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Ladenburg (Rhein-Neckar-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ladenburg (im frühen Mittelalter zum Hochstift Worms
gehörend, seit 1385 kurpfälzisch-wormsisches Kondominat, 1705-1803 Kurpfalz)
bestand bereits im Mittelalter eine jüdische Gemeinde. Zwischen 1291 und
1391 werden Juden in der Stadt genannt. Bei der Judenverfolgung während der
Pestzeit 1348 wurde die Gemeinde vernichtet. 1380 waren wieder vier jüdische
Familien in der Stadt. Kurfürst Ruprecht II. vertrieb sie 1391 wie damals alle
Juden aus der Kurpfalz.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in
das 17. Jahrhundert zurück. Seit 1622 sind wieder Juden in Ladenburg
nachweisbar. 1712 wurde eine Versammlung der Pfälzer Juden in Ladenburg
abgehalten. 1722 waren acht jüdische Familien in der Stadt, 1743 26 Familien,
1757 14 Familien, 1789 75 jüdische Einwohner (4,1 % von insgesamt 1.826
Einwohnern).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 93 (4,2 % von insgesamt 2.192 Einwohnern), Höchstzahl 1864 mit 125 Personen,
1871 114, 1875 99 (von insgesamt 3.040), 1895 104 (3,0 % von 3.424), 1899 91
(von 3.424 Einwohnern, in 19 Haushaltungen), 1900 105
(3,0 % von 3.456), 1910 96 (2,2 % von 4.335). Zur jüdischen Gemeinde Ladenburg
gehörten auch die im benachbarten Edingen lebten jüdischen Personen (1932 3). Die jüdischen Familien lebten vom Handel und Handlungen mit Waren aller
Art und eröffneten im Laufe des 19. Jahrhunderts mehrere für die
wirtschaftliche Entwicklung der Stadt nicht unbedeutende Gewerbebetriebe.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.) sowie
(in dem rechts daneben stehenden Gebäude) die jüdische Schule (bis 1869
israelitische Elementarschule, danach Religionsschule) mit
Lehrerwohnung sowie ein rituelles Bad. Seit 1848 hatte die Gemeinde einen eigenen Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Von den Lehrer blieben in
Ladenburg mehrere über längere Zeiträume: Aron Weisel (1800-1828), Cossmann
Ladenburger (1828-1868), David Freitag (1868-1907, unterrichtete um 1899 27
Kinder der Gemeinde; beigesetzt im
Friedhof in Ladenburg), Max Schiff (aus Groß-Karben, 1907-1909), Hermann Strauß
(aus Eppertshausen,1909-1910,
gestorben nach sechs Monaten Dienstzeit, beigesetzt im Friedhof in Ladenburg), Sally Rosenfelder (1910-1939).
Da die Gemeinde im Gottesdienst ein Instrument (Harmonium) für die Gottesdienste
verwendete, wird als Organist genannt: um 1887/1899 V. Hertel.
Als Synagogendiener wird genannt: um 1887/1899 H. Arnold.
Seit 1827 war Ladenburg Sitz
eines Bezirksrabbinates: erster Rabbiner in Ladenburg war Rabbiner Jakob
Ettlinger (1798-1871; war zugleich erster Konferenzrabbiner im Oberrat der
Israeliten Badens, ab 1836 Oberrabbiner für Schleswig-Holstein mit Sitz in
Altona, weiteres zu ihm siehe eine Textseite
zu Karlsruhe); letzter Rabbiner war dessen Bruder Rabbiner Löb Ettlinger (weiteres
zu ihm s.u. beim Bericht zu
seinem Tod 1883). Seit 1883 wurden die Betreuung des Rabbinates Ladenburg
durch den Heidelberger Bezirksrabbiner wahrgenommen.
Offiziell gehörten zum "Rabbinatsbezirk Ladenburg" noch bis in die
1930er-Jahre Feudenheim, Ilvesheim
mit Seckenheim sowie Schriesheim mit
Dossenheim.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1887 S. Maier, H.
Sternweiler und J. Kaufmann II., um 1897 L. Haase, J. Kaufmann II und H.
Sternweiler, um 1899 K. Hauser, J. Kaufmann II, H. Sternweiler.
An jüdischen Vereinen werden genannt: der Männliche Israelitische
Krankenunterstützungsverein (um 1899 unter Leitung von J. Kaufmann II, L.
Hochstetter und D. Freitag), der Weibliche israelitische
Krankenunterstützungsverein (um 1899 unter Leitung der Frau von B. Kaufmann,
der Frau von K. Meier und Frl. Ladenburger), ein K'le kodesch Verein.
Dazu bestanden verschiedene Stiftungen (um 1899 die
Ester-Abraham-Stiftung, die Julius Hirsch Eheleute-Stiftung, die Lämmle
Löwenthal und von Ehren'sche Stiftung, die Zacharias Loewenthal-Stiftung, die
Salomon Rosenthal-Stiftung, Gerson Schwarzschild-Stiftung; alle Stiftungen unter
Leitung des Gemeinderates der Gemeinde).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Theodor David
Hauser (geb. 16.8.1889 in Ladenburg, am 19.8.1914 als 1. Ladenburger Soldat gefallen) und Arthur
Kaufmann (geb. 1.3.1893 in Ladenburg, gef. 14.2.1915).
Um 1924, als noch 88 jüdische Personen in Ladenburg lebten (1,76 % von
insgesamt etwa 5.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Julius
Kaufmann II. (Vorsteher von ca. 1906 bis 1934, die über Jahrzehnte
prägende Persönlichkeit jüdischen Lebens in Ladenburg, siehe Berichte unten), David Hirsch und Karl Darmstädter. Schriftführer des Vorstandes
war der bereits genannte Lehrer Sally Rosenfelder, der als
Religionslehrer, Kantor und Schochet in der Gemeinde tätig war. 1924 erteilte
er 12 Kindern den Religionsunterricht (an den öffentlichen Schulen). An
jüdischen Vereinen bestanden der Jüdische Männerkrankenverein
(gegründet 1845, Zweck und Arbeitsgebiet: Krankenpflege und Bestattungswesen,
1924/32 unter Leitung von David Hirsch mit 21 Mitgliedern, 1932 19 Mitglieder),
der Israelitische Frauenverein Gemilus Chessed (gegründet 1923 von Gella
Strauß, Frau des 1910 verstorbenen Lehrers Hermann Strauß, Ziel:
Wohlfahrtspflege und Bestattungswesen, 1924/32 unter Leitung von Frau Strauß mit 22 Mitgliedern) sowie der Jüdische Verein
Ladenburg (Ziel: Förderung
jüdischen Wissens und Pflege edler Geselligkeit, Leitung Lehrer Rosenfelder mit
1924 40 Mitgliedern). 1932 gehörten dem Vorstand an: wie bisher Julius Kaufmann (1.
Vors.) und David Hirsch (2. Vors.), neu war Baruch Bela Hönigsberg (3. Vors.). Weiterhin war als
Lehrer und Kantor Sally Rosenfelder in Ladenburg. Im Schuljahr 1931/32 unterrichtete er
18 Kinder in Religion. An Stiftungen bestanden die "Vereinigten
israelitischen Ortsstiftungen", womit eine größere Zahl von Stiftungen
zusammengefasst war.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben
im Besitz jüdischer Personen gab es insbesondere: Manufakturwaren Adolf und Moritz Driels
(Hauptstraße 36/38), Eisenwarenhandlung Baruch Bela Hönigsberg (Kirchenstraße
19/Ecke Neugasse), Maschinen- und Reparaturwerkstätte Jakob Kapustin (Neue Anlage 1), Stoffrestegeschäft Kaufmann (Mühlgasse 3), Schuhmacherei Salomon Löwenstein
(Schwarzkreuzstraße 8), Manufakturwaren Max Rhein (Neugasse 3) sowie der praktische Arzt Dr. Justin Vogel
(Hauptstraße 5) und der Zahnarzt Dr. Hans Weil-Kander (Hauptstraße
53).
1933 lebten noch 88 jüdische Personen in Ladenburg. Auf Grund der
zunehmenden Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts
entschlossen sich in den folgenden Jahren immer mehr der jüdischen Personen zur
Aus- oder Abwanderung. Nach dem Tod des Gemeindevorstehers Julius Kaufmann 1934
wurde Nachfolger im Amt sein Schwiegersohn Eugen Levy, der jedoch bereits im
August 1937 verstorben ist (siehe Berichte unten). Die letzten jüdischen Geschäfte musste bis 1937/38
schließen oder an nichtjüdische Personen verkauft werden. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge und des jüdische Gemeindehaus sowie die Wohnung von
Lehrer Rosenfelder völlig demoliert. SS-Leute bereiteten auch die
Inbrandsetzung oder alternativ die Sprengung des Gebäudes vor, was jedoch auf
Grund der dichten Bebauung nicht ausgeführt wurde. Bis 1940 war etwa die
Hälfte der jüdischen Ladenburger in die USA, nach Erez Israel/Palästina,
England oder Australien emigriert. Die letzten 27 jüdischen Personen in der
Stadt wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert.
Auf Grund der Judenverfolgungen und -ermordungen in der
NS-Zeit kamen von den 1933 in Ladenburg wohnhaften 88 jüdischen Personen
mindestens 29 ums Leben.
Von den in Ladenburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben aus dem Buch "Die jüdischen
Ladenburger"): Heinrich Aberbach (1888), Salomon Auerbacher (1886), Jakob
Bamberg (1913), Josef Birnbaum (1876), Johanna Cohn geb. Kaufmann (1872), Hermann Daniel (1890), Adolf Jakob Driels
(1881), Else Driels (1919), Moritz Driels (1882), Rosa Driels geb. Rubel (1889),
Karl Eichengrün (1904), Julius Fischer (1903), Lilli Frankenthal (1889),
Hermann Greilsheimer (1885), Recha Gutmann (siehe unter Löwenfels), Adolf
Hauser (1862), Moses Heidenheimer (1886), Isidor Heß (1875), Fritz Hirsch
(1888), Jettchen Hirsch geb. Lammfromm (1870), Johanna Hirsch geb. Simon (1856),
Johanna Hirsch (1871), Sofie Hockenheimer (1857), Anna Kapustin (1907), Erna Kaufmann (1898), Julie
Kaufmann (1885), Louis Kaufmann (1861), Kurt Sigmund Kaufmann (1893), Luise Kaufmann (1889), Mathilde Kaufmann geb. Maier (1855),
Meta Kaufmann (1892), Sally Kaufmann (1880), Siegfried Kaufmann (1880), Sophie
Kaufmann (1857), Wilhelmine Kehr geb. Freitag (1873), Betty Kempe geb. Plaut (1894), Erich Kempe (1896), Alfred Krell
(1897), Anna Krell (= Anna Kapustin s.o.), Frieda Fanny Lammfromm geb. Liebmann
(1883), Ella (Gudella) Levy geb. Kaufmann (1890), Lea Marga Levy (1926), Heinrich Löwenfels (1901),
Recha Löwenfels geb. Gutmann (1912), Emilie Löwenstein geb. Heumann (1882),
Ida Lorch geb. Kaufmann (1870), Helene Maier (1908), Rosi Plaut (1900), Berta Rhein geb. Sternweiler (1877),
Eugenie Rosenblatt geb. Kaufmann (1896), Sigmund Rubel (1880), Josef Rund (1890), Zessi
(Zigwah, Zigera) Saul geb. Kaufmann (1886), Max
Selig (1893), Helmar Spier (1906), Ingrid Gerda Spier (1937), Irene (Irma) Spier geb.
Weinberg (1909), Gella Strauß geb. Wertheimer (1879), Regina Strauss (1872),
Regina Süssmann (1920), Max Thalmann (1894).
Auf dem allgemeinen städtischen Friedhof befindet sich ein Ehrenmal für die "Opfer der Kriege und der
Gewalt".
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Über die Lehrer der jüdischen Gemeinde im 19.
Jahrhundert
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Januar 1904:
"Die israelitische Gemeinde zu Ladenburg in Baden hatte vom Jahre
1800 bis heute nur drei Lehrer und Vorsänger, und zwar 1800 bis 1828 Ar.
Weisel, 1828 bis 1868 C. Ladenburger, 1868, den 28. Dezember bis heute D.
Freitag. Letzterer war 1. April dieses Jahres 40 Jahre im Dienst." |
Gehaltszulage für den israelitischen Lehrer (1863)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1863:
"Ladenburg, 30. Mai (1863). Die hiesige Gemeindebehörde bewilligte
im Jahre 1858 den christlichen Lehrern eine Gehaltszulage; nach Beschluss
des Gemeinderats und des engeren Ausschusses wurde heute die gleiche
Zulage den israelitischen Lehrern zuerkannt. Da die israelitische
Volksschule einzig und allein von der israelitischen Gemeinde bestritten
werden muss, so ist diese Tat umso anerkennenswerter, und wir sehen darin
einen großen Beweis des edlen Strebens und der toleranten Gesinnung, von
welcher unsere Gemeindebehörde beseelt ist, sowie einen Ausdruck der
vollkommenen Harmonie aller Konfessionen unter den hiesigen Bürgern. (M.A.)." |
Auszeichnung für den Lehrer Coßmann Ladenburger (1867)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1867:
"Karlsruhe, 17. April (1867). Seine Königliche Hoheit der
Großherzog haben sich unter dem 6. dieses Monats allergnädigst bewogen
gefunden, dem israelitischen Hauptlehrer Coßmann Ladenburger in Ladenburg
die kleine goldene Zivilmedaille zu verleihen. (Karls.Z.)." |
Lehrer Sally Rosenfelder als
Weltkriegsteilnehmer (1915/1918)
Anmerkung: Lehrer Sally Rosenfelder (geboren
5. Mai 1882 in Aidhausen),
studierte am Lehrerseminar in Burgpreppach, war nach einer Zeit als Lehrer
in Buchen und Bödigheim vom 1. Juli 1910 bis 23. Juli 1939 Lehrer und Kantor
der jüdischen Gemeinde in Ladenburg, unterbrochen durch die Zeit des Ersten
Weltkrieges, in der er als Soldat diente (ausgezeichnet mit dem EK II). Er war
verheiratet mit Mina geb. Schwarzenberger, mit der er zwei Töchter hatte
(Brunhilde geb. 1912 und Irene geb. 1919). Familie Rosenfelder konnte 1939 noch
nach Großbritannien emigrieren, von dort 1940 in die USA, wo Sally Rosenfelder
im September 1969 gestorben ist.
Mitteilung
im "Israelitischen Familienblatt" vom 18. Februar 1915: "Unsere Kollegen
unter Waffen...
