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Sulzbürg (Gemeinde
Mühlhausen, Kreis Neumarkt in der Oberpfalz)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Siehe auch eine weitere Seite mit
Texten zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Sulzbürg
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Sulzbürg bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940.
Die Entstehung der jüdischen Gemeinde geht möglicherweise in das Mittelalter
zurück. Ob es allerdings bereits im 14. Jahrhundert Juden in Sulzbürg
gab, ist nicht zu belegen: zur aktuellen Diskussion siehe den Beitrag
von Kurt Wappler: Geschichte der Sulzbürger Juden (online
zugänglich).
Nach älteren Darstellungen handelte es sich bei den ersten Juden, die sich in Sulzbürg niederließen, um Überlebende der
Massaker bei der "Rintfleisch-Verfolgung" 1298. Hingewiesen
wurde auch auf eine Urkunde von 1331, wonach Ludwig
der Bayer seinem Landvogt Heinrich von Dürrwangen gestattete, in Sulzbürg oder
Dürrwangen zehn Juden anzusiedeln und von ihnen Steuern einzunehmen. Eine
Urkunde aus dem Jahr 1371 (wiedergegeben in der 'Historia Genealogica
Dominorum et Comitum de Wolfstein. von David Koeler. Frankfurt 1726) wurde
gleichfalls auf Juden in Sulzbürg gedeutet, doch ist in ihr nur von Juden aus Neumarkt
die Rede.
Erste Quellen, die auf die Anwesenheit von Juden in Sulzbürg schließen
lassen, liegen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts vor (Visitations-Bericht
des Kanonikus Johannes Vogt von 1480). Zuwachs
erhielten die Sulzbürger Juden nach der Vertreibung der Juden aus Neumarkt
1555.
Genauere Zahlen über die jüdischen Familien/Einwohner am Ort gibt es seit dem 17. Jahrhundert vor: 1629 waren es acht Familien, nach
dem Dreißigjährigen Krieg 1650 nur noch drei Familien, 1687 wieder
acht. Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl zu von 1705 zwölf Familien auf 30 (1755)
und 37 (1799).
Seitdem 1740 die Reichsherrschaft der Wolfsteiner an Kurbayern fiel, war Sulzbürg
eine der wenigen in Kurbayern bestehenden jüdischen Gemeinden.
Anfang des 19. Jahrhunderts zählte ein Drittel der
Ortsbevölkerung zur jüdischen Gemeinde: 1809/10 190 jüdische
Gemeindeglieder (32.4 % von insgesamt 587 Personen). Seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts begann die Aus- und Abwanderung der jüdischen Familien in die
Städte oder nach Übersee: 1867 180 jüdische Einwohner (23,7 % der
Gesamtbevölkerung), 1880 171 (22,7 % von 754), 1890 133 (17,9 % von 743), 1900
114 (16,9 % von 673), 1910 76 (12,0 % von 633).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (in den 1840er-Jahren zunächst noch jüdische
Privatschule/Cheder, dann jüdische Elementar- und Religionsschule), ein
rituelles Bad (eine ältere Mikwe war im Erdgeschoss des Hauses Hinterer Berg 3;
im 19. Jahrhundert war sie auf einem Grundstück gegenüber den Häusern
Schwabengasse 8 und 4) und einen Friedhof. Zur
Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde waren in der Mitte und in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zeitweise bis zu drei Personen angestellt:
neben dem Rabbiner (s.u.) ein Lehrer und Vorbeter sowie ein Schochet, der
zugleich als Synagogendiener tätig war (siehe Ausschreibungen und einzelne
Berichte auf der Seite mit den Texten zur
jüdischen Geschichte Sulzbürgs).
Die Gemeinde war bereits seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Sitz einer
Rabbinates (seit dem 19. Jahrhundert Distriktrabbinat). 1847 wird als der
"alte Rabbiner" ein Rabbiner Weil genannt. Sein Nachfolger war Rabbiner Dr. Mayer
Löwenmayer, der 57 Jahre lang
in Sulzbürg als Rabbiner wirkte. Er starb im Februar 1895. Unter seinem Nachfolger
Rabbiner Dr. Magnus
Weinberg wurde der Sitz des Rabbinates Sulzbürg 1911 nach Neumarkt
verlegt (weiter unter dem Namen Distriktsrabbinat Sulzbürg) und 1931 mit Regensburg vereinigt (Rabbinatsbezirk
Regensburg-Neumarkt).
Die jüdischen Familien lebten überwiegend vom Handel,
insbesondere Klein- und Viehhandel, aber auch Getreide- und Immobilienhandel.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Benno Freising
(geb. 21.4.1893 in Freystadt, gest. an den Kriegsfolgen 27.6.1916), Siegfried
(Fritz) Freising (geb. 24.11.1891 in Freystadt, gef. 10.10.1914) und Heinrich
Wolf (geb. 14.2.1882 in Sulzbürg, gef. 1.10.1915). Ihre Namen stehen auf dem
Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege aus Sulzbürg auf dem
Badberg oberhalb des Dorfes. Außerdem sind gefallen: Simon Beer (geb.
17.10.1897 in Sulzbürg, vor 1914 in Fürth wohnhaft, gef. 31.3.1918). Leopold
Landecker (geb. 20.12.1874 in Sulzbürg, vor 1914 in Neumarkt wohnhaft, gef.
11.12.1916).
Um 1925, als noch etwa 50 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten
(7,1 % von insgesamt etwa 700 Einwohnern), waren die Vorsteher der
Gemeinde Leopold Rosenwald, Seligmann Haas, Max Rosenbaum, Emanuel Regensburger,
Isak Neustädter und Ascher Neustädter. Als Lehrer, Kantor und Schochet war
damals Max Rosenbaum tätig. Er erteilte damals noch drei jüdischen Kindern den
Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen bestand der Wohltätigkeitsverein
Chewra Gemillus Chessed, der Israelitische Frauenverein, ein Jugendverein und für
bedürftige Gemeindeglieder der "Holzfond". In Sulzbürg errichtete
die "Esragruppe" in den 1920er-Jahren ein Landheim mit 32 Plätzen
(Gebäude Vorderer Berg 6, vgl. Texte). 1932 war Gemeindevorsteher Wolf Grünebaum,
Schriftführer und Schatzmeister Emanuel Regensburger. Dazu gab es die
Gemeinderepräsentanz unter Vorsitz von Wolf Grünebaum.
