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Bad Königshofen im Grabfeld (Kreis Rhön-Grabfeld)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In der in früheren Jahrhunderten an der Kreuzung der Straßen Bamberg-Fulda und
Schweinfurt-Thüringen verkehrsgünstig gelegenen Stadt Königshofen lebten
Juden bereits im Mittelalter. Allerdings ist wenig von ihnen bekannt. Von
den Judenverfolgungen 1298 ("Rindfleisch-Verfolgung") und 1348/49
(Pestzeit) waren allerdings auch die Juden in Königshofen betroffen. Nach der
Verfolgung in der Pestzeit gibt es über 200 Jahre keine Hinweise auf eine jüdische
Ansiedlung in der Stadt.
Die neuzeitliche jüdische Gemeinde bestand bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in
das 18. Jahrhundert zurück. Seit 1746 werden Juden aus Königshofen
genannt. Nach einer von Elisabeth Böhrer in einem Akt im Staatsarchiv Würzburg
gefundenen Aufstellung werden für das Jahr 1763 namentlich vier jüdische
Familienväter als "im Hochstift wohnende zur Hochfürstlichen Hofkammer
zahlbare Schutz Juden" genannt. 1789 waren gleichfalls vier
Schutzjudenfamilien, 1794 sechs in der Stadt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner wie folgt: 1800 22 jüdische Personen, 1810 22, 1813 24, 1830 21,
1839 25, 1848 38, 1867 50 (2,5 % von insgesamt 2.027 Einwohnern), 1871 64, 1880
68, 1890 81, 1900 89, 1910 101. Durch den anhaltenden Zuzug aus den umliegenden
Landgemeinden wurde die Höchstzahl jüdischer Einwohner um 1925 erreicht
(s.u.).
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden für Königshofen fünf
Matrikelstellen für die folgenden jüdischen Familienvorstände
festgehalten (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Jacob Abraham Einstädter
(Ellenhandel), Isak Abraham Einstädter (Ellenhandel), Löb Abraham Einstädter
(Unterhändler), Salomon Levi Strauß (Ellenhandel), Behrmann Feist Friedmann
(Unterhändler) bzw. seit 1826 David Friedmann (Garküchnerei).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule sowie ein rituelles Bad. Die Schule wurde Mitte des 19.
Jahrhunderts mit dem Betsaal in dem der jüdischen Gemeinde gehörenden Haus in
der Rathausstraße eingerichtet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
bestand die Religionsschule in enger Beziehung mit der Religionsschule in
Trappstadt. Die beiden Gemeinden teilten sich den Religionslehrer (siehe
Ausschreibungen von 1876 und 1878 unten). Die Toten der Gemeinde wurden bis 1920
auf dem jüdischen Friedhof in Kleinbardorf,
danach auf einem eigenen Friedhof
in Königshofen (auf Gemarkung Ipthausen) beigesetzt.
Um 1925, als 130 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten
(6,8 % von insgesamt etwa 1.900 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde:
Karl Einstädter (Vorsteher von 1907 bis 1932), Jacob Engel, Sali Haas, Albert
Malzer und Moses Blechner. Als Lehrer, Kantor und Schochet war Heinrich
(Heinz) Adler-Heller tätig. Er erteilte an der Religionsschule der Gemeinde
damals 11 schulpflichtigen jüdischen Kindern den Religionsunterricht. Auch in
umliegenden Gemeinden hielt er den Religionsunterricht (z.B. in Höchheim).
An jüdischen Vereinen bestanden: der Israelitische Frauenverein
(Heilige Schwesternschaft, Ziel: Wohltätigkeit), die Chewra Kadischa (Männerverein),
der Synagogenchorverein und die Concordia. Königshofen
angeschlossen war inzwischen auch die in Trappstadt bestehende
Synagogengemeinde, zu der nur noch 19 jüdische Personen gehörten (1932: 15
Personen). Die Gemeinde war dem Distriktsrabbinat Burgpreppach zugeteilt (im
Handbuch der Gemeindeverwaltung 1924/25 allerdings unter Aschaffenburg
eingeordnet). Im Schuljahr 1932/33 unterrichtete Lehrer Adler-Heller noch
18 Kinder in der Religionsschule. Erster Vorsteher der jüdischen Gemeinde war
seit 1932 als Nachfolger von Karl Einstädter Sali Haas, als Schatzmeister der
Gemeinde war Alfred Malzer tätig.
1933 lebten 94 jüdische Personen in Königshofen. Die
Nationalsozialisten hatten sich bereits seit mehreren Jahren bemerkbar gemacht,
insbesondere durch die Schändungen des jüdischen Friedhofes der Königshofener
Gemeinde in Ipthausen (1921, 1925 und 1933). Auf Grund der zunehmenden
Repressalien und der Boykottmaßnahmen verließen bis 1936 32 jüdische
Einwohner die Stadt. Relativ lange konnten sich die jüdischen Viehhändler
halten (bis um 1937). Von 1936 bis 1938 unterrichtete Lehrer Justin
Bernheimer die neun schulpflichtigen jüdischen Kinder aus Königshofen
sowie die Kinder in Höchheim
(zu seiner Berufung nach Königshofen siehe die Mitteilung unten). Bis zum Novemberpogrom
1938 waren 69 jüdische Einwohner ausgewandert (32, überwiegend in die USA)
oder in andere Städte verzogen (Meiningen, Frankfurt, Berlin). Fünf verstarben
in der Stadt. Nach dem Novemberpogrom 1938 konnte noch weitere Personen
auswandern, sodass Anfang 1940 nur noch 16 jüdische Gemeindeglieder in Königshofen
lebten. Die letzten sechs mussten am 20./21. August ihre Häuser räumen und in
das benachbarte Kleineibstadt
umziehen, von wo sie im April 1942
nach Krasniczyn bei
Lublin deportiert wurden.
Von den in Königshofen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Clara Blechner geb. Friedberger (1886), Moritz Blechner
(1881), Mina Blumental geb. Friedmann (1883), Friederica de Boers geb. Bernhard
(1877), Denny Einstädter (1880), Helma Frank (1920), Henny Frank geb. Einstädter
(1895), Irma Frank geb. Einstädter (1894), Josef Frank (1885), Lieselotte Frank
(1931), Werner Frank (1934), Bernhard Friedmann (1925), Hedwig Friedmann geb.
Adler (1895), Josef Friedmann (1887), Leo Ganz (1913), Emilie Goldstein geb.
Einstädter (1866), Bertha Gutmann geb. Malzer (1885), Josef Herbst (1864),
Johanna Hofmann (1926), Julius Hofmann (1892), Ludwig Hofmann (1923), Selma
Hofmann geb. Schlorch (1894), Selma Holzinger geb. Oppenheimer (1888), Johanna
Joel (1893), Josef Kahn (1895), Ignaz Kohn (1884), Martha Kohn (1885), Max Kohn
(1865), Helma Levy (1920), August Mainzer (1869), Luise Palm geb. Kohn (1897),
Hermann Reiss (1890), Klara Reiss geb. Schloss (1891), Max Rothschild (1885),
Ida Schuster geb. Samuel geb. (?), Sofie Stern geb. Stern (1871), Johanna
Zeilberger geb. Reinhold (1890), Julius Zeilberger (1883).
(Anmerkung: nachweislich ist der große Teil der genannten Personen aus
diesem Königshofen, da in den Formularen bei Yad Vashem "Königshofen
/Grabfeld" beziehungsweise beim Bundesarchiv angegeben wurde oder der
Familienname eindeutig in dieses Königshofen weist; bei einigen wenigen der
genannten Personen besteht eine Unsicherheit, da es jüdische Gemeinden auch in
anderen Orten mit Namen Königshofen gab.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des
Religionslehrers und Vorsängers 1876 / 1878 / 1894 /
1922
Aus den Ausschreibungstexten geht auch der
Name der damaligen Gemeindevorsteher hervor: um 1876 ein Herr Kohn,
um 1876/78 G. J. Einstädter, um 1894 Hermann Einstädter, um 1922 Karl
Einstädter. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Mai 1876:
"Die Stelle eines Religionslehrers und Vorsängers in der hiesigen,
mit der Religionsschulstelle Trappstadt kombinierten Gemeinde ist zu
besetzen. Gehalt Mark 700 bei freier Wohnung und Beheizung.
Bewerbungen mit Zeugnisvorlage an den unterzeichneten Vorstand.
Königshofen (im Grabfeld), 9. Mai 1876. Kohn." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1876:
"Erledigte Religionslehrer- und Vorbeter-Stelle in Königshofen im
Grabfeld (Bayern). Fixer Gehalt 700 Mark, Ertrag der Schächterfunktion
300 Mark. Hierauf Reflektierende wollen sich unter Beilage ihrer Zeugnisse
an Unterzeichneten werden. G.J. Einstädter." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1878:
"Die kombinierte israelitische Gemeinde Königshofen (Grabfeld) und
Trappstadt (Bayern) sucht einen tüchtigen Religionslehrer und Vorsänger.
Gehalt 820 Mark, 3 Raummeter Holz etc. Nur Besitzer von guten Zeugnissen
wollen sich melden mit der Angabe, ob verheiratet oder ledig, Schochet
oder nicht. Russen und Polen finden keine Berücksichtigung. G.J.
Einstädter, Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1894:
"Die Stelle eines Religionslehrers (auch Schechita) wird am 1.
Dezember hier frei. Bewerber belieben sich zu wenden an
Hermann
Einstädter, Königshofen, Grabfeld (Bayern)."
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1922:
"Wir suchen zum sofortigen Eintritt einen seminaristisch geprüften Religionslehrer,
Schochet und Kantor, der auch im Stande ist, einen Synagogenchor zu
leiten. Die Gemeinde ist Mitglied des bayerischen Versorgungsverbandes.
Gehalt Mark 150.000.-. bei weiterem Nebeneinkommen von ca. Mark 30.000.-
und freier Wohnung. Angebote mit Beifügung von Referenzen und
Zeugnisabschriften erbitten baldigst zu richten an den Vorstand der
Kultusgemeinde Königshofen Grabfeld. Karl Einstädter." |
Hinweis auf Lehrer Leopold Dorfzaun (1855-1928, um 1875 Lehrer in Königshofen)
Hinweis: zu Familie Dorfzaun in Rödelmaier siehe ausführliche Informationen
in der Seite zu Rödelmaier.
Links:
Kantor Leopold Dorfzaun (1855 in
Rödelmaier - 1928 in Fischach), von
um 1875 Lehrer in Königshofen, 1876 bis 1897 in
Schwanfeld, danach bis 1925 in der jüdischen
Gemeinde in Fischach; war verheiratet mit Klara geb. Monheimer (geb.
10. August 1855 in Wittelshofen als Tochter von Gerson Löb Monheimer und
Veielein, gest. 20. Juni 1940 in Kassel).
(Foto erhalten im August 2010 von Fredel Fruhman, eine Enkelin des
Schwiegersohnes von Lehrer Dorfzaun, dem Lehrer Salomon Neumann in Gochsheim,
später Kassel, der mit Frieda geb. Dorfzaun verheiratet war: Frieda Neumann
ist am 15. Mai 1883 in Schwanfeld geboren
und wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet). |
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Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1928: "Fischach. Am Schabbos Chol hamoed (= Schabbat
während der Halbfeiertage des Pessachfestes = 7. April 1928) verschied im
Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit Kollege Kantor Leopold
Dorfzaun. In Rödelmaier
(Unterfranken) geboren, kam er in jungen Jahren schon als Gemeindebeamter
nach Königshofen, amtierte 21
Jahre in der Gemeinde Schwanfeld und
seit 1897 bis zu seiner Pensionierung am 1. Januar 1925 als Kantor und
Schochet in Fischach. Als Kantor war
Dorfzaun Autodidakt, und es ist erstaunlich, wie er als solcher - mit
unverwüstlicher Stimme begabt - die traditionellen Gesänge beherrschte.
