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Holzappel mit
Langenscheid und Dörnberg (VG
Diez, Rhein-Lahn-Kreis
)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Holzappel bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Holzappel 1843 28 jüdische Einwohner, 1871 42 (4,7 % von insgesamt
892 Einwohnern), 1895 30 (3,5 % von 865), 1905 21 (2,7 % von 771). Die
jüdischen Familienvorsteher betrieben vor allem Viehhandel. Mehrere hatten
nebenbei etwas Landwirtschaft. Es gab auch jüdische Metzger am Ort.
Zur jüdischen Gemeinde gehörten seit 1843 auch die in Isselbach,
Eppenrod, Langenscheid
und Dörnberg lebenden jüdischen Personen. Zuvor (in Isselbach auch
weiterhin) gab es in Isselbach
und Eppenrod auch eigene Betstuben der Filialgemeinden.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibungen der Stelle unten). Auf einer Lehrerversammlung des Rabbinates
Diez 1843 in Limburg wird als einer der
ersten namentlich bekannten Lehrer der Gemeinde ein Lehrer Bernheim genannt. Im
weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wechselten die jüdischen Lehrer am Ort
relativ häufig. Genannt werden u.a. Lehrer Bernheim (1847 bei einer
Lehrerversammlung in Limburg), Lehrer Emanuel
Blumenthal (war 1870 bis 1872 in Holzappel, s.u.); 1904 unterzeichnet einen Bericht (s.u.) Kantor Israel Tuch in
Holzappel.
Die Gemeinde
gehörte seit 1843 zum Bezirksrabbinat Diez, nach dessen Auflösung zum
Bezirksrabbinat Bad Ems (beziehungsweise Bad
Ems-Weilburg).
Die jüdischen Einwohner waren im Leben des Ortes völlig integriert, wie auch
aus Berichten zu einzelnen Personen der Gemeinde hervorgeht (siehe unten). Sie
beteiligten sich rege am allgemeinen Vereins- und politischen Leben. Simon
Rosenthal wurde bereits 1861 zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt
(siehe Bericht unten). Sigmund Löwenthal war Ehrenmitglied der Freiwilligen
Feuerwehr und Mitglied in mehreren Vereinen. Er verstand sich auf fast alle
Krankheiten beim Vieh und wurde überallhin zu Rat und Hilfe gerufen.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 21 Personen in Holzappel (2,9 % von 771
Einwohnern) sowie zusammen etwa
30 in Isselbach und Langenscheid gehörten,
waren die Gemeindevorsteher Sigmund Löwenthal, Jacob Isselbächer I und
Isaak Isselbächer. Den Religionsunterricht der jüdischen Kinder erteilte
Lehrer Nehemias Alt aus Diez. 1932 waren
die Gemeindevorsteher Josef Rosenthal (1. Vors.), Jakob Isselbächer I
(Isselbach, 2. Vors.), Isaak Isselbächer (3. Vors. Isselbach). Im Schuljahr
1931/32 erhielten acht jüdische Kinder der Gemeinde Religionsunterricht. Er
wurde weiterhin durch Lehrer Nehemias Alt aus Diez erteilt (Nehemias Alt
verstarb 1933 in Diez). 1932 wurden in
Isselbach 26 und in Langenscheid 5 jüdische Einwohner gezählt.
1933 lebten noch etwa 20 jüdische Personen in Holzappel (in sieben
Familien). In
den folgenden Jahren ist ein Teil von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1935 emigrierten
die Familien von Siegmund Löwenthal und sein Schwiegersohn Ernst Kann nach
Montevideo. Zwei Familien Rosenthal sind nach Nordamerika ausgewandert (Familie
Josef Rosenthal mit sechs Personen und Familie Adolf Rosenthal; letzterer war Schwerkriegsbeschädigter
aus dem Ersten Weltkrieg, armamputiert). Nach 1935 waren noch zwei Geschwister
Levita sowie eine Familie Schütz in Holzappel. Beim Novemberpogrom 1938 wurde
die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört (s.u.); die restlichen jüdischen
Einwohner wurden unter menschenunwürdigen Begleitumständen aus ihren Häusern
gejagt und misshandelt.
Von den in Holzappel geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Lina Eggener geb.
Rosenthal (1871), Lina Levita geb. Strauss (1895), Ludwig (Louis) Levita (1883),
Hermine Michel geb. Rosenthal (1865), Johanna Rosenthal (1873), Berta Schott
geb. Schütze (1899), Tina (Fina, Fanny) Strauß geb. Roos (1863), Rebekka
Treidel geb. Rosenthal (1860), Sabine Weinberg geb. Rosenthal (1862).