1933 lebten 16 jüdische Personen in Sulzbürg. Wenige von ihnen verzogen
in den folgenden Jahren von Sulzbürg, davon fünf nach den Ereignissen in der
Pogromnacht 1938. Nach den Deportationen 1942 nach Piaski (bei
Lublin/Polen) am 2. April 1942 (7 Personen) und der nach Theresienstadt am 23.
September 1942 (drei Personen) gab es keine jüdischen Einwohner mehr in Sulzbürg
(vermutlich außer einer in "Mischehe" lebenden jüdischen Person).
Von den in Sulzbürg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und dem Gedenkbuch
des Bundesarchives Berlin): Fanny (Fanni) Aron geb. Regensburger (1899),
Emanuel Beer (1898), Sofie Buckmann geb.
Neustädter (1887), Emilie (Milly) Dachauer geb. Feuchtwanger (1881,
"Stolperstein" in Eichstätt,
Luitpoldstraße 14), Henriette
Feuchtwanger (1873), Max Bernhard Feuchtwanger
(1880), Sigmund (Siegmund) Feuchtwanger (1878), Irma Erna Freising geb. Kaufmann
(1887), Karl (Carl) Freising (1886), Thekla Freising
(1900; zu Familie Freising vgl. Pressebericht auf
Friedhofseite vom Juli 2015), Berta Fröhlich geb. Neuhaus (1873), Martha Grimm geb.
Regensburger (1903), Amalie Grünebaum geb. Sahm (1883), Heinrich Grünebaum (1883), Wolf Grünebaum (1877), Albert Haas
(1893), Frieda Haas Geb. Steinberger (1893), Semi Haas
(1889), Rosalie (Rosel) Holstein geb. Weinberg (1899), Babette S. Kahn geb. Neustädter
(1889), Lina Lehmann geb. Feuchtwanger (1876), Anni Leiser geb. Bloch (1905; unklar:
wegen Geburtsname Bloch eher geb. in Sulzburg?), Siegfried Löwenstein
(1885), Siegfried Metzger (1893), Edith
Michel geb. Rosenwald (1910), Gustav
(Mordechai) Neustädter (1892), Jakob Neustädter (1883), Josef (Joseph) Neustädter (1885),
Josef (Joseph) Neustädter (1896), Julius Neustädter (1879), Martha Neustädter geb.
Löwenberger (1888), Siegfried Neustädter (1885), Emanuel Regensburger (1853),
Karl Regensburger (1905), Johanna
Rosenberg geb. Grünebaum (1878), Adolf Rosenwald (1890), Cäcilie (Cesi) Rosenwald (1911), David
Rosenwald (1879), Erich Rosenwald (1883, Name noch unbestätigt, wurde
versehentlich Salzburg zugeschrieben), Hanna (Hannchen) Rosenwald geb.
Straus (1886), Leopold Rosenwald (1882), Martha Schloss geb. Oppenheimer (1894), Jeanette Schwarzschild
geb. Regensburger (1872), Jakob Sondhelm (1898), Sidonie Sondhelm geb.
Regensburger (1874), Siegfried Sondhelm (1899), Malchen Tachauer geb. Grünebaum
(1887), Rosa Uhlfelder geb. Haas (1891), Julie Wachenheimer geb. Regensburger
(1878), Leopold Friedrich Weil (1888), Paula Weil (1873), Rebekka Weil geb.
Eismann (1859), Dr. Joseph (Josef) Weinberg (1909),
Rabbiner Max Weinberg (1867).
Hinweis: in verschiedenen Datenbanken mit Namen der jüdischen Opfer der
NS-Zeit kommt es immer wieder zu Verwechslungen von Sulzbürg mit dem
südbadischen Sulzburg oder auch mit dem
österreichischen Salzburg.
Dr. Gert Kerschbaumer (Salzburg) hat Namen von Opfern aus Sulzbürg und Sulzburg
zusammengestellt, die in Datenbanken (DÖW = Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstandes, Yad Vashem u.a.) versehentlich Salzburg
zugeordnet wurden: die Zusammenstellung
ist eingestellt als pdf-Datei und nennt aus Sulzbürg Emanuel Beer, Rosalie
Holstein geb. Weinberg, Dr. Joseph (Josef) Weinberg, vermutlich auch Erich
Rosenwald und Ludwig Strauss (evt. auch aus Sulzburg).
Zur Geschichte der Synagoge
Das Vorhandensein einer Synagoge in
Sulzbürg bereits im Jahr 1371 hat sich als Lesefehler eines 1726 verfassten
Textes von David Koeler (s.o.) herausgestellt.
Bis zum 18. Jahrhundert gibt es
über Beträume / Synagogen nur wenige Informationen. In der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts soll
jedoch eine Synagoge (oder zumindest ein Betraum) am Ort vorhanden gewesen sein. Nach einer
Überlieferung wurde sie 1677 erbaut beziehungsweise. Die Zeichnung des Hochzeitssteines
mit dieser Jahreszahl ist noch bekannt. Eine andere Quelle nennt das Jahr 1706
für einen Synagogenbau. Hierbei handelte es sich um einen Anbau an eines der
Judenhäuser, das 1942 abgebrochen wurde oder um ein Bethaus auf demselben
Grundstück wie die spätere Synagoge von 1799.
