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Geschichte / Synagogengeschichte in Ichenhausen
Ichenhausen
(Kreis Günzburg)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes
Hier: Texte zur Geschichte der Rabbiner
und jüdischen Lehrer in Ichenhausen
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Ichenhausen wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Übersicht:
Aus der Geschichte des
Rabbinates
Übersicht über die
Rabbiner in Ichenhausen
| um 1763 wird Rabbiner Samuel genannt, der
eine Jeschiwa (Talmudschule) betriebt |
| 1775-1828: Rabbiner Meyer Levi Ellinger (geb. ca.
1736, gest. 1828 in Ichenhausen): 1775 "Unterrabbiner" in
Ichenhausen, nach 1792 fürstlicher "Landesrabbiner" (zuständig
auch für Binswangen, Buttenwiesen und Hürben), zuletzt
"Oberrabbiner". |
| 1828 bis 1861: Rabbiner Isaak Hochheimer (geb. 1790
in Fürth als Sohn von Rabbiner Moses Hechheimer, gest. 1861 in
Ichenhausen): studierte Karlsruhe, Mainz und Frankfurt; 1828 Rabbiner in
Ichenhausen. |
| 1840er-Jahre als Prediger und Dajan bei seinem Vater
Isaak Hochheimer: Rabbinatskandidat / später Rabbiner Dr. Heinrich
Hochheimer (geb. 1818 in Ansbach, gest. 1912 in Baltimore, USA):
studierte in München; in den 1840er-Jahren Prediger und Dajan in
Ichenhausen bei seinem Vater; nach seinem politischen Engagement im
Revolutionsjahr 1848 nach Amerika emigriert, wo er Rabbiner in Baltimore
wurde (zunächst Gemeinde Niche Israel, dann Gemeinde Oheb Israel;
1892 in den Ruhestand). |
| 1862 bis 1874: Rabbiner Dr. Elieser (Lazarus) Löb
(geb. 1835 in Pfungstadt, gest. 1892
in Altona): studierte in Gießen, gründete 1857 in Pfungstadt
ein orthodoxes jüdisches Internat (Israelitisches
Lehr- und Erziehungsinstitut), wo er als Lehrer wirkte; seit 1862
Rabbiner in Ichenhausen, wo er eine Talmudschule (Jeschiwa) betreibt; 1874
Oberrabbiner in Altona. |
| 1874 bis 1920: Rabbiner Dr. Aron Cohn (geb. 1840 in
Altona, gest. 1922 ebd.): studierte in Würzburg, Berlin und Halle; 1866
Rabbiner in Náklo (Nakel, Prov. Posen), 1874 bis 1920 Rabbiner in
Ichenhausen, ging 1920 in den Ruhestand. |
| 1924 bis 1932: Rabbiner Dr. Samuel Neuwirth (geb.
1867 in Sebeskellemes [Šarišské Lúky],
Ostslowakei, gest. 1941 in Stuttgart): studierte in Würzburg und Berlin;
war Lehrer an der Präparandenschule Schwabach, später Lehrer und Prediger
in Frankfurt; 1900 bis 1924 Rabbiner in Bingen, 1924 bis 1932 Rabbiner in
Ichenhausen; zog 1934 nach Stuttgart; seine Frau Babette (Berta) geb.
Rosenfelder (geb. 1871 in Würzburg) wurde 1942 in das Ghetto Theresienstadt
deportiert und 1942/43 in Maly Trostinec ermordet. |
| 1933 bis 1936: Rabbiner Simon Schwab (geb. 1908 in
Frankfurt, gest. 1995 in New York): studierte an Jeschiwot in Frankfurt, Mir
und Telsch; zunächst Dozent in Montreux; 1933 bis 1936 Bezirksrabbiner in
Ichenhausen; 1936 in die USA emigriert; 1937 bis 1956 Rabbiner in Baltimore,
ab 1958 Rabbiner in Washington Heights (New York City), USA und Leiter einer
Rabbinerseminars in New York. |
| 1937 bis 1939: Rabbiner Dr. Gerhard Frank
(geb. 1912
in Buttenwiesen als Sohn des Lehrers
Salomon Frank und der Johanna geb. Einstein; verschollen, vermutlich
ermordet 1944 im KZ Auschwitz): studierte in Frankfurt und Berlin; 1935
Rabbinatsassessor in Königsberg, seit Mai 1937 Bezirksrabbiner in
Ichenhausen; nach dem Novemberpogrom im KZ Dachau; 1939 nach Holland
emigriert, wo er in der Folgezeit in verschiedenen Lagern, zuletzt im KZ
Westerbork als Seelsorger und Rabbiner wirkte; am 4. September 1944 mit Frau
Berta und Sohn Rafael nach Theresienstadt deportiert; Frau und Sohn
überlebten das Ghetto Theresienstadt; Gerhard Frank wurde nach Auschwitz
weiterdeportiert. |
Ausschreibungen
der Stelle des Rabbiners (Distriktrabbiner / Bezirksrabbiner) (1861 /
1922 / 1924 / 1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1861: "Konkurs!
Behufs sofortiger Wiederbesetzung der hiesigen vakanten Rabbinatsstelle,
mit welcher ein jährliches Fixum von fl. 563 – dann ein nicht
unbedeutender Emolumenten-Ertrag und freie Wohnung verbunden ist, werden
Bewerber ersucht, ihre Qualifikations-Noten und Zeugnisse über Hatarat
Horaa, absolvierte Studien und Rednertalent längstens bis zum 1. Juni
laufenden Jahres an den unterfertigten Kultusvorstand portofrei
einzusenden. Ichenhausen, Königreich Bayern, den 5. April 1861.
Der israelitische Kultusvorstand: Daniel Einstein. J.B.
Seligmann." |
Die in der konservativ-orthodoxen
Zeitschrift "Der Israelit" erschienene Anzeige wurde auch in der
liberalen "Allgemeinen Zeitung des Judentums" publiziert:
|
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. April 1861: "Konkurs.
Behufs sofortiger Wiederbesetzung der hiesigen vakanten Rabbinats-Stelle,
mit welcher ein jährliches Fixum von fl. 563, dann ein nicht
unbedeutender Emolumenten-Ertrag und freie Wohnung verbunden ist, werden
Bewerber ersucht, ihre Qualifikations-Noten und Zeugnisse über Hatarat Horaah, absolvierte Studien und Rednertalent längstens bis
zum 1. Juni laufenden Jahres an den unterfertigten Kultus-Vorstand
portofrei einzusenden.
Ichenhausen (Königreich Bayern), den 5. April
1861.
Der israelitische Kultusvorstand. Daniel Einstein, J.B. Seligman." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juni 1922: "Durch
den Tod des seitherigen Stelleninhabers, der fast 50 Jahre hier wirkte,
ist die Stelle eines Distriktsrabbiners mit dem Sitze in
Ichenhausen (Schwaben) wieder zu besetzen. Gehalt Mk. 50.000.-, außerdem
entsprechende Nebeneinnahmen. Geeignete Bewerber wollen Lebenslauf und
sonstige Belege bis 1. Juli einsenden an die Israelitische
Kultusverwaltung Ichenhausen." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. April 1924: "Die
durch das Ableben unseres Distriktsrabbiners des Herrn Dr. Cohn frei
gewordene Stelle des Rabbiners wollen wir wieder besetzen.
Bewerber, die die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen, auf
gesetzestreuem Boden stehen und akademische Bildung haben, wollen sich
unter Beifügung von Zeugnissen melden. Gehalt: Gruppe 10 der
Reichsbesoldungsordnung.
Israelitische Kultusverwaltung Ichenhausen
(Bayern)." |
|
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Februar 1933:
"Infolge Ruhestandversetzung des bisherigen Stelleninhabers soll die
Stelle eines Bezirksrabbiners des Rabbinatsbezirks Ichenhausen mit
dem Sitz in Ichenhausen durch einen jüngeren, orthodoxen, akademisch
gebildeten Rabbiner neu besetzt werden. Die Anstellung erfolgt gemäß der
Beamten- und Besoldungsordnung des Verbandes Bayerischer Israelitischer
Gemeinden. Bewerbungen bitten wir an den Vorstand der Israelitischen
Kultusgemeinde Ichenhausen zu richten.
Ichenhausen, den 23. Januar 1933.
Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Ichenhausen. Julius Krämer,
1. Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1933:
derselbe Text wie oben. |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1936: "Infolge
Wegganges des bisherigen Stelleninhabers, soll die Stelle eines Bezirksrabbiners
des Rabbinatsbezirks Ichenhausen durch einen jüngeren, orthodoxen
Rabbiner neu besetzt werden. Es wäre erwünscht, wenn Unterricht in
Englisch und Iwrith erteilt werden könnte. Die Anstellung erfolgt gemäß
der Beamten- und Besoldungsordnung des Verbandes Bayerischer
Israelitischer Gemeinden. Bewerbungen bitten wir an den Vorstand der
israelitischen Kultusgemeinde Ichenhausen zu richten.
Ichenhausen, 16. November 1936.
Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Ichenhausen. Julius
Krämer, 1. Vorstand." |
Der
Rabbinatskandidat Dr. Heinrich Hochheimer - Sohn von Rabbiner Isaak Hochheimer -
wird von 40 Männern für seine Predigten besoldet (1847)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. September 1847: "Wer in Bayern bekannt ist, muss
es zugeben dass die dortigen Israeliten sich seit Jahren bestreben,
ordentliche Gewerbe zu treiben, dass sie kein Geldopfer scheuen, ihre
Kinder zeitgemäß bilden zu lassen, dass sie überall, bei strenger
Religiosität, den besseren Einrichtungen im Kultus zugetan sind. Als
Beleg hierfür möge von so vielem, das sich anführen ließe, hier nur
noch erwähnt werden, dass in Ichenhausen etliche und 40 junge
Männer den Rabbinatskandidaten Hochheimer, Sohn des dortigen
Rabbiners, aus eigenen Mitteln besolden, um alle 14 Tage eine Predigt zu
hören. Dieser junge Mann erfreuet sich des Beifalls der ganzen Gemeinde
und haben ihm die ledigen Leute dort als Beweis ihrer Achtung eine sehr
wertvolle goldene Repetieruhr überreicht. Auch eine
Kleinkinderbewahranstalt wurde dort von den Israeliten gegründet und
steht unter Leitung des Lehrers Ullmann, der neben wackeren
Kenntnissen in der hebräischen Literatur viel pädagogisches Geschick
hat." |
Prediger
Hochheimer, Sohn des Rabbiners muss auf Grund seines politischen Engagements in
die Vereinigten Staaten fliehen (1849)
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 31. August
1849: "Ichenhausen, 1. August (1849). Hier hat sich ein
bedauerlicher Vorfall ereignet. Prediger Hochheimer, Sohn des Rabbiners
daselbst, ließ sich seit den Märztagen in politische Dinge ein, reiste
herum zu den Volksversammlungen und sprach wie ein aufrichtiger Republikaner.
Sein Vater wies ihn oft zurück in die Grenze, in denen sich allein ein Theologe
zu bewegen hat, doch das war umsonst. Als er nun einst bei einer
Volksversammlung in einem Orte tüchtig ausgepfiffen wurde und es
überdies zu handgreiflichem Gemenge kam, da wurde die Regierung auf ihn
aufmerksam und ließ ihn fahnden. Er rettete sich noch zeitlich aus dem
Lande und ist nun zum Grame seines alten Vaters auf dem Weltmeer, das zu
der neuen Welt führt. Möge dieses besonders den jüngeren Theologen eine
Warnung sein. - Wir vermissen diesen jungen Mann jedenfalls ungern, da er
sein Amt gut ausfüllte und das Vertrauen der Seinigen
besaß." |
Feier
zum 70. Geburtstag von Rabbiner Isak Hochheimer (1860)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1860: "Ichenhausen,
Ende Tischri 5621. Alles, was der Orthodoxie auch nur mittelbar nützlich
sein kann, mag billiger Weise Anspruch auf ein Plätzchen in Ihrem
geschätzten Blatte machen. In dieser Voraussetzung ersuche ich Sie,
nachstehenden Bericht über ein Fest, welches am ersten Sukkot-Tage hier
begangen wurde, zu veröffentlichen. Unser würdiger Herr Rabbiner Isak
Hochheimer, der schon zweiunddreißig Jahre segensreich in hiesiger
Gemeinde wirkt, und der sich ebenfalls dem Proteste gegen das Philippson’sche
Bibelwerk angeschlossen, erreichte am ersten Tage des verflossenen
Laubhüttenfestes seinen siebzigsten Geburtstag. Nur wenigen Vertrauten
war dies vorher bekannt, und sie beschlossen, dem würdigen Greise einen
schönen Ehrentag zu bereiten. Durch eine Kollekte war bald eine namhafte
Summe aufgebracht. Die Liste lag in einem Haus offen, und wer sich
anschließen |
wollte,
kam und unterzeichnete, und dies tat auch so ziemlich der größere Teil
der hiesigen Gemeindeglieder. Das geräumige Schullokal wurde entsprechend
dekoriert, alle Beteiligten fanden sich am Nachmittage des schönen Tages
dazu ein, wo dann der Jubilar durch ein Komitee abgeholt und eingeführt
wurde. Nach Enthüllung des Ehrengeschenkes, welches in zwei prächtig
gearbeiteten Armleuchtern bestand, dankte der ehrwürdige Greis gerührt
und gab die Versicherung seines ferneren Strebens zur Aufrechterhaltung
des alten Kultus, damit die Gemeinde auch ferner des Rufes einer wahrhaft
israelitischen Gemeinde würdig sei. Es wurden mehrere Toaste ausgebracht,
die alle die Anerkennung aussprachen, dass der würdige Rabbiner stets
bemüht war, Religiosität aufrecht zu erhalten und den Indifferentismus
nicht aufkommen zu lassen. Auch lässt es sich wirklich mit Bestimmtheit
behaupten, dass es in unserer Gemeinde, die als die zweitgrößte in
Bayern angesehen werden kann, keinen Entweiher des Schabbat, keinen
öffentlichen Religionsübertreter, und was, Gott sei Danke, noch mehr
hervorgehoben zu werden verdient, keine Reformsüchtigen gebe. Auch dies
dürfte nur dem klugen Wirken des Herrn Rabbiners zuzuschreiben sein, der
es vorzieht, lieber unter vier Augen zurechtzuweisen, als durch
öffentliches Verfahren und strafendes Einschreiten Widerwillen, Trotz
oder gar Unfrieden in der Gemeinde hervorzurufen.