Aus Langenscheid ist umgekommen: Selma Philips geb. Wolf (1889). Aus
Dörnberg werden in den genannten Listen keine Personen genannt.
Zu Isselbach siehe die dortige
Zusammenstellung.
Hinweis: An der evangelischen Kirche von Holzappel wurde 1985 eine Gedenkplatte
angebracht mit der Inschrift: "Zum
Gedenken an das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger. 1933-1945. Ortsgemeinde
Holzappel 1985".
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1869 /
1870 / 1872 / 1884 / 1885 / 1889 / 1890 / 1891 / 1900
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1869.
"Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers und Vorbeters ist
hier vakant. Darauf Reflektierende haben sich bei dem Unterzeichneten zu
melden.
Holzappel, 4. Juli 1869. Simon Rosenthal II.,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. März 1870:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines israelitischen
Religionslehrers und Vorsängers offen. - Ist derselbe gleichzeitig auch Schochet,
so verstärkt diese Funktion seine Nebeneinkünftige. Qualifizierte und
unverheiratete Bewerber wollen sich baldigst bei Unterzeichnetem
melden.
Holzappel, (Reg.-Bez. Wiesbaden), 8. März 1870. Lazarus Rosenthal jun.,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1872:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines israelitischen
Religionslehrers und Vorbeters vakant. - Hierauf reflektierende sich
qualifizierende unverheiratete Bewerber wollen sich baldigst bei
Unterzeichnetem melden. - Gehalt 350 Gulden, bei freier Wohnung und
Heizung nebst Nebenverdiensten.
Holzappel (Provinz Nassau), 29. Dezember 1871 (statt 1872).
Lazarus Rosenthal junior,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1872:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines israelitischen
Religionslehrers und Vorbeters vakant. Hierauf reflektierende,
unverheiratete, qualifizierte Bewerber wollen sich baldigst bei
Unterzeichnetem melden. Gehalt 300 bis 350 Gulden nebst
Nebenverdiensten.
Holzappel (Provinz Nassau), den 8. Juli 1872. Lazarus Rosenthal jr.,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1884:
"Vakanz.
In hiesiger israelitischer Gemeinde ist die Stellung eines Lehrers und
Vorbeters per sofort zu besetzen. Reflektanten wollen Bewerbungsschreiben
mit Zeugnissen franko an den Unterzeichneten einsenden.
Unverheiratete erhalten den Vorzug.
Reisekosten werden nicht vergütet.
Holzappel, Provinz Nassau, 26. Dezember 1883. Lazarus Rosenthal jr.,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1885:
"Die hiesige Religionslehrer- und Vorbeterstelle ist per sofort zu
besetzen. Inländische Bewerber ledigen Standes wollen sich, unter Beifügung
ihrer Zeugnisse, an den Unterzeichneten wenden. Gehalt ca. 500-600 Mark
bei freier Wohnung und Heizung.
Holzappel, Provinz Nassau, 14. Juli 1885.
Lazarus Rosenthal jun.,
Vorsteher." |
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1889:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines israelitischen
Religionslehrers und Vorbeters offen. - Reflektierende haben sich
portofrei an Unterzeichneten zu melden.
Holzappel, 22. Oktober 1869. Lazarus Rosenthal jun.,
Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1890:
"Die israelitische Religionslehrer- und Vorbeterstelle ist in unserer
Gemeinde sofort zu besetzen. Gehalt Mark 600 nebst freier Wohnung und
Heizung. Ein Schochet erwünscht und hat dadurch Nebenverdienst.
Ledige Bewerber wollen sich wenden an den Kultusvorsteher.
Leopold Rosenthal in
Holzappel." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März 1891:
"Die israelitische Religionslehrer- und Vorbeterstelle ist in unserer
Gemeinde sofort zu besetzen. Gehalt Mark 600 nebst freier Wohnung und
Heizung. Ein Schochet erwünscht und hat dadurch
Nebenverdienst.
