Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Rheinland-Pfalz"
zur
Übersicht "Synagogen im Landkreis Mainz-Bingen und Stadtkreis Mainz"
Bacharach (Kreis
Mainz-Bingen) mit Niederheimbach (VG Rhein-Nahe, Kreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von
Walter Karbach)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Bacharach bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter.
Bereits in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts lebten Juden in der
Stadt. Vor den Verfolgungen des zweiten Kreuzzuges flüchteten nach einem
Bericht des Ephraim ben Jakob 1146 drei Juden mit ihren Familien in die
Burg Stahleck, wurden jedoch von Kreuzrittern erschlagen, als sie die Burg zur
Ausübung ihrer Geschäfte verließen. Bei den Ermordeten handelte es sich um den
Gelehrten Alexander ben Mose, Abraham ben Samuel und Kalonymos ben
Mordechai.
Seit Ende des 13. Jahrhunderts kam es zu weiteren Judenverfolgungen und -Pogromen
in der Stadt. So wurden auf Grund einer angeblichen Ritualmordbeschuldigung am
19. April 1283 (7. Tag des Passahfestes 5043) 26 Juden in der Stadt ermordet, darunter
zwei Talmudschüler sowie Joseph, Sohn des Rabbiners David, ein Schreiber und
ein Junge, dessen Vater wenige Jahre zuvor in Lorch bei einem Pogrom ermordet
worden war. Da unter den erschlagenen Juden Talmudschüler, ein Schreiber (= Sofer,
Torarollenschreiber) und der Sohn eines Rabbiners waren, ist anzunehmen, dass
es bereits im 13. Jahrhundert ein lebendiges jüdisches Gemeindeleben in der
Stadt gegeben hat. Eine "Judenschule" (Synagoge, s.u.) wird
zwar erst 1406/1407 genannt, war jedoch sicher bereits im 12./13. Jahrhundert
vorhanden.
1287 war Oberwesel
Ausgangspunkt einer Welle von Verfolgungen, die in den folgenden beiden Jahren
vielen Juden im Bereich des Mittelrheins das Leben kostete. Nachdem die
Oberweseler Juden beschuldigt worden waren, am Karfreitag 1287 einen stromauf
bei Bacharach aufgefundenen christlichen Jungen
(den "Guten Werner") ermordet zu haben, wurden in Oberwesel und in
Boppard vierzig Juden erschlagen. Die Leiche des Jungen wurde
in Bacharach feierlich in der
Kunibertkapelle bestattet, wo der "Gute Werner" angeblich Wunder wirkte.
Über seinem Sarkophag wurde 1293 eine neue Kapelle erbaut (nach 1426 vollendet), in der er über
Jahrhunderte (bis zur Reformationszeit, danach in
Oberwesel) verehrt wurde (siehe bei den
Fotos unten).
Erst auf Grund des Einschreitens von Rudolf von Habsburg konnten die Juden in
Oberwesel und
Boppard wieder einigermaßen in Ruhe leben.
Nachdem der Wernerkult in Bacharach in der
Reformationszeit unterbunden und die Gebeine 1621 von Jesuiten in das Feldlager
des Generalobersten Spinola verbracht worden waren, wurde die Wernerkapelle
Oberwesel, wo man die angebliche
Martersäule zeigte, zum Zentrum des Kultes. Hier wurde 1727 ein großes
Ritualmordrelief an der Außenseite der Kapelle angebracht, das erst 1970
entfernt wurde. Eine ähnlich gearbeitete Barockskulptur (siehe Abbildung in der
Seite zu Oberwesel) aus dieser Zeit stand
bis 1966 auf dem Altar der Pfarrkirche. 1728 wurde das Wernerfest obligatorisch,
die Prozession wurde erst 1971 abgeschafft.
Auf Grund der Verfolgungen Ende des 13. Jahrhundert sind die Juden aus Bacharach
geflohen und kehrten wohl erst
einige Jahre später zurück: 1316 lassen sich jüdische
Einwohner in
der Stadt wieder nachweisen. Bei den Judenverfolgungen im Sommer 1337 und während der
Pestzeit 1348/49 wurde wiederum jüdisches Leben in der Stadt ausgelöscht. 1365
werden wieder drei Juden in der Stadt aufgenommen. Bis zur Verfolgung der
Juden aus der Kurpfalz 1390 werden mehrere Juden in der Stadt
genannt, die aus anderen Städten zugezogen waren (1367 je ein Mann aus
Worms, Fritzlar,
Heidelberg und eine Witwe aus
Ahrweiler, 1371 ein Mann aus
Fulda, 1378
einer aus Sobernheim).
Im 15. Jahrhundert konnten wieder einige jüdische Familien in der Stadt
leben. Andere Juden, die sich nach Bacharach nannten, begegnen u.a. in Köln, Oppenheim, Frankfurt am Main,
Ingelheim, Göttingen, Burgau. In Quellen des 15.
Jahrhunderts wird mehrfach eine "Judengasse" genannt. Unter dem Schutz
der Pfalzgrafen konnten auch in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts einige
wenige jüdische Familien in der Stadt leben (Schutzbriefe von 1511 und
1514).
Auch im 17./18. Jahrhunderts lassen sich immer wieder einzelne jüdische
Personen/Familien feststellen. So werden 1674 Juden in der Stadt genannt,
gleichfalls 1775. 1793 lebten vier Juden (vermutlich mit ihren Familien)
in Bacharach.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808 16, 1858 62, 1895 35 jüdische Einwohner. Auch die im
benachbarten Steeg lebenden Juden gehörten zur Gemeinde in Bacharach (1807
fünf, 1858 elf, 1895 neun).
