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Eichstätt (Kreisstadt,
Oberbayern)
Jüdische Geschichte / Betsaal
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
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Mittelalter. In Eichstätt
bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter. Erstmals wird 1292
ein Eichstätter Jude genannt, danach wird Eichstätt
im Zusammenhang mit der Judenverfolgung des Jahres 1298 erwähnt. Nach einer Überlieferung wurden die Juden der Stadt damals
verbrannt, nach einer anderen Überlieferung "nur" vertrieben. Wenige
Jahre nach dieser Verfolgung gab es wiederum Juden in der Stadt, die zunächst
dem Reich unterstellt waren. 1307 überließ jedoch König Albrecht dem
Bischof Philipp von Eichstätt die Juden seiner Bistums. Dieser hatte im
folgenden Jahr 49 Pfund Einnahmen von den Eichstätter Juden. 1310 wird
Salman von Eichstätt genannt, bei dem die Herzöge Rudolf I. und Ludwig IV. von
Oberbayern verschuldet waren. Während der Judenverfolgung in der Pestzeit
1348/49 wurden auch in Eichstätt Juden verfolgt. Am 12. November 1349
verzieh Bischof Albrecht "den Auflauf und all die Handlung ... an den Juden
von dem Pöbel zu Eichstätt, deren etliche erschlagen wurden, wobei auch einige
Christen zu Schaden kamen, ... gegen den Willen der ehrbaren
Bürger". Die jüdischen Familien lebten vor allem in der "Judengasse" (Thurmer-Gasse,
heute Turmgasse).
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten wieder einige Juden in
der Stadt (genannt 1380, 1398, 1403 und 1409). Nach Eichstätt benannte Juden
lebten in Augsburg (1407), Nürnberg, Prag und Regensburg (1475/76),
Rothenburg
ob der Tauber (um 1450) und Winzenheim/Elsass (1499/1500). 1445 erließ
der Eichstätter Bischof Johann III. von Eich (1445-1464) den Befehl zur
Vertreibung der Juden aus dem gesamten Hochstift und ordnete wenig später für
Juden, die das Hochstift besuchsweise betraten, das Tragen von Abzeichen an.
An Einrichtungen ab es im Mittelalter eine Synagoge und ein jüdischer
Friedhof (an Stelle des 1536 angelegten Westenfriedhofes im Morden der Stadt
unweit des Westentores, Westenstraße/Ulrichsteig). Der Friedhof wird 1423
genannt und nach Vertreibung der Juden aus Eichstätt abgeräumt.
19./20. Jahrhundert. Zur Entstehung einer
neuen jüdischen Gemeinde kam es erst wieder gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Nachdem seit ca. 1860 erstmals seit dem Mittelalter jüdische
Personen in der Stadt zuziehen konnten, entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: (1811/12 zwei jüdische Einwohner), 1867 27 (0,3 % von insgesamt 8.051
Einwohnern), 1880 40 (0,5 % von 7.489), 1900 49 (0,6 % von 7.701). Die jüdische
Gemeinde nannte sich in Eichstätt "Israelitische Betgesellschaft".
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal und einen
Raum für den Religionsunterricht (s.u.).
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Religionslehrer angestellt. Er war - nach der Ausschreibung von 1907 - auch für den
Religionsunterricht der jüdischen Kinder am Gymnasium, an der Realschule und im
Arbeitshaus Rebdorf tätig. Zugleich wirkte er als Schochet und Vorbeter.
Vermutlich erster jüdischer Lehrer war - spätestens seit 1868 (davon noch als
Herz Schaalmann in Ellingen) - Hermann Schaalmann. Er war verheiratet
mit Fanny geb. Samfeld, eine Tochter des Lehrers Samuel Samfeld (vgl.
Giebelstadt). Schaalmanns Nachfolger
war ab 1903 der auch zur Beisetzung Schaalmanns 1904 genannte Lehrer
Emil Goldschmitt (vgl. unten die
Ausschreibung der Stelle von 1903, die nach der Zurruhesetzung
Schaalmanns erfolgte; auf Grund der nächsten Ausschreibung von 1907 war
Goldschmitt nur drei Jahre in Eichstätt tätig). Nachfolger Goldschmitts wurde ab
1908 Maier Strauß.
Die in Eichstätt verstorbenen
jüdischen Personen wurden in Pappenheim
(u.a. Lehrer Hermann Schaalmann 1904 und Hilya Guttentag 1930) und Thalmässing beigesetzt.
Um 1924 waren die Vorsteher der damals 34 Personen umfassenden
Betgesellschaft Max Dachauer und Siegmund Marx. Als Religionslehrer und Schochet
war weiterhin Maier Strauß angestellt (auch noch 1932). Er
erteilte 1924 zwei Kindern den Religionsunterricht (1932 ein Kind). Die jüdische Gemeinde wurde
vom Rabbinat Nürnberg aus betreut. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde
weiterhin Siegmund Marx (1. Vors.) und Hermann Dachauer (2. Vors.); als 3.
Vorsitzender ist Albert Schimmel genannt.
Jüdischen Familien beziehungsweise Gewerbetreibenden gehörten einige für das
wirtschaftliche Leben der Stadt nicht unbedeutende Geschäfte, insbesondere das Kaufhaus
von Sallo Guttentag auf dem Domplatz und die Getreidehandlung der Brüder
Schimmel. Sallo Guttentag war seit 1903 in Eichstätt (zur Familiengeschichte
siehe unten). Bereits
in der Sylvesternacht 1922 wurde die Fassade seines Geschäftes mit Hakenkreuzen
besudelt.
