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Schwanfeld (Kreis
Schweinfurt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Schwanfeld lebten Juden bereits im Mittelalter. Unter den Orten, an
denen die Bande des "Ritters Rintfleisch" aus Röttingen
1298 Juden ermordeten, wird auch Schwanfeld genannt.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 16. Jahrhundert
zurück. Vermutlich konnten sich hier einige der damals aus Würzburg
ausgewiesenen Juden niederlassen. Schwanfeld lag sehr verkehrsgünstig am
Schnittpunkt zweier Fernverbindungen (Würzburg - Bamberg und Meiningen bzw.
Hildburghausen - Hall bzw. Feuchtwangen - Donau. 1579 konnte der Friedhof
angelegt werden. Gleichfalls wurde ein "Reb" (Rabbiner) zugelassen und
die Einrichtung einer "Judenschule" sowie eines jüdischen Gerichtes.
Dafür musste die jüdische Gemeinde eine jährliche Abgabe von 12 Gulden
leisten, die erstmals 1580 fällig war. 1622 wird in einer Urkunde der Jude
Hirsch erwähnt, der am Ort zwei Häuser besaß und sich als Landwirt und
Pferdehändler betätigte.
Anfang des 19. Jahrhunderts lebten zahlenmäßig die meisten Juden in Schwanfeld:
1816 230 (37,2 % von insgesamt 619 Einwohnern). Danach entwickelte sich die
Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1837 200 jüdische Einwohner (23,2 %
von insgesamt 860), 1867 170 (18,2 % von 931), 1880 150 (16,0 % von 934), 1885
185, 1890 152 (17,5 % von 867), 1900 114 (12,9 % von 887), 1910 114 (12, % von
931).
Da die Matrikeln des Landgerichtes Werneck nicht vorhanden sind, konnte von Dirk
Rosenstock (s. Lit.) nur eine Rekonstruktion der Matrikelliste auf Grund
älterer Listen und der jüdischen Standesregister vorgenommen werden. Demnach
gab es um 1817/22 die folgenden jüdischen Familien in Schwanfeld auf 34
Matrikelstellen (genannt wird der Familienvorstand mit neuem Familiennamen
und Erwerbszweig): Jakob Schlom Gattmann (Viehhändler), Maier Schlom Gattmann
(Viehhändler), Jockel Schlom Gattmann (Viehhändler), Wolf Anschel Bachmann
(Warenhändler), Simon Anschel Bachmann (Warenhändler), Israel Anschel Bachmann
(Warenhändler), Joseph Moses Schloss (Warenhändler), Joseph Jakob Berk
(Warenhändler), Beila geb. Falk, Witwe von Sußmann Haymann (Schlachten), Löb
Lazarus Frank (Viehhändler), Moses Salomon Schöler (Viehhändler), Besla,
Witwe von Moses Schlom Schöler (Warenhandel; Sohn Isaac übernahm die
Matrikelstelle 1821 mit Feldbau), Lazarus Löw Frank (Warenhändler), Lazarus
Michael Stern (Schlächter), Jockel Joseph Schloss (Warenhändler), Jockel Moses
Schloss (Schmuser), Maier Joseph Schloss (Viehhändler), Joseph Jacob
Frankenthal (Schmuser), Jakob Löw Frankenthal (Warenhändler), Joseph Lippmann
Schmalbach (Warenhändler), Löw Lippmann Schmalbach (Warenhändler), Haium
Lippmann Schmalbach (Hausierhandel), Hona Gumpel Rosenbusch (Warenhändler),
Joseph Jakob Wölflein (Warenhändler), Frommet Kohn (Warenhandel), Hona Elkan
Gutmann, Hirsch Elkan Gutmann (ohne Erwerb), Elkan Hirsch Gutmann
(Warenhändler), David Hirsch Blattner (Warenhändler), Meier David Blattner (Plettner,
Warenhändler), Jacob David Blattner (Hausierhandel) Maier Moses Neumark
(Warenhändler).