Nicht vergessen darf werden, dass zu diesem schönen Feste, in Folge an
sie ergangener Einladung, auch die zwei hiesigen christlichen Geistlichen,
sowie ein Geistlicher eines Nachbarortes und die hiesige
Gemeindeverwaltung erschienen waren. Der würdige Herr Pfarrvikar, als
Vertreter seines von seltener und rühmenswerter Toleranz beseelten,
kranken Herrn Pfarrers Bauer, richtete eine Beglückwünschungsrede an den
greisen Jubilar, sprach seine herzliche Freude darüber aus, dass unter
den Bekennern beider Konfessionen die schönste Eintracht und wohltuender
Friede herrsche, und schloss mit dem Wunsche, dass dieses liebevolle
Verhalten immer ungestört fortwalten möge. Auch Privatgeschenke wurden
von hier und auswärts als Beweise der Achtung und Wertschätzung dem
würdigen Greise verehrt. Mögen die Wünsche, welche Herr Rabbiner
Hochheimer der Gemeinde, und die, welche die zahlreiche Gesellschaft ihm
darbrachte, in Erfüllung gehen und die Gemeinde wird sich immerhin ihres
Friedens mit Gott und ihres Friedens unter sich selbst zu erfreuen haben.
Für die orthodox-israelitische Bibelanstalt wird der Herr Rabbiner
nächstens eine Sammlung veranstalten, deren Ausfall recht ergiebig zu
sein verspricht." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1860: "Aus
Bayern, im Oktober. Ichenhausen, die zweitgrößte Israelitengemeinde des
Landes, feierte am 1. dieses Monats, dem ersten Tag des Laubhüttenfestes,
das 70. Geburtsfest ihres hochwürdigen Rabbiners, Herrn J. Hochheimer, in
höchst würdiger und gemütsvoller Weise, welches Zeugnis gibt, wie die
größeren Gemeinden immerhin das Verdienst ihrer Rabbinen zu würdigen
wissen, wie das fromme und bescheidende Wirken derselben allgemeine
Anerkennung findet und wie der Geist echter Toleranz unter den
katholischen Geistlichen sich doch noch vielfach in lobenswerter Art
kundgibt. Schon vier Wochen vor dem Feste wurde auf Anregung der Herren
Kultusvorsteher Daniel Einstein und J.R. Seligmann Vorbereitung hierzu
getroffen und Alles beeiferte sich, rege Teilnahme zu bekunden. Mittags 1
Uhr wurde der Jubilar in seiner Wohnung durch die Herren Lehrer und einem
gewählte Komitee feierlichst abgeholt, um sich mit denselben in das
Schulhaus zu begeben. Dort waren in dem festlich geschmückten Saale die
Kultusvorsteher, der Königliche Herr Schulinspektor, der Pfarrvikar,
viele Geistliche aus der Umgegend, die größere Schuljugend und der
größte Teil der Gemeinde, sowie die Magistratsmitglieder versammelt. Als
der Gefeierte eintrat, stimmte die Schuljugend ein für die Feier eigenes
verfasstes und von Herrn Kantor Weintraub in Musik gesetztes Lied an. Die
Vorsteher begrüßten und beglückwünschten denselben namens der Gemeinde
und überreichten ihm für dieselbe zwei äußerst kostbare silberne
Kandelaber. Herr Einstein hob in gehaltvoller Ansprache die Verdienste des
Rabbinen während seiner 33jährigen Amtsführung hervor. Dieser erwiderte
in kurzen, aber herzlichen und ergreifenden Worten. Dann traten auch die
katholischen Geistlichen zum Jubilar und beglückwünschten ihn, und der
Herr Pfarrvikar hat in geistvoller und gewählter Ansprache die Verdienste
desselben um die Schule, wie um Erhaltung des Friedens und der
brüderlichen Eintracht in der großen Gemeinde auseinandergesetzt. Da
blieb kein Auge tränenleer. Der angeredete Greis war tief ergriffen und
konnte nur in wenigen Worten seinen Dank aussprechen. Auch die anwesenden
Magistratsräte und einige Andere begrüßten den geliebten geistlichen in
herzlicher Anrede.
Viele überreichten noch sehr sinn- und geschmackvolle Geschenke. Auch von
Vielen, die seit mehreren Jahren von hier nach München und anderen Orten
übergesiedelt, kamen Beglückwünschungsadressen, begleitet mit
ansehnlichen Ehrengeschenken. Der Rest des Tages wurde in heiterer
Stimmung bei einem Mahle zugebracht, wobei gehaltvolle Toaste gesprochen
wurden. Abends brachte ein Sängerchor, unter Beteiligung vieler
christlicher Sänger, noch eine Serenade vor der Wohnung des Jubilars,
womit ein freundlicher, in den Annalen unserer Gemeinde denkwürdiger Tag
sich schloss." |
Rabbiner
Dr. Löb wirbt für sein Pensionat (1863)
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. November 1863: "In das Pensionat
des Unterzeichneten können sofort noch einige Zöglinge eintreten.
Unterricht: im Hebräischen, in den modernen Sprachen, den Real- und
Merkantilwissenschaften. Auf Verlagen in Latein und Griechisch.
Ichenhausen (Bayern). Dr. Löb."
|
Rabbiner
Meier Ettlingers Jeschiwa (Beitrag von 1866)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1866 (der Beitrag
handelt von den in Bayern vorhandenen Jeschiwot / Talmudschulen): "b. in Ichenhausen
hat Rabbiner Meir Ettlinger – seligen Andenkens -, ein Schüler
des Rabbiner Aron Fuld – seligen Andenkens – sehr viele Schüler
erzogen und zur Fortsetzung ihres Studium veranlasst; gegenwärtig wirkt
Rabbiner Dr. Löb innerhalb des unter gegenwärtigen Verhältnissen
Möglichen, durch sein Institut". |
Dank an
Rabbiner Dr. Löb (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1867: "Ichenhausen,
im November (1867). Dieser Tage überreichten die hiesigen israelitischen
Kultus-Vorsteher, die Herren D. Einstein und N. Heilbronner, denen sich
die Herren L. G. Koschland und S. Guttmann angeschlossen, dem Herrn
Rabbiner Dr. Löb, im Namen der Zuhörer der Sabbat-Nachmittag-Vorträge
desselben, mit einer Dankadresse eine äußerst pracht- und wertvolle Menora
schäl Chanukka (Chanukka-Leuchter).
Die Teilnehmer an diesen Vorträgen ehrten durch diesen Akten nicht nur
den Vortragenden, sondern mehr noch sich selbst, indem sie bekundeten,
dass ihnen die Tora und deren Deutung das höchste Kleinod sei und sie
ernst gemeinte, im Dienste der Wahrheit und Erkenntnis stehende
Bestrebungen zu würdigen und anzuerkennen wissen. Herr Dr. Löb war von
diesem unerwarteten Ausdruck der Freundschaft und Liebe äußerst
überrascht, und dankte tief ergriffen, hervorhebend, wie dieser Beweis
der Sympathie, den er nur auf Rechnung seines Wollens, nicht seiner
Leistungen setze, ihn ermutige und ermahne, auf der betretenen Laufbahn
auszuharren und weiter zu schreiten. Ein glückliches Resultat werde
sicher erreicht, so Rabbiner, Kultusführer und Gemeinde von demselben
Sinne durchdrungen, sich die Arbeit um Erhaltung unserer heiligen Religion
gegenseitig erleichtern und eben diesem erhabenen Ziele mit vereinten
Kräften und innigen Frieden zusteuern; und wenn sein (des Rabbiners)
Wirken unter Gottes Hilfe manchen Erfolg aufzuweisen habe, so sei dies
nicht sein Verdienst, sondern nur den vereinten Bemühungen und
Anstrengungen aller Beteiligten, dem liebevollen, opferfähigen und
opferwilligen Entgegenkommen der Gemeinde beizumessen." |
Rabbiner
Dr. Löb wird zur Probepredigt nach Krefeld eingeladen (1869)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Mai 1869: "Ichenhausen,
Ende April (1869). Unsere israelitische Gemeinde befand sich dieser Tage
in der größten Aufregung. Es verbreitete sich nämlich die Kunde, dass
unser hoch verehrter Rabbiner, Herr Dr. Loeb, als erster Kandidat um das
Oberrabbinat zu Krefeld zur Probepredigt berufen sei. Die Gemeinde begriff
sofort, welch ein Verlust ihr drohe, wenn ihr Rabbiner, der seit seiner
siebenjährigen Amtsführung so Großes hier geleistet und sich hierdurch
die Sympathien aller Mitglieder ohne Ausnahme in höchstem Maße erworben,
den hiesigen Platz, der ein so schönes Feld der Wirksamkeit bietet,
verlassen würde. Von diesem Gedanken geleitet, richteten der Vorstand und
eine große Zahl der ehrenwertesten Gemeindemitglieder die
eindringlichsten Bitten an den Herrn Rabbiner und bestimmten hierdurch
denselben, dass er sich bereit erklärte, hier zu verbleiben.
Ehre der Gemeinde, die mit solcher Anhänglichkeit an ihrem Hirten hängt
und jedes Opfer bringt, sich denselben zu erhalten; Ehre dem Rabbiner, der
diese Anhänglichkeit zu schätzen weiß und im Bewusstsein, hier ein – Gott
sei Dank – gesegnetes Feld der Tätigkeit zu haben, gerne auf
äußere Vorteile verzichtet. Mehrere Gemeindemitglieder." |
Zum Tod der Mutter von Rabbiner Dr. Löb (1871)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1871: "Nekrolog.
Ichenhausen. Ende Februar wurde die Mutter unseres verehrten Herrn
Rabbinen Dr. Löb zu Grabe getragen, deren Tugenden nicht nur hier,
sondern auch in der weiten Ferne so bekannt waren, dass wir nicht umhin
können, unserem tief gefühlten Schmerz über ihren so unerwarteten
Hintritt öffentlich Ausdruck zu geben. Die Verklärte war eine biedere,
edle Frau, welche stets bemüht war, Gutes auszuüben, Arme zu
unterstützen, Friede herzustellen, und mit Hinansetzung eigenen
Interesses das Wohl ihrer Nächsten fördern zu helfen. Ihr einziger Sohn,
Herr Rabbiner Dr. Löb, hielt mit gepresstem herzen am Grabe der
Verklärten die Trauerrede, welche von dem größten Teile der Gemeinde
mit lautloser Stille unter Strömen von Tränen vernommen wurde. Dabei
verdient erwähnt zu werden, dass nicht nur der praktische Arzt, Herr Dr.
Rapp, sondern auch der katholische Ortsgeistliche, Herr Pfarrer Meier, dem
Leichenzuge sich anschlossen und Letzterer sogar der Trauerrede anwohnte,
ein Zeichen sowohl der allgemeinen verdienten Hochachtung, deren sich die
Verblichene zu erfreuen hatte, als auch namentlich ein Beweis der
rühmenswerten Humanität des ehrwürdigen Herrn geistlichen und der
erfreulichen Eintracht der hiesigen Einwohnerschaft. Möge diese auch in
anderen paritätischen Orten statthaben, und das humane Vorgehen unseres
Herrn Pfarrers überall Nachahmung finden. D.E." |
Rabbiner
Dr. Löb wechselt nach Altona (1873)
Anmerkung: im nachfolgenden Artikel erlaubt sich die liberal geprägte
"Allgemeine Zeitung des Judentums" einen kleinen Seitenhieb gegenüber
der Orthodoxie.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 24. Juni 1873: "Von der Elbe,
27. Mai (1873). Das Rabbinat in Altona ist wieder besetzt. Als Nachfolger
Ettlingers wurde Herr Dr. Löb aus Ichenhausen in Bayern gewählt.
Was dem Manne an talmudischem Wissen abgeht, ersetzt er durch neuorthodoxe
Frömmigkeit. Die Wahl liefert neuerdings den Beweis, dass es der
Orthodoxie an Zeug fehlt". |
Zum
Tod von Rabbi Koppel Ullmann (1886)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1886: "Ichenhausen,
22. März (1886). Vor vier Wochen haben wir einen Mann zu grabe getragen,
der es wohl verdient, dass ihm ein Nachruf gewidmet werde. Rabbi Koppel
Ullmann – das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen – wurde
nach kurzem Krankenlager in ein besseres Jenseits abberufen, um dortselbst
den Lohn zu empfangen für seine treue, musterhafte Pflichterfüllung. Mit
Recht darf von diesem Manne behauptet werden, dass er sein ganzes Leben
der Pflichterfüllung gewidmet hatte. Wem die Gelegenheit geboten war, das
Leben dieses Mannes kennen zu lernen, der musste innewerden, welch einen
veredelnden Einfluss unsere heilige Tora hat auf den, der sie erfasst und
zu üben vermag. Sein ganzes Tun und Lassen suchte er mit den Gesetzen
unserer heiligen Lehre in Einklang zu bringen; ebenso war er bestrebt,
seine Kinder zu guten Jehudim zu erziehen, in welchem Bestreben er von
seiner würdigen Gattin lebhaft unterstützt wurde. Seine Familie verliert
daher in ihm einen liebevollen Gatten und Vater, wir verlieren in ihm
einen teuren Lehrer und Freunde; unsere Gemeinde verliert ein ihrer
schönsten Zierden und das ganze Judentum einen seiner treuesten Träger
und Verfechter. Eine besondere Beschäftigung war es, durch die sich der
Verblichene unsterbliche Verdienste erworben hat. Es bestand hier seit
Langem die schöne Einrichtung, dass man die noch nicht schulpflichtigen
Kinder zu Rabbi Ullmann – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen
– schickte, damit er sie beaufsichtigte und sich mit ihnen beschäftige.
