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Hildburghausen (Landkreis
Hildburghausen)
Jüdische Geschichte / Synagogen
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english version)
In Hildburghausen lebten Juden bereits im Mittelalter,
kurz nachdem der Ort seit 1324 das Stadtrecht erhielt. 1331 werden
erstmals jüdische Einwohner der Stadt genannt. 1349 trifft die
Judenverfolgung in der Pestzeit auch die Juden in Hildburghausen. 1367
wird Gottschalk von Hildburghausen in Erfurt genannt. Um 1388 war Jud Gutkind
Financier der Grafen von Henneberg. 1404 war Graf Heinrich V. bei Gutkind mit
160 Gulden verschuldet. 1412 hatte Wilhelm I. noch eine Schuld von 350 Gulden zu
begleichen. Im 15. Jahrhundert werden weitere Juden in der Stadt genannt, die
vom Geldverleih lebten. Vier Familien dürften zwischen 1423 und 1425 aus dem
Fränkischen zugezogen sein.
Von einer Vertreibung der Juden aus der Stadt ist nichts bekannt. 1723
kam es allerdings zu einem Aufenthaltsverbot für ortsfremde Juden. Seit 1714
war Simon Moyses aus Mertzbach Hoffaktor in der Residenz von Herzog Ernst I.
(Herzog von Sachsen-Hildburghausen). 1726 waren 12 jüdische Familien in der
Stadt, darunter der aus Holland stammende Hoffaktor Frank. 1729 wurden
vorübergehend die Juden aus Hildburghausen in ländliche Gemeinden des
Herzogtums verwiesen, doch im folgenden Jahr wieder aufgenommen. 1748
waren wieder 12 jüdische Familien ansässig.
Im Laufe der nächsten Jahrzehnte nahm ihre Zahl zu, sodass 1796 22 jüdische
Familien in der Stadt mit zusammen 128 Personen gezählt wurden.
Am Lehrerseminar in Hildburghausen wurden seit der 1. Hälfte des 19.
Jahrhunderts über mehrere Jahrzehnte auch jüdische Lehrer ausgebildet (vgl.
unten den Bericht zum Tod des Seminarlehrers Julius Rosenthal 1896, der selbst
1839 bis 1842 am Lehrerseminar ausgebildete wurde und von 1872 bis 1896 hier
unterrichtete).
Im 19. Jahrhundert blieb die Zahl der jüdischen Einwohner in
Hildburghausen relativ konstant beziehungsweise ging
leicht zurück: 1819 113 Personen, 1833 123, 1841 100, 1844 130 (von insgesamt 4182
Einwohnern), 1856 106, 1871 120, 1887 90, 1892 85 (in 21 Familien), 1893 80 (in
20 Familien), 1898 114 (von insgesamt 6927 Einwohnern; in 29 Haushaltungen),
1903 87 (von insgesamt 7501 Einwohnern; in 32 Haushaltungen). Gründe für den Rückgang
beziehungsweise zeitweise nur sehr mäßigen Anstieg waren die Aus-
und Abwanderung. So gab es in den 1850er-Jahren Auswanderungen nach
Nordamerika (New York 11 Personen, Albani 1, Boston 6, San Francisco 2),
Australien (1 Person), Paris (1 Person, Rom (1 Person) und Abwanderungen nach
Hamburg, Fürth und Frankfurt/Main.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof
(bei Weitersroda). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1843 wurde
als Schullehrer und zugleich als Religionslehrer der israelitischen Zöglinge am
Schullehrerseminar Salomon Steinhardt genannt. 1848 wurde die Lehrerstelle neu
ausgeschrieben. 1892 konnte Lehrer Julius Rosenthal (genannt mindestens seit
1887) sein 50-jähriges
Dienstjubiläum feiern. Er unterrichtete 1892 14 Kinder an der Religionsschule
der Gemeinde (1893 12 Kinder). Seit 1897 war Lehrer Jacob Mühlfelder in Hildburghausen
tätig (noch bis mindestens 1913). Er unterrichtete 1898 9 Kinder an der
Religionsschule der Gemeinde (1903 7 Kinder).
1864 wurde ein jüdisches Privathaus zu
einem Schulhaus mit Lehrerwohnung umgebaut.
Gemeindevorsteher waren um 1887 S. Simon, J. Kann und M. Kann, um 1898 S.
Simon, E. Friedmann, S. Kahn und Lehrer J. Mühlfelder, um 1903 J. Kann, E.
Friedmann, S. Kahn und Lehrer Mühlfelder..
Schochet und Synagogendiener war um 1887/1903 K. Worms. Als
Rendant wird um 1898 E. Friedmann genannt.
Von den jüdischen Vereinen wird 1892 ein Israelitischer Frauenverein
genannt.
Anfang des 20. Jahrhundert gehörten
jüdischen Einwohnern mehrere für das wirtschaftliche Leben des Ortes wichtige
Gewerbebetriebe und Handlungen (Textilhandlungen, Kolonialwarenhandlungen
u.a.m.). Es gab auch jüdische Ärzte in der Stadt.
Im Ersten Weltkrieg
sind aus der jüdischen Gemeinde gefallen: Sigmund Katzenstein (geb. 22.9.1874
in Mönchen-Gladbach, gef. 10.8.1917), Gustav Levy (geb. 20.6.1899 in Schwarza,
gef. 6.10.1918), Gefreiter Siegfried Rosenthal (geb. 30.4.1899 in
Hildburghausen, gef. 20.8.1918).