1866 ereignete sich am Ort ein Judenpogrom, bei dem
Schwanfelder Juden misshandelt und ihr Besitz zerstört wurde.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(zeitweise Elementarschule, 1924 private israelitische Volksschule), ein
rituelles Bad sowie der schon genannte Friedhof,
auf dem die Toten aus jüdischen Gemeinden einer weiten Umgebung beigesetzt
wurden. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich aus Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibungstext unten). In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der Name
von Leopold Dorfzaun in Erinnerung, der 21 Jahre - von 1876 bis 1897 - in der Gemeinde tätig
war (siehe Artikel unten). Seit Anfang des 20. Jahrhunderts war der jüdische
Lehrer Schwanfelds auch für die
inzwischen zu Schwanfeld gekommene "Filiale" Untereisenheim
zuständig. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Schweinfurt.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Jakob Berk (geb.
24.7.1887 in Schwanfeld, gef. 25.5.1916),
Richard Berg (geb. 30.6.1894 in Schwanfeld, gest. 6.10.1916 in Gefangenschaft), Max Heinemann
(gef. 1917), Philipp Stern (geb. 23.3.1884 in Schwanfeld, gef. 18.1.1917) und Louis
Stern (geb. 7.6.1885 in Schwanfeld, gef. 11.11.1918). Ihre Namen stehen auf dem
Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege in der Ortsmitte in
unmittelbarer Nähe von Rathaus und Kirche. Außerdem sind gefallen: Gefreiter
Otto Schloß (geb. 30.6.1879 in Schwanfeld, vor 1914 in Arnstein wohnhaft, gef.
26.11.1916), Max Schäler (geb. 11.8.1883 in Schwanfeld, vor 1914 in Fürth
wohnhaft, gef. 22.6.1916).
Um 1924, als noch 81 jüdische Einwohner gezählt wurden (9,6 % von
insgesamt 980 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Josef
Frankenthal und Max Blättner. Als Lehrer, Kantor und Schochet wirkte (bis zu
seiner Versetzung nach Mainstockheim
1925. siehe Bericht unten) Siegbert Friedmann. Er unterrichtete an der inzwischen privaten israelitischen
Volksschule 10 Kinder. An jüdischen Vereinen bestanden: die Chewra
Kadischa (Wohltätigkeits- und Bestattungsverein, 1924 unter Leitung von
David Blättner, 14 Mitglieder), der Verein Chewra Gemillus Chassodim
(Wohltätigkeitsverein, gegründet 1821, 1924/32 Vorsitzender Emanuel Gutmann, 10
Mitglieder), der Israelitische Frauenverein (Wohltätigkeits- und
Bestattungsverein, 1932 Vorsitzende Frau L. Blättner, 15 Mitglieder), der Verein Bikkur
Cholim (Krankenpflege 1924 Vorsitzender Josef Frankenthal), der Verein zur
Beförderung der Künste und Handwerker unter Israeliten (gegründet 1821,
1932 Vorsitzender Emanuel Gutmann, Ziel: Unterstützung Hilfsbedürftiger, 1932
15 Mitglieder). 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Julius Gutmann
(1. Vors.) und Ferdinand Bamberger (2. Vors.). Als Lehrer und Kantor war seit 1927 inzwischen Martin Selmanson tätig
(er war zuvor Lehrer in Lübeck). Im
Schuljahr 1931/32 unterrichtete er noch fünf Kinder in Religion.
1933 wurden noch 58 jüdische Personen in Schwanfeld gezählt. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert: zwischen 1936 und 1940 verließen 38 Juden das Dorf, von
denen 28 auswanderten (25 in die USA, zwei nach England und eine Person nach Palästina) und
zehn in andere deutsche Städte verzogen (sechs nach Würzburg, drei nach Frankfurt,
eine Person nach Augsburg). 1942 wurden acht von den zehn noch in Schwanfeld lebenden Juden nach
Würzburg gebracht. Sie wurden drei Tage später in das Vernichtungslager Izbica
bei Lublin (Polen) deportiert. Die letzen beiden Juden kamen im September 1942
in das Ghetto Theresienstadt. Damit endete die Geschichte der jüdischen Gemeinde.
