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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Heidelberg
Jüdische Geschichte / Betsäle/Synagogen bis 1938/40
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In der bis zum Anfang des
19. Jahrhunderts kurpfälzischen Residenzstadt Heidelberg bestand eine jüdische
Gemeinde im Mittelalter und in der Neuzeit (seit dem 17. Jahrhundert) bis zu den
Deportationen der NS-Zeit.
Vermutlich lebten bereits
zu Beginn des 13. Jahrhunderts einzelne Juden in der Stadt, sicher seit
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (1275 erste Nennung). Beim Pogrom während
der Pestzeit 1348/49 wurde die Gemeinde vernichtet. 1350 wurden jüdische
Familien aus Worms und Speyer aufgenommen. Diese zweite mittelalterliche
Gemeinde bestand bis zur Vertreibung aller Juden aus der Kurpfalz 1390.
Im Laufe des 16. Jahrhunderts sind einzelne Juden in der Stadt bezeugt.
Erst nach 1648 konnte sich einige Familien wieder in Heidelberg
niederlassen.
Anfang des 18. Jahrhunderts waren es elf Familien, deren Zahl im Laufe
der folgenden Jahrzehnte auf 18 bis 20 Familien zunahm. 1728 promovierte
erstmals ein jüdischer Student an der Universität.
Bei den sog. "Hepp-Hepp"-Unruhen 1819 kam es zu schlimmen
Pogromen gegen die jüdischen Familien. Mit Äxten und Brecheisen wurden die
jüdischen Häuser und Läden demoliert und geplündert. Weder die Polizei noch
die Bürgergarde griffen ein. Erst bewaffnete Studenten der Universität kamen
den überfallenen Juden zu Hilfe.
1827 wurde Heidelberg Sitz einer Bezirkssynagoge. Seit 1875 wurden von
Heidelberg auch die Rabbinatsbezirke Ladenburg und Sinsheim betreut.
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1925 mit 1412 Personen
erreicht.
Seit dem 19. Jahrhundert gab es zahlreiche jüdische Handels- und
Gewerbebetriebe sowie eine zunehmende Zahl jüdischer Dozenten an der Universität.
Angaben zur jüdischen Gemeinde Heidelberg in den Handbüchern der jüdischen
Gemeindeverwaltung 1924/1932:
Angaben zu Heidelberg im "Handbuch der Jüdischen Gemeindeverwaltung und
Wohlfahrtspflege 1924/25" hrsg. von dem Deutsch-Israelitischen Gemeindebund
und von der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden S. 126. Demnach gab
es ca. 1400 jüdische Gemeindeglieder in Heidelberg. Den Gemeindevorstand
bildeten Max Liebhold (Bluntschlistr. 6), Cäsar Frisch, Isidor Maier, Max
Marx, Dr. G. Rotschild, Siegfried Seidemann, Samuel Wolf. Bezirksrabbinat
war Dr. H. Pinkuß (Bismarckstraße 19). Erster Kantor und Lehrer war Julius
Kraemer, Zweiter Kantor, Lehrer und Schochet war Raphael Jakob (Jacob).
Synagogenverwalter war Heinrich Seligmann. An der Orgel der Synagoge spielte
ein Herr Henn (nichtjüdisch). Der Religionsunterricht an den Volksschulen
erteilten Unterlehrer Durlacher und Kantor Jacob; an den höheren Schulen
erteilte Religionsunterricht Dr. Pinkuß sowie die Herren Durlacher und
Jacob.
Als besondere soziale Einrichtung der Gemeinde bestand in Heidelberg ein
Heim des Vereins für israelitische Krankenschwestern (Akademiestraße
2), wo zwei Schwestern ihren Dienst taten.
An Vereinen in der Gemeinde gab es die Israelitische
Beerdigungsbruderschaft Chewra Kadischa (Vorsitzender Gustav Gutmann),
den Wohltätigkeitsverein Gemilus chassodim (Vorsitzender Rabbiner Dr.
Pinkuß), den Krankenbesuchsverein Chewra Bikkur Cholim
(Vorsitzender Samuel Wolf), den Wohltätigkeitsverein Zedoko
(Vorsitzender Dr. Pinkuß), den Israelitischen Jünglingsverein
(Krankenkasse, Vors. M. Eisemann), den Israelitischen Frauenverein
(Vors. Olga Pinkuß), den Israelitischen Krankenschwesternverein
(Vors. F. Liebhold), die Soziale Kommission der jüdischen Gemeinde
(Vors. M. Eisemann), den Synagogen-Chorverein (Vors. L. Rosenbusch),
die Friedrich-Loge des Unabhängigen Ordens Benei Berith, den
Verein Gesellschaftliche Erholung (Vors. H. Lilienthal), den
Israelitischen Studienverein (Vors. Ferd. Liebhold), die Ortsgruppe
des Centralvereins (Vors. Dr. S. Weinberger), den Bund jüdischer
Frontsoldaten (Vors. Rechtsanwalt S. Zucker), die Ortsgruppe des
Bundes israelitischer Wohlfahrtsvereinigungen in Baden (Vors. Dr. Pinkuß),
die Jüdische Notgemeinschaft (Vors. Dr. Pinkuß).
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Angaben zu Heidelberg im "Führer durch die Jüdische Gemeindeverwaltung und
Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932-33" hrsg. von der
Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden S. 357-358. Demnach gab es 1354
jüdische Gemeindeglieder in Heidelberg. Den Gemeindevorstand bildeten
Rechtsanwalt Dr. Theodor Kaufmann (1. Vors., Hauptstr. 113), S. Seidemann
(stellvertretender Vorsitzender, Landfriedstr. 16), Raphael Jacob
(Schriftführer, Schiffgasse 4); Zur Repräsentanz gehörten Gustav
Basnizki (Kaiserstr. 9), Dr. Albert Hirsch (Leopoldstr. 10) und Ernst
Weil (Blumenstr. 11). Als Rabbiner war für Heidelberg zuständig
Bezirksrabbiner Dr. Pinkuß (Landfriedstr. 7). Oberkantor und Lehrer
war Julius Kraemer (Untere Neckarstr. 88), Kantor, Lehrer und Schochet
Jacob Raphael (Schiffgasse 4). Bei den Ausschüssen der
Gemeindeverwaltung war Dr. Fritz Pinkuß Vorsitzender des Kultus- und
Erziehungsausschusses, beim Wohlfahrtsausschuss war Dr. Theodor Kaufmann
Vorsitzender. Für die Wohlfahrtspflege der Gemeinde gab es die "Örtliche
Zentrale für jüdische Wohlfahrtspflege" mit der Geschäftsstelle in der
Hauptstraße 113 (Vors. Dr. Theodor Kaufmann; Zweck und Arbeitsgebiet:
Zusammenschluss der jüdischen Wohlfahrtsvereine Heidelbergs, Beratung und
Hilfeleistung jeder Art):
An Vereinen werden 1932 genannt: Bikkur cholim Israelitische
Beerdigungsbruderschaft (gegründet 1889, Vors. Josef Levi, Zweck und
Arbeitsgebiet: Unterstützung hilfsbedürftiger und kranker Männer,
Bestattung, 18 Mitglieder); Chewra Kadischah (Vors. Frau Gutmann,
Bergheimstr. 118; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung kranker und
hilfsbedürftiger Frauen, Bestattung, 250 Mitglieder); Israelitischer
Frauenverein e.V. (gegründet 1825, Vors. Hedwig Holland, Bahnhofstr.
53a; Zweck und Arbeitsgebiet: Fürsorge für hilfsbedürftige Frauen und
Mädchen, 191 Mitglieder); Jüdischer Jugendbund (Vors. Julius Krämer,
Neckarstr. 88; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger,
Arbeitsnachweis); Krankenschwesternverein (gegründet 1909, Vors.
Fritz Fritz Schlösser, Zeppelinstr. 3; Zweck und Arbeitsgebiet:
Krankenpflege, 240 Mitglieder); Unterstützungsverein ortsfremder
Israeliten, Zedokoh (gegründet 1893, Vors. Ernst Weil, Blumenstr. 11;
Zweck und Arbeitsgebiet: Wanderfürsorge, 165 Mitglieder); Verein Gemilus
Chassodim (Vors. Sally Goldscheider, Häußerstr. 28; Zweck und
Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger).
An Anstalten bestand der Verein für israelitische
Krankenschwestern (Schwesternstation; Akademiestr. 2, zwei Schwestern).
Religionsunterricht wurde für 175 Kinder erteilt.
An weiteren Vereinen werden genannt: Jüdischer Jugendbund (Neckarstr.
88), Freie Vereinigung zur Förderung des Wissens vom Judentum (Vors.
Prof. Dr. Beer), Bavaria (Karlstr. 9), Ivria (Hauptstraße,
Restaurant Odenheimer), Friedrich-Loge Unabhängiger Orden Benei Berith. |
Um 1933 waren jüdische Gewerbetreibende noch in allen Zweigen der
Wirtschaft tätig. Größere Betriebe waren die Badischen Möbelwerke,
zahlreiche Großhandlungen und mehrere Zigarrenfabriken, davon eine mit etwa 230
Mitarbeitern.
Nach 1933 mussten insgesamt 45 akademische Lehrer auf Grund ihrer jüdischen
Herkunft ihre Lehrtätigkeit an der Universität abbrechen, unter ihnen die
Juristen Ernst Levy und Walter Jellinek, der Romanist Helmut Hatzfeld, der
Dermatologie Siegfried Bettmann und der Physiologe und Nobelpreisträger Otto
Meyerhof.