S. Rosenfelder aus Ladenburg a. N.; 2. Rekrutendepot
Landwehr-Ersatz-Bataillon, Füsilier-Regiment Nr. 40 in Rastatt..." |
|
Mitteilung
im "Israelitischen Familienblatt" vom 26. September 1918: "Das Eiserne
Kreuz zweiter Klasse.
... Ladenburg. Landsturmmann Rosenfelder." |
Publikationen von Lehrer Sally Rosenfelder (1925/1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Merkbuch
für den israelitischen Religionsunterricht. Von S. Rosenfelder.
Ladenburg a.N. Selbstverlag. 64 Seiten.
Der Religionsunterricht muss sich vor allem an das Gemüt wenden, aber
auch einen geeigneten Wissensstoff vermitteln, der bleibendes Eigentum der
Schüler werden soll. Diesen Merkstoff hat der Verfasser des vorliegenden
Büchleins knapp zusammengestellt. Die Auswahl zeigt der erfahrenen
Lehrer. Der Verfasser bietet nicht etwa nur eine systematische
Zusammenstellung, sondern auch eine Anzahl Notizen, die einerseits dem
Lehrer Anregungen bieten, andererseits dem Schüler Gelegenheit gewähren,
das Erlernte zu wiederholen und sich die hebräischen Ausdrücke korrekt
einzuprägen. Bei einer Neuauflage würden wir empfehlen, die zehn Gebote
ungekürzt aufzunehmen. E." |
|
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1928 (nur
Anfang und Schluss ausgeschrieben): "Rosenfelder, S., Lehrer in
Ladenburg a.N., Merkbuch für jüdische Geschichte. Im Selbstverlage des
Verfasser.
Der Verfasser der unter dem Motto 'Aus der Praxis für die Praxis' seither
erschienenen Merkbücher hat als drittes derselben ein Merkbuch für
jüdische Geschichte erscheinen lassen. Wir entnehmen der Vorbemerkung:
'Das Büchlein soll vor allem der Wiederholung dienen. Für den Unterricht
in der nachbiblischen Geschichte kann man es sehr wohl als selbständiges
Unterrichtsbuch den Schülern in die Hand geben. Die kurzen Hinweise sind
durch mündlichen Vortrag des Lehrers, sowie durch Lektüre
(Quellenbücher, Schülerbibliothek) zu ergänzen. In Merkworten und
einfachen, prägnanten Sätzen soll das Büchlein eine Übersicht geben
über das ganze Gebiet der jüdischen Geschichte, soweit sie für unsere
Schulen in Betracht kommt.'
...
Schlussbeurteilung: Als Hilfs- und Merkbuch für den jüdischen
Geschichtsunterricht können wir Rosenfelders Büchlein, das auch durch
guten Druck und handliches Format sich auszeichnet, ohne Vorbehalt
empfehlen. Es ist vom Verfasser zum Preise von Mark 1,50 zu beziehen. Wir
dürfen noch darauf hinweisen, dass bei Mehrbezug entsprechender Rabatt
gewährt wird." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1928: "Hebräisches
Lehrbuch für die Grundschule. (1. bis 4. Schuljahr-). 1. Teil. von S.
Rosenfelder, Lehrer in Ladenburg a.N. Illustriert
von Klara Unna in Mannheim. 1928. Im Selbstverlag des
Verfassers.
Das vorliegende hebräische Lehrbuch will Leben und Freude in den
Unterricht bringen. Das ist richtig erkannt. Leben und Freude und Liebe
und Begeisterung muss heute die Parole eines jeden jüdischen Unterrichts
sein. Das jüdische Kind will auch in seiner jüdischen Welt freudig
leben. Immer mehr wird erkannt, dass dieser Wunsch ein berechtigter ist,
dass er ein Wunsch ist, zu dessen Erfüllung wir selbst unsere letzt Kraft
hergeben müssen; gilt es dich, die - unsere! - Kinder in heiliges
Land hineinzuführen. Und dass das erkannt ist, davon zeugt die
Neuerscheinung mehrerer hebräischer Fibeln in den letzten Jahren. Das mag
auch Rosenfelder veranlasst haben, sein Lehrbuch zusammenzustellen, doch
ist darin dieser Gedanke m.E. nicht konsequent genug durchgeführt...
Bei weiterem Interesse an diesem Artikel bitte Textabbildung
anklicken.
Schlussabschnitte: Zur Ausstattung der Fibel: die Illustrationen sind
nicht immer klar und haben kaum irgendwelchen künstlerischen Wert. Auch
hier sollte man erkennen, dass in die Fibel nur
künstlerisch-kindertümliche Bilder gehören.
Nach diesen Betrachtungen kommen wir zum Ergebnis, dass das vorliegende
hebräische Lehrbuch abzulehnen ist, da es einen Fortschritt gegenüber
der bereits vorhandenen Fibelliteratur nicht bedeutet. -r." |
|
Ein
weiterer Artikel mit Vergleich zwischen den hebräischen Lehrbüchern von
S. Rosenfelder - Ladenburg und Mich. Abraham - Berlin erschien bereits in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Juli 1928:
"Zwei neue hebräische Fibeln. S. Rosenfelder -
Ladenburg, Hebräisches Lehrbuch für die Grundschule, erster Teil,
illustriert von Klara Unna - Mannheim, Selbstverlag des
Verfassers.
Mich. Abraham - Berlin, (hebräisch und deutsch:) Für unsere Kinder,
neue hebräische Lehrfibel, illustriert von Oscar Haberer - Berlin. H.
Kauffmann Verlag, Frankfurt am Main. ..."
Bei Interesse an diesem Artikel bitte zum Lesen Textabbildung
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932: "S.
Rosenfelder, Ladenburg am Neckar. Biblische Geschichte,
Geschichtsbogen Nr. 1. Vorgeschichte; Selbstverlag des Verfassers.
Kollege Rosenfelder in Ladenburg, einer der wenigen jüdischen Landlehrer,
die produktiv auf dem Gebiete der Schulbücherliteratur tätig sind, ist
auch in diesem Jahre wieder mit einer Neuerscheinung auf den Plan
getreten. Er bringt den ersten Boden einer 'Biblischen Geschichte' auf den
Büchermarkt, die in ihrer Neuartigkeit von den seither erschienenen
Büchern dieses Faches abweicht. Der Text wird von zeichnerischen
Darstellungen begleitet, die einfach und schön sind und darum von den
Kleinen leicht nachgezeichnet werden können. Somit wird dem
Arbeitsschulgedanken in ansprechender Weise Rechnung getragen. Der Text
ist in seiner kindertümlichen Einfachheit den kindlichen Nacherzählungen
abgelauscht. Er ist darum zum Nachlesen für die Kleinen geeignet, um eine
rasche Einprägung der vom Lehrer dargebotenen Geschichten zu erreichen.
Einige Ausdrücke erscheinen noch zu schwer und über den Horizont der
Unterstufe hinausgehend. Die angefügten Merksprüche entsprechen unserem
Geschmacke nicht, sie erinnern zu sehr an Katechismen.
Abgesehen von diesen wenigen Ausstellungen, die den Wert des Büchleins
als Ganzes nicht zu mindern vermögen, können wir dasselbe bestens
empfehlen. Es ist eine Neuerscheinung, die in der Tat etwas Neues bietet
und darum der Aufmerksamkeit der jüdischen Lehrerwelt wert." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1935:
"Notiz. Herr Lehrer S. Rosenfelder in Ladenburg a.N. hat als Beitrag
zur Methodik des hebräischen Unterrichts eine Anleitung zu dem von ihm
verfassten hebräischen Lehrbuch erscheinen lassen. Kollege Rosenfelder
hat die jüdische Schulbuchliteratur durch manche wertvolle und brauchbare
Gabe bereichert. Kaum ein Jahr vergeht, wo er nicht einen Beitrag zu einem
Fach des jüdischen Religionsunterrichts liefert. Wir empfehlen den
Kollegen, die das Rosenfelder'sche hebräische Lehrbuch besitzen und es in
ihrer Schule gebrauchen, sich an den Verfasser zu wenden, der ihnen seine
Anleitung zum hebräischen Lehrbuch kostenlos zukommen lässt." |
Lehrer Sally Rosenfelder unterhält
Kontakte mit den Emigrierten (1938)
Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 20. Oktober 1938: "Ladenburg
am Neckar. Rundbrief an die Ausgewanderten.
Die Jüdische Gemeinde Ladenburg hat durch ihren langjährigen Lehrer S.
Rosenfelder einen Rosch-Haschana-Brief verfassen und ihn allen
ehemaligen Gemeindemitgliedern, die ausgewandert sind, zugehen lassen. Der
Brief enthält die Adressen der Ausgewanderten, um ihnen die Möglichkeit zu
geben, untereinander Fühlung zu nehmen, weiter Familiennachrichten aus der
Gemeinde Ladenburg und andere Mitteilungen, von denen anzunehmen ist, dass
sie das Interesse der Ausgewanderten finden. Rabbiner Dr. Max Kapustin,
der heute ein Amt in USA bekleidet, hat zu dem Gemeinderundbrief ein
Geleitwort geschrieben." |
Kleinere Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben
Neugestaltung des Gottesdienstes nach der Gottesdienstordnung von
Bühl (Artikel von 1864)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. November 1864: "Bühl, im Oktober. Die 'Badische
Landeszeitung' Nr. 215 schreibt von hier: Wo immerhin das Gute gedeihet,
verdient es zur Aufmunterung aller Gutgesinnten zur allgemeinen Kenntnis
gebracht zu werden. Die hiesige israelitische Gemeinde hat unter der
Leitung ihres Rabbiners, Herrn Schott, seit 6 Jahren ihren Gottesdienst
nach dem Vorbilde der Mannheimer Agende umgestaltet, sodass Chorgesang mit
Begleitung einer Physharmonika, responsenreicher Vortrag mehrerer
hebräischer Gebetstücke, deutsche Gebete und Predigt, bei der Stille und
Ruhe, woran sich die Gemeinde gewöhnt hat, ein harmonisches, Andacht
erweckendes Ganzes bilden. Schon viele Fremde, welche dem hiesigen
Gottesdienste beiwohnten, haben auch versichert, sich noch nirgends so wie
in der hiesigen Synagoge erbaut zu haben, und sprachen es laut aus, dass
sie sich glücklich schätzen würden, wenn in ihrer Gemeinde eine
ähnliche Verbesserung eingeführt würde. Aber alles Gute reift langsam,
doch es reift, und wir können mit Vergnügen berichten, dass nicht nur
bereits in einigen Synagogen des Bühler Rabbinatsbezirks, zum Beispiel in
Rastatt, Gernsbach,
Hörden und Rheinbischofsheim,
ein schöner Anfang zur Hebung des Gottesdienstes gemacht worden ist,
sondern dass unser Beispiel auch in der Ferne Nachahmung findet. So zum
Beispiel hat die israelitische Gemeinde zu Ladenburg
sich schon vor einigen Jahren die hiesige Synagogenordnung zur Nachahmung
erbeten und dieselbe auch eingeführt, und in neuester Zeit sandten zwei
Gemeinden des Rabbinatsbezirks Sinsheim, Berwangen
und Neidenstein, auf Anregung ihres
würdigen Geistlichen, des Herrn Konferenz-Rabbiners Geismar, ihre
Lehrer hierher, um sowohl den Sabbat- als den Werktagsgottesdienst zu
studieren und ihn dann in ihren Synagogen einzuführen. So bricht sich das
wahrhaft Gute allenthalben Bahn; dem schönen, selbstlosen Beispiele des
greisen Herrn Rabbiners Geismar aber, der nicht ansteht, die Schöpfung
eines jüngeren Berufsgenossen anzuerkennen und als Vorbild zu empfehlen,
zollen wir unsere aufrichtigste Anerkennung und
Hochachtung." |
Chanukka-Tage in der Gemeinde 1920 mit Einweihung eines
"Lernzimmers"
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1920:
"Ladenburg, 4. Dezember (1920). Bereichert durch eine schöne
Stiftung, begannen wir heute die Chanukka-Tage. Unser Vorsteher,
Herr Julius Kaufmann II., der erst jüngst seinen 70. Geburtstag feierte,
ließ auf einem an die Synagoge angrenzenden freien Raum ein Zimmer
herstellen, das als Lernzimmer und als Gemeindezimmer dienen soll. Es
wurde am Chanukka-Abend seiner Bestimmung übergeben durch eine
schlichte Feier, die von Kindergesängen umrahmt war. Der Wille des
Stifters ist ausgedrückt in einer Tafel, die außer dem Namen und Jahr
die Worte enthält: Talmud tora keneged kulam (= 'Das Lernen der Tora
wiegt alle Gebote auf', Zitat aus den 'Sprüchen der Väter). Herr L.
Kaufmann sprach Worte des Dankes im Namen der Gemeinde, Herr Lehrer
Rosenfelder, den wir mit gutem Gewissen und ohne Übertreibung bei dieser
Gelegenheit als einen der rührigsten jüdischen Lehrer der ganzen Gegend
bezeichnen können, erläuterte Sinn und Zweck des Raumes und beschloss
seine Ausführungen durch einen Schiur über die Danim zu Chanukka.
- Zu besonderem Dank ist dem edlen Stifter auch der 'Jüdische Verein
Ladenburg' verpflichtet, der nun auch einen Lern- und Versammlungsraum
erhält und dadurch in die Lage versetzt wird, noch bequemer 'Wissen von
der Lehre und dem Leben des Judentums zu verbreiten', wie es in einem
Aufrufe heißt, den der Verein dieser Tage versendet. Mit der löblichen
Absicht nämlich, durch freiwillige Bücherspenden seiner Freunde und
Gönner in Nah und Fern sich den Grundstock zu einer kleinen jüdischen
Bibliothek zu legen. Möge die jüdische Gemeinde Ladenburg, die
wechselvolle Schicksale im Laufe der Jahrhundert hinter sich hat,
fernerhin mit all ihren Einrichtungen blühen und zunehmen!" |
Das Ende der jüdischen Gemeinde in Ladenburg zeichnet
sich ab (1937)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1937:
"Mannheim. Das 'Jüdische Gemeindeblatt Mannheim' berichtet, dass in
Leutershausen das religiöse Leben ein Ende gefunden hat und dass auch die
Jüdische Gemeinde in Ladenburg in ihrem Bestande bedroht ist. In
den Landgemeinden Badens befindet sich noch etwa dreißig jüdische Lehrer
in Dienst...." |
Brief der Gemeinde an die ehemaligen Ladenburger (Oktober
1938)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober 1938:
"Ladenburg, 14. Oktober (1938). Die Israelitische Gemeinde Ladenburg
hat zu den Feiertagen allen ehemaligen Gemeindemitgliedern, die
ausgewandert sind, einen Brief zugestellt. Darin finden sich Gemeinde- und
Familiennachrichten, sowie die Adressen aller ehemaligen Ladenburger. Es
ist dies ein schöner Versuch, das 'Familienband' unter den einstigen
Ladenburger Juden, die in aller Welt zerstreut sind, aufrecht zu erhalten.
