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Kördorf mit
Herold (VG Katzenelnbogen)
und Attenhausen (VG Nassau, Rhein-Lahn-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Kördorf bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Erstmals werden um 1700 Juden am Ort genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Kördorf 1843 39 jüdische Einwohner, 1871 30 (5,4 % von insgesamt 551
Einwohnern), 1885 34 (5,9 % von 559), 1895 33 (5,9 % von 559), 1900 24, 1905 22
(4,1 % von 533), 1910 23. Zur Gemeinde gehörten auch die in Seelbach
(ursprünglich auch mit Kalkofen), Attenhausen
(hier werden Juden bereits seit 1686 und 1721 genannt) und Herold
lebenden jüdischen Personen. 1843 lebten in Attenhausen neun, in Herold
zehn jüdische Einwohner, 1905 in Attenhausen zwölf jüdische Einwohner.
1932 waren es in Kördorf 18, Seelbach
fünf, in Attenhausen 14 und in Herold zwei jüdische Einwohner. Die jüdischen
Familien verdienten den Lebensunterhalt durch Handel, insbesondere durch
Viehhandel, lebten aber insgesamt in sehr einfachen bis armseligen
Verhältnissen.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule), vermutlich ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise - in Verbindung
mit anderen Gemeinden der Umgebung, insbesondere Singhofen
und Seelbach - ein jüdischer Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war. 1840 wurde der damalige Religionslehrer Kahn in Kördorf durch Dr.
Benjamin Hochstädter aus Langenschwalbach
mit zufriedenstellendem Ergebnis visitiert. 1864 wird ein Lehrer Aron in Kördorf
bei einer Lehrerkonferenz genannt (siehe Bericht unten). 1915/16 gab es in Kördorf noch vier
schulpflichtige Kinder, denen Religionsunterricht erteilt wurde. Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk (Bad) Ems
(später Bad Ems-Weilburg).
Ein wichtiger Verein für die in den Orten Kördorf und Umgebung lebenden
jüdischen Familien war der 1752 gegründete "Wohltätigkeitsverein"
mit Mitgliedern in Ems, Dausenau und Nassau,
der den Synagogenverband Kördorf auf Grund der Armut seiner Mitglieder
unterstützte.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Leopold Rosenthal
aus Herold (geb. 25.12.1890 in Herold, gef. 7.9.1914). Außerdem ist gefallen:
Unteroffizier Otto Löwenberg (geb. 23.4.1896 in Kördorf, lebte vor 1914 in
Limburg/Lahn, gef. 24.3.1918)
Um 1924, als zur Gemeinde 28 Personen gehörten (5,4 % von insgesamt
516 Einwohner), waren die Gemeindevorsteher Berthold Löwenberg, Carl
Blumenthal und Albert Rosenthal (in Herold). Damals gab es noch fünf jüdische
Kinder der Gemeinde, die Religionsunterricht durch einen auswärtigen Lehrer
erhielten. 1932 waren die Gemeindevorsteher Karl Blumenthal (1. Vors.),
Albert Rosenthal (Herold, 2. Vors.) und Leopold Blumenthal
(Schatzmeister).
1933 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 19 jüdische Personen. In
den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1942 wohnte noch ein
jüdischer Mann am Ort.
Von den in Kördorf geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jenny Berg geb. Löwenberg
(1879), Sabine Goldschmidt geb. Löwenberg (1868), Martha Hartogs geb.
Blumenthal (1889), Franziska Leopold geb. Löwenberg (1865), Adolf Löwenberg
(1877), Leo Löwenberg (1908), Moritz Löwenberg (1871), Rosa Löwenberg (1885),
Thea Löwenberg (1922), Bertha Seligmann geb. Blumenthal (1879), Salomon Abraham
Seligmann (1873).
Aus Attenhausen sind umgekommen: Paula Herz geb. Levita (1900), Johanna
Leopold geb. Levita (1898), Hermann (Heymann) Sonneberg (1878), Karl Sonneberg
(1883), Martha (Mathilde) Sonneberg (1885), Hedwig Stern (1932), Hilda Stern
geb. Levita (1895), Walter Stern (1928).
Aus Herold sind umgekommen: Mathilde (Minna) Rosenthal (1882), Max
Rosenthal (1888), Betty Seligmann geb. Rosenthal (1886).