Mitte der
1920er-Jahre gehörten dem Synagogenvorstand an: Selig Rosenthal, H. Bachmann,
Max Friedmann, Moses Pulfer und Adolf Kahn. Den Religionsunterricht der damals
sieben jüdischen Kinder hielt Lehrer Löwenstein aus Themar.
Auf Grund der nationalsozialistischen Umtriebe und Boykottmaßnahmen wanderten
bereits 1932/33 die ersten jüdischen Familien aus (1932 Viehhändler Siegmund
Levi und Frau nach Palästina; 1933 der Eisenwarenhändler und ehemalige
Stadtrat Max Friedmann). 1933 gehörten noch etwa 50 Personen zur jüdischen
Gemeinde. Bis 1939 konnte ein größerer Teil der jüdischen Personen emigrieren
oder in andere Städte verziehen. 1942 wurden die noch in Hildburghausen
verbliebenen jüdischen Einwohner nach Belzyce/Polen beziehungsweise in das
Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.
Von den in Hildburghausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Clara Bachmann geb.
Joelsohn (1870), Eugenie Bärmann geb. Simon (1869), Helene Bamberger geb.
Birkenstein (1883), Bella Blumenkorn geb. Simon (1898), Inge Blumenkorn (1929), Josef
Böhm (1871), Greta Friedman (1919), Therese Frühauf geb. Guttmann (1861), Marta Gerau geb.
Stern (1879), Hedwig Goetz geb. Walther (1890),
Sofie Haskel, Willi Haskel, Hedwig Heinrich geb. Steinhardt (1877), Arno Hollander (geb. 1883), Agnes Joachimsohn geb.
Sommer (1908), Edith Katz (1911), Hedwig Köhler geb. Katzenstein (1882), Paula
Lang geb. Strupp (1862), Ludwig Ledermann (1892), Walther Leopold, Heinz Levi (1907),
Minna Liebmann geb. Levy (1883), Regine Lösche geb. Birkenstein (1875), Getti
Löwentritt (1878), Hugo Popper (1876),
Adolf Rehbock (1882), Anneliese Rehbock geb. Gerau (1911), Peter (Machol) Rehbock
(1938), Betty Reis geb. Walter (1871), Daniel Rosenthal, Emma Rosenthal geb. Kahn
(1880), Erna Rosenthal (1905), Rosa Rosenthal geb. Birkenstein (1877), Selig
Daniel Rosenthal (1868), Bernhard Simon (1859), Flora Simon geb. Müller (1873),
Jakob Simon (1865), Julius Simon (1899), Jenny Sommer (1898), Hedwig Steinberg
geb. Strupp (1867), Frieda Stiefel geb. Raban (1883),
Hedwig Strupp, Leopold Walter (1883), Wilhelm Weissmann (1913), Anna Zinn (1899).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Berichte
Zahl der jüdischen Einwohner im Herzogtum Meiningen (1841)
Mitteilung in "Allgemeine Zeitung des Judentums" vom 16. Oktober 1841: "Die
Zahl der jüdischen Einwohner des Herzogtums Meiningen beläuft sich dermalen
auf 1494, und es wohnen hiervon 19 in der Stadt
Meiningen, 548 in
Walldorf, 63 in
Dreißigacker, 121 in
Bauerbach, 114 in
Bibra, 100 in der Stadt Hildburghausen,
51 in Simmershausen, 153 in
Berkach, 185 in
Gleicherwiesen, 131 in
Marisfeld, 9 in
Liebenstein, 17 verstreut in
verschiedenen Ortschaften, 23 haben bereits das Staatsbürgerrecht, und zwar
nur im Hildburghausischen, 105 haben sich bürgerlichen Gewerben zugewendet." |
Beitrag über die Abschaffung des Leibzolls der Juden,
besonders in Sachsen-Hildburghausen (Beitrag von 1926)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 5. März 1926: "Zur Abschaffung des Leibzolls, besonders
in Sachsen-Hildburghausen. Von Dr. Jacobson -
Waidmannslust.
Als Moses Mendelssohn im Jahre 1776 auf einer Sommerreise in Dresden, wo
er die Bibliothek besuchen wollte, den Leibzoll hatte erlegen müssen, da
empfanden das alle, vom Bibliothekar bis zum Kabinettsminister, als eine
'entsetzliche Geschichte', und es wurde schleunigst die Rückzahlung der
paar Groschen veranlasst.
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildungen anklicken
|
|
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Erste Konfirmationsfeier in der Synagoge durch Lehrer S.
Steinhard (1835)
Quelle:
Judaica-Sammlung
Frankfurt - das gesamte Dokument ist als pdf-Datei online
einsehbar: hier
anklicken.
"Berit Adonai - Bund des HERRN -
Erste Confirmationsfeier, gehalten in der Synagoge zu Hildburghausen
am ersten Tage des Wochenfestes 5595 (3. Juni 1835
mit zwei Knaben und einem Mädchen
von S. Steinhard, Religionslehrer.