In der Schechitoh war seine Meisterschaft erkannte. An seiner Bahre
sprachen Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Neuwirth (Ichenhausen),
in Berücksichtigung der Feiertagsstimmung und dem Wunsche des Verewigten
entsprechend, kurze Worte des Dankes und des Abschieds; Herr Kollege
Oberkantor Steinfeld (Augsburg) entledigte
sich seines Auftrages, im Namen des Israelitischen Lehrervereins in Bayern
dem langjährigen Mitglied letzten Gruß und Bank für dessen treue
Mithilfe abzustatten, in kurzen, treffenden Worten. Zuletzt rief noch der
älteste Sohn dem geschiedenen Vater herzliche Abschiedsworte nach." |
Justin Bernheimer wird Lehrer in Königshofen (1936)
Mitteilung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Juli
1936: "Kollege Justin Bernheimer, bisher in Scheinfeld,
wurde als Lehrer nach Königshofen im Grabfeld berufen." |
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Mitteilung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
September 1936: "Schulamtsbewerber und Religionslehrer Justin
Bernheimer in Scheinfeld wurde als
Religionslehrer nach Königshofen im Grabfeld
berufen." |
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Wohltätigkeitskonzert zugunsten der
Winterhilfe im November 1932
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Dezember 1932: "Königshofen/Grabfeld. Zum Besten der Winterhilfe
veranstaltete Lehrer und Kantor Heinz Heller-Adler am Sonntag, dem 27.
November 1932, im hiesigen großen Saale des Turnerheims ein
Wohltätigkeitskonzert. Das Protektorat dieser Veranstaltung hatte der Stadtrat
sowie die Geistlichkeit und das 'Rote Kreuz' übernommen. Heinz
Heller-Adler stellte ein Orchester, bestehend aus der 'Grabfeldkapelle'
mit einer Verstärkung mehrerer Musikschüler des staatlichen
Konservatoriums in Würzburg zusammen. Der Abend wurde dem Leiter zu einem
großen Erfolg. Das Programm brachte neben der Ouvertüre zur Oper 'Der
fliegende Holländer' Teile für gemischten Chor und Soli aus dem
Oratorium 'Die Schöpfung' von Haydn sowie weitere Werke von Mozart und
Beethoven. Den Chor bildeten Damen und Herren aus allen Schichten der
Bevölkerung Königshofens. All diesen Werken bereitete der Dirigent Heinz
Heller-Adler eine besonders gelungene Wiedergabe. Ein voll besetztes Haus
brachte ihm einen herzlichen Beifall. Ein erheblicher Erlös konnte den
einzelnen Wohltätigkeitsvereinen von Königshofen übergeben
werden." |
Berichte zu einzelnen
Personen der Gemeinde
Zum Tod des bischöflichen Geistlichen Rates Pfarrer Dr.
Friedrich Frank (1832-1904)
Zu seinem Tod im August 1904 erschien - sehr ungewöhnlich - ein Nachruf in
der orthodox-jüdischen Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.9.1904:
"Königshofen. 24. August. Heute starb dahier ein Mann, der es
verdient, zu den "Gerechten unter den Völkern dieser Welt" gerechnet
zu werden, der bischöfliche Geistliche Rat, Herr Dr. Friedrich Frank, Pfarrer
am hiesigen Elisabethen-Spital, im Alter von 72 Jahren. Der Verstorbene gehörte
lange Zeit dem Bayerischen Landtage und dem Reichstage an und war in Wirtheim,
Preußen geboren. Seine schriftstellerische Tätigkeit verschaffte ihm großen
Ruhm und Ehre; großes Interesse hegte er ganz speziell um die Judenfrage und
trat mit aller Energie den antisemitischen Unwahrheiten entgegen. Er schrieb
u.a. über "Die Kirche und die Juden", "Der Ritualmord",
"Die Schächtfrage", Bücher, welche selbst in antisemitischen
Prozessen eine Rolle spielten. Seine Werke wurden auch in Ihrem geschätzten
Blatte (sc. in der Zeitschrift "Der Israelit") schon des öfteren
gebührend gewürdigt und verschaffen ihm für alle Zeiten ob ihrer Offenheit,
Gründlichkeit und lauteren Wahrheit einen unsterblichen Namen und den Dank des
jüdischen Volkes. Mögen Viele von ihm lernen, sein Quellenstudium nachahmen
und die Reinheit seiner Gesinnung und Handlungsweise, seine Nächstenliebe und
Toleranz in Wort und Schrift zu erstreben." |
Zum Tod von Johanna Samuel (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1891:
"Nachruf. Königshofen im Grabfelde. Am 1. Tag des Neumondes des
Monats Adar (11. März 1891) wurde hier eine Frau zu Grabe getragen,
deren Namen auch in diesen Blättern ein ehrendes Andenken gewidmet zu
werden verdient. Frau Johanna Samuel Witwe, Gattin des vor 7 Jahren
verstorbenen Gerson Samuel - er ruhe in Frieden -, was eine
wackere Frau im vollsten Sinne des Wortes; denn sie besaß alle guten
Eigenschaften und Vorzüge, wie solche vereint nur bei einer wahrhaft
frommen Jüdin zu finden sind. Sie bewies ihre Frömmigkeit, Herzensgüte
und Milde während ihres ganzen Lebens, namentlich aber auch in ihrem
längeren Leiden, welches sie mit stiller Ergebung in Gottes Willen trug.
Ihr Haus war stets den Armen geöffnet und war sie immer und überall zu
helfen bereit, wo sie es nur vermochte. Ihren Kindern war sie eine
liebevolle und sorgsame Mutter, deren vorzügliche Erziehung von der
Verwirklichung ihrer edlen und frommen Grundsätze Zeugnis ablegt.
Geachtet und geliebt von Jedermann, der sie kannte, hat sie durch ihren
musterhaften Lebenswandel 'die Krone des guten Namen' und durch ihr edles
Streben und Wirken ein dauerndes Andenken sich erworben. Die Früchte
ihrer guten Taten wird sie im Jenseits ernten. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Babette Freund (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1909:
"Königshofen im Grabfeld. 12. Juli (1909). Nach nur zweitätigem
Kranksein verschied am 28. Juni Frau Babette Freund im Alter von 81
Jahren. Mit ihr ist eine jener Frauen dahingegangen, wie sie heute leider
immer seltener werden. Durchdrungen vom Geiste der Gottesfurcht und
Menschenliebe, war sie nicht nur von ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln
hochverehrt, sondern auch von der ganzen Gemeinde geliebt und geachtet.
Ihre tiefe Religiosität, ihr friedfertiges Wesen, ihre Zuvorkommenheit
gegen jedermann zeugten von ihren edlen Tugenden. Bis zur letzten Stunde
bewahrte sie ihre seltene Geistesfrische. Wie ihr ganzes Leben, so war
auch ihr Tod, ein sanftes Entschlummern. Ihr Andenken wird fortleben bei
all denen, die sie kannten und ihr nahe standen. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Jette Löb (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1921:
"Königshofen, 12. Februar (1921). Zu den selbstlosen
Persönlichkeiten, die ihre Kräfte vollkommen in den Dienst anderer
stellen, gehörte auch die im Krankenhause zu Würzburg verstorbene Jette
Löb. Ein Kind noch, versah sie schon den Haushalt in einer verwandten
Familie und pflegte 15 Jahre lang die erblindete Hausfrau bis zu deren
Lebensende. Von vielen Familien in den verschiedensten Gemeinden war die
Verblichene als Krankenpflegerin hoch geschätzt und geliebt ob ihrer
Pflichttreue. Auch im frauenlosen Hause, wo sie zuletzt bereitwilligst die
Führung des Hauswesens und die Miterziehung des Kindes übernahm,
entfaltete sie ihre vielen guten Eigenschaften. Religiosität, Fleiß,
Herzensgüte, waren ihre Leitsterne durch das Leben. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
80. Geburtstag von Gietchen Friedmann geb. Gutmann (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1929: "Königshofen
im Grabfelde, 27. April (1929). Am letzten Tag des Pessachfestes
feiert Frau Gietchen Friedmann geb. Gutmann, aus Niederwerrn, in seltener
geistiger und körperlicher Frische ihren 80. Geburtstag. Mit ihrem 1917
verstorbenen Gatten, Bernhard Friedmann, pflegte sie gemeinsam ein echt
jüdisches Familienleben und erzog ihre 7 Kinder zu religiösen,
tüchtigen Menschen. (Alles Gute) bis 100 Jahre." |
Zum Tod von Gietchen Friedmann geb. Gutmann (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1931: "Königshofen
im Grabfeld, 29. August (1931). Im gesegneten Alter von 82 Jahren verstarb
am 12. Elul die allseits verehrte Kaufmannswitwe Frau Gietchen Friedmann
geb. Gutmann, tief betrauert von ihren Kindern und Anverwandten. Sie war
eine edle, aufopfernde Mutter und Menschenfreundin, die sich in allen
Kreisen der Bevölkerung der höchsten Wertschätzung erfreute.
Die ganze Gemeinde erwies ihr die letzte Ehre. Aus den Nachbargemeinden
waren die jüdischen Lehrer herbeigeeilt, um der tief religiösen Frau das
letzte Geleite zu geben. An der Trauerfeier beteiligten sich aber auch
außerordentlich viele nichtjüdische Freunde, um in letzter Stunde der
beliebten Mitbürgerin den Beweis ihrer Anhänglichkeit zu geben. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
|
Hinweis:
2017 ist erschienen: Gretchen Kahn: Tagebücher von Juli 1905 bis
Oktober 1915. Jüdisches Leben in Stuttgart. Transkribiert und mit
Anmerkungen versehen von Rainer Redies. Sonderband der Veröffentlichungen
des Stadtarchivs Stuttgart. Verlag Regionalkultur 2017. ISBN
978-3-95505-005-4 . 724 Seiten.
Gretchen Kahn geb. Friedmann ist am 31. Mai 1875 in Königshofen
als Tochter von Bernhard Friedmann und der Gietchen geb. Gutmann
geboren. Sie war seit 31. Juli 1901 mit Seligmann Kahn (1859-1931)
verheiratet. Dieser betrieb zusammen mit seinem jüngeren Bruder Sigfried
Kahn in Stuttgart eine Garnagentur in der dortigen Augustenstraße. Am 31.
Dezember 1935 emigrierte Gretchen Kahn mit ihren Töchtern Esther (geb.
1903; verh. Hasgall) und Sarona (geb. 1906) sowie ihrem Sohn Karl (geb.
1908) nach Palästina/Israel aus, wo sie zu bisher unbekanntem Datum
verstorben ist.
Gretchens Vater Bernhard Friedmann (geb. 1844 in Sulzdorf,
gest. 1917 in Königshofen) hatte seit 1873 Bürgerrecht in Königshofen
und betrieb dort seit spätestens 1880 am Marktplatz ein Hut-, Mützen-
und Schuhwarenlager.
Geschwister von Gretchen waren: Hugo (1878-?), Berthold (1880-1951),
Julius (1881-1950), Max (1882-1964), Mina (1883, verh. Blumenthal, nach
Deportation 1942 umgekommen), Josef (1887, nach Deportation 1942
umgekommen). |
Zum 60. Geburtstag und zum 25jährigen Amtsjubiläum des
Kultusvorstehers Karl Einstädter (1931)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
August 1931: "Königshofen. Am Samstag, dem 4. Juli, feierte der 1.
Kultusvorstand der hiesigen Gemeinde, Herr Karl Einstädter, seinen 60.