Die Kleinen erlernten hier Hebräisch lesen, alle Segenssprüche
und es wurde ihnen ein solcher Sinn für Jüdischkeit eingepflanzt, dass
gewiss viel mehr gute Jehudim aus unserer Gemeinde hervorgegangen wären,
wenn nicht leider viele Eltern ihre Kinder im 12. und 13. Lebensjahre in
solche Schulen schickten, wo sie den Sabbat entweihen (sc. z.B. am
Sabbat schreiben müssen); dass nach Absolvierung der Schuljahre dann
auch nicht nach Stellen in religiösen Häusern getrachtet wird, braucht
wohl nicht gesagt zu werden.
Welchen Schmerz und Kummer verursachte es dem teueren Verblichenen, wenn
der eine oder andere seiner früheren Zöglinge, die mit besondere Liebe
dem Jüdischen anhingen, nach Ulm oder Augsburg übersiedelte, weil er zu
gut wusste, dass selbst die hellste Flamme, wenn ihr die Nahrung entzogen
bleibt, nach und nach erlischt. Dass es ein solch wackerer Mann an
Ermahnungen gegenüber den betreffenden Eltern nicht fehlen ließ und
ihnen namentlich vorstellte, dass sie Alles, was sie für ihre Kinder in
Ulm und Augsburg zu erzielen wünschen, gerade ebenso in Fürth und
Pfungstadt etc. erreichen könnten, versteht sich von selbst.
Obwohl der Unterricht mit vorerwähnten Kleinen und derjenige mit
größeren Kindern in den fünf Büchern Moses und Raschi und der
jüdischen Geschichte ferner einige gewerbliche Beschäftigungen seine
ganze Zeit in Anspruch nahmen, wusste er dennoch so viel Zeit
herauszubringen, um sich ständig mit der Tora zu beschäftigen.
Dass er morgens und abends ein regelmäßiger Besucher des Gotteshauses
und bei dem dreimal in der Woche stattfindenden Schiur Gemara
(Lernstunde zu Talmudtexten) ein nie fehlendes Mitglied war, bedarf wohl
keiner besonderen Erwähnung.
Auch manches jüdische Institut wird in dem Hinscheiden dieses Rabbi
Koppel Ullmann – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen –
einen seinen Förderer zu beklagen haben, wie er auch vielen verschämten
Armen fehlen wird, für die er, da er selbst über Reichtum nicht zu
verfügen hatte, von Zeit zu Zeit Gaben sammelte. Das Leben und
Wirken dieses edlen Mannes möge zur Nachahmung aneifern und sich so der
Sprache erfüllen: das Andenken an den Gerechten ist zum Segen." |
Zum Tod von Oberrabbiner Dr. Elieser Löb in Altona,
ehemals in Ichenhausen (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1892: "Ichenhausen,
5. Februar (1892). Die Nachricht von dem Hinscheiden des Herrn
Oberrabbiners Dr. Elieser Löb – das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen – in Altona hat auch in hiesiger Gemeinde, dem Orte seiner
ehemaligen langjährigen Wirksamkeit die tiefste Trauer hervorgerufen, und
die sich überall bekundende Teilnahme zeigt so recht, welch ein inniges
und liebevolles Andenken dem edlen Verblichenen und seiner geehrten
Familie in hiesiger Gemeinde bewahrt geblieben ist. Die telegraphische
Trauerbotschaft ist hier leider mit Verspätung eingelaufen, sodass es
unserem verehrten Rabbiner in Begleitung eines unserer Herren Vorsteher
nicht mehr möglich war, zum Leichenbegängnisse rechtzeitig eintreffen zu
können. Dagegen versammelte sich die ganze Gemeinde am vergangenen
Sonntagnachmittag zu einer Gedächtnisfeier in der Synagoge; der Eindruck,
den diese Feier auf alle Anwesenden machte, war ein überwältigender, der
die Gemüter nicht nur mit Schmerz, sondern auch mit einem edlen Stolze
erfüllte. Die geehrten Leser des ‚Israelit’ haben schon von Mainz,
Altona und Hamburg aus vernommen, welch ein hervorragender Talmid
Chochom (Gelehrter) und außergewöhnlich edler Mensch der Betrauerte
gewesen; unser geehrter Rabbiner, Herr Dr. Cohn – sein Licht leuchte,
der Trauer über den großen Toten in tief empfunden Worten Ausdruck
gebend, legte uns dar, wie Dr. Löb – das Andenken an den Gerechten
ist zum Segen – in hiesiger Gemeinde Tora, Gottesdienst und
Wohltätigkeit in ausgedehntestem Maße zur Entfaltung brachte und wie
es hauptsächlich seiner großartigen Wirksamkeit zu danken sei, dass
heute noch echt jüdisches Leben in hiesiger Gemeinde – Gott sei Dank
– pulsiere. Die tief durchdachte Trauerrede ausführlich und getreu
wieder zu geben, bin ich nicht imstande; im Anschlusse an dieselbe wurde
von unserem Kantor, Herrn Perlmutter, das El Male Rachamim (‚Gott
voller Erbarmen…’) in herzergreifender Weise vorgetragen.
Die meisten Mitglieder der hiesigen Gemeinde haben das Glück gehabt, Dr.
Löb – das Andenken an den Gerechten ist zum Segen –
persönlich gekannt zu haben und ich kann mit wahrhafter Freude
konstatieren, dass die Hochachtung und Liebe, welche sich der Verblichene
durch seinen edlen Charakter, sein ehrliches, wahrheitsliebendes Wesen und
seine unbegrenzte Mildtätigkeit – lauter Produkte seiner echten und
wahren Frömmigkeit – erworben, in den Herzen Aller feste Wurzel gefasst
haben. Das Andenken eines wahrhaft Frommen bleibt unvergessen und die
Erwähnung seiner Tugend gereicht der Welt zum Segen, wie es der weise
König – seligen Andenkens – mit den Worten lehrt: das Andenken an
den Gerechten ist zum Segen. H.L." |
Weitere
Artikel zum Tod von Rabbiner Dr. Elieser Löb in Altona (1892)
Anmerkung: wird nicht ausgeschrieben, da das Wirken von Löbs Zeit in
Ichenhausen zur kurz erwähnt wird.
Weitere Artikel zum Tod von Oberrabbiner Dr. Loeb
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der Rabbiner Dr. Cohn (Ichenhausen) und Dr. Werner (München): Betreuung der
israelitischen Insassen der Idiotenanstalt zu Ursberg bei Krumbach (1902)
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1902: "Schon
seit langer Zeit beschäftigt uns die Sorge, den an Geist und Körper
verkümmerten israelitischen Unglücklichen in Bayern, die jetzt entweder
in Privathäusern notdürftig untergebracht werden, oder in
nichtjüdischen Anstalten ein deren Bestimmungen entsprechendes Leben
führen müssen, eine Zufluchtsstätte zu schaffen, an welcher sie den
Anforderungen unserer heiligen Religion gemäß gehegt und verpflegt
werden können. Alle Versuche, die wir bisher zu diesem Zwecke unternommen
hatten, scheiterten jedoch an der Schwierigkeit, die für die erste
Einrichtung erforderlichen bedeutenden Mittel aufzubringen. Die auf der
letzten bayerischen Rabbiner-Konferenz empfangenen Anregungen veranlassten
uns nunmehr, diese wichtige Angelegenheit mit größerer Energie zu
verfolgen; und es erfüllt uns mit inniger Freude, Ihnen mitteilen zu
können, dass der weitbekannte, edle und hochherzige Wohltäter, Seiner Hochwürden
Herr Superior Ringeisen sich bereit erklärt hat, in seiner segensreich
wirkenden Idiotenanstalt zu Ursberg bei Krumbach (Distrikts-Rabbinat
Ichenhausen), die zur Zeit 1340 Insassen zählt, unter unserer
religiösen Aufsicht eine jüdische Anteilung zu errichten, in welcher den
aufgenommenen Unglücklichen unseres Glaubens rituelle Kost verabreicht
und Gelegenheit geboten werden soll, Religionsunterricht zu empfangen und
einem Gottesdienste anzuwohnen.
Um nun zu beurteilen, ob zu diesem Behufe der Bau eines besonderen Hauses
nötig sein sollte, wünscht der hochwürdige Herr Superior zu erfahren,
für wie viele jüdische Idioten ungefähr zunächst eine Aufnahme beansprucht
werden würde. Wir ersuchen Sie daher, baldmöglichst dem unterfertigen
Dr. Cohn-Ichenhausen ohne jede Verbindlichkeit Auskunft darüber erteilen
zu wollen,
1) wie viele Unglückliche (männliche und weibliche) aus Ihrer Gemeinde
und Ihrem Rabbinatsbezirke voraussichtlich in der jüdischen Abteilung der
Idiotenanstalt untergebracht werden sollen;
2) ob eine einmalige oder eine alljährliche Entschädigung und in welcher
Höhe für jeden einzelnen derselben mit Angabe der Namen entrichtet, oder
ob wegen Leistungsunfähigkeit der Angehörigen und der Heimatgemeinden
eventuell unentgeltliche Verpflegung beantragt werden muss.
Indem wir überzeugt sind, dass Sie mit voller Bereitwilligkeit Ihre
Kräfte dieser großen Mizwoh widmen werden, grüßen wir Sie herzlich und
zeichnen Ichenhausen im Juli (1903)
Distrikts-Rabbiner Dr. Cohn - Ichenhausen, Distrikts-Rabbiner Dr. Werner -
München, Kultusvorsteher Oettinger-Hürben-Krumbach." |
Zum Tod von Rabbinatsassessor
Abraham Jehoschua Goldberg (1921)
Anmerkung: Abraham Jehoschua Goldberg lebte über viele Jahre in Ichenhausen.
Er war verheiratet mit Rosa geb. Brody. Sein Sohn Hirsch Goldberg (geb. 1889 in
Ichenhausen, ermordet 1942 in Auschwitz) studierte in Berlin und war als
Rabbiner in Pforzheim tätig
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1921: "Personalien.
Rabbinatsassessor A. J. Goldberg – das Andenken an den Gerechten ist zum
Segen. Ichenhausen, 29. Juli (1921). Von einem schweren, in seiner ganzen
Größe noch nicht zu ermessenden Verlust wurde die hiesige Kultusgemeinde
und mit ihr ganz Israel durch das am 12. Tamus erfolgte Ableben des Herrn
Rabbinatsassessors A. J. Goldberg betroffen. Mit ihm ist eine jener
Persönlichkeiten dahingegangen, wie sie leider in heutiger Zeit immer
seltener zu finden sind. Ausgestattet mit allen Vorzügen des Geistes,
betrachtete er es als seine vornehmste Aufgabe, von seinem
unergründlichen Wissen in Bibel, Talmud und den Auslegungen
Anderen mitzuteilen und nicht gering ist die Zahl derer, die er in die
Urquellen des jüdischen Wissens einführte und der schon
Fortgeschrittenen, die er ihren Fähigkeiten entsprechend, weiter
belehrte. Seine hervorragenden, talmudischen Kenntnisse fanden unter
anderem auch darin ihre Würdigung, dass viele Große unseres Geschlechts,
selbst aus Russland und Erez Israel wegen halachischer
Entscheidungen in brieflichen Gedankenaustausch mit ihm eintraten und sein
vor mehreren Jahren in der Öffentlichkeit erschienenes Werk … legt
beredtes Zeugnis von seinem talmudischen Wissensschatze und seiner
Gedankentiefe ab. Und – was ihm im Studium heilig war, das übertrug er
auch aufs praktische Leben. Mit heiligem Ernst und freudiger Gesetzestreue
widmete er sich selbst unter den schwierigsten Verhältnissen der
Erfüllung der Gebote Gottes und besondere Befriedigung erfüllte
ihn, wenn er Anderen in seinem Beispiel Anlass zu gleich frommer
Betätigung gab. Sein Haus war stets eine Zufluchtstätte der Armen und
Bedrängten und obwohl selbst von den Sorgen des Alltags nicht verschont,
verließ ihn doch niemand ohne Unterstützung in Rat und Tat. Seine
aufrichtige Frömmigkeit, seine beispiellose Bescheidenheit und
Herzensgüte ließen ihn die Sympathien Aller, die ihn kannten, gewinnen.
Als Vorbeter und Baal Tokea an den ehrfurchtgebietenden
Tagen verstand er es, durch seine tiefster Andacht entspringende
Vortragsweise sein Zuhörer in heiliger Ergriffenheit mit zu begeistern.
Seiner Familie war er ein aufopfernder, besorgter Vater, der Gemeinde ein
hingebungsvoller Lehrer und Berater, dem Verein ‚Talmud Tora’
widmete er während 33 Jahren seine Kraft durch Abhaltung von Vorträgen,
die von echt jüdischer Begeisterung durchweht, belehrend und erzieherisch
wirkten.