Schleusingen bei Conrad Glaser 1835". |
Ausschreibung der Stelle des Lehrers (1848)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. April 1848:
"Erledigte Stelle. Bei der israelitischen Gemeinde zu Hildburghausen
soll nach Ostern dieses Jahres die Stelle eines Vorbeters und Schächters
neu besetzt werden. Unverheiratete Bewerber, welche fähig sind, einen
zeitgemäß geregelten Gottesdienst abzuhalten, deutschen Choralgesang zu
leiten und die Bibelabschnitte sinngemäß ohne Trop vorzutragen, wollen
sich baldmöglichst in portofreien Briefen an den Synagogenvorstand zu
Hildburghausen wenden. Die jährlichen Einkünfte belaufen sich auf circa
100 Taler preußischer Krt." |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Julius Rosenthal (1892)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. Juli 1892: "Herr Lehrer Rosenthal in Hildburghausen feierte
am 26. vorigen Monats das Fest seines 50-jährigen Amtsjubiläums unter
Teilnahme weiter Kreise." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Juli 1892: "Hildburghausen, 3. Juli (1892). Über
das bereits in voriger Nummer erwähnte Amtsjubiläum des Herrn
Rosenthal geht uns noch der folgende Bericht zu: Am 24. Juni dieses
Jahres feierte der auch in weiteren Kreisen als tüchtiger Lehrer bekannte
Herr Julius Rosenthal in Hildburghausen in voller
Rüstigkeit und Geistesfrische sein 50-jähriges Dienstjubiläum.
Behörden und Gemeinden, Kollegen und Schüler, Freunde und Bekannte
wetteiferten am genannten Tage miteinander, um den verdienstvollen Jubilar
zu ehren. Zuvörderst ist der Auszeichnung zu gedenken, die dem Jubilar
von Seiner Hoheit dem Herzog von Sachsen-Meiningen widerfahren. Am
frühen Morgen erschien der Herzogliche Landesrabbiner Dr. Dessauer
und überreichte im Auftrag des Staatsministeriums die dem Jubilar von
Seiner Hoheit dem Herzog verliehende Verdienstmedaille. Dieser Deputierte
überbrachte gleichzeitig im Auftrag des Deutsch-israelitischen
Gemeindebundes ein sehr wertvolles Werk des bekannten Orientalisten A.
Wünsche. Vom Seminar, zu dessen Kollegium Herr Rosenthal als Lehrer der israelitischen
Zöglinge in Religion und Hebräisch zählt, waren erschienen der
Herzogliche Seminardirektor Dr. Rückert, Herr Oberlehrer
Ehrhardt und Herr Musikdirektor Köhler; ersterer gratulierte
in warm empfundenen herzlichen Worten. Persönlich überbrachten auch der Herzogliche
Kreisschulinspektor Herr Heyl und der Gymnasialdirektor Herr
Geheime Rat Dr. Rittwegger ihre Glückwünsche, während vom
Herzlichen Regierungs- und Schulrat Dr. Schmidt, vom Superintendenten
Herrn Sauerteig, vom Oberbürgermeister Herrn von Stockmeier, vom Schuldirektor
Herrn Brodführer - Coburg den Jubilar ehrende Glückwunschschreiben eintrafen.
Als Vertreter der israelitischen Gemeinde Hildburghausen überbrachte
deren erster Vorstand, Herr Sigmund Simon herzliche Glückwünsche
und einen kostbaren Tafelaufsatz. Unerwähnt darf auch nicht bleiben, dass
die Hildburghäuser Militärkapelle dem Jubilar am Vormittag ein Ständchen
brachte, dessen Programm fünf Piesen enthielt. Dass auch mehrere Lehrervereinigungen
des Jubilars gedachten, braucht nicht besonders erwähnt zu
werden." |
Zum Tod von Lehrer Julius Rosenthal (1896) - Lehrer
in der Gemeinde wie am Lehrerseminar in Hildburghausen
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Mai 1896:
"Hildburghausen, 10. Mai (1896). Die hiesige israelitische
Gemeinde und die gesamte Lehrerschaft des Herzogtums Meiningen hat einen
schweren Verlust erlitten; am 2. Mai dieses Jahres beschloss ein sanfter
Tod das Leben des verdienstvollen Seminar- und Gemeindelehrers Julius
Rosenthal hier. Über dessen goldenes Dienstjubiläum im Sommer 1892 und
die zahlreichen Ehrungen des Jubilars aus dieser Veranlassung hatten Sie
vor vier Jahren berichtet. Das Leichenbegängnis, das am 5. dieses Monats
stattfand, bewies aufs Neue, in welch hohem Ansehen der entschlafene
Schulmann gestanden. Denn nicht nur die ganze Gemeinde und die sämtlichen
israelitischen Lehrer des Herzogtums schlossen sich der trauernden Familie
des Verewigten an, sondern auch das gesamte Seminarkollegium und die
meisten Lehrer der höheren Schulen, sowie fast alle christlichen Kollegen
der an vierzig Mitglieder zählenden Bezirkskonferenz und viele
christliche Bürger sah man im Trauergefolge. Der jüngste Lehrer trug auf
einem Ordenskissen die goldene Verdienstmedaille nach, womit seinerzeit
der Jubilar durch den Herzog ausgezeichnet worden war. Am Grabe sprachen
der herzogliche Landrabbiner von Meiningen
und Lehrer Holländer aus Berkach.
Julius Rosenthal, geboren am 27. Dezember 1823 zu Gleicherwiesen,
erhielt seine Ausbildung auf dem hiesigen Seminar, dann amtierte er an der
Samsonschule in Wolfenbüttel und später in Jever.