1933 wurden noch 27 jüdische Einwohner gezählt (0,6 % von insgesamt
8.029 Einwohnern). Am 8. Juli 1935 wurden Egon Guttentag und Paul
Freymann, die das Geschäft von Sallo Guttentag inzwischen übernommen
hatten, in "Schutzhaft" genommen. Im Frühjahr 1936 verließen die
Familien Guttentag und Freymann auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen
Boykotts und dem Zwang zur "Arisierung" ihres Kaufhauses die Stadt. Im Herbst 1938 war nur noch die Familie Schimmel in der Stadt. Beim
Novemberpogrom am 10. November 1938 zogen der Kreisleiter und etwa ein Dutzend
SA-Leute in die Pfahlstraße, um die Tür der Brüder Schimmel aufzubrechen und
diese festzunehmen. Das Haus wurde noch am selben Tag versteigert. Zwei der drei
Brüder Schimmel verließen noch am selben Tag fluchtartig die Stadt. Der dritte
Bruder folgte einen Monat später. Am 8. Dezember 1938 gab die Regierung von
Mittelfranken bekannt, Eichstätt sei "judenfrei".
Von den in Eichstätt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Else Bernd (1901),
Paula Bravmann geb. Pappenheimer (1887), Mathilde (Milly) Dachauer geb. Feuchtwanger
(1879), Walter S. Dachauer (1909), Frieda Epstein geb. Dachauer (1899), Berta
Haas geb. Salomon (1892), Katharina Katz geb. Schlossberger (1890), Ella Lehmann geb. Götter (1857),
Bernhard Löw (1886), Julie Östreicher (1900), Marie Reis geb. Pappenheimer
(1883), Berta Schimmel
(1876), Friedrich Schimmel (1888), Ludwig Schimmel (1881), Wilhelm Schimmel
(1884), Marie Weil geb. Löw (1888), Jette Winter geb. Löw (1875).
Anmerkung: Im Gedenkbuch werden die Angehörigen der Familie Schimmel
nicht genannt.
Von November 1946 bis 1949 bestand ein Lager von jüdischen Displaced Persons in Eichstätt. Es war an
verschiedenen Standorten in Eichstätt untergebracht (Jägerkaserne und frühere
Landwirtschaftsschule). Das Lager hatte religiöse Einrichtungen (Synagoge,
Religionsschule, Koschere Küche, Jeschiwa, Mikwe) und kulturelle Einrichtungen
(KIndergarten, Volksschule, Berufsschule). 21 in der Zeit des Bestehens des
Lagers Verstorbene Displaced Persons wurden im
jüdischen Friedhof in Ingolstadt beigesetzt.
Weitere Informationen siehe Angaben im DP-Internetlexikon www.after-the-shoah.org:
Seite
zu Eichstätt und in der Website www.talmud-thora.de:
Seite
zu Eichstätt.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Hinweis auf die mittelalterliche jüdische Geschichte (1842)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1842:
"Die Juden, überall Unterkommen suchend (sc. nach der
Judenverfolgung 1348/49), haben sich auch im vormaligen Hochstifte
Eichstätt angesiedelt, sind aber aus der Residenzstadt Eichstätt, wo sie
eine Synagoge hatten, schon 1445 vertrieben worden. Viel später haben sie
sich in Herrieden aufgehalten. Dort werden in der Nähe des königlichen
Rentamtsgebäudes noch jetzt einige Häuser als ehemalige Judenhäuser
bezeichnet, auch befindet sich auf dem Judenbegräbnisplatze zu
Bechhofen
noch der Grabstein einige in Herrieden gestorbenen Juden. Die Akten der
Stadtpfarrei Herrieden weisen nach, dass über 100 Jahre vor ihrer Vertreibung
Israeliten in Herrieden wohnten." |
Beiträge zur Geschichte des
16. Jahrhunderts
Erinnerung an einen angeblichen Ritualmord in Tittingen
und Eichstätt (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1903: "Ein
neu entdecktes Gutachten Andreas Osiander's gegen den Ritualmord..."
(zum Lesen des Artikels bitte Textabbildungen
anklicken) |
|
"Das 'Judenbüchlein' eines protestantischen Geistlichen gegen die
Ritualmordbeschuldigung der Juden" (Beitrag von Rabbiner Dr. Adolf
Eckstein, 1927)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 9.
Februar 1927.
Noch nicht ausgeschrieben - bei Interesse Artikel anklicken. |
|
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers,
Schächters und Vorbeters (1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Juli 1903: "Die Stelle als
Religionslehrer, Schächte rund Vorbeter
ist per 1. September laufenden Jahres zu besetzen. Fixum Mark 800.-
Bezüge für Erteilung des Religionsunterrichts am königlichen Gymnasium,
königliche Realschule und königliches Arbeitshaus Rebdorf ca. Mark 320.-
Sonstige Nebenbezüge. - Meldungen mit Zeugnisabschriften belegt, sind
unter Angabe der persönlichen Verhältnisse zu richten an de Vorstand
A. Löw
der Israelitischen Betgesellschaft Eichstätt (Bayern)." |
Zum Tod des Lehrers Hermann Schaalmann (1904)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Mai
1904: "Eichstätt (Bayern). Am 13. April verschied nach längerem
Leiden Herr Lehrer Schaalmann, ein weit über den Kreis seiner Gemeinde
hinaus wegen seiner tiefen Religiosität und der Lauterkeit seines
Charakters geschätzter Mann." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1904: "Eichstätt
(Bayern). Wiederum hat der Schnitter Tod eine Lücke in unsere Reihen
gerissen. Am 13. April (28. Nissan) verschied, nach längeren
Leiden, unerwartet schnell, Herr Lehrer Hermann Schaalmann dahier.
