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Synagogen in Bayerisch Schwaben
Ichenhausen
(Kreis Günzburg)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Es bestehen weitere Seiten
mit Texten zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ichenhausen (interne
Links):
- Seite zur Geschichte
der Rabbiner und Lehrer in Ichenhausen
- Seite mit Berichten zum jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben sowie zu einzelnen Personen aus der jüdischen
Gemeinde
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ichenhausen gab es eine große jüdische Gemeinde bis 1942,
deren Entstehung in das 16. Jahrhundert zurückgeht. Bereits in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts könnten sich einige der 1518 aus der Freien
Reichsstadt Donauwörth ausgewiesene Juden hier niedergelassen haben. 1543-45
war der jüdische Drucker Chajim ben David Schwarz aus Prag in Ichenhausen und
besorgte hier eine Ausgabe der Tora (ein Exemplar heute in der
Universitätsbibliothek Oxford) sowie ein Gebetbuch (ein Exemplar in der
Bayerischen Staatsbibliothek in München). 1567 waren 13
jüdische Familien am Ort. Einige von ihnen werden aus Günzburg zugezogen sein.
In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sollten die Juden aus
Ichenhausen ausgewiesen werden (1622), doch blieb es bei der Androhung
durch den Ichenhauser Ortsherrn Bruno Freiherr von Stain.
Im 17. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder stark zu.
Nach der Teilung des Ortes 1657 gehörten zu oberschlossischen Herrschaft
der von Stain 58 jüdische Familien, zu der unterschlossischen Herrschaft von
Stains 92 Familien. 1730 lebten über 700 Juden in Ichenhausen, nachdem
auch viele jüdische Familien aus Thannhausen
zugezogen waren (Ausweisung 1717). Ein Zentrum der jüdischen Ansiedlung war im
Bereich der Ostergasse, die auch Judengasse genannt wurde. Im letzten Jahrzehnte
des 18. Jahrhunderts und in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts wurden durch
die Ortsherrschaft und den Ichenhausener Obervogt Staiger in der Hinteren
Ostergasse, in der Vorderen Ostergasse und in der Annastraße für Juden weitere
28 Wohnungen gebaut. Bis dahin durften sie nach einem Rezess von 1717 nur 35
Häuser besitzen.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Zahl der jüdischen Einwohner
weiter angewachsen. Anfang der 1840er-Jahre dürften über 1.000 jüdische
Personen in Ichenhausen gelebt haben, womit hier die damals zweitgrößte
jüdische Gemeinde in Bayern bestand (nach Fürth). Die jüdischen Familien
lebten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem vom Handel mit Textilien,
Altkleidern, vom Vieh- und Pferdehandel; einige waren jedoch auch schon in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Landwirte tätig. Schon um 1850 ging
durch Aus- und Abwanderung der jüdischen Einwohner deren Zahl stark zurück:
1853 wurden nur noch 718 jüdische Einwohner gezählt. Bis 1869 bildeten die
jüdische und die christliche Gemeinschaft auch getrennte bürgerliche Gemeinden
mit einer je eigenen Verwaltung und Finanzwirtschaft, danach wurde eine
gemeinsame politische Gemeinde aus Christen und Juden gebildet.
Zahlreiche jüdische
Vereine und Institutionen prägten das Gemeindeleben. Es gab am Ort ein
jüdisches Altersheim (ab 1919), eine Zweigstelle der Zentralen
Wohlfahrtsstelle, den Verein für Krankenfürsorge Bikkur Cholim (gegründet
1880), den Verein für die Verteilung von Brennholz an Bedürftige Ez-Chajim,
dem Israelitischen Frauenverein (gegründet ca. 1735, Ziele: Krankenwachen,
Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattung) den jüdischen Jugendverein, einen
Sportbund Makkabi, den Lernverein Talmud Thora (1925 47 Mitglieder), den Bund
jüdischer Frontsoldaten. Dazu gab es mehrere Stiftungen.
Ichenhausen wurde
früh Sitz eines Bezirksrabbinates (bis 1806 war der Ichenhausener Rabbiner
"Landesoberrabbiner", dann Distriktsrabbiner, schließlich
Bezirksrabbiner; der letzte Bezirksrabbiner Simon Schwab wanderte 1936 in
die USA aus, wo er 1993 starb). Das christlich-jüdische Miteinander war in
Ichenhausen sehr eng. In den allgemeinen Vereinen und kommunalen Gruppierungen
waren Juden und Christen gemeinsam engagiert. Beispielsweise wurde der
Ichenhausener Turnverein aus Initiative des jüdischen Hauptlehrers Julius
Thalmann 1884 gegründet. 1920 waren 12 der 33 Mitglieder des Ortsvereines der
SPD in Ichenhausen jüdischen Glaubens, drei davon saßen im Stadtrat.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Ernst Gerstle
(geb. 29.10.1890 in Ichenhausen, gest. 27.6.1918 in Gefangenschaft), Hugo
Gerstle (geb. 23.6.1890 in Ichenhausen, gef. 21.7.1917), Isak Gerstle (geb.
23.9.1892 in Ichenhausen, gef. 4.11.1914), Max Gerstle (geb. 21.2.1886 in
Ichenhausen, gef. 14.12.1914), Gefreiter Isak Heilbronner (geb. 5.3.1890 in
Ichenhausen, gef. 16.10.1916), Max Henle (geb. 4.6.1898 in Ichenhausen, gef.
24.7.1917), Louis Mann (geb. 13.1.1879 in Ichenhausen, gef. 26.7.1915), Berthold
Weimersheimer (geb. 18.8.1895 in Ichenhausen, gef. 5.5.1915), Gefreiter Louis
Winschbacher (geb. 19.1.1888 in Ichenhausen, gef. 4.11.1914). Außerdem sind
gefallen: Leutnant Rudolf Bernheimer (geb. 9.5.1889 in Ichenhausen, vor 1914 in
Augsburg wohnhaft, gef. 19.2.1915). Bernhard Weimersheimer (geb. 11.3.1890 in
Ichenhausen, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 29.8.1917).
Um
1925 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch etwa 300 Personen (etwa 11,1 %
der Gesamteinwohnerschaft von etwa 2.700 Einwohnern). Den Vorstand der
jüdischen Gemeinde bildeten damals Julius Krämer, Heinrich Neuburger,
Jakob Blum, Louis Frank, David Weglein, Jakob Gradman und Gustav Gerstle. Als
Rechner der Gemeinde war Dr. Neuwirth tätig. Ludwig Schwarz war Kantor, Moses
Meinfelder Synagogendiener. Die jüdische Volksschule (Mitte des 19.
Jahrhunderts bis zu 200 Kinder) besuchten noch 26 Kinder. Um 1932 waren die
Vorsitzenden der Gemeinde Julius Krämer (1. Vorsitzender) und Gustav I. Gerstle
(2. Vorsitzender). Schatzmeister war Jacob Gerstle. Eine Repräsentanz der
Gemeinde hatte sechs Mitglieder. Lehrer war inzwischen (seit 1929) Sigmund Hammelburger. Zur
jüdischen Gemeinde Ichenhausen gehörten als Filiale die in Neu-Ulm
lebenden jüdischen Personen.