Dr. Max Kapustin, selbst aus Ladenburg stammend, jetzt in USA, als
Rabbiner tätig, schrieb zu diesem Brief ein Geleitwort." |
Berichte zu einzelnen Personen
Zum Tod von Rabbi Löb Ettlinger (1884)
Anmerkung: Rabbiner Löb Ettlinger (geb. 1803 in
Karlsruhe, gest. 24. Dezember 1883 in Mannheim): war Sohn des Klausrabbiners
Aron Ettlinger in Karlsruhe und jüngerer Bruder von Rabbiner Jakob Ettlinger:
studierte ab 1826 in Würzburg; 1829 bei seinem Bruder in Mannheim als
Rabbinatskandidat; 1832/33 Landesrabbiner für Birkenfeld in Hoppstädten,
danach wieder in Mannheim als "Klausbeter", seit 1837 als
Klausrabbiner in Mannheim; seit 1849 war er auch Verwalter des Bezirksrabbinates
in Ladenburg, das ihm 1857 definitiv übertragen wurde.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1884:
"Mannheim, 1. Januar (1884). Am 1. Tage des Chanukka-Festes, an dem
Tage, an welchem er das 80. Lebensjahr vollendet hatte, verschied Rabbi
Löb Ettlinger - er ruhe in Frieden - , Klausrabbiner hier und
Kreisrabbiner von Ladenburg. Da derselbe sich jeden ehrenden
Nachruf verbeten, so beschränke ich mich auf die Mitteilung der
schmerzlichen Tatsache. Rabbi Löb - er ruhe in Frieden - war ein
jüngerer Bruder des weltberühmten Oberrabbinen von Altona, Rabbi Jakob
Ettlinger - seligen Andenkens -. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Sigmund Selig wurde zum Synagogenrat gewählt (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 5. Juli 1907: "Ladenburg in Baden. Bei der
jüngst stattgefundenen Wahl wurde Herr Sigmund Selig zum Synagogenrat
gewählt." |
Zum Tod von Ricka Strauß (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1915:
"Ladenburg, 9. November (1915). Wir haben heute eine Frau zu Grabe
getragen, welche es verdient, auch an dieser Stelle einen Nachruf zu
erhalten. Frau Ricka Strauß Witwe, gebürtig aus Ebertshausen*, lebte 5
Jahre in unserer Gemeinde. Während dieser kurzen Zeit hat sie sich durch
ihr bescheidenes und frommes Wesen die Zuneigung und Liebe der sämtlichen
Gemeindemitglieder erworben. Sie war eine 'Esches Chajil' (wackere
Frau) im wahren Sinne des Wortes und wirkte durch ihr vielseitig
religiöses Wissen vorbildlich in unserer Gemeinde. Hat doch nie ein Armer
ihr Haus hungrig verlassen. Der Verstorbenen waren in ihren 74
Lebensjahren schwere Prüfungen auferlegt, doch in Ergebung und
Gottvertrauen trug sie dieselben.
Möge Gott die hinterlassene Tochter und Schwiegertochter, welche die
Entschlafene mit der größten Aufopferung und Liebe in ihrer schweren
Krankheit gepflegt, trösten. Die Verstorbene wird in unserer Gemeinde in
gesegnetem Andenken weiterleben. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
* Gemeinde im Rhein-Lahn-Kreis, VG
Katzenelnbogen, hatte keine jüdische Gemeinde |
40-jähriges Synagogenratjubiläum von Julius Kaufmann II.
(1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1925:
"Ladenburg am Neckar, 5. Dezember (1925). Die aus Anlass des
40jährigen Synagogenratjubiläum des Herrn Julius Kaufmann II von der
Gemeinde am 12. Kislew veranstaltete Feier nahm einen erhebenden Verlauf.
Die Synagoge, in der die Feier stattfand, war überfüllt von
einheimischen und fremden Teilnehmern an dem Festakt, zu dem der
Bezirksrabbiner Dr. Pinkuß - Heidelberg und als Vertreter des Oberrats
Herr Rechtsanwalt Dr. Pfälzer - Weinheim erschienen war. Die
Nachbargemeinden waren fast alle durch Synagogenratsmitglieder vertreten.
Nachdem Lehrer Rosenfelder - Ladenburg die Erschienenen begrüßt und
seine Glückwünsche übermittelt hatte, sprach der Herr Bezirksrabbiner
und wies darauf hin, dass der Jubilar nicht nur ein
Verwaltungssynagogenrat und -vorstand gewesen sei in diesen 40 Jahren,
sondern ein Führer, der es verstanden habe, jüdisches Leben zu
wecken und zur Blüte zu bringen. Die Glückwünsche des Oberrats
überbrachte Herr Dr. Pfälzer; er fand nicht nur für den Jubilar,
sondern auch für unsere Gemeinde viele Worte der Anerkennung wegen der
vorbildlichen Jüdischkeit, die die Gemeinde erfülle. Im Mittelpunkt der
Feier stand die Festansprache des Synagogenratmitgliedes Lehramtsassessor
Karl Darmstädter, der u.a. in wohl abgewogenen Worten darauf hinwies, wie
schwer es der Führer einer Gemeinde habe, das ihm anvertraute Amt im
Sinne des überlieferten Judentums zu führen, wenn ihm für sein Tun
Verständnislosigkeit, Missdeutung und Hohn entgegengebracht werde. Dass
diese Periode Gott sei dank einer anderen Platz gemacht hat, darf im
Zusammenhang mit der Würdigung der Verdienste des Jubilars auch an dieser
Stelle gesagt werden. Die Festansprache klang aus in die von herzlichen
Wünschen begleitete Überreichung einer silbernen Jad
(Toralesehand) an den Jubilar. Das Geschenk und die dazu gehörige Urkunde
sollten dem Geehrten zugleich den Dank der Gemeinde zu Ausdruck bringen
für manche wertvolle Stiftung und Schenkung der letzten Jahre; und so wie
Herr Julius Kaufmann II. erst jüngst die Gemeinde durch Schenkung einer
wertvollen Torarolle erfreut hatte, so sollte ihn die Toralesehand
zu seiner Torarolle eine besonders innige Gabe sein. Erwähnt seien
noch die Gesänge des Synagogenchors der Klaussynagoge in Mannheim der mit
großer Teilnehmerzahl der Feier beiwohnte und unter Leitung des Herrn Th.
Bodenheim in schönster Weise zu einem stimmungsvollen Verlaufe beitrug.
Der Jubilar, den auch Herr Konferenzrabbiner Dr. Unna - Mannheim, als Vertreter
aller gesetzestreuen Gesinnungsgenossen in Baden, zum Jubiläumstag
beglückwünschte, gab seinem Dank in herzlichen Worten
Ausdruck." |
Julius Kaufmann II. - 40 Jahre im Synagogenrat - 75. Geburtstag (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1925:
"Ladenburg a.N., 5. November (1925). Am 13. November kann der
Vorsteher unserer Gemeinde, Herr Julius Kaufmann II., ein seltenes
Jubiläum feiern, An diesem Tage gehört er 40 Jahre lang dem Synagogenrat
an, während er das Amt des Vorstandes selbst auch seit nahezu 20 Jahren
innehat. Die Gemeinde weiß die Bedeutung dieses Ereignisses wohl zu
würdigen und wird einige Tage später, am Sonntag den 29. November,
nachmittags 4 Uhr, eine Feier zu Ehren des Jubilars, der in diesem Jahre
auch mit Gottes Hilfe sein 75. Lebensjahr zurückgelegt hat,
veranstalten." |
Verlobungsanzeige von Lydia Kaufmann und Kaufmann Wormser (1927)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1927:
"Statt Karten. Gepriesen sei Gott.
Lydia Kaufmann - Kaufmann
Wormser. Verlobte.
Ladenburg a.N. - Frankfurt a. M. Im Monat Aw
(wörtlich Tröster Aw) 5687." |
Einweihung einer Torarolle im Haus von Fritz Hirsch (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1928:
"Ladenburg, 29. März (1928). In den letzten Jahren findet die
Pflicht des Schreibens einer Tora(rolle) mehr und mehr
wieder Eingang in den Kreisen der gesetzestreuen deutschen Judenheit. Auch
in unserer Gemeinde hatten wir die Freude, der Einweihung einer Torarolle
beizuwohnen, und zwar im Hause des allverehrten Herrn Fritz Hirsch, wo
sich zur Feier eine große Zahl von Freunden und Bekannten von Nah und
Fern eingefunden hatte. In einer sehr herzlich gehaltenen Ansprache
begrüßte der Hausherr die Gäste und brachte ihnen seinen Dank zum
Ausdruck für die ihm durch ihr Erscheinen erwiesenen Ehre. Auch sein
Schwiegervater, Herr Kaufmann, hieß die Erschienenen willkommen, und wies
in seinen weiteren Ausführungen auf zwei Fundamentalgesetze der Tora
hin, deren genaue Erfüllung an den wahren Juden große Anspruche stellen.
Von den geladenen Gästen sprachen u.a. Herr Rabbiner J. Korn aus
Frankfurt am Main, der in seiner groß angelegten Predigt das Ende
der Tora mit deren Anfang verband und die hier wie dort enthaltenen
Pflichten von Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit
unterstrich und Herr Studienrat Dr. Levi, Mannheim, der mit seinen
schönen Tora-Worten allgemeinen Beifall
fand." |
80. Geburtstag der langjährigen Gemeindevorstehers Julius Kaufmann (1930)
Anmerkung: Julius Kaufmann II ist am 2. September 1850 in Ladenburg
geboren, wo er als Kaufmann tätig war (Hauptstraße 26). Er war verheiratet mit
Thekla geb. Lindauer (Kinder: Emma, Eugenia, Frieda, Gudella/Ella). Er starb am
2. Oktober 1934 in Ladenburg und wurde im jüdischen Friedhof
ebd. beigesetzt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1930: "Ladenburg,
7. September (1930). Am 2. September feierte Herr Julius Kaufmann
seinen 80. Geburtstag. Wer Zeuge all der Liebe und Verehrung war, die dem
Jubilar an diesem Tage von Verwandten, Freunden, Anstalten und Vereinen
entgegengebracht wurden, kann ermessen, auf ein wie reiches Leben der
verehrte Jubilar zurückblicken kann. In einer dem überlieferten Judentum
entfremdeten Gemeinde hatte er jahrzehntelang mit dem Einsatz seiner
ganzen Kraft um die Anerkennung der Tora und ihrer Forderungen zu kämpfen,
und wenn diese Gemeinde heute unter den Kleingemeinden Deutschlands einen
ehrenvollen Rang einnimmt, wenn heute sich täglich morgens und abends ein
Minjan zum Gemeindegebet zusammenfindet, so ist dies in
allererster Linie den unermüdlichen Bemühungen des verehrten Jubilars zu
danken, der noch heute als Synagogenratsvorsitzender seiner Gemeinde
vorsteht und noch heute in jugendliche Kraft und pünktlicher
Gewissenhaftigkeit zu den zehn ersten im Gotteshause zählt. Seine
flammende Begeisterung für alles Jüdische aber schöpfte und schöpft er
aus den Schriften S. R. Hirschs - das Andenken an den
Gerechten ist zum
Segen das Andenken an den
Gerechten ist zum
Segen - und Rabbiner Dr. M. Lehmanns - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen -, aus ihnen holte er sich Mut im Lebenskampf,
aus ihnen gestaltete er seine kraftvolle jüdische Persönlichkeit. In
diesem Geiste gelang es ihm auch, vereint mit einer treuen
Lebensgefährtin seine Kinder Kinder zu ebensolchen aufrechten und
opferbereiten Jehudim zu erziehen. Der materielle Wohlstand, den
Gottes segnende Hand ihm gewährte, bedeutete ihm stets
verantwortungsvolle Verpflichtung zu strengster Redlichkeit in Handel und
Wandel, zu freigiebiger Unterstützung aller Hilfesuchenden und zu
weitherziger Förderung aller Anstalten und Institutionen, die sich an ihn
wandten. Für alle zeige er noch heute ein warmes und verständnisvolles
Herz.
Möge Gott dem Jubilar noch recht lange seinem Hause, das fest
gegründet ist auf Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit erhalten,
seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln als leuchtendes Vorbild. (Alles Gute) bis
120." |
Geburtsanzeige von Jacob-Simon Hirsch (1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19.
Juni 1930: "Gott sei gepriesen. Jacob Simon.
Die - Gott sei Dank - glückliche Geburt eines kräftigen Jungen
zeigen in dankbarer Freude an
Fritz Hirsch und Frau Selma geb. Kaufmann.
Ladenburg, 13. Juni 1930. Erew Schabbat Kodesch Behaalotecha".
|
Zum Tod von Thekla Kaufmann geb. Lindauer (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1934:
"Ladenburg, 23. April (1934). Ein unübersehbarer Leichenzug
bewegte sich Montag durch die Straßen unseres Städtchens, um Frau
Thekla Kaufmann II geb. Lindauer die letzte Ehre zu erweisen. Noch am
Morgen nach dem Sabbatgottesdienst froh im Kreise ihrer Lieben weilend, wo
man immer die Sabbatpsalmen sprach, ist sie aus einem kurzen Schlummer
hinübergegangen in die Ewigkeit. Was sie in den 53 Jahren ihrer Ehe mit
ihrem verehrten Gatten Julius Kaufmann II für das Judentum geschaffen,
wie sie Gutes säte und Tränen trocknete, das zog augenfällig an uns
vorüber in den zahlreichen Leidtragenden aus allen Bekenntnissen, das
fand Widerhall in den anerkennenden Worten der Gedenkreden. Rabbiner
Dr. Pinkus, Heidelberg, pries die große Frömmigkeit der
Entschlafenen, ihren milden Sinn und rühmte den großen, erzieherischen
Einfluss, den sie über ihr Haus hinaus auf weite Kreise ausübte. Lehrer
Goldstein, Baisingen, ein
entfernter Verwandter, war herbeigeeilt, um der Heimgegangenen die letzten
Grüße der Familie zu überbringen. Ihre Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Zum Tod des Gemeindevorstehers Julius Kaufmann (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Oktober 1934: "Ladenburg
a.N., 15. Oktober (1934). Kaum war die Festesfreude verklungen,
hauchte am Ausgang des Mozaei Jom Tof (am Ausgang des Feiertages
Simchat Tora, d.i. am Abend des 2. Oktober 1934) Julius Kaufmann seine
reine Seele aus. So ist er im patriarchalischen Alter von 84 Jahren seiner
vor fünf Monaten heimgegangenen Gattin - sie ruhe in Frieden - in
die Ewigkeit gefolgt.
