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Baden-Baden (Stadtkreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge der Gemeinde bis 1940
Hinweis: Zur Seite
über die jüdische Geschichte / Synagogengeschichte nach 1945 (interner
Link)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Baden-Baden lebten vom 16.-18. Jahrhundert nur vereinzelt jüdische
Personen (1579, 1681/83 namentlich Aron zu Baden,
1685 Löw mit Frau Johanna, Matz mit Frau Rebecca, zum 18. Jahrhundert siehe den
folgenden Abschnitt von Günther Mohr).
Seit Anfang des 17.
Jahrhunderts (erster Nachweis 1609) gibt es immer wieder einige, seit dem
Ende des 18. Jahrhunderts zahlreicher werdende jüdische Kurgäste in der Stadt.
Im 18. Jahrhundert wird eine Quelle der Stadt, die später in der
"Friedrichsquelle" aufging, "Judenbrühbronnen" oder
"Judenquelle" genannt.
In dem 1809 erstellten neuen Armenbad der Stadt wurden in der dritten Klasse
auch Juden zugelassen.
Über die Zeit des 18. Jahrhunderts berichtet
Günther Mohr auf Grund seiner Recherchen (s.u. Literatur): |
In Baden-Baden lebte Anfang des 18.
Jahrhunderts Hayum Flörsheim. Er war durch seine Heirat mit Fromet oder Chrona, einer Tochter von Matz oder Mathias Schweitzer (der nach 1700 den Titel
"Hofjude" trug) in die Markgrafschaft Baden-Baden gekommen. 1711 bis 1713 war Hayum
Flörsheim "Oberschultheiß" der dortigen Juden, vertrat also die Interessen der Judenschaft bei der Regierung in Rastatt. 1720 wurde er als einer der drei Schultheißen in der Markgrafschaft bezeichnet.
Hayum Flörsheim übernahm Aufträge für die Regierung, aber auch für Privatleute wie den Stiftsprobst Reinhard von Flosdorf in Baden-Baden. In den zwanziger Jahren ist sein Handel mit Edelsteinen und Silber nachweisbar. Seit 1725 hatte er das Monopol im Handel mit Essig, Tabak und Branntwein in der Markgrafschaft inne, stieß allerdings auf große Schwierigkeiten es durchzusetzen und erzielte wohl wenig Erfolg. Trotz dieser Verbindung mit der Regierung und mit dem Hof (er verkaufte der Frau des späteren Markgrafen Ludwig Georg Schmuck auf Kredit) wurde ihm nicht erlaubt, seinen Wohnsitz von Baden-Baden nach Rastatt zu verlegen.
Wohl 1729 trat seine Tochter zum katholischen Glauben über. Hayum Flörsheim floh nach Karlsruhe, wo er den Schutz erhielt. Danach erhob die Regierung in Rastatt erfolglos Ansprüche gegen Hayum Flörsheim auf eine Ausstattung seiner Tochter in Höhe von 2000 Gulden. Damit sollte deren Aufenthalt im Kloster
"Zum Hl. Grab" in Baden-Baden finanziert werden.
In Baden-Baden lebte auch ein Sohn von Mathias Schweitzer, Samson Schweitzer, der 1736
"Judenschultheiß" wurde und ein Jahr später den Titel "Oberjudenschultheiß" erhielt. In dieser Funktion wirkte er mit bei der Festlegung von Abgaben und Steuern der jüdischen Haushaltsvorstände und bei der Aufnahme von Bewerbern in den Schutz. Dabei stieß er besonders ab 1742 auf den Widerstand vieler Schutzjuden. Sie betrieben schließlich seine Absetzung mit der Begründung, er habe die innerjüdische Rechnungsführung nicht korrekt abgewickelt und von ihnen zu Unrecht Gebühren erhoben. Die Regierung bestrafte sowohl Schweitzer wie die übrigen Juden, weil sie sich einem Kompromiss widersetzten. Samson Schweitzer erhob den Vorwurf, Schutzjuden würden bei Zöllen und Steuerzahlungen betrügen; sie warfen ihm erneut vor, z.B. bei Schutzaufnahmen von ihnen Geld
gefordert zu haben. Schließlich setzte ihn die Regierung 1749 ab. Samson Schweitzer hatte nur wenig Handel getrieben, er verarmte nun noch mehr. In der Folge versuchte er unter zahlreichen Anschuldigungen gegen die Judenschaft, allerdings vergebens, das verlorene Amt wieder zu erhalten. Er starb um 1755.
In der Stadt Baden-Baden lebten daraufhin keine weiteren Juden mehr im Schutz. In der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verhinderte die Stadt die gemeindebürgerliche Aufnahme von Juden mit der Begründung, dass bis dahin keine jüdischen Einwohner auf Dauer in der Stadt gelebt hätten. |
Erst nach 1862 (in diesem Jahr wurde Baron Rothschilds
Niederlassungsgesuch noch abgelehnt) konnten sich Juden als
gleichberechtigte Ortsbürger in der Stadt niederlassen. Danach erfolgte eine
starke Zuwanderung. Am 2. November 1890 wurde die Israelitische Gemeinde
Baden-Baden begründet.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt: 1865 18 jüdische
Einwohner (0,2 % von insgesamt 9.280 Einwohnern), 1875 84 (0,6 % von 14.251),
1880 73 (0,6 % von 11.923), 1895 156 (1,0 % von 19.979), 1900 192 (1,0 % von
19.979), 1910 302 (1,4 % von 22.066), 1925 435 (höchste Zahl jüdischer
Einwohner; 1,7 % von 25.692).
An Einrichtungen bestanden insbesondere ein Betsaal beziehungsweise seit
1899 eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Kantor und Schochet tätig war. Die Gemeinde wurde
dem Rabbinatsbezirk Bühl
zugeteilt.
Die Integration vollzog sich recht schnell. Bereits um 1890 waren zahlreiche
Baden-Badener Juden Mitglieder in den wichtigsten lokalen Vereinen und hatten
dort in einigen Fällen auch leitende Funktionen inne. Es gab alsbald zahlreiche
Einzelhandelsgeschäfte, die im Besitz jüdischer Geschäftsleute waren, aber
auch jüdische Rechtsanwälte und Ärzte. Um 1900 bestanden drei Hotels mit
einer koscheren Küche: Hotel Tannhäuser (Rettigstraße 1, Inhaber Samuel Cahn,
bestand bis 1939, zuletzt am Sonnenplatz, letzte jüdische Inhaber Familie Köhler-Stern);
Hotel Hirsch-Herz (1890 von der Lange Straße 8 in die Werderstraße 6 verlegt,
Inhaber Alphons Weil); Hotel Odenheimer (seit 1896 in der Lange Straße 8,
Inhaber Ferdinand Odenheimer; seine Tochter Mathilde und ihr Mann Philipp
Lieblich eröffneten später in der Stefanienstraße 2 das Central Hotel, das
bis 1939 bestand).
Um 1925 waren die Vorsteher der jüdischen Gemeinde: D. Kahn, Rubin Löwengardt,
Gustav Crailsheimer, Julius Nachmann, Otto Mainzer und Dr. Paul Kahn. Als Kantor
und Lehrer der Gemeinde wirkte Max Grünfeld, als Synagogendiener Louis Weil
sowie als Schochet Isidor Wolff. An jüdischen Vereinen gab es
insbesondere einen Israelitischen Frauenverein (gegründet 1880; 1925 120
Mitgliedern) sowie eine Israelitische Armenkasse (Ziel: Unterstützung
Ortsansässige rund Durchreisender). 1932 waren die Gemeindevorsteher:
Bankier Kahn (1. Vorsitzender), Rubin Löwengardt (2. Vorsitzender) und Dr. Paul
Kahn (3. Vorsitzender). Der Repräsentanz gehörten 25 Mitglieder an. Im
Schuljahr 1932/33 erhielten 35 jüdische Kinder durch Lehrer Max Grünfeld
Religionsunterricht.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Gewerbe-, Handels- und
Dienstleistungsbetrieben im Besitz jüdischer Personen/Familien sind bekannt
(Auswahl): Lederwerke Adler & Oppenheim AG; Elektroartikel Emil Baer;
Holzgroßhandlung Fritz Baer; Arztpraxis Dr. Salomon Baer; Arztpraxis Dr. Hugo
Beissinger; Tapeziergeschäft Adolf Deutsch; Pferdehandlung Karl Dreyfuß;
Weinbrennerei und Wermutweinkellerei Leopold Dreyfuß; Möbelhaus L. Durlacher,
Mitinh. Benno Durlacher; Papierhandlung Heinz Fabisch; Holzkaufmann Ludwig Falk;
Textilversandgeschäft Max Frank; Arztpraxis Dr. Julius Fuchs; Altwarenhandlung
Joseph Götzel; Rechtsanwalt Dr. Hugo Hauser; Sanatorium Dr. Friedrich
Heinsheimer; Rechtsanwalt Dr. Rudolf Heinsheimer; Rechtsanwalt Dr. Rudolf
Heinsheimer; Arztpraxis Dr. Bruno W. Herrmann; Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn;
Herrenkonfektionsgeschäft Louis und Emmy Cassel; Schuhgeschäft J. Hermann OHG,
Inh. Lina und Rosa Kaufmann; Schuhgeschäft Eugen Zivy; Damenkonfektionsgeschäft
Josef Kleinmann; Herren- und Damenbekleidung Meier Schloß; Hotel Theodor Köhler;
Arztpraxis Dr. Robert Kuhn; Hotel Zentral, Inh. Philipp Lieblich (Stefanienstraße
2); Einheitspreis-Kaufhaus Fa. Robert Lipsky OHG (Lange Straße 25); Fa. Möbelbeschläge
Rubin Löwengart; Spielwarengeschäft "Schwarzwald-Bazar" Robert
Nachmann (Lichtentaler Straße 14); Geschenkartikelgeschäft "Wiener
Bazar" Julius Nachmann; Arztpraxis Dr. Wilhelm Neumann; Arztpraxis Dr.
Jakob Roos; An- und Verkaufsgeschäft Evel Rosbach; Damenkonfektionsgeschäft
OHG L. Mayer, Inh. David und Max Rosenberg; Arztpraxis Dr. Arnold Sack;
Arztpraxis Dr. Waldemar Sack; Schuhgeschäft Kurt Schiff; Schuhwarengeschäft
Ida Schweizer; Arztpraxis Dr. Herbert Staub; Weinhandlung Samuel Suhler;
Kunsthandlung Leopold und Elsa Weiß (Galerie Weiß); Immobilien Wilhelm Wolf.
1933 wurden 260 jüdische Einwohner gezählt (0,9 % von insgesamt 30.262
Einwohnern). Auf Grund der zunehmenden Repressalien (Baden-Baden galt bereits
1930 als "Tummelplatz der wüstesten Judenhetze", siehe Artikel
unten), der Entrechtung und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen
viele der jüdischen Einwohner in den folgenden Jahren die Stadt. Einige andere
zogen jedoch aus anderen Orten noch in Baden-Baden zu. Offiziell wurde bis
Anfang 1937 die öffentliche Diskriminierung jüdischer Kurgäste mit Rücksicht
aus die ausländischen Kurgäste nicht betrieben. Seit Anfang 1937 wurden die jüdischen
Kurgäste jedoch praktisch vom allgemeinen Kurbetrieb ausgeschlossen (siehe
Artikel unten von 1937). Nur noch viert Hotels durften danach Juden aufnehmen.
Die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 gestalteten sich in Baden-Baden
in besondere brutaler und die jüdischen Einwohner in höchstem Maße demütigender
Weise (siehe unten im Abschnitt zur Synagoge). Am 22. Oktober 1940 wurden 106 jüdische
Personen aus Baden-Baden nach Gurs deportiert. Von den Zurückgebliebenen - 1941
wurden noch 44 jüdische Personen im Stadtkreis gezählt - wurde ein Teil
zwischen 1942 und 1945 bei weiteren Deportationen verschleppt. Einige wenige
konnten auf Grund einer "privilegierten Mischehe" in der Stadt überleben.
Von den in Baden-Baden geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Thekla Ackermann geb.
Wiener (1872), Antonie Aron (1889), Clara Baer geb. Hess (1881), Anna Bär geb.