1846 folgte Rosenthal einem Ruf seiner Schulbehörde und verwaltete von da
ab in der engeren Heimat die Schulstellen in Bibra
und Walldorf, bis er endlich im
Jahre 1872 in seine hiesige Stelle einrückte. Mit klarem Verstand und
seltener Auffassungsgabe begnadet, eignete sich Rosenthal eine bedeutende
wissenschaftliche Bildung an. Er erzielte nicht nur durch sein
Lehrgeschick große Erfolge, sondern erwarb sich auch um die innere und
äußere Hebung des Lehrerstandes im Herzogtum große Verdienste, die
neidlos anerkannt wurden. Rosenthal war auch über zehn Jahre Mitglied des
Vorstandes vom Landeslehrerverein und leitete sogar einige
Hauptversammlungen desselben. Durch diese idealen Bestrebungen sowohl, als
auch durch seinen reinen tadellosen Charakter hat der Verblichene Kiddusch
haschem (Heiligung des Gottesnamens) geübt wie selten Einer, wie er
überhaupt in fortschrittlichem Sinne ein begeisterter Jude gewesen. Darum
wird gewiss sein Andenken zum Segen bleiben." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1896: "Berkach.
Am 5. dieses Monats (sc. 5. Mai 1896) wurde ein vielbewährter Schulmann
des Meininger Landes, Herr Lehrer Julius Rosenthal in Hildburghausen,
zur letzten Ruhe geleitet. Geboren in Gleicherwiesen im Jahre 1823, genoss
derselbe seine Berufsausbildung zu Hildburghausen von 1839-1842 und
wirkte 54 Jahre als Lehrer in Wolfenbüttel, Jever,
Bibra und Walldorf und zuletzt
in Hildburghausen, wo er 24 Jahre als Lehrer der jüdischen
Gemeinde, sowie als Seminarlehrer für israelitische Religion und
Hebräisch tätig war. Durch seltene Begabung und außerordentliche
Strebsamkeit war es ihm gelungen, sich außergewöhnliches Wissen
anzueignen. Dies, sowie sein bescheidenes, liebevolles Wesen und seine
Hilfsbereitschaft in Wort und Tat erwarben ihm die Zuneigung aller derer,
zu denen er in näherer oder fernerer Beziehung stand. Dass seine
Fähigkeit und seine Biederkeit von seinen Standesgenossen im Meininger
Lande gewürdigt wurde, ist dadurch bewiesen, dass er 20 Jahre lang
Mitglied des Zentralkomitee des Meininger Lehrervereins und längere Zeit
stellvertretender Vorsitzender der Landeslehrerversammlungen war. Und
seine Tätigkeit war derart, dass viele Kollegen aus nah und fern sich bei
ihm Rates erholten und stets, soweit als möglich, Erleichterung und Hilfe
fanden. Als gründlich gebildeter Pädagoge wusste er die von ihm
geleiteten Elementarschulen, sowie seine Religionsschule zu Hildburghausen
stets auf der Höhe der Zeit zu erhalten, und da er seit mehr als 2
Dezennien auch am Seminar wirkte, so sind fast alle zur Zeit in unserem
Ländchen amtierenden israelitischen Lehrer seine Schüler gewesen, die
stets voll Achtung zu ihm emporblickten.
Als am Sonntag, den 3. Mai die Kunde von seinem in der vorangegangenen
Nacht erfolgten Ableben sich verbreitete, zeigte sich die allgemeine
Teilnahme innerhalb und außerhalb der Lehrerkreise. Der Vorstand des
Lehrervereins, Herr Lehrer Adam aus Pößneck sprach namens sämtlicher
Lehrer des Herzogtums der tief betrübten Witwe sein innigstes Beileid aus
in gebührender Anerkennung dessen, was der Heimgegangene seinen Kollegen
gewesen. Bei der Beerdigung war das Lehrerseminar, das Gymnasium sowie die
Stadtschule durch sämtliche Lehrer vertreten; aus dem
Lehrerkonferenzbezirk Hildburghausen waren alle Mitglieder, die es
ermöglichen konnten, und |
außerdem
alle israelitischen Lehrer des Meininger Landes anwesend. Der Vorstand der
Pestalozzi-Stiftung war durch Herrn Müller aus Meiningen vertreten. Die
ihm gelegentlich seines 50-jährigen Dienstjubiläums von seiner Hoheit,
dem Herzog, verliehene Verdienstmedaille wurde ihm nachgetragen. Die
Beteiligung von Seiten der Stadt war eine so außerordentliche, dass der
Leichenzug einen imposanten Eindruck machte. Auf dem Friedhofe hielt der
herzogliche Landesrabbiner, Herr L. Fränkel aus Meiningen,
die Leichenrede. Obgleich derselbe erst seit einigen Monaten amtiert und
den Verstorbenen nur vorübergehend kennen gelernt, hatte er doch einen
solchen Einblick in dessen Leben und Wirken gewonnen, dass er in seiner
Rede ein getreues Abbild dessen gab, was der Verstorbene seiner Familie
und allen Kreisen, denen er angehörte, gewesen. Aus der Tiefe des Herzens
kommend, fanden die Worte des Redners Wiederhall bei allen Zuhörern.
Hierauf sprach Herr Lehrer Holländer aus Berkach,
als sein ehemaliger Schüler, zugleich namens seiner Kollegen einige warm
empfundene Worte der Anerkennung und des Dankes.
Auch der Beste und Würdigste muss das Zeitliche segnen und nur der gute
Namen, das edle Streben und Wirken reicht über das Grab hinaus. Darum
wird dem Heimgegangenen nicht nur von Seiten seiner Angehörigen, sondern
auch von der Gemeinde Hildburghausen, von seinen Schülern und Kollegen
ein dankbares Andenken bewahrt bleiben.
'Die Frommen werden glänzen wie des Himmels Glanz und die, welche viele
in der Tugend bestärkt, leuchten wie die Sterne auf ewig!' Daniel 12,3.
