gewirkt, bis eine tückische Herzkrankheit seine
Schaffenskraft lähmte und ihn schließlich im besten Mannesalter, im 57.
Lebensjahre, dem Tode überlieferte. Hart empfindet die trauernde Witwe
mit ihren sieben Kindern den Verlust des geliebten, sorgsamen Gatten und
Vaters, die Gemeinde des treuen Führers und Beraters, Lehrers und
Freundes, beklagenswert erscheint der frühe Heimgang eines so frommen,
tätigen Mannes allen, denen das allgemeine Wohl und Heil am Herzen liegt.
Kein Wunder, dass die Teilnahme an diesem Trauerfalle eine sehr lebhafte
und allgemeine war und sie gab sich kund bei dem Leichenbegängnisse, dem
sich nicht nur die Gemeindemitglieder, sondern auch viele Nichtisraeliten,
darunter städtische und königliche Beamte, die Lehrerschaft und viele
seiner Verehrer aus der Umgegend anschlossen.
Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Stein aus Schweinfurt gab sowohl im Hause als
am Grabe den Trauergefühlen, der Anerkennung und der Bedeutung des
pflichttreuen, gelehrten und frommen Hingeschiedenen beredten Ausdruck. Es
sprachen noch außerdem Herr Lehrer Hirsch - Zeilitzheim im Namen der
Kollegen, Herr Lehrer Oppenheimer - Prichsenstadt im Namen des jüdischen Lehrervereins
und endlich der Kultusvorstand im Namen der Gemeinde.
Möge der gebeugten Familie himmlischer Trost werden und der Verdienst
des Dahingeschiedenen ihr beistehen; er selbst aber den
reichen Lohn seiner Taten in einem schöneren Leben finden und am
Sternenhimmel verdienstvoller Männer glänzen für und für - mit
Zitat aus Daniel 12,3: "die, die viele zur Gerechtigkeit weisen,
werden leuchten wie die Sterne immer und ewiglich". |
|
Aus
dem Stadtarchiv Gerolzhofen: Foto der Familie Godlewsky 1889: von
links: Leopold (geb. 1878 in Hirschaid, umgekommen um 1942),
Ida (1844), Rosa (geb. 1876 in Schradeck im Kurland - Srednik
/ Kowno, Litauen, später verheiratet mit Rudolph Moddel, umgekommen 1943 im
Ghetto Theresienstadt), Julius (geb. 1884 in Gerolzhofen), Elias
(geb. 1880 in Hirschaid, wurde Lehrer an verschiedenen Orten, von
1924 bis 1936 in Kassel, zuletzt noch in Bad Wildungen; gest. 1953 in New York;
an ihn erinnert ein "Stolperstein" in
Bad Wildungen ), Moses (um 1843,
gest. 1900), Fanny (geb. 1882 in Hirschaid, später verheiratet
mit Siegfried Speyer, ermordet 1942 im KZ Auschwitz). Nicht auf dem Foto ist
der 1867 noch in Schradeck im Kurland - Srednik / Kowno, Litauen geborene
Sohn Meyer (Mayer, Meier), der als Kantor und Religionslehrer in
Sulzbach und Cham tätig war und 1939 in Konstanz starb (weitere
Informationen auf der Seite zu Cham).
Genealogische Informationen teilweise nach
https://www.geni.com/people/Moses-Godlewsky/6000000031450400686.
|
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer
Abraham Rau (1908)
Bericht
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1908: "Bamberg,
19. Oktober (1908). Kommenden Samstag Schabbat Bereschit (Schabbat
mit der Toralesung Bereschit = Am Anfang..., d.i. 1. Mose 1,1 - 6,8
= 24. Oktober 1908) feiert die israelitische Kultusgemeinde im nahen
Hirschaid das 25jährige Dienstjubiläum ihres Lehrer Herrn Abraham Rau.