'Die sich lieben und sich hold sind in ihrem Leben - auch in ihrem Tod
sind sine nicht getrennt' (2. Samuel 1.23).
Julius Kaufmann war der Seniorchef der weitbekannten Firma Gebrüder
Kaufmann, einer der Männer der Wahrheit, wie sie leider immer
seltener werden und besonders in den Landgemeinden kaum mehr zu finden
sind. Einem frommen Hause entstammend, erzog er mit seiner gleichgesinnten
Gattin seine Kinder in echt jüdischem Geiste, die auch alle in diesem
Sinne ihre Häuser gründeten, sodass die heranwachsenden Enkelkinder zu
den schönsten Hoffnungen berechtigen. Über fünf Jahrzehnte bekleidete
er das ehrenvolle Amt des ersten Vorstehers, immer eifrig bestrebt, das
Wohl der hiesigen Kehillo (Gemeinde) zu fördern und deren
Institutionen in großzügiger Weise zu erhalten. In erster Linie ist es
ihm zu verdanken, dass das tägliche Minjan (Gottesdienst mit der
dazu nötigen Zahl von 10 Männern) regelmäßig stattfindet. Die höchste
aller Pflichten erblickte er in der Wohltätigkeit, denn in
vorbildlich vornehmer Art übte er Gerechtigkeit. Ob es galt,
Vereine, Talmudschulen oder Krankenhäuser zu unterstützen, Armen,
Witwen und Waisen zu helfen, überall spendete er mit vollen Händen. Die
Liebe und Wertschätzung dieses edlen Mannes zeigte sich so recht bei der
Beerdigung, die einen Tag nach ... stattfand und dadurch jede Trauerrede
unterbleiben musste. Möge das Verdienst des teuren Heimgegangenen
seinen Kindern und Kindeskindern beistehen. Seine Seele sei eingebunden
in den Bund des Lebens." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1934:
"Statt Karten.
Für die vielen Beweise aufrichtiger Teilnahme beim Heimgang unseres
geliebten Vaters
Herrn Julius Kaufmann II - das Gedenken an den Gerechten ist zum
Segen -
danken wir herzlichst. Die Hinterbliebenen: Ladenburg, im
(Monat) Tischri 5695". |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. November 1934: "Ladenburg,
30. Oktober (1934). am Sonntag, den 28. Oktober fand in den würdig
ausgestatteten Räumen der Fa. Gebrüder Kaufmann, Ladenburg eine
eindrucksvolle, stark besuchte Trauerfeier für den heimgegangenen Herrn
Julius Kaufmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
statt. Nach dem Mincha-Gebet würdigte Herr Rabbiner Mayer, Frankfurt am
Main in einer großangelegten Gedenkrede den
Entschlafenen.
Im Anschluss an ein Midrasch-Wort über die Lebenserfolge Awrohoms,
zeichnete er das Lebensbild des Heimgegangenen von drei Gesichtspunkten
aus: der jüdisch-harmonischen Persönlichkeit, die sich an Rabbiner
Hirsch orientierte, überbrachte er die letzten Grüße der
Rabbiner-Hirsch-Gesellschaft. Dem mutigen Kämpfer gegen die Reform, der
aus der Synagoge, in der sogar einst eine Mädchenkonfirmation durch einen
nichtjüdischen Geistlichen vorgenommen wurde, die Orgel entfernt hatte,
die Scheidegrüße der Freien Vereinigung und dem vorbildlichen Baal
Zedokoh (Wohltäter), der von seinem reichen Überflüsse nicht nur das
Masser, sondern weit mehr, Jeschiwaus und insbesondere Erz Jisroel
zukommen ließ, den Dank der Palästinazentrale der Agudas Jisroel. Dabei
erwähnte der Redner die Verdienste der vor einigen Monaten verschiedenen
Gattin - sie ruhe in Frieden -, die es ermöglichte, ein
derartiges, von jüdischer Pflichterfüllung durchtränktes Leben zu
führen, das er als heiliges Vermächtnis seinen Kindern und Enkeln, wie
auch seiner Gemeinde, in der der Heimgegangene jahrzehntelang als Vorstand
gewirkt hatte, dringendst ans Herz legte. Für den Oberrat der Israeliten
von Baden sprach hiernach Herr Rechtsanwalt Dr. Pfälzer, Weinheim. Namens
der gesetzestreuen Juden Badens gab Herr Prof. Darmstädter, Mannheim,
eine eingehende Schilderung der dem Heimgegangenen eigenen Art der
jüdischen Pflichterfüllung, insbesondere da, wo es galt, Gemillas Chesed
(Wohltätigkeit) zu üben.
Im Auftrage der Gemeinde Ladenburg sprach dann Herr Lehrer Rosenfelder von
den Verdiensten, die der Verstorbene sich um alle Institutionen der
Gemeinde erworben hatte. - Nach dem Omer-Gebet beschloss Tefillat
Maariw die eindrucksvolle Gedächtnisstunde." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1934: "Oslo,
20. Oktober (1934). Auf Julius Kaufmann - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen - in Ladenburg geht uns noch von
Rabbiner Samuel in Oslo folgender Nachruf zu:
Über die Grenzen Deutschlands hinaus trifft uns die Kunde vom Heimgang
eines Freundes. Ein Patriarch, der im Leben stets nach der innigsten
Verbindung mit Gott gestrebt hat, ist in diese Verbindung eingegangen.
Für den Schreiber dieser Zeilen bedeutet eine zehnjährige Bekanntschaft
mit Julius Kaufmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
und den Seinen einen hohen seelischen Wertzuwachs. Von der Geisteswelt
Samson Raphael Hirschs - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
mit gewaltiger Wucht gepackt, begann Julius Kaufmann sehr früh, ein Leben
zu formen, in dem er die Welt der 'Chaurew' restlos und minutiös zu
verwirklichen suchte. Wer könnte je einen 'Freitagabend' in dem
wirtlichen Hause des Heimgegangenen vergessen, oder die Thillimstunde am
Sabbat-Vormittag, wer konnte dabei sein, ohne den Patriarchen im Kreise
der Kinder und Enkel zu bewundern und zu verehren. Als der Schreiber
dieser Zeilen vor kurzer Zeit das berühmte Gedicht Bialiks übertrag, das
von dem einsamen Juden im Städtchen erzählt, der aufsteht zum Tikkun
Chazzot (Mitternachtstikkun*), da war es kein Städtchen des Ostens,
in das mich meine Gedanken entführten, sondern Ladenburg, wo ich einen,
vielleicht den einzigen deutschen Juden kannte, der diese innige Sitte
noch im später Alter mit Hingebung übte. - Der äußere Ablauf dieses
Lebens war sehr glücklich und von Gott in jeder Hinsicht gesegnet. Doch
es war auch damit ausgefüllt, Segen des Judentums in die Familie zu
tragen und in die Gemeinde, die er nach seinem Beispiel formte und
sorgfältigst mit allen jüdischen Institutionen zu einer Mustergemeinde
gestaltete. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
Zum Tikkun und Mitternachtstikkun vgl. Infos
auf Website. |
Zum Tod des Gemeindevorstehers Eugen Levy (1937)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1937:
"Plötzlich und unerwartet ist mein lieber Gatte, unser geliebter
Vater, Bruder, Schwager, Onkel und Neffe
Herr Eugen Levy
im Alter von 50 Jahren sanft entschlaffen. Im Namen der trauernden
Hinterblieben Elly Levy geb. Kaufmann und Kinder.
Ladenburg, den 17. August 1937 - 10. Elul 5697". |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1937:
"Ladenburg, 30. August (1937). Am 17. August wurde unsere
Kehillo (Gemeinde) unerwartet in tiefe Trauer versetzt. Der Vorsteher
unserer Gemeinde, Eugen Levy, starb während des Minchagottesdienstes in
der Synagoge im fünfzigsten Lebensjahr. Er war wie sein Vorgänger und
Schwiegervater, Herr Julius Kaufmann - er ruhe in Frieden -, mit
seltener treuer Hingabe und Friedensliebe im Dienste seiner Kehillo
tätig. An den Jomim Nauroim (= 'ehrfurchtgebietende Tage' - zu den hohen
Feiertagen im Herbst) versah er das Amt des Hilfsvorbeters mit tiefer
Andacht und wohlklingender Stimme. Mit Frau und fünf Kindern trauert die
ganze Gemeinde. Mit dem ganzen Einsatz seiner Persönlichkeit wirkte er an
den vielseitigen Interessen des Hauses und war dem Teilhaber und den
Mitarbeitern ein wohlwollender Förderer.
Eine überaus große Menschenmenge gab dem Verblichenen am Donnerstag, am
Tag der Beerdigung, das Geleite zum Bet Olam (Friedhof). Herr Lehrer Rosenfelder
brachte die Größe des Verlustes und die Wertschätzung des
Dahingeschiedenen sowie den Dank der Gemeinde zum Ausdruck. Möge Gott
segnend herabschauen auf die schmerzerfüllten Gemüter der
Hinterbliebenen und ihnen Kraft und Zuversicht geben im steten Gedenken
und Nacheifern des leuchtenden Vorbildes, das nun für immer von ihnen
gegangen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Moritz Hauser und Karoline Hauser geb. Reis
(1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. November 1934: "Ladenburg, 3. November (1934). Kaum waren die Schloschim
(30 Trauertage) für unseren Julius Kaufmann II zu Ende, da führte der
Weg unsere Gemeinde schon wieder, und diesmal zweimal kurz hintereinander,
zum Friedhof. Am 21. Marscheschwan starb unter ältester Familienvorsteher,
Herr Moritz Hauser, im 85 Lebensjahre, und am 26. Marcheschwan
folgte ihm die Lebensgefährtin, Frau Karoline Hauser geb. Reis im
76. Lebensjahre in die Ewigkeit nach. Das einzige Kind, ihr Sohn, fiel
1914, und in der Todesanzeige des Vaters stand der Satz: 'Mein einziger
Sohn fiel als erster Ladenburger für Deutschland.' Beide ruhen nun
nebeneinander. Wieder ist die Gemeinde um zwei brave und gute Menschen
ärmer geworden, und ihre Angehörigen und Freunde nehmen Abschied von
ihnen im Bewusstsein: die sich geliebt haben im Leben sind auch im Tod
nicht geschieden. Ihre Seelen seien eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Sonstiges
Verhandlung gegen den antisemitischen Professor Dr.
Sevin von Ladenburg (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1891: "Mannheim,
20. August (1891). Vor der hiesigen Strafkammer wurde heute gegen den
antisemitischen Professor a.D. Dr. Sevin von Ladenburg wegen Wuchers
verhandelt. Das Gericht erkannte aus kostenlose Freisprechung, da die
Beweisaufnahme gegen Sevin keine genügenden Schuldmomente ergab." |
Parteiversammlung der nationalliberalen Partei (1893)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1893: "Ladenburg
bei Mannheim. Dieser Tage fand dahier eine sehr große Parteiversammlung
der nationalliberalen Partei statt, in welcher Rechtsanwalt Dr. Bassermann
von Mannheim sein Programm entwickelte. Wir heben aus seiner eingehenden
Rede auch den Satz hervor, dass er für energische Bekämpfung des
Antisemitismus eintrete. Wie ist es schade, dass die Nationalliberalen
nicht schon früher so energisch in dieser Materie Farbe bekannt
haben." |
Gedicht "Verhülltes Jahr" von Karl Darmstädter
(1924)
Anmerkung: Karl Darmstädter (geb. 1892 in Birkenau) lebte seit 1897
in Ladenburg, 1919-1923 in Mannheim und 1923 bis 1927 wieder in Ladenburg. Er
war Oberlehrer für Deutsch an der Realschule, Professor; später Mitglied der
Repräsentantenversammlung der jüdischen Gemeinde Mannheim und Mitglied der
Oberrats der Israeliten Badens, noch vor den Deportationen emigriert, gestorben
am 24. Juli 1984 in den USA.
vgl. unten Anzeige von Lehramtsassessor Karl Darmstädter von 1928.
Aus
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. September 1924:
"Verhülltes Jahr. Von Karl Darmstädter in Ladenburg.
Du Jahr kommst unsichtbar, wie Gott, gehangen,
Du weckst in mir ein unruhiges Verlangen,
Dich zu durchdringen und dich einzufangen
In Bildern, wie wir sie von Ihm gebrauchen,
Wenn wir gar kindlich in sein Wesen tauchen,
Wenn wir - o sündhaft Spiel - im Spiegel von Gestalten
Es wagen würden, Gott selbst festzuhalten.
Du bist die Nacht, die jede Schau beendet,
Du bist das grelle Licht, das mich jäh blendet,
Du bist der Berg, zu dem die Kühnen steigen,
Du bist das Tal, vor dem sich Greise neigen.
Du bist das Meer der unbekannten Klippen,
Du bist so stumm, wie jene stimmen Lippen
Fremder Gesichter, die mir oft begegnen
Im dichtesten Gewühl und im entlegenen
Gebirg, wo Wanderer, Vogelruf und Wind
Zu jeder Stunde die Begleiter sind.
Dich messen, hieße sagen: Ach, ein Flug,
Der einer Schwalbe flüchtigen Schatten trug...
So warst du gestern, heute bist du groß,
Verschleiert Bild, unendlich, grenzenlos ...
Sehr nahe bist Du! Schon ertönt der Ruf
Des Horns, das Gott einst dem Ahnen schuf...
Wohlan! Ich schreite hin zu meinem Dienst
Wenn du dein dunkles Rätselwerk beginnst.
Und wenn Dein Herold an der Pforte steht,
Umhüllt mich Schauern, Stille und Gebet." |
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Nach der
Auswanderung in
Washington (1941) |
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Karte vom
3. Juli 1941, geschickt an Prof. Karl Darmstädter in Washington D.C. USA
von Rabbiner Julius Greilsheimer
(1924 bis 1939 in Mosbach), der mit
seiner Familie nach Amsterdam ausgewandert war, jedoch von dort über das
KZ Westerbork
nach Auschwitz deportiert wurde; die ganze Familie wurde ermordet.