Aus Bremberg sind umgekommen: Caroline Blum geb. Weinberger (1882),
Adolfina Strauß geb. Weinberger (1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1889 /
1893 / 1894
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1889:
"Die Kultusgemeinde Kördorf, verbunden mit Singhofen,
Regierungsbezirk Wiesbaden, sucht zum 1. Januar 1890 einen
Religionslehrer, Kantor und Schächter. Gehalt 750 Mark jährlich, ohne
Schechita. Bewerber wollen sich gefälligst wenden an
Kultusvorsteher Arnstein, Seelbach bei Nassau,
Regierungsbezirk Wiesbaden". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1893:
"Die Kultusgemeinde Kördorf, Regierungs-Bezirk Wiesbaden,
sucht zum 15. August dieses Jahres einen Lehrer, Kantor und Schochet.
Gehalt 500 Mark. Nachweisbarer Nebenverdienst 250-300 Mark. Bewerber
wollen sich innerhalb 14 Tagen gefälligst wenden an den Vorstand
S. Arnstein, Seelbach, Post Singhofen." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1893:
"Die Stelle eines tüchtigen Religionslehrers, Schochets und Kantors
ist in der israelitischen Kultusgemeinde Kördorf,
Regierungs-Bezirk Wiesbaden zu besetzen. Gehalt 550 Mark, nachweislich
sichere Nebenverdienste 250 bis 300 Mark. Antritt vom 1. September ab.
Bewerber wollen sich baldigst wenden an den Vorstand
Arnstein in Seelbach bei Singhofen." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Februar 1894:
"Für einen Lehrer, Vorbeter und Schächter ist in der Gemeinde Kördorf,
Rabbinatsbezirk Bad Ems, eine Stelle frei. Gehalt aus Kördorf und einer
Privatgemeinde 680 Mark. Für Schächten und sonstige Nebenverdienste 150
bis 200 Mark. Kost und Wohnung für Einzelstehende wird für 300 Mark
gewährt. Bewerber wollen sich baldigst wenden an den
Vorsteher Arnstein, in Seelbach bei Nassau." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1894:
"Die Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle der Gemeinde Kördorf,
Regierungsbezirk Wiesbaden, verbunden mit der Gemeinde Cramberg ist am 1.
Januar 1895 zu besetzen. Gehalt aus Kördorf 550 Mark, aus Cramberg 130
Mark. Nebenverdienst 150-200 Mark. Kost und Logis wird für 300 Mark
gewährt. Bewerber wollen sich wenden an den Vorsteher
Arnstein zu Seelbach bei Singhofen." |
Lehrer Aron in Kördorf wird bei einer Lehrerkonferenz
in Singhofen genannt (1864)
Artikel
in "Der Israelitische Lehrer" vom 6. Oktober 1864:
"Aus Nassau. Zu Singhofen
(Amt Nassau) hat am 19. September eine Versammlung israelitischer Lehrer zu
dem Zwecke stattgefunden, einen gemeinsamen Anschluss an den
Unterstützungsverein zu bewerkstelligen. Diese Versammlung war von den
Herren Friedberg aus Nastätten,
Morgenthal aus Holzappel,
Emmel aus Limburg, Levi aus
Eltville, Laubheim aus
Singhofen, Aron aus Kördorf
(nicht: Kirdorf), Friedberg aus
Ruppertshofen besucht (Heymann
aus Schierstein hatte seine
Verhinderung angezeigt). Als vorzüglichster Erfolg dieser Vorberatung haben
wir vorläufig mitzuteilen, dass Anfangs November eine größere Versammlung in
Limburg a.L. stattfinden soll, und dass
als Vertrauensmann Herr Friedberg aus
Ruppertshofen bestimmt worden,
welcher die Einladung (an Rabbiner, Vorstände, Lehrer und Gemeindeglieder
erlassen wird, und bei welchem auch die Anmeldungen zu machen sind. Die
betreffende Ansprache wird in einer der nächsten Nummern des 'Israelitischen
Lehrer' erscheinen." |
Der Gemeinderat erlaubt nicht die Durchführung des jüdischen
Religionsunterrichtes im Schulhaus (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1892: "Bad
Ems. Während in fast allen Gemeinden des Regierungsbezirkes Wiesbaden
die öffentlichen Elementarschulgebäude bereitwilligst von den
Gemeinderäten für Erteilung des israelitischen Religionsunterrichtes zur
Verfügung gestellt werden, wollte der Gemeinderat des Weltdorfes Kördorf
von solchem Entgegenkommen nichts wissen, sodass die jüdische Gemeinde
ein kleines, dumpfes Zimmer für den Religionsunterricht vorläufig sich
beschaffen musste. Der Bezirksrabbiner Herr Dr. Weingarten erhob nun