G.H." |
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Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Mai 1896:
"Gleicherwiesen, 15. Mai (1896). Als Nachtrag zu Ihrem
Nekrolog auf Lehrer Rosenthal in Hildburghausen sende ich Ihnen noch
folgenden Nachruf, der an der Spitze des 'Schulblattes für Thüringen und
Franken' in Nr. 9 gestanden. 'Am 2. dieses Monats starb nach kurzer
Krankheit an Herzlähmung der israelitische Religionslehrer am
herzoglichen Seminar in Hildburghausen Herr H. Rosenthal, dessen
Hinscheiden im Kreise der Volksschullehrer unseres Herzogtums allgemeine
Teilnahme hervorgerufen haben wird. Der Verstorbene hat im ehemaligen
Zentralkomitee des Allgemeinen Meiningenschen Lehrervereins als
Schriftführer eine ebenso eifrige als umsichtige Tätigkeit entfaltet.
Eine ganze Reihe von Jahren widmete er in selbstloser Hingabe Zeit und
Kraft der Wahrung und Förderung unserer Standesinteressen. Dafür wird
ihm die Lehrerschaft allezeit ein ehrendes und dankbares Gedenken
bewahren. Das Gute, welches er für sie gewollt und gewirkt hat, wird
unvergessen bleiben. Möge dem Abgeschiedenen nach seiner langen, treuen
Sämannsarbeit auf dem Acker der Ewigkeit eine schöne und reiche Ernte
zuteil werden.
Pößneck, den 6. Mai 1896. Namens des Hauptvorstandes des
Allgemeinen Meiningenschen Lehrervereins. Adam.'" |
Lehrer Jacob Mühlfelder wird ausgezeichnet (1909 in
Hildburghausen)
Anmerkung: Jacob Mühlfelder war seit 1897 Lehrer in der Gemeinde
Hildburghausen, zugleich Lehrer an der Herzoglichen Taubstummenanstalt.
Artikel in "Der Gemeindebote" vom 7. Mai 1909: "Anlässlich
der 83. Geburtstagsfeier des Herzogs Georg II. erhielt Herr J. Mühlfelder,
früher in Walldorf und
Gleicherwiesen und seit zwölf Jahren Lehrer der
Hildburghäuser israelitischen
Gemeinde und an der Herzoglichen Taubstummenschule dort selbst, die dem
Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausorden angereihte Verdienstmedaille in
Gold. "
|
|
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 29. April 1909: "Hildburghausen.
Anlässlich der 83. Geburtstagsfeier des Herzogs Georg II. erhielt auch Herr
J. Mühlfelder, früher in Walldorf
und Gleicherwiesen und seit zwölf Jahren Lehrer der
Hildburghäuser israelitischen
Gemeinde und an der Herzoglichen Taubstummenschule dortselbst, die dem
Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausorden angereihte Verdienstmedaille in
Gold."
|
25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer
Jacob Mühlfelder in Hildburghausen (1922)
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 11. Mai 1922: "Am
15. Mai begeht Lehrer Mühlfelder in
Hildburghausen die Feier
seines 20-jährigen Ortsjubiläum. Mühlfelder blickt auf ein arbeitsreiches,
gesegnetes Wirken und Schaffen zurück. Er ist am 27. Oktober 1853 in
Bauerbach geboren, besuchte das
Seminar in Hildburghausen,
amtierte in Walldorf bis 1885, in
Gleicherwiesen bis 1897 und seitdem in
Hildburghausen. Dort war er
nebenamtlich auch viele Jahre an der Taubstummenanstalt tätig und erhielt
die goldene Verdienstmedaille. Dem Verein israelitischer Lehrer
Mitteldeutschland gehört er seit seinem Bestehen an und war stets eines
seiner eifrigsten und getreuesten Mitglieder. Wir wünschen dem wackeren
Kollegen noch ein recht langes, erfolgreiches Wirken im Dienst seiner
Gemeinde und des gesamten Judentums." |
40-jähriges Dienstjubiläum von
Lehrer Jacob Mühlfelder (1913)
Artikel in "Israelitisches Familienblatt" vom 27. Februar 1913: "Am
1. März werden es 40 Jahre, dass Herr Lehrer Mühlfelder -
Hildburghausen, Vorstandsmitglied
des Vereins israelitischer Lehrer Mitteldeutschlands, ins Amt getreten ist.