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Links: Jüdisches Wohnhaus
(1942 abgebrochen) mit rechts angebautem Betsaal (Quelle) |
Die
Synagoge, deren Gebäude bis zur Gegenwart steht, wurde 1799 gebaut. 1849
wurde sie renoviert. Über besondere Ereignisse in der Synagogengeschichte
liegen einzelne Berichte aus jüdischen Periodika vor:
Spende eines Toraschreinvorhanges (Parochet) für
die Synagoge (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1903:
"Sulzbürg, Oberpfalz. Ein Werk schönster, gemeinnützigster
Denkungsart bekundete Herr Isak Burger, Kultusvorstand dahier und dessen
Gemahlin, indem dieselben anlässlich der am Schabbat Kodesch Paraschat
Schekalim (Heiliger Schabbat mit der Toralesung Schekalim)
stattfindenden Bar Mizwa ihres Sohnes für die hiesige Synagoge ein
prachtvolles Parochet (Toraschreinvorhang) stifteten, dessen
Stickerei als ein Kunstwerk bezeichnet werden muss, und gereicht diese
kostbare Spende sowohl den Spendern wie den Empfängern zu
großer Ehre, so dass beide Teile anlässlich der bevorstehenden
Feier in den Jubelruf einstimmen können: 'Dies ist der Tag, den der
HERR gemacht hat, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein." |
Prinzregentenfeier in der Synagoge (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1908: "Sulzbürg,
Oberpfalz, 12. März (1908). Die Prinzregentenfeier wurde heute in der
hiesigen Synagoge unter Beteiligung des hiesigen Krieger- und
Veteranenvereins und eines großen Teiles der christlichen Bevölkerung in
wahrhaft erhebender Weise abgehalten. Herr Rabbiner Dr. Weinberg hielt
eine schöne, der Weihe des Tages entsprechende Rede und der Chor
funktionierte ausgezeichnet. Die ganze patriotische Veranstaltung
hinterließ bei allen Teilnehmern den besten
Eindruck." |
Einführung des Gemeindegesanges beim Gottesdienst (1909)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. August 1909:
"Sulzbürg, 26. Juli (1909). Mit dem verflossenen Pessachfeste haben
wir in hiesiger Gemeinde mit der Einführung des Gemeindegesanges beim
Gottesdienste unter strengster Wahrung der dem Religionsgesetze und der
Überlieferung entsprechenden Form begonnen. Diese Neueinrichtung
verdanken wir unserem Kantor, Herrn Harris Cohen, der sich mit
unermüdlichem Eifer der Mühe unterzog, die Gesänge mit einigen jungen
Leuten einzuüben." |
1924 konnte das 125jährige Bestehen des
Gotteshauses gefeiert werden.
1925/26 wurde die Synagoge erneut unter großem Aufwand renoviert.
Synagogenrenovierung und Wiedereinweihung
der Synagoge (1926)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 7. Oktober 1926: "Sulzbürg,
der idyllisch gelegene Marktflecken in der Oberpfalz, hatte früher eine
ansehnliche jüdische Gemeinde, die aber jetzt auf wenige Mitglieder zurückgegangen
ist. Dieselben betrachten es aber als Ehrenpflicht, ihre altehrwürdige Synagoge
in gutem Zustand zu erhalten. Vor zwei Jahren konnte die Gemeinde das 125jährige
Bestehen des Gotteshauses feiern. Im vergangenen Jahr wurde dasselbe mit
elektrischem Licht ausgestattet und jetzt, Dank der Bemühungen des rührigen
Vorstandes, Herrn Rosenwald, vollständig renoviert. Die Gemeinde ließ es sich
nicht nehmen, den ersten Gottesdienst in den verschönerten Räumen feierlich zu
begehen und hierzu auch Gäste aus der Umgegend sowie den Israelitischen
Gemeindeverband einzuladen, welcher die Sache finanziell gefördert hat. Herr
Distriktsrabbiner Dr. Weinberg übernahm die Festpredigt und würdigte rühmend
den echt jüdischen Geist, welcher in dieser kleinen Gemeinde herrsche. Der
Verband ließ seine Wünsche durch Herrn Dreichlinger (Neumarkt) überbringen. Für
die Gemeinde Sulzbürg war der Tag ein wichtiger Festtag und auch mit Recht. Die
altehrwürdige Stätte wurde zu einem wahren Schmuckkästchen ausgestaltet, und
besonders wurde darauf gesehen, dass bei der Bemalung und Ausschmückung die
ursprüngliche Art wieder beibehalten worden ist. Der Aufenthalt stimmt zur
Andacht, aber auch zum Nachdenken. Welch heilige Begeisterung für unser
Judentum und welche Opferfreude muss unsere Voreltern beherrscht haben, wenn
kleinere Gemeinden solch schöne Gotteshäuser errichten könnten. Möge dies
unserer jetzigen Generation und unserem Nachwuchs ein Vorbild sein.
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1928 verfasste Rabbiner Dr. Magnus
Weinberg einen Artikel über die wichtigsten Einrichtungen der jüdischen
Gemeinde, hieraus der Abschnitt zur Synagoge:
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Betrachtungen von Rabbiner Dr.
Magnus
Weinberg (1867 - 1943 KZ Theresienstadt, Foto links, Quelle), Neumarkt (Oberpfalz) zu:
Synagoge (und Friedhof) der Gemeinde Sulzbürg
(Artikel in: "Bayerische Israelitische Gemeindezeitung" von 1. April 1928.
S. 86-88):
In meiner soeben erschienenen
'Geschichte der Juden in der Oberpfalz', Bd. IV, habe ich versucht, die
Geschichte der alten ruhmreichen Gemeinde Sulzbürg zu verfolgen. Dabei war mir
leider aus ökonomischen Rücksichten versagt, einen besonderen Wunsch zur Ausführung
zu bringen, nämlich den, manche Darstellungen aus der Gemeinde durch Beigabe
von Illustrationen anschaulicher zu machen. Einige der vorgesehenen Bilder
erscheinen für weitere Kreise so instruktiv, dass ich sie auf diesem Wege veröffentliche.
Sie wurden mir durch den Senior der Gemeinde, Herrn Moritz Wertheimer, der dreißig
Jahre lang die Stelle des Gemeindedieners versah und mit der Gemeindegeschichte
eng verwachsen ist, vermittelt.
