Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Achern
(Ortenaukreis)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Achern
In Achern bestand zu keiner Zeit eine jüdische
Gemeinde. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ließen sich in der Stadt einige
jüdische Personen nieder, die zur Synagogengemeinde
Bühl gehörten.
Nach den Ergebnissen der Volkszählungen zwischen 1825 und 1933 wurden in
Achern gezählt (einschließlich der Patientinnen und Patienten in der Illenau;
teilweise wurden allerdings die "ortsanwesenden" und nicht nur die
"ortsansässigen" Personen gezählt): bis 1839 keine jüdischen Personen am Ort;
1864 15, 1871 14, 1875 18, 1880 10, 1885 21, 1890 16, 1895 8, 1900 17, 1905 23,
1910 25, 1925 15, 1933 18.
1903 ist in Achern geboren: Karl Kindermann, später Gymnasialprofessor in Lahr.
Im Ersten Weltkrieg ist aus Achern
gefallen: Herbert Kaufmann (geb. 1888 in Lichtenau, gef. 1918); auf dem 1935
errichteten Kriegerdenkmal der Stadt wurde sein Name nicht verzeichnet.
Bis nach 1933 lebten am Ort die Familie des Zahnarztes Dr. Walter Gerber
(verheiratet mit Anneliese geb. Behringer; 1933 nach Australien emigriert) und
die Familie Max Hammel (Fautenbachstraße 8, Hannelore Fetter geb. Hammel geb.
1923 siehe unten, Max Hammel lebte nach 1945 in einem jüdischen Altersheim in
Straßburg). Die Sensenfabrik in der Kirchstraße gehörte Sigmund Bühler in Bühl.
Zur Geschichte jüdischer Patientinnen und Patienten in der Illenau. In
der früheren Heil- und Pflegeanstalt Illenau waren seit der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts auch jüdische Patientinnen und Patienten, die unter
seelsorgerlicher Betreuung durch den Offenburger Rabbiner standen. 1940 wurden
im Zusammenhang mit den so genannten "Euthanasie-Aktionen auch die jüdischen
Patientinnen und Patienten in Vernichtungslager transportiert. Mindestens fünf
Personen kamen dadurch ums Leben.
Von den den in Achern geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (einschließlich der Patientinnen und Patienten der Illenau; Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Paul Bänder (geb.
1905 in Kattowitz, wohnhaft in Breslau, Achern und
Heil- und Pflegeanstalt Bendorf-Sayn, deportiert ab Koblenz 1942 in das
Ghetto Krasniczyn, umgekommen), Hannelore Fetterer geb. Hammel (geb. 1923
in Achern, wohnhaft in Offenburg und
Stuttgart, deportiert 1. Dezember 1941
von Stuttgart nach Riga, umgekommen 1944 im KZ Stutthof), Julius Hirsch
(geb. 1892 in Achern, wohnhaft in Karlsruhe
und Achern, deportiert ab Stuttgart-Trier-Düsseldorf-Dortmund 1943 in das
Vernichtungslager Auschwitz, ermordet), Emil Kaufmann (geb. 188 in
Lichtenau, wohnhaft in Heil- und
Pflegeanstalt Wiesloch und Achern,
deportiert am 24. Oktober 1940 und ermordet ("Euthanasie"), Betty Knopf
(geb. 1887 in Pforzheim, wohnhaft in
Freiburg und in der Illenau/Achern, 1940
in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau, ermordet 10. Oktober 1940 in Grafeneck
(Münsingen), Julius Nauen (geb. 1879 in Waldulm/Achern, wohnhaft in
Aglasterhausen und Mannheim, nach
Pogromnacht vom 11. November bis 5. Dezember 1938 im KZ Dachau, später
deportiert in das Vernichtungslager Auschwitz, ermordet am 31. Dezember 1942),
Martha Oberbrunner (geb. 1890 in
Offenburg, wohnhaft in Offenburg und in
der Illenau/Achern, 1940 in die Heil- und Pflegeanstalt Reichenau, ermordet 10.