Herr Lehrer Rau ist Schüler der israelitischen Lehrerbildungsanstalt
Würzburg und hat öfter aus Liebe zu seiner Gemeinde, deren ungeteilte
Achtung er sich erfreut, einen Ruf nach einer anderen Gemeinde
abgelehnt." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1908: "Hirschaid
bei Bamberg, 25. Oktober (1908). Am Heiligen Schabbat Paraschat
Bereschit (Schabbat mit der Toralesung Bereschit = Am Anfang...,
d.i. 1. Mose 1,1 - 6,8 = 24. Oktober 1908) wurde hier das Jubiläumsfest
des seit 25 Jahren daselbst wirkenden Herrn Lehrers A. M. Rau feierlich
begangen. Die jüdische Gemeinde ehrte die Verdienste des Jubilars in
schönster Weise durch herrliche wertvolle Geschenke und Worte der
Anerkennung. Um das Gelingen des Ganzen haben sich insbesondere die Herren
Schütz und Jonas Strauß sehr verdient gemacht. Am Freitagabend trugen
die jüngsten Schülerinnen entsprechende Gedichte vor und Alt und Jung
fand sich in der reizend geschmückten Wohnung des Gefeierten zur
Gratulationskur ein. Sabbat-Vormittag wurde Festgottesdienst abgehalten,
den Herr Lehrer Hammelburger, Nachbarkollege aus Mühlhausen, in würdiger
Weise leitete. Nach dem Einheben hielt Herr Oppenheimer - Sulzbürg,
Jugendfreund des Geehrten, eine längere, sehr inhaltsreiche, der Feier
des Tages angemessene Rede. Herr Lehrer Hammelburger sprach sodann namens
der Kultusgemeinde noch Mussaf. Der Jubilar dankte gerührt ob der
zahlreichen Beweise von Liebe und Verehrung. Am Abende sollte aber erst
die eigentliche Festlichkeit beginnen, wozu eine vorzügliche Musikkapelle
aus Bamberg engagiert war. Im Zenkschen geräumigen Saale hatte sich eine
illustre Gesellschaft eingefunden und rasch waren alle Plätze besetzt.
Fräulein Hellmann eröffnete den Reigen der Vorträge, worauf Herr
Kultusvorsteher Hellmann ein Hoch auf den Jubilar ausbrachte. Herr Schütz
sprach namens der ehemaligen Schüler, die ein sinniges und wertvolles
Geschenk überreichten. Der Lokalschulinspektor und katholische Pfarrer Schramm
aus Hirschaid hielt eine wirkungsvolle Anrede, worin er mit herzlichen
Worten der vielen Verdienste des Jubilars gedachte. Ihm schloss sich Herr
Lehrer Oppenheimer - Sulzbürg namens des israelitischen Lehrervereins an,
zu dessen Verwaltung der Jubilar eine Zeitlang gehörte. Er dankte und
gratulierte dem Jubilar und widmete ihm ein sinnreiches zu seinen Ehren
verfasstes Gedicht. Herr Lehrer Leicher - Hirschaid sprach für den Bezirkslehrerverein,
Herr Hauptlehrer Fischler namens der Lehrerschaft, denen mit der Ehrung
des Herrn Rau gleichfalls Ehre und Auszeichnung widerfuhr. Noch mehrere
Herren kamen zu Worte und Herr Rau sprach wiederholt seine Dankbarkeit aus
für die mannigfachen, unerwarteten Ehrungen. Die Gemeinde Hirschaid,
welche vor einigen Jahren die ehemalige Religionsschule in eine
öffentliche umwandelte verdient bei dieser Gelegenheit speziell
Erwähnung und rühmliche Anerkennung. Das schöne, in jeder Beziehung
wohlgelungene Fest wird allen Teilnehmern in unvergesslicher Erinnerung
bleiben." |
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Abraham Rau (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923:
"Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum
begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich - Langenselbold, Fröhlich -
Gießen, Goldstein - Würzburg, Klein -
Gießen, Levi - Burgpreppach, Rau - Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss
- Langen, Stern - Echzell, Strauß - Gelnhausen,
Weichselbaum -
Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen Seminare
ein ahnsehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges 1883
sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt
untergebracht." |
Zurruhesetzung von Lehrer Abraham Rau (1928)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
August 1928: "Bamberg. Oberfränkischer Volksschuldienst. Der
wegen Erreichung der Altersgrenze im einstweiligen Ruhestand lebende
Hauptlehrer Abraham Rau in Hirschaid wird in den dauernden
Ruhestand versetzt und demselben für seine Dienstleistung die Anerkennung
der Regierung von Oberfranken ausgesprochen." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
August 1928: "Hirschaid. Hauptlehrer Rau, der sich infolge
Auflösung der jüdischen Volksschule seit einigen Jahren in zeitlichem Ruhestand
befand, wurde nach Erreichung der Altersgrenze unter Anerkennung seiner
Dienstleistung in der dauernden Ruhestand versetzt." |
Zum Tod von Lehrer Abraham Rau (1928)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Zeitung" vom 15. November
1928: "Abraham Rau - Julius Bernstein. Wieder sind uns zwei
liebe Freunde und treue Kollegen durch den Tod entrissen worden. Am 14.