Sulzbürg gehört leider zu den dahinschwindenden Gemeinden (wie es deren so
viele in Bayern gibt), in denen die Führer und Einzelmitglieder stets eine
heilige Aufgabe darin erblickten, die öffentlichen Gemeindeeinrichtungen in
einer Vollendung herzustellen, die heute noch für manche Großgemeinde
vorbildlich sein könnte. Für unsere alten Glaubensgenossen in den kleinen Städtchen
und Dörfern gab es bei all ihrer geistigen Regsamkeit keine andere Möglichkeit,
sich öffentlich zu betätigen, als in ihrem engen Gemeindeleben. Im Kommune und
Staat waren sie nur passive, geduldete Mitglieder; um so mehr und umfassender
kam ihr Tatendrang im Kehilloleben zur Geltung. Man muss heute beim tieferen
Eindringen in die alten Gemeindeeinrichtungen und Gemeindebräuche oft staunen
über das tief jüdische Verständnis, über den geradezu überraschenden natürlichen
Kunstgeschmack, der noch nicht, wie heute oft, zur Schablone geworden und über
den praktischen Sinn, der sich da oft offenbart. Und war da alles in den Bereich
der öffentlichen Gemeindepflichten einbezogen wurde! In Sulzbürg zum Beispiel
stehen zwei Gemeindesessel bereit, die bestimmt sind, bei vorkommenden
Beschneidungen in das Haus gebracht zu werden, wo die Beschneidung vollzogen
wird, ebenso der Gebärstuhl, der in vorkommenden Fällen in das Haus der
Wehmutter überführt wurde und noch bis vor nicht allzu langer Zeit in Gebrauch
war, - der silberne Gemeindekamm, mit welchem die Braut von den Frauen gekämmt
wurde, bevor sie kurz vor der Hochzeit 'unter die Haube' kam usw., alles
Dinge, die heute längst aus dem Aufgabenkreis der Gemeinden geschwunden sind.
In alten, jetzt leer stehenden Synagogen einst berühmter Gemeinden finden wir
eine bis in das kleinste gehende Durcharbeitung für die religiöse Praxis, die
wir in unseren heutigen, vielfach nur für pompösen Eindruck hergerichteten,
vergeblich suchen. In diesen Einzelheiten gerade merkt man die Liebe, mit der
man an allem hing, was das religiöse Gemeinschaftsleben betraf. Ich möchte
hier auch an die leider noch so wenig bekannten, kulturhistorisch so überaus
bedeutsamen Memorbüchern erinnern, die als besonders heiliges Besitztum, immer
wieder durch neue Einträge bereichert, von einer Generation zur anderen überging
und die bedeutenden Persönlichkeiten der Gemeinde in der Erinnerung weiterleben
ließ. In dem individuellen Geschmack, mit dem man sie ausstattete, zeigt sich
die oft ergreifende Hingabe für höhere, über den Augenblick hinausgehende
Interessen und Ideen.
Die Synagoge von Sulzbürg verkörpert diese Schönheit und Zweckmäßigkeit
in sich in besonderem Maße, zumal jetzt, wo sie im vorigen Jahre mit tatkräftiger
Unterstützung des Gemeindeverbandes renoviert ist und sich in ursprünglicher
Schönheit uns präsentiert, wie sie sich im Bild 1 zeigt. Der Bau selbst ist
von ganz besonderer Eigenart. Er ist direkt in den Berg hineingetrieben. So
ergibt es sich, dass an der oberen und Hauptfront, wo der Eingang in die
Frauensynagoge sich zur ebenen Erde befindet, das Dach nur zwei bis drei Meter
über den Boden ragt, während der Weg zur Männersynagoge dort auf einer
massiven Außentreppe neben dem Haus bergab führt. Die Rückfront, die den
Haupteindruck vermittelt, hat dadurch die Höhe von etwa zehn bis zwölf Metern.
Wohlausgestattete Räume für die Wohnung des Kultusbeamten, die Schule und
Gemeindesitzungen sind eingebaut (Bild 2).
Die Betrachtung zum Friedhof von Sulzbürg siehe bei der Friedhofsseite.
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Beim Novemberpogrom
1938 wurden das gesamte Inventar der Synagoge und die Ritualien vernichtet.
Etwa 12 Torarollen wurden mit Beilen zerschlagen, das Synagogengebäude wurde
beschädigt. Die festgenommenen Männer, nur alte Männe, wurden von der Polizei
nach kurzer Zeit wieder nach Hause geschickt. Ein Gemeindemitglied, dem man
damit drohte, ihn mit einem Torawimpel um den Hals in der Synagoge aufzuhängen,
wurde brutal verprügelt, verhaftet und in das KZ Dachau
verschleppt.
Adresse/Standort der Synagoge: Engelgasse 14 (Alte
Anschrift: Hauptstraße Haus Nr. 63).
Fotos
(Quelle: obere Reihe Fotos von Theodor Harburger; Quelle: Central Archives for the
History of the Jewish People, Jerusalem; veröffentlicht in Th.
Harburger: "Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern.
1998 S. 719-720; Zweite Fotozeile: aus der Bayerischen Israelitischen
Gemeindezeitung vom 1. April 1928; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 23.6.2006).
Ritualien (Kultgegenstände)
aus der
Synagoge in Sulzbürg (1929) |
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Memorbuch der
Gemeinde
Sulzbürg |
Tora-Schild (Tass) zum
Schmuck
der Torarolle |
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Die Synagoge 1928 |
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Außenaufnahme der Synagoge |
Innenaufnahme der Synagoge |
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Die ehemalige Synagoge 2006 |
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Blick auf die ehemalige
Synagoge
von der Engelgasse |
Blick auf das Gebäude
von
Osten |
Blick auf das Gebäude
von
Westen |
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Jüdische Wohnhäuser |
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In Sulzbürg -
früherer jüdischer Ortsteil: ehemalige jüdische Wohnhäuser |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2016:
In Sulzbürg sollen "Stolpersteine"
verlegt werden |
Artikel von Helmut Sturm in der
"Mittelbayerischen" vom 16. März 2016: "Gemeinde entscheidet über Projekt.
Die 'Initiative Stolpersteine' will in Sulzbürg Erinnerungsorte schaffen. Der Bürgermeister will im Gemeinderat entscheiden.
Sulzbürg. Sogenannte 'Stolpersteine' sollen an die Nazi-Opfer der Region erinnern. Die Verlegung solcher Gedenksteine an ausgewählten Orten in der Stadt Neumarkt wurde im Stadtrat bereits einstimmig beschlossen. Jetzt ist das Projekt auch in Sulzbürg geplant. Einen Gemeinderatsbeschluss gibt es dort aber noch nicht.
