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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Sindolsheim (Gemeinde Rosenberg,
Neckar-Odenwald-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Sindolsheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1921.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Die höchste Zahl
jüdischer Einwohner wurde um 1839 mit 71 Personen erreicht. In der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts verzogen die meisten Juden von hier, sodass 1900 nur noch
26 jüdische Einwohner gezählt wurden.
Nach 1850 bildeten die in Sindolsheim und Rosenberg
lebenden jüdischen Personen eine gemeinsame Gemeinde. Spätestens nach 1900 war
Sindolsheim eine Filale der Gemeinde in Eubigheim.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule und ein rituelles Bad (das Bad war in einem Haus oberhalb der
ehemaligen Dorfmühle, Kirnautalstraße 2 neben dem Mühlkanal; wurde jedoch
schon Anfang des 20. Jahrhunderts nicht mehr benützt, brannte Anfang der
1930er-Jahre ab, heute Ackerland). Im 19. Jahrhundert gab es
einige Zeit einen eigenen Lehrer der jüdischen Gemeinde, der zugleich als
Vorbeter (eventuell auch als Schochet) tätig war (siehe Ausschreibung der
Stelle unten von 1847). Seit 1852 gab es einen gemeinsamen Lehrer für
Sindolsheim und Rosenberg (siehe
Ausschreibungen der Stelle unten von 1852 / 1854 / 1855). Anfang des 20. Jahrhunderts war Sindolsheim
Filiale zur Gemeinde in Eubigheim - der
dortige Lehrer erteilte auch den jüdischen Kinder in Sindolsheim den
Religionsunterricht. Zuletzt (1920er/1930er-Jahre) wurde der Unterricht durch
den Lehrer aus Bödigheim erteilt. Die Gemeinde gehörte seit 1827 zum
Rabbinatsbezirk Merchingen (nach
Ausschreibung der Lehrerstelle von 1847 allerdings noch zum Rabbinatsbezirk
Bödigheim).
Bis in die 1920er-Jahre, teils bis nach 1933 bestanden an jüdischen
Geschäften am Ort: Bäckerei David Hecht (Kirnautalstraße 23), Metzgerei
Herzlöb Heimberger (in zwei an das Gebäude Marktstraße 8 angebauten
Häuschen), Gemischtwarenladen David Keller und Albert Niedermann (Lammstraße
10, abgebrochen), Textilgeschäft Jakob Keller (Lammstraße 8), Schuhgeschäft
Ephraim Schorsch (Bofsheimer Straße 4).
1933 wurden in
Sindolsheim noch neun jüdischen Personen gezählt.
Von den in Sindolsheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Walter Hecht
(1910), Adolf Heimberger (1866), Elise Heimberger (1886), Max Keller (1886), Eli
Lader (1883), Albert Niedermann (1888), Jettchen Niedermann (1884), Leopold
Niedermann (1886), Klara Rothschild (1866), Jette (Jettchen) Schorsch (1867), Sannchen Schorsch (1872).
Außerdem: Joseph Schorsch, geb. 15.1.1875 Sindolsheim, Oktober 1941 von Köln
nach Lódz deportiert, 1949 f.t.e. (Hinweis von Christiane Hoss, M.A. Köln).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers und Vorsängers 1847 (nur für
Sindolsheim), 1852 / 1854 / 1855 (für Sindolsheim und Rosenberg)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 20. November 1847 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Vakante Schulstellen.
[Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Sindolsheim ist die
Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein
Gehalt von 135 fl., nebst freier Wohnung, sowie der
Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist,
erledigt, und unter höherer
Genehmigung zu besetzen.
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert,
unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren
sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der
Bezirkssynagoge Bödigheim zu melden.
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch
Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach
erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 6. November 1852 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Vakante
Schulstellen.
Die
mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48
kr. für jedes die
Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon
abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der
israelitischen Gemeinde Sindolsheim und Rosenberg, Synagogenbezirks
Merchingen,
ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Merchingen
sich
zu melden. Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden."