Mühlfelder ist am 27. Oktober 1853 geboren, besuchte das meiningische
Landesseminar in Hildburghausen,
amtierte bis 1885 in Walldorf an der
Werra, bis 1897 in Gleicherwiesen und seitdem in Hildburghausen. Der Jubilar, der
neben seinem Amt als Lehrer und Vorbeter der jüdischen Gemeinde auch Lehrer
an der Taubstummenanstalt ist, steht noch in der Vollkraft seines Schaffens;
wir wünschen ihm noch viele Jahre Amtstätigkeit in Rüstigkeit und
Berufsfreudigkeit. " |
Über Franz Bermann (1885-1943), Lehrer am Technikum in
Hildburghausen
Dipl.Ing. Franz Bermann ist 1885 in
Trachenberg/Militsch/Schlesien geboren. Nach dem Studium an der
Technischen Hochschule in Berlin (Abschluss als Dipl.Ing.) wurde er 1919
als Lehrer für Mechanik, Mathematik sowie Wasserkraft- und Hebemaschinen
am Technikum in Hildburghausen angestellt (Wohnung in der
Charlottenstraße 5). Seine Mutter, Anna Bermann, wohnte mit ihm in
Hildburghausen (gest. 1938 und im jüdischen Friedhof beigesetzt). Franz
Bermann verlor 1933 auf Grund des nationalsozialistischen "Gesetzes
zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" seine Stelle am
Technikum. Er zog nach Berlin, von wo er im März 1943 nach Auschwitz
deportiert und ermordet wurde. |
Zu seiner Biographie siehe den Beitrag
von Eckhard Dubhorn, Gelnhausen: "Bermann,
Franz, Studienrat Dipl.Ing." (eingestellt als
pdf-Datei) |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Jüdische Auswanderer aus Bayern auf dem Weg durch
Hildburghausen (1844)
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Mai 1844:
"Hildburghausen, 8. Mai (1844). In diesen Tagen gingen
täglich zahlreiche Haufen von Auswanderern aus Bayern, unter ihnen viele
Israeliten, durch die hiesige Gegend." |
Kurzbeschreibung der Gemeinde Hildburghausen (1878)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Oktober 1878. Aus
einem längeren Artikel zur Situation der jüdischen Gemeinden in
Thüringen sei der Abschnitt zu Meiningen
und Hildburghausen wiedergegeben: "... Seit der Einführung der
Freizügigkeit hat diese Gemeinde, sowie das nahe liegende Dreißigacker,
einen großen Teil seiner Mitglieder verloren, welche sich größtenteils
in Meiningen niedergelassen haben. In dieser, aus dem vor einigen Jahren
stattgefundenen großen Brande neu erstandenen Stadt, in welcher vor 10
Jahren nur einige israelitische Familien wohnten, ist die Zahl derselben
durch Zuzüge von Außen bereits auf 60 angewachsen. Der Landrabbiner Herr
Dr. Dreifuß, welcher früher in Walldorf sesshaft war, hat ebenfalls
seinen Sitz hierher verlegt. Leider ist er aber schon seit längerer Zeit
durch Altersschwäche und Krankheit an jeder amtlichen Tätigkeit
gehindert. Die Gemeinde hat einen tüchtigen Religionslehrer und
Vorsänger, aber keine eigene Synagoge, sondern bedient sich als solcher
eines gemieteten, aber zweckmäßig eingerichteten Saales. Zur Gemeinde
gehören viele hochachtbare, bürgerlich sehr angesehene Mitglieder, unter
diesen 2 Rechtsanwälte, ein Kommerzienrat und einige Hofbankiers; auch
ist seit der Freizügigkeit mehr religiöses Element in die Gemeinde
gekommen, dem eine recht gedeihliche Weiterentwicklung zu wünschen
wäre.
Ziemlich gleich Verhältnisse finden in der nur viel kleineren und
älteren Gemeinde Hildburghausen statt. Dieselbe hat eine eigene Synagoge
und zählt zu ihren Mitgliedern 1 Arzt, 1 Rechtsanwalt und 1 besoldeten
Assessor, den ersten und bis jetzt einzigen richterlichen jüdischen
Beamten im Herzogtum Meiningen." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Rechtsanwalt Dr. Michaelis wurde zum Abgeordneten im
Landtag des Herzogtums gewählt (1900)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Januar 1900: "Meiningen, 5. Januar (1900). Die Leser
Ihres geschätzten Blattes dürfte es interessieren, dass bei der am 29.
Dezember vorigen Jahres in Hildburghausen stattgefundenen
Ersatzwahl eines Abgeordneten zum Landtage des Herzogtums für den
2. Wahlkreis in der Klasse derjenigen, welche die höchste Personalsteuer
zahlen, Herr Rechtsanwalt Dr. Michaelis daselbst als solcher
gewählt wurde. Der Gewählte ist der erste Jude, der im Herzogtum
Sachsen-Meiningen zu dieser Würde gelangt ist. Er wurde an Stelle des
zurückgetretenen Landtagspräsidenten von Stockmeier
gewählt." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Tuch- und Modewarengeschäfts Oppenheimer
(1871)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1871: "Für
mein Tuch- und Modewarengeschäft (Samstags und Feiertage
geschlossen) suche ich baldigst einen Lehrling israelitischer
Konfession mit guten Schulkenntnissen.
A. Oppenheimer in Hildburghausen (Thüringen)." |
Empfehlung für einen Absolventen des
Landesschullehrer-Seminars (1885)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 3. Februar 1885: "Ostern wird aus dem hiesigen
Herzoglichen Landesschullehrer-Seminar ein israelitischer Zögling
mit dem Zeugnis der Reife entlassen, der in allen Disziplinen,
einschließlich der Musik Tüchtiges leistet. Sein hebräisches
Wissen steht auf gleicher Höhe. In erster Linie würde er sich zum Lehrer
an einem Institute oder an einer israelitischen Elementarschule eignen.
In letzterem Falle würde das Kantorat und die Leitung eines
Chores gerne mit übernommen werden. Hierauf Reflektierende belieben
sich baldigst an den Unterzeichneten zu wenden.
Hildburghausen, den 22. Januar 1885. J. Rosenthal,
Seminarlehrer." |
Anzeige der Eisenwarenhandlung und Nähmaschinenfabrik S.
Gassenheimer u. Sohn (1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1897:
"Lehrling aus achtbarer Familie, unter günstigen Bedingungen gesucht.