Die Kunde von seinem Ableben hat nicht nur seine Familie, sondern auch
seine Gemeinde und seine zahlreichen Freunde in tiefe Trauer versetzt. War
er ja ein Mensch von seltener Herzensgüte und jeder, der ihn zu kennen
Gelegenheit hatte, musste sich zu ihm hingezogen fühlen. Seiner Gemeinde
war er nicht nur Lehrer, sondern auch Führer und in allen seinen
Obliegenheiten, galten ihm pünktlichste Pflichterfüllung als Devise
seines Handelns. War ihm auch nur ein kleiner Wirkungskreis überlassen,
mit umso größerer Intensität hat er denselben gepflegt. Seinem
Einflusse war es vor Allem zu danken, dass das kleine Gemeindewesen
Eichstätts mit allen religiösen Institutionen bis auf heute sich
erhalten hat.
Unübertroffen jedoch steht sein Bild vor uns, wenn wir sein Leben mit dem
Maßstab allgemeiner Menschlichkeit und wahrer Religiosität messen.
Selbst von anspruchlosester Bescheidenheit, war ihm kein Opfer zu groß,
wenn es galt, Menschennot und Menschenelend zu lindern. Sein Wohl tun vollzog
sich meistens nicht vor dem Auge der Öffentlichkeit, sondern wählte
jenen geheimen Weg, der aufrichten will, ohne dabei zu verletzen. Kein
Bedürftiger, kein Gedrückter verließ seine Schwelle, ohne lindernden
Trost, wie ihn nur aufrichtige Teilnahme spenden kann, gefunden zu haben.
Ebenso herzlich, wie sein Verhältnis zu den Menschen, so aufrichtig und
ungeheuchelte waren seine Beziehungen zu seinem Schöpfer. Alle Säulen
unseres hehren Glaubens erfreuten sich seiner Pflege. Seine Religiosität
war nicht ein Aushängeschild unlauterer Gesinnung, sondern der Ausdruck
seines Biedersinnes und seines gottergebenen Gemüts. Es ist ein anderes,
mitten in einer frommen Umgebung sich in der von unserer heiligen Religion
vorgezeichneten Bahn zu bewegen, ein anderes, unbekümmert um die modern
fortschrittlichen Ansichten der Mitwelt, das Banner traditionellen
Judentums hochzuhalten. Es gehört eben die Überzeugungstreue und die
Glaubensstärke eines Schaalmann dazu, um aus diesem Kampfe als Sieger
hervorzugehen.
Es ist eigentlich überflüssig, darauf hinzuweisen, dass Herr Lehrer
Schaalmann geschmückt mit der (hebräisch und deutsch:) Krone des
guten Namens, von hinnen schied. Aus einem solch pflichtgemäßen
Verhalten resultiert Ehre und guter Name von selbst.
Bedürfte |
es
aber noch eines Beweises, welcher Beliebtheit und Verehrung der
Dahingeschiedene sich in allen Kreisen der Bevölkerung zu erfreuen hatte,
er wäre reichlich erbracht durch die zahlreiche Beteiligung an seinem
Leichenbegängnisse und die seinen Hinterbliebenen bekundete Teilnahme.
Aus Nah und Fern waren Freunde, Bekannte und Verwandte herbeigeeilt, um
durch die Begleitung des Toten dem Verewigten die letzte Ehre zu
erweisen. Seine sterblichen Reste wurden auf den Friedhof zu Pappenheim
überführt. Von einem Hesped (Trauerrede) musste des Rosch Chodesch wegen
Abstand genommen werden. Herr Lehrer Goldschmitt aus Eichstätt
sowie ein Schwiegersohn des Verblichenen beschränkte sich darauf, die
Verdienste des Dahingeschiedenen in einigen Strichen zu
zeichnen.
Um den Dahingeschiedenen trauern eine Witwe und sechs Kinder (vier Söhne,
zwei Töchter), die dank seiner mustergültigen Erziehung zu frommen
Jehudim herangereift sind.
Möge Gott seinen Hinterbliebenen Trost spenden und ihn in jenen lichten
Höhen den Lohn seines reichen Wirkens finden lassen. Sein Andenken wird
aus unserer Mitte nicht weichen, denn 'wer dem Besten seiner Zeit genug
getan, der hat gelebt für alle Zeiten.' Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens."
Anmerkung: die Tochter Sophie geb. Schaalmann war in Bad Kissingen
verheiratet mit Arthur Grünebaum, vgl.