Von den in Schwanfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Josef Leo Bachmann (1866), Luise Blättner (1920), Max Blättner
(1876), Ricka Blättner geb. Stern (1856), Selma Blättner geb. Kissinger
(1890), Camilla Einstein geb. Stern (1880), Cäcilie Fleischmann geb. Rosenbusch
(1890), Eugen Frankenthal (1894), Gustav Frankenthal (1888), Karl Frankenthal (1898), Karl
Frankenthal (1918), Dr. Ludwig Frankenthal (1885), Max Frankenthal (1886), Moritz
Frankenthal (1898), Nanni Frankenthal (1890), Wolf Frankenthal (), Lilli
Friedmann (1920), Selma Fromm geb. Gattmann (1877), Selma Gerst geb. Heimann
(1899), Berta Grünbaum geb. Schäler (1873), Klara Grünbaum geb. Schloss
(1873), Anna Gutmann geb. Blättner (1883), Erna Gutmann (1908), Julius Gutmann
(1879), Louis Gutmann (1873), Ida Heimann geb. Berney (1873), Markus (Magnus) Heimann (1870), Tina
(auch Dina) Heimann (1905), Hedwig Höbel (1884), Amalie (Mali, Malchen) Kälbermann geb. Heimann (1868), Paula
Kahn geb. Berk (1897), Lina Klebe geb. Berk (1887 oder 1888), Hanna (Hannchen)
Klugmann geb. Bachmann (1859), Kurt Lindheimer (1934), Moses
Lindheimer (1893), Norbert Lindheimer (1930), Sidoni Lindheimer geb. Heimann (),
Toni Lindheimer geb. Heimann (1904), Hanna (Nanny) Mendle geb. Frankenthal (1890),
Malchen Neter geb. Heimann (1896), Frieda Neumann geb. Dorfzaun (1883), Selma
Philipps geb. Schloss (1879), Emil Rosenbusch (1888), Emma
Rosenbusch geb. Gutmann (1881), Leopold Rosenbusch (1876), Simon Rosenbusch
(1860), Gertrud Schäler (1866), Leon Schäler (1861), Meier Schäler (1868), Jette Schloss geb.
Bachmann (1861), Ludwig Schloss (1863), Justus Stern (1889), Malie Stern (1859),
Th. Stern (1891), Ida Strauß geb. Blättner (1884).
Nach 1945: Im
Jahre 1956 kehrte der frühere jüdische Einwohner Schwanfelds Ludwig Gutmann
aus russischer Gefangenschaft nach Schwanfeld zurück (Ludwig Gutmann war
seit 1929 Mitinhaber der des väterlichen Viehhandelsgeschäftes; 1941 in das KZ
Jungfernhof deportiert; nach der "Befreiung" wegen angeblicher
"Spionage" 1945 von den Sowjets verurteilt und in Zwangsarbeitslager
festgehalten; gest. 1984).
Vgl.: Artikel über Ludwig Gutmann in "Der Spiegel" 18/1957 vom
1.5.1957: "Spätheimkehrer. Es mag eine Härte sein". Link
zum Artikel pdf-Datei
mit Foto
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1908 / 1909
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1908: Die
Stelle eines Vorbeters, Religionslehrers und Schochets in der
hiesigen israelitischen Gemeinde Schwanfeld ist bis zum 1. April
dieses Jahres zu besetzen. Gehalt pro Jahr Mark 600. Vergütung für Holz
Mark 100. Garantierte Nebenverdienste Mark 300. Schächterfunktion ca.
Mark 400. Der Vorgänger hatte die Filiale Untereisenheim inne, die ca.
Mark 200 trägt. Wohnung frei. Seminaristisch gebildete Bewerber,
unverheiratete bevorzugt, wollen sich unter Einsendung ihrer Zeugnisse
wenden an den Unterzeichneten.
Adolf Berk, Kultusvorstand Schwanfeld Ufr." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1909:
"In hiesiger Kultusgemeinde ist die Stelle eines
Lehrers und Vorbeters
verbunden mit der Schächterfunktion sofort zu besetzen. Der Gehalt
beträgt Mark 700 pro Jahr. Vergütung für Beheizung Mark 100.