Geburtstag und gleichzeitig sein 25jähriges Amtsjubiläum. Während der
25 Jahre hat der Jubilar durch seine unermüdliche Tätigkeit der
Kultusgemeinde große Dienste geleistet. Seine Sachlichkeit, seine
Wohltätigkeit und vornehme Denkungsweise verhalf ihm zu Ansehen und
allgemeiner Beliebtheit. Lehrer und Kantor Heller-Adler veranstaltete zu
Ehren des Jubilars eine würdige Feier in der Synagoge. Möge dem Führer
der hiesigen Kultusgemeinde eine noch lange und gesegnete Tätigkeit
beschieden sein." |
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Aron Reinhold (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1890:
"Für meinen Sohn, 13 1/2 Jahre alt, Gymnasiast bis Oberquarta, suche
ich bis zum 1. Oktober, eventuell später, eine Stelle als Lehrling
entweder Bank- oder Manufaktur-Branche. Bedingung: Sonnabend geschlossen.
Offerten erbeten an
Aron Reinhold, Königshofen, Bayern." |
Anzeige des Manufaktur- und Modewarengeschäftes David
Friedmann (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 14. April 1904:
"Lehrlings-Gesuch.
Ich suche für mein (Samstags und Feiertage geschlossenes) Manufaktur-
und Modewarengeschäft per sofort einen Lehrling mit guter
Schulbildung.
David Friedmann, Königshofen im Grabfeld." |
Verlobungsanzeige von Camilla Löb und Simon Goldstein (1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1923: "Gott
sei gepriesen.
Camilla Löb - Simon Goldstein. Verlobte.
Frankfurt am Main - Hanauer Landstraße 20. Königshofen im Grabfeld /
Frankfurt am Main.
Empfang: Samstag, 11. August
1923." |
Geburtsanzeige von Bernhard Friedmann (1925)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juni 1925:
"Die
glückliche Geburt eines strammen Stammhalters BERNHARD zeigen hocherfreut
an
Josef Friedmann und Frau geb. Adler.
Königshofen im Grabfeld, 30. Mai
1925." |
Verlobungsanzeige von Enny
Hamburger und Benno Hofmann (1935)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 8. August 1935: "Statt Karten G"tt sei gepriesen!
Enny Hamburger - Benno Hoffmann
Verlobte
Berlin Landgrafenstraße 18a / Hammelburg
(Ufr.)
Berlin, Kleiststraße 14 / Königshofen im Grabfeld." |
Ergänzende Dokumente
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries)
Bestellung von J.
Goldstein
aus Königshofen im Grabfeld (1898)
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Die Karte mit der
Bitte um Preisauskunft über Dezimalwaagen wurde verschickt
am 2. März 1898 an die Fa. J. Eisenheimer, Eisenhandlung in
Schweinfurt. |
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Postkarte
an Julie Kohn in Königshofen
von Ida Schulhöfer aus Würzburg (1919) |
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Die Postkarte wurde an Julie Kohn in
Königshofen von Ida Schulhöfer aus Würzburg am 23. Dezember 1919
verschickt.
Julie Kohn geb. Boscowitz (geb. 4. Juli 1876 als Tochter von Jacob
Boscowitz und Sabine geb. Späth) führte gemeinsam mit ihrem Mann Salie
Kohn (geb. 26. Mai 1867) ein Textilwaren- und Bekleidungsgeschäft am Marktplatz in Königshofen.
Das Ehepaar hatte drei Kinder: Martha (1900, verh. mit Adolf Haas;
sie ist gest. 2002 USA), Paula (1901, verh. mit Fritz Laubheim,
sie ist gest. 2005; vgl. http://www.archives.com/1940-census/fritz-laubheim-ny-64159186) und
Alfred (1904). Julie Kohn war maßgebend beteiligt an der Errichtung einer eigenen Begräbnisstätte für die israelitische Gemeinde Königshofen, indem
sie Sammlungen durchführte zum Zwecke des Erwerbs eines Grundstücks für einen eigenen jüdischen Friedhof.
1921 war die Einweihung des jüdischen Friedhofs von Königshofen.
1938 - nach erzwungenem Verkauf des Geschäfts in Folge der "Arisierung" jüdischer Geschäfte und Betriebe
- versuchte das Ehepaar nach Holland zu gelangen, ohne Erfolg. 1939 zog das Ehepaar nach Köln.
Von dort gelang die Ausreise zu den bereits vorher emigrierten Kindern in die USA.
Ida Schulhöfer geb. Eichenberg war verheiratet mit Salomon Schulhöfer, Nahrungsmittelchemiker an der landwirtschaftlichen
Kreisversuchsanstalt in Würzburg, wo er vom Assistenten bis zum Direktor der Anstalt aufstieg. Von 1907
bis 1912 war er Fachlehrer an der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Ida Schulhöfer war Hausfrau und Mitglied im Jüdischen Kulturbund.
Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Johanna (1895; Tochter aus der ersten Ehe von Salomon Schulhöfer) und den gemeinsamen Sohn Ernst Michael Schulhöfer (1904).
Salomon Schulhöfer starb 1939. Ida Schulhöfer zog im Oktober 1941 in das Jüdische Altersheim, nachdem Sie bereits im Januar 1941 sich einem Verhör
der Gestapo unterziehen musste und eine Verwarnung bekam, weil Sie ihrem 1926 nach Antwerpen ausgewanderten Sohn, zwischenzeitlich in einem Lager
in Frankreich festgehalten, Unterstützung zukommen lassen wollte. Im August 1942 wurde Ernst Michael Schulhöfer über Drancy nach Auschwitz verschleppt
und dort ermordet. Ida Schulhöfer wurde am 23. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 14. März 1944 auf Grund der dort herrschenden
unmenschlichen Lebensbedingungen.
Text der Karte. "Würzburg , den 23.12.19 / Meine liebe Frau Kohn.
/ Für Ihr freundliches Gedenken, danke / ich Ihnen herzlichst. Die Blume kam
/ frisch an und war diese Sendung mir / eine angenehme Überraschung. / Sie werden sich auf die Feiertage sicher sehr
/ freuen, schon einzig und allein der Ruhe / wegen. Grüßen Sie Ihre Lieben Alle, auch
/ Alfred von meinem Mann, Ernst und / Ihre Ida Schulhöfer
Quellen: http://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Das-dritte-Reich-Handel-und-Vertrieb-Juden-Schicksal;art767,6709332
http://www.rhoenundsaalepost.de/lokales/aktuelles/art2826,316190
http://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Das-dritte-Reich-Grabsteine-Juden-Kurparks;art767,8476495?pk_campaign=RSS
http://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Das-dritte-Reich-Grabsteine-Juden-Kurparks;art767,8476495
http://www.stolpersteine-wuerzburg.de/wer_opfer_lang.php?quelle=wer_opfer.php&opferid=82
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stolperstein_W%C3%BCrzburg_Schulh%C3%B6fer_Ida_geb_Eichenberg.jpeg
.
Zu Familie Kohn, insbesondere zu Alfred Kohn (1904): http://ninekatztwodogs.tripod.com/id10.html |
Zur Geschichte der Synagoge
Auf Grund der Anfang des 19. Jahrhunderts noch relativ geringen Zahl der
jüdischen Einwohner ist anzunehmen, dass erst in der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts ein Betsaal eingerichtet wurde. Ein solcher erster Betsaal befand
sich bis 1904 in einem der jüdischen Gemeinde gehörigen Haus in der
Rathausstraße. Der Betsaal war im zweiten Stock; im ersten Stock war die
Religionsschule untergebracht, im Erdgeschoss die Wohnung des (christlichen)
Synagogendieners. Der Betsaal wird im nachfolgenden Bericht zur Einweihung
der neuen Synagoge 1904 als "alte bisherige Synagoge"
bezeichnet.
Um 1900 hatte die Zahl der jüdischen Einwohner so zugenommen, dass ein Neubau
nötig war. Die Finanzierung wurde u.a. durch Aufnahme von Darlehen möglich
gemacht. Dieser wurde 1903/04 erstellt und am 29. Juli 1904 mit einem
großen Fest der Gemeinde und der ganzen Stadt eingeweiht. Bezirksrabbiner Dr.
Kohn aus Burgpreppach nahm die Einweihung vor.
Eine Meldung zur Finanzierung des
Synagogenneubaus 1902 |
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1902:
"Königshofen. Die hiesige israelitische Kultusgemeinde vergibt zum
Neubau der zu errichtenden Synagoge eine Anleihe von 18.000 Mark in Obligationen
à 200 Mark zu 4 Prozent verzinslich". |
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Hinweis zur Einweihung |
Ankündigung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Juli 1904:
"Würzburg. Die israelitischen Kultusgemeinde Königshofen im
Grabfeld begeht am 29., 30. und 31. Juli die Feier der Einweihung der
neuerbauten Synagoge." |
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Berichte über die Einweihung |
Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" am 1.
September 1904 über die Einweihung der Synagoge in Königshofen: "Königshofen
im Grabfeld (Einweihung der Synagoge). Als ein Ehren- und Freudenfest für
die israelitische wie auch für die Stadtgemeinde Königshofen konnte mit Recht
die jüngst stattgehabte Feier der Synagogen-Einweihung genannt werden, welche
ganz programmmäßig in schönster und befriedigendster Weise verlief. Das Fest
wurde eingeleitet durch eine Abschiedsfeier in der alten bisherigen Synagoge.
Nach vollendetem Nachmittagsgebete sprach Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Kohn -
Burgpreppach von Herzen kommenden und zu Herzen gehende Abschiedsworte. Der
königliche Herr Bezirksamtmann, begleitet von zwei Gemeindeältesten, sowie die
Vertreter der königlichen Behörden hatten sich vollzählig eingefunden und
begleiteten den Festzug, ebenso die hochwürdige Geistlichkeit, die
Stadtverwaltung mit Herren Bürgermeister und Beigeordnete. Daran schlossen sich
der Herr Baumeister Val. Trott und die beim Bau beschäftigt gewesenen Meister.
Vor dem Portale richtete Herr Bezirks-Amtmann Thomas an die Festversammlung eine
herzliche Ansprache, welche weit über den Rahmen einer offiziellen Rede
hinausging und die bewies, wie sehr man seitens der königlichen Behörden die
Bestrebungen der Israeliten Königshofens zu würdigen weiß. Er pries den
Opfersinn der Kultusgemeinde, welche trotz der geringen ihr zur Verfügung
stehenden Mittel ein Gotteshaus errichtete, das in gleicher Weise der Gemeinde
und der Stadt zur Zierde gereiche, betonte mit Recht das schöne Einvernehmen
zwischen den Konfessionen unserer Stadt und schloss mit einem begeistert
aufgenommen Hoch auf unserem vielgeliebten Prinzregenten, dem Hort des Friedens
und der Humanität. Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Kohn hielt eine einstündige
Weiherede. Redner verbreitete sich über die Bedeutung des Gotteshauses und
über die Wirkung, welch von demselben ausgehen soll, wies darauf hin, dass die
Gesetzestafeln, die innen angebracht seien und weithin sichtbar auch am Giebel
der Synagoge ragen, mahnen sollen, das Leben im Gotteshaus mit dem Leben
außerhalb desselben in Einklang zu bringen, führte aus, dass im Gotteshause
die Nächstenliebe gelehrt und die Vaterlandsliebe gepflegt wird und schloss mit
den Worten, dass nicht Prunk und Reden ein Gotteshaus weihen können, sondern
nur wahre Gottesfurcht und Tugend. Die der Form und dem Inhalte nach
meisterhafte Rede ergriff sichtlich alle Herzen und übte einen nachhaltigen
Eindruck aus.
- Im Archiv für den Amtsbezirk Königshofen im Grabfeld veröffentlichte in Nr.