Gleichfalls gehörten die in Niederheimbach
lebenden jüdischen Personen zur Gemeinde in Bacharach (1924 13 jüdische
Einwohner, 1932 11). Mitte des 19. Jahrhunderts war bereits eine Familie
Kohlmann in Niederheimbach. Ihr Haus befand sich neben dem Pfarrhaus. Als dieses
am 21. September 1873 abgebrannt ist, wurde das Haus der Kohlmanns so schwer
beschädigt, dass es von Grund auf neu gebaut werden musste. Anfang der 1930er
Jahre waren es die folgenden drei Familien: Jakob und Sarah Kohlmann mit
den Kindern Paula, Friedel und Kurt (Kuhweg 10). Paula und Friedel konnten 1936
nach Amerika emigrieren. Die Eltern und der Bruder Kurt blieben zurück und
wurden nach der Deportation ermordet. Max und Sophie Kohlmann (Rheinstraße
58) mit ihren Kindern, die vermutlich alle emigrieren konnten. Ehepaar Bernhard
und Rose Weiß, die mit Jakob und Sarah Kohlmann 1941 von Oberheimbach
deportiert wurden.
Zur Gründung einer jüdischen Gemeinde in Bacharach kam es in den 1860er-Jahren. An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule und ein Friedhof.
Um 1924, als noch 34 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (2,1 %
von insgesamt etwa 1.600 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde
Karl Eichberg und Moritz Sommer. Damals gehörten auch in in Niederheimbach
(13 Personen, 1932 11 Personen) und Oberheimbach (3 Personen, 1932 2
Personen) lebenden jüdischen Personen zur Gemeinde. 1932 wird als
Vorsteher der Gemeinde weiterhin Karl Eichberg genannt. Jüdischen
Religionsunterricht erhielten im Schuljahr 1931/32 sechs Kinder.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: etwa 35 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert.
Von den in Bacharach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ernestine Bär geb.
Sommer (1866), Ludwig Baum (1865), Antonie Herzberg (1862), Emma
Keller (1883), Karl Keller (1889), Willi (Wilhelm) Keller (1884), Friederike Michel geb. Mayer (1861), Hans Philipp
(1911), Rosa Platz geb. Keller (1886), Bertha Rosenberg geb. Sommer (1858),
Adolf Sommer (1867), Ferdinand Sommer (1863), Bertha Wolff (1873), Siegmund
Sommer (1864), Albert Wolf (1881), Jenny Wolff (1873), Bertha Wolff (1873).
Zur Erinnerung an die jüdische Geschichte befindet sich in Bacharach eine Gedenktafel
rechts neben dem Kranentor in der Langstraße. Zur Erinnerung an die
genannten Personen: Antonie Herzberg (Langstraße 54) sowie Emma und Wilhelm
Keller (Langstraße 43) wurden im August 2014 "Stolpersteine"
verlegt.
Aus Niederheimbach sind umgekommen: Emilie Kohlmann geb. Mayer (1890),
Jakob Kohlmann (1882), Kurt Kohlmann (1923), Max Kohlmann (1886), Regina
Kohlmann geb. Levy (1881), Siegmund Kohlmann (1885), Max Weiss (1912), Rosa
Weiss ().
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der mittelalterlichen
Geschichte
Erinnerung an die Ermordung von Juden im Jahr 1283
(Artikel von 1892)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Juli 1892 (aus einem
längeren Artikel über Judenverfolgungen des Mittelalters): "Im
Jahre 1283 hat man zur Osterzeit in der Nähe von Mainz ein totes
Christenkind gefunden. Die erbitterten Judenfeinde begrüßten diesen Fall
mit Freuden, weil sich ihnen hierdurch die Gelegenheit darbot, die Juden
verdächtigen zu können. Eine christliche Amme, so wurde das Gerücht
verbreitet, hatte das Kind den Juden verkauft, die es erschlagen haben, um
dessen Blut am Pessachfeste zu genießen.
Am vorletzten Pessachtage überfiel die aufgestachelte Menge die Mainzer
Gemeinde. Zehn Personen wurden getötet und viele jüdische Häuser
geplündert. Ein Glück war, dass der edle Erzbischof, Werner sich der
armen Juden angenommen hatte, sonst wäre kein einziger Jude in Mainz am
Leben geblieben. Am selben Tage fand auch in Bacharach ein
Judengemetzel statt, wobei sechsundzwanzig Juden umkamen. Auch in anderen
Städten wurden um jene Zeit viele Juden getötet." |
Artikel von Rabbiner Dr. A. Lewin (1933) über
"Die
Gottschalke von Bacharach und Kreuznach. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in
Frankfurt um das Jahr 1400"
|
|
Nachstehend wird nur die
Einführung und
der Teil zu Gotschalk von Bacharach aus dem Beitrag
A. Lewin zitiert; der Teil zu Gottschalk von Kreuznach
wird unter Kreuznach
wiedergegeben. |
Artikel im "Gemeindeblatt
der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom Juli 1933: "Die
Gottschalke von Bacharach und Kreuznach. Ein Beitrag zur Geschichte der
Juden in Frankfurt um das Jahr 1400. Von Rabbiner Dr. A. Lewin.
Das dunkelste Jahr in der Geschichte der deutschen Juden ist das Jahr
1349. Wie ein verheerender Sturmwind kam dieses Jahr des Unheils über die
jüdischen Gemeinden. Was die Pest des großen Sterbens übrig gelassen,
das sollte die Pest der Verfolgungen vernichten. Klein war das Häuflein,
das noch übrig blieb. Ein Gutes aber hatte die kleine Zahl die die
historische Betrachtung. Der Einzelne und seine Familie treten nun
stärker hervor als vor 1349. Es sind nicht mehr nur die gelehrten
Vertreter der Lehre, deren persönliches Leben doch im Grunde ein
typisches ist, sondern nun erscheinen auch die Handelsherren, von denen
wir vorher nur ganz wenige prominente Persönlichkeiten kannten, in
größerer Zahl. Und es zeigt sich, dass nicht die Wanderlust, wie man
gewöhnlich annimmt, sie von Ort zu Ort, von Stadt zu Stadt treibt,
sondern dass die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Not, die Habgier der
großen und kleinen Potentaten sie zum Wandern zwingen. Eine große
Familie ist es, die da an den Ufern des Rheins, der Donau, des Mains, des
Neckars und der Nahe um ihre Existenz ringt. Zu ihrem Mittelpunkt wird
Frankfurt, die einzige Gemeinde, in der nach 1360 mit einer bald
vorübergehenden Ausnahme keine Austreibung stattfand. Damit wird sie zur
Muttergemeinde der deutschen Judenheit.
