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Rülzheim mit
Kandel (Kreis Germersheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Rülzheim bestand bis 1940 eine eine der größten jüdischen Gemeinden
in der Südpfalz. 1667 werden erstmals Juden am Ort genannt. Um 1700 sind
es mehrere Familien. 1750 wurden acht Familien gezählt, 1808 bereits 179 jüdische
Gemeindeglieder (10,2 % der Gesamteinwohnerschaft).
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl weiter an: 1825 237 (10,7 %
der Gesamteinwohnerschaft) und 1857 484 jüdische Einwohner (von
insgesamt 2.975 Einwohnern). Zur jüdischen Gemeinde in Rülzheim gehörten
seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch die in Kandel wohnenden jüdischen
Personen (1924 9 Personen).
Die Familien lebten großenteils vom Handel, u.a. mit Haushaltwaren, Seife,
landwirtschaftlichen Produkten. Jüdische Gewerbetreibende spielten u.a. eine
besondere Rolle in der örtlichen Tabakindustrie: drei Zigarrenfabriken am Ort
gehörten jüdischen Unternehmern (siehe unten das Dokument zu den
Cigarrenfabriken J. Feibelmann & Söhne).
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Elementar-/Konfessionsschule, ein rituelles Bad sowie einen Friedhof.
Die Konfessionsschule bestand seit 1830/31. An ihr wurden bis zu 104 Schüler
unterrichtet (1856). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Elementarlehrer angestellt, zeitweise auch ein weiterer Lehrer, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (z.B. war neben dem 1916
verstorbenen Hauptlehrer Kahn auch der Lehrer Teitelmann als Vorbeter und
Schochet tätig). Zudem hatte die Gemeinde noch einen Synagogen- und
Friedhofsdiener angestellt, der auch Vertretungsdienste für den Vorbeter übernahm
(vgl. zu diesen Stellen die Ausschreibungstexte unten). 1932 wird unter den
Einrichtungen auch eine Gemeindebibliothek genannt. Die Gemeinde gehörte zum
Bezirksrabbinat Landau.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Heinrich Cahn
(geb. 15.5.1884 in Rülzheim, gef. 24.11.1914), Arthur Feibelmann (geb.
17.10.1895 in Dahn, gef. 17.3.1915), Oskar Feibelmann (geb. 16.6.1880 in Rülzheim,
gef. 31.7.1916), Joseph Haas (geb. 15.11.1892 in Rülzheim, gef. 30.9.1916),
Hermann Klaus (geb. 9.6.1882 in Rülzheim, gef. 16.8.1916), Simon Klaus (geb.
11.8.1883 in Rülzheim, gef. 20.7.1915). Außerdem sind gefallen: Ludwig Cahn
(geb. 3.8.1893 in Rülzheim, vor 1914 in Speyer wohnhaft, gef. 23.4.1917), Otto
Cahn (geb. 21.4.1882 in Rülzheim, vor 1914 in Germersheim wohnhaft, gest. an
der Kriegsverletzung am 12.12.1920 und im jüdischen Friedhof in Rülzheim
beigesetzt).
Links der Grabstein für Otto Cahn im jüdischen
Friedhof Rülzheim.
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde 149 Personen gehörten (3,7 % von
insgesamt etwa 4.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Hermann
Feibelmann, Luitpold Haas, L. Traub und Julius Haas I. Als Lehrer und Kantor war
Nathan Haas angestellt, als Synagogendiener Heinrich Schönberger. Die
Israelitische Volksschule besuchten damals noch 11 Kinder. An jüdischen Vereinen
bestanden: ein Armenverein (1924 unter Leitung von H.S. Landauer), ein Frauenverein
(1924 unter Leitung von Frau F. Caspary, 1932 unter Leitung von Frau Josef Kaim),
der Verein Ahawas chessed (1924 unter Leitung von Leopold Feibelmann,
1932 unter Leitung von Josef Kaim), der Talmud-Tora-Verein (1924 unter
Leitung von Willy Loeb, 1932 unter Leitung von Alfons Mayer) und der Synagogen-Chorverein
(1924 unter Leitung von Julius Haas II.).
Anfang der 1930er-Jahre waren von den etwa 4.000 Einwohner des Ortes 184
jüdische Personen (1933: 172). Damals war Nathan Falkenberg Vorsitzender der
Gemeinde; als Lehrer war Nathan Haas, als Kantor Bernhard Glüßmann tätig. Der
Gemeinde Rülzheim waren weiterhin auch die jüdischen Einwohner von Kandel
angeschlossen. Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom wurden die Synagoge und
viele jüdische Häuser und Geschäfte verwüstet und geplündert; der Friedhof
wurde geschändet. Ein großer Teil der jüdischen Einwohner konnte noch aus-
oder abwandern, jedoch sind von den 1933 am Ort wohnhaften jüdischen Einwohnern
zahlreiche in Konzentrationslagern umgekommen.
Von den in Rülzheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bella Ackermann geb.
Cahn (1870), David Blum (1897), Ida Blum (1870), Fanny Brückheimer (1897),
Julius Albert Cahn (1877), Irma Cahn (1875), Josef Cahn (1883), Ludwig Cahn
(1865), Otto Cahn (1892), Hildegard Cohen geb. Schönberger (1898), Jenny Crost
geb. Schönberger (1896), Julia David geb. Schuster (1873), Paula Dreyfuss (1884),
Abraham Falkenberg (1878), Selma Falkenberg geb. Haas (1879), Elsa Fassbender
geb. Feibelmann (1901), Alfons Feibelmann (1879), Artur Feibelmann (1878), Berta
Feibelmann geb. Dreifuss (1870), Cäcilie Feibelmann geb. Haas (1891), Edith
Feibelmann (1927), Elisabeth Fanny Feibelmann (1911), Emil Feibelmann (1862),
Emil Feibelmann (1879), Hermann Feibelmann (1875), Hermann Feibelmann (1880),
Hermine Feibelmann (1875), Johanna Feibelmann (1901), Julius Feibelmann (1870),
Karoline Feibelmann (1886), Leo Feibelmann (1878), Leon Feibelmann (1897),
Karoline (Lina) Feibelmann geb. Klaus (1886), Max Feibelmann (1870), Robert
Feibelmann (1880), Ruth Feibelmann (1920), Tilly Feibelmann (1891), Zacharias
Feibelmann (1865), Wilhelmine Goldscheider geb. Cahn (1859, "Stolperstein" in
Dessau,
Link), Blondine Grünebaum
geb. Haas (1870), Barbara (Babette) Haas (1864 oder 1865), Elisabeth (Elise)
Haas geb. Haas (1872), Emil Haas (1868), Erwin Haas (1888), Eugen Haas (1882),
Ida Haas (1866), Isidor Haas (1875), Julius Haas (1869), Julius Haas (1878),
Julius Haas (1885), Leopold Haas (1880), Lothar Haas (1921), Max Haas (1870, siehe
Kennkarte unten),
Melanie Haas geb. Abraham (1894), Salomon (Sally) Haas (1881), Edmund Kahn
(1897), Frieda Kahn geb. Kahn (1898), Flora Kapp geb. Klaus (1884), Else Kayem
(1893), Paula Kern geb. Klaus (1891), Egon Klaus (1923), Helene Klaus geb.
Kirchheimer (1898), Julius Klaus (1886), Ruth Klaus (1926), Nellie Klaus geb.
Kaufmann (1900), Otto Klaus (1892), Siegbert Klaus (1888), Therese Klaus (?),
Bertha Kleinmeyer geb. Feibelmann (1871), Elias Kling (1868), Blondine Levy geb.
Haas (1873), Wigand Löb (1885), Alphons Mayer (1860), Maximilian Mayer (1899),
Wilhelmine (Mine) Meier geb. Haas (1890), Rosa Moos geb. Haas (1876), Berta
Nathan geb. Mayer (1898), Anna Neu geb. Falkenburg (1877), Lisel Raskin (1911),
Karolina (Lilli) Rosenstiel geb. Feibelmann (1897), Minna Rosenthal geb. Cahn
(1860), Blondine Rothschild geb. Mayer (1871), Berta Schönberger geb.