S. Gassenheimer und Sohn, Eisenwarenhandlung, Nähemaschinen-Fabrik
und Lager Landwirtschaftliche Maschinen, Hildburghausen." |
Zur Geschichte der Synagogen
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war jeweils ein Betsaal
oder eine Synagoge vorhanden (z.B. 1737 im Zusammenhang mit der Formel zum
Judeneid genannt). Am 30. August 1811 konnte eine Synagoge an der
westlichen Stadtmauer eingeweiht werden. Der herzogliche Hoffaktor Levi Simon
hatte dafür das Geld gegeben und zunächst zwei Gründstücke im Bereich der
Unteren Marktstraße mit der damaligen Zählung Nr. 22 und 23 käuflich
erworben. Die Einweihung erfolgte mit Erlaubnis Herzog Friedrichs. Die
Einweihungsrede hielt Josef Michael Hirsch. 1866 wurde vor der Synagoge in den
früheren Geschäftshäusern des Hoffaktors Simon eine Filiale des Bankhauses
Strupp (Meiningen) eröffnet. 1911 konnte feierlich das 100-jährige
Bestehen der Synagoge begangen werden:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1911: "Hildburghausen.
Am 1. und 2. September feierte die hiesige Gemeinde das 100jährige Synagogenjubiläum.
Im Mittelpunkt der Jubelfeier stand der am letzten Freitag Abend in der
festlich geschmückten Synagoge abgehaltene Festgottesdienst, zu dem auch
die Vertreter der hiesigen Staats-, Stadt-, Kirchen- und Schulbehörden
erschienen waren. Die Festrede hielt Landrabbiner Fränkel. Superintendent
Kirchenrat Dr. Human sprach den Dank der geladenen Gäste aus und verlas
eine Urkunde, welche die Glückwünsche der evangelischen Kirchengemeinde enthielt
und auch das schöne und innige Verhältnis zwischen den Konfessionen
betonte. Samstag früh fand ein zweiter Festgottesdienst statt und
Samstagabend ein Bankett. Auf dem telegraphischen Festgruß sandte Herzog
Georg eine Depesche, in der er für den Gruß von Herzen dankt und ihn
wärmstens erwidert." |
1933 wurde das Bankhaus Strupp
verstaatlicht und die an die Bankgebäude angrenzende Synagoge zwangsweise
abgebrochen.
Der jüdische Fabrikant Gassenheimer bot daraufhin das ihm gehörende Gartenhaus
zum Umbau als Synagoge an. Noch 1933 konnte das Gebäude als Synagoge
eingeweiht werden. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am
Vormittag des 10. November ausgeräumt. Die Kultgegenstände sowie andere
Ausstattungsgegenstände wurden verbrannt. Das Gebäude blieb als Gartenhaus zum
Gebäude Gerbergasse 17 bestehen und wurde seitdem als Lagerraum verwendet. In
der Zeit des Zweiten Weltkrieges war auf dem Grundstück ein
Zwangsarbeiterlager. Am
19. Januar 1990 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, als es
sich bereits in einem höchst vernachlässigten Zustand befand. Trotz des
ausgesprochenen Denkmalschutzes wurde das Gebäude 2005 abgebrochen. Das Grundstück wurde mit einem neuen Zaun umgeben
und wird als Garten verwendet. Ein Gedenkstein für die ehemalige Synagoge
wurde aufgestellt.
Adresse/Standort der Synagoge 1933/38: Gerbergasse
17
Fotos
(Farbfotos: wenn nicht anders angegeben: Hahn, Aufnahmedatum 14.8.2005)
Die alte Synagoge (1811-1933) |
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Innenraum der Synagoge
(Quelle: Roß/Nothnagel S. 50) |
Der Standort befand sich
hinter dem
ehemaligen Bankhaus Strupp |
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Die 1933 eingerichtete
Behelfs-Synagoge |
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Ehemaliges Haus des
Metallwaren-
fabrikanten Gassenheimer, in dessen
Gartenhaus eine Synagoge
eingerichtet wurde |
Die ehemalige Behelfs-Synagoge
um 1990 |
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Ansichten der
ehemaligen Behelfs-Synagoge im Sommer 2005 |
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Der Gedenkstein von 2005
für die
ehemalige Synagoge 1933/38 in
der Gerbergasse
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach;
Aufnahmedatum 23.6.2009) |
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Inschrift der
Tafel: "Hier stand das Gebäude der in der Reichspogromnacht 1938
geschändeten und ausgeplünderten 2. Synagoge von Hildburghausen. Zum
Gedenken
an unsere jüdischen Mitbürger. 2005". |
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Die ehemalige
jüdische Schule |
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Die ehemalige jüdische Schule
in der Unteren Braugasse 10 |
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Gedenktafel
am Rathaus |
Der
Herzog-Georg-Brunnen am Marktplatz (links im Hintergrund das Rathaus)
konnte
im Jahr 1900 auf Grund einer Stiftung des jüdischen Bürgers Max
Michaelis errichtet
werden. 1975 wurde der Brunnen im Zuge einer
Neugestaltung des Marktplatzes in die
Anlage vor dem Stadttheater
aufgestellt. Nach 1990 wurde er wieder an seinen alten
Standort zurückgebracht. |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne
Berichte
November
2007: Gedenken zum Novemberpogrom 1938 |
Artikel von Petra Rügheimer vom 10.11.2007 in der
Zeitschrift "Freies Wort": "Kranzniederlegung - Opfern der Pogromnacht gedacht
- Am Standort der ehemaligen Synagoge in Hildburghausen fand die Veranstaltung statt
"Hildburghausen – Zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus legten gestern Vormittag Vertreter des Hildburghäuser Bündnisses gegen Rechtsextremismus ein Blumengebinde am Standort der ehemaligen Synagoge in der Gerbergasse ab.