Zu den Familien, die im Rhein-Main-Gebiet um diese Zeit erscheinen und
deren Schicksale diese allgemeinen Beobachtungen im Einzelnen bestätigen,
gehören die des Gotschalk von Bacharach und des Gotschalk von Kreuznach.
Der erste, der die beiden in Zusammenhang bringt, ist Dietz, der in seinem
Stammbuch der Frankfurter Juden auf Seit 18 Nr. 26 über sie sagt: ‚Bacharach
I., zuerst genannt im Jahre 1391 mit Gotschalk von Bacharach,
welcher vermutlich mit dem in den Jahren 1390-92 genannten Gotschalk von Oppenheim
und dem 1400-1499 genannten Gotschalk von Kreuznach
(lauter kurpfälzische Städte) identisch ist…’ Zwei Irrtümer sind an
dieser Stelle dem Schöpfer des Stammbuches unterlaufen. Von den drei
genannten Städten ist nur Bacharach pfälzisch. Oppenheim
ist Reichsbesitz und nur zeitweilig an Kurpfalz verliehen worden.
Kreuznach ist die Hauptstadt der vorderen Grafschaft Sponheim. Es kam auch
nicht ganz, wie Stern (König Ruprecht von der Pfalz in seinen Beziehungen
zu den Juden S. XII Anm. 8) behauptet, sondern nur zu einem Fünftel durch
Schenkung der Elisabeth von Sponheim, der Schwiegertochter des Königs
Ruprecht, an die Kurpfalz. Auch die Gleichsetzung der drei genannten
Gotschalks lässt sich nicht aufrechterhalten. Es handelt sich um zwei
Personen, wie nun gezeigt werden soll, über die wir sehr gut unterrichtet
sind. Denn beide sind in der Geschichte der Juden keine Unbekannten.
Gotschalk von Bacharach ist der Sohn des Wormser Judenbürgers Man
von Köln. Da erst 1372 wieder Juden in Köln aufgenommen werden und Man
schon 1362 in Worms wohnt, so scheint er einer von denen gewesen zu sein,
die 1349 mit dem Leben davon kamen. Dass er der Sohn eines Märtyrers ist,
geht aus der Urkunde hervor, die er mit allen Wormser Familievätern und
deren verheirateten Söhnen im Jahre 1377 unterschrieb, in der sie sich
verpflichten, der Stadt Worms 20.000 Goldgulden zu leiben: Menachem Sohn
des Märtyrers Simon. Noch 1380 wird er zusammen mit seinem Schwiegersohn
Gotschalk genannt und dabei erwähnt, dass er daselbst Haus und Stallung
besitzt. Er ist auch in Worms gestorben. Von seinen Söhnen kennen wir
außer Gotschalk von Bacharach, den Fiflein, der 1369 in Straßburg
aufgenommen wird, dessen Sohn Isaak wahrscheinlich der Schwiegersohn des
Jäklin von Ulm wird und 1383 wie sein Schwiegervater in Nürnberg wohnt.
Außerdem lernen wir 1390 einen Sohn Simon kennen, der zusammen mit Simon
von Bensheim und Isaak von Kaiserslautern, dessen Frau Sara und deren
Tochter Gutlin um 1400 in Frankfurt leben, erwähnt wird. 1386 treffen wir
einen Bruder des Man, Isak von Monjoie, in Köln.
Nachdem wir nun die Familie des Gotschalk kennen gelernt haben, wollen wir
seinen Lebensweg weiter verfolgen. Am 22. November 1362 erhält er von
Gerlach von Nassau, dem Erzbischof von Mainz, für sich und seine Familie
die Niederlassungserlaubnis in dessen Landen. Gegen ein jährliches
Schutzgeld von 25 Gulden, an Martini zahlbar, darf er sich 6 Jahre in Bingen
oder sonst wo aufhalten. Von den damals Aufgenommenen ist er der
zweithöchste Steuerzahler. Die Summe ist beträchtlich, wenn man bedenkt,
dass damals in Frankfurt Jakob von Miltenberg, der später mit Meister
Mullyne, dem Vater des Maharil, der Stadt Frankfurt Geld lieh, als
Höchstbesteuerter nur 20 Gulden Judenzins zu geben hatte. Mit hoher
Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass sich Gotschalk in Sobernheim
niederließ. Dort war nämlich zwei Jahre vorher ein Platz frei geworden,
da Michel von Sobernheim in diesem Jahre nach Frankfurt übergesiedelt
war, wo er im Hause Neu-Falkenstein (Fahrgasse 18) Wohnung bezogen hatte.
Hier im kurmainzischen Sobernheim, begegnet uns Gotschalk 1363 und 1367.