Informationen zur Verfolgungsgeschichte 1933-1945 in Heidelberg siehe auf
der Website www.stolpersteine-heidelberg.de. Auf
dieser Seite gleichfalls Informationen über die seit 2010 in Heidelberg
verlegten "Stolpersteine".
Hinweis: Online zugänglich (als pdf-Datei eingestellt) ist die Dokumentation
"Juden an
der Universität Heidelberg - Dokumente aus sieben Jahrhunderten"
(Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Universitätsbibliothek -
Ausstellungen): Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg vom
12.6.-31.8.2002 und in der National- und Universitätsbibliothek Jerusalem.
Verantwortlich: Petra Schaffrodt und Jörg Hüfner. Dokumentation wurde
zusammengestellt von Gabriele Dörflinger im August 2002.
Zur Geschichte der Betsäle / Synagogen bis 1938/40
Mittelalter
Das mittelalterliche Wohngebiet
konzentrierte sich auf die "Judengasse" (im 19. Jahrhundert in "Dreikönigstrasse"
umbenannt), an deren Ende das "Judentor" stand. Eine Hinweistafel am Ende der
Dreikönigstrasse hält die Erinnerung an das im 18. Jahrhundert abgebrochene
Judentor bis zur Gegenwart wach. Die "Semmelgasse" (früher "Simmelgasse") ist möglicherweise
nach dem Juden Simelin genannt, der nach 1366 in Heidelberg lebte.
Die Synagoge der mittelalterlichen Gemeinde, die vermutlich erst nach der Aufnahme der Juden aus Worms und Speyer
1350 erbaut wurde, stand in der Dreikönigstraße 25/Ecke Untere Straße an der Stelle des heutigen Gebäudes Untere Straße 24. Sie hatte in ihrem Inneren eine Ausdehnung von 8,4 mal 14 m und war vermutlich als Saalbau konzipiert. Zu ihr gehörten ein ummauerter Vorhof, ein Garten sowie ein weiteres Gebäude (eventuell Tanz-, Braut- oder Schulhaus).
Kurz nach der Vertreibung der Juden (im September/Oktober 1390) wurde die Synagoge in einem feierlichen Gottesdienst
am 2. Weihnachtstag (26. Dezember 1390) vom Wormser Bischof Eckhard von Dersch zu einer Kirche zur Ehre Gottes,
Maria und des Heiligen Stephanus geweiht. Sie war lange Zeit die Universitätskapelle und das Auditorium der Theologischen und Juristischen Fakultät und wurde meist als
"capella beatae Mariae virginis" oder "capella universitatis" bezeichnet. Nachdem die Theologen ihr Auditorium in die Sapienzkirche verlegten, war in der ehemaligen Synagoge auch das Auditorium der Mediziner. Auch die Lizentiaten- und Promotionsfeiern sowie die Versammlungen der Doktoren und Magister fanden hier statt. Auf dem Merian-Stich um 1620 ist das ehemalige Synagogengebäude zu sehen. 1689 ist es bei der Zerstörung Heidelbergs im Pfälzischen Krieg niedergebrannt.
In unmittelbarer Nähe der Synagoge befand sich ein rituelles Bad, vermutlich im Bereich der Kellerräume der heutigen Häuser Untere Straße 26-28 beziehungsweise alternativ im Kellerraum Haus Dreikönigstraße 25. Für den zweiten Standort spricht eine dort
erhaltene enge Wendeltreppe, die in einen kleinen, überwölbten Kellerraum
führt, von dem es auf derselben Wendeltreppe noch weiter in die Tiefe ging.
Dieser Teil wurde später zugemauert und ist nicht mehr frei zugänglich.
Abbildungen
Die mittelalterliche, 1391 zu einer
Marienkapelle umgewidmete Synagoge |
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Ansicht
von Heidelberg nach einem Stich von Merian um 1620
(Quelle: Ausstellung "Juden an der Universität Heidelberg" s.u.
Links) |
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Die
mittelalterliche Judengasse, jetzige Dreikönigsstrasse
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 25.6.2004, rechts davon mit * Aufnahmen
vom 6.3.2020) |
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Blick
talaufwärts, rechts die
Hinweistafel "Judentor" |
Erinnerung das im
13. Jahrhundert erbaute
"Judentor" am Ende der
"Judengasse" |
Blick in die
Dreikönigsstrasse
talabwärts |
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Das
Haus Dreikönigstraße 10 - die sogenannte "Judenschule" - mit
Literaturhinweis im Fenster des Erdgeschosses |
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Das
"Judentor" auf einer Darstellung
des 18. Jahrhunderts |
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Neuzeit (17.-20. Jahrhundert)
Vom privaten
Betsaal zur Synagoge
Die neuzeitliche Gemeinde traf sich seit dem Ende des 17. Jahrhundert zu den
Gottesdiensten in einem Betsaal ("Judenschule"), der in einem der jüdischen
Häuser eingerichtet war. Zwar war nach den kurpfälzischen Bestimmungen
kein öffentlicher Gottesdienst in einem selbständigen Synagogengebäude
erlaubt, dennoch wurde ein Betraum in einem Privathaus toleriert. 1702 wird ein
Vorsänger und Schulmeister, 1704 ein Landrabbiner (Hirsch Fränkel) mit Sitz in
Heidelberg genannt. Seit 1700 fanden die Gottesdienste im Haus des Feist
Oppenheimer in der Nähe des Jesuitenkollegs statt (Gebäude Merianstrasse 3). Oppenheimer
hatte dieses Haus nach dem Stadtbrand (1693) erbauen lassen und darin, seiner
Stellung als einer der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Heidelbergs
entsprechend, eine Synagoge eingerichtet. Auf einem Plan des Jesuiten- und
Universitätsviertels von ca. 1713 ist das Gebäude Oppenheimers an der
"Heu Gass" / "Platea jesuitica" unter dem Begriff "Synagoga
Judaeorum" eingezeichnet. Die Nähe der Synagoge zum Jesuitenkollegium und
zur Jesuitenkirche führte 1714 zu einer Beschwerde der Jesuiten bei Kurfürst
Johann Wilhelm. Von der Synagoge würde zu viel Lärm ausgehen, daher sollten
die Juden aus der Nähe des Jesuitenkollegiums verschwinden. Immerhin mussten
die Jesuiten dabei zugeben, dass der störende Lärm auch von Schülern
verursacht werde, die die Synagoge sogar immer wieder mit Steinen bewerfen würden.
Um den Streit nicht eskalieren zu lassen, beschloss die Mehrheit der jüdischen
Gemeinde unter dem Vorsteher Lazarus Moyses Oppenheimer, das gegenüber der
Heuscheuer in der Großen Mantelgasse 1/Ecke Lauerstrasse gelegene Haus "Zur
Blauen Lilie" zu kaufen und dort eine Synagoge einzurichten. Der andere Teil der
Gemeinde unter dem anderen Vorsteher und bisherigen Synagogeninhaber Feist
Oppenheimer war gegen dieses Vorhaben.
Der Plan, eine neue Synagoge einzurichten, stieß freilich
bei den zuständigen Behörden zunächst auf wenig Akzeptanz. Mehrfach wurden
die Vertreter der Judenschaft vernommen, da man befürchtete, dass mit diesem
neuen Betsaal eine eigenständige Synagoge ("öffentliche Schul") eingerichtet
werden sollte. Ende Oktober 1714 wurde das Haus "Zur Blauen Lilie" von der
Polizeikommission besichtigt. Diese meinte nach der Besichtigung, dass durch
einen Betsaal an dieser abgelegenen Ecke der Stadt "niemand inkommodiert noch geärgert
werden könnte". Daraufhin gestatteten die Behörden den Kauf des Hauses durch
die Judenschaft.
Das Gebäude wurde nach Plänen des damaligen
Stadtbaumeisters Johann Adam Breunig umgebaut. Die Synagoge musste so
eingerichtet werden, dass die Fenster zur Großen Mantelgasse hin zugemauert
werden und das Haus äußerlich nicht einer Kirche gleichen sollte. Beim Kauf
und Umbau des Gebäudes haben sich die jüdischen Familien fast übernommen.
Insgesamt 3.000 Gulden mussten sie bezahlen. Vor allem aber wollten Feist
Oppenheimer und seine Freunde nichts bezahlen mit der Begründung, dass er 15
Jahre lang kostenlos eine Synagoge in seinem Haus unterhalten habe. Bei der
Versteigerung der Synagogenplätze, über die man die Baukosten finanzieren
wollte, konnten nur neun der 30 Plätze für insgesamt 996 Gulden verkauft
werden. In den folgenden Monaten spitzte sich der Streit in der Gemeinde weiter
zu, zumal die Gruppe um Lazarus Moyses Oppenheimer einen eigenen Vorsänger
anstellte. Im April 1715 trafen die Rabbiner Jacob von Worms, Hillel von der
Lemle-Moses-Klaus in Mannheim und Isaac von Durlach ein, um in der Angelegenheit
eine Entscheidung zu treffen. Selbst deren Urteil beendete jedoch nicht den
Streit um die Synagoge. Er ging noch jahrelang – selbst nach dem Tod von Feist
Oppenheimer 1720 - weiter. Erst 1737 entspannte sich die Lage, als am 1. April
1737 Moyses David das Haus "Zur Blauen Lilie" an die "sambtliche Judenschaft" in
Heidelberg für 1.590 Gulden verkaufen konnte und damit die bisher nur
tolerierte Privatsynagoge eine offizielle Gemeindesynagoge wurde.