Oktober starb Hauptlehrer a.D. Abraham Rau in Hirschaid, ihm folgte am 26.
Oktober Lehrer Julius Bernstein von Mainbernheim ins Grab.
Rau gehörte zu den immer seltener werdenden Beamten, deren ganze
Lebensarbeit einer einzigen Gemeinde gewidmet ist. Kurz nach seinem im
Jahre 1883 erfolgten Seminaraustritt kam er nach Hirschaid, wo er, zuerst
als Religionslehrer, dann vom Jahre 1903 ab als Volksschullehrer, im
ganzen 46 Jahre wirkte. Auch als vor einigen Jahren seine Schule infolge
Kindermangels aufgelöst wurde, blieb er seiner Gemeinde, die wie zu einem
Vater zu ihm aufschaute, treu. Die hohe und allseitige Verehrung, deren er
sich erfreute, fand bei seiner Beerdigung ebenso beredte wie ergreifenden
Ausdruck. Auch unserem Vereine, dem er seit 1884 angehörte, war Rau der
Getreuesten einer. Durch das Vertrauen der Mitglieder wurde er in die
Verwaltung berufen, in der er mehrere Jahre in sachlichem Ernste und
hingebungsvollem Eifer mitarbeitete. Den Dank, den wir dem Heimgegangenen
wollen, rief ihm der 2. Vorsitzende unseres Vereins, Herr Dr. Bamberger
(Nürnberg), ins offene Grab nach.
Im Gegensatz zu Rau war Bernstein in einer ganzen Reihe von Gemeinden in
den verschiedensten Teilen unseres deutschen Vaterlandes tätig. Von
Nenzenheim, seinem ersten Anstellungsorte, führte ihn die berufliche
Laufbahn über Oberhessen und die ehemalige Provinz Posen nach Graudenz,
wo er 26 Jahre wirkte. Als 63jähriger griff er nochmals zum Wanderstabe,
da er nach dem Übergange von Graudenz an Polen der deutschen Heimat treu
bleiben wollte In Mainbernheim, unweit seines ersten Wirkungskreises fand
er ein neues Feld der Betätigung und erwarb sich hier durch sein
schlichtes, anspruchsloses Wesen in allen Kreisen Liebe und
Wertschätzung. Vor kurzem erst in den Ruhestand eingetreten, hat ihn nun
der Tod zur Ruhe der ewigen Heimat heimgeholt.