Sein Kompagnon ist Lemmichen. Kurz bevor seine Schutzfrist abgelaufen war,
siedelt er nach Bacharach über. Er erhält zuerst für 3 Jahre, dann
1370 für 4 Jahre Aufenthaltserlaubnis. Nun muss er 30 Gulden pro Jahr
bezahlen. Wie lange er hier gelebt hat, ist nicht zu ermitteln. Er scheint
aber längere Zeit in dieser schönen pfälzischen Stadt am Rhein gewohnt
zu haben, da er und sein Sohn David sich noch 25 Jahre später ‚von
Bacharach’ nennen. Erst 1388 treffen wir ihn in Oppenheim. Doch hier
ist seines Bleibens nicht lange. Schon 1390 wohnt er im Lowerhof in
Frankfurt. Von diesem Hof ist heute nichts mehr erhalten. Er stand an der
Stelle wo heute das Plätzchen am Roseneck liegt, mitten im ältesten
Judenviertel der Stadt. Der Hof, in dem damals eine Reihe von jüdischen
Familien wohnte, war Eigentum des Bartholomäusstifts, an das die Juden
ihren Mietzins zu entrichten hatten. 1392 wohnt er einige Häuser daneben
im Haus zum Rosenbusch am Garküchenplatz, das noch heute diesen Namen
führt und nach einer christlichen Familie Rosenbusch, die es wohl
erbaute, genannt ist. Neben der reichen Zorlin, der Witwe des zwischen
1380-83 verstorbenen Fifelin von Dieburg,
und nach dem hoch angesehenen Süßkind von Weinheim
a.d. Bergstraße, dem zweiten Mann der Zorline, die im Ansburger Hof
an der Predigergasse wohnten, ist er einer der wohlhabendsten Juden
Frankfurts. Das beweist die Höhe der Abgaben, die von ihnen verlangt
wurden. Zorlinens, später ihres Mannes Süßkind Judensteuer betrug 60,
die des Gotschalk 50 Gulden. Aber der Aufenthalt in Frankfurt brachte dem
Gotschalk nicht viel Glück. Zwar stand die Stadt damals wirtschaftlich in
hoher Blüte, trotzdem die Niederlage bei Kronberg mit ihren finanziellen
Folgen sie außerordentlich belastete. Auch das Vermögen der Juden nahm
zu, wie die Rechenbücher ausweisen. Doch schon das Jahr 1390 machte der
Wohlhabenheit der Juden ein Ende. Um Ostern herum war Gotschalk nach
Frankfurt gekommen, wo damals der berühmte Meir ben Baruch Halewi aus Erfurt
wirkte und schon im Herbst desselben Jahres brach das Verhängnis in
Gestalt des Judenschuldenerlasses König Wenzels über die Juden Frankens
herein, das auch den Frankfurter Juden einen großen Teil ihres Vermögens
nahm. Eine große Anzahl von Schuldurkunden, die damals die Frankfurter
Juden, darunter Gotschalk von Bacharach, abgeben mussten, liegt noch heute
fein säuberlich geordnet und wunderschön geschrieben im Stadtarchiv. Die
gesamte Schuldenmasse betrug ungefähr 17.000 Gulden. Die 11
Schuldurkunden, die Gotschalk zurückgeben mussten, stellten einen Wert
von 1000 Gulden dar, eine hohe Summe, wenn man den damaligen Kaufwert des
Geldes berücksichtigt. Zwar verschwindet mit dem Jahre 1393 sein Name von
der Steuerzahlerliste, aber damit ist nicht gesagt, dass er nicht mehr in
Frankfurt gelebt hätte. Die Listen geben uns nie die genaue Zahl der in
einer Stadt lebenden Juden an. Dieser Unsicherheitsfaktor wird in den
statistischen Berechnungen meist nicht genügend berücksichtigt. Auch die
Annahmen Büchers (die Bevölkerung von Frankfurt a.M. im XIV. und XV.
Jahrh., Seite 564) sind sehr hypothetischer Natur. Von Gotschalk wissen
wir, dass er noch mehrere Jahre in Frankfurt lebte. Noch im März 1395
schließt er, seine Frau Besselin und sein Sohn, der Frankfurter
Judenbürger David, mit Siegfried Dünnebein von Lorsch, wohnhaft zu
Geisenheim, einen Vergleich. Mitte dieses Jahres leiht er der Stadt 250
Gulden, die höchste Summe, die in dieser Zeit ein Frankfurter Jude als
Darlehen gibt. Die Schuld wird 1398 an seinen Sohn David zurückbezahlt.
Der Vater scheint also in der Zwischenzeit gestorben zu sein, da nicht
anzunehmen ist, dass der alte Mann noch einmal zum Wanderstab greift. Die
Stelle des Vaters nimmt seit 1393 in den Rechenbüchern der eben erwähnte
Sohn David ein. An den Judensteuern erkennt man nun deutlich die Folgen
der Vermögenskonfiskation vom Jahre 1390. Der Höchstbesteuerte ist immer
noch Süßkind von Weinheim. Nur sind es nicht mehr 50, sondern nur mehr
24 Gulden, die Steuer des David beträgt 12 Gulden. Damit ist er immer
noch keiner von den Ärmste, aber jedenfalls bei weitem nicht mehr so wohlhabend
wie der Vater. Lange ist er noch nicht selbständig, da es von ihm in
einer Liste vom Jahr 1390 heißt: 'had nicht' (Krakauer. Urkundenbuch S.
160, S. 395: statt Daniel ist David zu lesen). Lange hat er den Vater
nicht überlebt. Bereits 1400 erscheint seine Frau Memlin, die
selbständig wie die Schwiegermutter Besselin ein Geschäft betreibt, als
Witwe. Ob der 1424/25 den höchsten Steuerbetrag zahlende Salomon von
Bacharach mit Goschalk verwandt ist, lässt sich nicht feststellen. Es
handelt sich wohl um den 1404 mit Mutter und Frau in Köln aufgenommenen
Salomon von Bacharach, der 1423 Köln verlässt (Brisch, Geschichte der
Juden in Köln und Umgebung II, S. 25.41).
Mit diesem Gotschalk von Bacharach (Oppenheim), dem Sohn des Wormser
Judenbürgers Man von Köln, dem Bruder des Simon und Fifelin und dem Schwager
des Gotschalk, darf Gotschalk von Kreuznach nicht identifiziert
werden...." |
Aus einem Reisebericht zu Bacharach - mit Bezug auf die
mittelalterliche Geschichte und Heines "Rabbi von Bacharach"
(1925)
Reisebericht
über eine Dampferfahrt auf dem Rhein in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 25. Juni 1925, daraus der Abschnitt zu Bacharach (zum
gesamten Reisebericht: links anklicken, längere Ladezeit beachten):
"...Weiter geht es hinab durch die hellgrünen Wellen, die die
schönste Landschaft widerspiegeln. Bacharach steht mit großer Schrift
rechts auf der Landungsbrücke. Hinter den roten Dächern ragt steil und
spitz die Zinne einer alten gotischen Kirche empor. Wehmut erfasst die
Seele mitten im Blühen und Leuchten und im Rauschen des grünen, in
Sonnengold getauchten Stromes. Ist es nicht leises Weinen und Wimmern,
sind es nicht Seufzer und letzte Todesschreie von tausend Jahren, die da
hinuntergurgeln, nach dem großen Wasserbecken im Norden, das sich dann
mit anderen Meeren vereinigt, und auch mit dem Meere, das fließt und
fließt und nimmer austrocknet: dem Meere des jüdischen
Leides?... Bacharach! Dort hinter dem Gebüsche stand wohl das
Häuschen, in dem der Rabbi mit seinem jungen Weibe am hellbeleuchteten
Sedertisch saß. Und hinten lauerte der Hass und die Gier nach jüdischem
Blut und Gut. Und sie fanden Eingang in das geweihte Haus zur geweihten
Stunde, in der Maske der bärtigen Glaubensgenossen. Aber hinaus ging der
Rabbi mit seinem Weib, um die Zeremonie des Händewaschens zu vollführen,
und kam nicht wieder. 'Hinaus mein Weib. Immer weiter. Und schließe die
Augen, dass du nicht siehst, nicht rechts und nicht
links!...