(Quelle: Karl D.
Darmstaedter Collection im Leo Baeck Institut New York; hier
zahlreiche weitere Dokumente aus der Ladenburger Zeit) |
Über "Ein altes handschriftliches
Siphre-Fragment in Ladenburg a.N." von Karl Darmstädter (Artikel von 1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. November 1926:
"Ein altes handschriftliches Siphre-Fragment in Ladenburg am Neckar.
Von Karl Darmstädter in Ladenburg. Die alte Römerstadt am Neckar, die
wohl schon bald nach dem Jahre 1000 jüdische Einwohner in ihren Mauern
gesehen hat, weiß uns von deren Schicksalen nicht mehr allzu viel zu
erzählen. Die Brände des 30jährigen Krieges haben Wertvollstes in Asche
verwandelt. Umso überraschender ist es, wenn ein Zufall dazu führt, ein
Zeugnis der Vergangenheit zu finden, das inmitten verstaubter Akten einen
Dornröschenschlaf geführt hat. Da suchte der Schreiber dieser Zeilen,
beschäftigt mit lokalgeschichtlichen Gemeindeforschungen, in
Grundbuchakten im Rathause in Ladenburg, als plötzlich sein Blick auf
zwei Bände fiel, die in Pergament mit hebräischen Schriftzeichen
gebunden waren. Es gelang, von der Stadtverwaltung die Erlaubnis zu
erhalten, die Einbände loszulösen und sie in den Besitz der
israelitischen Gemeinde überzuführen.
Zunächst schien es, als sei nur die eine Seite, die Außenseite der
beiden Einbände beschrieben. Aber dann bestätigte sich doch die
Vermutung, dass auch die Innenseite unter übergeklebtem, bedrucktem
Papier in gleicher Weise beschrieben war. Nachdem nun von den beiden
Bänden ('Erneuerung des Rats-Almosens 1624') die Einbanddeckel losgelöst
und das überklebte Papier sorgfältig mit einem Schwamm abgezogen war,
lagen zwei beiderseitig beschriebene Pergamentblätter vor. Jedes ist 34
cm breit, 38 cm hoch und zeigt einen unteren Rand von 10 cm, einen rechten
von 8 und einen linken von 8 cm. Ein oberer Rand ist nicht mehr vorhanden;
der Text ist da durchgeschnitten, so wie der Buchbinder der Ladenburger
Rechtsprotokolle eben die Blätter handwerksmäßig zurechtpräparierte.
Jede Seite enthält 3 Kolumnen zu je 35 /5 cm breiten) Zeilen, sodass wir
also im ganzen 420 Zeilen Text vor uns haben. Es scheint recht viel zu
sein, aber leider ist es doch nur ein winzig kleines Fragment, wenn wir
wissen, was es ist.
Die ersten Einblicke wiesen auf Reste eines frühen Raschikommentars zu Parschath
Ha'afinu hin. Nachdem jedoch Herr Rabbiner Dr. Lauer in Mannheim,
dessen freundlichen Erläuterungen ich Wesentliches von diesen
Ausführungen verdanke, Gelegenheit genommen hatte, den Text genau zu
prüfen, ergab sich für ihn die Tatsache, dass wir es bei dem Ladenburger
Fund mit einem interessanten Siphre-Fragment zu tun haben, und zwar zu
Deuteronomium Kap. 32ff. - d.h. mit einem handschriftlichen Fragment
jenes, 'Siphre' genannten, halachischen und hagadischen Kommentars zu den
letzten beiden Büchern des Pentateuch. (Es ist eine Midrasch Tenaim). Die
Schrift zeigt die Form der hebräischen Quadratschrift, mit Ausnahme des
Aleph, das in der sog. Raschischrift gehalten ist. Die Schriftzeichen sind
kalligraphisch-kunstvoll geschrieben, auf der Seite, die den äußeren
Bucheinband bildete, naturgemäß verblasster als auf der vor
Beschädigung bewahrten Innenseite. Nach der Charakteristik der Schrift
und nach dem Pergament zu urteilen, würde man, nach Ansicht Rabbiner Dr.
Lauers, nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass die Handschrift aus dem
12. jahrhundert stammt. Vielleicht ist das ganze bei den gar zu häufigen
Verfolgungen einem Plünderer in die Hände gefallen und später, wohl in
einer Zeit, als kein Jude |
in
Ladenburg wohnen durfte, zu verschiedenen profanen Zwecken verwendet
worden.
Da wir sehr wenige Siphre-Handschriften besitzen, so ist - trotz ihres
fragmentarischen Charakters - auch die Ladenburger Siphre-Handschrift
wertvoll, schon wegen der Varianten und Textverschiedenheiten, wie sie
sich bei einem Vergleich des vorliegenden Fragments mit den gedruckten
Ausgaben (Siphre, ed. Friedmann, Wien 1864, idem ed. Horowitz, Leipzig
1917, angegeben bei Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes III,
Bibliographie zu § 40, S. 581) ergeben. Der eben genannte Dubnow Bd. III
enthält auf S. 276f einige kurze Proben aus den 'halachischen Midraschim',
zu denen unser Fragmentfund gehört.
Der Textschreiber hat uns auf diesen Blättern nichts hinterlassen, was
eine Andeutung für seine Person geben könnte. Am unteren Ende der
Textreihe bzw. des Blattes, mit dem unser Fragment zu Ende ist, ist ein
Greif gezeichnet. Vielleicht ist dies irgendeine Anspielung, vielleicht
weist es, da die Zeichnung unmittelbar unter dem vorweggenommenen ersten
Wort des folgenden Blattes steht ('schebjodcho'), darauf hin, dass das
Blatt nunmehr umzuwenden sei. Jedenfalls - unser Fund bricht mit diesen 'schebjodcho'
ab, und wir wollen dem glücklichen Zufall wenigstens dafür dankbar sein,
dass er dem literarisch, geschichtlich und altertumskundlich
interessierten jüdischen Forscher die zwei Pergamentblätter mit dem Ladenburger
Siphre-Text 'in die Hand' gegeben und sie damit jener Vernichtung
entrissen hat, der vor Jahrhunderten - ach, wie viele - wertvolle
Handschriften zum Opfer gefallen sind." |
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Manufakturwaren- und Möbelgeschäftes
Gebrüder Kaufmann (1898 / 1901 / 1903 / 1904 / 1915)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1898: "Manufakturist.
Gegen hohes Salair tüchtiger Verkäufer, ferner tüchtiger Buchhalter
gesucht. Schabbat und Feiertag geschlossen.
Gebrüder
Kaufmann, Ladenburg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1901:
"Manufakturist. Tüchtiger Verkäufer per 1. Januar
gegen hohen Salair gesucht. Detailreisender bevorzug. Schabbat und
Feiertag geschlossen.
Gebr. Kaufmann, Ladenburg am
Neckar." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Mai 1903: "Für unser Möbel- und Bettengeschäft
in Weinheim suchen per sofort
tüchtigen, branchekundigen
Geschäftsführer.
Offerten sind Zeugnisabschriften und Gehaltsanspruch beizufügen. Samstage
und Feiertage geschlossen.
Gebr. Kaufmann, Ladenburg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1904:
"Suchen per bald, eventuell später Manufakturist, tüchtigen
Verkäufer und Detailreisender (Israelit). Offerten mit Gehaltsansprüchen
und Zeugnisabschriften an
Gebr. Kaufmann, Ladenburg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juli 1915: "Buchhalter,
militärfrei, für unser Manufakturwaren- und Möbelgeschäft gesucht.
Schabbat und Feiertag geschlossen. Branchekundige bevorzugt.
Gebr. Kaufmann, Ladenburg." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1915: "Manufakturist.
Tüchtiger Detailreisender gesucht. Schabbat und Feiertag
geschlossen.
Gebr. Kaufmann. Ladenburg." |
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Weiteres
Dokument zur Firma Gebr. Kaufmann
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries; Anmerkungen
auf Grund der Rercherchen von P. K.
Müller) |
Postkarte
an die Firma Gebr. Kaufmann
aus Bronnweiler (Reutlingen, 1899) |
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Die Postkarte wurde am 6. November 1899 von der
Mechanischen Buntweberei Bronnweiler an die Gebrüder Kaufmann in Ladenburg geschickt. Die Gebrüder
Kaufmann betrieben ein Manufakturwaren- und Möbelgeschäft. Julius
Kaufmann (geb. 2. September 1850 in Ladenburg) war Seniorchef der Firma
Gebr. Kaufmann und - wie aus anderen Berichten dieser Seite hervorgeht - ein überaus aktives Mitglied der
jüdischen Gemeinde Ladenburgs. In verschiedenen Anzeigen zu Jubiläen seiner ehrenamtlichen
Tätigkeiten und Geburtstage finden sich zahlreiche Hinweise zu seinem über Jahrzehnte währenden
Engagements für die Gemeinde (siehe oben). Julius Kaufmann war verheiratet mit Thekla
Kaufmann geb. Lindauer. Das Paar hatte drei Kinder Emma; Eugenia, Frieda,
Gudella/Ella. Julius Kaufmann starb am 2. Oktober 1934 im Alter von 84 Jahren
(siehe Bericht oben). Fünf Monate vorher war seine Frau Thekla am 23. April 1934
gestorben (siehe Bericht oben). Beide wurden im jüdischen
Friedhof in Ladenburg beigesetzt.
Absender der Karte war die Mechanische Buntweberei Bronnweiler,
unterschrieben mit "Bernheim & Cie ". Gründer der Mechanischen Buntweberei Bronnweiler war 1874 Rudolf Bernheim. Die Söhne Adolph, Heinrich und Sigmund wurden später Teilhaber der Firma.
1930 wechselte Adolf Bernheim mit Familie seinen Wohnsitz von Bronnweiler nach Tübingen in die Staufenbergstraße. 1938 gab es keine Zukunft mehr für die Firma.
Auch das Wohnhaus in der Stauffenbergstraße wurde verkauft. 1939 gelang der Familie nach vielen Schikanen noch die Auswanderung in die USA. Heinrich Bernheim
emigrierte 1939 nach England. Sigmund gelang der Absprung noch 1941 nach Argentinien.
Quelle: Die Tübinger Juden, Lili Zapf, Katzmann-Verlag Tübingen, 2. Auflage 1978, Seite 126.
www.tuebingen.de/19/142/259.html;
www.tuebingen.de/147/434/437.html;
www.stolpersteine-stuttgart.de/index.php?docid=796;
www.zeichen-der-erinnerung.org/n5_1_bernheim.htm |
Verlobungsanzeige von Hilde Jakobsohn und Karl
Darmstädter (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1922: "Statt
Karten - Gott sei gepriesen -
Hilde Jakobsohn und Karl Darmstädter grüßen als Verlobte.
Neckarbischofsheim /
Frankfurt am Main - Ladenburg am Neckar.
2. Halbfeiertag von Sukkot 5683 (= 10. Oktober 1922) |
Anzeige von Lehramtsassessor Karl Darmstädter (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März 1926: "Schüler,
die 6-klassige Realschule (Knaben und Mädchen) besuchen sollen, finden
gegen mäßigen Preis gute
Aufnahme
und sachgemäße Beaufsichtigung in streng religiösem Haus.
Karl Darmstädter
Lehramtassessor
Ladenburg am Neckar." |
Anzeige von Eugen Levy (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928:
"Gesucht für 15. Oktober
für streng rituellen Haushalt ein tüchtiges, gesundes und
kinderliebes
Mädchen,
das perfekt kochen kann, nicht unter 20 Jahren, mit Familien-Anschluss.
Zweitmädchen vorhanden. Offerten mit Gehaltsansprüchen, Referenzen und
Bild erbeten an
Eugen Levy, Ladenburg (Baden)." |
Hochzeitsanzeige von Alfred Krell und
Anna geb. Kapustin (1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1931: "Gott
sei gepriesen.
Alfred Krell - Anna Krell geb. Kapustin.
Vermählte.
Sinsheim (Elsenz)
Wilhelmstraße 88 - Ladenburg a.N.
Sonntag, 1. Februar 1931 - 14. Schewat 5691. Trauung: so Gott will,
1 Uhr, August-Lamey-Loge. Mannheim C 4.12". |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Das früheste Zeugnis einer Synagoge
in Ladenburg stammt aus dem 14. Jahrhunderts. Nach der Ausweisung der Juden aus
der Kurpfalz 1391 wurde beurkundet, dass das Haus des Ladenburger Juden Mocke
und die auf demselben Grundstück befindliche "Judenschule" von Kurfürst
Ruprecht II. an einen nichtjüdischen Einwohner der Stadt veräußert wurde.
Tatsächlich finden sich noch heute auf dem mit der damaligen Urkunde gemeinten
Grundstück des Wohnhauses Metzgergasse 5 bauliche Reste der um 1300 erbauten
Synagoge. Erhalten sind ein Maßwerkbiforium nach Osten und ein kleines Maßwerkfenster
nach Norden.
Seit dem späten 17. Jahrhundert benutzte die Gemeinde
einen Raum im Stick’schen Haus, einem Renaissancebau gegenüber der
Gallus-Kirche (Kirchenstrasse 45, heute Gasthaus "Zur Sackpfeife") als
Bet- und Versammlungssaal. Etwa ab 1715 hatte die Gemeinde einen Raum im
Haus des Moyses Levi und seiner Frau als Betsaal gemietet. Um 1756 hab es
zwischen Levi und der Gemeinde einen Streit um den Mietzins und um bauliche Veränderungen.
Schon damals überlegte man sich, eine Synagoge zu bauen, entschloss sich dann
aber doch, zunächst die bisherige Praxis eines gemieteten Betsaales
beizubehalten. In den 1820er-Jahren wurden das Vorhaben zum Neubau einer
Synagoge konkreter. 1828 liest man von der Publikation einer in Ladenburg
gehaltenen Rede von Rabbiner Jakob Aron Ettlinger (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Ettlinger), deren Erlös zum Bau
einer neuen Synagoge in Ladenburg bestimmt war.
Publikation einer in Ladenburg
gehaltenen Rede von Bezirksrabbiner Jakob Aron Ettlinger (1828)
Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 31. Dezember 1828: "Literarische Anzeige. In
der D. R. Marxschen Buch- und Kunsthandlung ist für 12 kr. zu haben:
Rede, gehalten zur hundertjährigen Gedächtnisfeier der Geburt Seiner
Königlichen Hoheit des höchstseligen Großherzogs Karl Friedrich von
Baden in der Bezirkssynagoge zu Ladenburg den 23. November 1828 von Jakob
Aron Ettlinger, Klausprimator, Konferenz- und Bezirksrabbiner.