Wir werden den dahingeschiedenen Kollegen ein treues und dauerndes
Andenken bewahren." |
|
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
November 1928: "Am Montag, dem 15. Oktober trugen wir den Herrn
Oberlehrer Rau (Hirschaid) zu Grabe. Viel zu früh hat der Tod diese
Zierde des Lehrerstandes, diesen gütigen Menschen und edlen Juden, der
bis zum letzten Augenblick nichts anderes kannte, als Pflichterfüllung
bis zum äußersten, hinweggerafft. Erst vor wenigen Monaten war er in den
dauernden Ruhestand getreten, um nach aufreibender Lebensarbeit noch
einige Jahre der Ruhe zu genießen. Aber nicht lange sollte er sich dieser
wohlverdienten Ruhe erfreuen; denn ein tückisches Leiden brachte ihn in
den Operationssaal nach Bamberg, wo er kurz darauf an den Folgen dieser
Operation verschieden ist. Groß war die Zahl der Leidtragenden, die dem
treuen Lehrer und Freunde das letzte Geleit gaben. Im Schulhofe von
Hirschaid stand dicht gedrängt die jüdische und christliche
Bevölkerung, unter ihnen die katholischen und protestantischen
Ortsgeistlichen, um Abschied zu nehmen von dem allseits beliebten und geachteten
Schulmanne, dem stets liebenswürdigen Menschen. Rabbiner Dr. Rülf
(Bamberg) entwarf unter Zitierung des Wochenabschnittes 'Noach isch zaddik'
ein Bild von der Persönlichkeit und dem Wirken dieses geachteten und
redlichen Mannes, des vorbildlichen Lehrers, des treuen Gatten und
Familienvaters, des reinen und edlen Menschen. Hauptlehrer Dr. Bamberger
(Nürnberg), der 2. Vorsitzende des israelitischen Lehrervereins für
Bayern, schilderte Rau als treuen Lehrer und Freund, der schon in jungen
Jahren das Glück hatte, an eine Volksschule berufen zu werden, der aber
unentwegt mit in der vordersten Reihe um die Besserstellung der
Religionslehrer kämpfte. Die Lehrerschaft ehrte diesen Kämpfer dadurch,
dass sie ihn in die Verwaltung des Lehrervereins berief, wo er mehrere
Jahre tätig war. Der Vorsitzende des Bezirkslehrervereins Bamberg-Land
ehrte in warmen Worten unter Niederlegung eines Kranzes das treue Mitglied
des Bayerischen Lehrervereins. Auch der Krieger und Kampfgenossenverein,
der mit umflorter Fahne erschien, und die freiwillige Sanitätskolonne
ehrten ihren treuen Kameraden durch Kranzniederlegung. Namens der
Kultusgemeinde Hirschaid sprach Herr Aufseeser mit tränenerstickter
Stimme den Dank für viereinhalb Jahrzehnte aufopfernder Lebensarbeit aus
und nahm Abschied von den 'Roe neemon'. Langsam nur verließ die
Trauergemeinde den stillen Grabeshügel, der einen so kostbaren Schatz
birgt, und von den ersten Blicke konnte man die stimme Frage ablesen: Wer
vermag die furchtbare Lücke zu schließen, die der Tod hier gerissen hat?
Oberlehrer Rau ist nicht mehr! Was sterblich an ihm war, ruht im dunklen
Grabe. Sein Andenken wir aber bei allen, die ihn kannten, stets in Ehren
gehalten werden. Secher zaddik lifrochoh! = Das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen. Fränkel, Erlangen." |
|
Artikel in der "Deutschen Israelitischen Zeitung" (Regensburg)
vom 8. November 1928: "Hauptlehrer A. M. Rau in Hirschaid -
seligen Andenkens. Einen überaus schweren Verlust hat die Kultusgemeinde
Hirschaid-Buttenheim, durch das Hinscheiden des Herrn Hauptlehrers A. M.