Initiative berichtet von ihrer Arbeit. Mit einem bedrückenden Kurzfilm über die Zeit der Deportation jüdischer Familien eröffneten Klaus Eifler und Klaus Schubert von den kirchlichen Bildungswerken den Informationsabend zur
'Erinnerungskultur Stolpersteine'. Als Kooperationspartner der dreistündigen Abendveranstaltung beschrieb Prof. Dr. Heide Inhetveen von der
'Initiative Stolpersteine' den Sulzbürgern ihre Erfahrungen bei der Recherche und den Verlegungen. Die Stolpersteine, die im Boden vor den Häusern verlegt werden, sollen an die Deportation und die Ermordung von Juden, politisch Verfolgten, Homosexuellen, Zeugen Jehovas oder auch Sinti und Roma erinnern.
Die vom Künstler Gunter Demnig kreierten 'Stolpersteine' lassen die Passanten keinesfalls im Wortsinn stolpern – sie sollen durch die auffällige Gestaltung Aufmerksamkeit erwecken. Wenn man die Texte liest, ergebe sich automatisch eine symbolische Verbeugung vor den Opfern des Holocaust, sagte Inhetveen. Eine Geste der Demut, wie es der Künstler Demnig bezeichnet.
'In Regensburg haben wir mit der Verlegung von Stolpersteinen ausschließlich gute Erfahrungen
gemacht', sagte Dieter Weber von der dortigen Initiative. Die Liste der Paten sei lang und die Bereitschaft der Regensburger und auch der Touristen zum Spenden sei hoch.
Den Opfern ein nachhaltiges Gedenken zu schaffen und den Angehörigen einen Ort der Trauer zu geben: Das werde in Neumarkt von der Politik parteiübergreifend unterstützt. Die Initiative von Neumarkts Oberbürgermeister Thomas Thumann zur Aufklärung der Neumarkter NS-Vergangenheit habe sich deutlich bei den Vorbereitungen zu den 850-Jahr-Feier und der Einbindung ganzer Schulklassen zu diesem Thema gezeigt, sagte Dr. Frank Präger in Vertretung von Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger. Abschließend entwickelte sich eine lebhafte Diskussion mit den wenigen Sulzbürgern im Landl Museum. Einer Besucherin war es deutlich unangenehm, dass die
'Stolpersteine' im Boden vor den Häusern verlegt werden sollten. Sie hätte die Steine lieber in Wänden gesehen. Auch die Sauberhaltung wäre so besser gewährleistet, meinte sie. Schwierige private Eigentumsverhältnisse sprächen dagegen. Und, dass es sich ja nicht um eine Grabstelle handele. Das genügte der Besucherin als Antwort der Vertreter der
'Initiative Stolpersteine' aber nicht ganz.
Berliner Künstler sei zu anonym. Mühlhausens Bürgermeister Dr. Martin Hundsdorfer fügte noch an, dass auf dem Land das bürgerliche Einvernehmen auch auf öffentlichen Plätzen wichtig sei. Sein Sohn fand die Vergabe des Auftrags an einen Berliner Künstler zu anonym:
'Da zeige sich kein örtliches Engagement'. Hinweise zum Copyright und dem hohen Wiedererkennungswert der
'Stolpersteine' überzeugten ihn nicht vollends.
Die Erstverlegung der Stolpersteine in Neumarkt findet am Freitag, 27. Mai, um 9 Uhr, am Oberen Markt 5, statt. Im Anschluss soll es in Sulzbürg gegen 10 Uhr weitergehen.
"
Link
zum Artikel |
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April 2016:
Der Gemeinderat stimmt der
Verlegung von "Stolpersteinen" zu |
Artikel von Hans Gleisenberg in der
"Mittelbayerischen" vom 5. April 2016: "Gemeinderat stimmt Stolpersteinen
zu
Auch in Sulzbürg soll künftig der deportierten und ermordeten Juden gedacht
werden. Doch die Abstimmung war knapp.
Mühlhausen. ...
Idee von Dr. Heide Inhetveen. Dann beschäftigte die Räte das Thema:
Stolpersteine in Sulzbürg. Wie schon in anderen Städten und Gemeinden sollen
auch dort zum Gedenken an deportierte und ermordete Juden Steine verlegt
werden. Den Anstoß dazu hat Dr. Heide Inhetveen gegeben. Sie sehe Sulzbürg
ob seiner besonderen jüdischen Vergangenheit in der Pflicht, tätig zu
werden. Die Idee selbst stammt von Künstler Günter Demnig. Er entwirft auch
die etwa zehn auf zehn Zentimeter großen Steine, die pro Stück 120 Euro
kosten. Bezahlen würde sie die Gemeinde, wenn sich kein anderer Sponsor
findet. In Sulzbürg sind vier Standorte an den letzten, frei gewählten
Wohnsitzen deportierter, jüdischer Mitbürger vorgesehen, zusätzlich soll
noch ein Stein vor der ehemaligen Synagoge angebracht werden. Nach
derzeitigem Stand sind insgesamt neun Anwesen in die Aktion einbezogen. Mit
9:7 stimmte das Gremium einer Verlegung zu – doch davor wurde kontrovers
diskutiert... "
Link zum Artikel |
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Mai 2016:
Erster "Stolpersteine" wird in
Sulzbürg verlegt |
Bericht in der Website der Stadt Neumarkt
i.d.Oberpfalz vom 19. Mai 2017: "Einladung zur Verlegung der ersten
'Stolpersteine' in Neumarkt
Erstmals werden in Neumarkt so genannte 'Stolpersteine' verlegt. Der Verwaltungs- und Kultursenat hatte dazu in seiner Sitzung am 18.11.2015 auf Antrag der SPD-Fraktion einstimmig den entsprechenden Beschluss gefasst. Die inhaltliche Vorbereitung war von der Initiative Stolperstein übernommen worden. Am 27.5.2016 um 9 Uhr werden nun fünf Stolpersteine in Neumarkt vor dem Gebäude Oberer Marktstraße 5 verlegt. Sie sollen an das Schicksal von Emanuel Hahn, Julius Hahn, Edith Regina Hahn, Anneliese Hahn und Max Hahn erinnern. Für einen der Stolpersteine hat die Stadt Neumarkt die Patenschaft übernommen. Auch der Künstler Gunter Demnig wird zur Erstverlegung nach Neumarkt kommen. Zu der Verlegung ist die Bevölkerung eingeladen. Nach einem musikalischen Auftakt von Helmut Enzenberger und einigen Schülerinnen und Schülern des Ostendorfer Gymnasiums werden Prof. Dr. Heide Inhetveen und Helmut Enzenberger einleitende Worte sprechen. Es folgen Grußworte von Oberbürgermeister Thomas Thumann und Dekan Monsignore Richard Distler. Den Abschluss bildet ein Bericht über das Leben der Familie Hahn. Gegen 9.30 Uhr soll die Verlegung in Neumarkt abgeschlossen sein.