46 (sc. der Beiträge zur Heimatkunde) Herr Spitalpfarrer Dr. Frank
"Gedanken eines Christen bei der Einweihung der jüdischen Synagoge zu
Königshofen im Grabfeld am 29. Juli 1904", welche ein wahrer Kiddusch
HaSchem ("Heiligtum des Namens Gottes") sind und bei der ganzen
Bevölkerung den tiefsten Eindruck hervorriefen."
|
Artikel
in der "Frankfurter Israelitischen Gemeindezeitung" vom 5.
August 1904: "Königshofen im Grabfeld (Bayern), 29. Juli.
Anlässlich der Synagogen-Einweihung hatte heute unsere Synagoge
Festgewand angelegt. Nachmittags 2 1/2 Uhr fand in der bisherigen Synagoge
die Abschiedsfeier statt. Nach dem Mincha-Gebet richtete Distriktsrabbiner
Dr. Cohn - Burgpreppach Abschiedsworte an die Versammlung. Die Tora-Rollen
wurden unter Gesang aus dem heiligen Schrein der bisherigen Synagoge
ausgehoben und sodann in feierlichem Zuge, in dem man u.a. den
Königlichen Bezirksamtmann Thomas und andere Ehrengäste bemerkte, zur
Wohnung des Kultusvorstands Alb. Malzer und von dort zur neuen Synagoge
gebracht.
Vor der Synagoge, deren Vorplatz und nächste Umgebung mit Fahnen,
Kränzen und Girlanden geschmückt ist, nahm der Synagogenchor Aufstellung
und intonierte den 19. und 20. Vers des 118. Psalms. Frl. Rosa Reinhold
sprach den Prolog und überreichte den Schlüssel zur Synagoge an den
Königlichen Bezirksamtmann Thomas. Dieser übergab mit einer Ansprache
die Synagoge dem Kultusvorstand. Redner schloss mit einem begeistert
aufgenommenen Hoch auf den Prinzregenten. Kultusvorstand Malzer übernahm
namens der israelitischen Kultusgemeinde Königshofen die Synagoge.
Nachdem die Behörden, die Gemeinde und sonstigen Gäste in derselben
eingezogen waren, wurden die Torarollen in die heilige Lade verbracht,
unter den vorgeschriebenen Zeremonien und Gesängen. es folgte nun die
Weiherede, gehalten von dem Distriktsrabbiner Dr. Cohn - Burgpreppach,
womit die Synagogenfeier abschloss. Abends 7 1/4 Uhr fand abermals
Gottesdienst statt. Nach demselben war gesellige Unterhaltung in der 'Rosenau'." |
Die Synagoge war in romanischem Stil aus weißen Sandsteinen errichtet
worden. Sie kostete die Gemeinde den damals hohen Betrag von 40.000 Mark.
Dennoch war sich Spitalpfarrer Dr. Frank in den "Beiträgen zur
Heimatkunde" (Nr. 46 1904) sicher, dass die Israelitische Kultusgemeinde
"es gewiss niemals bereuten (wird), aus eigenen Kräften den Bau
hergestellt zu haben, der ein bleibendes Denkmal ihres Glaubens und ihrer
Gottesliebe ist. Ich glaube keinem Widerspruch zu begegnen, wenn ich sage, dass
der geschmackvolle, elegante, formgerechte Bau es auch verdient, ein Schmuck
für Königshofen und eine Zierde des ganzen Grabfeldes genannt zu werden".
Rechtzeitig vor den Feiern zum 25jährigen Bestehen der Synagoge 1929
wurde eine umfassende Renovierung beschlossen und durchgeführt. Am
Schabbat Nachamu (16./17. August 1929, 11. Aw 5689) konnte mit einem
großen Fest der Gemeinde die Wiedereinweihung der Synagoge gefeiert werden.
Distriktsrabbiner Dr. Ephraim aus Burgpreppach war anwesend, hielt die
Festpredigten und weihte die zu diesem Anlass in der Synagoge aufgehängte
Kriegergedächtnistafel für die vier Gefallenen des Ersten Weltkrieges
ein.
Bericht
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1.
November 1929: "Königshofen i. Grabfeld (Unterfranken). Zu einem
imposanten Ereignis gestaltete sich die am Schabbos Nachmu stattgefundene
Feier des silbernen Synagogenjubiläums verbunden mit der Weihe einer
Kriegergedächtnistafel. Anlässlich dieser Feier und aus notwendigen Gründen
hat die Gemeinde ihr Gotteshaus in würdiger Form renovieren lassen.
Unwillkürlich ist der Besucher entzückt von der einfachen, schlichten Art der
Renovierung, die so recht stimmungsvoll auf die Andacht im Gotteshaus wirkt und
so die goldenen Worte am Almemor zur Wahrheit werden lässt: "En se ki
im beth elokim". "Wahrlich der Raum ist nichts anderes, als ein
Gotteshaus". Die eigentliche Feier begann vor dem Abendgottesdienst des
Sabbat und wurde eingeleitet von dem Japhetschen Matouwu, der dreistimmig
von dem Chor in wunderbarer Weise gesungen wurde. Es darf hier gleich rühmend
erwähnt werden, dass wohl selten Gemeinden in dieser Größe zu finden sich,
die einen solch schön geschulten Männerchor aufzuweisen haben. Der Chor
besteht nun seit Bestehen des Gotteshauses, also volle 25 Jahre. Als nun nach
dem Minchogebet das Jigdal in der Melodie unserer ernsten Feiertage
verklang, betrat Herr Distriktsrabbiner Dr. Ephraim aus Burgpreppach die Kanzel,
um die eigentliche Weihe der Kriegergedenktafel vorzunehmen. Seine
tiefdurchdachte, herrliche Ansprache machte auf alle Anwesenden, insbesondere
auf die zahlreiche geladenen und erschienenen Gäste wie die Vertreter der
Geistlichkeit, der Stadtverwaltung, der Kriegervereine u.m. einen gewaltigen
Eindruck. Wie die Kugel draußen im Feindeslande keinen Unterschied kannte und
macht und wahllos sich in das Herz des Kriegers bohrte, führte der Redner aus,
so sollen auch wir alles Trennende von uns abstreifen. Es möge unserem schwer
darniederliegenden Vaterlande die so überaus nötige Einigkeit bescheiden sein,
auf dass es sich zu neuer Blüte und Pracht baldigst entfalte. Die Hülle der
Tafel fiel und in goldenen Buchstaben wurden auf einfachem Steine die Namen der
vier gefallenen Helden der Kultusgemeinde sichtbar. Das Seelengebet beschloss
die ernste, erhebende Feier. Im Morgengottesdienste stand ebenfalls die
Ansprache des Herr Rabbiners Dr. Ephraim im Mittelpunkte. Seine Worte galten
einer Betrachtung darüber, ob überhaupt ein Gotteshaus nötig sei, da ja der
Allmächtige überall, wo wir ihn anrufen, zu finden sei. Auch bei dieser Feier
ließ der Chor seine schönen Gesänge hören, in der Hauptsache beim Aus- und
Einheben der Tora und beim Umzug sämtlicher Torarollen. Nach dem Ausgange des
Sabbats vereinte jung und alt ein Tanzvergnügen. Hier wurden verschiedene
Ansprachen gehalten, so u.a. von den einstigen Lehrern der Gemeinde Herrn Zucker
aus Dresden und Herrn Herrmann aus Bamberg. In teils ernster aber auch launiger
Weise hielten genannte Herren einen Rückblick über ihre einstige Tätigkeit in
der Gemeinde.
Das Gotteshaus bildet nicht nur eine Zierde des sauberen Grabfeldstädtchens, sondern
es ehrt die Gemeinde selbst, die alles daran setzte, in ihrer Mitte ein solches Kleinod
zu besitzen. Dank gebührt in erster Linie dem Verband israelitischer Gemeinden
Bayerns, der durch Zuweisung einer größeren Summe es überhaupt ermöglichte,
das Gotteshaus in solch würdiger Weise neu erstehen zu lassen. Nicht minder
Dank gebührt Herrn Kultusvorstand Karl Einstädter, der keine Arbeit und Mühe
scheute und dessen Angaben viel dazu beitrugen, dass die Synagoge einen solch
würdevollen Eindruck auf jedermann macht. Nicht zuletzt Dank dem derzeitigen
Lehrer Herrn Heinz Heller Adler, der als anerkannter Meister auf gesanglichem
Gebiete durch seine Kunst und als Dirigent des Chores ein gut Teil zur Verschönerung
der Feier beitrug. Möge es der Kultusgemeinde, die den Sinn für alles, was das
jüdische Herz bewegt, in der Tat umzusetzen verstehen, vergönnt sein, auch das
goldene Synagogenjubiläum festlich begehen zu können." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1929: "Königshofen,
16. August (1929). Am vergangenen Freitag abend fand in der Synagoge die
25jährige Jubelfeier mit Gedenktafelweihe für die gefallenen Krieger
statt. Das aus diesem Anlasse von hiesigen Meistern neu renovierte
Gotteshaus war der feierlich ernsten Stunde entsprechen mit frischem Grün
und bayrischen Landesfarben ausgestattet. Vertreter der Behörden waren
anwesend. Zur Feststimmung hat insbesondere unser allverehrter Herr
Distriktsrabbiner Dr. Ephraim aus Burgpreppach beigetragen, der in
herrlichen Worten den unauslöschlichen Dank unseren gefallenen Helden zum
Ausdruck brachte, die die Treue zu ihrem Vaterlande mit ihrem Blute
besiegelten. Die Feier wurde verschönt durch die zu Herzen gehenden
Weisen des Herrn Kantor Heller-Adler unter Mitwirkung des von ihm
trefflich geschulten Synagogenchors." |
Nur noch neun Jahre sollte die Synagoge nach der Renovierung 1929 als
religiöses Zentrum der jüdischen Gemeinde in Königshofen dienen.
Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge geschändet und ihre Inneneinrichtung zerstört. Jüdische
Männer aus Königshofen wurden gezwungen, das Mobiliar der
Synagoge und den im Vorraum aufbewahrten Toraschrein der Gemeinde Sulzdorf zu
Brennholz zu zersägen. Dann wurde die Synagoge samt Ritualien und Torarollen
angezündet. Ein Teil des Tora - Silberschmuckes war von Gemeindegliedern vorher
in Sicherheit gebracht worden. Die durch den Brand beschädigte Synagoge wurde
im Krieg noch eine Zeitlang als Getreidespeicher zweckentfremdet. 1951
wurde das Gebäude an einen Gewerbetreibenden zum Abbruch verkauft. Dieser
errichtete auf den Grundmauern eine Autoreparaturwerkstätte.
Im Schulgebäude mit dem früheren Betsaal in der Rathausstraße wurden um
1940 die letzten in Königshofen lebenden jüdischen Einwohner
einquartiert. Das Gebäude ist erhalten.
Ein Gedenkstein für die ehemalige Synagoge ist vorhanden.
Adressen / Standorte der Synagogen:
| bis 1904: Rathausstraße 3 |
| 1904-1938: Bamberger Straße 1 (frühere
Anschrift: "An der Untereßfelder Straße"). |
Fotos
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
April 2004:
Auf den Spuren Grabfelder Juden |
Artikel von Helmut Hempfling in der
"Main-Post" vom 5. Februar 2004: "Auf den Spuren Grabfelder Juden
Bad Königshofen Amanda Goodman aus New Jersey, USA, ist Studentin in Prag. Als historisch interessierte Person besuchte sie die für amerikanische Verhältnisse nahe gelegene Stadt Bad Königshofen. Hier wollte sie die Wurzeln ihrer Familie erkunden.