Informationen auf Textseite. |
Zum Tod der Lehrerswitwe Fanny Schaalmann (1908)
Anmerkung: Fanny Schaalmann geb. Samfeld war eine Tochter von Lehrer Samuel
Samfeld, vgl. zu Giebelstadt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1908: "Eichstätt
(Bayern), 20. März (1908). Einen schmerzlichen Verlust haben wir leider
zu beklagen. Am 15. März verschied unerwartet schnell Frau Fanny
Schaalmann, die Gattin des bereits vor vier Jahren heimgegangenen Lehrers
Hermann Schaalmann, im Alter von 63 Jahren. Die edle Frau verdient es, in
diesen Blättern rühmend genannt zu werden. Festes, unerschütterliches
Gottvertrauen, redliches Streben nach dem Guten, sowie Offenheit und
Geradheit der Gesinnung, bildeten die Charakterzüge dieser Frau, die
Grundlage für ihr Tun und Lassen. Mit äußerster Gewissenhaftigkeit und
wahrer Seelenfreude diente sie ihrem Schöpfer und betätigte sich auf dem
Gebiete der Nächstenliebe. Von der Wertschätzung und hohen Achtung, die
die Verstorbene überall genoss, legte die starke Beteiligung an der Beisetzung
beredtes Zeugnis ab. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Schächters und Kantors 1907
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. November 1907: "Ab
1. Januar 1908 ist dahier die Stelle des Religionslehrers, Schächters
und Kantors neu zu besetzen. Dieselbe ist dotiert: 1. Mit einem festen
Jahresgehalte von Mark 700.- nebst freier Dienstwohnung. 2. Mit einem
Nebeneinkommen von circa Mark 330.- für Erteilung des
Religionsunterrichts am königlichen Gymnasium, an der königlichen
Realschule und im königlichen Arbeitshause Rebdorf. 3. Mit sonstigen
Einkünften von beiläufig Mark 500.-
Hierzu wird bemerkt, dass für die ad 2. und 3. bezeichneten Einkünfte
keine Garantie geleistet wird und dass bei dem Mangel eines Kosthauses die
Unterhaltung eigener Küche notwendig erscheint. - Bewerber wollen ihre
mit Zeugnissen belegten Gesuche bis spätestens 22. November in Vorlage
bringen bei dem Vorsitzenden der Israelitischen Betgesellschaft Eichstätt
(Bayern.)." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zur Geschichte der Familie Guttentag
(Quelle: Joachim Hahn: Jüdisches Leben in Esslingen. Geschichte, Quellen und
Dokumentation. Esslinger Studien. Schriftenreihe Band 14. 1994. S. 255-256).
Sallo (Saly)
Guttentag und Hilya geb. Koppel
Um 1900 lebte der Kaufmann Sallo Guttentag für einige Jahre in Esslingen.
Er ist am 14. November 1874 in Antonienhütte bei Kattowitz
(Ostoberschlesien, seit 1921 polnisch) als Sohn des Gleiwitzer Kaufmanns
Adolf (Abraham) Guttentag und der Fanni geb. Krämer geboren. Am 29. Juni
1898 hat er in Ulm Hilya geb. Koppel geheiratet. Sie ist am 8. Mai
1870 in Goray bei Schwein an der Warthe (heute Skwierzyna/Polen, ehemals
Posen-Westpreußen) als Tochter des Ephraim Koppel und der Philippine geb.
Graupe geboren. Ihr Vater war Kaufmann in Regensburg bei Graudenz (seit
1920 polnisches Gebiet). Vermutlich kurz nach der Heirat hat sich das
Ehepaar Guttentag in Esslingen niedergelassen, wo auch zwei Kinder geboren
sind, die beiden anderen kamen später in Eichstätt zur Welt:
| Tilli, geb. 1, Mai 1899 in Esslingen;
heiratete am 21. Juni 1921 in Eichstätt Robert Baum, Kaufmann in
München (Sohn Walter geb. 1925, gest. 1929). Von 1925 bis 1934 wohnte
die Familie Baum in Ingolstadt, von wo sie nach München verzog;
1938/39 emigrierte sie nach Chile, wo Robert Raum starb; Tilli (auch
Tilly) lebte seit 1959 in London; |
| Meta, geb. 8. März 1902 in Esslingen; sie war
vom Mai 1924 bis Juli 1925 in Aschaffenburg, dann wieder in Eichstätt
wohnhaft und heiratete am 30. April 1931 Paul Freymann, Kaufmann aus
Frankfurt (Sohn Heinz 1935 geb. in München; verh. seit 1960 in London);
die Familie Freymann emigrierte 1937 nach Südafrika; sie lebt seit
1960 in London, von wo Meta 1984 zu Besuch nach Eichstätt kam; |
| Rosa, geb. 10. Februar 1904 in Eichstätt;
heiratete am 1. Juli 1929 Hirsch Ehrenlieb, Kaufmann in Breslau; sie
zog 1929 nach Berlin und lebte seit 1939 in London (noch 1961); |
| Egon, geb. 1. November 1907 in Eichstätt; er
war später Kaufmann in Eichstätt, heiratete 1934 in Nürnberg
Irmgard Cohn und starb 1981 an einem Herzschlag in
Johannesburg/Südafrika, wo die Witwe danach noch lebte und ebenfalls
1984 zu Besuch in Eichstätt weilte. |
Saly Guttentag übernahm nach 1900 in Esslingen
das Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäft von Hermann Robert in der
Pliensaustraße 35 als eine Filiale der Firma H. Tietz & Co.