Felsenstein (1892), Frieda Schönberger (1892), Herta Schönberger (1932),
Julius Schönberger (1889), Max Schönberger (1887), Nelly Schwalbe geb. Cahn
(1890), Amalie Schwarzberg geb. Wolff (1872), Hermine Simon geb. Klaus (1872),
Sophie Steigerwald geb. Schuster (1878), Maria Strauss geb. Haas (1894), Hermine
Emilie Wallenstein geb. Haas (1883), Blondine Willstädter geb. Haas (1871),
Jakob Wolf (1879), Karoline Wolf geb. Cahn (1888), Herta Zell geb. Mayer (1905).
Von den in Kandel geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften
jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den
Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den
Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Martha Guckenheimer
(1902), Ida Haas (1874, Foto des Grabsteines in Gurs siehe unten), Oskar Haas (1875), Paula Simon geb. Haas (1884).
Erinnerung an die Deportation in das
südfranzösische Internierungslager Gurs im Oktober
1940: Grabstein für Ida Haas in Gurs
Grabstein im Friedhof des ehemaligen Internierungslagers Gurs
für
Ida Haas,
geb. am 14. Oktober 1874 in Kandel, später wohnhaft in
Karlsruhe,
am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, wo sie am 7. Januar 1941
umgekommen ist.
(Foto: Bernhard Kukatzki) |
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus
der Geschichte der jüdischen Lehrer und der weiteren Angestellten der Gemeinde
sowie Berichte aus der jüdischen Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1866 /
1891/92 / 1903 / 1920
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Mai 1866: "Besetzung einer
israelitischen Vorbeter und Schulverweserstelle zu Rülzheim in der
bayerischen Pfalz. Bei der israelitischen Kultusgemeinde Rülzheim (in
der bayerischen Pfalz) ist eine Vorbeter- und Schulverweserstelle vakant,
die alsbald besetzt werden soll und mit welcher folgende Bezüge verbunden
sind:
a. Baargehalt aus der Kultuskasse als Schulverweser
250 Gulden
b. Wohnungsentschädigung 50
Gulden
c. Erträge der Kasualien vom Vorbeterdienste
100 Gulden
d. Erträgnisse des Schächterdienstes veranschlagt zu 200 Gulden.
Summa 600 Gulden.
Bewerber um diese Stelle werden hiermit eingeladen, ihre Gesuche, mit
Zeugnissen belegt, innerhalb 4 Wochen bei dem unterzeichneten Vorstand
persönlich einzureichen. Kandidaten, welche sich als Vorbeter besonders
qualifizieren, erhalten den Vorzug. Rülzheim, den 1. Mai 1866. Der
israelitische Synagogenvorstand
Israel Cahn." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1866: "Vakante
Schulverweser- und Vorbeterstelle. Bei der israelitischen
Kultusgemeinde Rülzheim (bayerische Pfalz) ist die Stelle eines
Schulverwesers, womit die Funktionen eines Vorsängers und Schächters
verbunden sind, erledigt. Dieselbe wird hiermit zur Bewerbung innerhalb
von 4 Wochen unter dem Beifügen ausgeschrieben, dass Kandidaten, welche
sich als Vorsänger besonders qualifizieren, den Vorzug erhalten und dass
Bewerber ihre Gesuche mit Zeugnissen belegt in der festgesetzten Frist
persönlich bei dem Unterfertigten einzureichen haben. Mit der fraglichen
Stelle sind folgende Bezüge verbunden.
Baargehalt 250 Gulden,
Wohnungs-Entschädigung 50
Gulden,
Kasualien als Vorbeter 100 Gulden,
Erträgnisse des Schächterdienstes 200 Gulden; zusammen 600 Gulden.
Im Fall der neu angestellte Schulverweser respektive Vorbeter den
Anforderungen der Kultusgemeinde entspricht, wird eine entsprechende Erhöhung
des Gehaltes in Aussicht gestellt. – Rülzheim, 23. November 1866. Der
israelitische Synagogen-Vorstand. Israel
Cahn." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1891: "Wiederbesetzung
der israelitischen I. Lehrerstelle in Rülzheim. Die durch die Pensionierung
des Lehrers Nathan Salomon in Erledigung gekommene I. israelitische
Lehrerstelle zu Rülzheim wird hiermit zur Bewerbung innerhalb 3 Wochen
ausgeschrieben. Die an diese Stelle geknüpften Gehaltsbezüge sind
folgende: 1. Gehalt aus der Gemeindekasse Mark 1.050. 2. Für Miteinübung
und Direktion des Synagogenchors, sowie für Übersetzen der Haftara und
passender Interpretation derselben aus der israelitischen Kultuskasse
Mar50, jedoch in widerruflicher Weise. Die Beiträge zum Pensionsfond und
zur Witwenkasse übernimmt die Gemeinde. Bewerber um diese Stelle wollen
ihre Gesuche in der gestellten Frist persönlich bei der
Ortsschulkommission dahier einreichen.
Rülzheim, 22. Oktober 1891.
Der Bürgermeister: Seelinger. Der israelitische Kultusvorstand:
Haas." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1892: "Vakante
Schullehrer- und Vorsängerstelle. Durch das Ableben des II. Lehrers
ist bei der israelitischen Kultusgemeinde Rülzheim (bayerische Pfalz) die
Stelle eines Schullehrers, womit die Funktionen eines Vorsängers und Schächters
verbunden sind, erledigt, welche hiermit zur Bewerbung innerhalb 2 Monaten
ausgeschrieben wird. Die mit dieser Stelle verbundenen Bezüge sind
folgende: 1. Gehalt als Lehrer 471,43. 2. Gehalt als Vorsänger 342,86. 3.
Ertrag des Schächterdienstes 500. 4. Wohnungsentschädigung 85,71.
5. Kasualien bar (vorbehaltlich der Vereinbarung mit dem Vorstande)
100. 6. Anschlag eines Gartens
10. 7. Außerdem übernimmt
die Gemeinde die Beiträge zum Schullehrerpensionsfond und zur
Schullehrerwitwenkasse mit 48, zusammen 1.558 Mark. Der Anzustellende hat
den Synagogenchor einzuüben und zu leiten. Bewerber wollen ihre Gesuche
mit Zeugnissen belegt sofort dem unterzeichneten Kultusvorstande
einsenden, von welchem sie dann Einladung zur Abhaltung eines
Probegottesdienstes erhalten. Nur solche Bewerber, welche an einem
bayerischen Seminar ihre Anstellungsprüfung mit gutem Erfolg bestanden,
musikalisch gebildet und über die Stimmmittel verfügen, können auf die
Stelle reflektieren.
Rülzheim, 24. Dezember 1892. Der israelitische Kultusvorstand: Haas." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Dezember 1903: "Vakanz.
In der hiesigen Kultusgemeinde ist die Stelle eines Kantors und Schächters
alsbald zu besetzen. Mit derselben ist ein fixiertes Einkommen von
1.000 Mark, ferner Ertrag des Schächterdienstes ca. 600 Mark, sowie
sonstige Nebenverdienste ca. 300-400 Mark verbunden. Reichsangehörige
Bewerber, welche befähigt sind, den Religionsunterricht eventuell zu
erteilen, über gute Stimmmittel verfügen und die zur Leitung eines
Chores nötigen musikalischen Kenntnisse besitzen, wollen ihre gehörig
belegten Gesuche mit Angabe ihrer Familienverhältnisse bis spätestens 1.
Januar 1904 anher einreichen. Seminaristisch Gebildete erhalten den
Vorzug.