Rau erlitten. Am Schabbot Bereschis verschied er im Krankenhause zu
Bamberg an den Folgen eines Herzschlages. Fast 46 Jahre hat er hier als
Kantor, Lehrer und Schochet segensreich gewirkt. Das überaus große
Trauergeleite gab Zeugnis von der großen Beliebtheit des Heimgegangenen
bei allen Schichten der Bevölkerung. Infolge des Rausch chaudesch konnten
nur kurze Ansprachen gehalten werden. Herr Distriktsrabbiner Dr. Rülf -
Bamberg, Israelitischer Lehrerverein, Kultusgemeinde, Bezirkslehrerverein
Bamberg-Land, Gemeinderat, Kriegerverein und Verein für ambulante
Krankenpflege widmeten ehrende Nachrufe. Der Dahingeschiedene war mehreren
Generationen ein trefflicher Jugendbildner und bildete fast ein halbes Jahrhundert
den religiösen Mittelpunkt seiner Gemeinde. Auch unser Blatt beklagt in
dem Dahingeschiedenen einen langjährigen Freund. Sein Andenken sei zum
Segen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Jahrestag des Todes von Lehrer Abraham Rau (1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Dezember 1929: "Hirschaid (Oberfranken). Zur ersten Wiederkehr der
Jahrzeit für unseren unvergesslichen Herrn Hauptlehrer A. M. Rau
wurde von dessen Kindern in hiesiger Synagoge ein Ner Tamid (ewiges
Licht) gestiftet, das unserem Gotteshause zur Zierde gereicht. Nach Mincha
und von Herrn Lehrer D. Kahn vorgetragenem Einleitungsgesang übergab im
Namen der Familie der Sohn des Verewigten, Herr Lehrer Simon Rau,
Weißenfels, mit einer herrlichen Rede das Ner Tamid der Obhut der
Gemeinde. Hierauf nahm Herr Lehrer Kahn dasselbe mit Dankesbezeugungen
entgegen und rief nochmals die hervorragenden Charaktereigenschaften
seines Amtsvorgängers, der hier über sechsundvierzig Jahre segensreich
wirkte, der ergriffen lauschenden Gemeinde ins Gedächtnis. Diese
erhebende Feier wird noch lange in unserem Gedächtnis bleiben.
In unserer Gemeinde feierte am 12. November deren Senior, Herr Joseph
Hellmann, bei vollkommener Geistes- und Körperfrische seinen achtzigjährigen
Geburtstag. Mögen demselben noch viele weitere Jahre in Gesundheit
beschieden sein. -
Einen schweren Verlust erlitt unsere Kultusgemeinde durch den Heimgang des
Kaufmanns Max Weißmann, Buttenheim. Dessen überaus ehrenvolles
Leichenbegängnis, bei dem alle Konfessionen und einige Militärvereine
mit Fahnen und Musik vertreten waren, legte Zeugnis ab von der Beliebtheit
und Wertschätzung, deren sich der Verewigte bei Arm und Reich, auch über
die Grenzen seiner Berufstätigkeit hinaus, erfreute." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1929:
"Hirschaid, 6. November (1929). Am Schabbat Bereschit war es
ein Jahr, dass unser verehrter Oberlehrer A. Rau seligen Andenkens das
Zeitliche segnete. Anlässlich des Jahrzeitstages wurde in der Synagoge zu
Hirschaid, in der der Verblichene 46 Jahre amtierte, ein Neer tomid
(Ewiges Licht) entzündet. Die Weiherede hielt der Sohn des Entschlafenen,
Herr Prediger Simon Rau, Weißenfels a. Saale. Herr Lehrer Kahn,
Hirschaid, entwarf noch einmal ein Bild von dem Wirken seines Amtsvorgängers.
Die Feier machte auf alle Anwesenden einen tiefen
Eindruck. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Unter der nationalsozialistischen Herrschaft (1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar
1935: "In Budenheim und Hirschaid bei Bamberg sind Tafeln
angebracht worden: 'Juden nicht erwünscht'." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod des Weltkriegsteilnehmers Karl
Heumann (1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
September 1929: "Aus dem Verbande. Nachruf für Karl Heumann
(Hirschaid). Karl Heumann zog am ersten Mobilmachungstage (sc. des
Ersten Weltkrieges) ins Feld und war bis zum letzten Tag draußen - ohne
Verletzung, mit vielen Auszeichnungen und Anerkennungsschreiben kehrte er
heim - jedoch den Keim einer unheilbaren Krankheit in sich tragend, die
ihn viele Jahre aufs Krankenlager warf und 10 Jahre nach Friedensschluss
nun hinraffte. Wer Karl Heumann, den großen starken Mann kannte, hätte
nie geglaubt, dass er in der Vollblüte der Jahre hingerafft werden
könnte. Er war es, der in der schlimmsten Hitlerzeit (gemeint: in den
1920er-Jahren) den Antisemiten die Stirn bot und vor einer noch so großen
Überzahl nicht zurückschreckte. Wo Karl Heumann war, schwiegen die
Hitler - er bekämpfte sie nicht mit dem Wort, sondern - mit Recht - mit
der Faust. Zum großen Teile haben wir den konfessionellen Frieden, der
sehr in unserer Gemeinde im argen lag, ihm mit zu verdanken.