1933 lebten etwa 320 jüdische Personen in Ichenhausen. Ihnen gehörten
knapp 80 Häuser und 60 Geschäfte. Die jüdischen Vereine entwickelten nach
1933 noch ein reges Gemeindeleben, obwohl die Lebensbedingungen auf Grunde der
zunehmenden Restriktionen immer schwieriger wurden. Im Zusammenhang mit dem
Novemberpogrom am es zur völligen Zerstörung der Inneneinrichtung der Synagoge
und einer Verwüstung des jüdischen Friedhofes. SS und Hitlerjugend taten sich
bei den Aktionen besonders hervor. 80 bis 100 jüdische Männer wurden nach
Dachau verschleppt. Bis 1941 konnten insgesamt 168 Juden emigrieren, 90 von
ihnen in die USA. Weitere 64 verzogen in andere deutsche Städte, von wo sie
großenteils deportiert worden. Direkt aus Ichenhausen wurden 129 Personen
deportiert, fast alle ermordet. Die Deportationen gingen nach Piaski (Polen) am
3. April 1942 (81 Personen), nach Theresienstadt am 8. August 1942 (32 Personen)
und direkt nach Auschwitz am 8. März 1943 (zehn Personen).
Zur Geschichte der Synagogen
Die Gemeinde hatte eine erste, 1687 erbaute Synagoge. Sie
wurde 1781 durch einen Neubau ersetzt, der vermutlich von dem berühmten
Kirchenbauer Joseph Dossenberger (1721-1785) entworfen wurde. Es handelt sich
dabei um einen längsrechteckigen Bau mit der Längsachse senkrecht zur Straße. Hohe
Fenster, die sehr tief ansetzen, erhellen das Innere an drei Seiten. Die vier
Rundbogenfenster an jeder Langseite werden durch flache Rahmen gegen das
Putzmauerwerk abgesetzt. Gleichfalls 1781 wurde ein dreigeschossiger Anbau
errichtet, in dem eine Schule, eine Rabbinerwohnung und im Keller eine Mikwe
untergebracht waren.
Über die "Zustände" in der Synagoge liegt aus dem Jahr 1845
ein Bericht in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vor (Ausgabe
vom 18. August 1845). Demnach gab es in der Synagoge in den 1840er-Jahren noch
Betständer und keine Subsellien (Bankreihen). Im Zusammenhang mit den damaligen
Reformen wurden Chorgesang und die deutsche Predigt eingeführt:
Aus
Bayern. Auf einer Geschäftsreise
machte ich des Samstags wegen in Ichenhausen, der zweiten größten
israelitischen Gemeinde des Königreichs Bayern, Rast. Ich begab mich Vormittags
in die Synagoge, um dem Gottesdienste beizuwohnen. Bei meinem Eintritte in die
Synagoge war ich von geteilten Empfindungen bewegt. Der schöne, einfache und
symmetrische Bau dieses Gotteshauses kontrastierte gewaltig mit der innern
Einteilung desselben, da statt der Subsellien in der ganzen Synagoge nur Stände
in den verschiedensten Nuancen zu sehen sind, die vielleicht schon ein Jahrhundert
überdauert haben mögen. Der Gottesdienst selbst wird noch nach altem
Herkommen, jedoch in ziemlicher Ruhe und Ordnung abgehalten. – Zu meinem großen
Vergnügen hörte ich aber eine Predigt mit an, die der Rabbinatskandidat Herr
Hochheimer, würdiger Sohn des dortigen Rabbiners, vortrug, die nicht nur ihres
schönen, gediegenen Inhaltes wegen, sondern auch der Art und Weise des
Vortrages große Anerkennung verdient. – Es kann den für das Bessere
gesinnten Gemeindemitgliedern nur zur Ehre gereichen, dass sie sich alle Mühe
gaben, diesen trefflichen Theologen aus eigenen Mitteln für sich zum Predigen
zu gewinnen. – Auch der Choralgesang, der seit neuester Zeit unter Leitung des
Lehrers Höchstetter stattfindet, verdient öffentliche Belobung. – Möge
diese Gemeinde fortfahren so freiwillig das Schöne und Edle beim Gottesdienstes
zu fördern und sie wird dann in jeder Beziehung unter den Gemeinden Bayerns
einen würdigen Rang einnehmen. |
In einem Reisebericht von 1850 wird der Zustand der Synagoge als
"verfallen und abstoßend" bezeichnet:
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Juli 1850: "Wieder nach Bayern zurückkehrend, erwähne ich
des schönen israelitischen Schulhauses in der großen Gemeinde Ichenhausen
mit vier Lehrern, von welchen einer das lukrative Geschäft einer
Weinschenke betreibt, und der gut organisierten Kleinkinderschule des
gemütreichen Lehrers Ullmann, in dessen zweitätigem Umgang ich liebe
Jugenderinnerungen noch einmal im Geiste durchlebte. Die dortige Synagoge
sieht verfallen und abstoßend aus und nur wenn man einen Blick nach oben
wendet, zeigen sich Spuren ehemaliger baulicher
Schönheit..." |
1852 wurde der
Synagogenraum erweitert, vermutlich wurden auch Subsellien (Bankreihen) anstelle der
Betständer eingebracht.