Oktober 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck (Münsingen), Simon (Simcha) Pack
(geb. 1911 in Kanczuga/Przeworsk/Galizien, wohnhaft in
Karlsruhe, Illenau/Achern und
Pflegeanstalt Bermersbach-Fußbach, 1940 in die Heil- und Pflegeanstalt
Schussenried, ermordet in der Tötungsanstalt Grafeneck (Münsingen), Gustav
Schlessinger (geb. 1900 in Menzingen,
wohnhaft in der Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch,
dann Illenau/Achern, dann Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen, 1941 Heil- und
Pflegeanstalt Heppenheim, ermordet Februar
1941 in der Tötungsanstalt Hadamar, Eugen
August Silbermann (geb. 1913 in Karlsruhe, wohnhaft in Karlsruhe,
Illenau/Achern und Pflegeanstalt Bermersbach-Fußbach, 1941 Heil- und
Pflegeanstalt Schussenried, ermordet 1. November 1940 in der Tötungsanstalt
Grafeneck (Münsingen), Ida Wagner geb. Rosenheimer (geb. 1871 in Bühl, wohnhaft
in Karlsruhe und Illenau/Achern, dann Heil- und Pflegeanstalt Reichenau, 1940
ermordet in der Tötungsanstalt Grafeneck (Münsingen).
Hinweis: für Julius Hirsch wurde in Karlsruhe in der
Murgstraße ein "Stolperstein" verlegt:
https://www.11-km.de/julius-hirsch-stolperstein/
Vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Hirsch_(Fußballspieler)
Gedenktafel seit 2007 in Berlin:
https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/gedenktafeln/artikel.125735.php
Fotos / Dokumente
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
August 2011:
Überlegungen, in Achern
"Stolpersteine" zu verlegen |
Artikel von Andreas Cibis in der "Acher-Rench-Zeitung
(baden-online.de, Artikel)
vom 10. August 2011: "Stolpersteine auch in Achern?
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus: Interesse an der Aktion des Künstlers Günter Demnig
Sogenannte Stolpersteine des Aktionskünstlers Günter Demnig könnten auch bald in Achern verlegt werden. Sie erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus..."
|
Vgl. dazu auch den Bericht
in der Website jukis.de |
Mai 2018:
Nach Julius Hirsch soll eine
Straße benannt werden
Anmerkung: unter den in Illenau/Achern geborenen jüdischen Personen war Julius Hirsch (1892
Achern - 1942 Auschwitz), seit 1902 im Karlsruhe Fußball-Verein FKV, mit dem er
1910 Deutscher Meister, 1912 Vizemeister wurde; 1912 deutscher Nationalspieler
bei den Olympischen Spielen in Stockholm; 1933 als Jude aus dem FKV entlassen.
|
Artikel
in "baden-online.de" vom 12. Juli 2018:
"Illenauer in Auschwitz ermordet. Acherns OB will Naziopfer Julius
Hirsch eine Straße widmen
Julius Hirsch war ein Fußball-Nationalspieler, der in der Illenau geboren
wurde. Weil er Jude war, brachten ihn die Nazis in Auschwitz um.
Während die Fußballwelt dem WM-Finale in Russland entgegenfiebert, will
Acherns Oberbürgermeister Klaus Muttach eine Straße in den Illenau-Wiesen
nach dem früheren deutschen Fußballnationalspieler Julius Hirsch benennen.
Der Impuls dazu stammt aber nicht von ihm. Das Acherner Stadtoberhaupt
greift die Idee von Richard Busam aus Oberachern auf, eine Straße in dem
noch zu entwickelnden Neubaugebiet Illenau-Wiesen nach dem ehemaligen
Fußball-Nationalspieler Julius Hirsch zu benennen. Das Konzept für die
Illenau-Wiesen ist verwaltungsintern erarbeitet und soll dem Gemeinderat
direkt nach den Sommerferien präsentiert werden, hatte Muttach in der Bau-
und Umweltausschusssitzung am Montag angekündigt.