Der Erlös ist zum Bau der dortigen Synagoge bestimmt."
|
Bereits damals (1828) oder wenig später wird die Gemeinde ein Haus zur
Einrichtung eines Betsaales erworben oder gemietet zu haben, sonst hätte vor
dem Bau der neuen Synagoge nicht am 29. März 1832 das alte Synagogengebäude
versteigert werden können. Mit dem Erlös wollte man einen Teil der Kosten der
neuen Synagoge bestreiten. Es ist freilich unklar, um welches Gebäude es sich
bei der alten Synagoge gehandelt hat, nach den bei Jürgen Zieher
(s.Lit.) gemachten Angaben wurde das oben genannte Gebäude Kirchenstrasse 45
bis 1832 als Synagoge genutzt.
Am 23. Mai 1832 wandten sich die damaligen Vertreter der jüdischen
Gemeinde Ladenburg (Gustav Rosenthal, J. Weisel und Samuel Kallmann) um
finanzielle Unterstützung des Synagogenneubaus an den Großherzog. Noch
bevor die Antwort eingegangen war, richtete der Synagogenratsvorstand Gustav
Rosenthal am 11. Juni 1832 ein Gesuch auf Genehmigung zur Aufnahme eines
Kapitals von 2.000 Gulden für den Kauf oder Neubau einer Synagoge samt
Schulhaus an die zuständige Behörde, die dies wenige Tage später erlaubte.
Vom großherzoglichen Innenministerium kam Anfang August die Rückmeldung, dass
man den Synagogenneubau nicht unterstützen könne. Vermutlich war man der
Ansicht, dass die Gemeinde im Vergleich zu anderen jüdischen Gemeinden
ausreichendes Vermögen besaß, um den Bau selbst zu finanzieren. Tatsächlich
konnte die jüdische Gemeinde kurz darauf das Sellner’sche Haus in der
Hauptstraße 46 erwerben und dieses zu einem jüdischen Schulhaus mit Schule,
Lehrerwohnung und Mikwe umbauen. Unmittelbar angebaut wurde als Hintergebäude
zur Hauptstraße 46 eine Synagoge im neugotischen Stil, deren Spitzbogenfenster
deswegen auffielen, weil dieser Stil für Synagogen im 19./20. Jahrhundert selten
verwendet wurde. Die feierliche Einweihung der neuen Synagoge fand am 23.
November 1832 statt.
Zum Bau und zur Einweihung der neuen Synagoge (1833)
Artikel
in der "Karlsruher Zeitung" vom 15. Januar 1833: "Ladenburg, 3.
Januar (1833). Die bisherige in einem Privathause gelegene Synagoge war für
die vermehrte israelitische Gemeinde dahier zu klein; dies veranlasste die
Gemeinde, ein neues, geräumiges, den Forderungen des jetzigen Geschmacks,
und der vorangeschrittenen Bildung genügendes Gotteshaus zu erbauen. Außer
dem jedes der 23 Gemeindeglieder treffenden Beitrage, brachten die
Wohlhabenden noch reichliche Opfer, um zur Erbauung des neuen Gotteshauses
die Mittel herbeizuschaffen.
Schnell ging der Bau vorwärts, und schon am 23. November vorigen Jahres, am
Tage des im Jahre 1828 gefeierten hundertjährigen Geburtsfestes des nun in
Gott ruhenden Großherzogs Karl Friederich königl. Hoheit gestifteten
Vereins, konnte zur Tempelweihe geschritten werden. Um dem Feste anzuwohnen
kamen von nahe und ferne Israeliten, welche bei ihren hiesigen
Glaubensgenossen gastfreundliche Aufnahme fanden. - Groß war der Andrang,
als sich von der bisherigen Synagoge, wo den letzten Gottesdienst zu feiern
die Gemeinde sich versammelt hatte, der Zug feierlich-ernst sich in Bewegung
setzte. - Angekommen an dem neuen Tempel hielt der Zug, und der Vorsteher
öffnete dann die Pforte, durch welche, unter Aufführung einer Ouvertüre
durch die hiesigen Musikliebhaber, der Zug einzog. Bald darauf kamen auch
die zur Feierlichkeiten geladenen geistlichen Behörden, der Gemeinderat und
andere Bürger. - Die Feier begann mit Absingung deutscher Gesänge unter
Begleitung der Musik. Dann folgte Gebet und die Einweihungsrede, gehalten
von dem Klausprimator, Konferenz- und Bezirksrabbiner Herrn T. Ettlinger aus
Mannheim. Dieser würdige Mann, sowie der würdige Herr Rehfus (sc. Dr.
Carl Rehfuß, vgl. nächster Text), Prediger und
Oberlehrer zu Heidelberg, welcher eine gehaltvolle Rede beim
Morgengottesdienste hielt, drückten in ihren der Feier angemessenen Reden
die Deutung derselben aus.
In herzlichen Worten belobte hierauf der würdige Bezirksamtmann, Herr
Pfeifer, den Eifer, welchen die Gemeinde bei Erbauung des Tempels gezeigt,
ermunterte zu weisem Fortschreiten, und erinnerte an den Segen einer
geistigen Gottesverehrung. Mit Gebet und Gesang schloss sich die Feier,
welche auf alle denkenden Anwesenden einen tiefen Eindruck machte.
Sehr erfreulich war es in dem neuen Tempel zu sehen, dass darin eine Kanzel
angebracht, und statt der in den Synagogen üblich gewesenen beweglichen
Betstühle, feststehende Bänke sind. Überhaupt ist die ganze innere
Einrichtung des Tempels sehr würdevoll und zweckmäßig. Dem Vernehmen
nach soll die längst erwartete Synode zur Ordnung der israelitischen
kirchlichen Angelegenheiten bald berufen werden; in Betracht dessen
vornehmlich hat sich Einsender dieses bewogen gefunden, das Obige zur
Kenntnis des Publikums zu bringen. Möchte man aus Obigem entnehmen, dass die
Mehrzahl der Israeliten nicht halsstarrig am Herkömmlichen festhält, wie man
sie leider so häufig beschuldigt, sondern bereit ist, kräftig auf dem Weg
zum Bessern fortzuschreiten! Möchte man daraus entnehmen, dass der
Indifferentismus gottlob nur noch Wenige unter den Israeliten ergriffen hat,
und dass die Mehrzahl noch immer bereit ist, bedeutende Opfer für die
Erhaltung des kirchlichen Lebens zu bringen! Möchte man auch erkennen, dass
die Zeiten der Unduldsamkeit vorüber sind, denn dies sahen wir auch bei
dieser Feier, wo Christen freudig an derselben teilnahmen, durch die
Tonkunst das Fest erhöhten!" |
Konfirmation in der Synagoge Ladenburg durch Dr. Rehfuß aus Heidelberg (1835)
Anmerkung: zu Dr. Carl Rehfuß
weitere Informationen in einer Seite mit Texten zu Heidelberg.
Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 2. April 1835: "Danksagung.
Mit einer rührenden Feierlichkeit wurde am 21. dieses Monats in der hiesigen
Synagoge die Konfirmation eines Knaben begangen. Herr Dr. Rehfuß aus
Heidelberg, als dessen Lehrer und in dessen Hände derselbe sein
Glaubensbekenntnis ablegte, hatte auf eine eben so sinnige, als wahrhaft
fromme Weise diese Feierlichkeit geordnet und geleitet, und nach derselben
durch eine herrliche, Herz und Gempt erhebende Predigt alle Zuhörer gerührt
und erbaut, dass wir uns nicht nur verpflichtet fühlen, demselben innigst zu
danken, sondern auch öffentlich den Wunsch zu äußern, dass alle
Konfirmationen mit gleicher Feierlichkeit vorgenommen und eingeführt werden
möchten.
Ladenburg, den 25. März 1835. Der Synagogenrat. D. Hirsch."
|
Neugestaltung des Gottesdienstes nach Vorbild des
Synagogengottesdienstes in Bühl (1864)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. November 1864: "Bühl, im Oktober. Die 'Badische
Landeszeitung' Nr. 215 schreibt von hier: Wo immerhin das Gute gedeihet,
verdient es zur Aufmunterung aller Gutgesinnten zur allgemeinen Kenntnis
gebracht zu werden. Die hiesige israelitische Gemeinde hat unter der
Leitung ihres Rabbiners, Herrn Schott, seit 6 Jahren ihren Gottesdienst
nach dem Vorbilde der Mannheimer Agende umgestaltet, sodass Chorgesang mit
Begleitung einer Physharmonika, responsenreicher Vortrag mehrerer
hebräischer Gebetstücke, deutsche Gebete und Predigt, bei der Stille und
Ruhe, woran sich die Gemeinde gewöhnt hat, ein harmonisches, Andacht
erweckendes Ganzes bilden. Schon viele Fremde, welche dem hiesigen
Gottesdienste beiwohnten, haben auch versichert, sich noch nirgends so wie
in der hiesigen Synagoge erbaut zu haben, und sprachen es laut aus, dass
sie sich glücklich schätzen würden, wenn in ihrer Gemeinde eine
ähnliche Verbesserung eingeführt würde. Aber alles Gute reift langsam,
doch es reift, und wir können mit Vergnügen berichten, dass nicht nur
bereits in einigen Synagogen des Bühler Rabbinatsbezirks, zum Beispiel in
Rastatt, Gernsbach,
Hörden und Rheinbischofsheim,
ein schöner Anfang zur Hebung des Gottesdienstes gemacht worden ist,
sondern dass unser Beispiel auch in der Ferne Nachahmung findet. So zum
Beispiel hat die israelitische Gemeinde zu Ladenburg
sich schon vor einigen Jahren die hiesige Synagogenordnung zur Nachahmung
erbeten und dieselbe auch eingeführt, und in neuester Zeit sandten zwei
Gemeinden des Rabbinatsbezirks Sinsheim, Berwangen
und Neidenstein, auf Anregung ihres
würdigen Geistlichen, des Herrn Konferenz-Rabbiners Geismar, ihre
Lehrer hierher, um sowohl den Sabbat- als den Werktagsgottesdienst zu
studieren und ihn dann in ihren Synagogen einzuführen. So bricht sich das
wahrhaft Gute allenthalben Bahn; dem schönen, selbstlosen Beispiele des
greisen Herrn Rabbiners Geismar aber, der nicht ansteht, die Schöpfung
eines jüngeren Berufsgenossen anzuerkennen und als Vorbild zu empfehlen,
zollen wir unsere aufrichtigste Anerkennung und
Hochachtung." |
Verschiedentlich wurde die Synagoge renoviert. Im Jahr 1899 erfolgte die
Einführung des elektrischen Lichtes in der Synagoge. Die bisherige
Petroleumleuchter, ein Kronleuchter mit 18 Flammen und fünf kleinere Leuchter
mit 2 Flammen wurden zum Kauf angeboten:
Leuchter abzugeben (1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1900: "Kronleuchter,
Bronce, mit 18 Flammen sowie 5 do. a 2 Flammen für Petroleum, wegen
elektrischer Licht-Einrichtung sehr billig, auch einzeln abzugeben. Synagogenrat,
Ladenburg." |
Über 100 Jahre diente die Synagoge als Gotteshaus und
Gemeindezentrum der jüdischen Gemeinde. Im Dezember 1932 feierte die jüdische
Gemeinde das 100jährige Bestehen der Synagoge. Dazu erschien in der "Neckar-Bergstraß-Post"
am 31. Dezember 1932 ein kurzer Artikel, der mit den Sätzen begann: "Heute
begeht die hiesige israelitische Gemeinde das 100jährige Bestehen ihrer
Synagoge. Der Zeit entsprechend findet keine besondere Feier statt. Im festlich
ausgestatteten Morgengottesdienst wurde dem Jubiläum Rechnung getragen".
Etwas ausführlich zu diesem Jubiläum der Bericht in der Zeitschrift "Der
Israelit":
100-jähriges Bestehen der Synagoge (1932)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Januar 1933: "Ladenburg
(Baden), 26. Dezember (1932). Am 31. Dezember beging die hiesige
israelitische Gemeinde das 100jährige Bestehen ihrer Synagoge. Der Zeit
entsprechend fand keine besondere Feier statt. Im festlich ausgestalteten
Morgengottesdienst wurde dem Jubiläum Rechnung getragen. Die
israelitische Gemeinde des alten Römerstädtchens hat immer wenig
Aufhebens nach außen gemacht. Die Erfüllung ihrer Aufgaben waren ihr
Selbstverständlichkeit. Das Gemeindeleben entwickelte sich friedlich und
segensreich. Davon zeigt auch der nicht alltägliche Umstand, dass der
jetzige Vorsteher seit 47 Jahren die Stelle eines Synagogenrats bekleidet
und dass in einem Zeitraum von 100 Jahren zwei Lehrer hier amtierten. Seit
über 100 Jahren ist die Seelenzahl auf gleicher Höhe geblieben. Alte
hebräische Urkunden lassen vielleicht darauf schließen, dass schon in
früher Zeit Ladenburg eine Stätte jüdisch-geistigen Lebens war. Auch
heute noch ist sich die Gemeinde ihrer Aufgabe voll bewusst. Ihre
täglichen Morgen- und Abendgottesdienste, der von alters her gepflegte
Gemeindegesang, ihr Vereins- und Vortragsleben, ihre Bücherei, ihre
sozialen und sonstigen Einrichtungen dürfen als vorbildlich gelten. Die
israelitische Gemeinde darf mit Stolz von sich sagen, dass sie unter den
Kleingemeinden Badens eine ehrenvolle Stellung einnimmt. Wie ihre innere
Entwicklung vollzogen sich auch die Beziehungen zur nichtjüdischen Umwelt
in ruhigen und friedlichen Bahnen. Dass dies auch weiter so bleiben möge,
ist wohl der beste Jubiläumswunsch." |
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die
Synagoge weitgehend zerstört. Die Aktion begann am Morgen des 10. November um 6
Uhr, als insbesondere Ladenburger SA- und SS-Männer vor der Synagoge erschienen
und sich gewaltsam Zutritt verschafften. Zur selben Zeit wurden Männer der
Feuerwehr zum Rathaus beordert und ihnen mitgeteilt, dass die Feuerwehr beim
Brand der Synagoge ausschließlich den Schutz der Nachbargebäude übernehmen
sollte. Inzwischen wurde die Inneneinrichtung der Synagoge von den
eingedrungenen Männern vollkommen zerstört. Eine immer größer werdende
Menschenmenge schaute dem Zerstörungswerk zu. Von einer Inbrandsetzung oder
Sprengung wurde mit Rücksicht auf die Nachbargebäude dann doch abgesehen,
obwohl bereits das Benzin bereitstand und die Löcher für die Sprengung gebohrt
waren. Das Dach der Synagoge wurde teilweise abgedeckt. Das Inventar ging - bis
auf zwei Torarollen - verloren, eine davon wurde wenig später von der jüdischen
Gemeinde auf dem jüdischen Friedhof in Ladenburg beerdigt.