Wiedereinweihung der restaurierten Synagoge (1853)
Artikel
in der 'Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1853: 'Bayern,
im Mai (1853). Wenn gleich kirchliche Lokalfeierlichkeiten für das
größere Publikum nur von untergeordnetem Interesse sind, der richtige
Takt der verehrlichen Redaktion dieses Blattes, welcher derartigen
Berichten wieder größeren Raum zulässt, möge auch folgender von
Freundes Hand uns zugekommene Mitteilung ihre Berechtigung geben. Eine
solche Feierlichkeit fand kürzlich in Ichenhausen, nach Fürth der
größten israelitischen Gemeinde Bayerns, zur Einweihung der
restaurierten Synagoge statt. In dieser fehlte es schon lange, trotzdem
über 250 Personen aus der Gemeinde nach Amerika seit Jahren ausgewandert
waren … an Raum, und wie wir aus eigener Anschauung früher in diesen
Blättern berichteten, an Sauberkeit, Symmetrie und angemessener
äußerlicher Ausstattung, namentlich den Prachtgebäuden vieler
israelitischer Einwohner gegenüber. Mit diesem stand die Handhabung einer
zeitgemäßen Synagogen-Ordnung in Harmonie. Das Vorhaben der
Einsichtigeren, durch Ersetzung der veralteten Synagogenstände mittelst
Subsellien (Bankreihen), sowie durch Entfernung des Almemors – eine
Synagoge in der Synagoge – und Verbindung desselben mit dem Amod, an
Raum zu gewinnen, scheiterte, trotz der Zustimmung des im Rufe der
Frömmigkeit stehenden Rabbiners an dem Widerstand der Hyperorthodoxen,
welchen einmal alles Altgewordene ein Götze ist, bis sie jedoch nachgaben
und zwar zu einer Zeit nachgeben mussten, in der diese Herren anderwärts
sich erst recht breit machen. Dem mühevollen und bei unseren Leuten
doppelt verdrießlichen Geschäft der Leitung und Beaufsichtigung des
Unternehmens unterzogen sich eifervollst und opferwillig die beiden
Vorsteher, die Herren D. Einstein und H. Wimpfheimer mit dem schönsten
Erfolg. Das Innere der Synagoge ist mit herrlichen Malereien und mit zwei
prachtvoll gemalten Fenstern – einem Geschen des Herrn Nathan
Heilbronner – geziert, mit erhöhtem Raum für den Chor und schöner
Kanzel versehen und nicht s ist gespart worden, das Gotteshaus würdig
auszustatten. Dem Allen entsprach die Einweihung, zu deren Feier sich auch
der Grundherr, der Königliche Kämmerer, Baron von Stein, dann der
Königliche Landrichter und viele katholische Geistliche und Schullehrer
der Umgegend – letztere wirkten freiwillig bei der Ausführung der
Gesänge mit, ein echter Pädagoge ist folgerichtig auch wahrer
Menschenfreund – und die christliche Einwohnerschaft in reicher Zahl,
eingefunden hatten. Von der solennen Feier, gehoben durch den vom Herrn
Lehrer Höchstädter eingeübten Sängerchor, mit welchem der Vorsänger
Herr Einstein seinen Gebetsvortrag in schönem Einklang zu bringen
verstand und die inhaltsreiche Predigt des greisen Rabbiners Herrn
Hochheimer (Anmerkung: Es ist unsers Bedünkens nur zu loben, dass die
Gemeinde von ihrem Vorhaben, einen auswärtigen Rabbiner zum Festprediger
zu berufen, abgegangen ist. Der Mann, welcher das ganze Jahr dem
religiösen Bedürfnis der Gemeinde genügt, muss es auch in einem solchen
Falle vermögen, und sollte auch seine Predigt nicht allen homiletischen
Anforderungen entsprechen. Über derlei Schaustellungen müssen wir einmal
hinwegkommen. Korresp.) fanden sich alle erbaut und gehoben.
Ein Doppeltes trat auch bei dieser Feier wieder zutage: der im Zunehmen
begriffene Sinn des jüngern jüdischen Geschlechts für unsere
religiösen Institutionen und das Chimärenhafte der Behaupt unsere
Gegner, als sei das christliche Volk gegen die Gleichberechtigung
voreingenommen. Wo das Volk nicht gewaltsam oder durch List auseinander
gehalten wird, da gewinnt die Humanität immer größere Kreise und der
Mensch nähert sich seinem andersgläubigen Nebenmenschen in Liebe und
Frieden.
Möchte nur – diesen Wunsch fügen wir zur Beherzigung schließlich an
– der Gottesdienst in dem neuen Hause auch fortan ein würdiger sein,
ein solcher, in dem auch das jüngere Geschlecht Erbauung, alle aber einen
Mittelpunkt religiöser Erhebung zur Tugend und Wahrheit finden mögen. |
Predigt von Rabbiner Dr. Auerbach aus Halberstadt in
der Synagoge (1865)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juni 1865: "Ichenhausen
(Bayern), den 23. Mai (1865). Der jüngstvergangene Samstag brachte uns
einen seltenen Hochgenuss. Der berühmte Rabbiner zu Halberstadt, Herr Dr.
Auerbach, welcher hierorts zum Besuche bei seinem Schwiegersohne, dem
hiesigen Rabbiner weilte, ließ sich erbitten, in unserer Synagoge eine
Predigt zu halten, die nach Inhalt und Form ebenso vollendet wie erhebend
und begeisternd war. Der Redner wusste alle Hörer so hinzureißen, dass
kein Auge tränenleer blieb, und die hohe Weihe des Gottesdienstes, die
noch durch die vorzüglichen Leistungen unseres Kantors, Herrn Stark,
erhöht wurde, bei Allen bleibende Eindrücke hinterließ. Als Zeichen
ihrer Verehrung ließ denn auch die hiesige israelitische Gemeinde durch
die Kultusvorsteher, Herrn Einstein, Herrn Seligmann und das
Kultus-Ausschuss-Mitglied Herrn Heilbronner, dem Gaste einen schönen
silbernen Pokal zum Andenken überreichen." |
1894/95 wurde in der Nähe der Synagoge ein neues repräsentatives
Rabbinatsgebäude erstellt (heute von-Stain-Straße 8).
Im Sommer 1896 wurde die Synagoge umfassend
renoviert, wozu diese vier Monate geschlossen war. Insbesondere der Innenraum
wurde neu ausgestattet (großes Deckenoval, mit Stuck und raumdeckender
Ausmalung). Von den Renovierungsmaßnahmen berichtet anlässlich der
Wiedereinweihung der Synagoge die Zeitschrift "Der Israelit" am 15.
September 1896:
"Ichenhausen. Am Vorabend zum Schabbat Wajelech (Freitag, 11.
September 1896). Heute vor acht Tagen, am Vorabend zum Schabbat Nitsabim
(Freitag, 4. September 1896), wurde in der hiesigen Kultusgemeinde die
Einweihung der restaurierten Synagoge in feierlicher Weise begangen. Nachdem
Nachmittags 3 Uhr das Minchagebet im bisherigen Betsaale verrichtet worden war,
erfolgte um 5 3/4 Uhr die Aufstellung mit den Torarollen vor dem
Rabbinatsgebäude, und begab sich um 6 Uhr der feierliche Zug zur Synagoge, wo
er vom Synagogenchore mit dem Gesang Ma towu empfangen wurde. Hierauf
fand mit den Torarollen der Umgang in der Synagoge unter dem Gesang ... statt.
Nachdem der neue prachtvolle Aron Hakodesch (Toraschrein) geöffnet
worden war, sprach Herr Rabbiner Dr. Cohn ein herrliches Weihegebet, worauf
unter dem Absingen von ... die Torarollen in die heilige Lade verbracht worden.