Ihre nun fast neunzig Jahre alte Großmutter Frances Katzenstein, wohnhaft in New York, ist als Fränzi Malzer 1915 in Königshofen geboren worden. Die Eltern der kleinen Fränzi hießen Max und Bianka Malzer. Max und sein Bruder Albert, beide in
Sulzdorf a.d.L. geboren, hatten zwei Häuser von ihren Eltern Philipp und Franziska Malzer (Marktplatz 190) geerbt. Albert Malzer führte ein Schuhgeschäft, (heute das Haus der Bäckerei Mauer) und sein Bruder Max eine Getreidehandlung (heute Geschäft Zehner). Amandas Großmutter kann sich heute noch gut daran erinnern, wie sie beim Abwiegen des Getreides im Geschäft ihres Vaters mithalf. Sie hatte später dann nach dem Lyceum die Handelsschule in Schweinfurt besucht und war bei ihrer Großmutter Karoline in der Roßbrunnstraße untergebracht und aufgewachsen.
Fränzi Malzer konnte im Mai 1937 nach England emigrieren und von dort 1940 in einer elftägigen Überfahrt nach den USA weiterreisen. Sie lebt bis heute in New York und nennt sich nun nach ihrer Heirat Frances Katzenstein. Ihre Eltern Max und Bianka und ihr Bruder Hans folgten 1939 nach England und 1940 in die USA. Somit konnte die gesamte engere Familie in die Vereinigten Staaten vor den Nazihäschern fliehen.
Ihr Onkel Albert starb 1936 in Königshofen und ist auch hier begraben. Seine Frau Regine kam in ein Würzburger Altersheim und verstarb kurz vor den beginnenden Deportationen und liegt in Würzburg begraben. Die Großeltern liegen ebenfalls auf dem Friedhof in Königshofen.
Im Gespräch mit Elisabeth Böhrer aus Sondheim in der Rhön, die vertraut ist mit der jüdischen Geschichte der Region, erzählt Amanda, dass ihre Großmutter Frances erst nach dem Besuch ihrer Enkelin in Theresienstadt in der Nähe Prags das erste Mal berichtete, dass Ihre Schwiegereltern dort umgekommen wären. Über ein halbes Jahrhundert hatte sie zu diesen schrecklichen Taten geschwiegen.
Der Rundgang führte die Amerikanerin am Gedenkstein für die Synagoge vorbei. Sie war als religiöser Ausdruck einer stolzen, auf fast einhundert Mitglieder angewachsenen Jüdischen Gemeinde dort in der Nähe ab 1901 gebaut und 1904 eingeweiht worden. Der imposante Bau wurde damals als Zierde der Stadt und als kulturelle Bereicherung empfunden, wie zeitgenössische Berichte belegen. Noch dazu fügte sich das Gebäude hervorragend in das städtebauliche Ensemble der Bamberger Straße. Nach den Plünderungen und Schändungen in der Pogromnacht und in der Folgezeit fand sich nach dem Krieg niemand mehr, der das kulturelle Glanzstück erhalten wollte. Die Synagoge wurde Anfang der 50er Jahre verkauft und abgetragen.
Auf diese Art und Weise wurden auch im beginnenden demokratischen Leben der Bundesrepublik Deutschland Zeugnisse jüdischer Kultur vernichtet. Der
jüdische Friedhof war ein weiteres Ziel von Amanda Goodman und Elisabeth Böhrer. Dieser mehrmals geschändete Ort, der in der jüdischen Religion als "Haus des ewigen Lebens" oder "Haus der Ewigkeit" bezeichnet wird, spiegelt die barbarische Vergangenheit deutscher Wirklichkeit wieder. Ein "Ewiges Haus" oder eine "Wohnung der Lebenden" ist auf ewig unantastbar, so fordert es das jüdische Gesetz, die
Halacha. Von den 47 Grabsteinen, die von 1921 bis 1938 errichtet wurden, steht nur noch ein kleiner Teil. Ein Vergleich mit dem Friedhofsbuch von Königshofen, des Zentralarchivs für die Geschichte der Jüdischen Bevölkerung aus Jerusalem ergibt, dass nur wenige der noch vorhandenen, teils neuen Grabsteine, an der richtigen Stelle zu finden sind. Die überwiegende Zahl der Steine waren in der Zeit des Nationalsozialismus als Treppenstufen im Kurpark verbaut worden. Dies ist als beispiellose Entweihung in der Verantwortung der damaligen Stadt geschehen. Die "ewige Ruhe", elementarer Bestandteil jüdischen Glaubens, wurde nachhaltig zerstört.
Ein Denkmal mit den Trümmerresten der missbrauchten Grabsteine verdeutlicht diese schändliche Tatsache. Das "Haus des Lebens" besteht nur noch aus spärlichen Rudimenten. Die Besucherin steht vor einem Zeugnis der umfassenden Vernichtungsmaschinerie der antisemitischen Verblendung und von Hass. Nicht nur die Menschen wurden vernichtet, auch ihre Grabstätten sollten eingeebnet werden, um selbst die Erinnerung auf Dauer zu tilgen. Dennoch ist es ein Glück, dass Pläne aus der Nachkriegszeit, den Friedhof in einen Acker rückzuverwandeln, nicht realisiert wurden.
Die interessierte junge Studentin aus den USA konnte allerdings kein "Memorial" besichtigen, das der in Königshofen geborene und in New York lebende Jude Norbert Blechner in den 90er Jahren zum Gedenken an die stolze jüdische Gemeinde errichten lassen wollte. Die Stadt Bad Königshofen wollte oder konnte damals keinen geeigneten Standort zur Verfügung stellen.
Widerstrebende Gefühle bemächtigen sich der Besucherin aus den USA nach der Besichtigungstour durch die Reste des jüdischen Königshofen. Die Stätten jüdischer Kultur sind größtenteils verschwunden. Gedenksteine zeugen von ihrer Vergangenheit. Die Wohnhäuser, in denen fast fünf Prozent der einheimischen jüdischen Bevölkerung lebte, sind noch vorhanden. Jüdisches Leben in Bad Königshofen gibt es nicht mehr. Mindestens achtundzwanzig Opfer der Shoah aus Königshofen sind zu beklagen.
Ein Großteil der jüdischen Gemeinde entkam den Mördern, so auch die Großmutter von Amanda Goodman, Frances Katzenstein alias Fränzi
Malzer." |
Zur obigen Familiengeschichte
siehe auch: Elisabeth Böhrer: Von Königshofen i.Gr. über Rostock in die USA. In: Heimat-Jahrbuch des Landkreises Rhön-Grabfeld 39. Jahrgang 2017 S. 418-420.
Online zugänglich (eingestellt als pdf-Datei). |
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Januar 2011:
Bericht einer Zeitzeugin
Hinweis: mit dem Thema "Jugend in der NS-Zeit"
beschäftigte sich die Klasse 9c des Gymnasiums Bad Königshofen. 23
Schülerinnen und Schüler interviewten sechs Zeitzeugen, die aufgrund
ihres Alters noch Zeugnis geben können. Die "Main-Post"
berichtete hierüber in mehreren Artikeln. Hier ein Bericht über die
Zeitzeugin Hermine Haag. |
Artikel von jkl in der "Main-Post" vom 17. Januar
2011 (Artikel):
"BAD KÖNIGSHOFEN
Eine Zeit voller Trauer, Angst und Ungewissheit
Hermine Haag berichtete den Gymnasiasten, was eine Kindheit in den Tagen der Nazi-Diktatur ausmachte
Eine weitere Zeitzeugin der Nazizeit ist auch die heute 80-jährige Hermine Haag. Sie war bei Kriegsausbruch zwar erst acht Jahre alt, bekam aber doch schon Vieles mit.
Vorneweg bemerkt sie in einem Gespräch mit der Main-Post, dass es in der Grabfeldstadt viele Geschäfte gab, die von Juden betrieben wurden. Einer der Juden, der mit Angehörigen kurz vor einer Deportierung auswandern wollte, verkaufte sein Haus an ihren Vater. Das sei noch vor der Pogromnacht, die in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 stattfand, gewesen, erinnert sich die Rentnerin.
Die betroffenen Juden hätten bereits auf ihre Schiffskarten gewartet, die sie von Hamburg nach Amerika bringen sollten.
Doch zuvor sollte sich an der Haustüre eines Anwesens noch Spektakuläres abspielen. Die SA, die Sturmabteilung einer paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, kam vorbei und wollte die Ausreisewilligen abholen. Von der geplanten Auswanderung habe die SA aber nichts gewusst.
'Die Juden wurden ohne Grund mitgenommen und in ein örtliches Gefängnis
gebracht', schildert Hermine Haag den traurigen Vorgang. Als sie am Marktplatz abgeholt worden seien, habe ihr Vater gesagt:
'Der Hausbesitzer bin ich – hier geht niemand über die Schwelle'. Aber das half nichts. Angehörige hätten später eine Kaution für die Freilassung bezahlt. Schließlich verließen die drei Juden nach der Kristallnacht ohne Wissen der Kreisleitung die Stadt Königshofen. Sie wurden zum Schiff nach Hamburg gebracht und damit vor dem sicheren Tod gerettet.
Schicksal ungewiss. 'Während der Kriegszeit hat unsere Familie nichts mehr von ihnen gehört und wir wussten auch nicht, ob sie in Amerika
ankamen', sagt Hermine Haag. Später erfuhren die Haags jedoch aus sicherer Quelle, dass sie in den Vereinigten Staaten eine Hühnerfarm aufbauten und ein beschauliches Leben führen.
Schrecklich sei es gewesen, so die Rentnerin, mit anzusehen, dass die Synagoge an der Bamberger Straße rigoros zerstört wurde.
'Um Himmels Willen – was passiert denn jetzt dort...' Diesen Satz hat Frau Haag noch heute im Gedächtnis.
Dass Juden aus Königshofen auch in Konzentrationslagern landeten – das habe sie als Kind am Rande mitbekommen. Doch was das genau bedeuten sollte, konnte sie sich als Kind damals nicht vorstellen. Wurden Juden abgeholt, habe sie es mit der Angst zu tun bekommen. Sie fürchtete um ihr eigenes Leben.
Wenn in Gesprächen Worte wie 'Kreisleiter' oder 'Parteigenosse' erwähnt wurden, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
'Denn diese Leute waren von uns Mädchen sehr gefürchtet', sagt die Rentnerin. Stets habe man ihnen gegenüber den
'Heil-Hitler-Gruß' mit erhobener Hand sprechen müssen. Die jungen Frauen waren im BDM integriert, dem Bund Deutscher Mädel, und hätten bei ihren Auftritten eine weiße Bluse sowie einen schwarzen Rock tragen müssen.
Als später die Amerikaner einzogen, wurden die 'guten Häuser' in Königshofen beschlagnahmt. In der einstigen
'Adler Post', einer Traditionsgaststätte, seien die Amerikaner ohne legitime Rechte heimisch geworden. Im Kaufhaus Reinhard, einen Steinwurf davon entfernt, wurde von den Amerikanern ohne lange zu fragen eine Bar installiert. Dort trafen sich die Soldaten bei Musik und Getränken.
Immer in Angst vor den Bomben. Die Inhaber sahen sich kurzerhand aus dem Laden verbannt und mussten in ihrem Haushalt im oberen Stockwerk ein kleines Geschäftszimmer einrichten.
'Da hattest Du praktisch nichts mehr zu sagen', fügt Hermine Haag hinzu.
'Als dann Bomben fielen, ist ganz Königshofen ausgerissen'. Hermine Haag weiß zu berichten, dass sie aus Angst vor weiteren nächtlichem Bombenhagel vorübergehend nach Bundorf flüchtete, um bei einer Hausgehilfin Unterschlupf zu finden. Das Textilgeschäft in Königshofen wurde aus Furcht vor einer Bombardierung von den Inhabern geschlossen.
Der zuständige Kreisleiter hat laut Hermine Haag darauf folgendermaßen geantwortet:
'Wenn ihr nicht schnellstens das Geschäft wieder aufmacht, wird es
beschlagnahmt'. Rasch kamen die Kaufleute zurück und öffneten die Türen.