Ledige und inländische Bewerber wollen sich wenden an den
Kultusvorsteher
Leopold Rosenthal in Holzappel." |
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900:
"Die israelitische Kultusgemeinde Holzappel, sucht baldigst, wenn
möglich einen seminaristische gebildeten, religiösen Religionslehrer,
Schochet und Kantor. Fixum Mark 800 und Nebeneinkommen für Schechita etc.
sowie freie Wohnung. Ausländer werden nicht berücksichtigt. Anmeldungen
sind zu richten an
Samuel Rosenthal, Kultusvorsteher,
Holzappel." |
Lehrer Morgenthal in Holzappel wird bei einer
Lehrerkonferenz in Singhofen genannt (1864)
Artikel
in "Der Israelitische Lehrer" vom 6. Oktober 1864:
"Aus Nassau. Zu Singhofen
(Amt Nassau) hat am 19. September eine Versammlung israelitischer Lehrer zu
dem Zwecke stattgefunden, einen gemeinsamen Anschluss an den
Unterstützungsverein zu bewerkstelligen. Diese Versammlung war von den
Herren Friedberg aus Nastätten,
Morgenthal aus Holzappel, Emmel aus
Limburg, Levi aus
Eltville, Laubheim aus
Singhofen, Aron aus
Kördorf (nicht: Kirdorf),
Friedberg aus Ruppertshofen
besucht (Heymann aus Schierstein
hatte seine Verhinderung angezeigt). Als vorzüglichster Erfolg dieser
Vorberatung haben wir vorläufig mitzuteilen, dass Anfangs November eine
größere Versammlung in Limburg a.L.
stattfinden soll, und dass als Vertrauensmann Herr Friedberg aus
Ruppertshofen bestimmt worden,
welcher die Einladung (an Rabbiner, Vorstände, Lehrer und Gemeindeglieder
erlassen wird, und bei welchem auch die Anmeldungen zu machen sind. Die
betreffende Ansprache wird in einer der nächsten Nummern des 'Israelitischen
Lehrer' erscheinen." |
Lehrer Emanuel Blumenthal tritt in den Ruhestand (1915 in
Limburg, war 1870 bis 1872 Lehrer in Holzappel)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April
1915: "Limburg, 1. April (1915). Herr Emmanuel Blumenthal, der
Lehrer der jüdischen Kultusgemeinde in Limburg, verließ am 31. März
seine Berufstätigkeit. Er begann seine Laufbahn im Jahre 1865 in Meudt,
von wo er nach fünfjähriger Wirksamkeit nach Holzappel übersiedelte;
seit 1872, volle 43 Jahre lang, lebt und arbeitet er in unserer Stadt. Als
der Jubilar die hiesige Stellung antrat, war die Gemeinde noch gering an
Zahl. Seitdem wuchs sie mit der aufblühenden Stadt; heute zählt sie 80
Familien, und ihre Synagoge ist eine Zierde des Straßenbildes. Unserer
Kultusgemeinde war Herr Blumenthal seit mehr als einem Menschenalter
Lehrer, Religionslehrer, Erzieher. Die Gegenwart ist zu öffentlichen
Festlichkeiten nicht geeignet. Deshalb beschränkte die Kultusgemeinde
sich auf eine offizielle Beglückwünschung im Hause des Jubilars und auf
die Überreichung eines entsprechenden wertvollen
Andenkens." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der
Gemeinde
Simon Rosenthal wird stellvertretender Bürgermeister in
Holzappel (1861)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1861: "Diez,
4. April. Auch im Nassauischen haben wir einen Bürgermeister, welcher
sich zur israelitischen Religion bekennt. Es ist dies Herr Simon
Rosenthal II., Rotgerbermeister zu Holzappel, welcher für das Jahr
1861 zum stellvertretenden oder zweiten Bürgermeister von Holzappel
bestimmt ist. Wiewohl die Stadt wesentlich eine protestantische ist, so
hat doch dieselbe schon seit Jahren einen ersten Bürgermeister, der sich
zur katholischen Glaubenslehre bekennt, und man hat nie vernommen, dass
dieser Umstand auch nur den leisesten Grund zu Unfrieden abgegeben hätte.
(Rhein-Lahn-Zeitung)." |
Zum Tod von Samuel Rosenthal (1886)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. November 1886: "Nachruf.
Schon wieder hat der unerbittliche Tod einen treuen Anhänger dem
orthodoxen Judentum entrissen. Am 23. Cheschwan (= 21. November
1886) ist Herr Samuel Rosenthal von Holzappel in seinem 57.
Lebensjahre nach längerem Leiden sanft entschlafen. Mit seinem
Dahinscheiden verliert die Familie einen liebreichen, sorgsamen Gatten und
Vater, die israelitische Gemeinde die Zierde und den Führer in
religiöser Richtung, die Dürftigen von Nah und Fern einen großen
Wohltäter im wahren Sinne des Wortes, sogar in Erez Jisrael ist er
als großer Wohltäter bekannt. Sein freundliches Entgegenkommen
galt den Armen wie den Reichen und seine Reellität im Geschäft brachte
ihm einen großen Kundenkreis und die Achtung aller, wovon die große
Beteiligung, ohne Unterschied der Konfession, an der Beerdigung Beweis
ablegte. Möge der Allgütige dem Entschlafenen sanfte Ruhe und den
Trauernden Trost verleihen. Das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen." |
Zum Tod der Witwe von Samuel Rosenthal (1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Februar 1887: "Nachruf!