Was das Aussehen der damaligen Synagoge betrifft, so sind
die Pläne erhalten, die vermutlich im Herbst 1714 von dem Stadtbaumeister
Breunig angefertigt wurden. Gleichfalls liegen die Versteigerungspläne der
Synagogenplätze vom Dezember 1714 vor, die eine Innenansicht des
Synagogenraumes zeigen. Nach diesen Plänen war die Synagoge in einen Frauen-
und einen Männerraum mit jeweils getrenntem Eingang unterteilt. Der an der
Ostseite des Betsaales gelegene Aron Hakodesch bestand aus einem mit
beidseitigen Geländern versehenen Aufgang, der zu dem eigentlichen Toraschrank
führte. Die etwa dreißig Plätze der Männer wurden an allen vier Seiten des
Synagogenraumes angebracht. Davor standen vermutlich jeweils bewegliche Pulte.
Noch vor 1776 wurde das damals baufällig gewordene Synagogengebäude renoviert.
Aus der Zeit der alten Synagoge: Konfirmation durch
Prediger Dr. Rehfuß (1841)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Oktober 1841:
"Heidelberg, 29. August (1841). (Privatmitteilung). Wir hatten
gestern einen so schönen, gottesdienstlichen Genuss gehabt, dass ich nicht
umhin kann, einige wenige Worte der Öffentlichkeit darüber zu
übergeben. Nach dreivierteljährigem körperlichen Leiden betrat gestern
unser Dr. Rehfuß die Kanzel zum ersten Male, und konfirmierte 4 Knaben
aus dem hiesigen Lyzeum und der höheren Bürgerschule. Die Feierlichkeit,
welcher eine große Menge Zuhörer beiwohnte, ging mit einer solchen
Begeisterung, mit einem so erhebenden Eifer und warmer Liebe für Religion
und Gerechtigkeit vor sich, dass alle Herzen durchdrungen wurden, und das
Andenken an diese Stunde bleiben sein wird." |
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Gemeinde Heidelbergs stark
an, sodass die alte Synagoge bald nicht mehr ausreichte. 1875 fasste die
Gemeinde den Entschluss zum Neubau einer Synagoge auf dem bisherigen
Synagogengrundstück. Zunächst suchte man nach einem geeigneten Raum, in dem während
der Bauzeit der neuen Synagoge die Gottesdienste gefeiert werden konnten. Eine provisorische
Synagoge konnte von August 1875 bis April 1878 in der ehemaligen Kapelle der
im früheren Augustinerinnenkloster eingerichteten städtischen Schule gefunden
werden (Grabengasse 20). Diese Kapelle wurde im Sommer 1875 zu einer Mädchenturnhalle
umgebaut worden. Der Ortsschulrat und der Stadtrat stimmten zu, dass die jüdische
Gemeinde am Sabbat und an den Feiertagen diesen Raum für die Gottesdienste
benutzte. Während der Woche wurde der Raum als Turnhalle verwendet.
Mit dem Bau der neuen Synagoge wurde nicht vor 1877 begonnen. Im Sommer
dieses Jahres kaufte die Gemeinde zunächst das neben dem alten Synagogengebäude
gelegene Haus Lauerstraße 2, um mehr Platz für den Neubau zu schaffen. Das
alte Synagogengebäude wurde auch erst 1877 abgebrochen. Die neue Synagoge wurde
nach den Plänen des bekannten Heidelberger Architekten Hermann Behaghel
(1839-1921) erbaut. Leider sind die Baupläne zum Synagogenbau nicht mehr
vorhanden. Behaghel hat in Heidelberg und Umgebung zwischen 1870 und 1910
zahlreiche Wohnhäuser und Kirchen, aber auch Geschäftshäuser und andere
Bauten geplant, erstellt oder renoviert. Die Heidelberger Synagoge gehörte zu
seinen frühen Bauten. Die Einweihung der neuen Synagoge fand am 12. April
1878 statt. Nach den erhaltenen Photographien verwendete Behaghel
unterschiedliche Stilelemente. Die Gesamtform des Gebäudes wirkt zunächst eher
gotisch, jedoch wurden auch romanische Elemente – z.B. das Stufenportal und
der Giebelfries – verwendet. Dazu finden sich vor allem in der Gestaltung der
Fenster Stilelemente der Renaissance. In dieser Verwendung verschiedener Stile
entsprach die Synagoge dem eklektizistischen Stil der Zeit.
Zur Einweihung der neuen Synagoge am 12. April 1878
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Mai 1878:
"Bonn, 28. April (1878). (Notizen). Man schreibt aus Heidelberg: Die
hiesige israelitische Gemeinde weihte am 12. ihre ganz aus eigenen Mitteln
neu erbaute Synagoge ein. Die Festpredigt hielt Dr. Sontheimer über den
Text: 'Ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre
wohnt', und die ganze Feier machte auch auf die zahlreich anwesenden
Mitglieder anderer Bekenntnisse einen erhebenden Eindruck, zu welchem aber
auch die schönen Verhältnisse und Auszierungen des neuen Tempels
beitrugen. Den Bau hat der Architekt Behaghel geleitet, und zwar, wie es
heißt, so umsichtig, dass nicht einmal die Summe des Voranschlags
erreicht worden ist, ein bei monumentalen Bauten gewiss seltenes
Ergebnis." |
1913 wurde die Synagoge nach Plänen des jüdischen Architekten
Siegfried Seidemann erweitert und renoviert. Damals wurde auch eine Orgel
eingebaut. Seidemann war später auch für den Umbau der Mannheimer
Klaussynagoge 1929/30 und der Neidensteiner
Synagoge 1930/31 verantwortlich. 1913 wurde die Heidelberger Synagoge nach
Osten hin bis zum Haus Lauerstraße 4 erweitert. In dem neuen Gebäudeteil
wurden die Garderobe, die Orgelempore und die dorthin führenden Aufgänge
untergebracht. Die Maße der Synagoge veränderten sich durch den Umbau in der Länge
von ca. 19,6 m auf ca. 23,5 m. Die Synagoge erhielt teilweise eine neue
Innenausstattung und einen neuen Innenanstrich. Im Erdgeschoss des
Gemeindehauses wurde ein Gemeindesaal eingerichtet, der auch als
Wochentagssynagoge benutzt wurde und mit der Synagoge verbunden war. Die
Feier aus Anlass der Neugestaltung der Synagoge fand am Sonntag, den 13.
April 1913 statt.
Eine letzte Renovierung der Synagoge wurde – möglicherweise auch durch
Siegfried Seidemann - zwischen 1933 und 1938 vorgenommen, vermutlich 1934,
da zum 1. Januar 1935 Neueintragungen im Feuerversicherungsbuch erfolgten. Bei
dieser Renovierung wurde vermutlich nur das Innere neu ausgemalt.
Die Synagoge der orthodoxen Juden
Während und nach dem Ersten Weltkrieg, als auch nach Heidelberg zahlreiche Juden aus Osteuropa zuzogen, hatte sich eine immer stärkere Gruppe orthodoxer Juden gesammelt, die den ostjüdischen Verein
"Ez chajim" (= "Lebensbaum") gründeten. 1921 konstituierte sich der
"Verein gesetzestreuer Juden in Heidelberg". Diesem schlossen sich orthodoxe Mitglieder der Hauptgemeinde und zahlreiche
sog. "Ostjuden" an. 1929 berief die orthodoxe Gemeinde Hermann Mayer aus Stuttgart als Rabbiner nach Heidelberg. Am 2. April 1932 konnte im Hinterhaus des Gebäudes Plöck 35 eine neue Synagoge eingeweiht werden, die von Herrn
Dr. Großberger gestaltet worden war. Trotz der beschränkten Finanzen des Vereins konnte die neue Synagoge mit Hilfe zahlreicher Spenden geschmackvoll ausgestattet werden. Sie hatte fünfzig Plätze für Männer und dreißig Plätze für Frauen. Auch ein rituelles Bad befand sich im orthodoxen Synagogengebäude.
Einweihung des neuen orthodoxen Betsaales (Synagoge)
(1932)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April
1932: "Heidelberg, 10. April. Am Schabbat Paraschat
Schemini hatte der Verein gesetzestreuer Juden Heidelbergs seine
Mitglieder zu einem Festgottesdienst anlässlich der Einweihung seines
neuen Betsaales (Synagoge) eingeladen. Dieser Einladung hatten auch
viele Mitglieder der Hauptgemeinde und des ostjüdischen Vereins Ez
Chajim Folge geleistet. In seiner Ansprache begrüßte der 1.
Vorsitzende, Herr Simon Hochherr, alle Erschienenen, insbesondere
die offiziellen Vertreter der Hauptgemeinde, im Namen des Vereins. 10
Jahre seien verflossen, seit der Verein unter schwierigen Verhältnissen
zur Pflege, Erhaltung und Förderung des gesetzestreuen Judentums
gegründet worden sei. Wenn es heute trotz aller Schwierigkeiten noch
bestehe, so sei dies dem unbeirrbaren Festhalten an den Idealen des
Vereins zu danken. Insbesondere habe Herr Saul Deutsch, den er als
die Seele des Vereins, wenn er auch nicht erwähnt sein wollte,
bezeichnete, dazu in selbstloser Weise beigetragen.
