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Lüdenscheid, Am Ramsberg 53 Inschriften (1842-1937)

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ID lds-9
Lizenz Creative Commons Attribution-BY 4.0 International Licence [CC BY]
Zitation Digitale Edition ─ Jüdischer Friedhof Lüdenscheid, Am Ramsberg, lds-9: http://steinheim-institut.de/cgi-bin/epidat?lds-9

Name


Jizchak ben Elieser (Isaac Lazarus Lennhoff) [27.04.1842]                

Diplomatische Transkription und Übersetzung

‎‏פ״נ‏‎ Hier ist begraben
‎‏איש חמודות ורב פעלים‏‎ ›ein werter Mann‹ und ›reich an Werken‹,
‎‏ה״ה הח׳ יצחק בר אליעזר‏‎ es ist der toragelehrte Jizchak, Sohn des Elieser.
‎‏עדה המצבה כי הי׳‏‎ ›Zeugin sei diese Stele‹, dass er war
‎‏ישר ונאמן במעלליו ׃ גם שמר דרך חסידים‏‎ 5 aufrecht und getreu in seinem Wirken, auch wahrte er den Weg der Frommen,
‎‏צדיק במעשיו [...]משפט כל הימים‏‎ ein Gerechter in seinen Taten [...] und Recht all seine Tage,
‎‏חונן ורחום נתן מפתו לדל ולאביון‏‎ ›gnädig und barmherzig‹ ›gab er von seinem Brot dem Geringen‹ und dem Bedürftigen,
‎‏קדש וטהר את עצמו כי שמר תורת עליון‏‎ er heiligte und reinigte sich, denn er wahrte die Lehre des Höchsten,
‎‏על כן‏‎ daher
‎‏תהי‏‎ 10 - Es sei
‎‏ בצרור‏‎ ‎‏נפשו ‏‎ seine Seele in das Bündel
‎‏ החיים‏‎ ‎‏צרורה ‏‎ eingebunden des Lebens -
‎‏חבלים נפלו לו בנעימים‏‎ ›ist das Los ihm gefallen aufs Angenehme‹,
‎‏גדל בשם טוב משמנים וסמים‏‎ er wuchs auf ›mit Namen, besser als gutes Öl‹ und Spezereien,
‎‏ונפטר בשם טוב בן תשע וששים שנה‏‎ 15 und er verschied ›mit gutem Namen‹ im Alter von neunundsechzig Jahren
‎‏ועוד שלשה ירח[ים וימי]ם שבעה‏‎ und noch drei [Monaten und sieben] Tagen, ›satt an Tagen‹,
‎‏ביום י״ז לחדש אייר ה׳ תר״ב לפ״ק ל[יצירה] ׃‏‎ am 17. Tag des Monats Ijar 5602 [nach der Schöpfung].
 Rückseite
[---]

 

 Zl 2: Dan 10,11 | Zl 2: 2Sam 23,20  Zl 4: Gen 31,52  Zl 7: Joel 2,13 u.a. | Zl 7: Vgl. Spr 22,9  Zl 13: Ps 16,6  Zl 14: Vgl. Koh 7,1  Zl 15: bBer 17a  Zl 16: Gen 35,29

Kommentar

Datierung Gestorben Mittwoch, 27.04.1842
Dies ist der älteste erhaltene jüdische Grabstein in Lüdenscheid. Durch seine Gestaltung wie auch durch seine Grabinschrift lässt er die lange Tradition deutlich werden, in der auch die jüdische Sepulkralkultur in Lüdenscheid steht. Das relativ schlichte Grabmal trägt die hebräischen Schriftzeichen als einzigen Schmuck. Mittig über die Inschrift gesetzt folgt nach der Einleitungsformel der durch größere Buchstaben hervorgehobene Name des Verstorbenen, eingeführt mit einer kurzen Charakterisierung durch zwei beliebte Schriftzitate. Die folgende Eulogie wird mit einer beliebten Wendung, einem Zitat aus dem Buch Genesis überschrieben, die vor allem im Mittelalter Grabinschriften einleitete, und mit diesem Rückgriff auf überlieferte Formeln stellt sich dieser Text in die lange Tradition hebräischer Grabinschriften. Die folgende vierzeilige, mit Paarreim versehene Eulogie lässt jede Zeile mit einem Buchstaben des Namens des Verstorbenen beginnen, ‎‏יצחק‏‎, Jizchak (=Isaak), einem Akrostichon, einem beliebten Stilmittel solcher Lobreden. Dann folgt - entgegen der üblichen Tradition - bereits der übliche Schlußsegen nach 1 Samuel 25,29, wie er nach dem Mittelalter unter so gut wie jeder hebräischen Grabinschrift zu finden ist. Hier ist die sonst meist abgekürzte Formel ausgeschrieben und, aufgeteilt in zwei Abschnitte, von gekreuzten Lorbeerzweigen umgeben. Sie flankieren die in besonders große Buchstaben gesetzte Wendung "daher" - d.h. aufgrund seiner in der darüberstehenden Eulogie genannten guten Werke des Verstorbenen, seiner Gerechtigkeit, seiner Wohltätigkeit, seiner Gebotstreue und Frömmigkeit - war ihm ein gutes Leben beschieden, von Jugend an bis zu seinem Tod. Einer ungewöhnlich genauen Altersangabe folgt die Angabe des Sterbedatums, hier nicht wie sonst meist nach der "kleinen Zählung", also unter Weglassung der Tausenderzahl, sondern nach der Schöpfung, in Weiterführung des Endreims auf -a in den letzten drei Zeilen der Inschrift.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren jüdische Grabinschriften ausschließlich auf Hebräisch verfasst worden. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts treten nach und nach auch deutsche Inschriften neben die hebräischen Texte, verdrängen diese immer mehr, bis schließlich im 20. Jahrhundert viele Grabmale keine hebräische Inschrift mehr tragen. Wann dieser Prozess der Zweisprachigkeit in Lüdenscheid einsetzte, lässt sich heute nicht mehr bestimmen. Dieses Grabmal trug auf der Rückseite eine eingesetzte Schrifttafel, die sich nicht erhalten hat, vermutlich mit einer kurzen deutschen Inschrift mit der Angabe des Namens, des Geburts- und des Sterbedatums, eingeleitet durch "Hier ruht", vergleichbar des Grabmals des elf Jahre später gestorbenen Bruders Liefmann Lennhoff (lds-0005).
Zl 16: Die Inschrift dreht hier die Worte der beliebten Wendung ‎‏שבע ימים‏‎ "satt an Tagen" (Genesis 35,29, auf den biblischen Namensgeber Isaak bezogen) um und baut sie mit "und sieben Tagen" in die ungewöhnlich genaue Altersangabe ein, daher hier doppelt übersetzt.