Rülzheim (Rheinpfalz), den 8. Dezember. Der israelitische
Kultusvorstand: S. Landauer." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1920: "Die Stelle
eines Kantors und Schochets ist in der hiesigen israelitischen
Kultusgemeinde bis 1. Januar 1921 neu zu besetzen. Das jährliche
Einkommen beträgt 7.000 Mark Fixum und 3.000 Mark garantiertes
Nebeneinkommen. Musikalisch gebildeten Herren ist gute Gelegenheit geboten
zu schönem Nebenverdienst. Ledige seminaristisch gebildete Herren
bevorzugt. Meldungen mit Zeugnisabschriften sind zu richten an den
unterzeichneten Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde.
Rülzheim, den
27. Oktober. Der israelitische Kultusvorstand. Julius Feibelmann." |
Ausschreibung der Stelle des Synagogen- und
Friedhofdieners (1909)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Mai 1909: "Die
Kultusgemeinde Rülzheim (Rheinpfalz) sucht per sofort einen Synagogen-
und Friedhof-Diener, der auch imstande ist, den Kantor und Schochet in
dessen Funktionen zu vertreten. Das Einkommen beläuft sich auf Mark 650.-
Fixum und circa Mark 700.- nicht garantierte Nebenverdienste. Bewerber,
Verheiratete bevorzugt, wollen Ihre Gesuche bis zum 20. Mai 1909 richten
an den Kultusvorstand.
Rülzheim (Pfalz), den 3. Mai 1909. S. Landauer." |
Lehrer Nathan Salomon geht in der Ruhestand (1892)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1892: "Rülzheim, Pfalz, 29.
Mai (1892). Selten bringt der ‚Israelit’ Bericht aus unserer Pfalz;
ich will es daher nicht versäumen, von einer Feier seltener Art Notiz zu
nehmen, welche zu Ehren des Herrn Lehrers N. Salomon, der während 31
Jahren an der Oberschule dahier gewirkt, am 24. dieses Monats statthatte.
Nachdem sich eine stattliche Anzahl Herren verschiedener Konfessionen zur
Beteiligung im großen Saale des Gemeindehauses eingefunden, wurde Herr
Salomon, von einer Deputation abgeholt, eingeführt. Zuerst ergriff der königliche
Distriktsschulinspektor, Herr Luttenberger, das Wort und zeichnete in
meisterhafter Rede das Leben, Streben und Wirken des Gefeierten, sodass
dieser mit hoher Befriedigung auf die 47jährige, höchst ersprießliche
und gesegnete Berufstätigkeit zurückblicken könne. Es habe deshalb auch
die königliche Regierung in dem Erlasse, worin dieselbe die Pensionierung
des Herrn S. gültig bewährte, diesem Herrn ihre ‚Anerkennung für
seine vieljährige, treue Dienstleistung’ ausgesprochen. Hieran reihte
Herr Synagogenvorstand Haas warme Worte der Anerkennung, wie Herr Salomon
nicht nur in der Schule, sondern auch durch religiöse Vorträge und
Interpretationen in der Synagoge belehrend und erbauend in der Gemeinde
gewirkt, und überreichte im Auftrage der Kultusgemeinde als Zeichen der
Anerkennung ein Geschenk. Gerührt und tief bewegt drückte Herr Salomon
in schwungvoller Rede seinen tief gefühlten Dank aus. Daran schloss sich
eine gesellige Zusammenkunft, die bis Mitternacht dauerte." |
Zum Tod von Lehrer Nathan Salomon (1896)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1896:
"Rülzheim, Pfalz (unlieb verspätet). Wiederum hat uns der Tod, der
eisig kalte, eine Lücke gerissen in die Reihen jener Kämpen, welche
mutig die Fahne des unverfälschten Judentums gleich einem Siegesbanner
hochhalten. Herr Oberlehrer Nathan Salomon ist nicht mehr! Am Rosch
Chodesch Elul (= Montag, 10. August 1896) bereitete ein längeres
Leiden seinem viel bewegten Leben ein jähes Ende. Wenn der Lebensinhalt
eines Menschen nach seinem Wirken und Schaffen messen wird, so kann man
wohl kühn behaupten, dass selten ein Talent so reich verzinst in die Hand
des allgütigen Weltenlenkers zurückerstattet wurde. Pünktlichste, ja peinliche
Pflichterfüllung galt Herrn Salomon als Wegweiser seines Erdenwandels.
Ein Lehrer in des Wortes edelster Bedeutung, fasste er seinen Beruf von
wahrhaft idealer Seite auf. Durch eifrige, gewissenhafte Fortbildung mit
allen Errungenschaften der modernen Pädagogik vertraut, musste die in die
Herzen seiner Schüler gelegte Saat die herrlichsten Früchte zeitigen.
Von seinen Vorgesetzten wurden ihm denn auch wiederholt, besonders bei
seiner 50jährigen Jubelfeier, Anerkennungen und Belobung über seine
erzieherische Tätigkeit rückhaltlos ausgesprochen.
Wahrhaft unerreicht wird er jedoch bleiben inbezug auf seine Werke echter
jüdischer Wohltätigkeit. Allen derartigen Einrichtungen unserer Gemeinde
leistete er in uneigennützigster Weise die treuesten Dienste. Kein
Bedürftiger, kein Gedrückter verließ seine Schwelle, ohne lindernden
Trost, wie ihn nur aufrichtige Teilnahme spenden kann, fürs wunde Herz
empfangen zu haben. Nebst alledem erfreuten sich aber auch die anderen
Säulen des Judentums - Tora und Gottesdienst - bei ihm der
eifrigsten Pflege. Seine scharfer Geist drang in alle Materien der so
überaus reichen jüdischen Literatur ein und freudig strahlte sein Auge,
wenn er eine kostbare Perle aus dem tiefen Meere des Talmud an's
Tageslicht gefördert hatte. Allen unvergesslich wird sein schöner Schiur
(Lernstunde) bleiben, in dem er als echter Sohn der Tora (=
Toragelehrter) an den geistigen Standpunkt seiner Hörer anknüpfte und
ihnen in Kürze eine Fülle anziehender und belehrender Wahrheiten
bot.
Dem Dahingeschiedenen war es leider nicht erspart geblieben, auch den
Kelch des Leidens zu kosten. Ein Töchterchen, womit seine Ehe gesegnet
war, das sein eheliches Glück auch für die Zukunft mitfördern helfen
sollte, wurde ihm durch den Tod entrissen. Noch Schlimmeres sollte ihm
widerfahren! Sein auf idealer Basis aufgebautes Familienleben wurde in
seinen Grundfesten erschüttert, als sein geliebtes, edles Weib - sie
ruhe in Frieden - vor 6 Jahren das Zeitliche mit dem Ewigen vertauscht
und ihn beinahe vereinsamt zurückließ. Auch an ihm selbst war die Zeit
nicht spurlos vorbeigerauscht; ein schweres Leiden zwang ihn, der Schule,
seiner Welt, zu entsagen und den wohl verdienten Ruhestand aufzusuchen,
den er leider nur 4 Jahre genießen konnte.
Sein Leichenbegängnis legte beredtes Zeugnis davon ab, welcher
Beliebtheit sich der Dahingeschiedene in allen Kreisen unserer
Bevölkerung zu erfreuen hatte. Zahlreiche nichtjüdische Mitbürger,
viele Kollegen und Freunde des Verblichenen waren herbeigeeilt, um ihm die
letzte Ehre zu erweisen. An der Bahre zeichnete H. Rabbiner Dr. Meyer aus
Zweibrücken in kurzen Strichen die Verdienste des Heimgegangenen. Um den
Verstorbenen weint eine Nichte, die er im zarten Kindesalter adoptierte
und welcher er zum treubesorgten Vater ward.
Möge Herr Lehrer Salomon in jenen lichten Gefilden den reichsten Lohn
seines irdischen Wirkens finden. Sein Andenken aber wird in hiesiger
Gemeinde für ewige Zeiten gesichert sein, denn wer den Besten seiner Zeit
genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Lehrer und Kantor Heinrich Schottland (nach 1903 bis 1920 Lehrer in Rülzheim)
Anmerkung: Lehrer Heinrich (Heinz) Schottland ist am 21.