Nachfolger Ulm (Vorgänger von "Hertie"). Die Familie Guttentag
wohnte 1900 in Esslingen in der Martinstraße 3, 1903 in der
Pliensaustraße 44. Dann zog sie nach Eichstätt, wo Sallo ein
Textilgeschäft betrieb (Textilhaus/Kaufhaus Guttentag, Domplatz 2, seit
1911 Domplatz 5). Es war Familienbesitz (seit 1931 fungierten als
Teilhaber Egon Guttentag und der Schwiegersohn Paul Freymann) bis zur
"Arisierung" Anfang 1936. 1930 war Hilya Guttentag in
Weißenburg in Bayern gestorben; sie fand auf dem jüdischen Friedhof in Pappenheim
ihre letzte Ruhestätte. In der Zeit nach 1933 hatte die Familie Guttentag
durch den wirtschaftlichen Boykott des Geschäfts erheblichen Schafen
erlitten. Nichtjüdische Kunden wurden von Parteigängern fotografiert und
ihre Namen veröffentlicht. Im Juli 1935 wurden Egon Guttentag und Paul
Freymann in "Schutzhaft" genommen, 1936 konnten sie nach
Südafrika auswandern. Egon Guttentag war im Mai 1961 noch einmal zu
Besuch in Deutschland. |
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Das Kaufhaus Guttentag in
Eichstätt
(Gemälde und Foto aus Familienbesitz) |
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Auszeichnungen jüdischer Persönlichkeiten durch den
Prinzregenten, darunter für den aus Eichstätt stammenden Maler Edmund
Harburger (1895)
Hinweis: der Maler Edmund Harburger (siehe Wikipedia-Artikel
zu ihm) wurde fälschlich immer wieder - auch hier in der "Allgemeinen
Zeitung des Judentums" als jüdischstämmig bezeichnet. Seine Vorfahren
waren jedoch katholisch.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Januar 1895:
"Fürth, 4. Januar (1895). Anlässlich des Neujahrsfestes verlieh
der Prinzregent eine größere Anzahl von Auszeichnungen. Darunter
befinden sich folgende an Glaubensgenossen verteilte: Den Titel Justizrat
erhielt der Rechtsanwalt Herr Heinrich Hahn in Nürnberg, den Titel
Kommerzienrat empfing der von hier (Fürth) gebürtige frühere Fabrikant
und jetzige Privatier Herr Heinrich Berolzheimer in Nürnberg und Herr
Kaufmann Ludwig Metzger, Inhaber der Firma S. Guldmann in Nürnberg, den
Titel eines Königlichen Professors Herr Maler Harburger in München.
Edmund Harburger, der uns in den 'Fliegenden Blättern' so
lebenssprudelnde, köstliche Gestalten vorzuführen pflegt, ward es an der
Wiege nicht gesunden, dass er Maler werden werde. Zu Eichstätt am 4.
April 1846 geboren, widmete er sich als junger Mann nämlich zuerst
dem Baugeschäft und sattelte erst mit 20 Jahren um. Die Kritik zählt ihn
gegenwärtig zu den hervorragendsten Vertretern der deutschen
Genremalerei.". |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Helene Marx und Leopold Desser
(1923)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 31. Januar 1924:
"Helene Marx - Leopold Desser.
Verlobte.
Eichstätt - Nürnberg. Dezember 1923". |
Verlobungsanzeige von Else Dachauer und Alfred Bernd
(1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 13. März 1924:
"Else Dachauer - Alfred Bernd. Verlobte.
Eichstätt (Bayern) Koblenz Februar
1924." |
Zur Geschichte der Synagoge / des Betsaals
Im Mittelalter stand die 1454, 1480 und vorher genannte
Synagoge in der Turmgasse ("Thurmer-Gasse", mittelalterliche "Judengasse"),
eingetragen auf einem Stadtplan von 1817.
Die "Jüdische Betgesellschaft" des 19. Jahrhunderts hatte einen
Betsaal seit 1880 im Haus Westenstraße 2, das der Lehrer Hermann Schaalmann am
20. Februar 1880 erworben hatte. 1903 wurde
ein Betsaal im ersten Stock des Hauses Pfahlstraße 45 eingerichtet (sog. Pappenheimer-Haus). Wie
lange in dem Betsaal nach 1933 noch Gottesdienste abgehalten werden konnten, ist
nicht bekannt. Möglicherweise wurde der Betsaal schon 1933 geschlossen; die
Gottesdienst wurden danach noch in der Wohnung des Lehrers Maier Strauß in der
Westenstraße abgehalten.
Das Gebäude Pfahlstraße 45 blieb erhalten. Es wird gewerblich und für
Wohnungen genutzt. Eine Gedenk- oder Hinweistafel ist nicht vorhanden.
Adresse/Standort der Synagoge: Pfahlstraße 45
Fotos
Fotos werden noch
erstellt (vgl. unten bei Links); über Zusendungen freut sich der
Webmaster von "Alemannia Judaica",
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2014:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Eichstätt angeregt
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Artikel
von Eva Chloupek im "Donau-Kurier" (Eichstätter Kurier) vom 24. November 2014:
"Hauptausschuss unterstützt das Vorhaben eines GG-Projektseminars
zum Gedenken an die NS-Opfer. "Stolpersteine" vor jüdischen Häusern
Eichstätt. Mit 'Stolpersteinen' soll früheren Wohn- und Wirkungsstätten
von Juden in Eichstätt gedacht werden. Der Hauptausschuss unterstützt das
Vorhaben eines Projektseminars des Gabrieli-Gymnasiums einstimmig. Den
Beschluss darüber hat nun der Stadtrat am Donnerstag zu fassen.