Nach der Pogromnacht wurde kein öffentlicher Gottesdienst
mehr abgehalten. Bis zur Deportation nach Gurs im Oktober 1940 wurde am Schabbat
und an den Feiertagen teilweise bei Familie Hirsch in der Bahnhofstraße 22
gebetet. Familie Hirsch hatte eine private Torarolle zuhause.
1945 wurde das Gebäude von den Alliierten
beschlagnahmt und der jüdischen Vermögensverwaltung (JRSO) übergeben, die
ihrerseits das Gebäude einige Jahre später an das Land Baden-Württemberg
verkaufte. Von hier kam es an einen Privatmann, der in der ehemaligen Synagoge
einen Lagerraum einrichtete. Im Juni 1967 sollte dieser Lagerraum auch äußerlich
so umgebaut werden, dass von der ehemaligen Synagoge nichts mehr zu sehen war.
Bis dahin erinnerten die Spitzbogenfenster noch daran, dass es sich bei dem Gebäude
um ein früheres Gotteshaus handelte. Von
verschiedenen Seiten aus bestand in den 1960er-Jahren Interesse daran, die
ehemalige Synagoge zu retten, zu restaurieren und als "Kulturraum" für
die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Von privater Seite aus wurden für
eine Restaurierung erhebliche finanzielle Mitte in Aussicht gestellt. Dennoch
wurde 1967 die Synagogenruine bis auf wenige bauliche Reste beseitigt.
Seit 1976 erinnert eine Gedenktafel am Synagogenstandort an
das Schicksal des Gebäudes.
Gedenktafel für die Synagoge - Ehemaliges jüdisches Gotteshaus von
Ladenburg wird umgebaut - Lagerraum entsteht
|
Artikel im Mannheimer Morgen vom 29. Juni 1967: "Ladenburg ist - wenn man so will - um ein "Denkmal" ärmer
geworden. Die ehemalige Synagoge in der Hauptstraße wird zur Zeit zu einem
Lagerraum umgebaut. Bisher präsentierte sich das Gebäude allerdings mehr als
verwahrlost, hinter einer halbhohen Mauer versteckt, von Blumen umrankt. Nur die
Spitzbogenfenster erinnerten eigentlich daran, dass es sich bei dem Gebäude um
ein Gotteshaus handeln müsste. So konnte man das Haus auch von der Hauptstraße
aus gar nicht wahrnahmen, höchstens von der Schulstraße aus.
Von verschiedenen Seiten aus bestand gerade in den letzten Jahren Interesse
daran, die ehemalige Synagoge zu retten, sie eventuell zu restaurieren und sie
vielleicht als einen "Kulturraum" der Öffentlichkeit zugänglich zu
machen. Von privater Seite aus wären für die nicht gerade billigen
Restaurierungsarbeiten sogar erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung
gestellt worden.
Es ging bei diesen Plänen vor allem darum, die bauliche Schönheit dieses
Hauses etwas mehr hervorzuheben und noch um die Besonderheit, eben eine Synagoge
zu besitzen; denn der Lobdengau war einst eng mit der Geschichte der Juden in
Deutschland verknüpft. Doch das liegt Jahrhunderte zurück. Bis ins 13.
Jahrhundert lässt sich die Geschichte der jüdischen Einwohner von Ladenburg
zurückverfolgen...
In Ladenburg gibt es heute fast keine jüdischen Einwohner mehr. so wurde die
ehemalige Synagoge vom Land Baden-Württemberg kurz nach dem Zweiten Weltkrieg
verkauft. Der neue Besitzer richtete sich hier einen Lagerraum ein, was bis
heute geblieben ist.
Nachdem jetzt das Gebäude auch äußerlich einen "Lagercharakter"
erhält, will man an dem Haus wenigstens eine Gedenktafel errichten, die daran
erinnern soll, dass Ladenburg einmal eine Synagoge besessen hat."
|
Der
Abbruch der Ladenburger Synagoge 1967
(Texte zitiert aus: Die jüdischen Ladenburger s. Lit. S. 255ff) |
Artikel im "Mannheimer Morgen" vom 27. Oktober 1967:
"Die alte Ladenburger Synagoge - 1832 auf älteren Synagogenmauern in
der Hauptstraße errichtet, in der Kristallnacht 1938 den Flammen zum Opfer
gefallen [nicht korrekt: sie brannte nicht, sondern wurde zerstört],
nach dem Krieg bis zuletzt als Wohnung und Lager verwendet, fiel dieser Tage
endgültig der Spitzhacke zum Opfer. 'Wenn man nur wenigstens den Giebel
mit den gotischen Spitzbogenfenstern als Abschluss zwischen Neunhellerhaus und
dem Anwesen Thome hätte stehen lassen', klagt Denkmalspfleger Dr.
Heukemes. Ein Lager soll an die Stelle des ehemaligen jüdischen Gotteshauses
treten."
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Die Anbringung einer Gedenktafel
(1976)
|
Artikel im Mannheimer Morgen" vom 10. November 1976:
"Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger übergab die Stadt Ladenburg
gestern eine Gedenktafel, um damit an die großen Verdienste der Juden seit dem
13. Jahrhundert um ihre Heimat zu erinnern. Vor allem auf wirtschaftlichem
Gebiet profitierte die gesamte Umgebung von der Initiative, die die jüdischen Bürger
der Stadt ausgelöst hatten. Genau auf den Tag vor 39 Jahren, in der Nacht vom
8. auf den 9. November, der sogenannten 'Kristallnacht', als die
Synagoge in der Hauptstraße in Flammen aufging [diese Angabe in der
Zeitungsnotiz ist falsch] endete diese Entwicklung. Mit einem Hinweis auf
die Jüdische Gemeinde, die schon im 13. Jahrhundert ihre erste Synagoge in Ladenburg
baute, dann 1832 die spätere Anlage an der Hauptstraße errichtete, enthält
die Tafel weitere Daten. Der Oberrabbiner Levinson weilte kurz an der
Erinnerungsstätte. Die 70 mal 80 Zentimeter große Bronzetafel wurde auf dessen
Wunsch ohne Feierlichkeiten übergeben."
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Fotos
Die "Sackpfeife"
-
im 17./18. Jahrhundert zeitweise
Sitz der jüdischen Gemeinde
mit Synagoge (Betsaal) |
* |
* |
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Bei dem Gebäude
des heutigen Restaurants "Sackpfeife" handelt es sich um ein
1598 erbautes Patrizierhaus ("Stick'sches Haus"). Seit dem
späten 17. Jahrhundert war in dem Gebäude für einige Zeit ein
Versammlungs- und Betraum (Synagoge) der jüdischen Gemeinde.
(Foto links: Michael Ohmsen;
die mit *) markierten Fotos sind von Klara Strompf, erstellt am 26. Mai 2016) |
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Historisches Foto
der 1832 erbauten Synagoge
(Quelle: Die jüdischen Ladenburger
s. Lit., Abb. 7 S. 313 |
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Innenraum der Synagoge Ladenburg,
geschmückt zum 25-jährigen Ortsjubiläum
von Kantor Rosenfelder im Juli 1935 |
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Fotos um 1965
(Quelle: HStA Stuttgart EA 99/001) |
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Das Gebäude der Ladenburger Synagoge um 1965;
rechts das Gebäude der jüdischen Schule mit der Lehrerwohnung, bis 1939 der
Familie
von Lehrer Sally Rosenfelder (1882-1969). Im Keller dieses Hauses
war das
rituelle Bad der Gemeinde. |
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Fotos um 1985
(farbige Fotos: Hahn, Aufnahmedatum August 1988;
sw-Fotos von 1985) |
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Das Gebäude
Metzgergasse 5, an dessen Seitenwand ein gotisches Fenster
der ehemaligen
mittelalterlichen Synagoge erhalten ist. |
Das gotische Fenster am Haus
Metzgergasse 5 |
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Am Standort der 1938
weitgehend
zerstörten Synagoge |
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Blick zum ehemaligen Synagogenstandort |
Die Gedenktafel von 1976 |
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Fotos 2003
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum: 30.7.2003) |
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Blick zum ehemaligen Synagogenstandort,
rechts das ehemalige jüdische
Schulhaus/Lehrerwohnung |
Die Gedenktafel von 1976
am Synagogenstandort |
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Fotos 2010
(Fotos: Michael Ohmsen,
Aufnahmen vom Mai 2010) |
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Gebäude Metzgerasse 5
(ehemalige mittelalterliche Synagoge) |
Die Gedenktafel von 1976
am Synagogenstandort |
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"Stolpersteine"
in Ladenburg
(Fotos Michael Ohmsen,
Aufnahmen vom Mai 2010) |
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Stolpersteine in der
Kirchenstraße 21
für Frieda Lammfromm geb. Liebmann
(1883-?) und
Gertrude Lammfromm
(1909-?) |
"Stolpersteine" in
der Wormser Straße 18
für Regina Strauss (1872-?), Sara Strauss
(1858-?)
und Gella Strauss
geb. Wertheimer (1879.?) |
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Das "Gurs-Denkmal" -
erstellt in Zusammenarbeit mit der
Gedenkstätte in Neckarzimmern
(Fotos: Nachtaufnahmen Johannes Frowein, Aufnahmedatum 11.2.2020; andere
Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 14.1.2022) |
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Das "Gurs-Denkmal"
mit der Hinweistafel und der Inschrift: "Zur Erinnerung an die Deportation
der jüdischen Ladenburgerinnen und Ladenburger in das Lager Gurs am 22.
Oktober 1940. Die Inschrift auf der Torarolle bedeutet 'Du sollst deinen
Nächsten lieben wie dich selbst.' 3. Mose 19,18b. Gestiftet von der 'Mahnmal-AG'
des Carl-Benz-Gymnasiums Ladenburg im Jahr 2011 im Zusammenhang mit den
ökumenischen Denkmalprojekt in
Neckarzimmern." |
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Das Gursdenkmal -
Vorder- und Seitenansicht
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Schriftzug
"Ladenburg" mit skizziertem Stadtplan und Markierung der jüdischen Häuser
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Schriftzug "Gurs"
mit Lagerskizze |
Torarolle mit Zitat des
Gebotes 3. Mose 19,18b |
Fotos von der Ausstellung "Wir waren alle Ladenburger" 2018/19 im
Lobdengau-Museum http://www.lobdengau-museum.de/
Anmerkung: im Lobdengau-Museum besteht schon viele Jahre eine kleine
Abteilung zur jüdischen Geschichte der Stadt. Zusätzlich wurde 2018/19 eine
Sonderausstellung zum Thema "Wir waren alle Ladenburger" gezeigt.
Informationen zur Ausstellung „Wir waren alle Ladenburger“ vom 10. November
2018 bis 31. Juli 2019 im Lobdengau-Museum in Ladenburg:
Was in Ladenburg 1938 passierte, unterschied sich kaum von dem, was sich auch
anderswo in Deutschland in diesen Wochen und Monaten ereignete: Ladenburg war
eine typische deutsche Kleinstadt dieser Zeit. Juden und Christen lebten
jahrhundertelang neben- und miteinander. So sagte Lea Weems (geb. Krell), die
nach dem Krieg in die USA auswanderte, in einem Interview: "We were all
ladenburgers". Die Reichspogromnacht des Jahres 1938 setzte dem ein gewaltvolles
Ende. Zum 80. Jahrestag dieses Geschehens haben Dozierende und Studierende der
Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg und der Ruprecht-Karls-Universität
Heidelberg mit dem Lobdengau-Museum eine Ausstellung konzipiert, die Einblicke
jenseits bereits bekannter Zahlen und Fakten bietet. Sie zeigt die Bewohner der
Stadt und ihre Beziehungen untereinander: Wer waren die Menschen, die hier Tür
an Tür lebten? Welche Geschichten und Ereignisse prägten die Familien? Wie ging
es nach 1938 weiter?
Ausstellungseröffnung war am 10. November 2018 um 19 Uhr im Domhofsaal des
Ladenburger Rathauses. Zum Einführungsvortrag siehe Presseartikel unten.
Fotos unten: Hahn, Aufnahmen vom 31.7.2019.
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Die
jüdische Abteilung "Die jüdischen Ladenburger", unter anderem
mit einer Vitrine mit rituellen Gegenständen |
Blick in die
Sonderausstellung |
Zeitungsartikel
von 1938 zu den
Ereignissen beim Novemberpogrom |
Informationstafeln
zu
den Ereignissen nach 1933 |
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Präsentation
zeitgenössischer Filme |
Erinnerungen von Rachel Stanieski geb. Hirsch, die 1940 mit
ihren Eltern von Ladenburg nach Gurs deportiert wurde. |
Erinnerungen
an
Familie Levy |
Erinnerungen
an
Familie Driels |
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Brief von
Adolf Driels aus
Gurs vom Juli 1942 |
Erinnerungen
an Familie Kapustin in Ladenburg und den Sohn Dr. Max Kapustin, verheiratet
mit Brunhilde geb. Rosenfelder.
Max Kapustin wurde 1933 in Heidelberg promoviert. |
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Erinnerungen
an Kantor Sally Rosenfelder |
Siegel des
Synagogenrates Ladenburg |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
August 2009:
Ärger um einen versetzten "Stolperstein" |
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 13. August 2009 (Artikel):
"Arbeitskreis verärgert: Stolpersteine versetzt
Ladenburg. (stu) Ingrid Wagner, die Vorsitzende des Arbeitskreises "Jüdische Geschichte Ladenburg", ist verärgert. Mit der "Aktion Stolpersteine" des Kölner Künstlers Gunter Demnig hat die Stadt zwar ein richtiges Zeichen gegen das Vergessen der Nazi-Gräueltaten an den ehemaligen jüdischen Ladenburgern gesetzt. Aber ein "jetzt geschaffener Präzedenzfall", so Wagner, sorgt bei ihr für Missstimmung..." |
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Januar 2010: Putzaktion
für die 37 Ladenburger Stolpersteine - neue Broschüre zur jüdischen
Geschichte in Ladenburg |
Artikel von Sturm in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 20. Januar
2011 (Artikel):
"Ladenburger Schüler setzen ein Zeichen gegen das Vergessen.