Mutter war in Illenau. Wer war Julius Hirsch? Dazu schreibt die
Stadtverwaltung: Am 10. Oktober 1891 wurde Emma Hirsch, die Mutter von
Julius Hirsch ausweislich der Patientenakte der Heilanstalt Illenau nach
'vielen häuslichen deprimierenden Ereignissen, Todesfällen und Krankheiten'
in der Pflegeanstalt Illenau aufgenommen. Am 7. April 1892 wurde Julius
Hirsch in der Illenau geboren. Am 27. November 1893 schrieb der Ehemann von
Emma Hirsch und Vater von Julius Hirsch, Berthold Hirsch, an die 'Direktion
der Großherzoglichen Badischen Heil– und Pflegeanstalt Illenau': '… habe ich
die Ehre Ihnen hiermit die erfreuliche Mitteilung zu machen, dass es meiner
lieben Frau sehr gut geht. Die häusliche Arbeit, die Umgebung und die nach
Kräften genossene Schonung, auch der tägliche Aufenthalt in freier Luft, hat
dazu beigetragen, dass jetzt meine liebe Frau wieder vollständig gesund ist,
wofür ich dem lieben Gott nicht genug danken kann.'
1911 Debüt gegen Ungarn. Julius Hirsch machte eine steile Karriere
und wurde 1910 mit dem Karlsruher FV Deutscher Fußballmeister sowie dreimal
in Folge Süddeutscher Meister. 1911 debütierte Hirsch als Nationalspieler
gegen die Auswahl Ungarns, in seinem zweiten Länderspiel erzielte er beim
5:5 gegen die Niederlande vier Tore. Noch im Ersten Weltkrieg diente er als
Soldat, wurde aber dann im Dritten Reich Opfer des nationalsozialistischen
Rassenwahns. 1933 wurde er als Jude aus dem Karlsruher FV ausgeschlossen,
später zur Zwangsarbeit verpflichtet. Infolge der sich dramatisch
verändernden Lebensumstände erkrankte Julius Hirsch seelisch schwer,
überlebte einen Selbstmordversuch und wird am 5. Mai 1939 in die Illenau
eingeliefert. Die hatte sich zwischenzeitlich von ihren ursprünglichen
humanitären Ansprüchen weit verabschiedet. Julius Hirsch unternahm einen
Fluchtversuch als Ausdruck der Unzufriedenheit mit seinem Aufenthalt in der
Illenau und der Sehnsucht nach seiner Familie. 1943 wurde Julius Hirsch nach
Auschwitz-Birkenau deportiert, seine beiden Kinder Heinold und Esther kamen
später in das Konzentrationslager Theresienstadt, wo sie durch die Rote
Armee am 7. Mai 1945 gerettet wurden.
Schrecklicher Wandel. Am Beispiel der Familie Hirsch verdeutlicht
sich, sagte Oberbürgermeister Muttach, wie katastrophal sich eine
verändernde Weltanschauung auch in der Illenau vom segensreichen Wirken an
der Mutter von Julius Hirsch zur todbringenden Menschenverachtung wandelte.
Mit der Benennung eines Straßennamens in den Ilenau-Wiesen soll dieser
dramatischen Veränderung am Beispiel des in der Illenau geborenen
prominenten Fußballers gedacht werden. Die Stadt Achern könne sich damit
auch der Würdigung des Deutschen Fußballbundes anschließen, der den
Julius-Hirsch-Preis ins Leben rief und mit dem besonderer Einsatz für
Toleranz und Menschenwürde, gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und
Antisemitismus ausgezeichnet wird."
Link zum Artikel |
|
April 2022:
Anlage und Eröffnung eines
"Julius-Hirsch-Platzes" auf den Illenau-Wiesen |
Artikel
von Wolfgang Winter im "Acher- und Bühler Boten" (Lokalausgabe "Badische
Neueste Nachrichten") vom 22. April 2022: "Der Julius-Hirsch-Platz ist
eröffnet.
Stele komplettiert die 'Orte des Gedenkens' / Einblick in das
Leben des Namengebers..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
|
|
Artikel von Andreas Cibis in der "Acher-Rench-Zeitung" (Lokalausgabe der
"Mittelbadischen Presse") vom 22. April 2022: "Symbol für die
Menschlichkeit.
Die Illenau hat nun mit dem Julius-Hirsch-Platz einen
weiteren Ort des Gedenkens. Der frühere Fußball-Nationalspieler stammt aus
Achern und starb in Auschwitz..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken.
|
|
Bericht zur Einweihung des
Julius-Hirsch-Platzes am 7. April 2022 in "Aktuell!" - Amtliches
Nachrichtenblatt der Stadt Achern vom 14. April 2022:
Artikel
eingestellt als pdf-Datei. |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 65-66. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|