Stilmittel

Reim auf -im in Zln 2, 5-6 und 12-13, auf -ion in Zln 7-8, auf -a in Zln 15-17.
Akrostichon in Zeilen 5-8: ‎‏יצחק‏‎ Jizchak

Beschreibung

Lage Grab Nr. 09. Das Grab stammt vom Vorgängerfriedhof an der Knapper Straße, wurde 1955 exhumiert und auf den neuen Friedhof am Ramsberg überführt.
Beschreibung Gesockeltes Grabmal mit abgesetztem Dreiecksgiebel.
Ornament florale Verzierung, insbesondere wurde der hebräische Schlußsegen in zwei aus gekreuzten Lorbeerzweigen gebildete Medaillons in die Mitte der hebräischen Inschrift gesetzt.
Zustand 2021 Das Grabmal war in mehrere Teile zerbrochen und wurde wieder zusammengefügt. Eine eingesetzte Schrifttafel mit vermutlich deutscher Inschrift fehlt.

Zur Person

Der um 1773 geborene Isaac Lennhoff war ein Sohn des Lazarus Liefmann und der Marianne Meriam Mirjam geb. Gumpert zu Lüdenscheid. Der Kaufmann war verheiratet mit Schöne geb. Anschel. Acht Kinder sind belegt: Anschel (1818-1882), Marianne (geb. 1817, verheiratet mit Abraham Gompertz aus Wesel), Liefmann (um 1806-1865), Jacob (geb. um 1824), Löser (um 1812-1869), Julie (1815-1872), Gumpert (geb. 1809) und Bräunchen, verheiratet mit Isac Auerbach aus Vreden.
Isaak Lennhoff und sein Bruder Liefmann waren die ersten Eigentümer des alten, Ende des 18. Jahrhunderts angelegten jüdischen Friedhofs an der Knapper Straße, der vor allem eine Erbbegräbnisstätte der Familie Lennhoff war und erst 1867 in das Eigentum der Lüdenscheider Synagogengemeinde überging. Der Friedhof wurde bis 1907 belegt und hier wurde zunächst auch Liefmann Lennhoff bestattet. 1955 wurde der Friedhof aufgehoben, die Gräber exhumiert und auf den 1887 angelegten neuen Friedhof am Ramsberg überführt.

Zur Familie

Bruder: Liefmann Lennhoff (lds-0005)
Gattin: Schöne Lennhoff geb. Anschel (lds-0010)
Söhne: Liefmann Lennhoff (lds-0011); Laser Lennhoff (lds-0016)
Töchter: Julie Lennhoff (lds-0008); Marianne Gompertz geb. Lennhoff (Jüdischer Friedhof Wesel, Ostglacis, Grabstein H 8)

Quellen / Sekundärliteratur

Isaac Lazarus in der Familiendatenbank Juden im Deutschen Reich.
Ge-Denk-Zellen Altes Rathaus Lüdenscheid/Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (Hg.): Spuren jüdischen Lebens in Lüdenscheid, Lüdenscheid 2016.
Michael Brocke: Nur Gräber bleiben mir. Jüdische Friedhöfe in Wesel. Zeugnisse jüdischen Lebens, Köln 1988, S. 112, Grabstein H 8 (Marianne Gompertz).

Fotografien

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Hüttenmeister, Nathanja

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