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten jüdische Synagogen in ganz Deutschland, SA- und SS-Leute zertrümmerten systematisch Schaufensterscheiben jüdischer Geschäftsleute, demolierten jüdische Wohnungen und misshandelten deren Bewohner. Auch Hildburghausen sei von den Ausschreitungen gegen jüdische Mitbürger nicht verschont geblieben, wie Bernd Ahnicke vom Bündnis gegen Rechtsextremismus gestern vor Ort betonte.
An jenem trüben und kalten Samstag, 10. November 1938, habe das böse Kesseltreiben der Nazis gegen die jüdischen Familien auch in Hildburghausen begonnen. Gegen 9.30 Uhr seien viele Hildburghäuser Juden auf einem Lkw gepfercht und dann gezwungen worden, von der Unteren Allee über die Untere Marktstraße bis zum Marktplatz zu marschieren. Dabei seien sie mit üblen Beschimpfungen und anderen Demütigungen traktiert, auch mit Steinen beworfen worden, rief Ahnicke an historischer Stätte die überlieferten Fakten von damals in Erinnerung.
Danach seien diese Juden im Rathauskeller eingepfercht worden, wo sie bis zum nächsten Morgen ausharren mussten. Dann
seien diese gepeinigten Menschen erneut auf Lkw verladen und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt worden. Zwar seien die meisten nach einer Woche bereits wieder nach Hildburghausen zurückgekehrt; einige aber seien nachweislich in Buchenwald beziehungsweise anderen Lagern ums Leben gekommen. Während des
2. Weltkrieges, der neun Monate und 20 Tage nach dieser Reichspogromnacht begonnen habe, spitzten sich die Repressalien gegen jüdische Mitbürger überall in Deutschland zu. Ab 1942, so betonte Ahnicke, sei mit einem systematischen Vernichtungsfeldzug der Juden in den mittlerweile zahlreich errichteten Konzentrationslagern begonnen worden.
Die Zahl jüdischer Opfer werde auf sechs Millionen geschätzt, rief Ahnicke in Erinnerung. Im stillen Gedenken an die von Ahnicke verlesenen Opfer aus Hildburghausen legten Sabine Läffert und Carmen Lindner stellvertretend für das Bündnis gegen Rechtsextremismus ein Blumengebinde nieder. Unter den Anwesenden weilten auch Superintendent Michael Kühne sowie sein Vorgänger Hanspeter Wulff-Woesten, der im Namen der Christen das Wort ergriff.
Es freue ihn, dass mittlerweile über Konfessions- und Parteigrenzen hinweg allen klar sei, dass neonazistische Umtrieben sofort das Handwerk gelegt werden müsse – damit so etwas nie wieder in Deutschland passieren kann, so Wulff-Wosten. Darum müsse auch bundesweit sichergestellt werden, dass die Mahn- und Gedenkstätten, die es in ehemaligen Konzentrationslagern gebe, erhalten werden.
"Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das große Holocaust-Denkmal in Berlin die Herzen der Menschen wirklich anrühren kann", so der Superintendent i.R. weiter." |
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Januar 2012:
Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag |
Artikel in dtoday.de vom 28. Januar 2012:
"Hildburghausen gedachte der Opfer des Nationalsozialismus. Aktion
des Bündnisses gegen Rechtsextremismus Hildburghausen.
Hildburghausen (wotan/Güther) - Vertreter der Kreisstadt und des
Bündnisses gegen Rechtsextremismus gedachten am 27. Januar 2012 an der
Gedenkstele für die jüdische Synagoge in der Gerbergasse Hildburghausen
der Opfer des deutschen Faschismus..."
Link zum Artikel |
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Januar 2014:
Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag |
Artikel in dtoday.de vom 27. Januar 2014:
"Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus
Hildburghausen (pm) - Mit einer Gedenkstunde an der Erinnerungsstele für die zweite jüdische Synagoge Hildburghausens wurde am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Vertreter der Stadt und Kirchenvertreter legten Blumengebinde nieder..."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 359; III,1 S. 554-555. |
| Karl-Heinz Roß / Hans Nothnagel: Juden in Hildburghausen -
ein chronikalischer Überblick - von 1331-1943. In: Hans Nothnagel
(Hg.): Juden in Südthüringen - geschützt und gejagt. Bd. 2. S. 11-73. |
| Hans-Jürgen Salier / Ines Schwamm: Geschichte der Juden.
https://www.dunkelgraefinhbn.de/Geschichte-der-Juden.htm
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Hildburghausen Thuringia. First mention
of Jews there dates from the year 1331, but until the 18th century Jewish
settlement was sparse and discontinous. In 1720, there were 13 Jewish families
in Hildburghausen and in 1833 the community numbered 123. The community
established a synagogue in 1811 and maintained a school (1824-1922). After 1900,
a rapid decline set in and by 1930 there were only 33 Jews in Hildburghausen.
The synagogue was demolished in 1933 and the new synagogue moved to a private
house. In 1938 the first "Aryanization" of Jewish businesses occured.
On Kristallnacht (9-10 November 1938), Jewish men were arrested,
maltreated, and sent to the Buchenwald concentration camp. The last emigrants
left in 1939, one family going to the U.S. Those who remained, were deported in
1942 to the Belzec death camp in May and to the Theresienstadt ghetto in
September. Most never returned.
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