Wenn nun heute ein so würdiges Gotteshaus geschaffen sei, so hoffe er,
dass die Mitglieder auch weiterhin den Idealen des Vereins treu bleiben
werden. Zum Schlusse seiner Ansprache dankte Herr Hochherr den edlen
Spendern für ihre Unterstützung, insbesondere aber Herrn Dr.
Großberger, der trotz bescheidener Mittel eine so künstlerische und
würdige Stätte geschaffen hat. Ale Anwesenden gewannen bei diesem
Festgottesdienst, der durch den wunderbaren Vortrag des Kantors
Finkelstein aus Frankfurt am Main ein besonders feierliches Gepräge
erhielt, hohe und erhabene Eindrücke."
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Die Zerstörung der Synagogen 1938 und die Geschichte der Grundstücke nach 1945
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge von SA-Leuten
in Brand gesetzt. Gegen zwei Uhr in der Frühe des 10. November 1938 begannen
SA-Männer aus Heidelberg, die Synagoge in der Großen Mantelgasse in Brand zu
stecken. Holzwolle und Benzinkanister wurden in die Synagoge getragen. Zwischen
drei und vier Uhr wird das Gebäude in Brand gesetzt worden sein. Gegen vier Uhr
traf die Feuerwehr ein, die aber erst nach ausdrücklicher Erlaubnis der SA mit
den Löscharbeiten beginnen durfte. Sie hatte zunächst nur die Anweisung, die
umliegenden Häuser vor dem Übergreifen des Brandes zu schützen. Die Synagoge
wurde völlig zerstört. Im Laufe des frühen Morgens überzeugte sich der
NSDAP-Kreisleiter persönlich an Ort und Stelle vom Fortgang des Geschehens.
Nach der Feuerwehr rückten gegen sieben Uhr auch die SA-Leute ab. Die Synagoge
brannte bis zum späten Vormittag völlig aus. Auch der Betsaal im Gemeindehaus
neben der Synagoge wurde durch den Brand stark beschädigt. Die darüber
liegende Wohnung des Synagogendieners wurde von SA-Männern zerstört. Die aus
der Synagoge entwendeten Torarollen und die rituellen Gegenstände wurden auf
das Polizeirevier gebracht. Nationalsozialistisch gesinnte Heidelberger Bürger
und vor allem Studenten verbrannten diese etwa eine Woche nach der Zerstörung
der Synagoge auf dem Universitätsplatz Universitätsplatz.
Auch die orthodoxe Synagoge wurde am 10. November 1938 verwüstet, konnte jedoch wieder soweit renoviert werden, dass vom Anfang des Jahres 1939 an Gottesdienste stattfinden konnten. Auch der Betsaal im Gemeindehaus konnte soweit wieder hergestellt werden, dass er für Gottesdienste noch verwendbar war.
Im Februar 1939 wurde die Synagoge auf Kosten der jüdischen Gemeinde abgebrochen. 1941 ging das Grundstück Große Mantelgasse 1 bis 3 in das Eigentum der
'Reichsvereinigung der Juden in Deutschland' über. Der Platz wurde inzwischen als Spielplatz verwendet. Nach der Deportation der badischen Juden nach Gurs im Oktober 1940 sollten im nicht mehr gebrauchten jüdischen Gemeindehaus Gemeinschaftsräume für städtische Arbeiter eingerichtet werden. Im März 1942 kaufte die Stadt Heidelberg das Synagogengrundstück für 9790 RM.
Nach 1945 wurde das Grundstück von alliiertem Militär beschlagnahmt und der jüdischen Vermögensverwaltung JRSO übertragen. 1951 erhielt die neugegründete jüdische Gemeinde Heidelberg das Grundstück zurück; sie verkaufte es jedoch 1955 an die Stadt Heidelberg. Am Platz der ehemaligen Synagoge (seit 1956
'Alter Synagogenplatz') erinnert seit 1959 eine Gedenktafel an das Gotteshaus. Der ursprüngliche, schon nach Kriegsende hier aufgestellte Gedenkstein wurde 1952/53 zur jüdischen Friedhofshalle auf den Bergfriedhof verbracht, nachdem er mehrfach beschädigt worden war. Das Gebäude der früheren orthodoxen Synagoge in der Plöck 35 wurde 1959 zur Erweiterung des "Kaufhofes' abgebrochen.
1978 wurde der zunächst als Parkplatz genutzte Synagogenplatz zu einem Park umgestaltet; eine weitere völlige Neugestaltung wurde 2001 vorgenommen (Einweihung November 2001). Seitdem sind der Grundriss und verschiedene Details der früheren Synagoge in der Pflasterung hervorgehoben. Auch der ursprüngliche Gedenkstein ist im Bereich des früheren Toraschreines wieder aufgestellt worden. An der Nordwand des Hauses Große Mantelgasse 3 (ehemaliges Rabbinerhaus) wurden 2004 Tafeln mit den Namen der 292 im Jahr 1940 aus Heidelberg nach Gurs deportierten Personen angebracht.
Fotos / Abbildungen /
Pläne
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Januar 2010:
Soll es in Heidelberg soll es
"Stolpersteine" geben? |
Artikel in "Der Morgen" vom 19.
Januar 2010: "Stadtrat: Konzept für "Allgemeine Kultur des Erinnerns" gefordert.
Keine Stolpersteine geplant.
In Heidelberg soll es keine "Stolpersteine" geben, die an die Opfer nationalsozialistischer Gewalt erinnern. Im Kulturausschuss wurde nun statt dessen ein alternatives Konzept vorgestellt.
Die "Initiative Stolpersteine" wollte in Heidelberg Gedenksteine ("Stolpersteine") verlegen. In vielen Städten wurde dieses Konzept bereits umgesetzt. Der Heidelberger Gemeinderat stellte das Projekt vergangenen März allerdings zurück und beauftragte die Verwaltung, ein Konzept für eine "Allgemeine Kultur des Erinnerns" zu erarbeiten. Es soll allen Opfern und deren Angehörigen in ausreichender Form gerecht werden. Jede Generation müsse neu festlegen, an wen und was sie erinnert, heißt es in dem Abriss. Dabei gelte es stets eine Auswahl zu treffen, neu zu diskutieren und zu entscheiden, wie erinnert werden soll - etwa durch die Benennung von Straßen.
Heidelberg habe bereits einen reichhaltigen Bestand an Erinnerungszeichen, mitunter sogar aus dem Mittelalter. Einen fest umrissenen "Kanon" des Erinnerns aufzustellen sei nicht möglich, so die Verwaltung. Allerdings ließen sich Maximen formulieren, die Schwerpunktsetzungen ermöglichten - etwa der Bezug zu Heidelberg, seinen Stadtteilen und seiner Geschichte, die besondere Würdigung von Frauen, der Demokratiegeschichte bis hin zur Erinnerung an Verfolgung und Widerstand in der NS-Zeit als europäische Aufgabe.
Vorgesehen und angedacht sind Einzelmaßnahmen. So wird die Arbeitsgemeinschaft Badischer Städte eine gemeinsame Publikation zur Pflege des Friedhofs Gurs herausgeben, an der sich auch Heidelberg beteiligt. Die jüdische Kultusgemeinde wünscht eine Gedenktafel an dem orthodoxen Betsaal in der Plöck. Dazu ist eine Untersuchung seiner genauen Lage in Vorbereitung. Zudem hat das Kulturamt vor, ein Verzeichnis aller Erinnerungszeichen und Gedenktafeln im Stadtgebiet zu erarbeiten und im Internet zu veröffentlichen. hbg." |
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Januar / März 2010:
Der Kulturausschuss kann sich
"Stolpersteine" in Heidelberg vorstellen |
Artikel im "morgenweb.de" (kjs)
vom 18.1.2010 (Artikel):
"Heidelberg: Stolpersteine kommen doch.
Heidelberg. Vor einem Jahr hatte der Stadtrat die "Stolpersteine" abgelehnt und ein eigenes Konzept zur "Allgemeinen Kultur des Erinnerns" beauftragt. Jetzt kommen die Stolpersteine, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern sollen, doch: Der Kulturausschuss beschloss, dass sie jeder an einem "ausgewählten Ort der Erinnerung" verlegt werden darf, wenn Anwohner nichts dagegen haben. Der Gemeinderat muss am 11. März noch
zustimmen." |
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Artikel von Holger Buchwald in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 7. März 2010 (Artikel):
"Schon 15 Paten für Stolpersteine
Jetzt muss nur noch der Gemeinderat einwilligen. Dann könnten nach jahrelanger Diskussion endlich "Stolpersteine" für Heidelberger Naziopfer in der Stadt verlegt werden. Die Initiative Stolpersteine - ein Zusammenschluss von privaten Bürgern und Organisationen - steht bereit. Sie hat 15 Vorschläge erarbeitet, wo und für wen in Heidelberg die Messingtafeln in den Boden eingelassen werden sollten. Für alle Gedenktafeln gibt es bereits Paten, die die Kosten übernehmen wollen.
'Stolpersteine' sind kleine quadratische Messingtafeln, die im Gedenken an Nazi-Opfer vor den Häusern, in denen sie lebten, oder vor den Stätten, in denen sie wirkten, in die Straße eingelassen werden. Auf ihnen sind die Lebensdaten und die Namen der Opfer zu lesen. In vielen Städten, so auch in Mannheim und Walldorf, gibt es solche
'Stolpersteine', die Passanten an im Dritten Reich ermordete Menschen erinnern sollen.