Die Einstimmigkeit im Hauptausschuss war nicht selbstverständlich, denn
'Stolpersteine', wie sie der Künstler Gunter Demnig in verschiedenen Städten
zum Gedenken an jüdische Mitbürger, die dem Terror der NS-Zeit zum Opfer
gefallen sind, initiiert hatte, hatten in anderen Städten durchaus Kritik
ausgelöst. Oberbürgermeister Andreas Steppberger hat in der Ausschusssitzung
aus einem Schreiben des Zentralrats der Juden in Deutschland zitiert, das
diese Kontroverse aufgreift. Die GG-Schüler hatten sich an den Zentralrat
mit der Bitte um eine Einschätzung gewandt, Geschäftsführer Daniel Botmann
hatte geantwortet und erklärt, dass es auch unter den Juden in Deutschland
keine einheitliche Meinung dazu gebe. 'Die ehemalige Präsidentin des
Zentralrats, Charlotte Knobloch, lehnt die Aktion ab. Sie befürchtet, dass
auf diese Weise die Würde der Opfer sozusagen erneut mit Füßen getreten
würde. Man muss diese Auffassung ebenso respektieren wie die gegenteilige
Meinung des amtierenden Zentralratspräsidenten Dieter Graumann, der in
diesem Projekt die Möglichkeit sieht, an die Judenverfolgung im Alltag zu
erinnern.' Botmann erläutert weiter, dass es auch unter den Angehörigen der
Opfer unterschiedliche Meinungen gebe. 'Häufig wird von den Familien jedoch
angeführt, dass es wichtiger sei, überhaupt an einer Stelle an die
Angehörigen zu erinnern, da es vielfach für diese Menschen nicht einmal
einen Grabstein gibt.' Konkret schlägt die Projektgruppe sechs Standorte in
Eichstätt vor: in der Luitpoldstraße 14, wo die Familie Dachauer lebte
(heutiger Eigentümer: Dominik Müller), in der Marktgasse 3/Gabrielistraße
4, wo Rosa Loew lebte (heutige Eigentümerin: Hedwig Sporer), Marktplatz 2,
wo Max und Flora Liebmann lebten (heutiger Eigentümer: Josef Böhm),
Pfahlstraße 17, 19 und 21, wo Wilhelm Schimmel lebte (heutige Eigentümerin:
Walburga Eberlein), Am Graben 21, wo Salomon und Julie Hönlein lebten
(heutiger Eigentümer: Herbert Peppenauer), und Domplatz 5, wo das Geschäft
von Salomon Guttentag gewesen ist (heutige Eigentümerin:
Volksbank-Raiffeisenbank eG). Wolfgang Wollny (Grüne), der das Projekt als
Lehrer am GG auch betreut, erklärte, die Stolpersteine sollten in
Kooperation mit dem Künstler Gunter Demnig nahe an der Hauswand gesetzt
werden. Sie sollen die Größe eines Pflastersteins haben und in den Boden vor
den Häusern der vertriebenen Juden eingelassen werden. Die Oberfläche
besteht aus Messing und enthält die eingravierten Daten. Die Kosten liegen
bei 120 Euro pro Stein plus der Künstlerkosten, die Wollny nicht näher
nannte. Für die Übernahme der Kosten werden noch Sponsoren gesucht. Die
Eigentümer seien informiert, bis auf einen hätten sich alle mit einer
positiven Reaktion zurückgemeldet, sagte Wollny. Er betonte auch, dass die
Eigentümer nicht betroffen seien, da die Steine auf öffentlichen Grund,
nämlich auf den Gehsteigen, verlegt werden sollen. Der Eichstätter
Gesprächskreis Christentum – Judentum unterstützt das 'Stolpersteine'-Projekt,
auch der Hauptausschuss will das Gedenken an die jüdischen Mitbürger in
Eichstätt fördern, und empfahl dem Stadtrat daher einstimmig, das Projekt
ebenfalls zu unterstützen."
Link zum Artikel |
|
Dezember 2014:
Der Gemeinderat der Stadt stimmt
der Verlegung von "Stolpersteinen" zu |
Artikel von Marco Schneider im
"Donau-Kurier" (Eichstätter Kurier) vom 1. Dezember 2014: "Erinnerungen
an jüdische Mitbürger könnten im Mai verlegt sein – Wolfgang Wollny: "Hoher
Zuspruch". Stadtrat stimmt Stolpersteinen zu
Eichstätt. Die von einem Projektseminar des Eichstätter
Gabrieli-Gymnasiums (GG) geplanten 'Stolpersteine' zur Erinnerung an
jüdische Mitbürger in der Domstadt können verlegt werden: Der Stadtrat hat
sich am Donnerstag einstimmig für das Projekt, das die Schüler der Oberstufe
zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig verwirklichen wollen, ausgesprochen
– ohne große Diskussion. Die GG-Schüler hatten fast zwei Stunden in der
Stadtratssitzung ausgeharrt, bis ihr Tagesordnungspunkt an der Reihe war.
Oberbürgermeister Andreas Steppberger zeigte sich erfreut 'über die positive
Resonanz', die das Vorhaben in der Öffentlichkeit hervorrufe. Von der hatte
zuvor Wolfgang Wollny (Grüne) berichtet, dass es seit dem Bericht im
EICHSTÄTTER KURIER einen 'hohen Zuspruch' gegeben habe. Der habe sich auch
finanziell niedergeschlagen. 'Wir sind zuversichtlich, dass wir die
Stolpersteine umsetzen können', so Wollny, der als Lehrer am GG das
P-Seminar begleitet. Spenden, darauf verwies Wollny ausdrücklich, könnten
über das Konto des GG-Fördervereins überwiesen werden (Sparkasse Eichstätt,
BLZ 721 513 40, Kontonummer 15 628, Betreff: Stolpersteine). Auf Nachfrage
von Gerhard Nieberle (SPD) erklärte Wollny, dass Künstler Demnig, der
ähnliche Objekte bereits in mehreren Städten realisiert hat, ungefähr drei
Monate zur Fertigung benötige. 'Man könnte Ende Mai mit einer Enthüllung
rechnen', sagte Wollny. Günther Köppel (FW) lobte die Initiative der
GG-Schüler nochmals ausdrücklich. 'Das ist kein Denkmal, das irgendwo steht
und das man vergisst.' Auch wenn es kontroverse Diskussionen auslöse – wie
berichtet hat auch der Zentralrat der Juden zu diesem Thema keine
einheitliche Meinung – sei die Befürwortung des Projekts 'ein Votum für ein
lebendiges Nach-Denk-Mal'. Den einstimmigen Beschluss quittierte das Gremium
selbst mit Applaus.