- Herr Rabbiner Dr. Cohn hielt nun in bekannter meisterhafter Weise die
Festpredigt. - An dieselbe schloss sich das Tefilat Arawit Leschabbat
(Abendgebet am Vorabend vor dem Schabbat) mit Chorgesang. Die seit vier Monaten
geschlossene und während dieser Zeit restaurierte Synagoge präsentiert sich
als wahres Schmuckkästchen. Die schönste Zierde derselben ist der vom ersten
Kultusvorstande Herrn M. Sulzer aus eigenen Mitteln gespendete neue Aron
Hakodesch (Toraschrein), ein wahres Prachtstück des Kunsthandwerks. Durch die
neuen, ebenfalls von verschiedenen Kultusverwaltungs- und Gemeindemitgliedern
gestifteten, hohen farbigen Glasfenster ist die Synagoge heller und freundlicher
geworden. Überhaupt muss mit Freuden konstatiert werden, dass sich anlässlich
dieser Synagogenrenovation die allbekannte Opferwilligkeit aller Mitglieder unserer
Kultusgemeinde aufs neue dokumentierte. - Ganz besonderes Verdienst um die so
herrlich durchgeführte Restauration haben sich die Mitglieder der Baukommission
Herr M. Sulzer, I. Kultusvorstand, Herr G. Reichenberger, II. Kultusvorstand,
der auch den im Synagogenhofe stehenden neuen Brunnen stiftete, und die Herren
Abr. Koschland und Aron S. G. Heller erworben. Möge nun dieses so herrlich
restaurierte Gotteshaus wieder voll und ganz seiner heiligen Bestimmung dienen
und die in demselben verrichteten Gebete bei Haschem jitbarech (Gott, er
sei gepriesen) Erhörung finden. Amen. Ken jehi Razon (Amen. So möge es
(Gottes) Wille sein). |
Gedächtnisfeier und Enthüllung der Tafeln für
die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in der Synagoge (1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1922: 'Ichenhausen,
10. Juli (1922). Eine wehmütig ernste Gedächtnisfeier zu Ehren ihrer im
Weltkriege gefallenen Söhne, veranstaltete die israelitische
Kultusgemeinde Ichenhausen gestern Mittag in der Synagoge anlässlich der
Enthüllung der beiden marmornen Gedächtnistafeln. Das Gotteshaus war mit
Fichten und Lorbeerbäumchen geschmückt und mit Girlanden verziert, die
beiden Tafeln mit Lorbeerkränzen und Trauerschleifen umwunden. Herr
Kultusvorstand Krämer gab in einer kurzen Ansprache den Gefühlen der
Wehmut und der Trauer um den Verlust von 12 blühenden Mitgliedern unserer
Kultusgemeinde, die als Opfer des Weltkrieges an heiliger Stätte verewigt
wurden, sowie dem Gefühle des Dankes Ausdruck an alle, die sich zu diesem
Akte der Pietät eingefunden hatten. Die eigentliche Gedächtnisrede hielt
Herr Lehrer Blum, der in zu Herzen gehender Weise seine Zuhörer zu packen
wusste. Für den Reichsverband jüdischer Frontsoldaten sprach zugleich im
Namen der Münchener Ortsgruppe dieses Vereins Herr Dr. Arthur
Reichenberger. Der Synagogenchor, verstärkt durch die Mitglieder des
Gesangvereins Zion, sang die Trauergesänge der Seelenfeier. Die schlichte
Trauerfeier, an der eine Fahnenabordnung des vereinigten Veteranen- und
Kriegervereins, die Stadtvertretung, Vertreter der Kirchengemeinden, sowie
zahlreiche geladene Gäste als Vertreter der Stadtgemeinde teilnahmen,
hinterließ einen tiefen, feierlichen Eindruck." |
Eine weitere größere Umbaumaßnahme stand im Sommer
1929 an. Dabei war die Synagoge drei Monate geschlossen, um eine neu
Dampfheizung einbauen zu können. Ende September 1929 erfolgte die Neueinweihung
der Synagoge, über die in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung am 1.
Oktober 1929 berichtet wurde:
Ichenhausen. Nach dreimonatiger Unterbrechung, während
welcher in unserer Synagoge die Dampfheizung erstellt worden war, konnte
vergangenen Freitag Abend unser Gotteshaus wieder bezogen werden. Dieser erste
Gottesdienst gestaltete sich zu einer erhebenden Feier, die wohl all unseren
Gemeindemitgliedern in immer freudiger Erinnerung bleiben wird. In emsiger,
dankenswerter Arbeit hatte der jüdische Jugendverein das Gotteshaus mit dem
frischen Grün der Girlanden und Bäume geziert. Punkt sechs Uhr öffnete sich
das Mitteltor der dichtbesetzten Haupthalle und in langsamem Zuge wurden die mir
ihrem altehrwürdigen Silberschmuck versehenen 24 Torarollen herein getragen,
während der Synagogenchor unter der bewährten Leitung seines Dirigenten, des
Herrn N. Reichenberger, das herrliche "Ma-tauwu von
Lewandowski" sang. Unter den Klängen des von Knaben und Jünglingen
gemischten Chores "Halleluja von Lewandowski", welchen Herr Reichenberger
einstudiert hatte und leitete, wurden die Seforim (Torarollen) eingehoben.
Herr Rabbiner Dr. Neuwirth entzündete das Neer tomid (Ewiges Licht) und
bestieg dann (nach dem Minchagebet) die Kanzel, um in weihevoller Rede den
feierlichen Augenblick zu würdigen. Er gedachte der großen Spende des Max
Koschland aus San Franzisko und wies auf die Gedenktafel hin, die anlässlich
dieser Spende zu Ehren seiner seligen Eltern in der Synagoge angebracht worden
war. Er erinnerte an den Opfersinn der vielen sonstigen Spender, von denen jeder
nach seinem Können zur Beschaffung der Mittel beigetragen, dankte der Firma
Schlund & Co., Augsburg, welche die Heizung erstellt hatte, dankte der
Verwaltung für ihre Mühen und würdigte mit Recht ganz besonders die reichen
Verdienste unseres ersten Vorstandes, des Herrn Jul. Krämer. In einer
philosophischen Betrachtung über Gotteshaus und Gottesdienst klang seine
Festpredigt aus. Der übliche Freitagabendgottesdienst - verschönt durch die
Chöre des Synagogenchores - bildete einen würdigen Abschluss dieser erhebenden
Feier. |
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge im
Inneren zerstört, das Gebäude blieb jedoch erhalten. Es diente während des
Krieges als Heulager und als Lager für Farben der Wehrmacht; zeitweise stand es
auch leer. 1945 wurde das Gebäude von alliiertem Militär beschlagnahmt und der
jüdischen Vermögensverwaltung übergeben. Diese verkaufte das Gebäude 1953 an
die Stadt Ichenhausen. Von November 1958 bis Sommer 1985 wurde die ehemalige
Synagoge als Feuerwehrhaus zweckentfremdet.
Seit 1980 bemühte
sich ein am 28. Juli 1980 konstituierter "Aktionskreis Synagoge
Ichenhausen e.V." (Vorsitzender Moritz
Schmid) um die Renovierung der Synagoge. Diese konnte 1984 bis 1987 durchgeführt
werden. Dabei wurde das Synagogengebäude als Bauwerk komplett
wiederhergestellt). Am 4. Dezember 1987 wurde das Gebäude als "Haus
der Begegnung" feierlich eröffnet. In den oberen Stockwerken gibt eine
Dauerausstellung Einblicke in das Leben der Juden auf dem Land.
Standort: Vordere Ostergasse 24
Fotos
Historische Fotos (um 1930):
(Die Fotos stammen aus der Sammlung Theodor
Harburger: Quelle: Central Archives for the
History of the Jewish People, Jerusalem; großenteils veröffentlicht in
"Die Inventarisierung jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern.