Garantiertes Nebeneinkommen Mark 300. Die Schächterfunktion ca. Mark 450.
Sowie eine Filiale (Untereisenheim)
ca. Mark 250. Unverheiratete, seminaristisch gebildete Bewerber haben den
Vorzug. Zeugnisse erbeten.
Adolf Berk, Kultusvorstand, Schwanfeld, Unterfranken." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Oktober 1925:
"Religionslehrer, Vorbeter und Schochet für unsere Gemeinde
gesucht. Besoldung bei freier, schöner Dienstwohnung nach den
Grundsätzen des Verbandes Bayrischer Israelitischer Gemeinden.
Bewerbungen mit Zeugnissen erbittet
Der Vorstand der Israelitischen Gemeinde Schwanfeld (bei
Schweinfurt)
Julius Gutmann." |
Über den Lehrer Leopold Dorfzaun (1876 - 1897 Lehrer in Schwanfeld, Artikel zu seinem Tod
1928)
Links:
Lehrer und Kantor Leopold Dorfzaun (1855-1928), von 1876 bis 1897 in der jüdischen
Gemeinde in Schwanfeld tätig.
(Foto erhalten im August 2010 von Fredel Fruhman, eine Enkelin des
Schwiegersohnes von Kantor Dorfzaun, dem Lehrer Salomon Neumann in Gochsheim,
später Kassel, der mit Frieda geb. Dorfzaun verheiratet war, siehe unten). |
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Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
April 1928: "Fischach. Am Schabbos Chol hamoed (= Schabbat
während der Halbfeiertage des Pessachfestes = 7. April 1928) verschied im
Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit Kollege Kantor Leopold
Dorfzaun. In Rödelmaier
(Unterfranken) geboren, kam er in jungen Jahren schon als Gemeindebeamter
nach Königshofen, amtierte 21
Jahre in der Gemeinde Schwanfeld und seit 1897 bis zu seiner
Pensionierung am 1. Januar 1925 als Kantor und Schochet in Fischach.
Als Kantor war Dorfzaun Autodidakt, und es ist erstaunlich, wie er als
solcher - mit unverwüstlicher Stimme begabt - die traditionellen Gesänge
beherrschte. In der Schechitoh war seine Meisterschaft anerkannt. An seiner
Bahre sprachen Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Neuwirth (Ichenhausen),
in Berücksichtigung der Feiertagsstimmung und dem Wunsche des Verewigten
entsprechend, kurze Worte des Dankes und des Abschieds; Herr Kollege
Oberkantor Steinfeld (Augsburg) entledigte
sich seines Auftrages, im Namen des Israelitischen Lehrervereins in Bayern
dem langjährigen Mitglied letzten Gruß und Bank für dessen treue
Mithilfe abzustatten, in kurzen, treffenden Worten. Zuletzt rief noch der
älteste Sohn dem geschiedenen Vater herzliche Abschiedsworte nach.
Die Beerdigung sah eine zahlreiche Trauerversammlung, da nicht nur die
israelitische Gemeinde vollzählig sich beteiligte, sondern auch eine
überaus große Zahl von Freunden und Bekannten aus der übrigen
Bevölkerung von hier und der Umgebung sich eingefunden hatte. Der
Israelitische Lehrerverein wird dem treuen und für die Förderung seiner
Wohlfahrtseinrichtungen stets eifrig bestrebten Mithilfe ein dauerndes
ehrendes Gedenken bewahren. F." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1928:
"Fischach, 15. April (1928). Am 7. dieses Monats verschied nach
längerem Leiden im Alter von nahezu 73 Jahren unser Kantor und Schochet
a.D. Leopold Dorfzaun. Nach einer 21jährigen Amtszeit in Schwanfeld
hat er 27 Jahre in anspruchslosester, pflichtgetreuester Weise in der
Gemeinde Fischach gewirkt, um sich am
1. Januar 1924 in den wohl verdienten Ruhestand zurückzuziehen. In allen
Lebenslagen hat Dorfzaun tiefe Religiosität mit großem Gottvertrauen
verbunden. Das Andenken des Verblichenen wird von den Gemeindemitgliedern
immer in Ehren gehalten werden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." |
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Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 11. Mai 1928:
"Für die uns anlässlich des Hinscheidens meines lieben Mannes,
Vaters und Schwiegervaters, des Herrn
Leopold Dorfzaun Kantor i.R.
erwiesene Teilnahme danken wir herzlichst.