Ein weiterer Stolperstein wird dann im Anschluss in Sulzbürg vor der ehemaligen Synagoge, Vorderer Berg 18 verlegt. Dort beginnt die Verlegung um 10.15 Uhr. Die Patenschaft für diesen Stein hat die Gemeinde Mühlhausen übernommen."
Link
zum Bericht |
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Oktober 2017:
Zweite Verlegung
von "Stolpersteinen" |
Artikel von Hans Gleisenberg in der
"Mittelbayerischen" vom 16. Oktober 2017: "ERINNERUNG, Ein Denkmal für deportierte Familie
In der einst jüdisch geprägten Gemeinde Sulzbürg wurden fünf weitere Stolpersteine gegen das Vergessen verlegt.
SULZBÜRG. Die Initiative gegen das Vergessen 'Stolpersteine Neumarkt/Sulzbürg' hat am Montag, verbunden mit einer Feierstunde, fünf neue Stolpersteine in Sulzbürg verlegt. Vor dem historischen
'Weilhaus' wurde die Steine, in Anwesenheit von gut 50 Interessierten, eingebracht, um der einst dort lebenden jüdischen Familie ein kleines, aber feines Denkmal zu setzen:
'Es soll hier niemand straucheln, sondern es soll ein Anstoß zum menschlichen denken und handeln sein, mit der Prämisse, dass so etwas niemals wieder passieren darf.
'Solche Mahnmale sind auch in unserer Zeit ein wichtiger Beitrag', so Dr. Heide Inhetveen zu den Beweggründen der Initiative, die bereits 1995 gegründet und seit 2015 auch in Neumarkt und Sulzbürg tätig ist. Die Steine wurden zum Gedenken an Rebekka Weil, deren drei Kinder Leopold, Lazarus und Cecilie sowie Bertha Weil gesetzt.
Dr. Inhetveen erläuterte dann ausführlich das Leben und Wirken der Weils in Sulzbürg, die dem Leben in dem ehemaligen Marktflecken, deutlich ihren Stempel aufgedrückt hätten. Hier knüpfte auch einer der Paten, Christian Schulz an, der ihr Wirken schilderte.
Heinz Rösch, ebenfalls ein Initiator dieser Aktion, machte deutlich, dass Toleranz und auch eine gewisse Loyalität gegenüber anderen Religionen einen nachhaltigen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben geben würden. Während der Ansprachen waren der Bildhauer Gunter Demig sowie Mitarbeiter des Bauhofs damit beschäftigt, die Steine einzulassen:
'Seit 1995 haben wir bundesweit über 63000 solcher Erinnerungsmahnmale gesetzt und so einen Beitrag für die Menschenwürde
geleistet', sagte Demig. Die Familie Jutta und Alexander Emmerling, auf deren Initiative die Sanierung und Renovierung des
'Weilhauses' zurückgeht, freute sich ebenfalls über die Würdigung der Familie Weil:
'Wir haben das Haus in den gleichen Zustand versetzt wie vor 300 Jahren, seit ihrer Heirat bewohnen Sohn Bastian mit Ehefrau Maria das Gebäude und sorgen für deren
Erhalt.' Emmerling machte deutlich, dass in der Nazizeit zwei der Weils deportiert wurden.
Bürgermeister Dr. Martin Hundsdorfer erinnerte, dass dies nun schon die zweite Verlegung gewesen sei:
'Es ist von großer Wichtigkeit, die Erinnerung aufrecht zu erhalten, denn Sulzbürg hatte zu Beginn des 20. Jahrhundert eine starke jüdische Prägung, deren Geschichte unabdingbar mit dem Ort verbunden
ist', so der Rathauschef. Auch Pater OSB Godehard Schuster stellte sich hinter die Aktion und sprach von einer Aktion, die auch in der heutigen Zeit dokumentiere, dass Menschenrechte das Wichtigste sind und es Respekt verdiene, sich dafür stark zu machen. Inhetveen überreichte dem Ehepaar Emmerling eine Tasse, die den Weils gehörte, als Erinnerung. Letztlich sprach Dekanin Christiane Murner den Segen und wünschte allen ein Leben in Frieden und Freundschaft. Die musikalische Umrahmung hatte ein Streicherensemble des Ostendorfer Gymnasium übernommen."
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Oktober
2017: In Neumarkt und Sulzbürg werden
weitere "Stolpersteine" verlegt |
Artikel von Hauke Höpcke in den
"Neumarkter Nachrichten" vom 16. Oktober 2017: "Weitere Stolpersteine in Neumarkt und Sulzbürg verlegt.
Sie erinnern an 17 jüdische Deutsche, die vertrieben oder ermordet wurden -
NEUMARKT - In Neumarkt und Sulzbürg erinnern seit gestern 17 weitere
'Stolpersteine' an jüdische Deutsche, die dort gelebt haben und während der Nazizeit aus ihren Häusern vertrieben, deportiert und getötet wurden und an die wenigen denen gerade noch rechtzeitig die Flucht gelang.
Es war ein bewegender Augenblick, es war ein anrührender Moment am Oberen Markt.