War das nur in Bacharach so? Und nur einmal? Überall, hinauf und
hinunter, von Basel bis Straßburg und Mainz und von da bis Worms und
Köln und bis in die Niederlande hinunter, überall jüdische Seufzer und
Schreie, die sich mit dem rauschenden Strome vermischten, jüdischer
Tränen, die in die Wellen flossen, jüdisches Blut, das das Wasser
färbte...
Der 'Rabbi von Bacharach' ist ein Fragment nur.
Und es ist mir, als hörte ich hinter den malerischen Häusergruppen
rechts und links von den ragenden alten Türmen Sturm läuten. Und von den
Ruinen der alten Schlösser stürzen die Ritter und Reisigen in wildem
Trabe die Höhen hinunter. Unten im Tale aber das gehetzte Wild, bärtige
Männer im dreieckigen Judenhut sich auf die Brust in Sterbegebeten
schlagend, Frauen im schwarzen großen Kopftuch ihre Kinder eng an die
Brust geschmiegt. Hinten die heulende Meute und vorne die brausenden
Wellen. Hinter der Kirche stieg Rauch auf und züngelten Flammen....
Und wie heute blühten die Reben, lachte die Sonne, schimmerte das Wasser,
denn es war zur Sommerzeit... Die Wellen weinen und wimmern. Es ist das
Weinen und das Wimmern von damals, das nie verstimmen
wird..." |
Zum Text
von Heines "Rabbi von Bacharach" (interner
Link) |
Einladung des Frankfurter Vereins "Agudas
Jisroel" zum einem Ausflug an den Rhein (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1928: "Am
Rheine möchte ich... Es ist alljährlich so, dass,
wenn die Reben am Rheinufer blühen, und noch später, wenn die Beeren in
der Sonne reifen, es tausend Herzen magisch nach dem Rheine, dem
'deutschen Strome' ziehet, nach seinen sagenumwobenen Schluchten und
Buchten, seinen Inseln und Denkmälern, die Gottesnatur und Menschenhand
am und im Flusse geschaffen haben.
Für uns bedeutet der Rhein auch noch etwas anderes. Hüben und drüben,
am rechten und am linken Ufer, waren blühende jüdische Gemeinwesen,
darin stilles jüdisches Glück wohnte und auch viel Blut und Tränen
flossen, da, einmal und noch einmal, die Hand des Weltenschicksals auf dem
Leidenswege der Menschheit, hier wütete und sich die wehrlosen Opfer in
den Judengassen suchte. 'Der Rabbi von Bacharach'. Ein Fragment!
Und fragmentarisch ist alles, was wir aus jenen Zeiten der Größe und der
Leiden wissen. Grabsteine ragen auf den lieblich Hängen an den Ufern,
präsentieren sich dem Auge des Fahrgastes und erzählen Fragmente,
erschütternde und erhebende Fragmente, viel von der Art des 'Rabbi von
Bacharach'...
Darum ist uns der Rhein nicht allein der liebe deutsche Strom, sondern
auch ein heiliger Strom, Wir sollten ihn, wenn sich uns Gelegenheit
bietet, hinunterfahren und neben den Reizen von Land und Wasser, die wir
als Menschen und Deutsche genießen, auch eine Stunde der Weihe und
stillen Nachdenkens widmen denen, die hüben und drüben einstens in
kleinen Giebelhäusern ihr kleines, tiefes jüdisches Glück bargen,
bis....
Die Jugendorganisation der Agudas Jisroel in Frankfurt am Main lädt zu
einer Rheinfahrt für Sonntag, den 10. August ein, worüber in einer
Bekanntmachung in den 'Blättern' Näheres zu finden ist. Sie hat auch
voriges Jahr mit bestem Erfolge die Fahrt gemacht und will dieses Jahr in
verstärktem Maße den Mitgliedern und Gästen Stunden schönen und tiefen
Erlebens auf dem herrlichen Strome bei gesellschaftlichen und geistigen
Attraktionen bieten. Viel, sehr viele, werden froh und dankbar die
Gelegenheit ergreifen, um billiges Geld (das Ganze kostet hin und zurück
einschließlich der Einsenbahnfahrt usw. Mark 5.50) den Rhein in seinen
schönsten Teilen, von Mainz bis St. Goarshausen, zu sehen, und die
Sprache seiner Wogen wie aus deutscher Sage und jüdischer Geschichte auf
sich einwirken zu lassen.
Die Karten zur Fahrtteilnahme müssen bis spätestens Mittwoch, den 15.
August, gelöst sein und sind in allen jüdischen Buchhandlungen, sowie in
der Langestraße 18, p. zu haben.
Auf zur Rheinfahrt mit dem Dampfer der Agudas Jisroel am Sonntag, den 19.
August." |
Aus der Geschichte des 19./20. Jahrhunderts
Zum Tod des Arztes Dr. Abraham Wolff (1839)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. April 1839: "Bacharach, 24. März (1839). Unsere Stadt und Umgegend hat einen herben
Verlust erlitten. Heute Morgen entschlummerte an den Folgen einer kurzen,
aber sehr schmerzlichen Krankheit Herr Abraham Wolff, med. Dr., königlicher
Physikus des Kreises St. Goar und Distrikts-Arzt dahier. Als Arzt und
Mensch gleich ausgezeichnet, hat er sich während seines hiesigen zwei und
dreißigjährigen, segensreichen Wirkens, die ungeteilte Hochachtung und
Liebe Aller erworben. Zum Lohne seiner Bemühung für die Einführung und
fernere Ausbildung der Vaccination (sc. Impfung) in hiesiger Gegend wurde
ihm schon von er kaiserlich französischen die goldene und von der
jetzigen Regierung die silberne Medaille erteilt. In statistischer
Beziehung ist es wohl nicht unwichtig, zu bemerken, dass Herr Wolff der
einzige Israelit war, der in der preußischen Monarchie eine
Kreisphysikats-Stelle bekleidete." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Hochzeitsanzeige von Emil Israel und Friedel geb.