Die Bestattung gestaltete sich zu einer imposanten Kundgebung der
Anhänglichkeit und Verehrung und zeigte auch äußerlich die große
Trauer um den teuren Entschlafenen. Am Grabe sprach in Abwesenheit des
Herrn Rabbiners, Herr Lehrer J. Blum, in bewegten Worten der allgemeinen
Klage Ausdruck gebend und zeichnete in Anlehnung an den laufenden
Wochenabschnitt ein getreues Lebensbild des Verklärten, sodann sprachen
ein Sohn im Namen der Familie, den teuren Vater zugleich als Magen HaIr
(Schild der Stadt) bezeichnend, Herr Lehrer M. Schuster als
Schwiegersohn und Herr Emil Gerstle, als Vorstand des Talmud
Tora-Vereins, der den Dank für das segensreiche Wirken innerhalb des
Vereins zum Ausdruck brachte. In der Abteilung des Friedhofes, in der die
früheren Großen der Gemeinde ruhen, wurde auch das, was sterblich an ihm
war, der Erde übergeben. Wir haben einen geraden und verlässlichen
Mann von uns gehen sehen, sein Geist aber möge in unserer Mitte
weiter leben und sein Wirken segensreiche Folgen zeitigen uns und ganz
Israel. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von
Distriktsrabbiner Dr. Aron Cohn (1922)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. März 1922: "In
Ichenhausen ist Rabbiner Dr. Aron Cohn im Alter von 82 Jahren verschieden.
Er wurde als Sohn des Klausrabbiners und Dajan Jekew Cohn in Altona
geboren und hat in Ichenhausen fast ein halbes Jahrhundert gewirkt." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. März 1922: "Ichenhausen,
15. März (1922). Distriktsrabbiner Dr. Cohn ist im hohen Greisenalter
heute verschieden. Eine ausführliche Würdigung seiner Persönlichkeit
und Lebenswirksamkeit bleibt vorbehalten." |
|
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 23. März 1922: "Ichenhausen. Dr. Aron Cohn,
unser verehrter Rabbiner, ist im Alter von 82 Jahren verschieden.
Er wurde als Sohn des Klausrabbiners und Dajan Jekew Cohn in Altona
geboren und hat in Ichenhausen fast ein halbes Jahrhundert
gewirkt." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1922: "Personalien.
Distriktrabbiner Dr. Aron Cohn – das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen -. Ichenhausen in Schwaben, 20. März (1922). ‚Und sie
kamen bis zur Tenne Arad, die jenseits des Jordans und hielten dort eine
große und sehr schwere Klage. Da sah die Einwohnerschaft des Landes die
Trauer in der Tenne Arad und sprach: ‚Eine schwere Trauer ist das für
Ägypten?’ (1. Mose 50, 10-11).
Wahrlich, zu einem Tage schwerer Trauer wurde für die Kultusgemeinde
Ichenhausen und die ihr angeschlossenen Distriktsgemeinden der Tanis
Esther, der Jahrzeitstag des früheren Rabbiners Isaak Hochheimer – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, da nun auch der Mann an
diesem Tage zur ewigen Ruhe entschlummerte, der fast ein halbes
Jahrhundert hindurch ihr geistiger und religiöser Führer bis zu seinem
Todestage gewesen ist. Am Tage nach Purim wurde Distriktsrabbiner Doktor
Aron Cohn, ein Sohn des berühmten Rebbe Jakob Cohn, Dajon am Bes Din
(Richter am Rabbinatsgericht) zu Altona (der noch Schüler des Chasam
Sofers war) und Schüler des Rabbi Jacob Norden und Rabbi Jisroel
Hildesheimer auf das Bes Olom (Friedhof) geleitet. In würdiger Weise
hatte die Kultusverwaltung dafür Sorge getragen, dass, der Ehre des
großen Toten entsprechend, der ganzen Gemeinde noch einmal die Schwere
des Verlustes anlässlich der Beisetzung zum Bewusstsein komme. Vom
Trauerhause wurde der Sarg von Männern der Chewroh kadischo in
die Synagoge getragen. Dort zeichnete, nach Psalmgesängen, vorgetragen in
ergreifender Weise von dem Synagogenchore unter der bewährten Leitung des
Herrn Oberkantors Schwarz, im Auftrage der israelitischen Kultusgemeinde
Ichenhausen, Herr Distriktsrabbiner Dr. Brader von Ansbach, selbst ein
Schüler des Verklärten, im Anschluss an Maleachi 2,6 ein anschauliches
Bild von dem großen Geistesfürsten in Israel. Er schilderte sein reiches
Wissen, seine gewaltige Kraft der Rede, seine tiefe Frömmigkeit und seine
opferbereite Nächstenliebe und fand treffliche Worte zur Kennzeichnung
der an Selbstverleugnung grenzenden Friedensliebe dieses Mannes, der ein
Priester und Lehrer allzeit der Mahnung unserer Weisen eingedenk blieb:
‚Groß ist der Friede.’
Am Grabe dankte Herr Lehrer Blum im Auftrage der Kultusverwaltung dem
Verewigten für sein segensreiches Wirken in der Gemeinde, für seine
geistvollen Vorträge in den frommen Vereinen, für seine Hingebung als
Vorbeter am Versöhnungstage, für seine ersprießliche Tätigkeit als
Religionslehrer an der israelitischen Volksschule, sowie für die treuen
Ratschläge, die er als Schriftführer der israelitischen
Gemeindeverwaltung so oft erteilt hatte. Herr Rabbiner Dr. Bärwald –
München, sprach im Namen der bayerischen Rabbinerkonferenz, deren
Gründer und Ehrenvorsitzender der Dahingeschiedene gewesen, aus bewegtem
Herzen Worte des Dankes und der Anerkennung für die selbstlose,
aufopfernde Tätigkeit aus. Insbesondere schilderte er die großen
Verdienste, die der edle Mann um die Gründung und Ausgestaltung der
Reliktenkasse bayerischer Rabbiner sich erworben hatte, der es durch seine
Tätigkeit manche Witwe zu verdanken habe, wenn Not ihr ferngehalten
werde, gleichwie sie es ermöglichte, mancher Waise aus einem
Rabbinerhause eine bessere Erziehung angedeihen zu lassen. Auch im Namen
der Kultusgemeinde Nakel in Westpreußen, in der der Verewigte zuerst
gewirkt, sprach er Worte des Dankes.
Im Auftrage der Lehrer der Distriktsgemeinden rühmt Herr Hauptlehrer
Gutmann von Oettingen, gleichfalls ein Schüler der Verstorbenen, in
beredten Worten das große Lehrergeschick des teuren Rabbi, durch das er
es verstanden hatte, getreu der Mahnung unserer Alten, die Kinder nach
ihrer Individualität zu erziehen. Herr Bankdirektor Rosenfelder,
Nördlingen, stattete den Dank der Distriktsgemeinden ab, indem er
insbesondere rühmend hervorhob, dass Herr Dr. Cohn lange Jahre als
Rabbinatsverweser der Gemeinde Nördlingen auf jedes Honorar für diese
Tätigkeit verzichtet hatte. Für den Gesangverein ‚Zijon’ sowie für
die Chewroh ‚Bikkur Cholim’ sprach der Vorstand dieser Vereine, Herr
Moses Thalmann, ergreifende Worte des Abschieds für ihr Ehrenmitglied.
Herr Lehrer Rosenblatt – Memmingen dankt nochmals dem vertrauten Freunde
seines Hauses in herzlicher Weise für alle Liebe und Freundschaft,
während Herr Lehrer J. Koschland, ein Neffe des Verklärten, der aus
Beuel – Bonn herbeigeeilt war, rührende Worte des Trostes im Sinne des
Verstorbenen an die Verwandten richtete und zugleich dem Danke derselben,
wie der grenzenlosen Verehrung, die sie für ihr Familienhaupt hegten,
ergreifenden Ausdruck verlieh. Im Namen des Stadtrates sowie des
Armenrates beklagte Herr Bürgermeister Thaler den Verlust dieses Mannes,
der durch seine Friedensliebe dazu beigetragen hatte, das |
einträchtige
Verhältnis aufrecht zu erhalten, das hier allzeit unter den Konfessionen
herrschte.
Ein fast unübersehbarer Trauerzug unter Führung des Krieger- und
Soldatenvereins, dessen Ehrenmitglied der Verstorbene gleichfalls gewesen,
des Gesangvereines, sowie der israelitischen Schulen mit ihren Fahnen
hatte dem heimgegangenen Lehrer das letzte Geleit gegeben. Der Vorstand
des Bezirksamts, die Vorstandschaft der protestantischen Kirchengemeinde,
die beiden Bürgermeister der Stadt, der Stadt- und Armenrat, sowie ein
zahlreiches Gefolge aus allen Berufsschichten bezeugten die Liebe und
Verehrung, die dem würdigen Rabbiner entgegengebracht worden war. Möge
Gott seiner leidgebeugten Gattin, die in seltener Treue als eine echte
wackere Frau dem Gatten zur Seite gestanden, sowie den Kindern und
Anverwandten Trost spenden. In der Gemeinde wie im Distrikt wird das
Andenken dieses Gerechten in Ehren gehalten werden. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Danksagung nach dem Tod von Distriktsrabbiner Dr.
Ahron
Cohn (1922)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1922: "Danksagung.
Für die uns von allen, allen Seiten bewiesene herzliche Teilnahme beim
Hinscheiden unseres teuren, unvergesslichen Gattung und Vaters
Herrn Distriktsrabbiner Dr. Ahron Cohn – das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen –
sagen auf diesem Wege unseren tief gefühlten Dank Fanny
Cohn und Kinder. Ichenhausen (Bayern), 9. April 1922." |
Rabbiner
Dr. Samuel Neuwirth wird nach Ichenhausen berufen (1924)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1924: "Ichenhausen,
15. August (1924). Herr Rabbiner Dr. Neuwirth, der 23 Jahre bei der
Religions-Gesellschaft in Bingen als Rabbiner wirkte, wurde als Rabbiner
nach Ichenhausen (Bayern) berufen." |
Amtseinsetzung von Rabbiner Dr.
Samuel Neuwirth (1924)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Oktober 1924: "Personalien.
Ichenhausen, 7. September (1924). Zu einer erhebenden Feier von
nachhaltigstem Eindruck gestaltete sich die am gestrigen Sabbat erfolgte
Amtseinsetzung des Herrn Rabbiner Dr. Neuwirth als Nachfolger des
unvergesslichen Dr. Cohn als Distriktsrabbiner von Ichenhausen. Die Nöte
der Inflation hatten verursacht, dass dieses altehrwürdige Rabbinat 2 ½
Jahre unbesetzt blieb und so war die Freude allgemein, als es nach Überwindung
größter Schwierigkeiten den rastlosen Bemühungen der Kultusverwaltung
gelungen war, allen Hemmungen zum Trotz opferwillig die Frage der
Wiederbesetzung zu lösen und in der Person des Herrn Dr. Neuwirth in
Bingen einen würdigen Wahrer und Hüter der Tradition für die Gemeinden
unseres Distrikts zu gewinnen. Die am Freitagabend in schlichtem Rahmen
veranstaltete Einführungsfeier bleibt eine unvergessliche, kostbare
Erinnerung aller Teilnehmer. Kultusverwaltung und Vertreter der
Distriktsgemeinden holten ihr neues geistliches Oberhaupt aus seiner
Amtswohnung ab, um es ins Gotteshaus zu geleiten. Festlich gekleidete
Kinder mit Blumen und Fähnchenschmuck bildeten Spalier, das Gotteshaus
selbst war mit Girlanden und Blattpflanzen reich verziert. Der durch die
Mitglieder des Gesangvereins ‚Zion’ verstärkte Synagogenchor begrüßte
mit den feierlichen Klängen des Boruch
habo, einstudiert durch Herrn Oberkantor Schwarz, den sichtlich
Ergriffenen. In einer von der Größe der Verantwortung durchdrungenen,
tief durchdachten Ansprache rief nun der erste Kultusvorstand, Herr Julius
Krämer, dem neuen geistigen Führer der Gemeinde Worte herzlichen
Willkommens zu, dabei der Erwartung Ausdruck verleihend, die die ganze
Gemeinde an diesen Tag knüpft und das uneingeschränkte Vertrauen aller
Kultusmitglieder zu dem selbst gewählten Rabbinen betonend. Zugleich
sprach er innigen Dank aus seiner Verwaltung für die getreulich
mitgetragenen Sorgen und Arbeiten, seiner Gemeinde für die bewiesene
Opferwilligkeit, Herrn Distriktsrabbiner Dr. Brader von Ansbach, einem
Sohne unserer Kultusgemeinde, der es sich nicht hatte nehmen lassen, persönlich
die Amtseinführung des Rabbiners durch seine Anteilnahme zu einer
weihevollen zu gestalten, für seine uneigennützige vertretungsweise
Amtsführung während der ganzen Interimszeit sowie Herrn Lehrer Blum für
die Wahrung religiöser Belange. Hierauf sprach in zu Herzen gehender
Weise Herr Distriktsrabbiner Dr. Brader und beglückwünschte Gemeinde und
Rabbiner.
Tief ergriffen antwortete Herr Rabbiner Dr. Neuwirth. Er wies darauf hin,
dass nur der Wunsch, ein größeres reicheres Feld der Wirksamkeit zu
finden, ihn veranlasst habe, nach 23jähriger Tätigkeit bei der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Bingen dem Rufe einer altehrwürdigen
Gemeinde Folge zu leisten. Er zitierte den Geist seines seligen Vorgängers,
von ihm Segen und Gelingen für sich und sein Werk erflehend. Dann
erstattete er heißen Dank für das ihm gewährte Vertrauen, gelobte Treue
und Liebe der Gemeinde, dem Berufe und dem Staate und versprach ein Wahrer
und Förderer des konfessionellen Friedens zu sein.