'Jahrzehntelang erinnerte sich niemand an diese Familie und dann geschah Wunder über Wunder und heute gibt es in
Neumarkt die Stolpersteine', sagte Myrna Haas, die Witwe von Ernst Haas. Er hatte als einziger jüdischer Neumarkter Verschleppung in die Konzentrationslager überlebt und starb im vergangenen Jahr in seiner neuen Heimat in den USA.
Vor seinem Elternhaus in der Oberen Marktstraße 39 erinnern nun fünf Stolpersteine an seine Eltern Semi und Frieda Haas, seine Geschwister Ilse und Walter und an ihn selbst.
'Vergessen Sie niemals dieses Familie', sagte Haas. Gemeinsam mit ihren Söhnen sprach sie ein Gebet in englischer und in hebräischer Sprache.
Dann entzündete Myrna Haas eine Kerze mit einem blauen Davidstern, dem Symbol des Judentums, und stellte diese vor die eingelassenen Messingtafeln mit den eingravierten Lebensdaten der Familie ihres Mannes.
An zwei weiteren Stellen im Stadtgebiet wurden 'Stolpersteine' verlegt: Vor der Bahnhofstraße 13 erinnern sie an Kurt, Helene Henriette und Hermann Baruch. In der Stephanstraße 17 wohnten Seligmann und Albert Haas sowie Leopold und Rosa Löw. In
Sulzbürg befinden sich fünf neue Stolpersteine am Schlossberg 2. Sie erinnern an Rebekka, Leopold, Lazarus, Cäcilie und Bertha Weil.
Seit zwei Jahren gibt es die Neumarkter 'Initiative Stolpersteine'. Seine Mitglieder erforschen die Lebensgeschichte der jüdischen Mitbürger im Kreis Neumarkt. Neben der Vorsitzenden Heide Inhetveen und der Leiterin des Stadtmuseums Petra Henseler ist hierbei das Ostendorfer Gymnasium besonders engagiert.
Zu Ernst Haas bestand seit 2004 ein enger Kontakt. Am OG entstand das Musical
'Der letzte Brief' über das Leben seiner Schwester Ilse Haas. Zwischen 2006 und 2014 besuchte er mehrmals die Schule.
Engagierte Schüler. Ein P-Seminar unter der Leitung von Alexander hatte auch den gestrigen Tag vorbereitet, das Programm gestaltet, die Lebenswege der Familie Haas recherchiert, die Blumen besorgt, die an den Gedenktafeln niedergelegt wurden, und selbst auch die Patenschaft für einen der Stolpersteine übernommen.
Denn das Projekt des Künstler Gunter Demnig, der mit inzwischen 61 000 Stolpersteinen in 21 Ländern die größte dezentrale Gedenkstätte geschaffen hat, finanziert sich im Kreis Neumarkt ausschließlich über private Spenden und nicht mit Geld aus der öffentlichen Hand."
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Juni/Juli 2018: Weitere "Stolpersteine"
werden verlegt
Anmerkung: weitere neun "Stolpersteine" wurden am 16. Juli 2018 in Neumarkt
und Sulzbürg verlegt. |
Artikel von Helmut Sturm in der
"Mittelbayerischen.de" vom 29. Juni 2018: "Gedenken. Weitere neun Zeichen
gegen das Vergessen. Die Verlegung weiterer Stolpersteine ist geplant.
Neumarkt. Die ersten 'Stolpersteine' im Landkreis Neumarkt wurden im Mai
2016 verlegt. Am Donnerstag Nachmittag kündigten die Sprecherinnen der
Initiative Stolpersteine Professorin Heide Inhetveen und Bürgermeisterin
Getrud Heßlinger die Verlegung von neun weiteren Gedenksteinen an.
Am 16. Juli werden in der Neumarkter Bahnhofstraße, damals auch 'Judengasse'
genannt, sieben und in Sulzbürg zwei Stolpersteine feierlich verlegt. Zum
ersten Mal wird ein Gedenkstein für ein Opfer der T4-Aktion, der Vernichtung
'lebensunwerten Lebens', verlegt. 'Die Spuren der Tötung behinderter oder
kranker Menschen wurden regelrecht verwischt', schilderte Heinz Rösch die
aufwendige Recherche. In einem kurzen Abriss stellte Prof. Inhetveen die
Ermittlungen zu den Lebensläufen der Familie Thekla und Simon Freising
(Vater und Tochter) in Sulzbürg und der großen Familie Landecker in Neumarkt
vor. Die Vorstellung der Landecker-Kinder übernahmen Laura Polster, Nele
Richert und Vanessa Stastny, Teilnehmerinnen des P-Seminars Geschichte
'Wider das Vergessen 2.0' am Ostendorfer Gymnasium. Bezugnehmend auf die
Ergebnisse der letzten Bundestagswahl und die aktuellen politischen
Entwicklungen in Deutschland, Europa und der ganzen Erde stellte
Bürgermeisterin Heßlinger das generationsübergreifende Engagement der
Ostendorfer Gymnasiasten mit den eindringlichen Worten: 'Wehret den
Anfängen!' und: 'Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen ...',
als besonders erfreulich und Hoffnung gebend hervor.
Vor der Verlegung der Gedenksteine, besucht die jüdische Familie Geoff
Neuhaus aus Virginia mit ihren Kindern vom 13. bis 15. Juli die Orte ihrer
Vorfahren. Die Verlegung der neun Gedenksteine erfolgt am 16. Juli zwischen
14.30 und 16.30 Uhr in Sulzbürg und Neumarkt. Insgesamt liegen dann in
Neumarkt 24 und in Sulzbürg acht Stolpersteine. Am Abend des 16. Juli hält
der Künstler und Erfinder der 'Stolpersteine. Ein Kunstprojekt für Europa',
Gunter Demnig, einen Vortrag mit anschließendem Gespräch im Dietrich
Bonhoeffer-Saal des evangelischen Gemeindezentrums. Als weiteren Erfolg des
Nicht-Vergessens bezeichneten die Sprecherinnen der Initiative die geplante
Widmung des Platzes hinter dem Schreiberhaus in 'Dr.
Markus-Weinberg-Platz'."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Sulzbürg |
Artikel von Hauke Höpcke in den
"Neumarkter Nachrichten" vom 6. November 2019: "Gelähmte Jüdin wurde in
Heilanstalt ermordet.