Frau Klara Dorfzaun - Salomon Neumann und Frau Frieda geb.
Dorfzaun
Kassel Schillerstraße 23." |
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Links:
die in Schwanfeld 1883 geborene Tochter von Lehrer Leopold Frieda geb.
Dorfzaun heiratete den Lehrer Salomon Neumann
(Angaben von Fredel Fruhman geb. Jacobs, Tochter von Hetti
Jacobs geb. Neumann). Salomon Neumann war in Gochsheim,
später in Kassel als Lehrer und Kantor tätig. Beim Novemberpogrom 1938 wurde er verhaftet
und für einige Zeit in ein Konzentrationslager verschleppt. Erst Mitte
September 1941 (!) verließ er Deutschland und emigrierte über Barcelona nach
Südamerika, wo er sich in Quito, Ekuador niederlassen konnte.
Seine Frau Frieda geb. Dorfzaun wurde nach der
Deportation 1942 ermordet. Nach 1945 ließ sich Salomon Neumann in den USA
nieder, lebte zunächst in New York City, danach in Trenton, New Jersey.
Er starb 1971 in New York im Alter von 91
Jahren. Der älteste Sohn von Salomon Neumann - Erich Neumann - war u.a. Lehrer in
Spangenberg
(Foto von Fredel Fruhman). |
Der bisherige Lehrer in Schwanfeld Siegbert Friedmann tritt eine neue Stelle in
Mainstockheim an (1925)
Anmerkung: Siegbert Friedmann ist 1880 als Sohn des Lehrers Marcus
Friedmann (Lehrer in Hainsfarth von
1863-1909) und seiner Frau Babette geb. Hollerbaum geboren. Er war verheiratet
mit Ida geb. Kissinger (1888-1947). Am 24. März 1942 wurde er ab Nürnberg in
das Ghetto Izbica deportiert und ist umgekommen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember 1925: "Mainstockheim,
7. Dezember (1925). Der gestrige Schabbat Paraschat Wajischlach
(Schabbat mit der Toralesung Wajischlach = 1. Mose 32,4 - 36,43,
das war am 5. Dezember 1925) brachte ein für unsere Gemeinde seltenes und
schon lange ersehntes Ereignis. Ist es doch nach einem mehrjährigen
Interregnum unserem stets um das Gemeindewohl bemühten rührigen 1.
Vorstand Herr J. Lomnitz und dank der Opferwilligkeit der Gemeinde
gelungen, in der Person des Herrn S. Friedmann, bisher Volksschullehrer
in Schwanfeld, einen Nachfolger des 40 Jahre hier wirkenden
Oberlehrers a.D. Herrn Wurzmann zu finden. Die Freude der Gemeinde über
die Neubesetzung der Stelle brachte der Vorstand am Schlusse des
Freitag-Abend-Gottesdienstes in der festlich geschmückten Synagoge in zu
Herzen gehenden Worten zum Ausdruck. Verherrlicht wurde die
Einführungsfeier durch die Anwesenheit unseres allverehrten Herrn
Distriktsrabbiner Dr. Hanover, der in gewohnter Meisterschaft die
Wichtigkeit und Bedeutung des Lehrerberufs, zumal in gegenwärtiger Zeit,
in der das Judentum zum Kampfe gerüstet sein muss, der Gemeinde darlegte.