Sommer (1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" ( Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 8. Mai 1924:
"Emil Israel - Friedel Israel geb. Sommer.
Vermählte.
Simmern (Hunsrück) - Bacharach am
Rhein". |
Zur Geschichte der Synagoge
Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden.
Schon im 12./13. Jahrhundert war eine solche sicher vorhanden, wenngleich erst
Anfang des 15. Jahrhunderts in Quellen von der "Juden schole"
(Judenschule) berichtet wird (1406/1407). Sie lag nach einer Beschreibung von 1407 gegenüber
dem Haus eines Ritters von Katzenelnbogen, das an die Badstube stieß. Zur Zeit
dieser Erwähnung der Judenschule war sie - nach der Vertreibung der Juden aus
der Stadt 1390 - bereits in christlichen Privatbesitz gekommen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde wiederum ein Betsaal
beziehungsweise eine Synagoge eingerichtet. Sie befand sich auf dem Holzmarkt in
der zweiten Reihe. Ein Treppenaufgang führte zu ihr. Das Gebäude gehörte
mindestens seit 1867 der Israelitischen Gemeinde (Karl-Ernst Linz: Bacharacher
Haus- und Grundbesitzer 1990, S. 223 mit Nachweisen für 1867 und 1897/98 für
das Gebäude Blücherstraße 28). Eine Hinweistafel ist nicht vorhanden.
Adresse/Standort der Synagoge: Blücherstraße (hinter dem Hotel "Gelber Hof",
Blücherstraße 28; der erhaltene Treppenaufgang führte zum Gebäude der
Synagoge).
Besondere Erinnerungen an die jüdische Geschichte der
Stadt:
| Heinrich Heine verfasste
den fragmentarisch gebliebenen Roman "Der Rabbi von Bacharach". Der Dichter
arbeitete daran seit 1822/23, vermutlich als eine Reaktion auf die 1819
wieder ausgebrochenen Judenverfolgungen. Es ist nicht bekannt, warum Heine
die Arbeit an dem 1840 als Fragment erschienenen Roman eingestellt hat.
Der nachstehende Beitrag erschien in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
in einer Fortsetzungsreihe zwischen dem 13. Juli und dem 21. September 1906
(im Einzelnen siehe Dateinamen der Textabbildungen). Verfasser der Artikel
ist Gustav Karpeles (1848-1909), der von 1890 bis zu seinem Tod Redakteur
und Herausgeber der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" war, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Karpeles). Er hat verschiedene
Beiträge zu Heinrich Heine publiziert.
1863 hat ein unbekannter Autor Heines Fragment für Bacharach zu einem Ende
geführt: Unter dem Titel "Rabbi Abraham von Bacharach" ist die knappe
Fortsetzung als historische Novelle im "Jahrbuch für Israeliten auf das Jahr
5624 – 1864" in Leipzig erschienen.
Zum Text von Heinrich Heines
"Rabbi von Bacharach" (interner Link)
|
| In der Wernerkapelle in Bacharach wurde
jahrhundertelang der 1287 angeblich stromab in
Oberwesel von Juden ermordete Knabe
Werner verehrt, bis die Reformation dem antijüdischen Kult ein Ende machte,
indem Werners Sarkophag beseitigt, die Gebeine in ein Felsengrab darunter
beigesetzt und ein paar Jahre später in eine Wandnische gelegt wurden. Dort
haben sie 1621 jesuitische Feldgeistliche gehoben und ins Hauptquartier des
spanischen Feldherrn Spinola gebracht; ihre Spur verliert sich 1644 in
Lille. Bereits 1548 ist ein Zeigefinger nach Besançon gelangt, was zur bis
heute andauernden Verehrung Werners in Frankreich führt, den man dort Saint
Vernier bzw. Verny nennt. Siehe Wikipedia-Artikel
https://fr.wikipedia.org/wiki/Vernier_d'Oberwesel
Inzwischen ist die Ruine der Wernerkapelle Mahnmal
zu einem geschwisterlichen Umgangs der Religionen. So ist seit dem Abschluss der Restaurierungsmaßnahmen
1996 eine Tafel mit einem Gebet Papst Johannes' XXIII. an der Wernerkapelle
angebracht ("Wir erkennen heute, dass viele Jahrhunderte der
Blindheit unsere Augen verhüllt haben, so dass wir die Schönheit deines
auserwählten Volkes nicht mehr sehen und in seinem Gesicht nicht mehr die Züge
unseres gestorbenen Bruders wiedererkennen. Wir erkennen, dass ein Kainsmal
auf unserer Stirn steht. Im Laufe der Jahrhunderte hat unser Bruder Abel in
dem Blute gelegen, das wir vergossen, und er hat Tränen geweint, die wir
verursacht haben, weil wir deine Liebe vergaßen.
Vergib
uns den Fluch, den wir zu Unrecht an den Namen der Juden hefteten. Vergib
uns, dass wir dich in ihrem Fleische zum zweitenmal ans Kreuz schlugen. Denn
wir wussten nicht, was wir taten").
Weite Beachtung fand die Installation eines
"Roten Fensters" in der Wernerkapelle von 2007 bis 2010 (siehe
unten).
Wikipedia-Artikel
zum "Werner von Oberwesel"
Seiten der Realschule
von Oberwesel zur Wernerkapelle
Seite zum
Roten Fenster der Wernerkapelle |
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.8.2007)
Die mittelalterliche "Judengasse", jetzt
Rosenstraße |
|
|
|
|
Straßenschild
"Rosenstraße" |
Ziehbrunnen in der
Rosenstraße |
Blick in die
ehemalige "Judengasse" |
|
|
|
Erinnerung an
die letzte Synagoge
Blücherstraße 28
(Fotos: Friedrich G. Paff, Bacharach) |
|
|
|
Die
letzte Synagoge in Bacharach befand sich im Gebäude Blücherstraße 28;
erhalten ist der historische Treppenaufgang zur Synagoge.