Beschwerde bei der Königlichen Regierung zu Wiesbaden, welche auf Grund
einer ministeriellen Verfügung vom 28. Februar 1870 den Gemeinderat von
Kördorf aufforderte, sofort ein Zimmer im öffentlichen Schulgebäude
für Erteilung des israelitischen Religionsunterrichtes einzuräumen. Es
dürfte von allgemeinem Interesse sein, den Inhalt des betreffenden
Ministerialreskriptes, welches sich in den Akten des Bezirksrabbinates Ems
befinden, im Wortlaut zu erfahren. Der jüdische Religionsunterricht, so
heißt es daselbst, gehört zu den obligatorischen
Unterrichtsgegenständen und ist von dem betreffenden jüdischen
Religionslehrer nach § 2 und 3 des Nassauischen Gesetzes über den
öffentlichen Unterricht vom 24. Mai 1817 in Verbindung mit § 59 der dazu
gehörigen allgemeinen Schulordnung für die Volksschulen zu erteilen. Ist
auch den Juden zu überlassen für die zur Erteilung des jüdischen
Religionsunterrichtes geeignete Persönlichkeiten selbst zu sorgen, so
kann doch darüber hierüber die Beschaffung eines Unterrichtslokals von
ihnen nicht verlangt werden. Der zufällige Besitz eines zur Erteilung der
Unterrichts geeigneten Lokals seitens der jüdischen Gemeinde kann an den
bestehenden Rechten und Verpflichtungen nichts ändern. Wenn die
Schulzimmer in dem Schulgebäude anderweitig so sehr in Anspruch genommen
sind, dass es untunlich ist, eines derselben für einige Stunden
wöchentlich zur Verfügung zu stellen, so wird es nicht schwer fallen,
die gegenwärtigen Einrichtungen so abzuändern, dass den begründeten
Ansprüchen der Juden genügt werden kann. Ebenso wenig kann auch die
Verbindung des jüdischen Religionsunterrichts mit dem in der hebräischen
Sprache Gewicht gelegt werden, da hierdurch allein der erstere nicht
seines Charakters als eines Elementar-Gegenstandes entkleidet
wird." |
Zur Geschichte der Synagoge
1820 wird im Zusammenhang mit der Trauung eines
jüdischen Paares am 19. Januar 1820 erstmals ein jüdisches Bethaus in Kördorf
genannt. 1837 stellten die in Kördorf lebenden jüdischen Familien den
Antrag, an Stelle der bisherigen Synagoge eine neue zu errichten. Die bisherige
sei in einem baufälligen Zustand. Die katholische Kirche protestierte dagegen,
weil die Synagoge zu nahe an der Kirche stand. Daher wurde von Seiten der Stadt
der Antrag der jüdischen Gemeinde zunächst abgelehnt. Erst 1844/45
konnte das bisherige Synagogengebäude neu ausgebaut werden. Bei der Synagoge
Kördorf handelte es sich um einen giebelständigen Fachwerkbau mit
schiefergedecktem Sattelbach mit Eingang von der Straße. Eine Frauenempore war
vorhanden, worauf das auf dem Foto unten sichtbare halbrunde Fenster auf
Emporenhöhe hinweist.
Etwa 90 Jahre war die Synagoge noch Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am
Ort. Vermutlich kurz nach 1933 wurde das Gebäude verkauft und profaniert.
Beim Novemberpogrom 1938 kam es daher zu keinen Aktionen gegen das
Gebäude.
Nach 1945 bestand das ehemalige Synagogengebäude noch einige Jahre; es wurde als
Holzschuppen verwendet. 1960 oder 1965 wurde das Gebäude abgebrochen.
Adresse/Standort der Synagoge:
Lahnstraße
Fotos
(Quelle: Landesamt S. 220 - Ausschnittvergrößerung)
Das Synagogengebäude
in Kördorf
(1950er-Jahre) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. 1971
Bd. I S. 459-460. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 572-573. |
| Franz Gölzenleuchter: Sie verbrennen alle
Gotteshäuser im Lande (Psalm 74,8). Jüdische Spuren im Rhein-Lahn-Kreis -
Jahrzehnte danach. Limburg 1998. S. 91-92. Text
online (Link wie oben) |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 219-220 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Koerdorf Hesse-Nassau.
Established in 1842, the community renovated its old synagogue in 1844-45 and
numbered 34 (6 % of the total) in 1885. Affiliated with the Wiesbaden rabbinate,
it had a district membership but ceased to exist after Kristallnacht
(9-10 November 1938).
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