Kinder mussten ihr Leben lassen. Eine Bombardierung gab es in der Hindenburgstraße. Drei auf der Straße spielende Kinder kamen dabei ums Leben, wie Hermine Haag heute noch von Trauer ergriffen erzählt.
'Auch in das Gebäude der Reinigung Brucker in der Juliusstraße nahe des Kirchplatzes schlug eine Bombe ein, wobei ein Herr Wohlgemut sein Leben lassen
musste'.
Die Zeitzeugin weiter: 'Zum Schutz vor der Bombe wollte er gerade in den
Keller...'. Schließlich sei noch im Bereich der Zeughausstraße eine Bombe gefallen, die aber nur Sachschaden anrichtete.
Hermine Haags Fazit: 'Es war eine schlimme Zeit, die sich nicht mehr wiederholen darf, denn jeder Tote ist einer zu viel, aber eine stete Mahnung, sich ständig für den Frieden
einzusetzen'." |
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Juli 2014:
Gymnasiasten arbeiten an der jüdischen
Geschichte |
Artikel in der "Main-Post" vom 28.
Juli 2014: "BAD KÖNIGSHOFEN. Damit das jüdische Leben nicht vergessen wird
Gymnasiasten befassten sich mit der Geschichte der Juden – Einweihung der Synagoge Königshofen vor 110 Jahren
Die Jahrgangsstufe elf des Gymnasiums hat sich in ihrem W-Seminar mit der Geschichte der Juden in Bad Königshofen befasst.
Da sich die Einweihung der Synagoge durch die Jüdische Gemeinde vor 110 Jahren am 29. Juli jährt, haben Paulina Hüllmandel, Stephanie Müller und Marie Seiler eine Zusammenfassung ihrer Recherchen und Erkenntnisse geschrieben:
'Wer sich schon etwas über das jüdische Leben in Bad Königshofen informiert hat, weiß möglicherweise, dass heute der 110. Jubiläumstag der Einweihung der Synagoge ist. Die meisten werden sich jetzt fragen: Was, Bad Königshofen hatte einmal eine Synagoge? Damit diese, ebenso wie das gesamte jüdische Leben in dieser Stadt, nicht in Vergessenheit gerät, recherchiert das W-Seminar Geschichte des Gymnasiums Bad Königshofen unter der Leitung von Herrn Rainer Seelmann darüber.'..."
Link
zum Artikel |
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Juli / August 2014:
Presseartikel zum Jahrestag der Einweihung der
Synagoge |
Artikel von Hanns Friedrich in der
"Main-Post" vom August 2014: "BAD KÖNIGSHOFEN. Synagoge vor
110 Jahren eingeweiht. Gotteshaus war prägend im Stadtbild.
Welch prägende Wirkung die Synagoge von Königshofen im Stadtbild hatte, zeigt diese Aufnahme aus dem Stadtarchiv. Die Synagogen der israelitischen Gemeinde von Königshofen, die einst in der Bambergerstraße stand, prägte das Stadtbild. Das ist vor allem auf historischen Bildern zu erkennen, denn das Gotteshaus war ein prächtiger Bau mit Säuleneingang und zwei Türmen. Bauherr war Valentin Trott, ein damals bekannter Baumeister, der auch den südlichen Eingang an der Stadtpfarrkirche in Königshofen überbaute oder Baumeister der evangelischen Kirche war. Während diese Bauwerke heute noch existieren, ist die Synagoge nur noch auf Bildern oder im Gedächtnis derjenigen, die um diese Zeit gelebt haben. Würde sie noch stehen, könnte man in diesem Jahr ein großes Fest feiern, denn vor genau 110 Jahren wurde dieses jüdische Gotteshaus eingeweiht.
Gebaut wurde sie in den Jahren 1903 bis 1904 und am 29. Juli 1904 mit einem großen Fest der Gemeinde und der ganzen Stadt eingeweiht. Bezirksrabbiner Kohn aus Burgpreppach nahm die Einweihung vor. In einem Bericht der Zeitschrift
'Der Israelit' vom 1. September 1904 wird über die Einweihung in Königshofen im Grabfeld folgendes berichtet: Der königliche Herr Bezirksamtmann, begleitet von zwei Gemeindeältesten, sowie die Vertreter der königlichen Behörden hatten sich vollzählig eingefunden und begleiteten den Festzug, ebenso die hochwürdige Geistlichkeit, die Stadtverwaltung mit Herren Bürgermeister und Beigeordnete. Daran schlossen sich der Baumeister Valentin Trott und die beim Bau beschäftigt gewesenen Meister..."
Link
zum Artikel |
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März
2015: Die Landjudentum-Ausstellung ist
in Bad Königshofen zu sehen |
Artikel in der
"Main-Post" vom 18. März 2015: "Bad Königshofen. Schicksale
aus der Stadt Bad Königshofen. Landjudentum-Ausstellung mit dem Titel
'Mitten unter uns' ist bis zum 27. März im Gymnasium zu
sehen..."
Link
zum Artikel |
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Mai
2016: Verein für Heimatgeschichte
erinnert an die ehemalige Synagoge |
Artikel von Hanns Friedrich in
"InFranken.de" vom 2. Mai 2016: "Blick in die Vergangenheit.
Geschichtsverein lässt Modell der einstigen jüdischen Synagoge in Bad Königshofen bauen.
Geschichtsbewusst wie der Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld ist, macht er mit einer neuen Idee auf die Vergangenheit der Stadt Bad Königshofen aufmerksam. Bei der jüngsten Vorstandssitzung entschied man sich im Rahmen des Festes
'1275 Jahre Königshofen im Grabfeld' mit einem großen Transparent auf die einstige jüdische Synagoge in der Bamberger Straße zu verweisen.
Wenn möglich soll das Transparent dort aufgestellt werden, wo einst das jüdische Gotteshaus stand. Neben dem Bild, das die Kirche mit den zwei Türmen und dem Säuleneingang zeigt, werden Informationen nachzulesen sein. Zustimmung gab es für den Vorschlag des Vereinsvorsitzenden Hanns Friedrich, von der Synagoge, die doch einst prägend in der Stadt war, ein naturgetreues Modell erstellen zu lassen. Zweiter Vorsitzender Reinhold Albert hat mittlerweile mit dem Modellbauer Siegfried Schwinn gesprochen. Dieser hat zugesagt und will in den Wintermonaten den Nachbau erstellen. Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert stellt dazu nicht nur entsprechendes Bildmaterial zur Verfügung, sondern fragt auch im Staatsarchiv Würzburg nach, ob sich dort Baupläne zu diesem Synagogenbau befinden. Das würde den Modellbau natürlich erheblich erleichtern.
Bei der Zusammenkunft der Vorstandschaft des Geschichtsvereins im Kulturarsenal Darre in Bad Königshofen gab es ausführliche Informationen zu den Vorbereitungen für das Festwochenende vom 9. bis 11
Juli..."
Link
zum Artikel |
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Mai
2016: Auf den Spuren der jüdischen
Vorfahren |
Aritkel von Regina Vossenkaul in
der "Main-Post" vom 22. Mai 2016: "BAD KÖNIGSHOFEN. Auf den Spuren der jüdischen Vorfahren.
Wahrscheinlich wären sie als Königshöfer aufgewachsen und hätten das Leben in der Stadt mitgestaltet, hätte es die NS-Zeit nicht gegeben. Die vier Besucher, Audrey und Michael Goodman mit ihren Kindern Amanda und Brett, die stellvertretender Bürgermeister Philipp Sebald am Freitag empfing, waren beeindruckt von der Stadt, in der Audreys Vorfahren gelebt haben, bis sie vor den zunehmenden Repressalien gegen jüdische Bürger flohen.
Amanda Goodman war schon einmal in Bad Königshofen, als sie in Prag studierte. Damals hatte sie sich den ehemaligen Wohnort ihrer Großmutter, Frances Katzenstein, angesehen, die als Fränzi Malzer 1915 in Königshofen geboren worden war. Die Eltern, Max und Bianka Malzer, führten eine Getreidehandlung am Marktplatz (später Firma Zehner) und Albert, der Bruder von Max, betrieb ein Schuhgeschäft im Haus der heutigen Bäckerei Mauer.
Die beiden Brüder, die in Sulzdorf geboren wurden, hatten die Häuser von ihren Eltern geerbt. Amandas Großmutter hatte ihrer Enkelin und ihrer Tochter Audrey von ihren Kindheitserinnerungen erzählt, wie sie ihrem Vater half, Getreide abzuwiegen. Später hatte Fränzi Malzer die Handelsschule in Schweinfurt besucht.
Sie emigrierte im Mai 1937 nach England und von dort aus 1939 in die USA, wo sie heiratete und den Namen Frances Katzenstein annahm. Auch den Eltern Max und Bianka sowie dem Bruder Hans gelang die Flucht über England in die USA. Onkel Albert starb 1936 in Königshofen und wurde auf dem dortigen jüdischen Friedhof begraben, das Gleiche gilt für seine Frau Regina, die ebenfalls vor den Deportationen in einem Würzburger Altenheim verstarb.
Anlass der Reise der Familie Goodman aus New Jersey nach Deutschland war die Rückgabe von neun Büchern mit religiösem Inhalt, die aufgrund der darin vermerkten Namen Audrey Goodman als Erbin der Familie Malzer zugeordnet wurden. Nach einem Aufenthalt in Berlin war die Familie nach Rostock gefahren, wo Robert Zepf, Direktor der dortigen Universitätsbibliothek, die feierliche Übergabe der Bücher vornahm. Sie gehörten zu den 4000 Büchern der Bibliothek, die im Verdacht standen, von den Nationalsozialisten unrechtmäßig beschlagnahmt worden zu sein. Die Bände, darunter fünf Bücher der Thora, waren seit 1942 in den Bestand der Bibliothek eingetragen. Der Rostocker Oberbürgermeister hatte sie dort abgegeben. Indizien sprechen dafür, dass die Bücher von der sogenannten Reichstauschstelle verteilt worden waren. Erbin Audrey Goodman nahm sie am 18. Mai sichtlich gerührt entgegen.
Emotionale Momente. Auch in Bad Königshofen gab es emotionale Momente, vor allem, als mit Erlaubnis der Bewohner die Wohnung über dem Café Heintz am Marktplatz besucht wurde, wo Audreys Mutter 22 Jahre lang, bis 1937, gewohnt hatte. Auch in der Bäckerei Mauer war die Familie auf den Spuren der Vorfahren. Begleitet wurde sie von Elisabeth Börer, die sich mit der jüdischen Geschichte auskennt. Ein Besuch auf dem Friedhof schloss sich an, auf dem vier Familienmitglieder begraben sind. Ein Abstecher nach Sulzdorf, dem Wohnort des Urgroßvaters, zeigte, dass dort das ehemalige Wohnhaus noch erhalten ist, von der Synagoge aber keine Spur mehr zu finden ist.
Mit der Geschichte der Stadt hatte zweiter Bürgermeister Sebald die Familie bekannt gemacht, wobei der Gymnasiallehrer Rainer Seelmann als Übersetzer fungierte. Er hat gemeinsam mit Schülern den Verbleib der jüdischen Familien erforscht, die vor der Nazi-Zeit in Königshofen und Umgebung zu Hause waren. Die Familie Goodman interessierte sich unter anderem für die Partnerschaft mit Arlington, denn Brett mag Baseball und kennt die dortige Mannschaft.
'Wiedergutmachung ist angesichts des Unrechts und Leids, das Menschen erleiden mussten, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, kaum möglich', hatte Uni-Rektor Professor Wolfgang Schareck bei der Bücher-Übergabe gesagt. Das gilt auch für den Verlust der Heimat – die eigenen Wurzeln sind nicht ersetzbar."