Die eigentliche Antrittspredigt hielt Herr Dr. Neuwirth am anderen Tage
nach Beendigung des Schachris-Gebetes. Die Kleidung des Hohenpriesters
symbolisch auffassend, entwarf er ein Bild von der Stellung und den
Aufgaben eines Rabbiners, das in seiner hohen, idealen Berufsauffassung
und in seiner aus der Tiefe eines selbstlosen, gläubigen Herzens
quellenden Reinheit zu den Herzen seiner Gemeinde sprach und sie
begeisterte für ihren neuen Führer. Möge Gemeinde und Rabbiner in
frohen Tagen und glücklichen Anlässen zusammenwachsen lassen und reichen
Segen dem Werke des ehrwürdigen Rabbiners spenden." |
Zum
Tod von Fanni Cohn, Witwe von Rabbiner Dr. Aron Cohn (1931)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1931: "Ichenhausen, 20. März (1931). Am 8. Adar durcheilte die hiesige
Gemeinde die Schreckenskunde. Frau Fanni Cohn,
die Gattin unseres verstorbenen unvergesslichen Rabbiners Dr. Ahron Cohn
ist nicht mehr. In tragischer Weise wurde sie aus dem leben abberufen.
Nach einem mehrwöchentlichen Aufenthalte bei ihren Hamburger Kindern war
sie auf der Heimreise in der Nähe Ansbachs im Alter von 79 Jahren einem
Herzschlage erlegen. Überaus schmerzlich ist der Verlust, den unsere Gemeinde erlitten hat. Eine wackere
Frau in des Wortes tiefster Bedeutung ist von uns gegangen. Das Leben
dieser edlen Frau war eine Kette von Gebotserfüllungen und guten Taten.
Mehr als 30 Jahre leitete die Dahingeschiedene in einer geradezu
vorbildlichen Weise unsere Frauen-Chewra
(Frauenverein). Kaum lässt es sich schildern, was die Verstorbene für
das innere Leben unserer Gemeinde bedeutete. Sie war die einzige Frau, die
noch die alten üblichen Traditionen
aufs Genaueste kannte, die in Fragen des Kaschrut
die rabbinischen Entscheidungen
aufs peinlichste beherrschte und befolgte. Ob es galt, seelischen Schmerz
zu lindern, Kranken Trost und Hilfe zu bringen oder ihnen die letzte
Stunde zu erleichtern, stets war unsere liebe ‚Frau Dr. Cohn’ mit an
erster Stelle. Wollten arme Durchwanderer ihre Unterstützung
– sie gingen zu ihr, der langjährigen Vorsitzenden unseres Unterstützungsvereins.
Kam die Zeit von Pessach oder Rosch
haSchana heran, da war es wiederum sie, die unermüdlich von Haus zu
Haus ging, um das Challe-Geld zu
sammeln, das den Armen des Erez
Israel zugute kam, an denen ihr Herz in unendlicher Treue hing. Gibt
es aber Worte, die unbeschreiblich große Liebe und Güte zu schildern,
die sie in ihrer Aufgabe als Mutter erblickte? Sie glich der ‚heiligen
Krone’, zu der ihre Kinder, Enkel und Urenkelchen in tiefster Ehrfurcht
aufblickten. Die ganze Gemeinde, Freund von fern und nah, geleiteten die
Verstorbene auf ihrem letzten Wege. Herr Distriktsrabbiner Dr. Neuwirth
zeichnete bewegten Herzens das Lebensbild der Gattin seines verstorbenen
Amtsvorgängers, die sich die Erfüllung von Tora,
Gottesdienst und Wohltätigkeit zur Lebensaufgabe gemacht hatte. Herr
Hauptlehrer Hammelburger sprach der Dahingeschiedenen namens
des Frauenvereins in
herzlichen Worten seinen Dank aus. Möge Gott
den Hinterbliebenen Kraft und Trost in ihrem tiefen Schmerze spenden. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Amtsantritt
von Rabbiner Simon Schwab (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1933: "Amtsantritt
des neuen Rabbiners.
Ichenhausen, 20. Oktober (1933). Unsere Gemeinde, in der noch frisches
Leben pulsiert, ist in ein neues Stadium getreten mit dem Amtseintritte
ihres neuen Führers, Herrn Rabbiner Simon Schwab. Rabbiner Simon Schwab,
der zuletzt in Darmstadt gewirkt hatte, trat zu Jomkippur seine
Amtswirksamkeit bei uns und im Bezirke an, ohne besondere äußere
Feierlichkeiten, gleich mit der Arbeit, wie es dem tätigen frischen Wesen
dieses jungen Rabbiners entspricht. Seine ersten Predigten, seine
Lehrvorträge waren ein Erlebnis für uns alle. Seine warmherzige Art, mit
dem Rüstzeug seines reichen Wissens und einer tiefen Empfindung an die
Menschen, an die Gemeinde und die Einzelnen, heranzutreten und besonders
die Jugend um sich zu sammeln, ist auch den Lesern des 'Israelit' allzu
bekannt, als dass der erste Eindruck seiner Leistungen hier geschildert
werden müsste.
Herr Rabbiner Simon Schwab, Sohn des Herrn Leopold Schwab in Frankfurt am
Main, hatte, nachdem er in Frankfurt die Samson-Raphael Hirsch-Schule
absolvierte und eine Zeitlang auf der Breuer'schen Jeschiwah gelernt,
mehrere Jahre auf den berühmtesten litauischen Jeschiwot in Telsch und in
Mir sich intensiv dem Lernen gewidmet. In Mir erhielt er auch die Rabbinerautorisation.
Neben seinen hervorragenden talmudischen Kenntnissen nahm er in Litauen
auch den Mussargeist ganz in sich auf, sodass der junge Rabbiner mit der
Synthese von Tora, Mussar und Bildung uns zu den weitgehendsten Hoffnungen
berechtigt. Wir wünschen Herrn Rabbiner Schwab, dass er in seiner neuen
Gemeinde ein Wirkungsfeld findet, von dem aus er seine reichen Gaben für ganz
Israel einsetzen kann." |
Beitrag
von Rabbiner Simon Schwab: "Um die Heimat des Judentums?" (1933)
Beitrag in der Zeitschrift
"Der Israelit"
vom 7. Dezember 1933 - Teil III
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken |
|
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Publikation von Rabbiner Simon Schwab (1934)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Januar 1935: "Bedeutende
Neuerscheinung!
In unserem Verlag ist erschienen:
Heimkehr ins Judentum
von Bezirksrabbiner Simon Schwab in Ichenhausen. Broschiert RM 2.50 – in
Leinwand geb. RM. 3.00. Ein schon gleich nach seinem Erscheinen lebhaft
umstrittenes, hoch aktuelles Teschuwa-Buch, voll ernster, unerbittlicher
und unbestechlicher Selbstkritik.
‚Niemand kann diese Seiten lesen, ohne ihre Berechtigung innerlich zu
bejahen. Sie werden viel aufwühlen, packen, ergreifen und
begeistern…’ (Rabb. Dr. E. Munk im Israelit Nr. 51 Jg. 1934).
Aus dem Inhalt: Die große Abrechnung – Wer gibt die Parole aus? – Um
die Heimat – Messianismus (Die Moschiach-Botschaft des Chofez Chajim)
– G’tt und der Nationalismus – Anti-Assimilation – Kulturproblem
– ‚Lern’-Bewegung? – Unser Vortrupp.
Zu beziehen durch alle Buchhandlungen oder durch Verlag des Israelit u.
Hermon GmbH. Frankfurt am Man - Rechnelgrabenstraße 7." |
|
Ähnliche
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 20. Dezember 1934. |
Beitrag
von Rabbiner Simon Schwab: "Bekenntnis" (aus der Publikation
"Heimkehr ins Judentum", 1935)
Beitrag in der
"Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1935
Zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken |
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Vortrag von Bezirksrabbiner Simon Schwab in Würzburg (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März 1936:
"Würzburg, 28. Februar (1936). Ein wahres religiöses Erlebnis war
am Samstagabend, den 23. dieses Monats für die Würzburger Gemeinde, der
Vortrag des Herrn Rabbiner Simon Schwab, Ichenhausen über 'Palästina und
wir'. Nach einer hebräischen Begrüßungsrede, in der Leiter des Noar
Agudati Würzburgs, Chawer (Kamerad) Roberg, einen kurzen Rückblick des
agudistischen Lebens der Würzburger Gemeinde entwarf und dann auch die
Entwicklung des Noar Agudati und auf dessen Bedeutung und Erfolge hinwies,
ergriff Herr Rabbiner S. Schwab das Wort zu seinen in Form und Inhalt
vollendeten Ausführungen. Ausgehend von der Aufgabe des jüdischen Volkes
als eines Königreichs von Priester und einem heiligen Volk zeigte
der Redner, wie Gruppen im Judentum versuchen, die unbedingt
zusammengehörigen Begriffe Königreich von Priestern und heiliges
Volk auseinander zu reißen und damit den wahren und echten Sinn des
Judentums fälschen. Klar und eindeutig wies der Redner auf die
Einstellung der Agudas Jisroel hin, die die Verwirklichung dieser
unverfälschten Ziele erstrebt. Nach diesen Voraussetzungen ging Herr
Rabbiner Schwab auf sein eigentliches Thema ein. Was der Redner bot, war
mehr als mein gewöhnlicher Palästinabericht. Von hoher Warte aus
gesehen, zeigte er einige der brennendsten religiösen Probleme, die heute
in Erze Jisroel bestehen. Er schilderte das Land und seine Menschen in
ihrem fast unüberwindlichen Gegensatze, ganz besonders auf religiösem
Gebiet. Er sprach von zwei Fronten, die sich deutlich herausbilden.: 'Die
Front mit Gott' und 'die Front ohne Gott'. An tief ergreifenden Beispielen
führte er aus, wie sich aber trotzdem auch im areligiösen Lager gewisse Symptome
erkennen lassen, die uns etwas hoffnungsvoller in die Zukunft schauen
lassen. Allgemein angenehm berührten die Ausführungen über die
orthodoxe Jugend, die sich in Erez Jisroel ganz besonders nahe kommt und
dass auch hier noch die Aussicht, Zusammenschluss aller gesetzestreuen
kreise zu gemeinsamer Arbeit, besteht. Nur dieser Zusammenschluss und die Masseneinwanderung
gesetzestreuer Chaluzim könne das große Ziel des gesetzestreuen Aufbaues
in Erez Jisroel erreichen. - In seinen, in vollendeter Form und mit
großer Begeisterung vorgetragenen Worten schilderte dann Herr Rabbiner Schwab
die grandiose Bedeutung der für das kommende Jahr geplanten Kenessio('große Versammlung'). - Die zahlreich erschienene
Hörerschaft, die den Ausführungen mit Spannung und tiefer Ergriffenheit
folgte, dankte dem Redner für seine feinen, vornehmen, klaren und deshalb
allen zu Herzen gehenden Worte und mit dem Wunsche, dass Herr Rabbiner
Schwab recht bald wieder unser Gast in Würzburg sei, schloss der Leiter
des Noar Agudati den überaus gut gelungenen
Abend." |
Ausschreibung
der Stelle des Bezirksrabbiners (1936)
Anzeige
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Dezember 1936: "Bekanntmachung.
Infolge Wegganges des bisherigen Stelleninhabers soll die Stelle eines Bezirksrabbiners
des Rabbinatsbezirks Ichenhausen, mit dem Sitz in Ichenhausen, durch einen
jüngeren, orthodoxen Rabbiner neu besetzt werden.
Es wäre erwünscht, wenn Unterricht in Englisch und Iwrit erteilt werden
könnte.
Die Anstellung erfolgt gemäß der Beamten- und Besoldungsordnung des
Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Bewerbungen bitten wir an
den Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Ichenhausen zu
richten.
Ichenhausen, 16. November 1936. Verwaltung der Israelitischen
Kultusgemeinde Ichenhausen: Julius Krämer, 1.
Vorstand." |
Abschied von Rabbiner Simon Schwab (1937)
Artikel in
der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Februar 1937: "Abschied von Rabbiner Simon Schwab – Ichenhausen. Ichenhausen, im
Januar 1937. Nach mehr als 3jährigem, segensreichem Wirken im
Rabbinatsbezirk Ichenhausen verließ in der Mitte vorigen Monats Herr
Rabbiner Simon Schwab mit seiner Familie unsere Gemeinde, um einer
ehrenvollen Berufung als Rabbiner nach Baltimore zu folgen. Wer Herrn
Rabbiner Schwab und seine Tätigkeit während dieser Zeit kennen gelernt
hat, der kann ermessen, welch große Lücke im religiösen Leben unserer
Gemeinde und unseres Bezirkes durch sein Weggehen entstanden ist. Denn er
hat es verstanden, durch sein unermüdliches Schaffen, durch den vollen
Einsatz seiner Persönlichkeit, durch seine von einer hellen Begeisterung
für unsere heilige Lehre getragenen wunderbare Rednergabe sich die Herzen
aller zu erobern. Immer hilfsbereit, für jedermann in Freud und Leid ein
liebenswürdiger und aufrichtiger Freund und Berater, ließ er keinen
Augenblick ungenützt, um Jung und Alt zu unserer heiligen Religion hin-
und zurückzuführen. Durch wunderbare, tief durchdachte Predigten, in
hervorragend ausgeführten wissenschaftlichen Vorträgen, in zahllosen, für
jedermann leicht fasslichen aktuellen Schiurim – und vor allem durch
seine überragende Persönlichkeit, die – auf der einen Seite gütig und
verstehend für jeden Einzelnen, auf der anderen Seite streng und zugeständnislos
für sich selbst – das glänzende Beispiel eines echten Jehudi vorlebte,
wusste er die Liebe für unsere heilige Lehre zu wecken und zu heben und
das religiöse Leben in Gemeinde und Bezirk in ungeahnter Weise zu
entfalten. Möge Herrn Rabbiner Schwab in seinem neuen Wirkungskreis der
Erfolg und die Anerkennung zuteil werden, die sein tiefes Wissen, seine
Hingabe und seinen edlen Charakter verdienen! Möge ihm und seiner Familie
alles Glück beschieden sein! D.W." |
Das Bezirksrabbinat Ichenhausen ist wieder besetzt
(1937)
Artikel in
der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Mai 1937. "Aus der Gemeinde
Ichenhausen. Unser seit Mitte Dezember 1936 vakant
gewesenes Bezirks-Rabbinat ist nunmehr wieder besetzt worden. Herr
Rabbiner Gerhard Frank auch Ichenhausen wurde durch die einstimmige Wahl
der Bezirksgemeinden als Rabbiner des Rabbinatsbezirks Ichenhausen
berufen. Er wird am 1. Mai dieses Jahres sein Amt antreten. Möge ihm Glück
und Erfolg beschieden sein!" |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1937: "Ichenhausen,
11. April (1937). In der heutigen Generalversammlung der Israelitischen
Kultusgemeinde wurde mit überwiegender Mehrheit beschlossen, Herrn
Gerhard Frank aus Ichenhausen, Schüler des Berliner Seminars, zum
Bezirksrabbiner zu berufen. Herr Rabbiner Frank wird die Stelle am 1. Mai
antreten." |
Einführung von Gerhard Frank als Distriktsrabbiner
(1937)
Artikel in
der "Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1937: "Einführung des neuen Distriktsrabbiners in
Ichenhausen. Am 30. April
1937 fand im Rahmen des Freitag-Abend-Gottesdienstes die feierliche
Amtseinführung unseres neuen Rabbiners Gerhard Frank statt. Nach dem
Minchagebet bestieg der zweite Vorstand, Herr Gustav Gerstle, in
Stellvertretung des Herrn ersten Vorstandes die Kanzel, um Herrn Rabbiner
Frank als Distriktsrabbiner zu begrüßen und ihn in sein Amt einzuführen.