Jüdisches Museum Franken. 1998; die nachfolgenden Fotos wurden direkt von den
Central Archives zur Verfügung gestellt; sw-Fotos nach 1945 aus der Festschrift
von 1987 "Synagoge Ichenhausen", s.Lit.) )
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Die bemalte
Stuckdecke der Synagoge |
Innenansicht der Synagoge |
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Blicke zum Almemor
(unterschiedliche
Toraschrein-Vorhänge) |
Toraschild
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Rimon -
Toraoberschmuck |
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Sederteller |
Fotos oben und
unten: Das Memorbuch von Ichenhausen |
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Nach 1945: Die
Synagoge als
Feuerwehrhaus
(Fotos von 1984) |
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Auffallend: der angebaute
Schlauchturm
und die Einfahrtstore im Bereich des
früheren Toraschreines |
Rechts im Regal über der auf
Höhe
der Frauenempore eingezogenen
Betondecke: Feuerwehrschläuche |
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Restaurierungsarbeiten
in
den 1980er-Jahren |
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Mühsame
Beseitigung der 1958
eingezogenen Zwischendecke aus
Stahlbeton (Januar 1986) |
Der Innenraum nach
Entfernung der Betondecke
(Januar 1986) |
Schwierig war die
Sanierung
der Fundamente des Gebäudes
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Neuere Fotos:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.7.2004)
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Hinweisschild zur
Synagoge |
Blick von
Südosten |
Blick von Süden |
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Gedenktafel für
die in der NS-Zeit
aus Ichenhausen umgekommenen
jüdischen Einwohner |
Hinweistafel |
Eingang zum
Betsaal mit Inschrift aus
Psalm 118,20: "Dies ist die Pforte des
Ewigen, Gerechte treten da ein"
(Übersetzung L. Zunz) |
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Blick nach Osten |
Blick auf die
Stelle des
ehemaligen Toraschreines |
Leuchter und
Sternendecke |
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Blick zu den
Frauenemporen |
Seitenfenster an
der Südseite |
Gegenüber der
Synagoge: das 1894/95
erstellte Rabbinatsgebäude |
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Die 2003/04 freigelegte und
restaurierte Mikwe (rituelles Bad) |
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Die
Mikwe befindet sich im Keller des 1781 erstellten Anbaus zur ehemaligen
Synagoge |
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Andernorts
entdeckt |
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Grabstein
für Fanny Bissinger aus Ichenhausen (1865-1937) im
jüdischen
Friedhof an der Eckenheimer Landstraße in Frankfurt am Main |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2008:
Veranstaltungen zum "Tag der Europäischen
Jüdischen Kultur" am 7. September 2008 |
Spuren jüdischen Lebens in Schwaben - Artikel
in der "Augsburger Allgemeinen" am 1. September 2008 (www.augsburger-allgemeine.de)
Ichenhausen/Krumbach. Auch in diesem Jahr veranstalten jüdische und nichtjüdische Organisationen gemeinsam den europäischen Tag der jüdischen Kultur. In 30 europäischen Ländern stehen am Sonntag, 7. September, Kulturdenkmäler wie Synagogen, Friedhöfe, Ritualbäder, Museen und Gedenkstätten zur Besichtigung offen. Der Landkreis Günzburg bietet ebenfalls eine reiche jüdische Geschichte, die am Sonntag lebendig werden soll.
Die Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhausen leistet einen Beitrag zum europäischen Tag der jüdischen Kultur. Das "Haus der Begegnung" ist hierzu von 13.30 bis 17 Uhr geöffnet. Interessierte können die Dauerausstellung "Juden auf dem Lande - Beispiel Ichenhausen" sowie die erst im Jahr 2001 im Keller der ehemaligen Synagoge entdeckte Mikwe (rituelles Tauchbad) besichtigen. Auch die Ton-Bild-Schau, die dem Betrachter auf lebendige Weise die Geschichte der Juden in Ichenhausen vor Augen führt, wird an diesem Nachmittag gezeigt.
Schließlich finden noch zwei Führungen um 14 und 15.30 Uhr "Auf den Spuren jüdischen Lebens" über den jüdischen Friedhof statt. Treffpunkt ist der Parkplatz bei der Freizeit- und Minigolfanlage am südlichen Stadtrand von Ichenhausen.
Auch das Ichenhauser Schulmuseum beteiligt sich am europäischen Tag der jüdischen Kultur mit einem Tag der offenen Tür von 10 bis 17 Uhr - der Eintritt ist frei. Um 14 und 15.30 Uhr findet eine Führung durch die Ausstellung "Die jüdische Schule in Bayern - von der Aufklärung bis zur Gegenwart" statt.
Jüdische Geschichte wird auch in Krumbach beleuchtet. Der Heimatverein Krumbach organisiert um 14 Uhr eine Führung zu den Zeugnissen der jüdischen Familie Landauer in Hürben mit Herbert Auer im Mittelschwäbischen Heimatmuseum. Um 16 Uhr führt Herbert Auer über den jüdischen Friedhof an der Augsburger Straße. |
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März 2010:
Veranstaltungen zur "Woche der
Brüderlichkeit" ^ |
Pressemitteilung der VG Ichenhausen vom 25.
Februar 2010: "Ichenhausen: Woche der Brüderlichkeit vom 07. März bis 14. März 2010
Motto: 'Verlorene Maßstäbe'
Am Sonntag, dem 07. März 2010, beginnt auch in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen die
'Woche der Brüderlichkeit', die in diesem Jahr unter dem Motto 'Verlorene Maßstäbe', steht.
Zum Herzstück dieser Aktion, die in vielen Städten und Gemeinden im Bundesgebiet stattfindet, hat sich in Ichenhausen der
Lernzirkel 'Jüdisches Leben – Jüdischer Glaube' entwickelt. Aufgrund des überwältigenden Erfolgs und der großen Nachfrage in den vergangenen Jahren bereiten etwa 120 Neuntklässler des Dossenberger-Gymnasiums Günzburg mit Unterstützung ihrer Religionslehrer diese bundesweit wohl einzigartige Aktion im Unterricht vor. In der Woche
der Brüderlichkeit schlüpfen die Gymnasiasten an fünf Vormittagen (08. bis 12.03.2010) in die Rolle des Lehrers und bringen Viertklässlern aus dem gesamten Landkreis jüdische Geschichte und Religion bei.
In mehreren Stationen, u.a. auf dem jüdischen Friedhof in Ichenhausen, vermitteln die Schüler
des Dossenberger-Gymnasiums den Viertklässlern anschaulich und greifbar Wissen über das Judentum im Allgemeinen sowie über die Juden in Ichenhausen.
Die Anregung zu diesem Lernzirkel kam im Jahr 1999 von Altlandrat Dr. Georg
Simnacher. Auch Landrat Hubert Hafner, zugleich Vorstandsvorsitzender der Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhausen, unterstützt diese Aktion, die fast ausschließlich von der Stiftung finanziert wird.
Zur Einstimmung auf die Woche der Brüderlichkeit veranstaltet das Klezmer-Ensemble Mesinke am Samstag, dem 06.03.2010 um 20:00 Uhr eine Klezmernacht in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen. Für das Konzert konnte die Band das weltbekannte Duo Lerner/Moguilevsky aus Buenos Aires gewinnen. Das Erbe ihrer osteuropäischen Vorfahren bildet für die Musiker, die
bei den wichtigsten Klezmer- und Jazzfestivals in Europa und den USA zu Gast waren, den Ausgangspunkt für furiose Improvisationen. Auf der Bühne tauschen die Multiinstrumentalisten Klarinette und Akkordeon immer wieder gegen Saxophon, Dudelsack, Flöte, Klavier oder Perkussion und nutzen die klangliche Vielfalt, um sich zwischen argentinischem Folk, Jazz, zeitgenössischer Musik und Tango auszutoben. Mesinke spielt im Vorprogramm Kostproben aus ihrer inzwischen
19-jährigen Bandgeschichte. Karten gibt es im Vorverkauf bei der Günzburger Zeitung und den Mittelschwäbischen Nachrichten.