Fünf neue Stolpersteine werden am heutigen Dienstag in
Neumarkt und Sulzbürg verlegt.
NEUMARKT - Sie erinnern an die Familie Neustädter, die in
nationalsozialistischen Vernichtungslagern ermordet wurden. Die von der
Initiative Stolpersteine organisierten Verlegungen durch den Künstler Gunter
Demnig beginnen um 14.30 Uhr in der Bahnhofstraße 9. Jakob Hirsch
Neustädter wurde 1883 in Sulzbürg geboren, lebte in
Neumarkt als Händler. Bei dem
Novemberpogrom 1938 wurde er für mehrere Tage in Regensburg inhaftiert. 1941
wurde Neustädter nach Riga deportiert und ermordet. Seine fünf Jahre jüngere
Frau Kathi Neustädter wurde 1938 in Neumarkt inhaftiert. Auch ihre Spur
verliert sich nach der Deportation nach Riga im Jahr 1941. Zusätzlich werden
zwei Platzhalter verlegt für Kurt und Lotte Neustädter, die Kinder des
Paares, die nach Palästina emigrierten. Die Platzhalter sollen in den
nächsten Jahren durch Stolpersteine ersetzt werden.
Die zweite Verlegestelle ist die Schützenstraße 15. Dort wohnte
Julius Neustädter, Jahrgang 1879. Er musste nach den Novemberpogrom einige
Zeit im Konzentrationslager Dachau verbringen. 1942 wurde er nach Piaski in
Polen deportiert, wo er ermordet wurde. Zusätzlich werden zwei Platzhalter
verlegt für die Ehefrau Minna, geborene Kraus, und die Tochter Nanni
Neustädter, verheiratete Grünthal.
Zwei weitere Stolpersteine verlegt Gunter Demnig ab 16 Uhr in Sulzbürg
vor dem Anwesen Hinterer Berg 14. Dort befand sich das Stammhaus der
Familie Neustädter. Die Stolpersteine erinnern an den 1885 geborenen
Siegfried Neustädter, der 1942 nach Izbica verschleppt wurde. Izbica war ein
sogenanntes Transitghetto, von dem die Menschen später in die
Vernichtungslager Majdanek und Auschwitz-Birkenau gebracht wurden. Seine
Ehefrau Martha Neustädter wurde wegen ihrer Behinderung ermordet. Nach dem
Ersten Weltkrieg erkrankte sie an der Spanischen Grippe, der über 20
Millionen Menschen zum Opfer fielen. Martha Neustädter überlebte, behielt
aber Lähmungen zurück. Seit 1922 lebte sie in verschiedenen Heilanstalten.
1940 wurde sie nach Grafeneck verlegt und dort ermordet. Im Rahmen der
"T4"-Aktion töteten deutsche Ärzte und Pflegekräfte mindestens 70 000 kranke
und behinderte Menschen. Mindestens 59 von ihnen stammten aus dem heutigen
Landkreis Neumarkt..."
Link zum Artikel |
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Oktober 2022 bis Januar 2023:
Ausstellung über
wiederentdeckte Bücher der jüdischen Gemeinde Sulzbürg
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Religiöse
Bücher aus der ehemaligen jüdischen Gemeinde Sulzbürg sind nach bzw. bei der
Deportation 1942 beschlagnahmt bzw. in "Schutzbesitz" genommen worden und
landeten in der Universitätsbibliothek Eichstätt, wo sie vor einiger Zeit
entdeckt und restauriert worden sind. Frau Prof. Heide Dr. Heide Inhetveen
hat dazueine Ausstellung im "Landl-Museum" in Sulzbürg organisiert.
Landl-Museum:
https://www.muehlhausen-sulz.de/freizeit-tourismus/sehenswertes/landl-museum/
Zur Ausstellung siehe:
https://www.hagalil.com/2022/12/sulzbuerg/ |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Magnus Weinberg: Geschichte der Juden in der
Oberpfalz. 4. Sulzbürg. 5. Herzogtum Sulzbach [Sulzbach u. Floss]. München
1922. |
| Germania Judaica II,2 S. 813; III,2 S. 1445. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 95-96. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 286-288. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 163-166. |
| Kurt Wappler: Geschichte der Sulzbürger Juden. Pdf-Datei. |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Sulzbürg S. 300-308 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden).
|
| Hans Georg Hirn: Jüdisches Leben in Neumarkt und
Sulzbürg. Reihe: Neumarkter Historische Beiträge Bd. 12. 656 S. 2011. Artikel
zur Buchvorstellung |
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Heide
Inhetveen: Der jüdische Lehrer Leopold Weil und seine Ehefrau Bertha,
geb. Handburger.
In: Ekkehard Hübschmann. Jüdische Familien in Hof an der Saale –
Schicksale und Verfolgung im Nationalsozialismus. Transit Verlag,
Schwarzenbach/Saale und Berlin 2019. S. 235-273.
(Hinweis: das Kapitel beginnt mit: "Die Weils – eine Sulzbürger Rabbiner-
und Kaufmannsfamilie" (S. 235-237))
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Sulzbuerg Upper Palatinate. The
first settlers were refugees from the Rindfleisch massacres of 1298 (from
Neumarkt, Berching and Freystadt). They engaged in moneylending and the cattle
trade under the tolerant rule of the ducal house of Wolfstein (until annexation
to Bavaria in 1740). The community was virtually destroyed in the Thirty Years
War (1618-1648) and numbered 12 families in 1705. In 1756 legal residence was
limited to 30 families. In the second half of the 18th century, the Jews
suffered from numerous economic restrictions, forcing them to engage mainly in
petty trade and the cattle businesses. A new synagogue was dedicated in 1799 and
a Jewish public school was opened in 1835. In 1867 the Jewish population was 180
(total 759) and thereafter declined steadily to 16 in 1933. Five emigrated by Kristallnacht
(9-10 November 1938), when the synagogue was vandalized. Seven were expelled to
Piaski in the Lublin district (Poland) on 2 April 1942 and three to the
Theresienstadt ghetto on 23 September 1942.
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