In Heidelberg sträubten sich Gemeinderat und Stadtverwaltung hingegen jahrelang gegen die Gedenktafeln. Begründet wurde dies stets mit Bedenken aus der jüdischen Gemeinde. Das Andenken der Opfer werde förmlich mit Füßen getreten. Es sei nicht auszudenken, wenn zum Beispiel Kaugummi auf den Namen der Verstorbenen klebten. Im Januar kam es zur überraschenden Wende. Der Kulturausschuss stimmte für die "Stolpersteine". Jeder, der einen Antrag stellt und die Kosten übernimmt, soll sie verlegen lassen dürfen.
'Hier wohnte Leontine Goldschmidt, Jahrgang 1863. Vor Deportation Flucht in den Tod.
25.8.1942.' Das könnte daher schon bald auf einem Stolperstein vor dem Anwesen Friedrich-Ebert-Anlage 12 stehen. Hier hatte die Gründerin der Portheim-Stiftung gewohnt, die aus einer reichen jüdischen Familie stammte. Kurz bevor sie von der Gestapo abgeholt werden sollte, hatte sie ihrem Leben ein Ende gesetzt. Seit 2003 verlegt Gunter Demnig überall in Deutschland solche Steine für Nazi-Opfer - nicht nur für Juden, sondern auch für politisch Verfolgte, Zeugen Jehovas, Sinti und Roma, psychisch Kranke, Schwule. Einer dieser Steine kostet 100 Euro, hinzu kommen die Spesen für den Künstler. Am 11. März soll der Gemeinderat entscheiden. Sollte er zustimmen, muss die
'Initiative Stolpersteine' nur noch einen Termin mit Demnig absprechen." |
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Oktober 2010:
Erste Verlegung von
"Stolpersteinen" in Heidelberg |
Artikel von Sören Sgries in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 13.
Oktober 2010 (nur Anfang zitiert, Artikel):
"Die ersten Stolpersteine sind verlegt.
Was für ein erfreulicher Tag für die "Initiative Stolpersteine in Heidelberg". Nicht nur, dass am Dienstagnachmittag die Gedenksteine für die ersten 15 der Opfer des NS-Regimes verlegt wurden, auch das Interesse in der Bürgerschaft war ausgesprochen groß. Das zeigte schon die kurze Gedenkveranstaltung, zu der die Initiative in die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte eingeladen hatte. Weit über 100 Gäste kamen, um an der Veranstaltung teilzunehmen. Damit übertraf das Interesse die Erwartungen der Veranstalter bei weitem.
Im Namen der Initiative ließ Gabi Maerzke noch einmal das lange Ringen um die Erlaubnis, die zehnmal zehn Zentimeter großen Gedenksteine verlegen zu dürfen, Revue passieren. Seit 2008 gibt es die Bewegung in Heidelberg, aber erst im Frühjahr 2010 kam es zum kleinen "Wunder", zur "großen Überraschung", als der Gemeinderat, der sich lange gesträubt hatte, schließlich doch mit nur einer Enthaltung der Verlegung zustimmte. Bei der ersten Verlegung wurden jetzt Steine vor den ehemaligen Wohnhäusern der Familien Durlacher in der Hauptstraße 121, Blum in der Bergstraße 44 und Liebhold in der Bergstraße 86 verlegt. Vor dem Haus in der Dreikönigstraße 15 wird an Heinrich Fehrentz, und in der Dreikönigstraße 24 an Ludwig Brummer erinnert. Für Leontine Goldschmidt wurde ein Gedenkstein vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Gaisbergstraße 9 gesetzt..."
Weitere Informationen: www.stolpersteine-heidelberg.de."
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März 2011:
Gestaltung eines Gurs-Gedenksteines durch
SchülerInnen des Neuenheimer St.-Raphael- und
Elisabeth-von-Thadden-Gymnasiums |
siehe Artikel von Reinhard Lask in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 25. März 2011 (Link
zum Artikel bzw. eingestellt
als pdf-Datei) |
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Dezember 2011:
Zweite Verlegung von "Stolpersteinen"
in Heidelberg |
Artikel von Micha Hörnle in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 6. Dezember 2011: "Verfolgt,
aber nicht vergessen.
Zum zweiten Mal verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig in Heidelberg
Stolpersteine - in der letzten Woche an sieben Orten, die an 21 in der
NS-Zeit verfolgte ehemalige Mitbürger erinnern..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt
als pdf-Datei. |
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November 2012.
Dritte Verlegung von "Stolpersteinen"
in Heidelberg |
Broschüre zur dritten Verlegung von
"Stolpersteinen": online
zugänglich (Hinweis: Dateigröße 9,5 MB) |
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März 2013:
Vierte Verlegung von "Stolpersteinen"
in Heidelberg |
Weitere Informationen: www.stolpersteine-heidelberg.de |
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November 2013:
Friedenspreis für die
Stolperstein-Initiative |
Artikel von Werner Popanda in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 21. November 2013: "Friedenspreis für die Stolperstein-Initiative
Heidelberg. Gleich zwei Projekte erhalten in diesem Jahr den Heidelberger Friedenspreis. Über diese Auszeichnung und damit ein Preisgeld von jeweils 1250 Euro freuen dürfen sich die Initiative "Stolpersteine Heidelberg" sowie ein auf den Namen "Wir übernehmen Verantwortung in der Welt" getauftes Schulkinderprojekt der Theodor-Heuss-Realschule in der Altstadt.
Beide Preisträger erhielten von den Mitgliedern des Stiftungskuratoriums, dem Gerlinde Güllich, Pfarrer Kurt Faulhaber, Georg Grädler, Roland Blatz, Oberbürgermeister Eckart Würzner, der Kirchheimer Stadtteilvereinsvorsitzende Jörn Fuchs und der Dekan der katholischen Kirche, Joachim Dauer, angehören, mit je vier Stimmen mehr Nennungen als die anderen fünf Bewerber...
Für die Initiative "Stolpersteine Heidelberg", die im Stadtgebiet bislang 83 solcher "Zeichen des Erinnerns und Gedenkens" verlegt hat, nahm Helga Knaute den Preis entgegen. Sie dankte dem Kuratorium für die "Anerkennung unserer Arbeit", mit dem Preisgeld könnten nun zehn neue Stolpersteine gesetzt werden. Ein weiteres Dankeschön richtete die Initiative an Rainer Nägele vom Liegenschaftsamt der Stadt Heidelberg und an den Eppelheimer Künstler Günter Braun..."
Link
zum Artikel |
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Juli 2014:
Mahnmal zur Erinnerung an die Deportation nach
Gurs eingeweiht |
Artikel in den MRN-News.de vom 30. Juli
2014: "Heidelberg – Mahnmal erinnert an Deportation nach Gurs
Heidelberg / Metropolregion Rhein Neckar – Gedenkstein am früheren Gleis 1 des ehemaligen Bahnhofs enthüllt
Über 5.600 jüdische Bürgerinnen und Bürger aus Baden wurden am 22. Oktober 1940 mit Zügen nach Frankreich deportiert und im Lager Gurs interniert.
'Um das Geschehen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, erinnert jetzt ein Mahnmal in der Nähe des damaligen Gleises 1 an dieses dunkle Kapitel der Heidelberger Geschichte', sagte Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner bei der Enthüllung des Gedenksteins am 30. Juli 2014.
'Wir sind aufgefordert, alles dafür zu tun, dass sich solche Unmenschlichkeit niemals mehr wiederholen kann. Herkunft, Abstammung, Sprache, Hautfarbe oder Glaube dürfen nicht zu Ausgrenzung oder Verfolgung führen. Sorgen wir dafür, dass die Menschen in all ihrer Vielfalt bei uns willkommen sind. Sie bereichern unsere
Stadt'..."
Link
zum Artikel Weiterer
Artikel mit Foto in der Website der Stadt Heidelberg
Weiterer Artikel (Rhein-Neckar-Zeitung vom 1. August 2014) |
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Das Denkmal am alten
Bahnhof
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 17.6.2019) |
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November 2014:
Fünfte Verlegung von
"Stolpersteinen" |
Bei der fünften Verlegung von
"Stolpersteinen" in Heidelberg am Donnerstag, 20. November 2014
wurden 22 "Stolpersteine" an den folgenden Orten verlegt: Plöck
34 für Mitglieder der Familie Seligmann und für Julie Jankau (Umverlegung),
Friedrich-Ebert-Anlage 41 für Familie Sommer, Friedrich-Ebert-Anlage 55
für Mitglieder der Familie Fisch, Bergheimer Straße 81 für Richard
Broosch, Weberstraße 5 für Mitglieder der Familie Müller, Weberstraße
7 für Mitglieder der Familie Kuhn, Blumenthalstraße 36 für Elise
Dosenheimer, Dantestraße 14 für Mitglieder der Familie Bettmann und in
der Goethestraße 12 für Mitglieder der Familie Sussmanowitz/Székely.
Weitere Informationen über die Broschüre
Stolpersteine Heidelberg 2014 (pdf-Datei) und über www.stolpersteine-heidelberg.de |
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Februar 2015:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" |
Artikel von Jürgen Brückmann in
"heidelberg24.de" vom 6. Februar 2015: "Denkmale von unten. 15 neue
Stolpersteine in Heidelberg!