Bensinger (1883), Jakob Bär (1875), Salomon Bär (1870), Amalie Behr geb. Neter
(1874), Alice Bendix (1894), Ida Berger geb. Katzenstein (1862), Arthur Bergmann
(1880), Betty (Henriette Netty) Bergmann geb. Rosenheim (1890), Ida Besag (1918), Clara Babette Bielefeld (1879),
Lily Rosalie Bielefeld (1878), Arthur Blaustein (1878), Jakob Blum (1891),
Nanette Blum geb. Gerstle (1894), Siegfried Bodenheimer (1868), Chaim Breitbart
(1887), Eugen Bruchsaler (1886), Rosa Buchmüller geb. Heilbronner (1869), Adolf
Cohn (1871), Dorothea Cohn geb. Meth (1904), Ernestine Cohn geb. Frenkel (1868),
Paul Nikolaus Cossmann (1869), Gustav Dermberg (1876), Irene Deutsch (1910),
Mina Deutsch geb. Hammel (1879), Berta Dreifuss geb. Springer (1873), Walter
Dreyfuss (1912), Helene Durkop geb. Goldschmidt (1895), Arthur Durlacher (1902),
Erna Durlacher geb. Solomonica (1905), Gerhard Leopold Durlacher (1928), Hermine
Durlacher (1884), Julius Durlacher (1882), Dorothea (Dora) Eberhard (1889), Karl
Theodor Eichtersheimer (1869), Erich Eil (1889), Johanna Eil geb. Eltermann
(1902), Daniel Eisenkling (1888), Elfriede Eisenkling (1897), Helma (Helena)
Eisenkling (1932), Judith Eisenkling (1928), Frieda Falk geb. Neumann (1920),
Leopold Falk (1914), Gerhard Fischer (1895), Betty Flegenheimer geb. Löffel
(1882), Moses Flegenheimer (1869), Josef Fleischer (1873), Gertrud Freund geb.
Levinson (1876), Anna Fried geb. Bloch (1896), Emil Fried (1883), Hans Fried
(1905), Marianne Regina Fried (1921), Lina Geismar geb. Katz (1894), Ludwig
Geismar (1896), Kathi (Katherine) Gottschalk geb. Baumann (1873), Otto
Gottschalk (1871), Gertrud Halperin (1907), Gustav Hamel (1859), Margarethe
Hamel geb. Bon (1868), Lieselotte Nanette Hammel (1919), Hugo Karl Hauser
(1880), Johanna Hauser geb. Hauser (1889), Dorothea Hecht (1875), Gertrud Herbst
(1902), Elise Hirschfeld geb. Weil (1870), Benno Hofmann (1892), Bertha Hopp
geb. Grünwald (1881), Tekla Isaacsohn geb. Mandel (1869), Emma Jankelowitz geb.
Heilbronner (1879), Dora Joseph geb. Metzger (1873), Ludwig Kander (1877),
Alfred Kaufmann (1880), Bertha Kaufmann geb. Leopold (1899), Johanna Kaufmann
(1923), Julie Kaufmann (1889), Paul Kaufmann (1923), Frieda Kayem geb. Mayer
(1875), Helene Keller geb. Keller (1909), Albert (Adelbert) Kirschner (1886),
Ingeborg Kirschner (1922), Margot Kirschner (1923), Renate Kirschner geb.
Goldschmidt (1894), Auguste Köhler geb. Stern (1876), Theodor Köhler (1880),
Franz Sally Korwan (1865), Anna Lachmann (1876), Recha Landsberg geb. Dreyfuss
(1894), Ruth Lastmann (1919), Kurt Lehmann (1909), Alfred Leopold (1897),
Leopold Less (1863), Hortense Levinger geb. Königswerther (1869), Hedwig Levy
(1867), Helene Levy geb. Berliner (1890), Mina Lion (1892), Helene Litten geb.
Zacharias (1867), Marianna Lorsch (1924), Franz Lust (1880), Else Maier geb.
Herrmann (1900), Ernst Mainzer (1886), Olga Mainzer geb. Salomon (1892), Trude
Manasse geb. Lieblich (1904), Emma Mayer (1881), Ida Mayer (1879), Julius Mayer
(1884), Sophie Mayer geb. Carlebach (1881), Anna Michaelis (1860), Sophie Mary
Modrze (1908), Florine Nachmann geb. Blum (1874), Julius Nachmann (1869),
Hermann Netter (1870), Oskar Netter (1906), Thekla Neuburger (1873), Helene
Neumann geb. Berliner (1879), Salomon Neumann (1874), Irmina Öhlbert geb. Behr
(1897), Nathan Pfeifer (1865), Paula Pick geb. Lay (1880), Katherina Preis
(1913), Karl (Carl) Reis (1862), Bertha Rhein geb. Sternweiler (1877), Berthold
Roos (1920), Elisabeth Roos (1919), Ronald Rose (1913), Martha Rosenbaum (1889),
Heinz Rosenberg (1903), Jeanette Rosenberg geb. Cronbach (1875), Nina Rosenberg
(1903), Helene Saalfeld geb. Sternfeld (1887), Arnold Sack (1863), Elsa Sänger
geb. Belmonte (1878), Jenny Salberg (1882), Melonia Schaalmann geb. Roos (1885),
Anita Schachne (1921), Emil Schloss (1860), Sophie Spiegel (1903), Dina (Lina)
Spiekenheuer geb. Grodzenska (1889), Marion Spier (1908), Berta Stern geb.
Schnurmann (1878), Josef Stern (1893), Julius Stern (1865), Anita Studinski geb.
Schachne (1921), Hedwig Gertrude Teutsch geb. Dreyfuß (1888), Jacob Teutsch
(1873), Arthur Ullmann (1914), Lili Wahl geb. Jankelowitz (1906), Isidor Wälder
(1861), Fritz Weil (1904), Leopold Weil (1875), Louis Weil (1858), Else Weiß
geb. Herz (1877), Heinrich Wetzlar (1868), Therese Wetzlar geb. Joseph (1869),
Johanna Wildberg geb. Gumprich (1879), Siegmund Wildberg (1876), Fritz Salomon
Wolf (1884), Hermann Wolf (1861), Oskar Wolf (1886), Sofie Wolf (1890), Rosa (Renle)
Wolff geb. Maier (1890), Johanna Ziegel (1915), Martha Ziegel geb. Spiro (1884).
Anmerkung: die in einigen Listen unter den Opfern der NS-Zeit genannten Zwillingsschwestern der oben
genannten Isa Besag (1918 - ermordet 1942 Auschwitz) - Hilde Besag (1921) und
Lotte Besag (1921) - sind nicht nach der Deportation umgekommen, sondern haben
den Holocaust überlebt: Hilde verheiratete Überacker lebt bis heute in
Deutschland; ihre Schwester Lotte verheiratete Coulon ist am 24. Oktober 2004 in
Hamilton, Ontario, Canada verstorben. Familie Besag lebte bis 1940 in der
Gunzenbachstraße 37 in Baden-Baden (vgl.
Links zur Geschichte
der Familie Besag, zusammengestellt von Christian Burkhart).
Nach 1945: 1946
konnte eine kleine Gemeinde wiederbegründet werden, die mit einer Unterbrechung
um 1980/90 bis zur Gegenwart besteht (1992 25 Mitglieder, 2002 über 300
Mitglieder). Siehe folgende
Seite.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Beiträge zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde
Baron Rothschild darf sich nicht in Baden-Baden
niederlassen (1862)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1862: "Aus
dem Großherzogtum Baden, im Dezember (1862). In Baden-Baden ist dem
Baron Rothschild, trotz der Befürwortung der Staatsbehörde und trotzdem,
dass er mit vielen Kosten großen Grundbesitz dort erworben hatte, vom großen
Bürgerausschusse die Aufnahme als Gemeindebürger fast mit Einstimmigkeit
versagt worden, weil er ein Israelit ist. Es besteht nämlich im Großherzogtum
Baden bezüglich der Aufnahme von Israeliten zu Gemeindebürgern die
gesetzliche Bestimmung, dass diese Aufnahme in Orten, wo bisher noch kein
Israeliten ansässig gewesen sind, lediglich von der Gemeinde selbst anhängt."
|
Bericht über die Gemeindeverhältnisse (1890)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1890: "Baden-Baden.
Der herrliche mit so hervorragenden Naturschönheiten – fast möchte man
sagen: verschwenderisch – ausgestattete Kurort Baden-Baden, der die ihm
beigelegte Bezeichnung als ein ‚zweites Paradies’ nicht mit Unrecht führt,
bewährt seine Anziehungskraft auch auf unsere Glaubensgenossen, von
welchen alljährlich eine nicht unbeträchtliche Anzahl hierher pilgern,
um ihre Gesundheit zu kräftigen und sich auszuruhen von dem aufreibenden
‚Kampf ums Dasein’. Für die Befriedigung der leiblichen Bedürfnisse
ist durch eine vortreffliche Restauration gesorgt. Es mangelt jedoch an
einem würdigen Gotteshause. Die hierorts ansässige jüdische Bevölkerung
bildet nämlich keine Synagogen-Gemeinde und ermangelt somit einer
geeigneten Organisation. Es haben sich bis jetzt nur einige zu einer
religiösen Gesellschaft vereinigt, an deren Spitze der wackere Herr
Rothschild steht. Bei den gottesdienstlichen Vereinigungen fungiert Herr
Hoffmann, ein vorzüglicher Vorsänger und ernst religiöser Mann. Es
mangelt aber oft an Minjan. Die Konstituierung der hiesigen Judenschaft
als ordentliche Synagogengemeinde würde gewiss hierin Wandel schaffen,
und auch den Bau eines Gotteshauses ermöglichen. Hierzu Anregung zu geben
ist der Zweck dieser kurzen Berichterstattung." |
Gründung der neuen jüdischen Gemeinde (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1891: "Aus
dem Badischen, 20. Januar (1891). Der Großherzog hat mit
allerhöchster Staatsministeriums-Entschließung den israelitischen
Einwohnern von Baden-Baden zum Zweck der Gründung einer Religionsgemeinde
Körperschaftsrechte verliehen. Im Anschluss hieran hat das
Großherzogliche Kultusministerium die neu zu bildende israelitische
Gemeinde dem Synagogenbezirke Bühl zugeteilt.
Die vorbereitenden Schritte zur Bildung der Gemeinde sind bereits im
Werke.
Der Bedeutung Baden-Badens entsprechend wird man nun auch über kurz oder
lang die Erbauung einer Synagoge an Stelle des jetzigen Betsaales
ernstlich ins Auge fassen müssen, und werden gewiss die vielen Gönner
der berühmten Badestadt im In- und Ausland des dem schönen Vorhaben
seiner Zeit ihre warme und werktätige Teilnahme zuwenden. B.N.D.M." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 12. Februar 1891: "Der israelitischen Religionsgesellschaft
zu Baden-Baden sollen nächstens die Gemeinderechte verliehen
werden." |
Allgemeiner Artikel für Baden-Baden mit Werbung für das Hotel Minerva
(1893)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. August 1893: "Geschäftliche
Notizen.
Baden-Baden, dieses eleganteste aller fashionablen Bäder, übt nach wie
vor seine unverminderte Anziehungskraft auf ein distinguiertes
Reisepublikum aus. Abgesehen von der allgemein bekannten, von den Römern
schon gewürdigten Thermalquelle, hat sich das liebliche Schwarzwaldstädtchen
seit langem als der bevorzugte Liebling Solcher erhalten, die von dem
aufreibenden Treiben der Großstadt und des öffentlichen, wie
gesellschaftlichen Lebens sich für einige Zeit zu herrlicher, frischer
Geburtsnatur flüchten und im köstlichsten Waldesodem für ihre geschwächten
Nerven neue Spannkraft finden wollen. Die ausgezeichnete geographisches
Lage Baden-Badens, das vortreffliche Klima, die Mannigfaltigkeit seiner
entzückenden unmittelbaren Umgebung, diese seltene Vereinigung von allen
Reizen der Gebirgsnatur im engsten Umkreis, die man wo anders oft nur mühsam
und auf große Entfernungen zusammensuchen muss, zieht Jahr für Jahr
Tausende von Gästen aus den besten Gesellschaftsklassen aller Nationen
dorthin, wo Natur und Kunst sich vereinen, um ihre Vorzüge
verschwenderisch auszuschütten und einen wahrhaft idealen Aufenthaltsort
zu schaffen der der Sammelpunkt des gediegenen Wohlstandes ist. Das
Vorurteil, Baden-Baden sei während der Monate Juli und August ganz
besonders heiß, ist ebenso ungerechtfertigt, wie das hinsichtlich der
teuren Preise. Was das erste betrifft, so lässt der frische, würzige
Hauch der, meilenweit über Tannenwaldungen hinstreifend, das Tal der Oos
durchweht, die Empfindung unerträglicher Wärme überhaupt niemals
aufkommen, und hinsichtlich des letzteren hat uns ein mehrwöchentlicher
Aufenthalt in dem elegantesten der dortigen guten Hotels, dem Hotel
Minerva, vom Gegenteil überzeugt. Seit der Eröffnung dieses im
vornehmsten Stile geführten Hauses, das mit Recht den Zusatz ‚allerersten
Ranges’ verdient, wird dasselbe von den allerbesten
Gesellschaftsschichten bevorzugt. Seine ausgezeichnete Lage inmitten
seines eigenen herrlichen Gartens, unmittelbar an der zauberischen
Lichtenthaler Allee, diesem Korso der Bäderstadt, seine mit allem Komfort
moderner Anspruche versehene innere Ausstattung, die außergewöhnliche
Sorgfalt seiner Leitung, die jedem Einzelnen den Aufenthalt daselbst zu
dem denkbarst angenehmen macht, die exquisite Küche des Hauses unter der
Leitung von Meister Escoffiers bewährtesten Schülern, der erlesene
Keller, Alles hat sich vereint und dem Hotel Minerva schnell eine
erstaunliche Beliebtheit bei allen Denen zu erwerben gewusst, welche die
Vorzüge eines Hotels vornehmsten Genres und zu gleicher Zeit die Ruhe und
Behaglichkeit eines distinguierten Privathauses zu genießen wünschen.