Informationen zur 'Woche der Brüderlichkeit' gibt es unter der Tel.Nr. 08223/4005-52 oder 08221/930440.
Quelle: VG Ichenhausen." |
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Juni 2010:
Beitrag über Pfarrer Heinrich Sinz, Zeitzeuge
und Geschichtsschreiber über die NS-Zeit in Ichenhausen |
Foto
links von der Primiz von Heinrich Sinz. Im Vordergrund die sogenannten 'Primizbräutchen'. Links ein Gedicht, das Heinrich Sinz vom
'Primizbräutchen' Dorle Maier gewidmet wurde. Foto: Sammlung Heimatverein Krumbach
Artikel (nur der erste Teil wird auf Grund der Länge zitiert) von
Peter Bauer und Manfred Keller in der "Augsburger Allgemeinen"
vom 26. Juni 2010 (Artikel):
"Geschichtsschreibung ohne Gedankenfreiheit.
Krumbach Er schrieb im wahrsten Wortsinn Geschichte - in einer Zeit, in der sich Menschen anmaßten, über die Gedanken anderer zu herrschen. Kann man in einer solchen Zeit über Geschichte schreiben? Vor rund 70 Jahren
(sc. 1940) erschien das von Pfarrer Heinrich Sinz verfasste heimatkundliche Buch
'Beiträge zur Geschichte des ehemaligen Marktes und der nunmehrigen Stadt Krumbach
(Schwaben)'.
1940: Frankreich erobert, halb Europa besetzt, ein Volk unter Waffen. Hitler befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Wer in dieser Zeit über Geschichte schreiben will, dem sitzen die Schergen der Nazis buchstäblich im Nacken. Bei seiner Darstellung der Geschichte Krumbachs vermag Sinz sich dem Diktat der Machthaber teilweise durchaus immer wieder zu entziehen. Doch der Krumbacher Heimatforscher Herbert Auer sagt auch, dass im Buch von Sinz beispielsweise die Geschichte der jüdischen Kultur in Krumbach-Hürben nur unvollständig wiedergegeben sei. Dies bestätigt der Blick ins Buch. Die jüdische Geschichte Krumbach-Hürbens konzentriert sich in der Darstellung von Sinz auf die Zeit vom 15. bis 19. Jahrhundert. Das Buch von Sinz endet im Wesentlichen mit dem Ersten Weltkrieg. Ausgespart bleibt die damals jüngste Geschichte - und damit auch die Machtübernahme und die Terrorherrschaft der Nazis. Heinrich Sinz schreibt sein Krumbacher Geschichtsbuch in einer Welt, in der es keine Gedankenfreiheit gibt. Damit muss es ein Buch mit vielen Widersprüchlichkeiten, mit vielen Fragezeichen werden.
Zeuge rasender Gewalt. Keine Gedankenfreiheit: Für Sinz ist das offensichtlich eine durchaus bittere Erfahrung. In
Ichenhausen, wo der gebürtige Hürbener Sinz Pfarrer ist, wird er 1938 Zeuge der rasenden Gewalt der
Reichspogromnacht. Sinz, der nach Mitteilung von Auer zum Ichenhauser Rabbiner immer ein gutes Verhältnis unterhalten hat, notiert Denkwürdiges in seinen Aufzeichnungen: Er schildert mit großer Anteilnahme, wie Juden mit
'Gummiknüppeln geschlagen, mit den Füßen gestoßen und angespien' werden. Weiter ist in seinen Aufzeichnungen nachzulesen:
'Und was das Häßlichste war: Schulknaben waren dabei, die ihnen nachliefen ... junge Burschen holten alte Juden aus den Häusern und führten sie triumphierend zum
Rathaus.' Sinz schreibt, dass die Mehrzahl der Anwohner darüber 'empört' gewesen sei. Doch 1950 sagt er rückblickend einem Journalisten:
'Ich frage unseren Herrgott, warum hat er mich nur so lange leben lassen, um diese Schande
mitzuerleben?' Sinz‘ Aufzeichnungen über die Geschehnisse in der Pogromnacht 1938 in Ichenhausen werden erst 1996 nachträglich veröffentlicht..." |
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Februar 2014:
Die Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhausen wird
ausgezeichnet |
Artikel von Irmgard Lorenz in der
"Augsburger Allgemeinen" vom 24. Februar 2014: "Auszeichnung:
Engagement für Frieden und Toleranz
Die Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhausen bekommt den Kultur- und Heimatpreis. Ihre Ziele sind fast 25 Jahre nach der Gründung immer noch aktuell
Günzburg Derjenige, dem das größte Lob galt, konnte nicht kommen: Zur Verleihung des Günzburger Kultur- und Heimatpreises hatte sich Dr. Georg Simnacher krankheitshalber entschuldigen müssen. So nahm Landrat Hubert Hafner als Vorsitzender der Stiftung ehemalige Synagoge Ichenhausen den Preis entgegen. Die Volksbank-Günzburg-Stiftung würdigt mit der Auszeichnung die Stiftung ehemalige Synagoge, die sich vielfältig für Toleranz und Frieden zwischen den Kulturen engagiert hat, so Bankvorstand Johann Mayr..."
Link
zum Artikel |
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September 2015:
Über die Erinnerungen an die
jüdische Geschichte in Ichenhausen |
Artikel von Eva-Elisabeth Fischer in der
"Süddeutschen Zeitung" vom September 2015: "Tote Steine als stumme
Zeugen. Von einer der größten jüdischen Gemeinden Bayerns erzählt die
Synagoge in Ichenhausen
Hier gibt es zwar keine Juden mehr, aber die 'Judenrutsch', die gibt es
noch. Nach wie vor nennen die Einheimischen die Mittelschwabenbahn von
Günzburg nach Mindelheim so, weil die meisten Fahrgäste seinerzeit jüdische
Händler waren. So erzählt es Karin Beh, Betreuerin der ehemaligen Synagoge
zu Ichenhausen, die gelegentlichen Besuchern das einstige jüdische Leben in
ihrer kleinen Stadt nahebringt. Nicht gern hingegen, so sagt sie, redeten
die alten Ichenhauser davon, wie auf Geheiß der NSDAP-Kreisleitung in
Günzburg, einer Stadt mit historisch gewachsenem Antisemitismus, nach der
Pogromnacht am 9. November 1938 noch am Morgen des 10. der Innenraum der bis
dahin unbeschädigte Synagoge zerstört und der jüdische Friedhof geschändet
wurden. Zwischen 1941 und '43 band man die Juden, die nicht geflohen waren,
es waren 122, in drei 'Aktionen' mit Stricken aneinander wie Vieh und führte
sie so zum Bahnhof in die Todeszüge. Am 8. März 1943 war Ichenhausen
'judenrein'..."