Am 6. Februar 2015 wurden in Heidelberg 15 neue Stolpersteine in Gedenken an
Opfer des NS-Regimes verlegt.
Heidelberg – Sie erinnern an die schrecklichen Gräueltaten des
NS-Regimes an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland – die Stolpersteine.
Am Freitag wurden in Heidelberg 15 neue verlegt. In Handschuhsheim,
Neuenheim, Bergheim und in der Altstadt wurden heute 15 weitere Gedenksteine
von der Initiative Stolpersteine feierlich verlegt. Die Betonsteine (zehn
mal zehn Zentimeter) mit einer verankerten Messingplatte erinnern an das
Schicksal von Menschen, die vom Nazi-Regime deportiert wurden und werden an
den ehemaligen Wohnorten in den Bürgersteig eingesetzt. 50.000 Steine wurden
seit 1997 an 1.100 Orten in Deutschland und in 18 weiteren europäischen
Ländern bereits verlegt. Den Impuls zu den Stolpersteinen gab der Kölner
Künstler Gunter Demnig, der die Steine auch heute an fünf Plätzen der Stadt
und in Anwesenheit von vielen Nachbarn sowie Bürgern des Stadtteils
einsetzte.
Handschuhsheimer Landstraße 47a: Hier lebten Isidor und Sara
Blumberg, die in der Altstadt eine Metzgerei führten. Am 22. Oktober
1940 wurden sie im Zuge der Deportationen badischer Juden ins
südfranzösische Internierungslager Gurs verschleppt, wo sie bereits nach
wenigen Wochen im Alter von 75 bzw. 77 Jahren starben.
Wenige Meter weiter, im Hainsbachweg 1, erinnert ein Stolperstein
jetzt an die Familie Demuth. Der Realschullehrer Dr. Ludwig Demuth
wurde ebenfalls nach Gurs deportiert, konnte dort aber von seinem bereits
vorher nach Frankreich geflohenen Sohn Hans-Werner befreit werden, der
wiederum 1942 nach Auschwitz gebracht und dort ermordet wurde. Olga Demuth
verstarb 1940; Tochter Gisela konnte den Deportationen nur knapp entgehen.
Bergstraße 32: Hier lebte die Familie des Landtagsabgeordneten Dr.
Guido Leser. Leser zog mit seiner Frau Irmingard 1936 nach Berlin, wo
sich beide nach Erhalt der Aufforderung zur Deportation nach Theresienstadt
das Leben nahmen. Ihr Sohn Conrad verließ das Land bereits 1934.
Max und Rosalie Wertheimer lebten seit 1934 in der
Bluntschlistraße 4 in Bergheim. Der Textil-Handelsvertreter Max
Wertheimer wurde bereits 1938 mehrere Wochen im Konzentrationslager Dachau
interniert. Die Eheleute wurden 1940 ebenfalls zuerst nach Gurs und 1942
nach Auschwitz gebracht und ermordet.
In der Hauptstraße 187 wohnte die Familie von Julius Wertheimer,
der eine Schneiderei in der Grabengasse betrieb, die 1934 liquidiert wurde.
Julius und seine Frau Klara starben nach kurzer Zeit im Internierungslager
Gurs an Typhus. Der älteste Sohn Karl konnte nach Kolumbien fliehen, Sohn
Fritz Samuel verlor sein Leben 1943 in Auschwitz.
120 Stolpersteine wurden mittlerweile bei sechs Verlegungen im gesamten
Heidelberg Stadtgebiet eingesetzt. Bei der abschließenden Gedenkstunde in
der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte würdigte deren Geschäftsführer Prof. Dr.
Walter Mühlhausen die 'Denkmale von unten, mit der die Erinnerung
aufrechterhalten wird. Gerade in diesen Tagen erkannte man wieder, wie
Erinnerungen politisch instrumentalisiert werden können. Mit den
Stolpersteinen funktioniert das nicht.' Die Arbeit der Initiative
Stolpersteine geht weiter – die engagierten Bürger treffen sich in offener
Runde an jedem zweiten Dienstag in der Volkshochschule. Mehr Infos online
unter
www.stolpersteine-heidelberg.de."
Link zum Artikel |
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April 2016:
Gedenktafel für die nach Gurs deportierten
jüdischen Personen aus Heidelberg |
Am 26. April 2016 wurde in der
Schwanenteich-Anlage am Gurs-Mahnmal eine Inschriftentafel
enthüllt. |
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November 2018:
Zum Stand der Verlegung von
"Stolpersteinen" in Heidelberg und der Region
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Artikel von Volker Oesterreich
in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 9. November 2018: "Tagesthema
Pogromnacht 1938. Fast täglich werden es mehr Stolpersteine. Allein in
Heidelberg 152 - Europaweit sind es mehr als 70.000
Heidelberg. Sie schimmern in sanfter Messingfarbe zu unseren Füßen.
Manche trampeln unbedarft über sie hinweg. Andere verharren vor den
'Stolpersteinen', lesen die auf ihnen verewigten Namen - und machen sich
dabei bewusst, wie allgegenwärtig das Unrecht während der NS-Zeit war, als
Millionen von Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, behinderte Menschen,
Zeugen Jehovas oder politisch Andersdenkende verfolgt, verjagt und ermordet
worden waren. Mit den ins Straßenpflaster eingelassenen 'Stolpersteinen'
wird an die Einzelschicksale erinnert. Europaweit. Die Messingplaketten
geben den Menschen, die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert
wurden, die Namen zurück. Der 71-jährige Künstler Gunter Demnig hatte vor 26
Jahren die Idee zu dieser Aktion. In Köln wurde 1992 das erste Täfelchen
verlegt. Viele Städte folgten - oft nach langen, zum Teil heftig geführten
Diskussionen, ob dies die richtige Form des Erinnerns sei. So auch in
Heidelberg. Gegner behaupteten, die 'Stolpersteine' vor den Wohnhäusern der
NS-Opfer führten dazu, dass ihr Andenken mit Füßen getreten werde. Aber
vielleicht sind solche Behauptungen nur ein Vorwand, weil manche
Zeitgenossen vor der eigenen Haustüre nicht daran erinnert werden wollen,
dass Ausgrenzung, Pogrom und Massenmord mitten unter uns begonnen haben.
Dieser Tage wurde in Frankfurt am Main der 70.000. 'Stolperstein' verlegt.
Er erinnert an Willy Zimmerer, der 1944 im nordhessischen Hadamar als
Behinderter ermordet wurde. Alle 'Stolpersteine' zusammen gelten als das
größte dezentrale Mahnmal der Welt. Man findet sie in 1265 deutschen
Kommunen und in 23 weiteren Staaten Europas.
Auf seiner Homepage veröffentlicht Demnig die jeweiligen Orte und Termine,
seine Liste reichte am Donnerstag schon bis zum 10. Dezember. In Heidelberg
kümmert sich eine eigene Initiative um die 'Stolpersteine', sie trifft sich
jeden zweiten Dienstag im Monat in der Volkshochschule an der Bergheimer
Straße und dokumentiert ihre Aktivitäten ebenfalls auf einer eigenen
Homepage. Darauf werden unter anderem die Kurzbiografien der vertriebenen,
verfolgten und ermordeten Opfer der NS-Zeit veröffentlicht. Über die von
2011 bis 2015 verlegten Heidelberger 'Stolpersteine' informiert überdies ein
vor drei Jahren erschienenes Buch (Kurpfälzischer Verlag, Heidelberg, 192 S.
mit zahlr. Abb., 15 Euro). Mitglieder der Initiative, darunter auch Schüler
und Studierende, recherchieren für die Beiträge. Ergänzt werden die
Biografien durch Exkurse zu speziellen Themen, die Heidelberg betreffen,
durch eine Zeittafel und verschiedene Register. 2006 hat sich Demnig die
'Stolpersteine' patentieren lassen. Wer eine Patenschaft für die Herstellung
und Verlegung eines 'Stolpersteins' übernehmen möchte, kann dies für 120
Euro tun. Den jeweiligen Städten entstehen keine Kosten. Selbstverständlich
werden Stolpersteine nicht gegen den Willen von Angehörigen von Opfern
verlegt. Die Erinnerungsplaketten auf den Betonwürfeln haben eine
Kantenlänge von zehn Zentimetern. Namen und Daten werden per Hand in die
Plaketten eingeschlagen. Meist beginnt der Text mit den Worten 'Hier
wohnte', dann folgen die Lebensdaten, größtenteils auch die Orte des Exils
oder die Konzentrationslager, in denen die NS-Opfer ermordet wurden. Die
Plaketten werden so ins Pflaster oder den jeweiligen Gehwegbelag
eingelassen, dass man eben nicht stolpern kann. Nur gedanklich soll man dies
tun. Beim Lesen der Inschriften verneigt man sich unwillkürlich vor den
Opfern. Allein in unserer Region kann man dies vor Hunderten von
'Stolpersteinen' tun.