Den verwöhntesten wie bescheidenen Ansprüchen tragt das Hotel Minerva
Rechnung, und in entgegenkommendster Weise werden bei längerem
Aufenthalte – besonders mit Familien – vorteilhafte Arrangements
abgeschlossen." |
Chanukka-Feier der Gemeinde im Hotel Tannhäuser
(1928)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1929: "Baden-Baden, 22.
Dezember (1928). Die Baden-Badener Gemeinde hatte am 15. Dezember ihre
Mitglieder in das Hotel Tannhäuser zu einer Chanukka-Feier eingeladen.
Nach einem Harmoniumvorspiel kennzeichnete Kantor Grünfeld die Bedeutung
des Chanukkafestes. Im Mittelpunkt des Programms stand ein
Chanukka-Festspiel ‚Großmütterchens Traum’ von Eddy Goldschmidt, das
die Schülerinnen und Schüler der oberen Klassen zur Aufführung
brachten. Der große Beifall nach dem Spiel konnte seinem Regisseur, dem
Herrn Kantor Grünfeld, der beste Lohns ein für seine wochenlange,
rastlose und eifrige Vorarbeit hierzu. Ein Cellosolo und drei Gedichten
von Zuckermann gaben dem Teil der Feier einen würdigen Abschluss. Nach
einer kurzen Paule breitete sich wiederum lautlose Stille für die
anschließende Schubertfeier aus." |
Von den Behörden werden Provokationen der
Nationalsozialisten abgelehnt (1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 17. Juli 1930: "Baden-Baden. Entgegen irreführenden
Presseberichten teilt die Kurdirektion in Baden-Baden mit, dass die
Reichs-, Staats- und Landesregierung und insbesondere die hiesige
Stadtverwaltung sowie die weitaus überwiegende Mehrheit der Bevölkerung
irgendwelchen Provokationen der National-Sozialistischen Arbeitspartei
durchaus ablehnend gegenüberstehen." |
Baden-Baden - "Tummelplatz der
wüstesten Judenhetze" (1930)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1930: "Gegen die überhand
nehmende Judenhetze in Baden-Baden.
Karlsruhe, 28. Juli (1930). Dieser Tage fand in Baden-Baden
eine aus allen Bevölkerungskreisen besuchte Bürgerversammlung statt, die
als Protest gegen das Treiben der Nationalsozialisten in der Bäderstadt
abgehalten wurde. Der Vorsitzende, Stadtrat Becker, betonte, dass die
Kurverwaltung Baden-Baden die Werbetrommel überall in der Welt rühre,
als Echo aber höre man: ‚Meidet Baden-Baden, denn es ist der
Tummelplatz der wüstesten Judenhetze!’ ‚Ich muss leider sagen’,
erklärte Stadtrat Becker, ‚dass diese Behauptungen nur zu wahr sind. Es
ist Tatsache, dass beinahe in jeder Nacht Häuser der jüdischen Mitbürger
mit Farbe besudelt werden. Man scheut sich nicht, auf offener Straße
Propaganda gegen das Judentum zu machen und empfängt die jüdischen Kurgäste
am Bahnhof, rempelt sie an und zwingt sie zur Umkehr. Auch anderen ausländischen
Fremden ist es in ähnlicher Weise ergangen.’
In einer Entschließung der Bürgerversammlung wird festgestellt,
dass mit Entschiedenheit gegen diese Hetze Stellung genommen werden
muss." |
Jüdische Kurgäste werden vom Kurbetrieb
ausgeschlossen (1937)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Februar 1937: "Neue
Richtlinien für den Kurbetrieb in Baden-Baden. Frankfurt am Main, 10.
Februar (1937). Die ‚Frankfurter Zeitung’ meldet, dass der
Reichsstatthalter und Gauleiter für Baden Richtlinien erlassen hat, die
den Kurbetrieb in Baden-Baden grundsätzlich ordnen sollen. Es sei
bestimmt worden, dass Juden keine Kurtaxkarten und keine Einwohnerkarten
mehr erhalten und dass sie in Zukunft vom Gebrauch sämtlicher Kurmittel
ausgeschlossen seien. Um eine einheitliche und strikte Durchführung zu
gewährleisten, solle der polizeiliche Anmeldezettel geändert werden,
sodass den zuständigen Stellen die Unterscheidung zwischen arischen und
nicht-arischen Gästen ermöglicht werde. Kreisleiter Altenstein habe dem
Baden-Badener Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe von den Anordnungen
des Reichsstatthalters Mitteilungen gemacht und hinzugefügt, es sei Sache
dieses Gewerbes, die ihm gestellte Aufgabe im Sinne
nationalsozialistischer Gemeinschaftsarbeit zu lösen und damit
Baden-Badens Einordnung in die Reihe der anderen Kurorte und in die großen
Linie des völkischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus zu ermöglichen."
|
Das Erholungsheim für israelitische
Frauen Baden-Baden
Eröffnung des Erholungsheimes (1913)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Juni 1913: "Erholungsheim für israelitische Frauen Baden-Baden.
Am 22. Juni erfolgte in Baden-Baden in kurzer und schlichter Feier
die offizielle Eröffnung des Erholungsheims für israelitische Frauen
Baden-Baden. Das Heim wird von einem in Frankfurt am Main konstituierten
Verein geleitet und geführt und bietet für nahezu 20 Insassinnen Platz.
Freifrau Mathilde von Rothschild zu Frankfurt am Main hat die Anregung zur
Errichtung dieses Heims und die Möglichkeit zum Erwerb des herrlich
gelegenen Hauses gegeben, jedoch die fortdauernde Unterhaltung dem neu
gegründeten Verein übertragen. In einem weit reichend und künstlerisch
angelegten Garten liegt das Haus, das mit seinen schlichten und schönen Räumen
sicherlich jeden Insassen und Besucher entzücken wird.
Zu der Eröffnung waren die Behörden, zahlreiche Mitglieder der Bürgerschaft
von Baden-Baden und der israelitischen Gemeinde und eine Reihe von Kurgästen
erschienen. Außer dem Großherzoglichen Amtsvorstand, Freiherr von Reck,
waren der Oberbürgermeister der Stadt Baden-Baden und die Vertreterinnen
der am Platz befindlichen Frauenvereine erschienen. Der Großherzogliche
Oberrat der Israeliten war durch Geheimen Oberregierungsrat Dr. Meyer und
der Synagogenrat der Gemeinde Baden-Lichtenthal durch Rechtsanwalt Dr.
Herrmann vertreten. Großherzogin Luise von Baden hatte durch den
Amtsvorstand sowie durch die Präsidentin des Badischen Frauenvereins aus
eigener Initiative ihr Interesse und ihre Glückwünsche ausgesprochen.
Die Feier wurde durch den stimmungsvollen Vortrag des Liedes ‚Die Himmel
rühmen des Ewigen Ehre’ seitens Kantor Grünfeld eröffnet. Darauf
ergriff Herr Rechtsanwalt Horowitz – Frankfurt am Main, als Vorsitzender
des Vereins, das Wort. Er begrüßte die Erschienenen und dankte der edlen
Spenderin, indem er ausführte, sie habe den Gedanken wahr gemacht:
‚Dass es in diesem herrlichen Tale, wo die Lüfte milder wehen, wo
Lebensstärkende Quellen sprudeln, wo die Schönheit der Gottesnatur
unvermittelt zu unserem Herzen spricht, nicht an einer Stätte fehlen
darf, wo einer der Grundpfeiler der sittlichen Weltordnung nach jüdischer
Auffassung, Gemilus-Chassodim
(Wohltätigkeit), werktätige Nächstenliebe zur äußeren Erscheinung
kommt’. Der Redner besprach dann in kurzen Worten die Geschichte des
Vereins und seine bisherige Entwicklung, äußerte sich zum Zwecke des
Heims und sprach die Hoffnung aus, dass aus den Räumen des Heimes Vielen
Erholung und Gesundung ersprießen werde.
Er schloss mit den Worten: ‚In unserer aller Bibel steht das Wort
‚Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst’. Einer der größten Lehrer
Israels hat es festgelegt und verkündet, dass in diesem Spruche unserer
Bibel das ganze Judentum mit all seinen Gesetzen und Vorschriften
begriffen ist, dass dieses Wort die Grundlage unseres Glaubens ist und
dass alles andere an Gesetzen und Gebräuchen nur Ausführung und Erläuterung
zu diesem Grundwort der Religion darstellt. So wollen wir es versuchen,
mit diesem Heime und mit dieser Anstalt von neuem das Grundwort des
Glaubens zu künden und auszuführen in der Hoffnung, dass die Mitarbeit
und die Anteilnahme der Erschienenen und weiter Kreise uns die Möglichkeit
gibt, dieser Anstalt immer weiter auszubauen zum Heile der Menschheit und
zu ihrer eigenen Ehre. Das walte Gott!’
Der zweite Vorsitzende, Hoflieferant Jul. Meyer – Baden-Baden sprach
gleichfalls den Dank an Freifrau von Rothschild aus. Er rühmte im
weiteren Verlauf seiner ausgezeichneten Ansprache insbesondere die
Verdienste des Ehrenmitglieds des Vorstands, Michael M. Mainz –
Frankfurt am Main, um den Ankauf und die Einrichtung des Heims, dankte den
Ehrendamen Frau Mainz und Frau Dr. Stern – Baden-Baden für die mühereiche
Arbeit, mit der sie für das Wohl der Insassinnen und für die Einrichtung
der einzelnen Räume gesorgt haben. Nachdem Rechtsanwalt Dr. Herrmann noch
die Anerkennung der Synagogengemeinde Baden – Lichtenthal und das Gelöbnis
der Unterstützung des Heims abgelegt hatte, ergriff das Mitglied des
Verwaltungsausschusses Rabbiner Dr. Unna – Mannheim das Wort zu einer
kurzen Weiherede. Rundgang
und Imbiss schlossen die Feier.
Es ist zu hoffen, dass die Anteilnahme weiter Kreise der Anstalt
die Möglichkeit geben wird, ihre Tätigkeit nicht nur im Sommer, sondern
auch im Winter auszuüben. Anmeldungen zur Mitgliedschaft und Spenden können
an die Verwaltung (Rechtsanwalt Horowitz – Frankfurt am Main,
Hoflieferant Julius Mayer – Baden-Baden und Schatzmeister Bankier Willy
Dreyfus – Frankfurt am Main, Alte Rothofstraße oder das Heim selbst
(Baden-Baden, Werderstraße 24) übermittelt werden." |
Der Verein Israelitisches Erholungsheim für Frauen und
Mädchen stellt das Erholungsheim als Kriegslazarett zur Verfügung (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. September 1914: "Der Verein Israelitisches
Erholungsheim für Frauen und Mädchen Baden-Baden, Verwaltungssitz
Frankfurt am Main, hat sein Erholungsheim mit 18 Betten als Kriegslazarett
zur Verfügung gestellt." |
Bericht über die Mitgliederversammlung des Vereins
"Erholungsheim für israelitische Frauen" (1922)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 6. April 1922: "Verein 'Erholungsheim für israelitische
Frau Baden-Baden'. Der Verein 'Erholungsheim für Israelitische Frauen
Baden-Baden e.V., Sitz Frankfurt am Main', hielt dieser Tage seine
Mitgliederversammlung ab. Aus dem Bericht entnehmen wir, dass etwa 100
Frauen und Mädchen aus dem Mittelstand in dem Erholungsheim Aufnahme
fanden. Der ärztliche Bericht lautet durchaus günstig.