Link zum Artikel |
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November 2017:
Erinnerung an den Novemberpogrom 1938 |
Einladung
zur Gedenkstunde über die Website der Stadt Ichenhausen: "Gedenken zur Reichspogromnacht vom 9. November 1938 –
'Bekennt euch zu eurer Verantwortung'
Am 9. November 1938 zog ein Mob durch Deutschland. Er beschädigte Geschäfte, setzte Gebetshäuser in Brand, tausende Menschen wurden misshandelt, willkürlich verhaftet bzw. getötet.
Der Tag ging als 'Reichspogromnacht' oder auch 'Kristallnacht' in die deutsche Geschichte ein. Betroffen waren Menschen, die einen
'Nachteil' hatten: Sie waren Juden! Es gibt Parallelen zur heutigen Zeit: Auch heute werden wieder Menschen – auch Juden – beschimpft, ausgegrenzt, geschlagen. Und warum? Weil sie eines sind – sie gehören einer anderen Rasse an.
Aus diesem Grund hat die 'Arbeitsgemeinschaft gegen das Vergessen' ihre traurige Berechtigung; denn wir dürfen nicht nur niemals vergessen, was sich vor 79 Jahren ereignet hat, sondern sollten uns das Zitat von Max Mannheimer zu Herzen nehmen, das für heute, morgen und auch übermorgen gilt:
'Ihr seid nicht schuld, an dem was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr
geschieht'. Die 'Arbeitsgemeinschaft gegen das Vergessen', bestehend aus dem DGB (Region Schwaben), der Gesellschaft für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Augsburg und Schwaben, das Evangelisch-Lutherische Dekanat Neu-Ulm und die KAB Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (Kreisverband-Donau-Iller), lädt zur Gedenkveranstaltung anlässlich der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 in das
'Haus der Begegnung' (ehemalige Synagoge) nach Ichenhausen. Die stv. Vorsitzende des DGB hält eine Rede mit dem Thema
'Ist der Schoß schwanger wieder, aus dem das kroch? 'Mehrere Persönlichkeiten, aus Politik, Gesellschaft, Kultur usw. werden zitieren, warum ihnen die Erinnerung auch heute noch sehr wichtig ist.
Die Veranstaltung findet am Sonntag, 12. November 2017 im 'Haus der
Begegnung' (ehemalige Synagoge) in Ichenhausen statt. Beginn 19 h. Der Eintritt ist frei."
Link
zur Website locally.de/ichenhausen |
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März 2019:
Zwanzig Jahre "Lernzirkel
Judentum" in Ichenhausen |
Artikel in "br.de" (Website des Bayerischen
Rundfunks) vom 10. März 2019: "Festakt zu 20 Jahre "Lernzirkel Judentum"
in Ichenhausen
'Jüdisches Leben - jüdischer Glaube' - darum geht es beim Lernzirkel
Judentum im Landkreis Günzburg. Seit 1999 beschäftigen sich Gymnasiasten
intensiv mit der deutsch-jüdischen Geschichte und geben ihr Wissen an
Grundschulkinder weiter. Jedes Jahr in der Woche der Brüderlichkeit
unterrichten Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen des Dossenberger
Gymnasiums 29 Grundschulen aus dem gesamten Landkreis Günzburg und bringen
den Kindern jüdisches Leben und jüdischen Glauben näher. Seit 20 Jahren wird
aus einer ehemaligen Synagoge samt Rabbinerhaus ein lebendiger Lernort.
20.000 Grundschüler kamen bereits in die Synagoge. In den vergangenen
Jahren kamen jeweils mehr als 1.000 Viertklässlerinnen und Viertklässler in
einer Schulwoche nach Ichenhausen. Den Mädchen und Buben wird gezeigt,
welche Feste jüdische Gläubige feiern und was es mit der Synagoge auf sich
hat. Es geht um Schrift und Schriften, um die Geschichte der jüdischen
Menschen vor Ort sowie um berühmte Juden der Vergangenheit und Gegenwart.
Ziel des 'Lernzirkels Judentum' ist es, dieses Wissen nachhaltig zu
vermitteln.
Intensive Vorbereitung der Neuntklässler. Die Neuntklässler des
Gymnasiums erarbeiten selbstständig die Inhalte und bringen sie dann an
verschiedenen Stationen innerhalb der Synagoge Grundschülern nahe. In
Lückentexten, Puzzles und Rätseln geht es für die Teilnehmer darum, das
Gelernte einzusetzen und anzuwenden. Die Initiatoren und Beteiligten wollen
aber nicht nur Geschichtswissen vermitteln. Anliegen des Lernzirkels ist es,
vor allem mitzuwirken daran, Ausgrenzung, Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit gar nicht erst entstehen zu lassen. Laut Michael
Salbaum, Fachbereichsleiter Religion und Projektbetreuung, gelingt es, dass
die Grundschüler von einst, heute die Wissensvermittler sind. Die Schüler
bringen auch immer wieder neue Umsetzungsideen ein. Im Jahr 2016 gab es
dafür den Simon Snopkowski-Preis der Gesellschaft zur Förderung jüdischer
Kultur und Tradition. Dieser wird an herausragende Projekte aller
Schulformen verliehen.
Festakt : 20 Jahre Lernzirkel Judentum. Am Sonntag, 10.03., feiert
der Lernzirkel sein 20–jähriges Bestehen. Im Unteren Schloss in Ichenhausen
wird als Gastredner auch Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrates
der Juden in Deutschland erwartet."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens
in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit A 85. 1988. S. 243-250. |
| Aktionskreis Synagoge Ichenhausen (Hrsg.).
Synagoge Ichenhausen. |
| Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der
Synagoge. Stuttgart 1988. S. 159-160. |
| Gernot Römer: Der Leidensweg der Juden in
Schwaben. Augsburg 1983. (zum Ende der jüdischen Gemeinde Ichenhausen: S.
72-81). |
| ders.: Für die Vergessenen. Augsburg
1984. S. 97-104. |
| Silvester Lechner: 'Judenmägd' in
Ichenhausen. Eine schwäbische Kleinstadt in der Weimarer Republik zwischen
christlich-jüdischer Symbiose und Antisemitismus, dargestellt am Beispiel
der christlichen Angestellten in jüdischen haushalten. In: Geschichte und
Kultur der Juden in Schwaben. Hg. von Peter Fassl (= Irseer Schriften Bd.
2). S. 157-171. |
| Zdenek Zofka: Judenverfolgung in Schwaben: das
Beispiel Ichenhausen. In: ebd. S. 171-177. |
| Werner König: Zur Sprache der Juden in
Ichenhausen. Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Jiddischen in Ichenhausen
sowie seiner ehemaligen Funktion in der deutschen dialektalen
Alltagssprache. In: Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben II. Hg. von
Peter Fassl (= Irseer Schriften Bd. 5). Stuttgart 2000. S. 269-285.
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| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu. (mit umfassenden Quellen- und
Literaturangaben)
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Ichenhausen S. 478-487.
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Gernot
Römer (Hrsg.)/Arnold Erlanger (Autor): Ein Schwabe
überlebt Auschwitz. Arnold Erlanger aus Ichenhausen. Lebensberichte
von Juden aus Schwaben. Bde. 5 (Taschenbuch). 128 S. Wißner-Verlag.