Eine Hinweistafel ist nicht vorhanden. |
|
|
|
Haus einer
vermuteten mittelalterlichen Synagoge
in Bacharach-Steeg
|
|
|
|
Das Haus der
ehemaligen Synagoge wurde davor auch als Zehnthaus genutzt. Das jetzige Fachwerk ist von einer
Erweiterung des Gebäudes von 1585. Das Gebäude
wurde 1994 umfassend renoviert.
Friedrich G. Paff merkt dazu kritisch an (Mitteilung vom 28.6.2017):
"Die Synagoge in Steeg scheint wohl mehr Wunsch als Wirklichkeit zu
sein, man wollte die älteste haben, doch eine dann entzifferte Inschrift
deutete nicht darauf hin". |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Das "Rote
Fenster" in der Wernerkapelle (2007-2010) |
|
|
|
|
Ansichten
des "Roten Fensters" in der Wernerkapelle |
Ausschnitte
von Heinrich Heines Erzählung
"Der Rabbi von Bacharach" |
|
|
|
|
|
|
|
Weitere
Ansichten des "Roten Fensters" |
Erläuterungen
mit Zitat des
Textes im Fenster |
|
|
|
|
|
|
|
|
Offenbar
notwendige Sicherung der
Kunstinstallation durch Kameras |
|
|
|
|
Das
"Rote Fenster" war in Bacharach nicht unumstritten. Eine
Gruppe, die die Anbringung
des Fensters nicht akzeptieren konnte, sah in
dem "Roten Fenster" eine "Verhunzung" der
Wernerkapelle; das Fenster war für drei Jahre genehmigt. Es wurde
mit Ablauf der
Genehmigungsfrist am Pfingstmontag, 24. Mai 2010 ausgebaut. |
|
|
|
|
Plakate
kritischen Inhalts am Aufgang von der Stadt zur Wernerkapelle |
|
|
Gedenktafel
für die ehemals
in Bacharach lebenden Juden
in der Langstraße rechts
neben dem Kranentor |
|
|
|
"Meine
Stimme zu ihm - ich schreie, ich flehe, du, höre mein Gebet. Der Feind
verfolgt
meine Seele, duckt zur Erde mein Leben. Setzt mich in Finsternisse
wie Urzeittote. Du zu dir hin
berge ich mich. Ein Harfenlied Davids. Zum
Gedenken der Juden in Bacharach." |
|
|
|
|
|
|
|
Oben:
weitere Fotos zur Gedenktafel in der Untergasse 26 (von Hartmut Holz,
Aufnahmedatum: 23.9.2010) |
|
|
|
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
September 2009:
Bibel von Max Kohlmann (ehemals Niederheimbach)
an das Ortsmuseum übergeben |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung" vom 19. September 2009:
"In Leder und mit Bronzerelief. NIEDERHEIMBACH - ORTSGESCHICHTE Jüdische Bibel für künftiges Dorfmuseum in Niederheimbach übergeben.
(red). In einer kleinen Feierstunde übergaben Günter Langenbeck und Karin Wolff, geborene Langenbeck, der Ortsgemeinde eine etwa 150 Jahre alte Bibel in hebräischer Schrift in Leder gebunden, mit Bronzerelief auf dem Deckel. Viele Anmerkungen und Übersetzungen in altdeutscher Schrift deuten auf eine häufige Nutzung hin..."
Artikel
nur über das online-Archiv der "Allgemeinen Zeitung"
zugänglich, kostenpflichtig. |
|
Juni 2010:
Zum Ausbau des "Roten
Fensters" |
Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung" vom 17. Mai 2010 (Artikel;
nicht mehr kostenlos zugänglich; kostenpflichtig möglich über https://www.genios.de/):
"Ein Fenster der Toleranz
BACHARACH -
WERNERKAPELLE Ausbaufest am Pfingstmontag
(red). Am Pfingstmontag, 24. Mai, wird die Glasinstallation 'Das Fenster' in der Wernerkapelle Bacharach ausgebaut. Das rote Fenster mit Ausschnitten aus Heinrich Heines Erzählung
'Der Rabbi von Bacharach' machte die Ruine für drei Jahre zu einem Ort der Begegnung, um über Toleranz nachzudenken und sich auszutauschen..." |
|
November 2013:
In Bacharach können "Stolpersteine"
verlegt werden |
Artikel von Jochen Werner in der
"Allgemeinen Zeitung" (Rhein Main Presse) vom 21. November 2013:
"Vier Stolpersteine für Bacharach
RAT Stadtchef Kochskämper forscht zwei Jahre gemeinsam mit anderen Bürgern über NS-Vergangenheit
BACHARACH - Den Rahmen der jüngsten Ratssitzung gab die Erklärung von Stadtchef Dieter Kochskämper und die Reaktion der Fraktionen über die Gründe seines Rückzuges aus der Tagespolitik. Meist diskutierter Punkt waren die
'Stolpersteine' als Erinnerungen an die letzten Wohnsitze von jüdischen Mitbürgern oder Euthanasieopfern im Dritten Reich vor deren Deportation in die Vernichtungslager im Osten..."
Link
zum Artikel (nicht mehr kostenlos zugänglich;
kostenpflichtig möglich über https://www.genios.de/)
|
|
August 2014:
In Bacharach wurden "Stolpersteine"
verlegt |
Artikel von Werner Dupuis in der
"Rhein-Hunsrück-Zeitung" (Rhein-Zeitung) vom 24. August 2014: "Gedenken: Stolpersteine erinnern an Bacharacher Opfer
Bacharach. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", dieser Satz aus dem dem Talmud, inspirierte den Künstler Gunter Demnig zu seiner Stolpersteinaktion. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier lebten. Am Freitag wurden vier Stolpersteine in Bacharach verlegt.
Die Inschriften auf den glänzenden Messingplatten erinnern an die deportierten jüdischen Geschwister Wilhelm und Emma Keller und an Antonie Herzberg sowie an Heinrich Pfaff, der der Euthanasie zum Opfer fiel. Alle lebten in der Langstraße..."
Link
zum Artikel |
|
Juni
2017: Nachkommen der Familie Carl
Eichberg besuchen Bacharach |
Bericht von Friedrich G. Paff:
"Der jüdischen Familie Carl Eichberg mit ihren Töchtern Inge und
Hella gelang 1938 noch die Ausreise aus Deutschland in die USA. Im Juni
2017 besuchten ihre Enkelkinder Candy Susnow und Jeff Pagelson Bacharach.