Er dankte Gemeinde, Bezirk und dem Verband Bayerischer Israelitischer
Gemeinden für die Bemühungen zur Wiederbesetzung des altehrwürdigen
Rabbinats und umriss in kurzen Zügen die Erwartungen, die Gemeinde und
Bezirk an das Wirken des jungen Rabbiners knüpfen. Herr Distriktsrabbiner
Frank dankte in ergreifendem Gebete Gott, der ihn vor diese Aufgabe gerade
hier in Ichenhausen, das ihm wie eine Heimat sei, gestellt habe, er dankte
Gemeinde und Bezirk und dem Herrn Vorredner und entwarf sodann ein
Programm, das er sich als Richtschnur für sein Wirken nehmen wolle und
das übereinstimme mit den Grundpfeilern, auf denen die Welt ruhe: ‚al
hoemeth, weal hadin, weal hascholaum’ (auf Wahrheit, Recht und
Frieden). Eine weihevolle echte Freitagabend-Stimmung erfüllte das
Gotteshaus; und diese Stimmung wurde hinübergeleitet in den
Freitag-Abend-Gottesdienst, der – verschönt durch die Gesänge des
Synagogenchores – einen würdigen Abschluss dieser erhebenden Feier
bildete. D.W." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Mai 1937: "Amtseinführung des
neuen Bezirksrabbiners.
Ichenhausen, 2. Mai (1937). In Verbindung mit dem
Freitagabend-Gottesdienst wurde am jüngsten Sabbat Bezirksrabbiner Herr
Gerhard Frank in sein neues Amt eingeweiht. Unter den Klängen des Mah
Tauwo, gesungen von dem gut geschulten Synagogenchor unter Leitung des
Herrn Naftali Reichenberger, wurde der neue Raw von Mitgliedern der
Kultusverwaltung und Gemeindebeamten an seinen Platz geführt. Darauf
hielt in Vertretung des ersten Vorstandes, Herrn Julius Krämer, der ein
eifriger Verfechter der Wiederbesetzung des Bezirksrabbinates war, Herr
Gustav Gerstle die Begrüßungsrede. Er rief im Namen der ganzen Gemeinde
und im Auftrage des Bezirkes dem neu gewählten Rabbiner ein herzliches Boruch
Haboh (Willkommen) zu und dankte vor allem der Gemeinde Ichenhausen,
den Vorständen des Bezirkes und namentlich dem Verband Bayerischer
Israelitischer Gemeinden, dass sie sich alle einmütig für die
Wiederbesetzung des Bezirksrabbinates eingesetzt und damit ermöglicht
haben, Herrn Rabbiner Gerhard Frank, Sohn des Oberlehrers Herr Salomon
Frank aus Ichenhausen, nach Ichenhausen zu berufen. Redner streifte die
verschiedenen Aufgaben des Rabbiners, insbesondere die der Erziehung
unserer Jugend, die einen zielbewussten Führer braucht, um als treue
Jehudim in der heutigen bewegten Zeit bestehen zu können.
Herr Rabbiner Frank dankte für die herzliche Begrüßung. Er sei glücklich,
dass es ihm vergönnt sei, gerade in seiner Heimatgemeinde das Wort Gottes
zu verkünden und an die Spitze einer Gemeinde gestellt zu werden, die
keine innere Zersplitterung und Zerrissenheiten kennt und schon von jeher
auf dem Boden des traditionellen Judentums steht und stets für das
Sinaijudentum Opfer zu bringen wusste. Herr Rabbiner Frank entfaltete
sodann sein Arbeitsprogramm nach den Worten der Weisen: ‚auf Recht,
auf Wahrheit und auf Frieden’. Er hofft, dadurch ein harmonisches
Zusammenwirken mit der Gemeinde und dem Bezirk verwirklichen zu können.
Möge es dem jungen Rabbiner vergönnt sein, mit Gottes Hilfe ein treuer
geistiger Berater der Gemeinde und ein vorbildlicher Meister unserer
Jugend zu werden. L. Schw."
|
Aus
der Geschichte der jüdischen Lehrer, der Schule und der weiteren Kultusbeamten
Ausschreibungen
der Stellen des Elementar- und Religionslehrers / Vorbeter / Synagogendiener
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Juni 1857: "Es ist
sofort in der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde die Stelle eines Vorsänger-
und Schächter-Subsistuts mit einem Jahresgehalte von Gulden 200.- nebst
freier Kost und Logis durch ein unverheiratetes Subjekt zu besetzen, und
werden musikalisch gebildeten Bewerbern bei der Fähigkeit zur Leitung
eines Chors Nebeneinkünfte in Aussicht gestellt und bevorzugt. Bewerber
um diese Stelle wollen ihre Zeugnisse in portofreien Briefen baldmöglichst
einsenden an den
Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Ichenhausen (in
Bayern)." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1862: "Zur
sofortigen Wiederbesetzung der vakant gewordenen Kantor- und Schächterstelle
dahier, mit welcher außer mehreren Akzidenzien ein fassionsmäßiges
Einkommen von 600 Gulden verbunden ist, werden Bewerber aufgefordert, ihre
Zeugnisse über musikalische Bildung und Qualifikation zur Leitung eines
Chores, sowie über moralisch-religiösen Lebenswandel bis längstens 1.
Februar kommenden Jahres an den unterfertigten Kultus-Vorstand franko
einzusenden. Ichenhausen (Bayern), den 9. Dezember 1862. Der israelitische
Kultus-Vorstand. D. Einstein. J.R. Seligmann." |
|
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Dezember 1862: Derselbe Text wie in der
konservativ-orthodoxen Zeitung "Der Israelit" (siehe oben)
erschien in der liberalen "Allgemeinen Zeitung des
Judentums". |
|
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. Mai 1872: "Man sucht
einen Lehrer der französischen und englischen Sprache, einen tüchtigen
Elementar- und einen Reallehrer zu engagieren. Franko-Offerten einzusenden
an das Rabbinat Ichenhausen bei Günzburg (Königreich Bayern)." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1876: "An der
hiesigen deutsch-israelitischen Volksschule sind in Folge Pensionierung
der bisherigen Inhaber baldigst zwei Stellen zu besetzen, und zwar: 1) die
des ersten Lehrers, definitiv, mit einem von der Gemeinde gewährten
Anfangsgehalte von 1.200 Mark pro Jahr nebst freier Wohnung, 2) die des
dritten Lehrers, provisorisch, (Schulgehilfe) mit einem Fixum von 800 Mark
pro Jahr nebst freier Wohnung, bei befriedigenden Leistungen hat derselbe
gleichfalls baldige definitive Anstellung mit erhöhtem Gehalte zu
erwerben. Sollte einer der Anzustellenden imstande sein, den
Gemeindeschochet in Behinderungsfällen vertreten zu können, so steht
demselben eine bedeutende Remuneration in Aussicht. Geeignete Bewerber,
die eine gediegene pädagogische und musikalische Bildung besitzen, wollen
sich unter Einsendung der ihnen zu Gebote stehenden Zeugnisse bis zum 31.
Dezember dieses Jahres wenden an die israelitische Kultusverwaltung N.
Heilbronner. Ichenhausen, den 10. Dezember 1876." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1877: "Nachdem die
Stelle des ersten Lehrers an der hiesigen israelitischen Gemeindeschule
nunmehr besetzt worden ist, wird die vakante dritte Lehrstelle nochmals
zur Konkurrenz ausgeschrieben. Dieselbe ist vorläufig mit einem Fixum von
800 Mark pro Jahr nebst freier Wohnung dotiert und wird in kurzer Zeit bei
befriedigenden Leistungen des Inhabers zu einer definitiven erhoben. Für
die etwaige Vertretung des Hilfs-Schochets wird eine jährliche
Remuneration gewährt.
Unverheiratete, seminaristisch gebildete Bewerber
werden aufgefordert, sich umgehend unter Beifügung ihrer Zeugnisse zu
wenden an den israelitischen Kultusvorstand Nathan Heilbronner.
Ichenhausen, 14. Januar 1877." |
|
Anzeige in
der "Bayerischen israelitischen Gemeindezeitung" vom 11. November 1927: "Die Stelle eines Lehrers an unserer Volksschule (zur Zeit 23
hauptschulpflichtige Kinder) wird frei und soll bis zum 1. Februar 1928
wieder besetzt werden. Das Stelleneinkommen kann durch Kasualien sowie
durch Übernahme des Kassen- und Schriftwesens der Kultusgemeinde, wie
auch durch Vertretung des Kantors und Schochets wesentlich erhöht werden.
Mit Genehmigung der zuständigen Kreisregierung bringen wir die Stelle
hiermit zur Ausschreibung mit dem Bemerken, dass Meldungen von Bewerbern,
die das bayerische Staatsexamen abgelegt haben, bis spätestens ende
Dezember an die Regierung von Unterfranken und außerdem mit allen
Zeugnisabschriften auch an unsere Kultusverwaltung eingereicht werden
wollen. Ichenhausen, den 4. November 1927. Israelitische Kultusverwaltung
Ichenhausen. Julius Krämer, 1. Vorstand." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927: "Die Stelle
eines Lehrers an unserer Volksschule (zurzeit 23 hauptschulpflichtige
Kinder) wird frei und soll bis zum 1. Februar 1928 wieder besetzt werden.
Das Stelleneinkommen kann durch Kasualien sowie durch Übernahme des
Kassen- und Schriftwesens der Kultusgemeinde wie auch durch Vertretung des
Kantors und Schochets wesentlich erhöht werden. Mit Genehmigung der zuständigen
Kreisregierung bringen wir die Stelle hiermit zur Ausschreibung mit dem
Bemerken, dass Meldungen von Bewerbern, die das bayerische Staatsexamen
abgelegt haben, bis spätestens Ede Dezember an die Regierung von
Unterfranken und außerdem mit allen Zeugnisabschriften, auch an unsere
Kultusverwaltung eingereicht werden wollen.
Ichenhausen, den 4. November
1927. Julius Krämer, 1. Vorstand." |
Ausschreibung der
Vorbeter- und Schochet-Stelle (1871)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1871: "Annonce.
Zum 1. Mai dieses Jahres wird die hiesige Vorbeter- und Schochetstelle
vakant. Fassionsmäßiges Einkommen 800 Gulden bei freier Wohnung,
exklusive 150 Gulden Nebenverdienste. Qualifizierte Bewerber, die einen
Chor zu dirigieren imstande sind, wollen ihre Zeugnisse baldigst
einsenden. Ichenhausen in Bayern.
Die israelitische Kultusverwaltung. Daniel Einstein, Vorstand." |
Ausschreibung der Stelle des Kantors und Schochet
(1908)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1908: "Kantor- und
Schochet-Stelle. Nachdem unser bisheriger Kantor nach 37-jähriger Tätigkeit
in der hiesigen Kultusgemeinde sich in den Ruhestand begibt, soll dessen
Stelle durch einen musikalisch gebildeten Kantor und geübten Schochet und
Baal-koreh mit einem jährlichen Gehalt von Mark 2.200.- nebst freier
Wohnung und bedeutendem Nebeneinkommen zum 1. September dieses Jahres
wieder besetzt werden. Streng religiöse Bewerber wollen ihre Zeugnisse
unter Angabe ihres Lebenslaufs, ihres Alters und ihrer Familienverhältnisse
längstens bis zum 15. Mai dieses Jahres einsenden an die Israelitische
Kultusverwaltung M. Sulzer, 1. Vorstand. Ichenhausen (Bayern), 19. April
1908." |
Hebräischlehrer gesucht (1886)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1886: "Für einen
talmudisch gebildeten Mann, welcher die Befähigung besitzt, Kinder im
Hebräischen zu unterrichten, bietet sich am hiesigen orte Gelegenheit zur
Begründung einer ausreichenden Existenz. Schriftliche Meldungen sind zu
richten an den
israelitischen Kultusvorstand Ichenhausen (Bayern)." |
Zum Tod von Lehrer Daniel Wormser (bis 1864 Lehrer in
Ichenhausen, gestorben in Hamburg (1900)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1900: "Hamburg, 14. Mai
(1900). Eine Trauerbotschaft, zur tiefsten Wehmut stimmend, durcheilte am
vergangenen Freitag alle Schichten der jüdischen Bevölkerung Hamburgs.