Nun ist er gefallen! - Seine Beerdigung gestaltete sich zu einer großen
Trauerkundgebung. Hunderte ohne Unterschied des Glaubens umstanden seine
Bahre. Militär- und Kriegervereine, jüdische und nichtjüdische
Frontkämpfer gaben ihm das Ehrengeleite und unter Böllerschüssen senkte
man den toten Kameraden, dem sein Judentum über alles ging, ins kühle
Grab.
Ruhe sanft! (R.W.)" |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. August 1929: "Hirschaid,
12. August (1929). Mit Karl Neumann, der dieser Tage starb, ist ein
Mann von großer Beliebtheit von uns gegangen. Von Anfang bis zu Ende
machte er den Weltkrieg mit vielen Auszeichnungen mit. Aber dem
Krankheitskeim, den er sich dabei holte, erlag er jetzt. Herr Lehrer
Kahn hielt eine ergreifende Abschiedsrede und die Kameraden gaben die
Zeichen letzter militärischer Ehre am frischen Grabe. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod des Kultusvorstandes Heinrich Stern
(1934)
Anmerkung: der im Text genannte Rabbiner Dr. Max Katten war von 1930 bis 1939
Rabbiner in Bamberg, zur Biographie siehe
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/work3?id=2285.
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1934: "Hirschaid in Franken. In der Nacht vom 21. zum
22. März verschied nach kurzer Krankheit der Kultusvorstand der Gemeinde
Hirschaid, Herr Heinrich Stern. Sein Tod bedeutet für die Gemeinde einen
unersetzlichen Verlust. Herr Stern hat sich mit Wärme und Hingabe all der
Aufgaben angenommen, die an ihn herantraten. An der Bahre rühmte Herr
Lehrer Kahn den Verblichenen als Gatten, Sohn und Vater. Rabbiner Dr.
Katten widmete ihm im Namen des Verbandes Bayerischer Israelitischer
Gemeinde sowie des Bezirkes Worte der Anerkennung und des Dankes für
seine unermüdliche tatbereite Wirksamkeit. Sein Andenken sei zum
Segen!" |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 5. Oktober 1928:
"Statt Karten!
Betina Seligman Emanuel Rau
Verlobte.
Regensburg -
Magdeburg - Hirschaid. Oktober 1928." |
Zur Geschichte der Synagoge
Bis 1838 befand sich die Synagoge im oberen Teil des
Hauses Nr. 31 (heute Nürnberger Straße 16, Hintergebäude). Dieses Haus
gehörte bis um 1840 Löb Jakob. Seit 1735 hatte die jüdische Gemeinde
in diesem Haus ihre Gottesdienste abgehalten. Im unteren Teil des Hauses war ein
rituelles Bad eingerichtet. In den 1820er-Jahren war die bisherige Synagoge in
einem "zu ruinösen und baufälligen" Zustand.
1828 beschloss die jüdische Gemeinde den Bau einer neuen Synagoge. Ein
erster Bauplan wurde von Maurermeister Andreas Kratzer erstellt, zur
Finanzierung wurde 1831 ein Baufonds eingerichtet. Da die meisten Familien
damals jedoch in sehr armseligen Verhältnissen lebten, waren von den 20
jüdischen Familien nur sechs in der Lage, in den Baufonds einzuzahlen. Bis 1832
sammelten sich erst 511 Gulden und 50 Kreuzer hin, worauf die Gemeinde eine
Kollekte in anderen jüdischen Gemeinden veranstaltete. Allein aus München
kamen 86 Gulden und 46 Kreuzer. 1836 konnte ein geeignetes Grundstück gekauft
werden. Doch dauerte es noch Jahre, bis der Bau durchgeführt werden konnte.