Anmeldungen für die frühen Sommermonate können nach den uns
zugegangenen Mitteilungen noch an Frau Cohn, Frankfurt am Main,
Ostendstraße 6, gerichtet werden. Der Verpflegungsbeitrag, der für jede
Insassin zu leisten ist, beläuft sich in diesem Jahre auf Mark 600.- bei
einer Kur von vier Wochen. Es ist zu hoffen, dass auch in diesem Jahre die
Anstalt, die vielleicht in der Lage sein wird, ihren Betrieb zu
vergrößern, zur Linderung mancher Not beitragen kann. Spenden werden an
das Postscheckkonto 37 der Firma J. Dreyfus u. Co. mit dem Zusatz 'für
Erholungsheim Baden-Baden' erbeten. Dorthin können auch
Mitglieder-Anmeldungen gerichtet werden, die im Übrigen auch Michael M.
Mainz, Frankfurt am Main, Ostendstraße 6 und Rechtsanwalt Horovitz,
Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstraße 2,
entgegennimmt." |
Bericht über das Erholungsheim (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929: "Erholungsheim
in Baden-Baden. Der Verein 'Erholungsheim für israelitische Frauen
Baden-Baden e.V.', Verwaltungssitz Frankfurt am Main, hat dieser Tage
seine jährliche Verwaltungsratssitzung abgehalten. Die ärztlichen
Berichte und Kassenberichte lagen vor. Es ergibt sich, dass im Vorjahr
etwa 120-130 erholungsbedürftige Frauen und Mädchen Aufnahme in der
Anstalt finden konnten, die dort ausgezeichnete Erholung genossen. Zur
Zeit wird ein Speisesaal und eine Liegehalle errichtet, um den ärztlichen
Erfordernissen gerecht zu werden. Der Betrieb wird wohl Anfang Mai wieder
eröffnet werden. Da der Bau der Liegehalle und des Speisesaals etwa Mark
20.000 erfordert, sind Spenden dringend erwünscht.
Mitgliederanmeldungen und Spenden werden entgegengenommen von den Herren
Rechtsanwalt Horowitz, Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstraße 18,
Willy Dreyfus in Firma J. Dreyfus und Co., Frankfurt am Main,
Taunus-Anlage 1, Dr. med. Fromm, Frankfurt am Main, Bleichstraße 5,
Albert Mainz, Frankfurt am Main, Bockenheimer Anlage 1a, Rabbiner Dr.
Unna, Mannheim." |
Bericht über das Erholungsheim (1930)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1930: "Erholungsheim
für israelitische Frauen Baden-Baden e.V.
Das Heim in Baden-Baden wird in diesem Jahr seine Pforten am 28. April öffnen.
Meldungen von Frauen und Mädchen können an unsere Ehrendame Frau Rebecke
Cohn, Frankfurt am Main, Friedberger Anlage 14 erfolgen, die die
notwendigen Formulare weitergibt. Das Heim ist im vergangenen Jahr durch
den Bau einer neuen Liegehalle sowie eines neuen Speisesaals nach den
Vorschlägen unserer Ärzte erweitert und verschönt worden. Der Erfolg
des Vorjahres gab uns die Gewissheit, mit dem Heim, für das stets sehr
zahlreiche Anmeldungen vorliegen, wirklich Gedeihliches im Interesse
unserer jüdischen Frauen und Mädchen, insbesondere auch derer aus dem
heute besonders Not leidenden gehobenen Mittelstand zu tun. – Der
Verpflegungsbeitrag beträgt per Tag Mark 4.- bis 4.50. Bei Vorlage von
entsprechenden örtlichen Bescheinigungen kann für die Kurbedürftigen
Fahrpreisermäßigung erwirkt werden."
|
Bericht über das Erholungsheim (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1935: "Erholungsheim
für israelitische Frauen in Baden-Baden.
Am 18. März fand die Mitgliederversammlung und
Verwaltungs-Ausschuss-Sitzung des Vereins 'Erholungsheim für
Israelitische Frauen Baden-Baden e.V. in Frankfurt am Main statt. Der
Betrieb wurde im vergangenen Jahre aufrecht erhalten und zeigte
außerordentlich günstige Erfolge. Die Notwendigkeit des Heims hat sich
in dem vergangenen, für die deutsche Judenheit so schweren Jahr besonders
bewährt. Etwa 150 Erholungsbedürftige konnten im Vorjahre aufgenommen
werden.
In der Versammlung kam der besondere Dank gegenüber den Leitern des
Heims, Frau R. Cohn und Frau Thekla Isaacsohn, sowie gegenüber den Damen
und Herren, die sich allerorten für das Heim einsetzten, zum
Ausdruck.
Im übrigen fand Wiederwahl des Verwaltungsausschusses statt. Meldungen
für den gleich nach den Festtagen wieder beginnenden Betrieb sind an Frau
R. Cohn, Frankfurt am Main, Pfingstweidstraße 4, zu
richten.
Spenden und Mitgliederanmeldungen nehmen die gesamten Mitglieder der
Verwaltung entgegen." |
Über die Arbeit des Vereins Erholungsheim für
israelitische Frauen Baden-Baden e.V. (1936)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1936: "Erholungsheim für
israelitische Frauen Baden-Baden. Am
24. März 1936 fand die Mitgliederversammlung und
Verwaltungsausschusssitzung des Vereins Erholungsheim für israelitische
Frauen Baden-Baden e.V. in Frankfurt am Main statt. Der Verein, der seine
Tätigkeit und seine herrliche gelegene Anstalt in Baden-Baden einer
Stiftung der verewigten Frau Baronin Mathilde von Rothschild verdankt,
konnte im Jahre 1935 etwa 160 bis 170 erholungsbedürftige Frauen und Mädchen
aufnehmen. Der ärztliche Bericht lautete besonders günstig.
Die beiden Leiterinnen des Heimes, Frau R. Cohn und Frau Thekla Isaacsohn,
haben in den etwa sechs Monaten, wo das Heim geöffnet war, alles getan,
den Insassen den Aufenthalt so erfreulich und erfolgreich wie möglich zu
machen. In der Versammlung kam der besondere Dank ihnen wie all den Damen
und Herren gegenüber zum Ausdruck, die sich um die Aufrechterhaltung des
Heimes bemüht haben. Der Verwaltungsausschuss wurde wieder gewählt.
Meldungen für den gleich nach den Festtagen wieder beginnenden Betrieb
sind an Frau R. Cohn, Frankfurt am Main, Pfingstweidstraße 4, zu richten.
Spenden und Mitgliederanmeldungen nehmen die gesamten Mitglieder
der Verwaltung, insbesondere in Frankfurt am Main die Herren Rechtsanwalt
Horowitz, Bankier Willy Dreyfus, Albert Mainz, sowie Frau Max Wimpfheimer,
Studienrat i.R. Saul; in Baden-Baden Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn; in
Mannheim Prof. Darmstädter; in Karlsruhe Herr Jacob Ettlinger und Frau
Rosa Homburger; in Freiburg im Breisgau Herr Joseph Dreifuß an." |
Über einzelne Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von H. M. Rosenberg aus Kiew (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1884: "Baden-Baden.
Am 29. Juni (1884), starb dahier nach längerem leiden im Alter von 66
Jahren Herr H. M. Rosenberg aus Kiew, Schwiegervater des Herrn Baron von Günzburg
in Petersburg. Die Leiche wurde nach Würzburg überführt, um auf dem
dortigen Friedhofe, neben der erst vor 4 Wochen im Tode vorangegangenen
Tochter, Gattin des Herrn Baron Joseph von Hirsch daselbst begraben zu
werden. Aus weiter Ferne waren die nächsten Verwandten dahin geeilt, um
dem teueren Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Tief gebeugt von dem
in so kurzer Zeit sich wiederholenden Verluste folgten dieselben, folgte
namentlich die so schwer geprüfte Gattin, der Bahre und beweinten am
frischen Grabe der Tochter, Gattin, Mutter und Schwester die nun selig
Vereinten. Und wahrlich, wer würde solchen Schmerz nicht begründet
finden; wer von uns nicht Anteil nehmen an dem harten Geschick einer
Familie, die sich um das Judentum, namentlich um unsere Brüder in
Russland, so hoch verdient gemacht hat! Ist doch ein Edler in Israel aus
dem Leben geschieden, dessen Verlust weit über den eigenen Familienkreis
hinaus empfunden wird. Es dürfte wohl schwer fallen ein getreues Bild von
dessen tugendhaftem Leben zu geben, aber auch bei dem Weltrufe, welchen
Familie Günzburg-Rosenberg durch ihr hohes Ansehen, Wohltätigkeit und
ihren zum Besten unserer russischen Glaubensgenossen geltend gemachten
Einfluss erlangt hat, überflüssig erscheinen, Einzelnes hervorzuheben.
Doch das mag nicht unerwähnt bleiben, dass es ein echt jüdischer Geist
war, der sich hier zu dem edelsten Herzen verband und der im häuslichen,
im Familien- wie im weltlichen Verkehr den schönsten Ausdruck fand. Herr
Rosenberg oblag mit Liebe den Pflichten von Tora,
Gottesdienst und Wohltätigkeit und suchte die Übung derselben in
Haus und Familie heimisch zu machen. Wenn nun auch dem irdischen
Gesichtskreis entrückt, sein Geist lebt fort in dessen Nachkommen, die
gern dem Beispiel des Vaters folgen. So haben die verehrten
Hinterbliebenen bereits ehrendes Zeugnis abgelegt von ihrem wohltätigen
Sinne durch größere Schenkungen an verschiedene Wohltätigkeits-Anstalten
und Unterstützungen an Arme und Bedürftige aus Anlass und bei
Gelegenheit beider Sterbefälle.
Möge das Andenken des Dahingeschiedenen ein stets gesegnetes sein
und er im Jenseits den schönsten Lohn seiner Taten finden – ein
Frommer isst von den Früchten seiner Taten! (Auch wir weinen dem
edlen Toten Tränen des Mitgefühls nach! Wie sehr der Dahingeschiedene
– er ruhe in Frieden – den
Satzungen unserer heiligen Religion anhing, mag Folgendes beweisen. Vor
einer längeren Reihe von Jahren brachte Herr Rosenberg mit seiner Familie
einen Winter in Wiesbaden zu, wo damals eine orthodoxe israelitische
Separatgemeinde nicht existierte. Da Herr Rosenberg den damaligen
Schechitah-Verhältnissen in Wiesbaden misstraute, so ließ er täglich
den Bedarf an Fleisch, Geflügel etc. aus Mainz kommen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. Red." |
80. Geburtstag des Komponisten Jacques (Jakob) Rosenhain (1893)
Anmerkung: der Pianist und Komponist Jacques (Jakob) Rosenhain
ist am 27. Dezember 1813 in Mannheim geboren und am 21. März 1894 in
Baden-Baden gestorben. Er hatte seine Ausbildung bei Jakob Schmitt in Mannheim
und bei Schnyder von Wartensee in Frankfurt/Main erhalten. 1837 ging er nach
Paris und veranstaltete Kammerkonzerte. Dort trat er als Pianist auf und setzte
sich, gefördert von Cherubini, Rossini und Berlioz, für die deutsche Musik
ein. 1843 gründete er gemeinsam mit Johann Baptist Cramer eine Klavierschule.
Seit 1870 lebte Rosenhain in Baden-Baden in einer prächtigen Villa in der
Lichtenthaler Straße. Er hinterließ ein umfangreiches Werk an Kompositionen,
darunter Symphonien, Klavierkonzerte, Kammermusik, Klavierstudien und mehrere
Opfern.
Der 15-jährige Brahms eröffnete am 21. September 1848 sein erstes eigenes
Konzert mit eines Komposition von Rosenhain (Adagio und Rondo aus dem
A-Dur-Konzert).
Foto oben aus der Seite
zu Rosenhain bei www.bad-bad.de.