Februar 1884 in Bretzing [Brzeziny] bei Lodz, Polen geboren. Seine Eltern waren
Moses Schottland (geb. 10. November 1855 in Brzeziny, gest. 7. April 1924 in Burghaslach,
dort Bericht zu seinem Tod; Kaufmann und Kultusbeamter) und Esther geb.
Schottland (geb. 18. Mai 1856 in Brzeziny, gest. 29. April 1933 in Würzburg).
Heinrich Schottland besuchte die Israelitische
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Examen 1903). Er war zunächst Lehrer in
Rülzheim, wo er 1906 Eugenie geb. Leb heiratete; seit Herbst 1920 war er Lehrer in Frankenthal.
1936/37 übernahm er die jüdische Sonderklasse in Ludwigshafen (siehe
Pressebericht), 1937 emigrierte er mit seiner
Frau und der Familie in die USA, wo er sich Henry Morris Shotland nannte. 1954
wurde er zum Rabbiner ordiniert und gründete die Tikwah-Chadosho-Synagoge in
New York. Er starb 1957 in New York.
Quelle: vgl. Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden II S. 524;
Angaben von Werner Schäfer, Frankenthal; einige weitere Angaben siehe Seite
zu Frankenthal.
Fotos zu Lehrer und
Kantor
Heinrich Schottland
(erhalten von Werner Schäfer,
Frankenthal) |
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Auf dem ersten Foto von links: Kantor Heinrich
Schottland als Soldat im Ersten Weltkrieg (noch während der
Rülzheimer Zeit).
Auf dem zweiten Foto von links: Familie Schottland 1930; stehend hinten
von links: Alexander Eduard (geb. 2. Oktober 1907 in
Rülzheim, studierte Jura und war in Frankenthal Referendar im Bezirksamt,
lebte nach 1927 in Heidelberg, promovierte zum Dr. jur., war als
Rechtsanwalt tätig, lebte in Saarbrücken und anderen Orten; starb 1959
in New York), Gertrude (Trude,
geb. 19. Juli 1910 in Rülzheim,
studierte 1932 bis 1935 in Würzburg und wurde noch Zahnärztin in
Mannheim, 1937 in die USA emigriert), Edwin (geb. 18. Dezember 1908 in
Rülzheim, Abitur in Ludwigshafen 1927, Studium der Mathematik und Physik
in Heidelberg, Paris, Göttingen, Berlin und München, 1934/35 promoviert
in Heidelberg [Quelle];
war 1934/35 am Internat Prediger Hirsch in Coburg
als Lehrer tätig); Im Vordergrund von links: Heinrich Schottland, Tochter
Hannah (geb. 15. Juni 1922), Eugenie geb. Löb (geb. 27.
Juni 1880 in Rülzheim)
Auf dem dritten Foto von links: Tochter Hannah Schottland (geb. 15. Juni 1922
in Frankenthal). Vgl. Seite
zu Frankenthal.
Rechts oben die Todesanzeigen für Lehrer/Rabbiner Schottland /
Shotland in der
Zeitschrift "Der Aufbau" vom
1.3.1957.
Links der Bericht über die Beisetzung von Rabbiner Shotland am 24.
Februar 1958
in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 8. März 1957. |
Zum Tod von Hauptlehrer Kahn (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. August
1916: "Rülzheim (Pfalz). Die Trauerkunde von dem Hinscheiden
des Hauptlehrers Kahn hat allgemein Betrübnis hervorgerufen. Durch sein
mildes, herzliches Wesen hatte er sich bei Juden und Christen zahlreiche
Verehrer erworben. Von seinen Schülern und Schülerinnen wurde er innigst
geliebt. Der jüdischen Gemeinde war er ein treuer Führer und Berater.
Die Beteiligung an der letzten Ehrung war eine ungewöhnlich große. Es
sprachen Rabbiner Dr. Steckelmacher, Lehrer Teitelmann, der Ortspfarrer,
der Bürgermeister Hauptmann Schönewald und der christliche
Lehrer." |
Über den Lehrer Arthur Godlewski (ca. 1921 bis 1927 in Rülzheim)
(Quelle: Gedenkbuch für die Karlsruhe Juden - Seite
zu Arthur und Elise Godlewsky
links:
Elise und Arthur Godlewsky.
Zur Familie vgl. u.a. auf der Seite
zu Cham unter den Artikel zu den jüdischen Lehrern.
Arthur Godlewsky (geb. 1892 in Sulzbach) studierte an der Jeschiwa
in Höchberg, danach am
Jüdischen Lehrerseminar in Köln. Er machte den ganzen Ersten Weltkrieg
als Frontkämpfer mit und kam hoch dekoriert aus dem Krieg zurück. 1921
heiratete er in Rexingen Elsa
(Elise) Lemberger (geb. 1895). Damals ist als Wohnort von Arthur
Godlewsky bereits Rülzheim angegeben, wo er als Kantor und
Religionslehrer tätig war und von Februar 1921 bis Januar 1927 auch ein
Schuh- und Sportartikelgeschäft betrieb. Von 1921 bis 1925 erteilte er an
den Mittel- und Volksschulen von Germersheim
und Leimersheim zusätzlich
Religionsunterricht. Wegen staatlichen Geldmangels verlor er diese
Beschäftigung 1925. Von Februar 1927 an bis 1930 war Godlewsky Lehrer in Untergrombach,
von 1930 bis 1938 er in Karlsruhe-Durlach und Karlsruhe, bis er
schließlich nach Konstanz versetzt
wurde. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er misshandelt und verhaftet. Am 22.
Oktober 1940 wurde das Ehepaar nach Gurs deportiert und über andere Lager
1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. |
Schulprüfung im Religionsunterricht (1937)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. November 1937: "Rülzheim.
(Schulprüfung). Vor kurzem fand in Rülzheim die
Jahresprüfung der schulpflichtigen Kinder in der Religionslehre statt.
Man konnte mit Freude feststellen, in welchem Maße sich die Schuljugend
in den Geist der hebräischen Sprache eingelebt hat. Sogar die
Allerkleinsten setzten in ihrer Unterhaltung in hebräischer Sprache über
verschiedene Dinge des Schulzimmers alle Anwesenden in Erstaunen."
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Kleinere
Mitteilungen aus dem Gemeindeleben
Erfolglose Wahl des Synagogen-Ausschusses (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 1. September
1911: "Rülzheim (Pfalz). Die Wahl des Synagogen-Ausschusses
verlief ergebnislos, da von 50 Wahlberechtigten nur einer seine Stimme
abgab." |
Gründung eines Jugendvereins durch Kantor
Teitelmann (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. November
1916: "Rülzheim. Trotz des Krieges zeigt sich allenthalben
das Bedürfnis, das geistige Leben in die alten Bahnen zu lenken. Es war
wohl einem glücklichen Einfall unseres Kantors Teitelmann zu danken, dass
die hiesige Jugend zu einem Verein zusammentrat. Für den Winter sind
mehrere größere Veranstaltungen, sowie Lehrkurse
geplant." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Ein jüdischer Einwohner rettet dem Pfarrer Gerber
das Leben (1816)
Artikel
in der Zeitschrift "Sulamith' Jahrgang 1817 S. 64: "Die
königlich bayerische Kreisdirektion zu Landau belobt im dortigen
Kreisanzeiger, den Israeliten Wolf zu Rülzheim, welcher am 3. Juli 1816
den, von einem wütenden Zuchtstiere zu Boden geworfenen dortigen Pfarrer
Gerber, mit eigener Lebensgefahr das Leben rettete." |
Zum Tod von Lazarus Cahn I. (1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Januar 1875: "Aus
der bayerischen Rheinpfalz. Wenn vorzugsweise in unserer Zeit das Beispiel
wahrhaft frommer, vom väterlichen Glauben begeisterter Männer ein so
wichtiger, ja fast unentbehrlicher Hebel zur Erhaltung und Kräftigung des
jüdisch-religiösen Lebens in der Gemeinde ist: so ist unverkennbar der
Verlust solcher Männer umso beklagenswerter und schmerzlicher, da das
Judentum unserer Zeit, leider! an solchen Männern keinen Überfluss
hat.