Stolpersteine in der Region: Hier ein Überblick ohne Anspruch auf
Vollständigkeit: In Adelsheim findet
man 5 'Stolpersteine', in Brühl 6, in
Eberbach 48, in Heidelberg 152,
in Hockenheim 33, in
Ludwigshafen 253, in
Mannheim 155, in
Meckesheim 25, in
Mosbach einen, in
Neidenstein 10, in
Nußloch 4, in
Schriesheim 26, in
Speyer 16, in
Viernheim 45, in
Waibstadt 7, in
Walldorf 20, in
Weinheim 45, in
Wiesloch 42 und in
Worms 189. Fast täglich werden es mehr. Ein
Erfolg sondergleichen für den mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten
Künstler, der 1947 in Berlin geboren wurde und seit vielen Jahren in Köln
lebt. Info:
www.stolpersteine-heidelberg.de,
www.stolpersteine.eu."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Gedenken an die Pogromnacht 1938
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Artikel von Marie Böhm in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 11. November 1938: "Heidelberg. Hunderte
gedachten auf dem Synagogenplatz der Reichspogromnacht 1938. Aufruf gegen
einen neuen Antisemitismus
Heidelberg. Jeden Tag kommen Hunderte Menschen am alten Marstall vorbei.
Kaum jemand denkt dabei wohl an die Wut und Zerstörung, die Mitbürger an dem
kaum 20 Meter entfernten alten Synagogenplatz erlebten. Heute rufen nur noch
Umrisse und ein Gedenkstein Erinnerungen an die Synagoge wach, die hier bis
1938 stand. In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurden in ganz
Deutschland Synagogen, Geschäfte und Wohnhäuser jüdischer Mitbürger
zerstört, die Bewohner niedergeschlagen, zusammengepfercht und in
Konzentrationslager verschleppt. Kaum jemand von ihnen konnte dem Hass
entgehen, viele starben später unter grauenvollen Umständen. Die furchtbaren
Geschehnisse dieser Nacht sind bis heute eine der grundlegenden Erinnerungen
an die Judenverfolgung des Naziregimes. Darum gedenken jedes Jahr Bürger der
Stadt zusammen mit der jüdischen Gemeinde und der Stadtverwaltung der Opfer
der Reichspogromnacht. Mehr als 300 Bürger fanden sich am Samstag aber nicht
nur zur Erinnerung, sondern auch zum Aufruf gegen neuen Antisemitismus
zusammen: 'Eine Gedenkfeier soll vor allem eine Gedenkfeier bleiben. Das
sind wir den Opfern von damals schuldig. Und doch sind wir ihnen auch
schuldig, auf Entwicklungen in der Gegenwart hinzuweisen, die ähnliche
Konsequenzen haben könnten.' Damit bringt der Rabbiner Janusz
Pawelczyk-Kissin von der Jüdischen Gemeinde Heidelbergs einen Punkt zur
Sprache, der viele beschäftigt: eine neu aufkommende Welle von
Antisemitismus.
Erst letzten Monat gab es in Halle einen rechtsextremistischen Anschlag auf
eine jüdische Gemeinde. Ausgerechnet an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen
Feiertag, fand der versuchte Massenmord statt. Zwei Menschen wurden getötet,
zwei weitere schwer verletzt. Diese Tat erschütterte ganz Deutschland. Viele
hatten nicht gedacht, dass dieser extreme Antisemitismus je wieder in
Deutschland Fuß fassen könnte. Dabei sei Hass gegen jüdische Mitbürger
weiter verbreitet als man wahrhaben wolle, sagte Hieronymus Eichengrün. Der
22-Jährige ist einer der Studenten der Hochschule für Jüdische Studien, die
am Samstag die Namen der fast 300 aus Heidelberg deportierten Bürger
verlasen: 'Das ist kein neues Problem. Es gibt auch hier in Heidelberg immer
wieder kleinere Vorfälle und Hassreden. Man kann sich als Jude nicht klar zu
erkennen geben, ohne Beleidigungen befürchten zu müssen. Das ist mir selbst
auch schon passiert.' Die beste Art, die Lage zu verbessern, ist seiner
Meinung nach: 'Zivilcourage zeigen! Wenn man selbst antisemitische
Äußerungen hört, muss man sich dagegenstellen. Egal, ob das jetzt im
Geschäft, auf der Straße oder in der eigenen Familie passiert.'
Zu einer klaren Position gegen Antisemitismus rief auch der Erste
Bürgermeister Jürgen Odszuck auf: 'Der kulturelle Austausch ist ein
wichtiger Teil Heidelbergs. In unserer Stadt leben Menschen aus Hunderten
Kulturen und Religionen. Deswegen stellen wir uns entschieden gegen die
Ausgrenzung einer dieser Gruppen, der jüdischen Mitbürger. Gerade vor dem
Hintergrund unserer eigenen Geschichte werden wir entschieden gegen den
Antisemitismus vorgehen. Nie wieder soll es zu so einem Terror kommen!' Das
findet auch Regine Buyer. Die 67-Jährige kommt fast jedes Jahr zur
Gedenkfeier: 'Ob Christen, Juden, Muslime oder Andersgläubige: Wir müssen
zusammenhalten gegen den Hass, gegen einzelne Gruppen.' Ein guter Anfang im
Kampf gegen den Judenhass sei die richtige Information, so Eichengrün: 'Man
muss hinterfragen, was vor allem von extremen Parteien verbreitet wird. Das
ist geistige Brandstiftung, diese Verbreitung von Hasspropaganda und vor
allem Fremdenfeindlichkeit. Man kann dem schon entgegenwirken, indem man
demokratische Parteien wählt, anstatt der national-sozialistisch
ausgerichteten.' Auch die Darstellung von Juden und des Staates Israel müsse
sich ändern, so Pawelczyk-Kissin: 'Einer der größten Auslöser des momentanen
Antisemitismus ist vermutlich der Hass gegen den israelischen Staat, den
viele nicht vom Judentum trennen. Israel wird fast nur negativ dargestellt.
Das führt zu einem falschen Bild der Lage. Wir wissen, dass Antisemitismus
nicht dasselbe ist wie Antiisraelismus, aber wissen das Angreifer wie in
Halle auch?' Ein Problem sei auch die Darstellung jüdischer Bürger in den
Medien. 'Das fängt schon mit Geschichtsbüchern an. Juden werden oft als
etwas Außenstehendes dargestellt statt als Teil des Volkes. Wir bräuchten
nur eine neutrale öffentliche Darstellung, was zu einer neutraleren
Wahrnehmung führt.' Deswegen sei Wachsamkeit im Umgang mit Medien wichtig:
'Man sollte nicht alles so hinnehmen, wie es serviert wird. Ob bei
reißerischen Internetartikeln oder Gerüchten: Man muss sich zuerst zum
Hintergrund informieren, bevor man sich eine falsche Meinung bildet.'"
Link zum Artikel |
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Februar 2020:
Neunte Verlegung von
"Stolpersteinen" in Heidelberg |
Artikel von Hans Böhringer in
der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 10. Februar 2020: "Den 'Namen zurückgeben'
- Neunte Stolpersteinverlegung in Heidelberg
Künstler Gunter Demnig erinnert an NS-Verfolgte - Nachfahren erzählen
Familienschicksale
Heidelberg. 'Heimat, das ist ein Wort, das ich lange nur mit dem
Herzen verstanden habe', erklärt Linda Ziskind. Im Halbkreis stehen die
Zuhörer vor dem ehemaligen Wohnort ihres Großvaters nahe dem Rohrbacher
Markt. Noch ist der Zement nass rings um die sechs Messingschilder vor der
Türschwelle, eben erst kniete Gunter Demnig dort auf dem Boden, klopfte und
strich die neu gesetzten Steine ins Lot. Jetzt hat er sich zurückgezogen, an
allen Stationen an diesem Montag erledigt er seine Aufgabe sorgfältig und
schnell – und überlässt anderen das Erzählen. Europaweit lässt der Künstler
Demnig die Plaketten in den Boden ein. Auf einer jeden dokumentiert er die
Lebensdaten einer von den Nationalsozialisten verfolgten Person. Mit den
Stolpersteinen will Demnig diesen Menschen 'ihren Namen zurückgeben'. Als
Ort wählt er dafür die letzte selbst gewählte Wohnung der Opfer vor der
Flucht oder der Deportation. An den Ort kommen dann mit den Namen auch die
Geschichten zurück. Linda Ziskind ist mit ihren Cousins aus den Vereinigten
Staaten angereist. Ihr Großvater war Oskar Ehrmann, er lebte mit seinen
beiden Söhnen Hans und Rolf in Rohrbach. 1936 musste der jüdische
Geschäftsmann unter dem Druck der Nürnberger Rassengesetze seinen Tabakladen
schließen und das Haus verkaufen. Den Ehrmanns gelang die Flucht in die USA.
Später lernte dort, in New Jersey, Linda Ziskind die Heimat ihres Vaters
Hans kennen, im Haus der Großeltern: Denn die hatten ihren gesamten Hausrat
mitgenommen – wie eine Zeitmaschine habe das einen in das Rohrbach der
Dreißigerjahre transportiert, erklärt sie.
Zum neunten Mal werden Stolpersteine auch in Heidelberg verlegt, ungefähr
die Hälfte von Demnig persönlich. Ziskind betont damit, wie sehr ihre
Familie in Deutschland verwurzelt war: Nicht etwa Juden, die zufällig in
Deutschland lebten, seien ihre Vorfahren gewesen, sondern Deutsche, die eben
jüdisch waren. Sie hat einen Stammbaum dabei und erklärt, ihr Vater sei die
siebte Generation gewesen, die in der Region Heidelbergs zur Welt kam. Die
Brüder Hans und Rolf Ehrmann wollten der US-Armee beitreten, um die Nazis zu
bekämpfen. Hans wurde abgelehnt, denn seit einem Unfall im Tabakladen seines
Vaters war er auf einem Auge blind. Viele Jahre später, in den Achtzigern,
kehrte er dennoch nach Heidelberg zurück, klingelte bei einem Nachbarhaus
und stellte sich vor: 'Ich habe hier einmal gelebt.' Der alte Mann, der an
die Tür geholt wurde, erkannte Hans: 'Ach ja, du bist der kleine Junge, der
sich das Auge mit dem Messer ausgestochen hat.' Viele solche Anekdoten kann
Linda Ziskind erzählen – sie alle zeigen: Die Ehrmanns waren mitten drin in
ihrer Nachbarschaft.