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Dezember 1893: "Aus
Baden, 9. Dezember (1893). Zur Vorfeier des auf den 2. Dezember
fallenden Geburtstages des in Baden-Baden ansässigen Komponisten Jacques
Rosenhain veranstaltete das dortige Kurkomitee im großen Saale des
Konversationshauses ein Festkonzert, in welchem unter der ungewöhnlichen
regen Anteilnahme des Publikums, das dem greisen Künstler große
Ovationen bereitete, verschiedene Hauptwerke desselben zur Aufführung
kamen. J. Rosenhain ist am 2. Dezember 1813 in Mannheim geboren und wurde
durch die Gunst des Fürsten Karl Egon von Fürstenberg bei Kalliwoda und
später bei Schnyder in Frankfurt als Pianist und Komponist ausgebildet.
Nach Konzertreisen in Deutschland und einem Besuch in London, wo er durch
sein herrliches Klavierspiel hohe und höchste Anerkennung fand, siedelte
er zu dauerndem Aufenthalt nach Paris über, welches dazumal den
Mittelpunkt musikalischen Lebens bildete. Hier schloss der junge Rosenhain
innige Freundschaft mit Cherubini und Rossini. Das Jahr 1870 nötigte den
Künstler, Paris zu verlassen, und er ließ sich nun dauernd in dem schönen
Baden-Baden nieder, wo sein gemütliches Heim den Sammelpunkt
hervorragender Künstler und Gelehrter bildete. Einer der prachtvollen
Lorbeerkränze, die der Ehrenabend dem Jubilar brachte, war von der
Prinzessin A. von Fürstenberg gespendet, die sich ebenfalls unter den
Anwesenden befand." |
Zum Tod des Komponisten Jacques Rosenhain (1894)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30. März 1894: "In Baden-Baden ist im 81. Jahre der Pianist
und Komponist Jacques Rosenhain gestorben. Rosenhain hat vier Opern
komponiert: 'Der Besuch im Irrenhaus' (zu Frankfurt 1834 aufgeführt), 'Liswenna'
(nicht aufgeführt), 'Le démon de la nuit' (Paris 1851 in der Großen
Oper) und 'Volage de Jaloux' (Baden-Baden 1863), ferner 3 Symphonien, 4 Klaviertrios,
3 Streichquartette, ein Klavierkonzert, Etüden und Stücke für Klavier
und eine größere Anzahl
Lieder." |
Zum Tod des Berliner Malers Heinrich David Beer (1896)
Anmerkung: Heinrich David Beer wird genannt auf der Seite http://goobipr2.uni-weimar.de/viewer/fulltext/PPN667616292/386/
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. September 1896: "Berlin, 14. September (1896). In
Baden-Baden starb am 5. dieses Monats an einem Herzleiden der hiesige
Maler Heinrich David Beer, erst 25 Jahre alt. Beer, der aus Bütow
in Pommern stammte, war zuerst Kaufmann, wandte sich dann in Berlin, von
Thumann ermutigt, der Kunst zu. Paul Thumann war sein erster Lehrer an der
Berliner Akademie, auf der Beer seine Ausbildung erhielt. Später schloss
Beer sich ganz besonders an Max Michael und Paul Meyerheim an. Sein Fach
war die Genre- und noch mehr die Porträtmalerei. Er hat eine Reihe
gelungener Bildnisse geschaffen. Ein Teil davon und auch Genrebilder Beers
waren in Berlin ausgestellt. Beifall erragengen vornehmlich zwei seiner
Genrebilder, 'Idyll' und 'Die Diva'. Vor Kurzem war Beer noch nach Paris
gegangen, wo er ein halbes Jahr lang sich
aufhielt." |
Zum Tod von Baronin Julie von Haber
und ihrer Beisetzung im jüdischen Friedhof sowie über die Familie von Haber
(1897)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1897: "Aus Baden.
Vor einigen Wochen starb hier im hohen Alter die überall als fein
gebildete Dame bekannte Baronin Julie von Haber. Sie war die letzte dieses
adeligen Namens, welche nach jüdischem Ritus auf dem israelitischen
Friedhofe beerdigt wurde. Die zahlreichen Teilnehmer bei dem Leichenbegräbnisse
waren mit Ausnahme des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Appel und einiger
anderen Funktionäre, fast alle Christen, meist von adeligem Geschlechte.
Wir erwähnen diese Tatsache, weil die Verstorbene, ungeachtet der bei ihr
verkehrenden Kreise von christlichen Verwandten und Freunden so viel
Glaubensinnigkeit und religiösen Überzeugungsmut besaß, dass sie sich,
wenn auch nicht im orthodoxen Sinne, gerne und freudig als Mitglied der
israelitischen Gemeinschaft fühlte und die Bestrebungen dieser
Gemeinschaft sowohl bezüglich ihrer Beitragspflicht an die Kultusgemeinde
Karlsruhe, als auch auf dem Wege der freiwilligen Wohltätigkeit unterstützte.
Unter Anderem spendete sie sofort bei Gründung des israelitischen
Waisenvereins für das Großherzogtum Baden 500 Mark, ebenso hatte sie
testamentarisch angeordnet, dass nach ihrem Ableben 2.000 Mark an jüdische
Arme verteilt werden sollen. In ihrem Hause fand man hebräische Gebetbücher
mit deutscher Übersetzung, die von einem öfteren Gebrauche zeugten.
Unzweifelhaft ist es ihrem Einflusse zu verdanken, dass der ihr im Tod
vorangegangene Gemahl Herr Baron Max von Haber und ihr einziger Sohn,
welcher als Offizier den Krieg von 1870/1 mitgemacht hatte und einige
Jahre später ebenfalls im ledigen Stand verstorben ist, dem Judentum treu
geblieben sind. Der Schwiegervater der Verstorbenen Salomon von Haber im
Jahre 1760 in Breslau geboren, war der Sohn armer Eltern; er hatte sich
durch seinen Unternehmungsgeist ein großes Vermögen erworben und ließ
sich Ende des vorigen Jahrhunderts in Karlsruhe häuslich nieder, wo die
meisten Geldgeschäfte durch ihn vermittelt wurden. Haber’s
Unternehmungsgeist verdankte das Großherzogtum Baden seine bedeutendsten
Fabriken (Ettlinger Spinnerei und Weberei, Karlsruher Maschinenfabrik,
Waghäusler Zuckerfabrik). Großherzog Karl ernannte ihn zum Hofbankier
und Großherzog Ludwig verlieh ihm 1829 den erblichen Adel. Er starb im
Jahre 1840. Als ein Sohn desselben Moritz von Haber sich mit einem
Offizier, Freiherrn von Göler, duellierte und dieser fiel, erregte dies
in Karlsruhe großen Unwillen und von Haber musste fliehen. Ein anderer
Sohn, Louis von Haber, hatte durch den Tod seines Schwiegervaters eine
Zuckerfabrik in Böhmen übernommen. Er war Begründer bedeutender
industrieller Institute in Österreich. In Anerkennung seiner Verdienste
hat ihn der Kaiser von Österreich in den erblichen Freiherrenstand
erhoben und ihn zum Mitglied des Herrenhauses berufen. Welche Verdienste
hat doch der semitische Stamm um das Wohl seines Vaterlandes sich stets
erworben! W." |
70. Geburtstag von Vorsteher Moritz Rothschild
(1902)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Februar 1902: "Baden-Baden.
Eine schöne Feier durften wir heute, Sabbat Jitro, erleben. Unser seit 30
Jahren an der Spitze der Gemeinde stehender Vorsteher und Synagogenrat
Herr Moritz Rotschild feierte seinen siebzigsten Geburtstag. Zum
Mussafgottesdienste versammelte sich die ganze Gemeinde, woselbst unser
Herr Lehrer Hofmann nach dem Einheben der Tora eine von Herzen kommende
Ansprache an den Jubilar hielt, sein Wirken und Schaffen in der Gemeinde
betonend und der Freude Ausdruck gebend, dass wir gleich seinem
Namensbruder Mosche sagen können, dass (hebräisch und deutsch:) noch
ungeschwächt sein Auge und noch ungemindert seines Lebens Kraft ist.
Er erflehte den Segen Gottes für den Jubilar und dessen Familie.
Nach Schluss des Gottesdienstes überreichte Herr Vorsteher Meyer
im Namen der Israelitischen Gemeinde eine Glückwunschadresse mit zwei großen
photographischen Abbildungen des Synagoge, bei deren Erbauung sich Herr
Rothschild so große Verdienste erworben und sprach seinem Mitarbeiter den
Dank aus für seine unermüdliche Tätigkeit.
Der Jubilar war durch die erhebende Feier sehr gerührt und überrascht,
da er diesen Tag in Stille bei seiner Familie verbringen wollte, und nur
durch Zufall einen Tag vorher sein Eintritt in das 70. Lebensjahr bekannt
wurde." |
Fräulein Stern wird in Heidelberg promoviert
(1913)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Dezember 1913: "Heidelberg. Fräulein Stern aus Baden-Baden hat das
philosophische Doktorexamen ‚Summa cum laude’ bestanden." |
Zum Tod von Dua Beisinger
(1925)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März 1925: "Baden-Baden,
13. März (1925). Dieser Tage starb hier Frau Dua Beisinger im 63.
Lebensjahr. Eine biedere Frau aus der guten, alten Zeit ist mit ihr ins
Grab gesunken. Die Beerdigung gestaltete sich zu einer imposanten, von
Herzen kommenden Trauerkundgebung. In seiner Gedenkrede sprach Lehrer Grünbaum
von dem reinen, tugendhaften und nachahmenswerten Leben der Verstorbenen. Ihre Seele sein eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Emma Stern, Begründerin des Hotels Tannhäuser (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1935: "Baden-Baden,
24. Juni (1935). Im hohen Alter von nahezu 90 Jahren starb unser ältestes
Gemeindemitglied, Frau Emma Stern, Begründerin des Hotels Tannhäuser.
Wie sehr diese ehrwürdige Frau aus der guten alten Zeit überall geachtet
und geschätzt war, kam bei ihrer Beerdigung noch einmal so recht zum
Ausdruck. Kantor Grünfeld widmete der Heimgegangenen einen tief empfundenen
Nachruf. Ehrenhaft hat sie gelebt, und ehrenvoll wird ihr Andenken sein.
Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Anzeigen und Berichte
zu jüdischen Gewerbebetrieben
Neues Gebäude für die israelitische Restauration von
Hirsch-Herz (1889)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1889: "Baden-Baden,
im August (1889). Seit länger als einem halben Jahrhundert erfreut sich
die hiesige israelitische Restauration von Hirsch-Herz (jetziger Inhaber
Herr A. Weil, Schwiegersohn des Begründers) des besten Rufes. Nur ein
Umstand gab zu öfteren Klagen Anlass: während der hohen Saison reichten
die Lokalitäten nicht aus für die große Menge der von allen Enden der
Welt unserem berühmten Badeplatze zuströmenden Glaubensgenossen, die während
der heißen Sommertage in den überfüllten Räumen buchstäblich ‚im
Schweiße ihres Angesichtes’ ihre Mahlzeiten einnehmen mussten. Auch
dieser Übelstand wird mit dem nächsten Jahre behoben werden. Herr A.
Weil (Firma Hirsch-Herz) hat in der Nähe des Kurgartens ein prachtvolle
Villa erworben, deren geräumige und hohe Säle allen Gästen genügend
Raum und Luft gewähren werden. Ein an das Haus stoßender und zu
demselben gehörender großer, schattiger Park ist geeignet, den Gästen
die größten Annehmlichkeiten zu bieten. – Es ist mit Freuden zu begrüßen,
dass die gesetzestreuen israelitischen Kurgäste auch in dieser Beziehung
künftig nichts zu entbehren haben werden, und wir dürfen wohl annehmen,
dass mancher Stammesgenosse, den bisher die mangelhaften Lokalitäten
abschreckten, es künftighin vorziehen wird, dem jüdischen
Religionsgesetze treu zu bleiben." |
Anzeige des Hôtels Hirsch Herz (1890)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1890: "Baden-Baden.
Hôtel
Hirsch-Herz.
Werderstraße 6 früher
Langestraße 9. Schönstes streng rituelles Restaurant. Prachtvolle
gesunde Lage, inmitten großen Parks und unmittelbarer Nähe des
Kurgartens, Lichtenthaler Allee, Theater, Trinkhalle, Komfortable Zimmer.