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August 2016:
Die ehemalige Synagoge als Modell
erstellt |
Artikel von Hanns Friedrich im
"Fränkischen Tag" vom August 2016: "Nachbau. Als Modell ersteht Synagoge
neu
Ein prächtiger Bau in Bad Königshofen, der 1952 der Abrissbirne zum Opfer
fiel, wurde nun aus Bastelholz nachempfunden: im Maßstab 1:100.
Endlich kann man sich heute vorstellen, welch imposantes Bauwerk die
Synagoge von Königshofen im Grabfeld einst war. Ein Modell im Maßstab 1:100,
das der Sylbacher Siegfried Schwinn gefertigt hat, macht's möglich. Erbaut
im Jahr 1904 stand sie knapp 50 Jahre, dann wurde sie dem Erdboden gleich
gemacht. Heute kaum verständlich, nachdem die im neugotischen Stil gebaute
Gebetsstätte die Pogromnacht 1938 weitgehend unbeschadet überstanden hatte.
1952 wurde das Gebäude von der jüdischen Restitutionsnachfolger-Organisation
mit Sitz in New York zum Abbruch freigegeben. Heute steht an der Stelle eine
Autoreparaturwerkstatt. An die Synagoge erinnert in der Nähe ein
Gedenkstein.
Nachbau aus Bastelholz. Den Nachbau hat Siegfried Schwinn, der in
Zimmerau geboren wurde und heute in Sylbach zu Hause ist, in mühevoller
Kleinarbeit angefertigt. Seit vielen Jahren erstellt er historische Bauten
im Maßstadt 1:100 aus Bastelholz. Von ihm stammen Modelle von Schloss
Sternberg, Schloss Brennhausen oder auch das heute nicht mehr vorhandene
Schloss Kleineibstadt. Im Auftrag des Vereins für Heimatgeschichte im
Grabfeld hat der Hobbybastler aus dem Landkreis Haßberge in den vergangenen
Monaten nach historischen Bildern und einer Luftaufnahme die Synagoge von
Königshofen im Grabfeld nachgebaut. 'Nun kann man sich endlich einmal
vorstellen, was für eine wunderschöne Synagoge unsere Stadt hatte,' sagte
Vereinsvorsitzender Hanns Friedrich. Er hatte die Idee für den Nachbau,
nachdem er das Modell von Schloss Kleineibstadt gesehen hatte. Zweiter
Vorsitzender Reinhold Albert, der früher als Polizist in Ebern tätig war,
stellte den Kontakt zu Siegfried Schwinn her, der ein Schulfreund von einst
ist. Der machte sich ans Werk und hat die Synagoge im Modell nachgebaut. Es
ist sicher ein ungewöhnliches Hobby, das Siegfried Schwinn betreibt.
Angefangen hat alles vor einigen Jahren, als er eine nachgebaute Windmühle
entdeckte und dann seine erste eigene Windmühle erstellte. Schon in der
Dorfschule von Sternberg hat Schwinn sehr gerne gebastelt.
Gedenktafel. Wie geht so ein Nachbau vor sich? Schwinn sagt:
'Zunächst fotografiere ich das betreffende Gebäude von allen Seiten und dann
lege ich an das betreffende Objekt eine Art Maßstab an, um die Dimensionen
besser abschätzen zu können.' Wenn das Gebäude noch steht, wird es genau
vermessen, ein Plan gezeichnet und dann kann es mit dem Basteln losgehen. Im
Falle der Synagoge musste das Archiv die Bildvorlage liefern. Das Material
besteht aus Bastelspan, Balsaholz, aber auch abgebrannten Streichhölzern.
Schwieriger wird es, wenn Gebäude nicht mehr vorhanden sind, so wie die
Synagoge von Königshofen. 'Dann muss ich mich nach Fotografien richten und
mit dem auskommen, was ich vorfinde.' In Bad Königshofen hat dabei vor allem
ein Luftbild geholfen.
Wechselvolle Geschichte. Finanziert wurde die frühere Synagoge durch
die jüdische Gemeinde Königshofen. Die Einweihung fand 1904 statt. 1925
wurde die Synagoge erstmals renoviert, vier Jahre später wurde eine
Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gefallenen vier Gemeindemitglieder
angebracht. Beim Pogrom 1938 wurden Inneneinrichtung und die Ritualien
zerstört, das Gebäude aber kaum beschädigt. Während der Kriegsjahre diente
die Synagoge als Unterkunft für australische Kriegsgefangene. Der Abbruch
folgte im Jahr 1952."
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Der Artikel von Hanns Friedrich findet sich auch in der "Main-Post" vom 12.
August 2016:
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November
2017: Veranstaltungen zum Gedenken an
den Novemberpogrom 1938 |
Artikel von Hanns Friedrich in
der "Main-Post" vom 1. November 2017: "BAD KÖNIGSHOFEN. Kerzen erinnern wieder an die Pogromnacht
Am Donnerstag, 9. November, jährt sich zum 79. Mal die Reichspogromnacht. Der damalige national-sozialistische Staat plante das jüdische Volk auszurotten und mit dieser Nacht begann die Umsetzung dieses Vorhabens, der mit dem Mord an über sechs Millionen Juden endete.
'Als ein Zeichen des Gedenkens unserer christlichen Gemeinden werden am Donnerstag, um 18 Uhr für fünf Minuten unsere großen Glocken läuten, sagen der evangelische Pfarrer und Initiator der Aktion, Lutz Mertten und sein katholischer Amtsbruder Pfarrer Karl Feser. Die Pfarrer laden gleichzeitig ein, Kerzen in eines der Fester der Wohnungen zu stellen, um auf stillem und persönlichem Weg dieser Erinnerung Ausdruck verleihen. Neben Bad Königshofen sind auch die Kirchengemeinden in Höchheim, Irmelshausen, sowie Sulzdorf an der Lederhecke und Zimmerau dabei.
Kerzen in den Kirchen Der evangelische Pfarrer Lutz Mertten hat dazu ein Plakat entworfen, das darauf aufmerksam macht. Der Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld, der sich in seiner Satzung ja der Aufarbeitung der Geschichte des Grabfeldes verschrieben hat, stellt auch in diesem Jahr wieder Kerzen, einschließlich Tropfenbecher kostenlos zur Verfügung. Hintergrund ist, dass Kirchen und Geschichtsverein erreichen wollen, dass in der Stadt Bad Königshofen, aber auch im Grabfeld an dieses schreckliche Geschehen erinnert wird. Im Jahr 2013 fanden zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht verschiedene Feiern auf den israelitischen Friedhöfen statt.
'Wir können nicht in jedem Jahr solche Gedenkfeiern organisieren, aber erreichen, dass die Menschen daran erinnern und das kann eben durch eine kleine Kerze
sein', sagen Pfarrer Karl Feser und Lutz Mertten. In Bad Königshofen erinnert ein Gedenkstein in der Bamberger Straße daran, dass hier bis in die 1950er Jahre eine Synagoge stand, die in der Reichskristallnacht nicht angezündet wurde, aber nach dem Zweiten Weltkrieg leer stand. Sie wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde zum Abriss frei gegeben und dort
Mitte der 1950er Jahre eine Tankstelle gebaut. Der Verein für Heimatgeschichte stellt am Mittwoch deshalb als Erinnerung wieder das große Transparent zur Verfügung, das die jüdische Kirche zeigt, die in der Bamberger Straße stand. Es wird an diesem Abend am Rathaus stehen. Viele Menschen, die Zeugen dieser Zeit waren, leben heute größtenteils nicht mehr. Die Erinnerung müsse aber wach gehalten werden, sagt Pfarrer Lutz Mertten. Er nennt den 9. November auch einen Schicksalstag in der Geschichte des deutschen Volkes. Vor 28 Jahren fiel die Mauer. Auch hier sind die Grenzen längst verschwunden. Kaum gibt es noch Orte, die daran erinnern. Auch das sei es wichtig zu bewahren, was Menschen, Menschen antun. Der 9. November sei deshalb in Deutschland ein besonderer Tag der Erinnerung. Die Kerzen, die für diesen Anlass am Mittwoch Verwendung finden, sind sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche vorhanden. Dort können sie zu den Öffnungszeiten der Gotteshäuser tagsüber abgeholt werden.
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Februar 2018:
Medienkoffer zur Erinnerung an
jüdisches Leben in Bad Königshofen |
Artikel von Hanns Friedrich in
der "Saale-Zeitung" vom 13. Februar 2018: "Bad Königshofen. Ein Koffer
erinnert an jüdische Mitbürger in Bad Königshofen
Ein Koffer mit verschiedenen Gegenständen aus dem jüdischen Leben wird an
fünf Stationen in Bad Königshofen.
Wenn in den nächsten Wochen in den Kirchen, den Banken oder der
FrankenTherme ein Koffer steht, dann wird und soll dieser Aufmerksamkeit
erregen. Die Idee dazu hatte der evangelische Pfarrer Lutz Mertten. In dem
Koffer befinden sich verschiedene Gegenstände aus dem jüdischen Leben:
Bilder und Texte der prachtvollen Synagoge, die einmal in der Bamberger
Straße stand, und vieles mehr. Wichtig ist es Pfarrer Mertten, dass
diejenigen, die noch etwas aus der jüdischen Geschichte von Königshofen
wissen, es aufschreiben und dazulegen. Deshalb liegt ein entsprechendes
Notizbuch dabei. Der Koffer steht jeweils eine Woche in der evangelischen,
der katholische Kirche, in der Sparkasse, der Raiffeisen- und Volksbank
sowie in der FrankenTherme.
Biografien jüdischer Menschen. In dem Koffer findet man Biografien
jüdischer Menschen aus Königshofe n, erarbeitet von Schülern des
Gymnasiums Bad Königshofen und ihrem Lehrer Rainer Seelmann, und auch
Gegenstände aus dem religiösen Leben einer jüdischen Familie. Dazu gehören
ein Gebetbuch (Siddur), eine Thorarolle (Nachbildung), ein siebenarmiger
Leuchter (Menora), eine Kräuterdose für den Schabbat (Havdala-Dose), ein
Widderhorn (Schofar), eine Kapsel, in der das Glaubensbekenntnis an den
Türpfosten des Hauses befestigt wird (Mesusah) sowie ein Gebetsschal (Tallith).
Es ist aber auch die traditionelle Kopfbedeckung jüdischer Männer (Kippa),
der Talmud (Übersetzung von Talmudabschnitten ins Deutsche) und natürlich
eine Erklärung all dieser Gegenstände zu entdecken.
Texte und Bilder zur Geschichte der Synagoge. Hinzu kommen Texte und
Bilder zur Geschichte der Synagoge in Bad Königshofen, ein alter Stadtplan,
in dem die Gebäude jüdischer Bürger vor der NS-Zeit markiert sind und ein
jüdisches Totengebet für die Opfer des Holocaust (El male rachamim).
Außerdem die Geschichte von Stanislaus, dem einzigen Juden, der die NS-Zeit
in Königshofen überlebt hat. Er war bei der Familie Haßmüller in der
Schlundstraße in Königshofen als Schneidergeselle. Wenn der Koffer nun am 1.