Auch ihre Kinder waren mit dabei, das ehemalige Haus ihrer Urgroßeltern
zu sehen. Den Holzmarkt hinauf warf man einen Blick noch auf die letzte
Synagoge von Bacharach. Die Reise von New York und Kalifornien aus ging
dann auch nach Oberheimbach. Sally Eichberg ist dort als Gefallener der
Ersten Weltkrieges noch genannt. Sonne beschien an diesem Tag die alten
bemoosten Gräber des Oberheimbacher jüdischen
Friedhofs." |
|
Fotos vom Besuch der
Nachkommen der Familie Carl Eichberg (Fotos: Friedrich G.
Paff) |
|
|
|
|
|
|
Nachkommen der
Familie Carl Eichberg in Bacharach
vor dem ehemaligen Haus Eichberg
(Blücherstraße 14, heute Eisenhandlung A. Heisecke) |
Gedenktafel für die
Gefallenen des
Ersten Weltkrieges in Oberheimbach
mit dem Namen von Sally Eichberg |
Auf dem jüdischen
Friedhof in Oberheimbach
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Band I S. 17; Band II,1 S. 44-45;
Band III,1 S. 69-72. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 83 (mit weiteren Literaturangaben).
|
| Doris Spormann: Das Mahnmal am Rhein. I.
Christlich-jüdischer Gottesdienst in der Ruine der Wernerkapelle in
Bacharach am 8 Juni 1997. II. Christlicher Antijudaismus am Beispiel des
Wernerkultes. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 1/1998 Heft Nr. 15. S. 5-22. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| Brigitte Meier-Hussing, Monika Nickels,
Roswitha Ruschke und Uwe Bader: "Zukunft hat
Vergangenheit". Ein Projekt mit Zeitzeugen und Jugendlichen mit Blick
auf Bacharach und die Burg Stahleck in der NS-Zeit.
In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 1/1998 Heft Nr. 15. S. 5-22. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| Peter Keber: Zur Entstehungsgeschichte der
Werner-Kapelle und zum Thema Antisemitismus. Ansprach von Peter Keber,
Bacharach, am 08. Juli 1997. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 8. Jahrgang
Ausgabe 1/1998 Heft Nr. 15. S. 5-22. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| Doris Spormann: Vom langen Weg des Umdenkens: Die
Präsentation von Sachor 15-1/98 am 4.6.1998 in Bacharach: Rede zum Leitartikel
'Das Mahnmal am Rhein - Christliche Antisemitismus am Beispiel des
Wernerkultes'. In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 9. Jahrgang, Ausgabe 1/1999. S. 5-28. Online
zugänglich (als pdf-Datei eingestellt). |
| dies.: Die Wernerlegende – ihre geschichtliche Grundlage
und der Wernerkult. In: HANSEN-BLATT. Hrsg. vom Internationalen Hansenorden
zu St. Goar e.V., 60. 2007. S. 51–59. |
|
Walter Karbach: Werner von Oberwesel.
Ritualmordlüge und Märtyrerkult. Über den "Guten Werner", bestattet 1287 zu
Bacharach. Mit einem Vorwort von Gerd Mentgen. 616 S. 89 Abb. ISBN
978-3-00-064849-6 Verlag Josef Karbach
Oberwesel Nachf., Trier 2020. 45,00 €.
Informationsblatt des Verlages (eingestellt als pdf-Datei).
|
| ders.: Sacras autem reliquias. Über den Verbleib der
Gebeine des einstigen Bistumsheiligen Werner von Oberwesel († 1287). Kleine
Schriftenreihe Nr. 36. Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der
Viertäler e. V.. Bacharach 2020.
|
| Zu Niederheimbach: Heinz Scheibe:
Niederheimbach und die Zeit unserer Vorfahren. Niederheimbach
2001/2008 Online
zugänglich (pdf-Datei) |
| Der
Bauverein Wernerkapelle Bacharach e.V. hat über die Vortragsreihe, die das
Kunstprojekt des "Roten Fensters" über 2 Jahre begleitet hat, das
Buch "Toleranz vor Augen" herausgegeben:
Frieder Schwitzgebel: Toleranz vor Augen. Hrsg. vom Bauverein
Wernerkapelle Bacharach e.V. 2010. ISBN 978-3-935647-49-6. 35.-
€.
Bestellmöglichkeit über E-Mail
Weitere
Informationen
http://www.amazon.de/gp/offer-listing/3935647492/ref=dp_olp_used?ie=UTF8&condition=used
Mit Beiträgen von GERHART BAUM, ehemaliger Bundesminister des Innern, HEIDEMARIE WIECZOREK-ZEUL, ehemalige Bundesministerin
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, WINFRIED HASSEMER; ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts,
NECLA KELEK, Soziologin und Frauenrechtlerin, LEO TREPP, letzter noch lebender Rabbiner, der den Holocaust überlebte,
BERND KORTLÄNDER, stellvertretender Direktor des Heinrich – Heine-Instituts Düsseldorf,
ELMAR SALMANN OSB, Professor an der Gregoriana in Rom, MICHA BRUMLIK, Direktor des Instituts für
Erziehungswissenschaften an der Universität Frankfurt. |
| Friedrich G. Paff: Die Hexe von Bacharach. 1983 142
S. mit Abbildungen.
Das Buch handelt von der Deportation der Juden und der Euthanasieopfer
aus Bacharach in Gedichtsform. Links das Gedicht zur Pogromnacht. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bacharach Rhineland. Three
local Jewish families found shelter in the nearby Stahleck fortress in 1146
during disturbances accompanying the Second crusade. The heads of the families
were later murdered. In 1283, 26 Jews were slaughtered in the aftermath of the
Mainz blood libel and Jews were again attacked in the Armleder (1337) and Black
Death (1348-49) persecutions. Jewish life continued into the modern era. The
community numbered 72 (total 1.601) in 1858 and 38 in 1933. Five Jews perished
in the Holocaust.
English article also via http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/judaica/ejud_0002_0003_0_01811.html
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|