Alphonse Weil, Besitzer." |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1890: "Baden-Baden. Hôtel
Hirsch-Herz.
Werderstraße 6 früher Langestraße 9. Schönstes streng
rituelles Restaurant. Prachtvolle gesunde Lage, inmitten großen Parks und
unmittelbarer Nähe des Kurgartens. Lichtenthaler Allee, Theater,
Trinkhalle. Komfortable Zimmer.
Alphonse Weil, Besitzer." |
S. Cahn (Hotel Tannhäuser) lädt
zu Sukkot (Laubhüttenfest) ein (1902 / 1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 14. Oktober 1902: "Baden-Baden.
Während des Sukkot-(Laubhütten-)Festes schöne und geheizte Sukka
(Laubhütte).
S. Cahn, Hotel Tannhäuser." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1903: "Baden-Baden.
Während des Sukkot-(Laubhütten-)Festes schöne mit elektrischem Licht
versehene Sukka (Laubhütte).
S. Cahn, Hotel Tannhäuser." |
Marta Marcus eröffnet ein Töchterpensionat
(1917)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. März 1917: "Baden-Baden.
Am 1. Mai eröffne ich Albrecht-Dürer-Straße 3 ein streng rituell
geführtes Töchterpensionat. Sorgfältige, individuelle, religiöse
Erziehung, gesellschaftliche Ausbildung. Gründliche wissenschaftliche und
hauswirtschaftliche Kurse. Gute und reichliche Verpflegung. Erholungsbedürftige
junge Mädchen haben Gelegenheit, sich durch Liegekuren etc. zu kräftigen.
Tägliche, regelmäßige Spaziergänge. Größere Mädchen können das
Lyzeum und die Gymnasialklassen besuchen und finden im Hause gewissenhafte
Nachhilfe. Beste Referenzen. Näheres durch die Vorsteherin
Marta Marcus, bisherige Leiterin des israelitischen Erholungsheims in Baden-Baden." |
Lehrer Max Grünfeld wird für seine Verdienste als
Militärseelsorger ausgezeichnet (1917)
Anmerkung. Zur Person von Max Grünfeld siehe beim nächsten Text.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. Mai 1917: "Herr Lehrer Max Grünfeld in Baden-Baden
ist in Anerkennung seiner Verdienste als Militärseelsorger mit dem
Kriegshilfskreis ausgezeichnet worden." |
Geburt eines Sohnes von Lehrer Max Grünfeld und seiner Frau Elfriede geb. Meth
(1928)
Anmerkung: Max Grünfeld war Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde in
Baden-Baden. Er ist 1889 geboren und besuchte das Lehrerseminar in Esslingen.
1910 begann er als Kantor und Lehrer in Baden-Baden, wo er bis 1938 blieb. Im
Zusammenhang mit der Pogromnacht im November 1938 wurde er in das KZ Dachau
verschleppt. Danach musste er Deutschland verlassen. Einige Zeit war er in
Frankreich und (illegal) in der Schweiz. Nach 1945 konnten er und seine aus Schwäbisch
Gmünd stammende Frau Elfriede geb. Meth in die USA auswandern. Max
Grünfeld starb 1973 in St. Petersburg, Florida.
Bei dem 1928 geborenen Sohn von Max und Elfriede Grünfeld handelt es sich um
Walter W. Gruenfeld. Er und seine Schwester Miriam kamen in der NS-Zeit mit
einem Kindertransport nach England und waren auf diese Weise sieben Jahre von
den Eltern getrennt. Miriam heiratete später nach Kanada, Walter studierte
Journalismus und war später Inhaber eines Verlages und einer Druckerei in
Marathon N.Y.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juli 1928: "Am
17. Juli wurde uns - Gott sei gepriesen - ein strammer Junge
geboren, wovon wir Freunde und Bekannte dankerfüllt in Kenntnis
setzen.
Lehrer Grünfeld und Frau Elfriede geb. Meth. Baden-Baden,
18.7.1928." |
Th. Köhler-Stern (Hotel Tannhäuser) lädt zum Pessachfest
ein (1937)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1937: "Baden-Baden.
Hotel Tannhäuser – schönster Pessachaufenthalt. Tel. 568. Besitzer Th.
Köhler-Stern." |
|
Neujahrsgrüße |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1937:
"Allen Gästen und Freunden herzliche Wünsche zu Neujahr (Einschreibung
und gute Versiegelung).
Familie Th. Köhler-Stern - Hotel Tannhäuser Baden-Baden
Familie Weil - Schwarzwaldhotel Herrenalb." |
Sonstiges
Postkarte
von Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn
in Baden-Baden, versandt nach Bremen (1923)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) |
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Die Postkarte geschäftlicher Art wurde von
Rechtsanwalt Dr. Paul Kahn von Baden-Baden nach Bremen am 19. Juli 1923
verschickt.
Zu Dr. Paul Kahn: Er gehörte in den Jahren von 1925 bis 1932 dem
Vorstand der israelitischen Gemeinde Baden Baden an. Paul Kahn praktizierte
seit 1914 in einem Büro in der Lichtentalerstraße - bis er sein Büro auf
Grund von Boykottaufrufen und stetigem Mandanten-Rückgang in die Wohnung in
der Fürstenbergallee verlegte. Dort übte er seinen Beruf aus bis zum
gänzlichen Verbot seiner Anwaltstätigkeit. Paul Kahn hatte einen Sohn
Karl (geb. 28. Juli 1921; besuchte das Gymnasium in Baden Baden bis die
Lebensumstände 1937 so unerträglich für Ihn wurden, dass er einen
Schulwechsel mit damals 15 Jahren ins englische Brighton vorzog als in Baden
Baden zu bleiben). Am 10. November 1938 wurde Paul Kahn für fast 1 Monat ins
KZ Dachau gebracht. Mit Hilfe von einflussreichen Freunden gelang es dem
Sohn Karl Kahn, ein Übergangsvisa nach England für seine Eltern zu besorgen.
1939 erhielt die Familie Kahn ein Visum für die USA und fand in Dallas eine
neue Heimat. In Baden-Baden in der Fürstenbergallee 6 erinnert ein
Stolperstein an das Schicksal von Karl Kahn und seinen Eltern.
Quellen:
https://www.swr.de/swr2/stolpersteine/menschen/karl-kahn/-/id=12117596/did=14145118/nid=12117596/npmm74/index.html.
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Zur Geschichte des Betsaals /der Synagoge
Über die Einrichtung eines Betraumes im
Zeitraum vom 16. bis 18.
Jahrhundert ist nichts bekannt.
1866 begann Bezirksrabbiner Leopold Schott (Bühl)
mit einer Spendensammlung zur Bestreitung der Miete eines künftigen Betsaales
in Baden-Baden. Schott war erfolgreich. Außer den zugezogenen jüdischen
Familien spendeten die Gemeinden in Karlsruhe und Mannheim sowie viele der jüdischen
Kurgäste. Am 18. Juli 1867 konnte für die ortsansässigen und die zur
Kur weilenden Juden im Seitenflügel des Hotels Baldreit ein Betsaal
eingerichtet werden (Büttenstrasse 15, heute Stadtmuseum). Zur Einweihungsfeier
hatten sich nach dem Bericht der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
"die geistlichen und weltlichen Behörden nebst vielen anderen
ausgezeichneten Persönlichkeiten eingefunden", was als "sehr
bemerkenswert" beurteilt wurde, "weil bis vor Kurzem die Erlaubnis zur
Herstellung einer Synagoge verweigert worden war". Die Einweihungskosten
und die Ausstattung des Betsaales wurden von Benjamin Levy aus Straßburg übernommen.
Schon einige Wochen vor der Einweihung war Gastwirt Hörz auf Suche nach einem
Vorsänger und Schächter für die jüdischen Familien gegangen.
Aufruf von Rabbiner Schott zum Bau einer
Synagoge (April 1867)
Artikel in
der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 15. April 1867: "Herr Rabbiner
Schott in Baden hat einen Aufruf erlassen, in Baden-Baden, wohin so viele
jüdische Badegäste kommen, eine Synagoge zu bauen. Möge dem wackeren
Manne seine Bemühung auch gelingen! Wir wünschen ihm ein günstiges
Resultat von ganzem Herzen, denn der Gottesdienst an einem Badeplatze ist
für die Gesamtjudenheit von Wichtigkeit." |
Einweihung eines Betsaales - Benjamin Levi aus Straßburg übernimmt für 6
Jahre die Mietkosten (Juli 1867)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. August 1867:
"Baden-Baden, im August. Am 18. Juli fand hier die Einweihung eines
israelitischen Betsaales durch den Bezirksrabbiner Herrn Leopold Schott zu Bühl
statt, wozu sich die geistlichen und weltlichen Behörden nebst vielen anderen
ausgezeichneten Persönlichkeiten eingefunden. Es ist dies besonders
bemerkenswert, weil bis jetzt noch keine israelitische Gemeinde hier besteht und
bis vor Kurzem die Erlaubnis zur Herstellung einer Synagoge verweigert worden
war. Besonders durch die Bemühungen des Herrn Rabbiners Schott wurden von den
israelitischen Kurgästen, sowie aus den Gemeinden Karlsruhe und Mannheim Mittel
zur Herstellung dieses Betsaales gesammelt. - Allein alle diese Anstrengungen
hätten noch lange nicht zum Ziele führen können, wenn nicht Herr Benjamin
Levy aus Straßburg aus eigenen Mitteln die Ausstattung des Betsaales
bestritten, sogar die Einweihungskosten übernommen und dadurch ermöglicht
hätte, dass die bereits angesammelte Summe als Reservefonds unangetastet
bleiben konnte. Die ehrende Auszeichnung, welche dem edlen Geber, der mit seiner
Familie anwesend war, zuteil wurde, war daher eine überaus wohlverdiente. - Die
ganze Feier, sowie insbesondere die Festpredigt der Herrn Schott sprachen sehr
an, und man fühlte sehr wohl den Geist der Gottesfurcht und der Menschenliebe,
der aus der Predigt wehte
|
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1867: "Baden,
19. Juli (1871). Die Einweihungsfeier des hiesigen israelitischen
Betsaales begann dem gut entworfenen und durchgeführten Programm gemäß,
nachmittags 2 Uhr. Unter entsprechenden Chor- und Sologesängen, welche
mit Gebeten abwechselten, wurde die heilige Lade geöffnet, die Tora
herausgenommen. Hierbei verdienen die, von dem Bühler Vorsänger (einem
ausgezeichneten Bariton) und Chor mit trefflichen Stimmen vorgetragenen
Gesänge, besonders rühmliche Erwähnung, sowohl in Betreff ihrer guten
Wahl, als der großen Präzision und schönen Klangwirkung in der Ausführung.
Die nun folgende Festpredigt des Herrn Rabbiner Schott von Bühl war von
dem Geiste der Humanität und Toleranz beseelt. Der Redner bezeichnete als
schönste Aufgabe des neu gegründeten Betsaales: Liebe zu lehren, zu
pflegen und zu verbreiten, und zwar: Vaterlandsliebe, Nächstenliebe und
Gottesliebe. Bei Betrachtung der Vaterlandsliebe wies der Rabbiner
besonders darauf hin, dass, während früher alle Konfessionen bauen
durften, nur Israel davon ausgeschlossen blieb, bis nunmehr, Dank der
Weisheit und Gerechtigkeit unseres geliebten Großherzogs und seiner Räte,
auch die israelitische Gemeinde sich eine heilige Stätte gründen durfte.
Ihre Liebe zu dem Vaterlande, das sie hier gefunden, wurde
dadurch vermehrt und befestigt, wie schon der Prophet Jeremias von
seinem Volkes gefordert hat: ‚Suchet das Wohl des Staates, wohin ich
euch geführt habe.’
Zur Nächstenliebe übergehend, betonte der Sprecher, dass in hiesiger
Stadt keine jüdische Gemeinde und folglich auch kein Recht für die
Israeliten bestehe, irgendwelche Anforderungen zu stellen, dass daher die
ohne alle Fonds bewirkte Gründung des neuen Betsaales nur ein Werk tätiger
Liebe und freier Vereinigung der Kräfte zu einem guten Werke gewesen sei.