Herr Hauptlehrer Friedmann entwickelte dann unter Zugrundelegung der
symbolischen Bedeutung des Chanukka-Leuchters die Aufgaben und Pflichten
des Lehrers und versprach, nach besten Kräften stets zum Wohle der Schule
und Gemeinde zu wirken. Möge er erfolgreich sein! |
|
Links: Lehrer Siegbert Friedmann (links) zusammen mit Isidor Friedmann und
Arno Friedmann (1867-1934, Lehrer, später Schuhhändler in Ingolstadt
und Heimatforscher). |
Wiederbesetzung der Lehrerstelle mit Martin Selmansohn (1927)
Meldung
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 19.
September 1927: "Unter Beihilfe des Verbandes wurden folgende Stellen
wieder besetzt. Thalmässing durch W. Goldberg aus Ichenhausen, Bechhofen
durch E. Heimann, früher in Odenbach, Schwanfeld durch M. Selmansohn,
bisher in Lübeck und Oberlauringen
durch Schia Kraushaar, bisher in Frankfurt am Main." |
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Zum Judenpogrom 1866
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1866:
"Schweinfurt. Nach dem Schweinfurter 'Tagblatt' sollen im Orte
Schwanfeld bei Werneck von einem Haufen Volks grobe Exzesse gegen die
dortigen Israeliten verübt, insbesondere viele Fenster eingeworfen, und
die Juden, deren man habhaft werden konnte, arg misshandelt worden
sein." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Abschied von Klara Bachmann
(1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Mai 1900: "Danksagung.
Schon mehr als acht Tage sind verflossen, seitdem ein liebgewordenes,
höchst verehrtes Mitglied unseres Vereins, nämlich Frau Klara Bachmann,
den hiesigen Ort verlassen hat, um die Tage ihres Alters bei ihrer Tochter
in Wiesenbronn zu verbringen. Ihr Scheiden von hier hat eine
unausfüllbare Lücke in unserer Gemeinde und insbesondere in unserem
Vereine verursacht und wir bedauern ihren Wegzug aufs Tiefste. Was sie uns
geleistet, verdient auch über die Grenzen unseres Ortes hinaus bekannt zu
werden. Ihre Tätigkeit beschränkte sich nicht nur auf unseren Verein,
dessen eifrige Förderin sie war, und an dem sie mit der ihr eigenen
warmen Liebe hing, sondern sie war bestrebt, allüberall mit Rat und Tat
zur Seite zu stehen. Ihre sanften Worte waren jedem Kranken Linderung,
brachten jedem Trauriggestimmten Trost, Wohltätigkeit war ihre
Parole. Sagen wir dieser herrlichen Frau unseren tief gefühltesten Dank
für ihr wohltätiges Wirken. Möge derselben reichlicher Lohn zuteil
werden und ihr ein recht glücklicher Lebensabend beschied sein. Amen.
Wir fügen nebst diesen Wünschen noch die Versichtung an, dass wir dieser
unserer lieben Freundin stets in Liebe und Hochachtung gedenken, und dass
ihr Name uns immer als leuchtendes Vorbild vor Augen stehen wird. Zum
Schluss rufen wir ihr noch herzliches Lebewohl zu.
Der Frauenverein der israelitischen Kultusgemeinde Schwanfeld." |
Sonstiges
Erinnerung an die jüdischen Auswanderungen im 19.
Jahrhundert: Grabstein für die in Schwanfeld geborene Regina Hirschhorn
(1811-1907)
Das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn
|
Grabstein für
"My beloved Mother
Regina Hirschhorn, Born in Schwanfeld, Bavaria,
June 21, 1811
Died Feb. 23, 1907". |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Einrichtung einer "Judenschule" wurde von der
Ortsherrschaft bereits um 1579 gestattet. Vermutlich handelte es sich dabei um
eine Betstube in einem der jüdischen Häuser gehandelt. Eine Synagoge wurde 1786 erbaut.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden die Inneneinrichtung und
die Ritualien vollständig zerstört. Das Gebäude blieb jedoch erhalten und
wurde nach 1945 zunächst als Kino, später und bis zur Gegenwart als Wohnhaus
verwendet.