Auch die israelitische Gemeinde Rülzheim hat einen solchen Verlust
durch das Hinscheiden eines teuren und treuen Mitgliedes erlitten und
fühle ich mich gedrungen, dem Manne, den uns der unerbittliche Tod nach
des Allmächtigen unerforschlichem Ratschlusse so plötzlich entrissen, in
diesen von dem Verblichenen - er ruhe in Frieden - so hoch
geschätzten Blättern ein Denkmal der Liebe und Verehrung zu setzen.
Lazarus Cahn I., Teilhaber der Firma Ulrich Cahn hier,
entschlummerte am 9. dieses Monats, morgens 1/2 2 Uhr in einem Alter von
erst 52 Jahren.
Im Traktat Sabbat 145b heißt es: 'In der Geburtsstadt, d.h. im irdischen
Dasein, da erhält der Mensch seinen Wert durch die Stimme der
Zeitgenossen; scheidet er aber von hinnen und tritt sein Name in die
Erinnerung der Nachwelt ein, so wird der Stempel seines Rufes bedingt von
dem Gewande, in welchem sein Wirken der Nachwelt überliefert wird.
Auf den Heimgegangenen dürfen wir nach beiden Richtungen hin das alte
Wort, dass (hebräisch und deutsch:) der Abzug eines frommen Mannes
eine bemerkbare Lücke in seinem Wohnorte bereite, Platz greifen lassen.
Wer seinen bescheidenen, echt frommen Wandel beobachtet, wie er nie stolz
oder dünkelhaft sich erhoben; wer seine Gewissenhaftigkeit in der
Beobachtung religiöser Vorschriften, in der mit seltener Genauigkeit
gepaarten Übung der kleines Mizwaus (Gebote) bemerkt; wer seine
Liebe zum Wohl tun, seine Hingabe für Tora und Gebet, seine Freude
und seinen Eifer für Edles und Erhabenes gekannt hat: der vermag sich den
Eindruck vorzustellen, den die am frühen Morgen, am Heiligen Schabbat
Paraschat WaEra (Schabbat mit der Toralesung WaEra = 2. Mose
6,2 - 9,35) verbreitete Schreckenskunde von seinem Hintritte auf die
Einwohnerschaft - unter der jüdischen wie unter der nichtjüdischen
- hervorbrachte.
Montags vorher fastete er noch den zweiten Fasttag (Montag, 11. Januar,
an dem das lange Wehu Rachum-Gebet gesprochen wurde) der sowie zu Jom
Kippur Katan am Mittwoch vorher (Rüsttag vor Rosch Chodesch; d.h. in
diesem Fall am Mittwoch, 6. Januar 1875 vor dem 1. Schewat = 7. Januar
1875).
Dass eine tiefe Trauer auf allen Gesichtern sich abspiegelte, die am Sonntag
(10. Januar 1875) in großer Zahl dem Leichenzuge folgten, lässt sich
wohl denken. - Sein unvergesslicher Name und die Erinnerung an sein
mustergültiges Leben als Gatte, Vater, Bruder und Familienglied, als
Jude, Bürger und Mensch im edelsten Sinne des Wortes, wird seiner mit
irdischen Gütern gesegneten, aber schwer geprüften Familie, welche mit
dem talmudischen Trauerredner klagen darf: 'Wehe um die
Verlorenen, die nicht wieder gefunden werden' - als der größte
Schatz ihres Erbteils dauerhaft bleiben." |
Zum Tod von Rabbi Samuel Klaus (1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1875 (abgekürzt zitiert): "Aus der bayrischen Pfalz. Kaum sind
die Zähren getrocknet ob des schweren Verlustes, von dem die Gemeinde
Rülzheim - Gott möge sie schützen - betroffen wurde - und diese
schätzbaren Blätter vor ca. 3 Wochen Notiz davon nahmen - und siehe 'unsere
Augen rinnen von Tränen und unsere Wimpern fließen von Wasser'
(Jeremia 9,17). Denn wir standen schon wieder am Sarge eines Mannes, der
zu den seltenen sowohl hier, als in der ganzen Pfalz zählte!
Ach dieser unerbittliche Tod! 'Heute pocht er an dieser Pforte, morgen an
jener; noch Keinen hat er verschont! Die unerwünschte, schmerzliche
Botschaft, früher oder später, bestellt er an jeder Schwelle, wo ein
Lebendiger wohnt!'
Rabbi Samuel Klaus hieß der Teure, dessen Verlust wir beklagen, dessen
sterbliche Hülle gestern, 7. Februar, dem kühlen Schoße der Erde
überantwortet wurde... Der
Verblichene (fing) in seinem 12. Lebensjahre an, bei Rabbi Josef - er ruhe in
Frieden - zu Albersweiler) zu
'lernen'. Durch seinen eisernen Fleiß, gepaart mit eminentem Talente
machte er überraschende Fortschritte, so, dass er zu 15 Jahren als
'feiner Bochur' in Frankfurt am Main eintrat. Zwei Jahren verbrachte er
daselbst... Widrige Familienverhältnisse aber beriefen ihn nach Hause;
denn seine selige Mutter war Witwe geworden, und er sollte Ernährer
derselben und ihrer drei noch unmündigen Kinder werden... Er wurde
Fruchthändler, erwarb sich als solcher allgemeines Vertrauen und, erst
nachdem seine Geschwister erzogen und versorgt waren, dachte er daran, ein
'Haus' zu gründen. Auch da ruhte der 'Segen Gottes auf seinen Werken'...
Ja, jede freie Stunde, die ihm an Werktagen blieb, ganz besonders aber
Sabbate und Festtage widmete er der Beschäftigung mit Talmud und
Midrasch, bewies aber auch durch sein Beispiel, dass nicht das
Lernen die Hauptsache ist, sondern die Tat. Und wenn so der vielen
Grüfte wir gedenken, die sich in kürzerer Zeit hier und anderwärts
über eine Anzahl aus den Reihen der Unsrigen geschlossen, dürfte die
Frage sich herandrängen: Wo ist ein genügender Ersatz uns geboten? Wer
tritt an die Stelle der 'Gegangenen' in die Vorderreihe? Wer füllet die
großen Lücken aus, die unter uns entstanden sind? Wohl besitzen wir hier
und da Männer, welche in unermüdlicher Tätigkeit und mit zähestem
Widerstande der Verflachung des religiösen Lebens entgegentreten; aber
sie sind großenteils über die Höhen des Lebens hinaus und - zu
vereinzelt. Von dem Verblichenen dürfen wir sagen: 'und seine Hände
blieben aufrecht bis Sonnenuntergang' (2. Mose 17,12), er blieb fest
in wahrhafter Frömmigkeit bis zum Untergange seiner Lebenssonne, der am Vortag
zum Heiligen Schabbat Paraschat Mischpatim (Vortag zum Schabbat mit
der Toralesung Mischpatim = 2. Mose 21,1-24,18, das war Freitag, 5.
Februar 1875). Ist seine irdische Hülle ihrem Ursprunge wiedergegeben...,
sein Geist aber und Beispiel werden lange, werden immer fortleben im
Kreise seiner Frau und Kinder, in den Herzen seiner zahlreichen Freunde,
unter seinen Gemeindegenossen, welche alle nicht daran zweifeln, dass seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Leben. Rülzheim 5636. N.
Salomon, 1. Lehrer." |
Zum Tod von Mina Feibelmann (1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Oktober 1875:
"Rülzheim. Am Halbfeiertag von Sukkot vollendet eine Fromme, die
Treuen schwinden von den Menschenkindern (nach Psalm 12,2). Eine
Fromme hat vollendet, die Treuen schwinden dahin von den Menschenkindern.
Wieder hat der Tod die Reihe unserer Frommen gelichtet. Frau Witwe Mina
Feibelmann hat am Dienstag, dem Halbfeiertag von Sukkot (= 19.
