Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die Toten der jüdischen Gemeinde in Essingen und Ingenheim
beigesetzt. Der jüdische Friedhof zwischen Rülzheim und Herxheimweyher
wurde 1826 angelegt. Die Regierung der Pfalz genehmigte im September 1821
die Anlage. Der Friedhof war als Verbandsfriedhof der jüdischen Gemeinden
(beziehungsweise Familien) in Germersheim, Bellheim,
Kuhardt, Leimersheim, Hagenbach und
Rülzheim gedacht.
1826 konnte man für 20 Gulden ein geeignetes Grundstück finden, das insgesamt
48,80 ar umfasste. 1903 sind die Grabsteine dokumentiert worden (Zahlen auf den
Grabsteinen).
Der Friedhof wurde bereits im Mai 1927 geschändet:
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 22. Juni 1927:
"Wieder eine Friedhofschändung. In der Nacht von Dienstag, den 24.
auf Mittwoch, den 25. Mai wurde in Rülzheim (Pfalz) eine Friedhofschändung
und sonstiger grabschändender Unfug verübt. Fünf Denkmäler wurden
beschädigt. Die Täter sind noch unbekannt. Die Staatsanwaltschaft Landau
hat eine Belohnung von 300 Mark auf die Ermittlung der Täten
ausgesetzt."
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 8. Juli 1927:
"Tafel der Schmach - 39 jüdische Friedhöfe in Deutschland geschändet.
Berlin. (J.T.A.) 'Der Schild', Zeitschrift des Reichsbundes jüdischer
Frontsoldaten, bringt unter der Überschrift 'Tafel der Schmach' ein
Verzeichnis von 39 Friedhofschändungen, die sich von November 1923 bis
Mai 1927 in Deutschland ereignet haben. Hier die Namen der Orte und die
Daten:
1. Sandersleben
(November 1923), 2. Schneidemühl (Januar 1924), 3. Sandersleben
(März 1924), 4. Rhoden, 5. Wolfhagen
- Hessen (April 1924), 6. Ribnitz
/ Mecklenburg (Mai 1924), 7. Villing (Juli 1924), 8. Regensburg
(August 1924), 9. Hemer (November 1924), 10. Hersfeld
(November 1924, 11. Kleinbardorf bei
Königshofen, 12. Binswangen Bez.
Augsburg (Juni 1924), 13. Hagen i.W. (Juni 1924), 14. Göttingen
(August 1924), 15. Beverungen (Dezember 1924), 16. Köthen
(Mai 1925), 17. Plauen i.V.
(Juni 1924), 18. Alsbach a.d. Bergstraße,
19. Hockenheim / Baden (Januar
1925), 20. Löwenberg (Februar 1926), 21. Pflaumloch
(März 1926), 22. Erfurt (März 1926),
23. Callies (April 1926), 24. Memmelsdorf
/ Oberfranken (Main 1926), 25. Altdamm/Pommern (Oktober 1926), 26.
Breslau (Dezember 1926), 27. Bingen
(Dezember 1926), 28. Ermetzhofen /
Mittelfranken (Dezember 1926), 29. Kuppenheim
/ Baden (Januar 1927), 30. Kerpen / Rheinland (März 1927), 31.
Neviges / Regierungsbezirk Düsseldorf (März 1927), 32.
Hillesheim / Rheinhessen (April 1927), 33. Moers (April 1927), 34.
Krefeld (April 1927), 35. Richelsdorf /
Bezirk Kassel (April 1927), 36. Ansbach
(April 1927), 37. Regensburg (Mai
1927), 38. Aufhausen bei Bopfingen
(Main 1927), 39. Rülzheim / Rheinpfalz
(Mai 1927)."
Im Zusammenhang mit der Pogromnacht im November 1938 und danach
wurde der Friedhof zerstört und verwüstet. Ein Drittel aller Gräber
wurde zerstört, zahlreiche Grabsteine fortgeschleppt, in den nahen Altbach und auf die
umliegenden Äcker geworfen sowie zum Wegebau benutzt. Nach 1945 wurde der
Friedhof - soweit möglich - wieder hergestellt. Der Friedhof gehört heute der
jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz.
ders.: Die israelitische Kultusgemeinde Rülzheim : Synagoge, Schule,
Badhaus und Friedhof. - in: Rülzheim: Rülzheim im Wandel der Zeiten. Rülzheim,
1991.
Rainer J. Bender: Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der jüdischen
Gemeinde von Rülzheim. in: Rülzheim: Rülzheim im Wandel der Zeiten. 1991.
Karl Geeck: Zur Entstehung der Dokumentation
"Jüdischer Friedhof in Rülzheim". In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 1/1998 Heft Nr. 15. S. 43-44. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt).
Gemeinde Rülzheim (Hg., Gesamtredaktion: Karl Geeck): Der jüdische
Friedhof in Rülzheim: Betrachtung und Dokumentation; "... eingebunden
in den Bund des Lebens!". Rülzheim 1998. - 168 S. : zahlr. Ill., graph.
Darst. + Gräberplan.
Regionale Schule Rülzheim (Hg., Gesamtredaktion: Karl Geeck):
Der jüdische Friedhof in Rülzheim : Betrachtung und Dokumentation;
"... eingebunden in den Bund des Lebens!" 2., überarbeitete Aufl.
- Rülzheim 2000. - 168 S. : zahlr. Ill., graph. Darst. + Gräberplan.
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