Ladenburg. Am 27. Januar gedenken die Ladenburger in einer kleinen Feierstunde im Domhof der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Neben einem Vortrag des Historikers Dr. Jürgen Zieher wird auch eine neu erstellte Broschüre vorgestellt, die viel Wissenswertes über das ehemalige jüdische Leben in der Römerstadt enthält. Bis zum Gedenktag sollen die 37 Ladenburger Stolpersteine blitzblank geputzt sein, die in den vergangenen zwei Jahren von dem Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt wurden..." |
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November 2018:
Vortrag zur jüdischen Geschichte in Ladenburg - Einführung in die
Ausstellung "Wir waren alle Ladenburger" |
Artikel von Axel Sturm in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 12. November 2018: "Ausstellung "Wir waren
alle Ladenburger". "Manche Menschen verdrängen die Ereignisse noch heute".
Eindrucksvoller Vortrag von Historiker Jürgen Zieher
Ladenburg. (stu) 'Nachbarn 1938 - Wir waren alle Ladenburger'
ist der Titel einer Ausstellung, die Studenten der Hochschule für Jüdischen
Studien Heidelberg konzipiert haben. Im voll besetzten Domhofsaal ist sie am
Samstagabend im Beisein der einzigen noch lebenden jüdischen Zeitzeugin,
Ruth Steinfeld, eröffnet worden. 'Das Wichtigste an dieser Ausstellung ist,
dass Sie da sein können', sprach der Rektor der Hochschule, Johannes Heil,
die Zeitzeugin direkt an. Ladenburg bezeichnete er als 'besondere Stadt',
die mit ihrer jüdischen Geschichte besonders verantwortungsvoll umgehe. Hier
gründeten in den 1980er-Jahren Jürgen Zieher und Ingrid Wagner den
Arbeitskreis Jüdische Geschichte, dessen Recherchearbeit die Grundlage der
Ausstellung bildet. Bürgermeister Stefan Schmutz lobte das 'großartige
Engagement' von Zieher und Wagner. Er freute sich über das einstimmige Votum
des Gemeinderats, sodass 80 Jahre nach der Pogromnacht die Sonderausstellung
im Lobdengau-Museum stattfinden kann. Es war 'erschreckend und beschämend',
was damals in Ladenburg passierte, meinte Schmutz. Wegen der aktuellen
Geschehnisse in Deutschland hob er die Ausstellung als besonders wichtig
hervor. Er dankte auch den Kirchengemeinden für den Erinnerungsgottesdienst
am Freitag und lobte den Heimatbund, der Referent Zieher eingeladen hatte.
Bereits am Donnerstag hatte er im Domhofsaal über die Geschehnisse in der
Reichspogromnacht gesprochen. Auch das Gespräch von Ruth Steinfeld mit
Schülern des Carl-Benz-Gymnasiums sei ein bewegender Augenblick gewesen.
Bevor Zieher nun am Samstag seinen Vortrag 'Erinnern und Verdrängen der
jüdischen Geschichte nach 1945' zur Eröffnung der Ausstellung präsentierte,
stellten die Studenten Christoph Beckmann und Svenja Wieler die
Vorgehensweise vor. In den Mittelpunkt wurden bewusst die jüdischen Bürger
gestellt, die bis 1938 ein fester Bestandteil Ladenburgs waren. Wie konnten
aus Nachbarn Feinde werden? Auch dieser Frage gingen die Studenten nach.
Dass die Gemeinde vor 80 Jahren zerrissen wurde, habe damit zu tun, dass es
auch in Ladenburg zu wenige Menschen gab, die Zivilcourage zeigten.
Nach 1945 haben manche Bürger auch in der Römerstadt die Geschehnisse
verdrängt: Historiker Jürgen Zieher belegte dies in seinem eindrucksvollen
Vortrag. Tatsächlich profitierten in Ladenburg Einwohner von der
NS-Judenverfolgung. Viele beteiligten sich im Herbst 1940 an der
Versteigerung des Hausrats der deportierten Juden in der städtischen
Turnhalle. Selbst vom Kriegsende bis Ende 1970 passierte schier
Unglaubliches: So musste die Militärregierung anordnen, den im Krieg
geschändeten jüdischen Friedhof wieder herzurichten. Es bedurfte mehrer
Mahnungen des Landratsamtes, bis die Stadtverwaltung reagierte. Und dann die
Synagoge in der Hauptstraße: Ein Privatmann beschloss, die Synagoge als
Lagerstätte zu nutzen, später veranlasste er den Abriss und baute ein
Wohnhaus. Stadtbildpfleger Dr. Berndmark Heukemes machte damals den
Vorschlag, an der ehemaligen Synagoge eine Gedenktafel anzubringen. Der
Textvorschlag von Bürgermeister Reinhold Schulz wurde wegen des Satzes 'Die
Stadt Ladenburg gedenkt ihrer jüdischen Mitbürger' von zwei Ratsmitglieder
abgelehnt. Bis zur Anbringung der Gedenktafel vergingen neun Jahre. Aber es
gab auch Positives zur Aufarbeitung: Der Arbeitskreis Jüdische Geschichte
gründete sich und veröffentlichte das Buch 'Die jüdischen Ladenburger'. Die
Stadt lud dann 14 ehemalige jüdische Mitbürger ein. Auf Vorschlag des
Arbeitskreises wurde 1995 vor dem Eingang des jüdischen Friedhofs ein
Gedenkstein eingeweiht. 'Stolpersteine' erinnern heute zudem an die
Vertreibung jüdischer Mitbürger aus ihren Häusern und an deren Ermordung.
Dafür war 2006 ein Ratsbeschluss notwendig. Einzelne Ratsmitglieder
kritisierten aber das Vorhaben. Nach der Verlegung wurde in einzelnen Fällen
sogar um die Entfernung der Steine gerungen. Schließlich führte der Referent
noch die Einweihung der jüdischen Abteilung im Lobdengau-Museum 2008 auf -
und das Denkmal zur Erinnerung an die Deportation nach Gurs. Zieher stellte
fest, dass der Arbeitskreis Jüdische Geschichte eine 'maßgebliche Rolle' bei
der historischen Aufarbeitung leistete. Die Verdrängung der Ereignisse
dauere aber bis heute bei bestimmten Menschen an - auch in Ladenburg an.
Information: Die Ausstellung ist bis 3. März 2019 im Lobdengau-Museum zu
sehen. Sonderführungen sind möglich:
www.lobdengau-museum.de"
Link zum Artikel |
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November 2019:
Rundgang zu den Ladenburger
"Stolpersteinen" |
Artikel von Axel Sturm in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom November 2019: "Ladenburg. Das war los beim
Rundgang von "Wir gegen Rechts"
Muss Kasper mit Weinflasche entfernt werden? - Broschüre zu jüdischem Leben
wird neu aufgelegt
Ladenburg. Es war nass, kalt und windig als die Sprecherin des
Arbeitskreises Jüdische Geschichte, Ingrid Wagner, den Stolperstein-Rundgang
begann. Eingeladen dazu hatte das Bündnis 'Wir gegen Rechts', dessen
Sprecherin Wiebke Hünermann-Neuert die Veranstaltung wegen des Wetters
eigentlich absagen wollte. 'Die jüdischen Menschen mussten mit solchen
Bedingungen aber monatelang zurechtkommen. In den Baracken der Lager gab es
nicht mal eine Heizung, der Boden war schlammig und die hygienischen
Bedingungen waren katastrophal', sagte Hünermann-Neuert. Und so machten sich
die Teilnehmer auf den Weg. Hünermann-Neuert pflegt die Kontakte zu den
Nachkommen der jüdischen Ladenburger, die am 22. Oktober 1940 in das
südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert wurden. Mahnen und an die
unmenschlichen Geschehnisse immer wieder zu erinnern, das ist eine der
Aufgaben des Arbeitskreises. Im Lobdengau-Museum wurde mit Unterstützung der
Mitglieder eine Abteilung zur Jüdischen Geschichte eingerichtet, die
Dokumentation über die Geschehnisse in der Nazi-Zeit ist vorbildlich.
In der Chronik wurde das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte
wissenschaftlich aufgearbeitet und die Publikation 'Die jüdischen
Ladenburger' ist ein Buch, das angesichts der aktuellen Geschehnisse in
Deutschland aus den Regalen geholt werden sollte. 'Wem nicht bekannt war,
welch wichtige Rolle Juden in Ladenburg übernommen haben, dem wird mit dem
Buch verdeutlicht, welche hervorragenden Leistungen in religiösen, sozialen,
kommunalen und wirtschaftlichen Bereichen erbracht wurden', hatte der
langjährige Vorsitzende des Heimatbundes, Egon Lackner, bei der Vorstellung
des Werks gesagt.
Um zu erinnern, dass derartige Verbrechen an der Menschlichkeit nie wieder
geschehen dürfen, riefen Ingrid Wagner und Jürgen Zieher dazu auf, die
Aktion 'Stolpersteine' des Künstlers Gunter Demnig auch in Ladenburg
umzusetzen. 44.000 Stolpersteine aus Messing hat der Künstler mittlerweile
hauptsächlich in Deutschland verlegt, sie wurden am letzten frei gewählten
Wohnsitz der Deportierten in das Pflaster des Gehwegs eingelassen. 36 Steine
wurden zwischen Mai 2007 und März 2009 in Ladenburg verlegt. Der Gemeinderat
beschloss die Verlegung ohne Gegenstimme, drei von 22 Ratsmitgliedern
enthielten sich bei der Abstimmung. Bei der Verlegung ihrer Stolpersteine
vor dem Haus in der Weinheimer Straße 20 waren die Geschwister Ruth
Steinfeld und Lea Weems dabei. Sie wurden 1940 nach Gurs deportiert und
überlebten, weil sie von einer Organisation der Quäker freigekauft wurden.
Sie wurden von französischen Bauern versteckt, wuchsen in einem Waisenhaus
auf und gingen schließlich nach Amerika. 'Für Lea und Ruth war die Verlegung
der Stolpersteine sehr emotional', berichtete Wagner an der ersten Station
des Rundgangs. Hier erwähnte sie auch das vorbildliche Verhalten der
heutigen Hausbesitzer. Die Familie Schön-Stoll begrüßte die Verlegung der
Stolpersteine und pflegt regen Kontakt zu den Nachkommen der jüdischen
Familie. Die Künstlerin Gudrun Schön-Stoll setzte sogar ein Kunstprojekt zu
Ehren von Lea Weems und Ruth Steinfeld um, das in Amerika viel Beachtung
fand. Andere Hausbesitzer tun sich heute noch schwer mit den Stolpersteinen
vor ihren Häusern. Der Versuch, die Stolpersteine entfernen zu lassen, lief
allerdings in Ladenburg ins Leere.
Beim Rundgang wurde erneut die 'Verhöhnung der jüdischen Ladenburger' an der
ehemaligen Synagoge thematisiert. So nennt Wagner den Kasper mit der
Weinflasche, der über der Gedenktafel steht, die an die Reichspogromnacht
und die Zerstörung der Synagoge erinnert. Der Arbeitskreis hat Kontakt zu
einer jüdischen Organisation aufgenommen und um Unterstützung gebeten.
Wagner berichtete, dass es das Ziel sei, den Kasper zu entfernen. Die
Chancen dafür stünden gut. Die Stadt müsste aber mit dem Regierungspräsidium
Kontakt aufnehmen, um diese 'Verhöhnung' zu melden. Bürgermeister Stefan
Schmutz, der am Rundgang teilnahm, sicherte eine rechtliche Prüfung zu. Auch
er findet die Figur an der ehemaligen Synagoge unangemessen.
Dem konnte sich Tamara Fischer nur anschließen. Sie legte an der Gedenktafel
an der Synagoge und am von Schülern des Carl-Benz-Gymnasiums geschaffenen
Mahnmal am Marktplatz eine Rose nieder. Fischers Vater ist Jude, sie hat in
Israel noch viele Verwandte. Zukünftig will sie sich im Arbeitskreis
engagieren.
Nach dem Besuch von sechs Stolpesteinstationen sagte Bürgermeister Schmutz,
man müsse ein Zeichen gegen die Provokationen aus dem rechten Lager setzen.
Daher kündigte er die Neuauflage der Broschüre 'Spuren Jüdischen Lebens in
Ladenburg' an, die am 27. Januar 2020, dem Gedenktag für die Opfer des
Nationalsozialismus, unter anderem an Ladenburger Schulen verteilt werden
soll."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 173-176. |
| Germania Judaica II,1 S. 462; III,1 S. 698. |
| Karl Hoffmann: Die Juden in Ladenburg, in: Der Lobdengau
3 2 (1985). |
| Hans Huth: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Mannheim, in: Die
Kunstdenkmäler Badens X,3 (1967) S. 212-213. |
| Arbeitskreis jüdische Geschichte (Hg.): Die jüdischen Ladenburger:
Ein Beitrag zur Stadtgeschichte. 1995.
Auf dem Titelbild (links) findet sich eine Skizze der ehemaligen Synagoge
und des benachbarten jüdischen Schulhauses (zuletzt noch Lehrerwohnung). |
| Klaus Kolb: Historisches Ladenburg. Ein Führer zu den
Sehenswürdigkeiten der Altstadt und der näheren Umgebung. 1998. |
| Jürgen
Zieher: "Die Gemeinde galt als Mustergemeinde im Musterländle".
Jüdisches Leben in Ladenburg von 1291 bis 1945. In: Hansjörg Probst (Hg.):
Ladenburg. Aus 1900 Jahren Stadtgeschichte. Ubstadt-Weiher 1998. S. 671-720. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 349-361. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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| Jürgen
Zieher: Spuren jüdischen Lebens in Ladenburg. Ein Rundgang. Hrsg.
von der Stadt Ladenburg. 2011 44 S.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ladenburg Baden. Jews are first mentioned in 1291. The
community was destroyed in the Black Death persecutions of 1348-49 and new
settlers were expelled in 1391. The community was renewed in the mid-17th
century. The well-known Ladenburger-family of Court Jews and bankers had its
origins there. Ladenburg was the seat of the district rabbinate. A Jewish
elementary school was opened in the mid-1830s. The Jewish population reached 114
in 1871, dropping to 88 in 1933 (total 5,111). At the outset of the Nazi era,
many Jews were employed as traveling salesmen for foreign companies or as
workers in the cigarette factories. Newcomers increased the Jewish population to
136. Forty-six emigrated and 54 left for other German cities in the period. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue was vandalized. The last 27 Jews were
deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940; another ten were
deported after leaving Ladenburg. Of the 37 deporteees, 11 survived the
Holocaust.
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