Auch bei einer weiteren Stolperstein-Verlegung sind Nachfahren zugegen: Die
Brüder Arnon und Gilead Lammfromm sind aus Israel angereist. Ihr Vater
Alfred floh mit nur 15 Jahren nach Palästina, ihre Großmutter Dora wurde in
Auschwitz ermordet. 'Ich hoffe, dass Leute sich erinnern werden, hier lebten
einmal jüdische Familien', sagt Arnon. Maria Martus ist Bewohnerin des
ehemaligen Hauses der Lammfromms in der Weststadt, sie hat zusammen mit
anderen die Steine davor gestiftet. Bestürzt zeigt sich Martus, wie
schleichend die Verfolgung der jüdischen Mitbürger aufkam: 'Haben die Leute
nicht gemerkt, dass die Lammfromms sich von ihrem einzigen Sohn trennen?'
Auf dem Weg zwischen zwei Stationen eröffnet Demnig, dass es auch ihm mit
den Stolpersteinen um die Frage gehe: 'Wie konnte so etwas geschehen im Land
der Dichter und Denker?' Er hofft, Jugendliche dazu zu bringen, sich mit
dieser Frage auseinander zu setzen. Immer wieder äußern die Gäste der
Verlegungen ihre Sorge über das Wiedererstarken des Antisemitismus in
Deutschland. Ziskind betont ihre Zuversicht in die Erinnerungspraxis: Sie
habe festgestellt, dass es viele Deutsche gebe, die sich der Aufgabe
angenommen hätten, die Verfolgten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Die Stolpersteine seien ein gutes Beispiel dafür: 'So wird das Unsichtbare
wieder sichtbar.' Info: Am Dienstag werden Stolpersteine verlegt, angefangen
wird um 10 Uhr in der Mühltalstraße 101."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur (Auswahl):
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 121-129. |
| Germania Judaica II,1 S.344f; III,1 S.523ff. |
| Hannelore Künzl: Auf den Spuren der ersten Heidelberger Synagoge, in:
Rhein-Neckar-Zeitung, Heidelberg, 3.Dez.1981. |
| Benno Szklanowski: Der alte jüdische Friedhof am Klingenteich in Heidelberg
1702-1876, in: Neue Hefte zur Stadtentwicklung und Stadtgeschichte 3 (1984). |
| Arno Weckbecker: Die Judenverfolgung in Heidelberg 1933-1945, in:
Motive-Texte-Materialien 29 (1985). |
| ders.: Die Judenverfolgung in Heidelberg 1933-1945. Heidelberg unter dem
Nationalsozialismus (hg. von Jörg Schadt/Michael Caroli), in:
Motive-Texte-Materialien. Heidelberg 1985 S. 399-412. |
| Norbert Giovannini, Jo-Hannes Bauer, Hans-Martin Mumm:
Jüdisches Leben in Heidelberg. Studien zu einer unterbrochenen Geschichte.
Heidelberg 1992. |
| Andreas Cser, Susanne Döring, Norbert Giovannini u.a.: Geschichte der Juden in Heidelberg.
(= Buchreihe der Stadt Heidelberg. Band VI. Hg. von Peter Blum). Heidelberg 1996. |
| Barbara Löslein: Die Heidelberger Synagogen. in: Heidelberg.
Geschichte und Gestalt. Hg. von Elmar Mittler. Heidelberg 1996. S.
228-235. |
| dies.: Geschichte der Heidelberger Synagogen. Heidelberg 1992 (=
Kunsthistorisches Institut der Universität Heidelberg. Veröffentlichungen
zur Heidelberger Altstadt. Hg. von Peter Anselm Riedl. Heft 26). |
| Franz-Josef Ziwes (Hg.): Badische Synagogen. 1997 S. 66-69. |
| Peter Blum (Hg.): Geschichte der Juden in Heidelberg. Heidelberg 1996. |
| Norbert Giovannini, Frank Moraw: Erinnertes Leben. Autobiographische Texte zur
jüdischen
Geschichte Heidelbergs. Heidelberg 1998. |
| Miriam Magall: Ein Rundgang durch das jüdische
Heidelberg. Universitätsverlag Winter in Heidelberg. 2006. 176 S. 18 €.
ISBN 3-8253-5173-4.
Buchvorstellung. |
| Dokumentation
"Juden an der Universität Heidelberg - Dokumente aus sieben Jahrhunderten"
(Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Universitätsbibliothek -
Ausstellungen): Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg vom
12.6.-31.8.2002 und in der National- und Universitätsbibliothek Jerusalem.
Verantwortlich: Petra Schaffrodt und Jörg Hüfner.
Dokumentation wurde zusammengestellt von Gabriele Dörflinger im
August 2002. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012.
Zur Synagoge in Heidelberg S. 197-206. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Heidelberg, Baden. A Jewish community
with a synagogue and cemetery existed in the early 14th century, and was
destroyed in the Black Death persecutions of 1348-49, with all Jewish property
expropriated by Elector Rupert I. A new community was established within a
number of years. Jews traded in cattle and operated stalls in the municipal
market as well as engaging in brokerage and moneylending. In 1390 they were
expelled by Rupert II together with all the Jews of the Palatinate.
Few Jews lived in Heidelberg up to the late 17th century. The Oppenheimer
family arrived around 1660, with the well-known Court Jew Joseph Suess
Oppenheimer born there in 1698. By 1743, 12 Jewish families were present as the
community continued to expand despite local opposition. In 1724, Jews were
admitted to Heidelberg University for the first time and maintained a student
body of 19 throughout the century.
With the annexation of Heidelberg to Baden, legal restrictions affecting Jews
were gradually removed and full civil rights were granted. Nonetheless,
anti-Jewish feeling persisted and Jews were attacked in the Hep! Hep! riots of
1819 and the revolutionary disturbances of 1848. The Jewish population grew to
445 in 1852 and 927 in 1900 (total 53,144) as Jews shifted to the professional
class and became active in industry and banking and a progressive and
well-educated community emerged in the university town, raising the banners of
assimilation and religious reform. The leader of Reform in Heidelberg and Baden
was Karl Rehfuss (1792-1842), who taught at the University and founded a Jewish
elementary school in 1821. He was supported by R. Shelomo Fuerst (1792-1870),
who was appointed chief rabbi with jurisdiction over 20 communities when
Heidelberg became the seat of the district rabbinate in 1827. R. Fuerst adopted
a Reform prayer book and introduced an organ into the synagogue in 1854. In 1876
a new synagogue and cemetery were consecrated and in 1894 Baden's first B'nai
B'rith lodge was opened. During the 19th century, the number of Jewish students
at the University grew, reaching a peak of 76 in the 1884-88 period. Many came
from Czarist Russia, including Hebrew Poet Shaul Tchernichowsky (1875-1943) and
the historian Yosef Klausner (1874-1958), while among Jewish lecturers and
researchers a number chose to convert to advance their academic careers as the
University remained a hotbed of antisemitism. Hermann (Tzevi Hirsch) Schapira
(1848-1948), one of the early leaders of Hovevei Zion and originator of the idea
of the Hebrew University and the Jewish National Fund, came to study there in
1878. Jewish students from Russia initiated Zionist activity after the First
Zionist Congress in 1897. During worldwar I and after, Jewish refugees from
Poland and East Galicia settled in Heidelberg, founding their own congregation.
The Jewish population reached a maximum of 1,421 in 1925, dropping to 1,102 in
1933, with Jews remaining a leading force in the local economy, operating
furniture and cigarette factories and large wholesale establishments. Most
national organizations were represented there, including the Zionist youth
movements.
At the outset of Nazi rule, 34 Jewish professors were dismissed from the
University and by 1935 one Jewish student remained in addition to those from
mixed marriages. Jewish children were isolated in separate classrooms in the
public school, and by the end of 1938 Jewish businesses had been completely
"Aryanized." On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue was burned by the SS and SA; impounded religious articles and Torah
scrolls were subsequently destroyed by university students. Jewish homes and
stores were also heavily damaged and 150 Jews were detained in the Dachau
concentration camp. About 800 Heidelberg Jews emigrated from Germany in
1933-1939, including a number who arrived after 1933. Fourteen Jews of Polish
oirgin were expelled to the Polish border in 1938 and 1939. Another 281 were
deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940. About 100 were saved
from deportation by the Evangelist pastor Hermann Maas, who got them onto a sick
list and during the period also arranged to get many Jews out of the country (He
was recognized by Yad Vashem in 1967 as one of the Righteous among the Nations.)
On 22 August 1942 a further 111 were deported to the Theresienstadt ghetto.
After the war a community numbering 260 in 1948 and about 100 in 1990 (2004:
about 500) was reestablished by concentration camp survivors and former
Jewish residents of Heidelberg. An autonomous Instititute for Higher Jewish
Studies offers academic degrees.
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