Hierbei wurde zunächst das fördernde Wohlwollen der großherzoglichen
Stadtdirektion und der an den Sammlungen und Einrichtungen hauptsächlich
Beteiligten, sodann die Unterstützung der israelitischen Gemeinden zu
Karlsruhe und Mannheim usw. betont; sich selbst konnte Herr Rabbiner
Schott nicht nennen, obgleich ihm ein Hauptverdienst im Zustandekommen
dieses Unternehmens unbestritten zuerkannt werden muss. – Allein alle
diese Anstrengungen hätten noch lange nicht zum Ziele führen können,
wenn nicht Herr Benjamin Levy aus Straßburg aus eigenen Mitteln die
Ausstattung des Bettsaales bestritten, sogar die Einweihungskosten übernommen
und dadurch ermöglicht hätte, dass die bereits angesammelte Summe als
Reservefonds unangetastet bleiben konnte. Die ehrende Auszeichnung, welche
dem edlen Geber, der mit seiner Familie anwesend war, zuteil wurde, war
daher eine überaus verdiente. – Die ganze Feier übte auf alle
Anwesenden der verschiedenen Konfessionen einen ebenso wohltuenden, als
erhebenden Eindruck. Jeder fühlte, dass der Geist der Liebe hier tatsächlich
gewaltet habe, und auch für fernerhin Gutes und Ersprießliches verheißen
werde." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 1. September 1867: "Aus der
Pfalz. Ich will Ihnen keinen Badebericht einsenden, geehrter Herr
Redakteur! Meine Erlebnisse im Badeorte sind nicht so bedeutend, als dass
ich hoffen dürfte, sie würden die Leser des ‚Ben Chananja’
interessieren. Nur eine Tatsache aus jenen, die nicht mich betrifft und
von der ich hoffe, dass sie Andere zur Nacheiferung anspornen möchte,
glaube ich der Öffentlichkeit übergeben zu sollen. In Baden-Baden, dem
berühmten Badeplatze, wo auch ich mich zur Erholung auf einige Wochen
aufhielt, hat ein Israelite aus Straßburg, mit Namen Benjamin Levi den
Grund zur Herstellung einer Synagoge dadurch gelegt, dass er aus eigenen
Mitteln mit einem Kostenaufwande von circa 7.000 Franks einen Saal auf 6
Jahre gemietet und ihn mit allen Requisiten zur Abhaltung des
Gottesdienstes ausgestattet hat. Im Laufe dieser sechs Jahre, so hofft
Herr Benjamin Levi, werden sich wohl die Mittel finden, einen eigenen
Tempel für die Israeliten zu erreichten. Möchte sich derselbe durch die
Lauheit unserer Glaubensgenossen nicht getäuscht sehen in seiner
Hoffnung! Jedenfalls hat dieser auch sonst als höchst wohltätig
geschilderte Mann durch diese schöne Handlung nicht bloß einem
dringenden religiösen Bedürfnisse für die zahlreichen Glaubensgenossen,
die alljährlich den berühmten Badeort besuchen – in Baden selbst wohnt
nur ein Israelite, ein Restaurant – abgeholfen, wenigstens vorerst,
sondern auch die Ehre seines Glaubens gerettet, die es gewiss fordert,
dass da, wo alle Bekenntnisse, die griechisch-unierte und die englische
Kirche, wie die katholische und protestantische für Russen, Engländer
und Franzosen prachtvolle Tempel durch die Munifizenz ihrer respektiven
Anhänger besitzen, endlich auch die Israeliten ein Haus finden, so sie
Gott in ihrer Weise verehren können. Wer einerseits die Gefahr kennt, die
besonders in Badeorten mit ihren raffinierten Lebensgenüssen manchen
Besuchenden umstrickt, und andererseits den Jammer ins Auge fasst, der
hier den leidenden so oft niederdrückt, der wird das schöne Werk des
edlen Spenders zu würdigen wissen, der dort im andächtigen Gebete in der
versammelten Gemeinde vielleicht Rettung, hier den von Jammer und Schmerz
Niedergedrückten Trost zu bieten geeignet ist.
Die Behörden der Stadt wussten es auch zu würdigen, sie wohnten
alle der vom Herrn Levi veranstalteten solennen Einweihungsfeier bei. Vor
zehn Jahren soll man dort dem zum Ankauf eines Hauses nötig gewesenen und
deshalb nachgesuchten städtischen Bürgerrechte von Seiten des Herrn von
Rothschild in Frankfurt noch entgegengetreten sein. Auch ein Fortschritt.
Et tamen movetur!" |
Suche nach einem Vorsänger und Schächter (1867)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1876: "Für
Baden-Baden wird zur Versehung der Vorsänger- und Schächterdienste
während der Sommermonate ein taugliches Subjekt gesucht. Eintritt Anfang Juni
dieses Jahres. freie Kost und Wohnung und auf ungefähr 3-400 Mark sich belaufende
Nebengefälle. Näheres bei Gastwirt Hörz
daselbst." |
Über den Synagogenbaufonds - Stand der Finanzen (1878)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1878: "Baden-Baden.
Es sind von mehreren Seiten, die sich für das Fortbestehen und Gedeihen
des hiesigen israelitischen Betsaales interessieren, Anfangen an mich
ergangen, wie viel Kapitel dieser bezügliche Fonds, welcher bereits im
Jahre 1867 von Herrn Rabbiner Schott in Bühl gegründet wurde,
besitzt.
Soviel mir bekannt, und wie aus einem im Betsaal jetzt in meinen Händen
befindlichen Buches von Jahre 1868 ersichtlich, ergibt sich eine
Brutto-Einnahme, ohne Zuzug von Zinsen, bis zum Jahre 1875 eingeschrieben,
5706 Gulden, 22 Kreuzer. Vom Jahre 1875 bis dato ist nichts mehr
eingeschrieben, wohl aber sind diverse Spenden auf Abschnitt aus dem
hiesigen Badeblatt ohne Datum im Betsaal aufgeklebt. Außer diesem
Kapitalstock befindet sich zum Zweck der Erhaltung des Betsaals hier ein
solcher in Mannheim, worüber aber zurzeit keinen Aufschluss geben kann.
Es wäre daher der Zeit angemessen, dass die betreffenden Verwaltungen
einmal hierüber öffentlich Rechenschaft ablegen würden und dies, wie es
geziemt, jedes Jahr wiederholt, damit die verehrlichen Spender von ihren
Gaben jederzeit Einsicht nehmen können. Ich bitte um Unterstützung in
dieser Sache. Karl Dreifuß." |
Suche nach einem Vorsänger und Schächter
(1878)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Mai 1878: "Vorsänger und
Schächter gesucht für die Sommermonate in Baden-Baden. Hirsch Herz,
Gastwirt." |
Über die Gottesdienste im Betsaal und die Vorsänger in Baden-Baden
(1879)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Juli 1879: "Baden-Baden, 19.
Juni (1879). Die Zahl der jüdischen Kurgäste nimmt hier täglich zu. Man
merkt dies leider mehr aus der Fremdenliste, als am Tische der beiden
israelitischen Wirte, weil viele in den christlichen Hôtels trefene (nicht koschere) Kost genießen, obschon man in den jüdischen
Wirtslokalen in jeder Hinsicht gut bedient wird und eine komfortable
Einrichtung darin findet. Jeder der Wirte hat aus Rivalität einen
besonderen Schochet, namens Kaufmann und Rosenberg. Der Letztere betet
zugleich im Betlokale vor, wenn es am Sabbat Minjan gibt, was am vorigen
Sabbat Paraschat Schelach Lecha
in dieser Saison erstmals der Fall war. Am Freitagabend
waren Männer, Frauen und Jünglinge beim Gottesdienst. Die Miete des
Saales im Parterre des Hôtels Baldreit kostet 5-600 Mark im Jahr und die
Ausstattung der Betraumes (kleinen
Heiligtums) ist sehr einfach, doch aber würdig. Für die Regelmäßigkeit
des Gottesdienstes an Schabbat und
Feiertag sollte von Seiten des Rabbinats und des Vorstandes der gute
Anfang eifriger gepflegt werden. Die Gastwirte auch dürften dafür tätig
sein, da mancher gute Jehudi noch lieber und länger an dem schönen
Kurort verweilte, wenn er weiß und sieht, dass auch das religiöse Bedürfnis
in jeder Hinsicht befriedigt wird. In der Kaufmann’schen Restauration
liegt auch der ‚Israelit’ zum Lesen auf." |
Ein orthodoxer Kurgast ist nicht zufrieden mit der Einrichtung des Betsaales
(1879)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1879: "Baden-Baden. Zur
Korrespondenz in Nr. 27 Ihrer geschätzten Zeitschrift aus dem oben erwähnten
berühmten Badeorte habe ich etwas nachzutragen, was nach meiner Meinung
in erster Linie dem Rabbinat und dem Vorstande obliegt, wenn das religiöse
Bedürfnis in jeder Hinsicht wahrhaft befriedigt werden soll. Ist es doch
für jeden Denkenden klar, dass die Synagoge in einem Badeorte nur für
wahrhaft streng gläubige Jehudim ein Bedürfnis ist, denn unsere Neologen
suchen an solchen Plätzen aller andere eher auf, als die Synagoge. Nun
fehlt aber dem kleinen Heiligtum
(Betsaal), dessen Mietzins die Gäste durch freiwillige Spenden
aufbringen, der Tikun Gadol, die
‚großartige Einrichtung’, die der Talmud Sukka 51b vom Tempel
in Jerusalem erwähnt und von
welcher die Mischnah zu allererst berichtet bei ihrer Schilderung des großartigen
nationalen Festes. Es fehlt nämlich in der Synagoge zu Baden-Baden ein
gesonderter Raum für die Frauen, sodass daselbst die Frauen auf der
rechten, die Männer auf der linken Seite des Tempels ihre Plätze
einnehmen, was nach rabbinischem Recht nicht erlaubt ist. Es ist in Folge
dessen auch schon oft vorgekommen dass Kurgäste an den
Ehrfurchtgebietenden Tagen /zwischen Neujahr und Jom Kippur) den Badeort
verlassen haben, um in einer benachbarten Gemeinde eine Synagoge
aufzusuchen, die nach den Anforderungen unseres heiligen Gesetzes
eingerichtet ist. (Wir haben zu der Korrespondenz in Nr. 27 hinzuzufügen,
dass auch in der jüdischen Restauration Hirsch-Herz der ‚Israelit’,
und zwar bereits seit 15 Jahren, aufliegt. – Redaktion)." |
Auf Grund der starken Zuzüge jüdischer Familien nach
Baden-Baden erwies sich der Betsaal im Hotel Baldreit bald als zu klein, was ein
Ausbleiben von jüdischen Kurgästen zur Pessachzeit im Frühjahr und zu den
Hohen Feiertagen im Herbst zur Folge hatte. Um dem entgegenzuwirken, wurde am
27. April 1883 eine Stiftung zur Bestreitung der Miete für den Betsaal und für
sonstige religiöse Bedürfnisse gegründet. Die Überschüsse aus dieser
Stiftung sollten für den Bau einer Synagoge verwendet werden.
Im Laufe der 1890er-Jahre konnte man die Planung und den
Bau einer Synagoge in Angriff nehmen. Ein Grundstück hierfür wurde in
der Stephanienstrasse 5 gefunden. Die Israelitische Gemeinde verpflichtete den jüdischen
Architekten Prof. Ludwig Levy von der Baugewerbeschule Karlsruhe, der bereits
zahlreiche Synagogen in verschiedenen Stilen entworfen hatte. Die Synagoge des
Kurorts sollte in rein neoromanischem Stil errichtet werde. Der badische
Großherzog selbst nahm lebhaften Anteil am Entstehen der neuen Synagoge.