2002². ISBN 10:3896393499.
Arnold Erlanger ist 2007 verstorben. Die Stadt Ichenhausen hat
zu seiner Erinnerung eine Straße nach ihm
benannt. |
Artikel
in der "Augsburger
Allgemeinen" vom 9. Juni 2008 anlässlich eines Vortrages von
Gernot Römer über Arnold Erlanger.
Ichenhausen (ilor) - 1937 ging Arnold Erlanger als junger Mann zum letzten Mal in die Ichenhauser Synagoge zum Beten. Wenig später ereilten ihn die Grausamkeiten der Nationalsozialisten. Buchenwald, Ommen, Westerbork und schließlich Auschwitz - in seinen Lebenserinnerungen spricht Erlanger von "meiner Reise durch die Hölle". Woher nahm er die Kraft, später zu Besuch nach Ichenhausen zu kommen, dort Erinnerungen zu suchen, Freundschaft zu schließen?
In schlichten Worten, die vielleicht gerade deshalb beeindruckten, zeichnete Gernot Römer das Bild eines Menschen, der Unmenschliches ertragen musste und es mit einer schier unglaublichen menschlichen Größe erwiderte. Noch heute stockt der Atem bei den Erniedrigungen, die Erlanger und mit ihm unzählige Juden erlitten haben. Und dennoch: Arnold Erlanger blieb trotz aller Demütigungen ein mutiger, aufrechter Mensch.
Als er sich im Arbeitslager Buna in Monowitz, einer Außenstelle des Vernichtungslagers Auschwitz, die rechte Hand brach und mit ihr nicht einmal mehr einen Löffel halten konnte, arbeitete er weiter. Erlanger wusste: Es ging um Leben oder Tod. In seiner Not- es war streng verboten - sprach er den Lagerarzt Josef Mengele an und versicherte, dass er bald wieder arbeiten könne. Eins der vielen Wunder in Erlangers Leben geschah: Der Lagerarzt sortierte den Verletzten nicht wie üblich für die Gaskammer aus. "Ich kann mir heute gar nicht mehr vorstellen, wie ich den Mut aufbrachte, Mengele anzusprechen", schreibt Erlanger in seiner von Gernot Römer herausgegebenen Lebenserinnerung.
Aus KZ Flossenbürg befreit. Mut und eine unvorstellbare Kraft und Zähigkeit brauchte der gebürtige Ichenhauser noch oft in seinem Leben. Als 29-Jähriger erlebte er die Befreiung aus dem oberpfälzischen Konzentrationslager Flossenbürg und so nach und nach schien sich das Leben, von außen betrachtet, zu normalisieren.
In Holland geheiratet. Erlanger ging nach Holland und heiratete dort 1947 eine jüdische Witwe mit zwei Töchtern. Eine kleine Altmetallfirma wurde wirtschaftliche Basis für die Familie, die 1949 um ein weiteres Mädchen wuchs. Dennoch war das Leben Erlangers alles andere als heil: "Die Nächte in Holland waren furchtbar", sagte sein Freund und Biograf Gernot Römer in der ehemaligen Synagoge, "Nacht für Nacht erlebte er das Schreckliche nochmals".
Erlanger floh so weit wie möglich von Deutschland, ging mit seiner Familie nach Australien, baute sich in der Bekleidungsindustrie eine Existenz auf, übernahm Ämter in der jüdischen Gemeinde, pflegte das Familienleben. Er brachte es schließlich sogar fertig, über seine Leiden zu sprechen, antwortete Reportern, sprach im Rundfunk und, das war ihm ein besonderes Anliegen, vor Schulklassen.
Nachdem er 1948 nur kurz nach Ichenhausen gekommen war, vor allem um das Grab seiner Mutter zu besuchen, reiste Erlanger 1981 wieder nach Ichenhausen, freundete sich im folgenden Jahr mit dem Ichenhauser Moritz Schmid an und blieb fortan mit ihm in Kontakt.
1990, drei Jahre nach der Eröffnung der restaurierten Synagoge als Haus der Begegnung, besuchte er das ehemalige Gebetshaus. "Es ist ihm schwer gefallen, das Wiedersehen mit diesem Haus", sagte Gernot Römer. Mit seiner Frau Zet nahm Erlanger 1991 an der Eröffnung der Ausstellung "Juden auf dem Lande" teil, 1993 war das Ehepaar bei der Einweihung der Gedenktafeln für die Opfer des Holocaust zugegen. |
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| Stefan Lang: Ausgrenzung und
Koexistenz. Judenpolitik und jüdisches Leben in Württemberg und im
"Land zu Schwaben" (1492-1650). Reihe: Schriften zur
Südwestdeutschen Landesbunde. Band 63. Sigmaringen 2008.
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| "Ma
Tovu...". "Wie schön sind deine Zelte, Jakob..." Synagogen
in Schwaben. Mit Beiträgen von Henry G. Brandt, Rolf Kießling,
Ulrich Knufinke und Otto Lohr. Hrsg. von Benigna Schönhagen.
JKM Jüdisches Kulturmuseum Augsburg-Schwaben. 2014.
Der Katalog erschien zur Wanderausstellung "Ma Tovu...".
"Wie schön sind deine Zelte, Jakob..." Synagogen in Schwaben des
Jüdischen Kultusmuseums Augsburg-Schwaben und des Netzwerks Historische
Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ichenhausen
Swabia. Jews were present in the mid-16th century, including the well-known
Prague printer Hayim Schwarz, who hat previously resided in Augsburg. While in
Ichenhausen he produced a Pentateuch. In 1550, Jews expelled from Neuburg were
allowed to settle there as were, shortly after, Jews from Guenzburg and Thannhausen.
Jews were confined to a special quarter (Judengasse) until 1618, when King
Matthias granted them freedom of movement and trade. A synagogue was consecrated
in 1782. Only after the Bavarian annexation of 1806 was a Jews allowed to build
a house outside the ghetto. In 1811, the Jewish population reached a peak of 893
(of a total 1,978). A mid-century over 200 children studied at a Jewish public
school. The Jewish population fell with the commencement of emigration in the
1840s (65 leaved in 1849 alone), mainly to the United States, France and Italy.
R. Aharan Cohn officiated in the community from 1874 to 1920 and also served as
chief rabbi of Swabia. The Jews came to play a central role in the economic
development of the town and pioneered the men's clothing industry in Swabia,
with over 100 tailors employed in their factories in 1928. In 1933, 309 Jews
remained. Under the Nazis, the Central Union (C.V.) was active and most of the
youth belonged to the Juedischer Jugendverein and Maccabi. On Kristallnacht
(9-10 November 1938) the SS and Hitler Youth beat and arrested 80 to 100 Jews,
the synagogue was vandalized, and hundreds of tombstones were knocked over in
the cemetery. In 1933-41, 168 Jews managed to emigrate from Ichenhausen, 90 of
them to the United States. Another 64 moved to other German cities. Of the 129
present in 1842, 81 were deported to Piaski (Poland) via Muinich on 3 April; 32
to the Theresienstadt ghetto on 6 August 1942; and ten to Auschwitz on 8 March
1943.
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