Oktober 1875), im Alter von 76 Jahren das Zeitliche gesegnet. Wenn von
irgend einer jüdischen Frau das schöne Wort: (hebräisch und deutsch:) 'Ein
graues Haupt ist eine herrliche Krone, auf dem Wege der Frömmigkeit wird
sie erlangt', gesagt werden kann, so gilt es besonders von der
Heimgegangenen, denn ihre Pflichten als Gattin, Hausfrau und Israelitin
galten ihr als ihr Höchstes, ihr Teuerstes. Ihrem Gatten, der ihr schon
vor 24 Jahren durch den Tod entrissen wurde, war sie stets eine treue und
liebevolle Gefährtin, eine wahre Gehilfin des Lebens. Tätig früh und
spät, solange ihre Kräfte es nur gestatteten, legte sie in emsiger
Rührigkeit stets selbst Hand ans Werk und fand im häuslichen Wirken ihre
größte Lust und Freude. So lebte sie auch für ihre Nebenmenschen. Wie
hat sie so gern Beistand und Hilfe geleistet, wo es nötig war! Die Klagen
der Armen und Dürftigen fanden bei ihr kein verschlossenes Ohr und kein
verhärtetes Herz. Den Lehren und Vorschriften Gottes gemäß zu leben,
war ihr Streben, ihr Ziel. Den Ratschlüssen und Schickungen Gottes sich
ganz anheimzustellen, erkannte sie für die Aufgabe ihres menschlichen
Daseins und darum auch des ihrigen, und das hat sie auch bewährt in guten
und schlimmen Tagen, von denen sie eben so wenig wie noch irgend ein
Staubgeborener frei geblieben ist. Sie hinterlässt 5 Kinder, 32 Enkel und
1 Urenkel. Mit Recht dürfen wir daher ihr zurufen: 'Es sterbe meine
Seele den Tod der Frommen und sei ein solcher mein Ende' (4. Mose
23,10). O, möchten auch wir so den Tod der Gerechten sterben, möchte
unser Ende wie das ihrige sein: Ihre Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens. Amen." |
Zum Tod von Louise Salomon (1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1891:
"Rülzheim, bayerische Pfalz, 26. Dezember (1870). (deutsch und
hebräisch:) 'Wehe um die, welche dahinschwinden und nicht mehr
aufzufinden sind'. - Wenn das Verdienst von edlen Männern, welche als
öffentliche Charaktere in weiteren Kreisen Segen stifteten, besonderer
Anerkennung würdig erscheint, so darf auch das Verdienst edler Frauen,
die im engeren Kreise die Leuchte des echten, unverfälschten Judentums,
sowie das Licht wahrer Menschenliebe strahlen ließen, nicht ungewürdigt
bleiben. Einer solchen Edlen unseres Volks lassen Sie uns, hochgeschätzter
Herr Redakteur, gerade in dieser von ihr seit mindestens 25 Jahren
regelmäßig mit großer Begeisterung gelegenen Zeitschrift ein bleibendes
Denkmal setzen, nachdem deren Leben abgeschlossen vor uns liegt, und es
umso mehr verdient, öffentlich erkannt zu werden, je stiller und
bescheidener es wirkte. Frau Louise Salomon, in Wahrheit ein Muster echter
Frömmigkeit, im wahren Sinne des Wortes eine wackere Frau hat am 17.
Dezember nach längerem Leiden ihre irdische Laufbahn vollendet. Zu
Herschberg, einem kleinen Orte, von zwar wohlhabenden, aber einfach
lebenden Eltern stammend, erhielt dieselbe, fern von allem eiteln Prunke,
eine fromme, religiöse, sittliche Erziehung. Ganz besondert hatte sich in
ihr die echtreligiöse Gesinnung ihrer Mutter - sie ruhe in Frieden -
einer Tochter des ehemaligen Rabbiners zu Homburg
bei Zweibrücken, Rabbi Nathan Salomon, bewahrt, und sie bildete Gottesfurcht
die reine und lautere Frömmigkeit den Grundton ihres Lebens. Und wenn die
wahre Bildung besteht in der Reinheit und dem Edelmute des Herzens, in der
Biederkeit des Charakters, so hat sie solche im höchsten Grade besessen
und auf die wohltuendste Weise kundgetan.
Im stillen häuslichen Kreise, an der Seite ihres sie so zärtlich
liebenden Gatten, N. Salomon - sein Licht leuchte -, entfaltete sie
als Gattin und Hausfrau in ihrer bescheidenen Art eine Fülle des Segens,
und sie war der Mittelpunkt, von welchem aus Glück und Freude, Heiterkeit
und Frohsinn nach allen Seiten hin sich verbreitete. Denn nicht auf den
engen Kreis ihrer Familie beschränkte sich ihr edles Wirken; ihre emsige
und wohltuende Tätigkeit, ihre Herzensgüte kannte keine Schranken. Die
Pforten ihres Hauses waren weit geöffnet allen, die darin eine Stätte
der Ruhe und der Erquickung suchten. In der umfassendsten Weise genügte
sie einem heiligen Bedürfnisse ihres für Tora, Gottesdienst und
Wohltätigkeit beseelten Wesens durch besondere Aufmerksamkeit gegen Gelehrte
und Toralehrer.
Als Hochgenuss galt ihr der Besuch der Synagoge, den sie mit den
Worten 'Ich freue mich mit denen, die zu mir sprechen: Ins Haus des
Ewigen lasset uns gehen' (Psalm 122,1) einleitete, und wahrlich zeugte
die Innigkeit, mit der sie die Gebete sprach, von ihrer Gesinnung dem dem
Verständnisse.
Und so hat sie sowohl als Vorsteherin des israelitischen Frauenvereins
seit 21 Jahren, wie überhaupt durch ihr liebevolles,
menschenfreundliches, segenbringendes Walten und Wirken innerhalb wie
außerhalb ihres Hauses die Achtung und Liebe aller, die mit ihr
verkehrten, in hohem Grade erworben. An ihrem Leichenbegängnisse
beteiligte sich die ganze israelitische Gemeinde, der ganze Gemeinderat
mit dem Bürgermeister an der Spitze, sämtliche dahier wirkende Lehrer
und noch viele andere. Möge ihr tief gebeugter Gatte hierin, sowie in der
Verehrung, die sie stets gezollt erhielt, Beruhigung und Tröst finden.
Möge ihr schönes Beispiel zur Nachahmung ermuntern 'zum ewigen
Gedenken sei der Gerechte'! Sie selbst aber möge eingehen in die
lichten Höhen des Edens und dort die Frucht ihrer guten Saat ernten!
Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Albert Friedhoff eröffnet ein rituelles Speisehaus in Bad Wildbad
(Württemberg) (1901)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1901: "Wildbad,
im Mai (1901). Es dürfte die Leser des Israelit ohne Zweifel
interessieren, dass in unserem herrlichen Orte Herr Albert Friedhoff aus
Rülzheim ein rituelles Speisehaus erreicht hat. Ein streng
religiöser Lehrer, der seine Ausbildung in der Talmud Tora-Schule und
Präparandenanstalt zu Burgpreppach und in der Lehrerbildungsanstalt in
Würzburg erhalten hat, wird während der Hauptsaison persönlich die
Küche überwachen." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1901: "Streng
Koscher - Streng Koscher.
Wildbad. Rituelles Speisenhaus in nächster Nähe des Kurhauses.
Schochet hat von streng orthodoxem Rabbiner Autorisation. Mäßige
Preise, Pension mit und ohne Logis. Zugleich empfehle ich meine feinen
Wurstwaren in allen Sorten.