Am Schabbat Beschalach (= Schabbat mit der Toralesung Beschalach
= 2. Mose 13,17 - 17,16, d.i. 5. Februar 1887) während des
Morgengottesdienstes, hat der Tod eine noch klaffende Wunde tiefer
geschlagen. Die erst vor kurzem verwitwete Frau Samuel Rosenthal von
Holzappel ist in ihrem 56. Lebensjahre ihrem seligen Gatten nach
fünftägigem Leiden ins Jenseitige nachgeeilt, um nach beinahe elf
kummervollen Trauerwochen durch ein freudiges Wiedersehen wieder vereint
zu werden. Sie hatten es durch vereintes Zusammenwirken verstanden, ihre
Söhne zu frommen tüchtigen Geschäftsleuten und ihre Töchter zu
gottesfürchtigen Hausfrauen zu erziehen; hauptsächlich war die
Verstorbene stets bemüht, ihren Haushalt zweckmäßig und nach echt
jüdischem Ritus zu führen. Sie war eine stille Wohltäterin, sättigte
die Hungrigen und kleidete viele Nackten ohne Unterschied der Konfession,
und alle Tugenden einer frommen jüdischen Hausfrau waren bei ihr
vereinigt, wodurch sie sich die Achtung aller erworben hatte. Möge den
tiefgebeugt trauernden Waisen zum Trost gereichen, dass der
Allbarmherzige, der die Wunden schlägt, auch wieder heilenden Balsam in
die blutenden Herzen sendet und mit aller Gottergebenheit sprechen:
Was Gott tut, das ist wohlgetan. Holzappel, 6. Februar
1887." |
Zum Tod der Frau von Samuel Rosenthal (1920)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1920: "Holzappel,
23. Oktober (1920). Am 20. Oktober starb hier ganz plötzlich Frau Samuel Rosenthal,
nachdem kaum 2 1/2 Jahre vorher ihr Gatte zur ewigen Ruhe eingegangen war.
Es war ein echt jüdisches Haus, das von heiliger Weihe durchhaucht war,
in dem edle Gastfreundschaft geübt wurde. Die einzige Tochter wurde dort
in altgewohnter Weise erzogen und mit einem auf dem Boden des
überlieferten Judentums stehenden Arzte als Gattin verbunden. Dieses
hehre Familienheiligtum ist nun zerstört, aber wie wir hören, soll das
Haus von den Angehörigen zu einer wohltätigen Stiftung umgewandelt
werden, zur Ehre derer, die darin groß geworden. Die Beerdigung fand am
22. Oktober morgens unter zahlreicher Beteiligung der Gesamtbevölkerung
des Städtchens statt und auch von Nah und Fern waren Verwandte und
Freunde herbeigekommen zur Ehre der edlen Heimgegangen. Herr
Bezirksrabbiner Dr. Weingarten aus Bad Ems
hob in seinem Nachrufe die allgemeine Beliebtheit und Verehrung hervor,
die der Verblichenen von allen ohne Unterschied der Konfession wegen ihres
geraden, offenen und freundlichen Wesens gezollt wurde. Im Glücke hatte
sie Mut und Kraft gewonnen, das Schwere mit Gottvertrauen zu ertragen und
zu überwinden. Möge das Bewusststein, eine solche Mutter besessen zu
haben, der einzigen Tochter Erhebung und Trost gewähren. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen von Samuel Rosenthal (1886/87)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1886:
"Für mein an Schabbat und Feiertag geschlossenes, gemischtes
Warengeschäft suche per sofort einen Lehrling mit guten
Schulkenntnissen.
Samuel Rosenthal, Holzappel." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1887: "Wegen
Geschäftsaufgabe suche ich in einem am Samstag geschlossenen
Warengeschäfte für meinen jungen Mann Placement als Buchhalter,
Verkäufer oder Reisender. Derselbe besitzt eine schöne Handschrift.
Ferner suche für meinen Lehrling eine Lehrlingsstelle.
Holzappel. Samuel Rosenthal." |
Zur Geschichte der Synagoge
In Holzappel war eine Synagoge in einem aus dem 18.