Realisiert werden sollen die Steine vor der Luitpoldstraße 14 (Familie
Dachauer), Marktgasse 3/Gabrielistraße 4 (Rosa Loew), Marktplatz 2 (Max und
Flora Liebmann), Pfahlstraße 17, 19 und 21 (Wilhelm Schimmel – hier gehört
lediglich Haus Nr. 21 Walburga Eberlein, die beiden anderen Häuser sind
entgegen unserem Bericht in anderem Eigentum), Am Graben 21 (Salomon und
Julie Hörnlein) sowie Domplatz 5 (Salomon Guttentag)."
Link zum Artikel |
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2015 bis 2016
wurden in Eichstätt folgende
"Stolpersteine" für frühere jüdische Einwohner verlegt |
Am 27. Mai 2015: Domplatz 5 für
Salomon Guttentag (geb. 1874); Luitpoldstraße 14 für Hermann
Dachauer (geb. 1869 in Thalmässing),
Emilie Dachauer geb. Feuchtwanger (geb. 1881 in
Sulzbürg); Luitpoldstraße 16
für Rosa Marx geb. Bermann (geb. 1875 in
Berolzheim), Siegmund Marx (geb. 1874 in
Biebrich), Marktgasse 3 für Rosa Löw geb. Sämann (geb. 1873 in
Ullstadt), Marktplatz 2 für Max
Liebmann (geb. 1868 in Steinach a.d. Saale),
Flora Liebmann geb. Steinacher (geb. 1872 in
Neustadt a.d. Aisch).
Am 2. November 2016: Am Graben 21 für Hans Haenlein (geb. 1909),
Julie Haenlein geb. Landauer (geb. 1878 in
Gerabronn), Rosa Haenlein (geb. 1906), Salomon Haenlein (geb. 1871 in
Pappenheim); Westenstraße 1 für Else
Dachauer geb. Bernd (geb. 1901 in Eichstätt), Dr. Frieda Dachauer verh.
Epstein (geb. 1899 in Eichstätt), Julie Dachauer verh. Oestreicher (geb.
1900 in Eichstätt), Sabine Dachauer (geb. 1878 in
Treuchtlingen), Walter Dachauer
(geb. 1909 in Eichstätt).
Vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Eichstätt |
Artikel im "Eichstätter Kurier" vom 28. Mai
2015: "Verbeugung vor den Eichstätter NS-Opfern
Eichstätt. 1933 waren 27 jüdische Mitbürger in Eichstätt registriert,
Ende 1938 war es kein einziger mehr. Mit 'Stolpersteinen' wird jetzt auch in
der Stadt Eichstätt an jüdische Bürger erinnert, die Opfer des NS-Regimes
geworden sind.
Eichstätt: Verbeugung vor den Eichstätter NS-Opfern
Manchen der jüdischen Mitbürger Eichstätts gelang angesichts des Rassenwahns
in Deutschland unter der Herrschaft der Nationalsozialisten im 'Dritten
Reich' die Flucht, andere wurden deportiert und ermordet, von einigen fehlt
jede Spur. Schüler des P-Seminars 'Stolpersteine' am Gabrieli-Gymnasium
haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Gedenken an Eichstätter Juden im
Stadtbild wachzuhalten und haben gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig
dessen Aktion 'Stolpersteine' jetzt auch nach Eichstätt gebracht. Nach
zweijähriger Vorarbeit wurden nun am Mittwoch sieben Steine an fünf
Standorten in der Innenstadt gesetzt. In über 500 Städten in Deutschland
gibt es bereits solche 'Stolpersteine', Eichstätt ist nun die erste in der
Region. Die Aktion ist in einigen Städten durchaus umstritten – bekanntlich
wird in München derzeit kontrovers darüber diskutiert, auch im Zentralrat
der Juden in Deutschland gehen die Meinungen auseinander. Die ehemalige
Vorsitzende Charlotte Knobloch gilt als entschiedene Gegnerin dieser Aktion,
ihr Amtsnachfolger Dieter Graubmann hatte sich 2014 auf eine Anfrage der
Stadt Eichstätt positiv geäußert. Der Stadtrat hatte sich daraufhin im
November 2014 einstimmig dafür ausgesprochen. Oberbürgermeister Andreas
Steppberger würdigte nun bei der Verlegung der Steine am Mittwoch die
'vorbildliche und nachahmenswerte Initiative' der Schüler. Steppberger teilt
die Auffassung des Künstlers Gunter Demnig: 'Wer den Namen des Opfers lesen
will, muss sich herunterbeugen. In diesem Moment verbeugt er sich vor ihm.'
Auch Landrat Anton Knapp lobte die Bedeutung der Aktion 'wider das
Vergessen'.