‚Lehrer Wormser ist tot!’ Ob dieser Worte erbebten die Herzen vieler
Hunderte unserer jüdischen Mitbürger, und nach Hunderten zählte das
Trauergefolge, das sich heute vor dem Krankenhause der jüdischen Gemeinde
einfand, um dem geliebten Lehrer, dem segensreich wirkenden
Menschenfreund, dem edlen, rastlos tätigen Helfer der Verlassenen und
Unterdrückten die letzte Ehre zu erweisen.
Mir sei es vergönnt, dem Andenken dieses hochherzigen Mannes einige Worte
des Nachrufes in Ihrem geschätzten Blatte zu widmen.
Daniel Wormser seligen Andenkens, in einem kleinen Schwarzwald-Dörfchen
geboren, entstammte einer armen, frommen Familie. Schon im zarten
Knabenalter des Vaters beraubt, lernte der Verblichene frühzeitig den
Ernst des Lebens kennen. Nach Überwindung mannigfacher Schwierigkeiten,
die sich dem mittellosen Knaben entgegenstellten, gelang es ihm, sich in
Karlsruhe unter der Ägide des Herrn Oberrates Altmann seligen Andenkens
dem Torastudium zu widmen und sich gleichzeitig an dem dortigen Seminar für
den Lehrerberuf vorzubereiten. Der damalige Leiter des Karlsruhe Seminars
war ein direkter Schüler Pestalozzis, und ein wahrer Jünger dieses
Meisters der Erziehungskunst ist auch Daniel Wormser seligen Andenkens
geworden. Mit dem Reifezeugnis eines Lehrers für Stadtschulen versehen
und vom Oberrat Altmann seligen Andenkens mit dem
Ehrendiplom ‚Chower’ geschmückt, trat D. Wormser ins
Schulleben hinaus. Zuerst wirkte er als Lehrer in einem badischen Orte,
dann in München und hernach unter Dr. E. Löb seligen Andenkens als
Lehrer an der Gemeindeschule zu Ichenhausen
in Bayern. Von hier aus kam er 1864 als 24-jähriger Mann an die hiesige
Talmud-Tora-Schule, die zur Stätte seiner dauernden Wirksamkeit wurde.
Voll der höchsten Begeisterung für den erhabenen Beruf eines Lehrers und
eingedenk der Worte unserer Weisen: ‚Nehmet besondere Rücksicht auf die
Kinder der Armen, denn durch sie wird die Tora in Israel verbreitet’,
ergriff D. Wormser seine Lehrtätigkeit mit einem Feuereifer und einer nie
ermüdenden Tatkraft, die unerreicht dasteht. Rastlos arbeitete dieser
strebsame Mann an seiner geistigen Vervollkommnung. Dem Studium unserer
heiligen Tora und dem Vertiefen in die Werke pädagogischer
Schriftensteller lag D. Wormser – seligen Andenkens – mit hingebendem
Fleiße ob. Noch als 50-jähriger Mann unterzog er sich mit Erfolg dem
Mittelschullehrer- und Rektoratsexamen. Sein ganzes Wissen stellte er in
den Dienst der Erziehung zur Religion.
|
Des
Dahingeschiedenen hervorragende Bedeutung gipfelte jedoch nicht darin,
dass er von jenen Idealen erfüllt war, die es ihm ermöglichten, so Großes
in pädagogischer Hinsicht zu leisten, was ihn vielmehr zu einem für ganz
Israel (= das ganze Judentum) hoch bedeutenden Manne machte, war sein
ihn zur Tatkraft anspornendes Herz, das für die Not der Armen so warm
schlug. Auf dem Felde der jüdischen Wohltätigkeit hat er, der nicht mit
Glücksgütern gesegnete, anspruchslose Lehrer, Unerreichtes geleistet.
Herr Oberrabbiner Hirsch – sein
Licht leuchte – gab an der Bahre des Verschiedenen in oft von Tränen
erstickter Stimme den Gefühlen Ausdruck, die die jüdische Gesamtheit ob
des harten Verlustes, der sie betroffen, bewegen. Er erinnerte an die
selbstloseste, aufreibende Tätigkeit, die der Verstorbene zu Gunsten der
aus Russland, Rumänien und Galizien vertriebenen Glaubensgenossen
entfaltete; er gedachte der Energie, die derselbe im Kampfe gegen die
Seelenfänger entwickelte, wie er es verstand, religiös verirrte Kinder
an das Elternherz zurückzuführen und aus den Schlingen der
Missionsgesellschaften zu retten.
Auf dem Friedhofe schilderte der Direktor der Talmud-Tora-Realschule, Herr
Dr. J. Goldschmidt, in tief empfundenen und ergreifenden Worten des
Entschlafenen vielseitige Tätigkeit als Lehrer und Menschenfreund.
Darauf sprach Herr Rechtsanwalt Dr. Alexander, im Namen des Vorstandes des
von Herrn D. Wormser – seligen Andenkens – ins Leben gerufenen Vereins
für Obdachlose und erwähnte, dass der Verein trotz vielfacher
Anfeindungen, durch des Verstorbenen ungeahnte Tätigkeit zu einer
ungemein segensreich wirkenden Institution geworden sei.
Auch von nichtjüdischer, hoch stehender Seite wurde die Bedeutung dieses
wahren Menschenfreundes gewürdigt. Möge Gott, der Linderer aller
Schmerzen, der tief gebeugten Witwe und den trauernden Söhnen Trost
spenden. Möge bald der Tag kommen, von dem es heißt: und
der Tod wird verschlungen für immer (Jesaja 35,8). Amen." |
Lehrer
Isaak Brader wurde zum Hauptlehrer ernannt (1907)
Anmerkung (nach den Recherchen von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries): Lehrer Israel Isaac (Jizchak) Brader war mindestens schon 1879 in
Ichenhausen, da in diesem Jahr sein Sohn David in Ichenhausen geboren ist. Isaac
Brader ist am 14. November 1851 in Mönchsdeggingen
als Sohn eines Lehrers geboren. Er war (seit 22. Oktober 1873 in Harburg)
verheiratet mit Karoline geb. Weinbach (geb. 25. März 1850, gest. 6. Oktober
1899). In zweiter Ehe war er verheiratet mit Esther geb. Floersheimer (seit 18.
Februar 1902 in Karlsruhe). Der Sohn David (Rabbiner
Dr. David Brader) ließ sich in Berlin zum Rabbiner ausbilden; war tätig
als Rabbinatssubstitut in Ansbach, bis 1910 an der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt Köln und Rabbiner in Recklinghausen; 1912 Realschullehrer
in Nürnberg, auch Rabbiner in Weiden; 1917 bis 1925 Distriktsrabbiner in
Ansbach, 1925 in die Schweiz verzogen; weitere Geschichte
unbekannt. Ein weiterer Sohn war Benny Brader, der am 2. Dezember 1942 im
Ghetto Theresienstadt umgekommen ist.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 11. Januar 1907: "Ichenhausen (Bayern). Herr J.
Brader erster Lehrer an der Volksschule der hiesigen israelitischen
Kultusgemeinde, wurde von Seiner königlichen Hoheit dem Prinzregenten zum
Hauptlehrer ernannt". |
Karte an
Lehrer Isaak Brader (1906)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
Karte von Moritz
Weimersheimer
aus Costa Rica (1906) |
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Die Ansichtskarte zeigt einen Ausschnitt des Limon Park auf Costa Rica und wurde am 26. Juni 1906
von Port Limon nach Ichenhausen geschickt. Der Ankunftsstempel Ichenhausen trägt das Datum 18. Juli 1906.
Kartenempfänger war der Lehrer Isaak Brader. Absender der Karte Moritz Weimersheimer, vielleicht ein
ehemaliger Schüler von Isaak Brader: Moritz Weimersheimer (geboren am 18.
November 1886 in Ichenhausen) war verheiratet mit Klara (Claire) Essinger, der Gründerin eines
Kinderheimes in Herrlingen für verhaltensgestörte, schwer erziehbar milieugeschädigte Kinder.
Moritz Weimersheimer war Bezirksarzt in Herrlingen und verstarb bereits
1919. |
Abschied
von Kantor Perlmutter (1908)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. September 1908: "Ichenhausen,
14. September 1908. Der festlich geschmückte Saal der Falkschen
Restauration vereinigte gestern, Sonntagabend, fast sämtliche Mitglieder
der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, die, eine Einladung der
Kultusverwaltung folgend, erschienen waren, um den Abschied ihres langjährigen
Kantors, Herrn Perlmutter zu feiern. Mit bekannter Meisterschaft zeichnete
Herr Distriktsrabbiner Dr. Cohn unter Zugrundelegung der Worte ‚Gesegnet bist du bei deinem Kommen und gesegnet bist du bei dem Gehen’
ein Bild der siebenunddreißigjährigen Tätigkeit der Herrn Perlmutter
als Kantor und Schochet in hiesiger Gemeinde. Mit Recht betonte er hierbei
die Berufstreue und Gewissenhaftigkeit des auch durch besondere
Friedensliebe ausgezeichneten Mannes und schloss mit den besten Wünschen
für das fernere Wohlergehen des Scheidenden. Warme Worte der Anerkennung
fand hierauf der 1. Kultusvorstand Herr Sulzer, der dem Scheidenden als
Zeichen der Anerkennung und Dankbarkeit der Kultusgemeinde einen
prachtvollen Pokal, sowie 300 Mark überreichte. Im Auftrage der hiesigen
jüdischen Metzger wurde von Herrn J. Wolf Herrn Perlmutter ein silberner
Pokal als Beweis der Dankbarkeit für seine besonders ausgezeichnete Tätigkeit
als Schochet übergeben. Herr Hauptlehrer Brader rühmte die Verdienste
des Scheidenden in seiner Eigenschaft als Dirigent des Synagogenchores, während
der 2. Kultusvorstand, Herr Heller, Herrn Perlmutter als Vorbeter feierte. Der Gesangverein Zion verschönerte den Abend
durch prachtvolle Liedervorträge, sodass Herr Perlmutter in seiner
Danksagung für die ihm erzeigten Ehrungen mit vollem Rechte ausrufen
durfte: ‚Dieser Abend wird mir und meiner Familie unvergesslich
bleiben.’ Möge es dem nunmehr in München bei seinen Kindern Wohnenden
beschieden sein, sich noch ad multos annos des wohl verdienten Ruhestandes
erfreuen zu können. Alle Hochachtung aber auch vor einer Gemeinde, die
ihre Beamten so ehrt und schätzt." |
Zum Tod von Hauptlehrer Julius Thalmann (1909)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. November 1909: "Ichenhausen. Der ganze Ort, nicht nur die jüdische Gemeinde, sondern
auch die Angehörigen der beiden anderen Konfessionen, sind in tiefe
Trauer gehüllt. Herr Hauptlehrer Julius Thalmann, der 32 Jahre hindurch
in treuester Pflichterfüllung im Dienste der hiesigen israelitischen
Volksschule gestanden, erlitt plötzlich Sonntagmorgen in der Synagoge
einen Herzschlag, dem er kurz danach erlegen ist. In ihm hat die Judenheit
einen solch vielseitigen Mann verloren, wie heutzutage leider nur noch
wenige zu finden sind. Als Lehrer verstand er es in seltener Begabung, die
Kinder an sich zu fesseln, sodass sie mit Wonne auf seine Worte lauschten
und er sie nach seinem Grundsatze ‚Tauroh im derech erez’ (Tora
verbunden mit respektvollem Benehmen) erziehen konnte. Allen wohltätigen
Vereinen stand er als erster Hilfsarbeiter vor. Die ‚Chewrah Kadischah’, die die schönste und größte aller unserer Mizwaus
(Verpflichtungen) ausübt, die Beschäftigung mit den Toten, zeichnete
sich unter seiner Leitung ganz besonders aus. Auch die ‚Chewrah
Bikkur Chaulim’ (Krankenpflegeverein), deren uneigennützige Aufgabe
im Versorgen und Wachen bei den Kranken besteht, lag in keiner Hand besser
als in der seinigen. Seit 8 Jahren übte er in großer Uneigennützigkeit
die heilige Mizwoh (Verpflichtung) eines Mohel
(Beschneiders) aus. Und endlich, mit welcher Wonne erinnert sich die jüdische
Gemeinde an die Jomim Nauroim
(ehrfurchtgebietenden Tage), an denen er das Schacharis-(Morgen-) und
Mincha-Gebet in den alten schönen Melodien vortrug und ferner als Bal-tokea
tätig war.
Die Liebe, Verehrung und Dankbarkeit, mit der alle, die ihn kannten, an
ihm hingen, bewies das überaus große Trauergefolge, wie es Ichenhausen
kaum je gesehen hat.
An seiner Bahre sprachen in herzzerreißenden Worten um den zu früh
heimgegangenen Freunde Seine Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Cohn und sein würdiger
Kollege Herr Hauptlehrer J. Brader, ferner der katholische Geistliche,
dann ein Turnwart im Namen des Turnvereins, dessen 1. Turnrat er war, und
endlich rief ihm der Kommandeur der Bezirksfeuerwehr von Schwaben für die
hohen und edlen Verdienste, die sich der Dahingeschiedene als Kommandant
der Ichenhausener freiwilligen Feuerwehr erworben hat, Worte des Dankes
nach.