Fastensonntag durch die Stadt "reist", darf ihn jeder aufmachen,
reinschauen, sogar darin stöbern. Pfarrer Lutz Mertten wäre daran gelegen,
dass Bürger aus dem Grabfeld, wenn sie noch Erinnerungen an jüdische
Mitbürger haben, diese aufschreiben. Natürlich können weitere Gegenstände in
den Koffer gelegt werden, die an das Leben jüdischer Mitbürger in
Königshofen erinnern. Der Koffer steht vom 18. bis 24. Februar in der
evangelischen Kirche, vom 25. Februar bis 3. März in der Sparkasse, vom 4.
bis 10. März in der Volks- und Raiffeisenbank, vom 11. bis 17. März in der
FrankenTherme und vom 18. bis 24. März in der katholischen Stadtpfarrkirche"
Link zum Artikel
Derselbe Artikel von Hanns Friedrich in der "Main-Post" vom 13. Februar
2018:
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Februar 2019:
Warum es in Bad Königshofen keine
"Stolpersteine" gibt |
Artikel von Michael Petzold in
der "Main-Post" vom 11. Februar 2019: "Bad Königshofen. Stolpersteine:
Warum es in Bad Königshofen keine gibt.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der jüdischen Mitbürger in den Gemeinden
und Städten zu Gedenken, die dem Holocaust zum Opfer gefallen sind. Die so
genannten Stolpersteine sind eine besonders auffällige, weil kaum
übersehbare Variante. Die kleinen Metallplatten werden vor der letzten frei
gewählten Unterkunft der einstigen jüdischen Mitbewohner im Boden befestigt
und geben Auskunft über Namen, Geburtsjahr und Todestag der betreffenden
Personen. In Bad Königshofen, wo 1933 noch 94 Juden gelebt hatten, findet
man keine dieser Stolpersteine, was immer mal wieder zu Diskussionen führt.
Wie unlängst auf der Facebook-Seite 'Bad Königshofen und Umgebung', wo die
Userin Doris Regnam durch einen geteilten Post eine ganze Reihe von
unterschiedlichen Reaktionen hervorgerufen hat. Bereits vor einigen Jahren
hatte Jane Hartmann-Zeilberger den Stadtrat mit der Bitte kontaktiert, vor
dem ehemaligen Wohnhaus ihrer Großeltern in Bad Königshofen Stolpersteine
verlegen zu lassen. Die Anfrage war mit einem Schreiben vom Dezember 2012
von Bürgermeister Thomas Helbling abschlägig beschieden worden. Als
Begründung führte Helbling damals aus, dass ein ähnlicher Antrag aus dem
Jahre 2009 vom Stadtrat bereits abgelehnt worden sei, weil diese Maßnahme
nicht nur Zustimmung finde.
Gedenktafeln statt Stolpersteine. So verwies Helbling auf Charlotte
Knobloch, die neben vielen anderen bedeutenden Ehrenämtern auch von 2006 bis
2010 den Posten der Präsidentin des Zentralrats der Juden bekleidet hatte.
Charlotte Knobloch hatte sich mehrfach vehement gegen die Verlegung von
Stolpersteinen in ihrem Wohnort München ausgeprochen, wie in mehreren
Zeitungsartikeln nachzulesen ist. Sie empfindet Stolpersteine, als würden
die Opfer von einst erneut mit Füßen getreten. Außerdem machte Helbling in
seinem Schreiben an Jane Hartmann-Zeilberger deutlich, dass am Judenfriedhof
und am Standort der ehemaligen Synagoge bereits seit langem Gedenktafeln auf
das Leben der ehemaligen jüdischen Gemeinde hinweisen. Eine Ansicht, die
Helbling auch heute vertritt, wie er in einem Gespräch mit dieser Redaktion
erklärte. Eine Reaktion, die die heute 71 Jahre alte Jane
Hartmann-Zeilberger bedauert. Die Enkelin der Zeilbergers aus Bad
Königshofen lebte bis 1971 in New York, bevor sie ihren deutschen Mann
geheiratet hat, mit dem sie seither in Berlin wohnt. Dort betreibt sie heute
noch eine kleine Praxis für Psychotherapie. Vor dem Hintergrund des
zunehmenden Antisemitismus in Deutschland betonte sie in einem Telefonat mit
dieser Redaktion, dass sie selbst hier nie negative Erfahrungen gemacht
habe. Ihre Tochter allerdings, die mit einem Israeli verheiratet ist, würde
ihr Kind nicht auf eine Regelschule schicken, weil sie Angst vor
Anfeindungen habe. Dr. Josef Schuster (Würzburg), der Präsident des
Zentralrats der Juden in Deutschland, hält Stolpersteine für eine sehr gute
und würdige Art des Gedenkens an die Opfer der Schoa. Auch das
Führungsgremium des Zentralrats habe dazu generell eine positive Meinung.
'Insbesondere in Zeiten wie diesen, in denen wir vermehrt Stimmen vernehmen
müssen, die eine Änderung der Erinnerungskultur und sogar das Ende der
Stolpersteine fordern', erklärt er in einer von seiner persönlichen
Referentin Gila Baumöhl übermittelten Antwort auf eine Anfrage dieser
Redaktion. 'Derartigen populistischen und geschichtsrevisionistischen
Tendenzen müssen wir durch ein würdiges Erinnern sowie eine resolute
Bekämpfung von Antisemitismus und Intoleranz entgegentreten', so Schuster
weiter
Stolpersteine regen zum Nachdenken und Nachfragen an. Die
Stolpersteine würden dazu einen maßgeblichen Beitrag leisten. Durch diese
kleinen Messingplatten im Boden kommen die Menschen im Alltag mit dem Thema
„Holocaust“ unvorhergesehen in Berührung. Stolpersteine würden damit
verdeutlichen, dass jene Menschen, die grausam ermordet wurden, mitten unter
uns gelebt haben und dass ihre Entrechtung und Verfolgung vor aller Augen
passiert ist. 'Durch das Lesen der Messingsteine verbeugen wir uns
wortwörtlich vor den Menschen, die den Nationalsozialisten zum Opfer
fielen'. Stolpersteine würden zum Nachdenken und Nachfragen anregen. Dass
gerade viele junge Menschen sich dem Projekt in Form von Patenschaften
annehmen, die dazugehörigen Biographien recherchieren und sich der Pflege
der Steine widmen, hält Schuster für besonders lobenswert und für einen
wichtigen Beitrag zur künftigen Gedenkkultur. Allerdings merkt Schuster noch
an, dass Stolpersteine selbstverständlich nicht die einzige Form eines
würdigen Gedenkens sind. 'Das Anbringen einer Gedenktafel oder das
Aufstellen von Stelen, wie beispielsweise in München, halte ich ebenfalls
für adäquate Formen des Erinnerns.'..."
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Juli 2019:
Die Königshofener Synagoge wird
als Holzmodell nachgebaut |
Artikel von Josef Kleinhenz in
der "Bayerischen Staatszeitung" vom 26. Juli 2019: "Leben in Bayern. Mit
viel Geduld und Fingerspitzengefühl
Ungewöhnliches Hobby: Der unterfränkische Rentner Siegfried Schwinn baut
historische Gebäude im Kleinformat nach
Kirchen, Schlösser und Burgen sind die große Leidenschaft von Siegfried
Schwinn. Der 69-jährige Franke aber begnügt sich keineswegs damit, die
historischen Bauten zu besichtigen. Der gelernte Fabrikarbeiter errichtet
sie selbst – im Maßstab 1 zu 100 aus kleinen Bastelhölzern. Besonders
Gotteshäuser haben es dem Rentner aus Sylbach, einem Ortsteil von Haßfurt,
angetan. Schwinn will damit eine sichtbare Verbindung zum christlichen Erbe
herstellen, sagt er. Und so wählte er für eines seiner kleinen Holzmodelle
nicht von ungefähr die bekannte Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen aus. Zu
Beginn einer Arbeit misst Schwinn zunächst vor Ort den Grundriss des Objekts
aus. Seine Frau Gisela ist dann stets dabei. Denn sie stellt sich mit einem
drei Meter langen Zollstock vor das ausgewählte Bauwerk. Der Künstler macht
ein Foto, mit dessen Hilfe er dann die Höhe des Gebäudes abschätzen kann. So
erspart er sich eine mühevolle Vermessung. Eine Abbildung des Gebäudes, in
Teile geschnitten, und eine Skizze dienen als Vorlage beim Nachbau. Mehr als
2000 kleine Bastelhölzer benötigt Schwinn für ein Bauwerk. „Die Fenster
fertige ich mit Kunststoff- und Balsaholz und das Fachwerk bepinsele ich mit
roter Farbe, damit alles originalgetreu aussieht“, erklärt er. Größtenteils
Sperrholz verwendet Siegfried Schwinn für den Unterbau seiner Objekte. Auch
Streichhölzer kommen zum Einsatz, teils sogar bereits verwendete. Dazu
kommen Schere, Messer – und viel Klebstoff. „Meine Arbeitsstunden habe ich
noch nie gezählt“, sagt Schwinn. Klar aber, dass es eine Menge sind. Für das
Schloss Unsleben im Landkreis Rhön-Grabfeld zum Beispiel habe er rund drei
Monate gebraucht, erklärt er. „Es macht aber natürlich einen Unterschied, ob
ich täglich durchgehend arbeite oder größere Pausen einlege.“
Er gibt ein Modell nur schweren Herzens weg. Schwinn bastelt zum
Vergnügen. Wichtig sei ihm, dass sich Menschen über sein Handwerk freuen,
erklärt er. Wenn seine Arbeit wertgeschätzt werde, sei dies nicht nur der
größte Lohn seiner Mühen, sondern auch Ansporn für weitere Bauwerke. Als
sich für die Burg Lisberg bei Bamberg ein Kaufinteressent bei ihm meldete,
zögerte Schwinn angesichts des hohen ideellen Werts, den seine Bauten für
ihn besitzen. Schweren Herzens gab er die Burg dann aber her. „Wenn es weg
ist, habe ich es nicht mehr vor Augen – das tut dann schon ein bisschen
weh“, sagt er.
Als eine der wenigen Auftragsarbeiten baute Schwinn die Synagoge im
fränkischen Bad Königshofen nach. Von 1903 bis 1904 errichtet, wurde das
Innere des Gebäudes 1938 von den Nazis zerstört. Im Krieg diente es als
Getreidespeicher. 1951 wurde es abgetragen. Nun existiert die Synagoge aber
zumindest wieder als Holzmodell..."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde
Königshofen |
In der Website des Landesarchivs
Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart bzw. Staatsarchiv) sind die Personenstandsregister
jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern
einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632,
darunter ein fälschlich Königshofen
(=Lauda-Königshofen) zugeordnetes Familienregister, das allerdings
Königshofen im Grabfeld zuzuordnen ist.
Zu Königshofen im Grabfeld sind somit vorhanden:
J 386 Bü. 320 Königshofen Geburten 1828 - 1875
Eheschließungen 1788 - 1855 Sterbefälle 1813 - 1863 http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-445928 |
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 444. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 344-345. |
| Herbert Schultheis: Die Reichskristallnacht in
Deutschland nach Augenzeugenberichten. Bad Neustädter Beiträge zur
Geschichte und Heimatkunde Frankens Bd. 3. Hg. von Herbert Schultheis. Bad
Neustadt a.d. Saale 1985 S. 111-113. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 41. |
| Reinhold Albert: Geschichte der Juden im Grabfeld. Schriftenreihe
des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld Heft 2. Bad Königshofen im
Grabfeld 1990. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 560-561. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 184. |
| Elisabeth Böhrer: Von Königshofen i.Gr. über
Rostock in die USA. In: Heimat-Jahrbuch des Landkreises Rhön-Grabfeld 39.
Jahrgang 2017 S. 418-420. Online
zugänglich (eingestellt als pdf-Datei). |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Koenigshofen im
Grabfeld Lower Franconia. Jews were victims of the Rindfleisch
massacres of 1298 and the Black Death disturbances of 1348-49. The modern
community grew to 101 in 1910 (total 1.802), with a synagogue built in 1904 and
a cemetery opened in 1921. Both were desecrated in 1925. In 1933, 94 Jews
remained; 69 left the town by the end of 1928, including 27 for the U.S. and 37
for other German cities. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue was wrecked, all the tombstones in the Jewish cemetery were smashed,
and eight Jewish men were sent to the Dachau concentration camp. Another 13 Jews
left in 1939. The last six were expelled to Kleineibstadt in August 1941 and
from there to Izbica in the Lublin district (Poland) via Wuerzburg on 25 April
1942.
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