Die wohl wichtigste Zustimmung zu diesem Projekt kam jedoch von John
Dachauer (60) und seiner Schwester Ellen Kaplan, geborene Dachauer (55). Die
Enkel von Hermann und Emilie Dachauer waren für diese Aktion eigens aus den
USA angereist (siehe eigenen Beitrag). Während ihrem Vater Simon Dachauer
die Flucht in die Vereinigten Staaten gelungen war, sind ihr Großvater
Hermann 1942 im KZ Theresienstadt und ihre Großmutter Emilie 1944 im KZ
Auschwitz zu Tode gekommen. Als Gunter Demnig vor deren früherer Wohnstätte
in der Luitpoldstraße 14 zwei Steine verlegte, zeigten sich beide
sichtlich gerührt. John Dachauer sagte auf englisch: 'We are very happy to
have this stones placed', er sei also überaus glücklich, dass diese Steine
hier nun gesetzt seien. Dieser Tag sei 'one of the highlights in my life',
einer der Höhepunkte seines Lebens. Der erste Eichstätter 'Stolperstein' war
zuvor Salomon Guttentag gewidmet, der mit seinem Sohn Egon und seinem
Schwiegersohn Paul Freymann am Domplatz 5 ein Kaufhaus geführt hatte,
das bereits 1922 erstmals mit Hakenkreuzen besudelt und ab 1933 boykottiert
wurde. 1936 beugten sich die Guttentags dem Druck, verkauften das Kaufhaus
am Domplatz und wanderten nach Südafrika aus, wo Salomon Guttentag 1961
gestorben ist. In der Marktgasse 3 platzierte Gunter Demnig einen
'Stolperstein' zum Gedenken von Rosa Löw. Sie und ihr Mann lebten hier
über 40 Jahre, bevor beide 1934 nach München fliehen mussten. 1938 starb ihr
Mann in München, Rosa Löw wurde 1942 nach Treblinka deportiert und dort
ermordet. Am Marktplatz 2 lebte das Ehepaar Max und Flora Liebmann,
bevor sie 1936 nach Würzburg kamen. Von dort wurde Max Liebmann 1942 nach
Theresienstadt verschleppt, wo er 1943 starb. Flora Liebmann ereilte das
gleiche Schicksal, sie starb ein Jahr vor ihrem Mann in Theresienstadt. Der
letzte Stein dieser Aktion wurde in der Pfahlstraße 17 gesetzt. Er
erinnert an Wilhelm Schimmel, der 1939 verhaftet und wegen
Devisenverbrechens zu Zuchthaus verurteilt worden war. 1942 wurde er der
Gestapo übergeben, sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Als Vertreterin
der Diözese verwies Claudia Grund auf die die Bedeutung dieser Steine: 'Sie
erinnern daran, zu was Menschen fähig waren und fähig sind. Sie erinnern an
das Unfassbare, an die Diskriminierung, Diffamierung, Verfolgung und
Ermordung von Menschen wegen ihres Glaubens.' Brun Appel vom Gesprächskreis
Judentum – Christentum hatte das Projekt unterstützt und bemerkte nun:
'Diese ersten Steine müssen durch weitere ergänzt werden.'"
Link zum Artikel |
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September/November 2015:
Künftig sollen in Eichstätt
Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 stattfinden
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Artikel von Eva Chloupek im "Eichstätter
Kurier" vom 30. September 2015: "Städtische Gedenkfeier geplant
Eichstätt. Am 9. November dieses Jahres soll es erstmals ein städtisches
Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus geben.
Der Kulturausschuss greift mit seinem Beschluss dazu die Anregung des
Eichstätter Gesprächskreises Christentum-Judentum auf. Die sogenannte
Reichspogromnacht am 9. November 1938 markiert den Übergang von der
Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung,
die knapp drei Jahre später in den Holocaust mündete, der 9. November ist
deshalb bundesweit ein stiller Gedenktag. Bisher gab es in Eichstätt dazu
keine öffentliche Gedenkveranstaltung. Der Gesprächskreis
Christentum-Judentum, vertreten durch Thomas Henke, will nun mit seiner
Anregung die Aktion 'Stolpersteine' des Gabrieli-Gymnasiums weiterführen.
Oberbürgermeister Andreas Steppberger lobte diese Anregung. Steppberger sah
die Aktion 'Stolpersteine', mit denen eine Projektgruppe des
Gabrieli-Gymnasiums zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig im Mai an
ehemalige jüdische Bürger Eichstätt nicht als 'Abschluss, sondern Anfang
eines Gedenkens'. 1933 waren in Eichstätt 27 jüdische Bürger gemeldet, Ende
1938 war es kein einziger mehr. Die Schüleraktion erinnert nun an fünf
Wohnhäusern mit 'Stolpersteinen' an sieben frühere jüdische Bürger. Weitere
Stolpersteine sind möglich. Am 18. Oktober ist eine Führung zu den
'Stolpersteinen' geplant. Noch in dieser Woche soll sich eine Arbeitsgruppe
zusammenfinden, die die Gedenkveranstaltung für 9. November planen wird."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica I,1 S. 192-194; III,1 S. 290-291. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 170-171. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 296. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 263-264.
|
Ahnenreihen -
Familienblätter:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Eichstaett Bavaria. Jews
are known from the late 13th century. They were killed or expelled in the
Rindfleisch massacres of 1298 but renewed the settlement soon after. They again
suffered in the Black Death persecutions of 1348-49 and were expelled in 1445,
returning only in the early 19th century. In 1900, the Jewish population was 49
(total 7.701), dropping to 27 in 1933. By 1938 all the Jews had left.
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