Albert Friedhoff aus Rülzheim." |
Rechtspraktikant Hermann Kahn in St. Ingbert wird
Amtsanwalt beim Amtsgericht in Kandel (1906)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 27. April 1906: "Der geprüfte Rechtspraktikant Hermann Kahn
in St. Ingbert wurde zum Amtsanwalt
beim Amtsgericht in Kandel ernannt und zwar
widerruflich". |
Silberne Hochzeit von Vorsteher Samuel Landauer (1916)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Mai 1916:
"Rülzheim (Pfalz). Samuel Landauer, der langjährige Vorsteher der
israelitischen Gemeinde, feierte seine silberne
Hochzeit". |
Silberne Hochzeit von Josef Feibelmann und Frau (1916)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. November
1916: "Rülzheim. Josef Feibelmann, Vorstandsmitglied der
hiesigen Gemeinde, begeht am 11. November seine silberne
Hochzeit." |
Unteroffizier Herbert Bodenheimer erhält das EK II (1918)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Februar
1918: "Rülzheim (Pfalz). Unteroffizier Herbert Bodenheimer, Sohn des
Zigarrenfabrikanten F. Bodenheimer, erhielt das Eiserne Kreuz 2.
Klasse." |
80. Geburtstag von Benedikt Cahn (1929)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
Januar 1929: "Rülzheim (Rheinpfalz). Am 9. Dezember 1928 konnte Herr
Benedikt Cahn, hier, in voller körperlicher und geistiger Frische
seinen 80. Geburtstag feiern. An dieser schönen Feier nahm nicht nur die
zahlreiche Familie des Jubilars freudigen Anteil, sondern auch die ganze
jüdische und bürgerliche Gemeinde. Herr Cahn war einst Mitbegründer des
Synagogenchors, langjähriges Mitglied der Vorstandschaft, er nahm als
Chevauxleger am Feldzeit 1870/71 teil und hatte durch seine persönliche
Tüchtigkeit und Tatkraft sein Geschäft zu hoher Blüte gebracht. Mögen
dem Jubilar noch viele Jahre frohen Rückblick auf sein arbeitsreiches
Leben gewähren!" |
70. Geburtstag von Frau Jakob Klaus Witwe (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Juli 1929:
"Wiesbaden, 2. Juli (1929). Frau Jak. Klaus Wwe. in Rülzheim (Pfalz)
begeht am 8. Juli dieses Jahres ihren 70. Geburtstag". |
Danksagung der Familie Haas nach dem Tod von Adolf Haas
(1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. März 1938: "Rülzheim. Dank.
Für die anlässlich des schweren Verlustes meines lieben Mannes und
unseres guten Vaters Adolf Haas erwiesene Teilnahme danken
herzlichst
Frau Adolf Haas und Kinder
Familien Haas, Aron und Mayer.
Rülzheim, Pirmasens, Charlotte (USA), München." |
Zum Unfalltod von Hans Joachim Loeb (1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. Oktober 1938: "Aus Rülzheim. Am
2. September (1938) fiel Hans Joachim Loeb, Sohn von Herrn Willy
Loeb, einem Unfall durch ein Auto zum Opfer. Als einziges Kind
bedeutet dieser furchtbare Verlust einen schweren Schicksalsschlag für
seine Eltern. Aber mit den Eltern betrauert die ganze Gemeinde diesen
jungen Menschen, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, und der
wegen seiner geistigen Reife und seiner Wohlerzogenheit von allen geliebt
wurde." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Lehrlingsgesuche der Eisen-, Baumaterialien- und
Holzhandlung S. Landauer (1897/99)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1897: "Lehrlings-Gesuch.
Ich suche für mein Eisen-, Baumaterialien- und Holz-Geschäft einen
jungen Mann mit guten Schulkenntnissen, aus guter Familie. Kost und Logis
im Hause. Samstags und Feiertage geschlossen.
S. Landauer, Rülzheim (Pfalz)." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1899: "Lehrlings-Gesuch.
Suche für mein Geschäft einen braven jungen Mann, mit guten
Schulkenntnissen. Kost und Logis im Hause. Samstags und Feiertage
Geschäft geschlossen.
S. Landauer, Eisen-, Baumaterialien- und Holzhandlung, Rülzheim,
Pfalz". |
Verlobungsanzeige von Jennie Wolff und Moriz Fleischer
(1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1901:
"Jennie Wolff - Moriz Fleischer. Verlobte.
Rülzheim, Pfalz - Stuttgart. Karlsruhe i.B., Fasanenstrasse 38 pt.
Lag Beomer 5661 (= 7. Mai 1901)". |
Weitere Dokumente
Postkarte der Zigarrenfabriken J. Feibelmann &
Söhne (1901)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)
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Die Postkarte der Cigarrenfabriken J. Feibelmann & Söhne
in Rülzheim wurde an Eduard Cramer jun. in Bochum versandt am 26. Juni 1901.
Zur Geschichte der Familie Feibelmann: Der Familienname Feibelmann findet sich in Rülzheim bereits 1750 in dort noch erhaltenen
alten Gemeinderechnungen. Zu dieser Zeit lebte der 1732 geborene Jakob Feibelmann
aller Wahrscheinlichkeit nach schon in Rülzheim.
Jakob Feibelmann und seine Frau Judith geb. Mentele hatten
vier Söhne: Emanuel (geb. 1758), Leon (geb. 1760), Joseph
(geb. 1765) und Jakob (geb. 1773). Jakob Feibelmann und seine vier Söhne waren die Vorfahren fast aller bis 1938 in Rülzheim
lebenden Angehörigen der Familie Feibelmann. In der Liste der in der
NS-Zeit aus Rülzheim Umgekommenen ist der Familienname Feibelmann 14 mal zu finden.
Weitere Berichte und Informationen zu Familienmitgliedern siehe oben
auf dieser Seite, zusammengefasst:
- 1875 stirbt Mina Feibelmann und hinterlässt 5 Kinder, 32 Enkel und 1 Urenkel.
- Im Ersten Weltkrieg verloren im Kampf fürs Vaterland Arthur und Oskar Feibelmann ihr Leben.
- 1916 feiert Josef Feibelmann und seine Frau das Fest der Silbernen Hochzeit. Josef Feibelmann war
Mitglied des Vorstands der hiesigen israelitischen Gemeinde.
- 1920 zeichnet Julius Feibelmann als Kultusvorstand in einer Stellenausschreibung für einen Kantor und Schochet.
- Um 1924 gehörte Hermann Feibelmann mit zum Gemeindevorstand.
Speziell zur Geschichte der Zigarrenfabriken J. Feibelmann & Söhne
finden sich einzelne Angaben u.a. in:
- Seite
der Karnevalsgesellschaft ROT-WEISS "Die Stecher" e.V. Rülzheim
- Seite von
Bernhard Kukatzki "Das pfälzische Judentum vom 19. Jhd. bis
heute" (mit Hinweis, dass nach 1945 der nach Rülzheim
zurückgekehrte Arnold Feibelmann die Sotaco-Tabakhandelsgesellschaft in
Rülzheim gegründet hat). |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
des in Rülzheim
geborenen Max Haas |
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Kennkarte (Mainz 1939) für Max
Haas (geb. 23. Dezember 1870 in Rülzheim), Kaufmann,
wohnhaft in Polch, Mainz und
Saarbrücken; am 27. Juli 1942 deportiert ab Trier - Köln
in das Ghetto Theresienstadt, wo er am 21. August 1942 umgekommen
ist |
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Zur Geschichte der Synagoge und weiterer Einrichtungen der
jüdischen Gemeinde
Die Synagoge in Rülzheim wurde 1832/33 durch den
bekannten Synagogenarchitekten August von Voit erbaut (bayrischer Hofbaumeister). Dieser entwarf auch die
Pläne der Synagogen in Herxheim, Ingenheim,
Kallstadt, Kirchheimbolanden und
Speyer. Es handelt sich in Rülzheim um einen
spätklassizistischen, flach gedeckten, zweigeschossigen Saalbau mit einem
flachen Satteldach. Am Eingang findet sich ein
schön gestaltetes Architrav mit der hebräischen Portalinschrift aus Jesaja
26,2 ("Öffnet die Tore, dass einziehe ein gerechtes Volk, welches die
Treue bewahrt"). 1867 wurde das Synagogendach erneuert. Gegen Ende
des 19. Jahrhunderts wurde das Gebäude vergrößert und neu ausgestattet.