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 3. Juni 1854 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die
mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48
kr. für jedes die Schule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon
abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der
israelitischen Gemeinde Sindolsheim und Rosenberg
ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst
des betreffenden Rabbinats bei der Bezirkssynagoge Merchingen sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 16. Juni 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Vakante
Schulstellen.
Die
mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48
kr. für jedes die
Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon
abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der
israelitischen Gemeinde Sindolsheim und Rosenberg
ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst
des betreffenden Rabbinats bei der Bezirkssynagoge Merchingen sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden."
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Ausschreibung der Lehrerstelle Eubigheim mit Filiale in
Sindolsheim (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1902: Vakanz.
Die mit einem festen Gehalt von 800 Mark und Nebengefällen von etwa 500
Mark nebst freier Wohnung verbundene Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle in Eubigheim mit
Filial Sindolsheim ist bis 1. November dieses Jahres zu besetzen.
Geeignete Bewerber (verheiratete vorgezogen) wollen ihre Gesuche nebst
Zeugnisabschriften sofort uns zusenden.
Mosbach, 24. September (1902). Die
Bezirkssynagoge: Dr. Löwenstein." |
Zum Tod des Bödigheimer Lehrers Samuel
Schwarzenberger, der auch in Sindolsheim unterrichtete (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20.Dezember 1934:
"Bödigheim in Baden, 12. Dezember (1934). Lehrer Schwarzenberger,
der seit 15 Jahren hier und in den Filialgemeinden Eberstadt
und Sindolsheim amtierte, starb im Alter von 67 Jahren und wurde in
Ladenburg am Neckar zur letzten Ruhe gebracht. Herr Bezirksrabbiner
Greilsheimer, Mosbach sprach
Dankesworte im Auftrag des Oberrats der Israeliten, des Bezirksrabbinats,
der Gemeinden und der Chewra und würdigte die Verdienste des
Entschlafenen als Forscher des Gesetzes, als Lehrer und Verwalter des
altehrwürdigen Bezirksfriedhofes
Bödigheim. Lehrer Kaufmann, Tauberbischofsheim
sprach Dankes- und Abschiedsworte im Namen der Kollegen. Seine Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zur Goldenen Hochzeit von Hirsch Wolf Kentenberger und
seiner Frau (1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1887: "Sindolsheim
(Baden). Die in weiten Kreisen bekannten und beliebten Hirsch Wolf
Kentenberger'schen Eheleute feierten im vorigen Monate in hiesiger
Gemeinde ihre goldene Hochzeit. Der Jubilar versieht seit 20 Jahren die
Vorsängerstelle bei der israelitischen Gemeinde. Am Festzug beteiligten
sich außer der israelitischen Gemeinde auch der politische Gemeinderat,
der Herr Pfarrer und die beiden Herren Lehrer. Herr Gutsbesitzer Stein aus
Kudach übergab ein von ihm und seinen Freunden gewidmetes Sparkassenbuch
mit eingezeichnetem Betrag von 680 Mark. Herr Bezirksrabbiner Dr.
Löwenstein verlas ein Schreiben des Israelitischen Oberrats in Karlsruhe
und übergab ein Geldgeschenk von 50 Mark von dieser Behörde. Daran
anschließend überreichte Herr Bezirksrat und Bürgermeister Gramlich dem
Ehepaar das huldvolle Geschenk des Großherzogs im Betrag von 30 Mark ein;
weiter überhab Herr Niedermann als Vorstand der hiesigen israelitischen
Gemeinde dem Jubilar einen prachtvollen Regulator mit dem schönen
Wunsche, dass derselbe dem Ehepaar die Stunde noch recht lange
anzeige." |
Zum Tod von Hirsch Wolf Kentenberger (1892)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1892: "Vor
wenigen Tagen starb in Sindolsheim im Alter von 83 Jahren Herr
Hirsch Wolf Kentenberger, ein wahrer frommer Mann, die Zierde der
Gemeinde. Seine Gemahlin Johanna ist ihm 8 Tage vorausgegangen.