So hat Ichenhausen einen wirklich unersetzlichen Verlust erlitten, die
tief gebeugte Gattin hat einen treuen Begleiter durchs schicksalreiche
Leben verloren, die drei Kinder einen zärtlichen und liebevollen Vater. Möge
den Hinterbliebenen nach den herben Schicksalsschlägen der letzten Jahre
– 3 erwachsene, in der vollen Blüte der Jahre stehende Söhne sind
ihnen im Laufe von 5 Jahren durch den Tod entrissen worden – das
Verdienst ihres Familienhauptes beistehen, so werden ihnen nur noch
heitere und sonnige Tage beschieden sein. Wir aber wollen seinem Beispiele
nachahmen, dann wird sein Andenken gewürdigt und erhalten bleiben für
alle Zeiten. Sein dankbarer Schüler M.M." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1909: "Ichenhausen,
14. November (1909). Durch das plötzliche und unerwartete Hinscheiden des
Hauptlehrers J. Thalmann – seligen
Andenkens – hat nicht allein die hiesige israelitische
Kultusgemeinde, sondern auch die politische Gemeinde dahier einen schweren
Verlust erlitten. Hatte er doch seine Kraft und seinen Opfermut nicht nur
dem Judentum, sondern auch dem allgemeinen Interesse gewidmet und als Mann
der Tat stets zielbewusst an seinem Werk gearbeitet. J. Thalmann
entwickelte in seinem hiesigen fast 33jährigen Wirken auf den
verschiedensten Gebieten eine solche rege Tätigkeit, dass man darüber
staunen musste, wie es ihm möglich war, dies alles zu vollbringen. Er war
Elementar- und Religionslehrer an der hiesigen israelitischen Volksschule
II, Baal Tokea (Schofarbläser),
Chasan (Vorbeter), Schochet
und Mohel (Beschneider), 2. Vorstand der Chewra Kadischa, Gründer und 30 Jahre lang Vorsteher des Bikkur-cholim-Vereins,
ferner Gründer und 25 Jahre lang Leiter des hiesigen Turnvereins,
Kassierer des Bezirkslehrervereins Günzburg u.v.m. Dass ein solcher Mann
ein Leichenbegängnis erhielt, wie es der hiesige Ort seit Jahren nicht
gesehen hatte, lässt sich leicht denken; außer den verschiedenen
hiesigen und auswärtigen Vereinen gaben ihm die Spitzen der weltlichen
und geistlichen Behörden – des Bezirksamts Günzburg, der hiesige
Magistrat und das Gemeindekollegium, der Bezirkslehrerverein Günzburg und
selbstverständlich die vollzählige jüdische Gemeinde das Geleite zur
letzten Ruhestätte. Am Grabe widmeten Herr Distriktsrabbiner Dr. Cohn,
der katholische Pfarrer als Lokalschulinspektor, Hauptlehrer Brader,
ferner der Vorsteher des Bezirkslehrervereins Günzburg, der Vorsteher des
Turngaus Günzburg und schließlich Herr Isidor Koschland im Namen des
Bikkur-Cholim-Vereins warme Worte der Anerkennung dem
dahingeschiedenen Lehrer und edlen Menschen. Mögen diese Beweise der
Liebe und Verehrung den lindernden Balsam des Trostes in die schwer
verwundeten herzen der trauernden Hinterbliebenen träufeln." |
Zum
Tod von Hauptlehrer Isaac Brader (1920)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1920: "Hauptlehrer
Isaac Brader – das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen -. Ichenhausen, 4. April (1920). Am 20. Adar
hauchte Hauptlehrer Isaac Brader seine edle Seele aus. Das bedeutet für
unsere Gemeinde und für die Judenheit Bayerns einen empfindlichen
Verlust. Der Verklärte ragte in unsere Zeit hinein als ein Memento jener
Zeiten, in der jüdische junge strebsame Leute auf die eigene Kraft und
auf die Fähigkeit ihres eigenen Willens angewiesen waren, um die
Vorbereitung für den dornenvollen Beruf des jüdischen Lehrers zu
treffen. Unsere junge Generation hat kaum einen Begriff von dem
Idealismus, welcher Leute wie Brader – seligen
Andenkens – erfüllte. Er lebte in einer Welt des Altruismus, die
Kinder waren ihm ein Heiligtum, die Schule war ihm ein Eden und die
Gemeinde war ihm die Stätte, in der er an jedem Einzelnen selbstlose
Wohltat ausübte. Jedes bedrückte Herz suchte ihn und fand bei ihm Trost
und Genesung. Seine Sabbatvorträge führten zwanglos zur Erfüllung der jüdischen
Weltanschauung, sein Gotteswort einte in unzähligen Fällen Entfremdete
und Friedlose. Die Vielen, die an seiner Bahre weinten, zeugten, dass sie
einen Vater verloren hatten. Sein Andenken ist in unserer Gemeinde
unvergesslich; die Erinnerung an ihn ist und bleibt ein Segen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
50-jähriges
Dienstjubiläum und 80. Geburtstag des Synagogendiener M. Meinfelder (1922)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juli 1922: "Personalien.
Ichenhausen, 3. Juli (1922). Ein seltenes Jubiläum gab Gelegenheit zu
einem gelungenen, harmonisch verlaufenen Fest. Herr M. Meinfelder feierte
am vergangenen Sonntag sein 50jähriges Dienstjubiläum als
Synagogendiener unserer Kultusgemeinde. Aus diesem Anlass veranstaltete
die Kultusverwaltung einen ‚Bunten Abend’, der zugleich der Feier des
80. Geburtstages galt. Heitere Vorträge, auf die originelle Wesensart des
Jubilars gemünzt, wechselten mit musikalischen Darbietungen des
Gesangvereins Zion, des Herrn Oberkantors Schwarz, sowie mit Einzelvorträgen
in reicher Fülle ab. Herr Kultusvorstand Krämer betonte in seiner
gelungenen Ansprache, wie der verehrte Jubilar, unser Mosche, es
verstanden habe, zu zeigen, wie man auch der scheinbar unbedeutendsten
Aufgabe hohen Wert abringen könne, wie man auch im einfachsten Kreise
Wertvolles schaffen kann, wenn man es mit seinen Pflichten ernst nimmt.
Herr Lehrer Blum würdigte den Gefeierten in längerer humordurchtränkten
Rede als Mensch, Beamten und Kollegen und bezeichnete das Fest als das
‚goldene Hochzeitsfest’ der vor 50 Jahren zwischen Kultusgemeinde und
Synagogendiener geschlossenen harmonischen Ehe. Außer einem bedeutenden
Geldgeschenk, das von zwei Mitgliedern der Kultusgemeinde unter den
hiesigen und ehemaligen Angehörigen der Kultusgemeinde gesammelt worden
war, überreichte die Verwaltung dem Senior ihrer Beamten, der in seltener
körperlicher und geistiger Frische noch seines Amtes waltet, einen prächtig
arrangierten Korb mit Lebens- und Genussmitteln, sowie eine Widmung, in
der die vorbildliche Pflichttreue, die peinliche Gewissenhaftigkeit,
die seltene Sachkenntnis, die fast sprichwörtliche Sparsamkeit für
die Kultusgemeinde, die anspruchslose humorvolle Bescheidenheit, sowie die
wunderbare Treue in der Wahrung und Übermittlung der traditionellen
synagogalen Gebräuche und Melodien zum Ausdruck kommen. Möge dem rüstigen
Jubelgreis, von dessen Beliebtheit die allgemeine Anteilnahme weitester
Kreise beredtes Zeugnis ablegte, noch ein langer, froher, gesunder
Lebensabend bescheiden sein." |
Zum Tod der Witwe von Hauptlehrer Thalmann
(1927)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1927: "Ichenhausen, 25.
Mai (1927). Eine fast unübersehbare Menschenmenge zeugte von der Achtung
und der Beliebtheit, deren sich Frau Hauptlehrer Thalmann seligen
Andenkens in ihrem Leben rühmen konnte, als es galt, die Heimgegangene
auf dem Bes olam (Friedhof) zur
ewigen Ruhe zu betten. Herr Bezirksrabbiner Dr. Neuwirth zeichnete in zu
herzen gehender Weise das Bild dieser seltenen Frau, deren Frömmigkeit
sich in einem Leben, reich bewegt durch Glück und Wolkendüster,
mannigfach zu bewähren Gelegenheit fand. Auch im Namen des Zweigvereins
vom Roten Kreuz stattete er ihr den Dank dieser interkonfessionellen
Organisation für ihre langjährige, segensreiche Tätigkeit ab. Für den
Zentralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, deren Mitglied
im Ausschuss der Ortsgruppe sie war, für den Bikkur-Cholim-Verein (Krankenbesuchsverein)
– eine Gründung ihres in der Gemeinde unvergessenen seligen Gatten –
sowie für den israelitischen Frauenverein Ichenhausen, dem die
Entschlafene mehr als 25 Jahre als 2. Vorsitzende und Kassiererin, zuletzt
als Ehrenvorsitzende angehört hatte, sprach ihr Herr Lehrer Blum Dank und
Treuegelöbnis aus. In unserer Gemeinde empfindet man die Lücke, die hier
der Tod gerissen, allgemein tief und schmerzlich. Eine wackere
Frau – Lehrerstochter und Lehrersgattin – eine kluge und eine gute
Frau ist zu ihrem Schöpfer gerufen worden; was sie im Dienste von Wohltätigkeit
an Toten und Lebenden gewirkt, begleitete sie als ein selten reicher Kranz
von duftenden Blüten. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Lehrer Blum verlässt die Schule (1927)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. November 1927: "Ichenhausen, 13.
November (1927). Am 1. Januar verlässt Herr Blum, Lehrer an der hiesigen
israelitischen Volksschule, nach 6jähriger Tätigkeit die Stätte seiner
Wirksamkeit, um in Nürnberg einen Teil des Religionsunterrichtes an den höheren
Schulen zu übernehmen. Seinem Scheiden wird allgemein mit großem
Bedauern entgegengesehen. Verliert doch in ihm nicht nur die Schule einen
begabten, pädagogisch befähigten, mit reichen Kenntnissen jüdischen und
profanen Wissens ausgestatteten Lehrer, sondern auch die Gemeinde einen
Mann von reinem, lauterem Charakter, der gar oft mit verständnisvollem
Sinn sich um die Hebung und Förderung ihrer Interessen und Bestrebungen
manches Verdienst erwarb. Und nicht zuletzt verdankt Herr Lehrer Blum die
Beliebtheit und Wertschätzung, deren er sich in allen Kreisen der mehr
als 100 Familien zählenden Gemeinde erfreut, seinem sanften, milden,
wahrhaft vornehmen Wesen, seinem freundlichen Entgegenkommen gegen
jedermann." |
Lehrer
Sigmund Hammelburger übernimmt die Stelle in Ichenhausen (1929)
Anmerkung: Sigmund Hammelburger
ist 1881 in Niederwerrn geboren als Sohn
des Metzgers Moses Hammelburger und seiner Frau Regina geb. Waitzfelder. Er
besuchte die Schule in Niederwerrn, danach ab 1895 die Präparandenschule
Talmud-Thora in Burgpreppach,
anschließend ab 1898 die Israelitische
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Ab 1901 war er Religionslehrer in
Adelsdorf, ab 1906 jüdischer
Elementarlehrer in Mühlhausen. 1907
heiratete er in Mühlhausen Hannchen geb. Strauß aus Mühlhausen. Die beiden
bekamen zwei Kinder: Martha (geb. 1911), Max (geb. 1916).1928 wechselte er nach
Ichenhausen, wo er bis nach dem Novemberpogrom 1938 geblieben ist. Dann bemühte
er sich um die Auswanderung. Die Kinder Martha und Max konnten bereits 1937 in
die USA emigrieren. 1940 konnten auch Sigmund und Hannchen über Italien in die
USA emigrieren. Hannchen Hammelburger starb 1957, ihr Mann Sigmund 1969.
Meldung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Januar 1929: "Personalien. Die Volksschullehrerstelle Ichenhausen
wurde dem Lehrer Sigmund Hammelburger, bisher Lehrer in Mühlhausen
(Oberfranken), übertragen." |
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Literaturhinweis
zu Lehrer Hammelburger - auf den Foto links mit seiner Frau Hannchen geb.
Strauß in Ichenhausen 1938:
Christian Plätzer: Spuren des fränkisch-jüdischen Lehrers
Sigmund Hammelburger und seiner Familie. In: Johann Fleischmann: Mesusa 4
(hrsg. vom Arbeitskreis "Jüdische Landgemeinden in Aisch, Aurach,
Ebrach und Seebach". Lebensbeschreibungen und Schicksale. 2004. S.
310-363. Website des Arbeitskreises. |
50. Geburtstag und Auszeichnung von Hauptlehrer
Hammelburger (1931)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Dezember 1931: "Ichenhausen, 13.
Dezember (1931). Anlässlich seines 50. Geburtstages wurde Hauptlehrer
Hammelburger, dahier, von Herrn Bezirksrabbiner Dr. Neuwirth den Chawer-Titel
verliehen." |
Die
Bezirkskonferenz der israelitischen Lehrer in Schwaben tagt in der jüdischen
Schule in Ichenhausen (1936)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Dezember 1936: "Bericht der Bezirkskonferenz Schwaben. Auf
unserer letzten Bezirkskonferenz hatten wir in Augsburg ein sehr
gediegenes Referat unseres Kollegen Krämer gehört über das Thema:
'Konzentration des gesamten Volksschulunterrichts unter dem speziellen
Gesichtspunkte des Jüdischen'. Nach einem Repetitionskolleg über Ziel,
Aufgabe und Zweck aller Erziehung an sich und des 'erziehenden
Unterrichtes' im besonderen wurden wir durch Erfahrungstatsachen des
Kollegen in seiner 8. Klasse theoretisch von der Durchführbarkeit des
genannten Konzentrationsproblems klar überzeugt. Nach einer regen
Diskussion, an der sich insbesondere Kollege Hammelburger, Ichenhausen,
und Kollege Frank, Fischach, heute in Ichenhausen, beteiligten,
beschlossen wir die nächste Bezirkskonferenz in Ichenhausen abzuhalten,
um an einem 'Lehrbeispiel' die Probe auf das Exempel machen zu können.
Kollege Hammelburger hatte sich hierzu gerne bereit erklärt. Sie ergab es
sich, dass wir zum erstenmal außerhalb Augsburgs unsere
Fortbildungskonferenz abhielten und zwar in der ehrwürdigen Gemeinde
Ichenhausen, in der Schule des Kollegen Hammelburger..."
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