Jahrhundert stammenden jüdischen Privathaus eingerichtet. Informationen aus der
Synagogengeschichte liegen nur wenige vor. Die Synagoge wurde auch von den
jüdischen Personen der Filialorte Eppenrod,
Isselbach, Langenscheid und Dörnberg
besucht. Vor allem die Isselbacher jüdischen Familien legten dennoch Wert auf
einen eigenen Betraum, wie aus einem Bericht von 1904 hervorgeht:
Die jüdischen Familien in Isselbach feiern
einen eigenen Gottesdienst (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1904: "Isselbach,
25. August (1904). Seit mehreren Jahren war die hiesige Gemeinde
gezwungen, allsabbatlich dem Gottesdienst in dem benachbarten Holzappel beizuwohnen,
da sie keine eigene Torarolle besaß. Vor Jahresfrist jedoch wurde
der Gemeinde eine gebrauchte Torarolle zum Geschenk gemacht, worauf
dieselbe nun in einem eigenen Lokale einen separaten Gottesdienst abhalten
konnte. Als jedoch vor kurzem der Bezirksrabbiner, Herr Dr. Weingarten -
Ems, diese Torarolle für unbrauchbar erklärte, scheute die
Gemeinde kein Opfer und ließ bei der Firma A. Rotschild - Frankfurt am
Main ein neues Sepher (Torarolle) anfertigen. Die Einweihung ging am
vergangenen Freitag-Nachmittag in Gegenwart aller Mitglieder der hiesigen,
sowie der Holzappeler Gemeinde vor sich. Die Gemeinde Isselbach kann bei
der geringen Anzahl ihrer Mitglieder stolz auf die Erwerbung dieses Sepher
sein. Jedenfalls liefert es den Beweis von ihrer Opferwilligkeit in
religiösen Dingen.
Kantor Israel Tuch,
Holzappel." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von
SA-Männern überfallen. Die Inneneinrichtung wurde völlig demoliert. Die
Ritualien wurden durch die Fenster geworfen. Am Gebäude wurden die
Aushängekästen des "Bundes Deutscher Mädchen" angeschlagen. Ein
Teil der Ritualien (zwei Torarollen, die Megillot, ein silberner Leuchter und
vier Schofarot) konnte ins Ausland gebracht werden.
Das Synagogengebäude blieb erhalten und wurde nach 1945 mehrfach umgebaut. Es
wird als Wohn- und Geschäftshaus verwendet (2023 Fahrschule). Eine Gedenktafel ist
angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Hauptstraße
69
Fotos
(Quelle: Gölzenleuchter s.Lit. S. 87f, alle weiteren Fotos von
Irmela Witt)
Gebäude der ehemaligen
Synagoge
mit der Gedenktafel |
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Das Synagogengebäude
(Publikation von 1998) |
Das
Synagogengebäude im Juni 2023 |
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Die Gedenktafel
mit einer Menora (siebenarmiger Leuchter) und dem Text: "Ich habe lieb
die Stätte deiner Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt. Psalm 26,8. In
diesem Haus befand sich die Synagoge der jüdischen Gemeinde bis zu ihrem
gewaltsamen Ende 1938. Das Geheimnis der Erlösung heisst Erinnerung".
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Das ehemalige
jüdische Schlachthaus
(Foto: Irmela Witt) |
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Das Gebäude steht in
einem Hinterhof zwischen
Hauptstraße und Esteraustraße |
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Gedenktafel bei der
Kirche |
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Die
Gedenktafel liegt beim Ehrenmal bei der Kirche (Nordseite).
Text: "Zum Gedenken an das Schicksal unserer jüdischen Mitbürger
1933-1945. Ortsgemeinde Holzappel 1985." |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Gemünden /
Wohra und umliegenden Orten |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Gemünden/Wohra sind u.a. vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,354 Sterberegister der jüdischen Gemeinden in
Gemünden / Wohra und in Holzappel 1824 - 1843; enthält
Sterberegister der Juden aus Gemünden/Wohra, Dodenhausen, Grüsen und
Schiffelbach, 1824 - 1844 sowie Sterberegister der Juden aus Holzappel,
Isselbach und Langenscheid, 1917 -
1938. https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2924801
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 384-385. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 438-439. |
| Franz Gölzenleuchter: Sie verbrennen alle
Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis -
Jahrzehnte danach. Limburg 1998. S. 86-90. Text online über Link oben
zugänglich. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 189 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Holzappel Hesse-Nassau. In
1843, the Jews of Holzappel, Isselbach, and three other villages established a
community, which numbered 67 in 1905. On Kristallnacht (9-10 November
1938), 15 Jews remained in Holzappel (and approximately the same number in
Isselbach). At least 12 perished in the Holocaust.
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