Friedliebend und wohltätig war er bei allen Ortsangehörigen, Juden wie
Andersgläubigen sehr angesehen. Vor 5 Jahren feierten die Genannten ihre
goldene Hochzeit, wobei ihnen große Ehre erwiesen wurde. Galt es den Mann
zu feiern, der in der Synagoge 40 Jahre unentgeltlich sämtliche
gottesdienstlichen Funktionen versag. Herr Rabbiner Dr. Löwenstein aus
Mosbach hielt die Leichenrede, in welcher die Tugenden des Verstorbenen
gebührend geschildert wurden." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von E. Schorsch (1892)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1892: "Stelle-Gesuch,
Bäcker. Tüchtiger, junger, kräftiger Bäcker mit bester Empfehlung,
selbständiger Arbeiter, sucht dauernde Beschäftigung in einer Brot-,
Fein- oder Mazzenbäckerei. Gefällige Offerten an
E. Schorsch, Sindolsheim (Baden) erbeten." |
Todesanzeige für den nach der Deportation umgekommenen
Adolf Heimberger (1942)
Anmerkung: Adolf Heimberger ist am 26. Mai 1866 in Sindolsheim als Sohn von
Aron Heimberger und Rebekka geb. Friedberger geboren. Er ist in Sindolsheim
aufgewachsen. Nach Abschluss seiner Ausbildung war er kurze Zeit (wann?) in Kuppenheim
als Religionslehrer tätig. Danach übernahm er die Stelle des Kastellans
("Kirchendiener") in der Karlsruhe Synagoge. Adolf Heimberger wurde am
22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert und starb im Lager Noé am 14. Januar 1942
an Hunger. Seine Frau Wilhelmine hat die Lagerzeit überlebt und starb 1952 in
Baltimore/USA.
Weiteres siehe im Gedenkbuch
für die Karlsruhe Juden zu Adolf Heimberger.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Januar 1942:
"Mein geliebter Mann, unser geliebter Vater und Großvater
Adolf Heimberger
ist unerwartet im Camp Noé gestorben.
Wilhelmine Heimberger Camp Noé
Familie Niedermann Rivesaltes
Familie Straus
Emil Heimberger 1724 Ruxton Ave., Baltimore, Md." |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Seit der ersten Hälfte des 19.
Jahrhundert stand eine Synagoge an der Stelle des heutigen Gartens beim
Haus Kronenstrasse 2. Sie wurde bis um 1905/10 genutzt. Nach einem Bericht des
Gemeindevorstehers David Keller von 1911 gehörten zur jüdischen Gemeinde
damals noch fünf Familien. Die Synagoge sei zwar noch vorhanden, werde aber
nicht mehr benützt. Das Gebäude wurde wegen Baufälligkeit um 1920
abgebrochen. Auf dem Grundstück wurde eine Scheune mit Anbau erbaut. Die
Natursteinmauer der Rückseite des Anbaus war noch bis in die 1980er-Jahre der
einzige Überrest der ehemaligen Synagoge. Inzwischen wurden diese Gebäude
einschließlich der Mauer abgebrochen und das Grundstück Kronenstraße 2 neu
bebaut. Bis heute wird bei der älteren Ortsbevölkerung der Bereich des
Synagogengrundstückes als "Judenschule"
bezeichnet.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica",
E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos, vermutlich aus
den 1970er-Jahren
(Fotos: Sammlung Leo-Baeck-Institut
New York) |
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Grundstück der
ehemaligen Synagoge Kronenstrasse 2, das nach Abbruch der Synagoge
mit
einer Scheune und einem Anbau überbaut wurde. Die Natursteinmauer an der
Rückseite des Anbaus war der letzte Überrest der ehemaligen
Synagoge |
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Fotos 2004:
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 11.5.2004) |
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Grundstück der
ehemaligen Synagoge Kronenstrasse 2. Es wurde mit einem
Wohnhaus neu
überbaut. Die Bebauung erinnert noch an die früher hier
stehende Scheune
mit Anbau. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 70. |
| Reinhart Lochmann: Die Geschichte der Juden in Sindolsheim, in:
Heimatbuch Sindolsheim. 1999. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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