Adresse/Standort der Synagoge: auf dem heutigen Grundstück
Wipfelder Straße 17
Fotos
(Foto des ehemaligen Synagogengebäudes: Jürgen Hanke, Kronach;
Schule und Gedenkstätte:
Fotos von Elisabeth Böhrer)
Das ehemalige
Synagogengebäude
zum Wohnhaus umgebaut |
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Gebäude auf Grundstück
Wipfelder Straße 17 |
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Die ehemalige
jüdische Schule
zum Wohnhaus umgebaut
(Foto von 2014) |
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Gebäude auf Grundstück
Wipfelder Straße 13 |
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Die Gedenkstätte am Tag
der
Einweihung im Juni 2006 |
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Die am 4. Juni
2006 eingeweihte
Gedenkstätte; der Gedenkstein hat die Inschrift:
"Die Gemeinde Schwanfeld gedenkt ihrer
ehemaligen jüdischen Mitbürger
- Zur Erinnerung und Mahnung" |
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Einzelne
Presseberichte
Februar
2014: Auf den Spuren der jüdischen
Kindheit |
Artikel von Hannes
Helferich in der "Main-Post" vom 20. Februar 2014: "Auf
den Spuren einer jüdischen Kindheit.
Mark Dornhelm aus den USA besuchte die Orte, an denen seine Vorfahren gelebt haben
Es war keine leichte Reise – und es gab viele bewegende Momente: 1937 konnte Mark Dornhelms Mutter Emmy in die USA fliehen und entkam so dem Holocaust. Nun besuchte der 69-jährige Mark die Orte der Kindheit seiner Mutter.
Emmy ist 1914 in Schweinfurt geboren, als zweites Kind von Jakob und Paula Rosenstock. Bis 1940 gelang der kompletten Familie die Flucht nach Amerika. Emmy Rosenstock heiratete in den USA Salomon Dornhelm. Sohn Mark wurde 1945, sein Bruder Richard 1943 geboren. Diese Woche besuchte Mark erstmals Schweinfurt. Abstecher unternahm er auch nach
Schwanfeld und Euerbach, den Wohnorten der Vorfahren..."
Link
zum Artikel |
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April/Mai
2015: Auf den Spuren der Vorfahren |
Artikel von Silvia
Eidel in der "Main-Post" vom 5. Mai 2015: "SCHWANFELD. Zurück in einem anderen Leben.
Das amerikanische Ehepaar Heiman suchte in Schwanfeld seine jüdische Familiengeschichte.
Von außen beinahe unverändert steht das hellgrüne Haus Nummer 14 am Adenauerplatz. Einstöckig, das steile Dach weit heruntergezogen. Nur die Fenster wurden ausgetauscht, seit der jüdische Viehhändler Max Heimann 1937 sein Zuhause in Schwanfeld verkaufte, um mit Frau und Kind in die USA zu fliehen. Jetzt steht sein zweiter Sohn Sam im kleinen Hof, auf den Spuren seiner Familiengeschichte, und trifft unversehens auf den Enkel des damaligen Käufers..."
Link
zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 753. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern.
Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 109-110. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in
Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 397-398. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 569-570. |
| Theodor Harburger: Die Inventarisation jüdischer Kunst und
Kulturdenkmäler in Bayern. Hg. von den Central
Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem und dem Jüdischen
Museum Franken-Fürth & Schnaittach. Fürth 1998 Bd. 3 S. 702 (zu
Schwanfeld). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 240-241. |
Medien:
| Film von Dietmar und Olaf Schrader: "Geblieben sind die
Namen - Geschichte einer jüdischen Gemeinde": hier
anklicken
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Schwanfeld, Lower Franconia, Germany. Jews
are mentioned in 1298 in connection with the Rindfleisch massacres. The Jewish
cemetery served numerous communities in the 17th-18th centuries. A synagogue was
built in 1786 and 32 children were enrolled in the Jewish public school in 1850.
The Jewish population numbered 230 in 1816 and declined steadily to 58 in 1933.
Thirty-eight Jews left in 1960-40, 25 of them for the United States. On Kristallnacht
(9-10. November 1938), the synagogue was vandalized and on 25 April 1942 eight
Jews were deported to Izbica in the Lublin district (Poland). Three Jews were
later sent to the Theresienstadt Ghetto.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|