Dabei wurden allerdings Teile der von Voit entworfenen Innenausstattung entfernt
oder verändert.
Bis zu den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 war die Synagoge in Rülzheim
Mittelpunkt des jüdischen religiösen Lebens am Ort. Von den Gottesdiensten
zu den hohen Feiertagen im Herbst 1937 und im Herbst 1938 liegen noch
Berichte vor:
Über den Gottesdienst an Jom Kippur in der Synagoge in
Rülzheim (1937)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 6. Oktober 1937: "Rülzheim. Jomim
nauroim (sc. hohe Feiertage) in Rülzheim. Die
Synagoge bot das gewohnt-festliche Bild. Araun hakaudesch (Toraschrein)
und Almemor (Vorlesepult) weiß, weiße Tücher auf den Pulten der
Beter, und die Herren mit dem Sargenes (Totengewänder) angetan.
Der Abendgottesdienst wurde durch den Vorbeter in feierlicher Weise
eröffnet; die altbekannten Nigunim (Melodien) erklangen, und bald
wurde auch der letzte Beter von der Stimmung der Jomim nauroim (Hohe
Feiertage) erfasst. Jeder einzelne versteht mehr den Sinn der Gebete
denn je. Eine Ansprache des Lehrers drückte die Gedanken und Empfindungen
der Gemeindemitglieder, zusammengefasst aus. Im Schacharisgebet (Abendgebet)
fungierten am ersten Tag Herr Julius Feibelmann, am zweiten Herr
Dr. Kahn. Sie verstanden ihn so gut zu leiten, dass, obwohl alle
Piutim, die dem Gottesdienst eine Länge von insgesamt 5 Stunden
verleihen, gebetet wurden, sich der Gemeinde keine Müdigkeit oder
Langeweile bemächtigte. Unermüdlich sangen wechselweise Chasan (Vorbeter)
und K'hillo (Gemeinde). Beim Aus- und Einheben (der Torarollen)
trat der vierstimmige Männerchor abwechselnd unter dem Dirigentenstab von
Herrn Julius Haas I und Herrn Landsberg in Funktion, und
unterstrich die Bedeutung dieser Höhepunkte des Gottesdienstes. Jedem der
Baale T'filloh (zur Lesung gerufene Männer) ertönte ein lautes,
ehrlich gemeintes Schkoch seitens der Gemeinde entgegen, wenn er nach dem
mit Kawonoh vorgetragenen Gebet den Almemor verließ, ganz besonders aber
nach Vortrag des N'ilohgebetes von Herrn Julius Haas I, dem das
Fasten an Schönheit und Gewalt des Vorbetens keinen Abbruch tat. Jeder
einzelne empfang die Schönheit des Gottesdienstes, sei es durch die
Nigunim (Melodien), seit es durch die erhebende Seelenfeier am Jom
Kippur, und mancher dachte: Wer weiß, ob es nächstes Jahr wieder so sein
wird? Darauf kann man nur antworten: So Gott will.
L." |
Über den
Gottesdienst an den hohen Feiertagen in der Rülzheimer Synagoge (1938)
Artikel in "Jüdisches Gemeindeblatt für das Gebiet der
Rheinpfalz" vom 1. November 1938: der Text ist noch
abzuschreiben. |
Im Zusammenhang
mit den Ereignissen in der Pogromnacht im November 1938 wurde die
Synagoge geschändet und im Inneren zerstört. Dabei wurden Fenster und
Inneneinrichtung zerstört, das Dach in Brand gesetzt, Teppiche, Torarollen,
Toravorhänge, Gebetsbücher, vier siebenarmige Leuchter, Kronleuchter und
weitere Gegenstände gestohlen oder im Hof verbrannt.
Nach 1945 diente das Gebäude als Lager und Schuppen, bis es 1953
von der Katholischen Kirchengemeinde Rülzheim erworben wurde (durch Kauf von
der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinplatz), die es als Jugendheim bis in die
1970er-Jahre nutzte. 1986 wurde die ehemalige Synagoge unter
Denkmalschutz gestellt und 1988 von der Ortsgemeinde erworben. 1990/91 wurde das
Gebäude renoviert und am 13. Juni 1991 als "Geschichts- und
Begegnungsstätte" umgestaltet. Seither finden hier Veranstaltungen,
Konzerte, Ausstellungen usw. statt.
Lage der Synagoge: Auf der Ostseite der Kuntzengasse in der
Ortsmitte.
Kontaktanschrift: Geschichts- und Begegnungsstätte, Kuntzengasse 3-5, 76761
Rülzheim
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte
an den Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse
siehe Eingangsseite |
Neuere Fotos:
Die
ehemalige Synagoge im Dezember 2003
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.12.2003) |
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Die ehemalige
Synagoge |
Der (moderne) Eingangsbereich
zur ehemaligen Synagoge |
Seitenansicht
(von Norden) |
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Hinweistafeln am
Eingang |
Quelle dieses Fotos: www.ruelzheim.de |
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Innenaufnahmen
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Portalinschrift aus Jesaja
26,2:
"Öffnet die Tore, dass hineingehe
das gerechte Volk" |
Gedenktafel |
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Die
ehemalige Synagoge im Sommer 2012
(Fotos: Michael Ohmsen, vgl. Fotoseite
zu Rülzheim in der Website von M. Ohmsen) |
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Am
Synagogengebäude wird gebaut |
Blick von
Westen zum Eingangsbereich |
Hinweistafeln |
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Weitere Fotos
von Michael Ohmsen |
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Das
Gefallenendenkmal (mit Namen jüdischer Gefallener des Ersten Weltkrieges) |
Das ehemalige
jüdische Schlachthaus |
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Die
ehemalige Synagoge im Frühjahr 2014
(Fotos: Sascha Zimmermann, Bruchsal, Aufnahmedatum
8.6.2014) |
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Die
beiden Fotos (in hoher Auflösung) zeigen das
Synagogengebäude von Westen
mit der Gedenktafel und den Namen der "jüdischen Bürgerinnen und
Bürger, die zwischen
1933 und 1945 vertrieben, deportiert, ermordet
wurden". |
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Die aktuelle Informationstafel
an der ehemaligen Synagoge 2024
(Foto: Sascha Zimmermann, Bruchsal. Aufnahmedatum 26.8.2024) |
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Zum
Lesen des Textes bitte Abbildung anklicken |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Bernhard Kukatzki: Das pfälzische Judentum. Aufsatz online
zugänglich: hier
anklicken |
| ders.: Die israelitische Kultusgemeinde Rülzheim : Synagoge, Schule,
Badhaus und Friedhof. - in: Rülzheim: Rülzheim im Wandel der Zeiten. 1991. |
| Rainer J. Bender: Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der jüdischen
Gemeinde von Rülzheim. in: Rülzheim: Rülzheim im Wandel der Zeiten. 1991. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 138f. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ruelzheim
Palatinate. Jews numbered eight families in 1750 and
reached a population of 179 in 1800 (the second largest in the Speyer bishopric)
and 484 (total 2,975) in 1857, with their number dwindling steadily after. Most
were in trade and the Jews played an important part in the local tobacco
industry, owning three cigarette factories. A synagogue was erected in 1832-33
and the community was one of the few in the Palatinate to have a mohel.
On Passover, two bakeries prepared matzot for other communities as well
as Ruelzheim. A Jewish elementary school was opened in 1830-31, reaching an
enrollment of 104 in 1856. Relations with the local population were generally
good. In 1933, 172 Jews remained. On Kristallnacht (9-10 November
1938), the synagogue was wrecked along with Jewish homes and stores, the
cemetery was desecrated, and Jewish men were sent to the Dachau concentration
camp. Of the 198 Jews present in 1930, 88 left for other German cities by 1930
(75 in 1938-39), 49 emigrated to the United States, and 26 went to other
European countries. During the Holocaust, 56 perished in the concentration camps,
deported either from other German cities of from occupied Europe.
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