Baumeister Mößmeringer erstellte 1849 einen gegenüber dem ersten Bauplan
preisgünstigeren und weniger aufwendigen Plan. Bis September 1851 konnte
der Bau durchgeführt und die Synagoge eingeweiht werden.
Über 80 Jahre war die Synagoge Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in
Hirschaid. Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude durch
SA-Angehörige aus Bamberg niedergebrannt. Die jüdische Gemeinde hatte den
Abbruch des Gebäudes zu bezahlen. Das Grundstück kam Anfang Dezember 1938 in den Besitz der politischen
Gemeinde.
Im Jahr 2000 wurden auf dem Grundstück der ehemaligen Synagoge Grabungen
vorgenommen. Dabei sollten die Außenmauern der Synagoge festgestellt werden.
Dabei wurden vom aufgehenden Mauerwerk und vom Fußboden keine Rest mehr
gefunden - der Abbruch der Synagoge war nach der Zerstörung 1938 vollständig
vorgenommen worden. Es fanden sich jedoch die Fundamente des Gebäudes, die bis
zu 1 m breit waren. Interessanterweise fanden sich 28 in einem Stoffsäckchen
vergrabene Silber- und Kupfermünzen aus der Zeit von 1786 bis 1831 (vermutlich
ein sogenanntes "Bauopfer"). Nach Abschluss der archäologischen
Untersuchungen wurde eine Gedenkstätte für die ehemalige Synagoge angelegt.
Der bereits 1979 aufgestellte Gedenkstein wurde durch ein neues Mahnmal ersetzt.
Der Grundriss des Synagogengebäudes ist nachgezeichnet.
Adresse/Standort der Synagoge: Nürnberger Str. 11
(frühere Hindenburgstr. 11) / Synagogenplatz
Fotos / Pläne
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Pläne von 1851 |
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Historisches Foto |
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Die Gedenkstätte 2007 |
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Blick über das
ehemalige Synagogengrundstück mit Nachzeichnung des
Umrisses der Synagoge |
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Menora mit Gedenkinschrift |
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Die
Gedenkstätte 2013
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach) |
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Blick auf die
Gedenkstätte |
Die Hinweistafel |
Hinweisschild
"Synagogenplatz" |
Das
Foto oben in hoher Auflösung |
Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Geschichtstafeln an der
Unterführung beim Bahnhof |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2013: Gedenken
an den Novemberpogrom 1938
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica III,1 S. 563. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 236-237.
|
| Klaus Guth (Hg.): Jüdische Landgemeinden in
Oberfranken 1800-1942. Ein historisch-topographisches Handbuch. Reihe:
Landjudentum in Oberfranken - Geschichte und Volkskultur. Bamberg 1988. Zu
Hirschaid S. 195-205. |
| Eva Groiss-Lau: Jüdisches Kulturgut auf dem Land.
München/Berlin 1995.
|
| Rudolf Panzer: Die jüdische Gemeinde in Hirschaid:
1582-1939. In: Hirschaid / Markt Hirschaid (Hg.). Hirschaid 2004 S. 87-102. |
| ders.: Jüdische Familien in der fränkischen Gemeinde
Hirschaid: Jüdische Kultusgemeinde; die jüdischen Familien in Hirschaid.
(Heimatkundliche Blätter für Hirschaid). Markt Hirschaid 2005. |
| Annette Schäfer: Der Gedenkstein für die
vernichtete Synagoge in Hirschaid. In: Der Vergangenheit auf der Spur. Hg.
von Günter Dippold. Bamberg 2006 S. 168-169.
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"Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Hirschaid S. 158-168 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden). |
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| Hans-Peter
Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und
Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur
Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Hirschaid S. 72-74.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hirschaid Upper Franconia.
Jews are known from the second half of the 17th century, living under the
protection of the bishops of Bamberg. The population declined after emancipation
in the mid-19th century (from 83 in 1812 to 51 in 1867) but remained stable
thereafter, numbering 64 in 1933 (total 1.713). The Jewish public school, the
last in Upper Franconia, closed in 1924. Emigration in the Nazi era reduced the
Jewish population to 43 in 1943. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue was burned and the community was dispersed soon after.
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