Grundsteinlegung der Synagoge
(1898)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. August 1898: "Karlsruhe,
22. Juli (1898). Der 20. dieses Monats war ein Ehrentag für die junge
israelitische Gemeinde in Baden-Baden. Denn an diesem Tage fand die
feierliche Grundsteinlegung ihres Synagogenbaues statt. Schon seit vielen
Jahren empfang man das Ungenügende des räumlich beschränkten Betsaales
und man trug sich daher mit dem Gedanken, ein der herrlichen Bäderstadt würdiges
Gotteshaus zu errichten. Da die Zahl der in Baden-Baden ansässigen
Israeliten eine geringe war, so musste man an die Mithilfe wohltätiger,
daselbst weilender Kurgäste appellieren. Um die Beschaffung eines
Synagogenbaufonds machte sich besonders verdient der verstorbene Herr
Oberrat Willstätter von Karlsruhe sowie die Gemeindevorsteher Herr Julius
Mayer und Herr Rothschild. Nachdem die in Baden-Baden wohnenden Israeliten
die Rechte einer Gemeinde erhalten hatten, ging man, dank der Tatkraft des
Herrn Vorstehers Julius Mayer, an die Verwirklichung der längst gehegten
Idee. Herr Professor Levy dahier, der bekannte Erbauer der Synagogen zu
Kaiserslautern, Pforzheim, Barmen und Straßburg, wurde mit der
Anfertigung des Synagogenbauplanes beauftragt. Am 20. dieses Monats fand
nun unter der Teilnahme der Gemeindemitglieder, vieler Kurgäste und von
auswärts erschienenen Ehrengästen die feierliche Grundsteinlegung in
einer herzerhebenden Weise statt. Unter den anwesenden Ehrengästen
bemerkten wir Herrn Regierungsrat Dr. Mayer von hier als Vertreter des großherzoglichen
Oberrats sowie die Rabbiner Dr. Fürst von Mannheim, Dr. Appel von hier,
Dr. Rawicz von Offenburg und den als Kurgast in Baden weilenden Herrn Dr.
Stößer von Stuttgart. Herr Rabbiner Dr. Mayer von Bühl, zu dessen
Bezirk die Stadt Baden gehört hielt die feierliche Ansprache, und Herr
Vorsteher Julius Mayer verlas die von ihm verfasste Urkunde, die eine
Geschichte der israelitischen Gemeinde Baden und des Synagogenbaues enthält.
Bei Vollziehung der üblichen drei Hammerschläge, sprachen Herr
Regierungsrat Dr. Mayer, sämtliche anwesende Rabbiner, Herr Professor
Levy und einzelne Ehrengäste (darunter auch Christen) erhebende Worte. Am
Abend fand für die Festteilnehmer ein von der Gemeinde Baden gegebenes
Festmahl statt, das durch zahlreiche geistvolle Reden seine Würze
empfing. Die israelitische Gemeinde Baden darf auf das wohl gelungene, von
ihr veranstaltete Fest mit Befriedigung
blicken, sie hat bewiesen, dass, wenn sie auch die jüngste, doch nicht
die geringste unter den Gemeinden Badens ist. Möge die opferfähige, kräftig
emporstrebende Gemeinde, die sich die Sympathien weiter Kreise erworben
hat, überall wirksame Unterstützung finden, dass sie das begonnene Werk
würdig zu vollenden vermag." |
Interesse der
Großherzogs am Synagogenbau (Februar 1899)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Februar 1899: "Baden(-Baden),
2. Februar. Wie wir hören, hat sich der Großherzog von Baden während seiner
Anwesenheit hier auch lebhaft für das Fortschreiten des Synagogenbaues, den er
wiederholt besichtigte, interessiert. Vor der Abreise wurde der Synagogenrat zur
Audienz befohlen, um die Abschrift der Urkunde, welche anlässlich der
Grundsteinlegung eingemauert wurde, zu überreichen. Der Großherzog sprach
seine volle Anerkennung für den schonen Bau aus und betonte seine Befriedigung
über das Erstehen einer Synagoge in Baden(-Baden), wodurch auch den
Fremdeninteressen gedient sei. Auch gab der Großherzog sein Interesse für die
israelitische Gemeinde der Stadt Baden(-Baden) kund, wodurch sich die hiesigen
Israeliten sich hochgeehrt fühlen." |
Derselbe Artikel erschien auch in der
orthodox-konservativen Zeitschrift "Der
Israelit": |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1899: "Baden.
Wie berichtet wird, hat sich der Großherzog von Baden während
seiner Anwesenheit hier auch lebhaft für das Fortschreiten des
Synagogenbaues, den er wiederholt besichtigte, interessiert. Vor der
Abreise wurde der Synagogenrat zur Audienz befohlen, um die Abschrift der
Urkunde, welche anlässlich der Grundsteinlegung eingemauert wurde, zu überreichen.
Der Großherzog sprach seine volle Anerkennung für den schönen Bau aus
und betonte seine Befriedigung über das Erstehen einer Synagoge in Baden,
wodurch auch den Fremdeninteressen gedient sei. Auch gab der Großherzog
sein Interesse für die israelitische Gemeinde der Stadt Baden kund,
wodurch die hiesigen Israeliten sich hoch geehrt fühlen." |
Die örtliche Presse
registrierte sehr wohlwollend, dass die Synagoge wie ein Kirchenbau wirkte mit
ihrem romanischen Rundbogenportal, dem kreuzförmigen Grundriss mit Querhaus und
den zwei Treppentürmen, die mit spitzen Turmhelmen gedeckt waren. Das Badener
Tagblatt schrieb am 18. August 1899: "Professor Levy folgte einer glücklichen
Idee, indem er für die hiesige Synagoge nicht den sonst für derartige Bauten
beliebten, aber exotischen maurischen Stil, sondern einen einheimischen,
kernigen deutschen Stil gewählt hat, wie ihn die großen rheinischen Dome, z.B.
in Speyer, Worms und Mainz zeigen."
Am 16. August 1899 fand die Einweihung der Synagoge statt.
Sie war mit Flaggen in den deutschen und badischen Farben geschmückt. Der Platz
vor dem Gebäude war durch eine Menge von Pflanzen wie in einen Garten
verwandelt. An den Festlichkeiten nahmen auch zahlreiche nichtjüdische Bürger
regen Anteil. Bezirksrabbiner Dr. Mayer aus Bühl hielt die Festpredigt.. Wie
sehr sich die Baden-Badener Juden ihrer Heimatstadt und dem badischen
Herrscherhaus verbunden fühlten, kommt in der Rede des Synagogenrats Julius
Mayer zum Ausdruck: Er nahm die Einweihungsfeierlichkeiten zum Anlass, um "Seiner
Königlichen Hoheit Treue zu geloben zu Kaiser und Reich, Fürst und Vaterland
und das Gelöbnis zu erneuern, Gut und Blut zu opfern, wenn das Vaterland es
verlangt." Dem Großherzog wurde anlässlich der Einweihung ein
Dankestelegramm geschickt.
Die Einweihung der Synagoge am 25. August
1899
Artikel in der "Allgemeinen
Zeitung des
Judentums" vom 25.8.1899: "Baden-Baden, 16. August. Die hiesige Synagoge, zu der am 20. Juli vorigen
Jahres der Grundstein gelegt wurde, ist heute Nachmittag 1/2 5 Uhr in Anwesenheit
eines eingeladenen Publikums feierlich eingeweiht worden. Das Gotteshaus erhebt
sich in freier, erhöhter Lage an der Ecke der Stephanien- und Scheibenstraße
und ist von dem Karlsruhe Kunstgewerbeschulprofessor Ludwig Levi in romanischem Stil
erbaut. Als Material gelangte weißer Mürgthal-Sandstein zur Verwendung. Der
Bau bildet mit seinen edlen architektonischen Formen eine Zierde der Stadt und
macht auch in seiner inneren Ausstattung einen sehr würdigen Eindruck. Zur
Geschichte der israelitischen Gemeinde in Baden-Baden mag kurz erwähnt sein,
dass erst seit 1863 hier Juden wohnen, und dass heute die Gemeinde 53 Mitglieder
und 190 Seelen zählt. Bei der Einweihungsfeier war der von Fahnenmasten
umsäumte Platz rings um die Synagoge durch Topfpflanzen in einen Blumenhain
verwandelt. Der Großherzog von baden ließ sich durch den Geheimen
Regierungsrat Haape vertreten; außerdem waren Oberbürgermeister Gönner und
Bürgermeister Fieser mit zahlreichen Mitgliedern des Stadtrats, Vertreter sämtlicher
Behörden und ein großes Publikum aus allen Kreisen der Bevölkerung
erschienen. Professor Levi übergab den Schlüssel des Gebäudes dem Vorstand
der israelitischen Gemeinde, Julius Mayer, dieser überreichte ihn dem Geheimen
Regierungsrat Haape, der die Glückwünsche des Großherzogs aussprach und die
Pforten öffnen ließ. Bei der darauf folgenden religiösen Feier hielt
Bezirksrabbiner Dr. Mayer die Festpredigt, die allerseits einen erhebenden
Eindruck hervorgerufen hat. Mit einem Weihelied wurde die Feier beendet. Abends
war in der städtischen Turn- und Festhalle ein gemeinsames Mahl. Hier
begrüßte Rechtsanwalt Dr. Herrmann die Anwesenden und brachte ein Hoch auf
sämtliche anwesenden Gäste aus. Kaufmann Julius Mayer, der Vorstand der
hiesigen israelitischen Gemeinde, sprach Herrn Professor Levi seinen Dank für
den schönen Bau aus, dankte den städtischen und Staatsbehörden für ihr
Wohlwollen und gedachte ganz besonders der Güte, mit der der Großherzog die
Bestrebungen der israelitischen Gemeinde unterstützt hat. Sein Hoch galt dem
Großherzog, der Frau Großherzogin und dem gesamten großherzoglichen Hause.
Weitere Trinksprüche wurden ausgebracht von den Herren Homburger-Karlsruhe,
Mitglied des Oberrats der Israeliten, Dr. Levin-Freiburg, Ettlinger-Mannheim,
Bezirksrabbiner Dr. Mayer-Bühl u.a. An den Großherzog wurde ein
Huldigungstelegramm gesandt. Ein Tanzvergnügen bildete den Schluss der schönen
Feier. Möge das neue Gotteshaus der israelitischen Gemeinde Glück und Segen
bringen." |
Trotz der im Blick auf den Baustil der Synagoge
offenkundigen Assimilation der Gemeinde wurde der Gottesdienst nach orthodoxem
Ritus gefeiert. Mit Rücksicht auf strenggläubige Kurgäste verzichtete man auf
Instrumentalmusik (Orgel, Harmonium) und Frauengesang in der Synagoge. Lediglich
für die Hohen Feiertage studierte der Kantor gelegentlich einen Jungenchor ein.
Selbstverständlich saßen die Frauen nach der Tradition auf den Frauenemporen,
die über die beiden Treppentürme am Eingang des Gotteshauses erreichbar waren.
Neben der Synagoge befand sich das jüdische Gemeindehaus. Auch von
auswärtigen Kurgästen wurde manches für die Synagoge gestiftet, wo von Max
Jonas Meyer berichtet wird, der dafür zum Ehrenmitglied der jüdischen Gemeinde
in Baden-Baden ernannt wurde:
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 16. April 1931: "Regensburg, 14. April. Vor Jahresfrist wurde in Darmstadt ein Mann zu Grabe getragen, dessen Verdienste in diesen Zeilen eine kurze Würdigung erfahren sollen:
Max Jonas Mayer ließ in der Synagoge der Gemeinde Alsbach (Hessen), seiner frommen Gesinnung gemäß, an der Frauenschule ein Gitter anbringen und stiftete dazu noch ein prächtiges
Parochet (Vorhang vor dem Toraschrein). In Baden-Baden, wo er des öfteren zur
Erholung weilte, schenkte er dem dortigen Gotteshause mehrere wertvolle Kultusgegenstände. Beide Gemeinden ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitglied..."
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Die Ausschreitungen beim Pogrom am 10. November 1938 gestalteten sich in
Baden-Baden in besonders brutaler Weise. Das Pogrom wurde hier wesentlich von
der örtlichen SS durchgeführt. Am Morgen des 10. November wurde bereits um 3
Uhr morgens die Synagoge "nach Waffen durchgesucht". Um 8 Uhr raubte
die Gestapo die Kultgegenstände; dann wurden etwa 80 jüdische Männer
verhaftet und zur Polizei in der Gernsbacher Strasse gebracht. Sie erhielten den
Befehl, sich zu einem Zug durch die Innenstadt zu formieren. Nach einem zweistündigen
Marsch, begleitet von SS-Leuten, erreichte der Zug gegen 12 Uhr die Synagoge, wo
sich eine große Menschenmenge versammelt hatte. Viele der Männer wurden vor
dem Betreten der Synagoge misshandelt, angespuckt und geschlagen. In der
Synagoge mussten sich die Männer Schmähreden von SS-Führern anhören. Der jüdische
Lehrer Arthur Flehinger wurde gezwungen, aus Hitlers "Mein Kampf"
vorzulesen. Man verlangte von den jüdischen Männern, das
"Horst-Wessel-Lied" einzuüben und sich ohne Kopfbedeckung in der
Synagoge aufzuhalten. Sie wurden gezwungen, Freiübungen zu machen und anschließend
ihre Notdurft auf dem Hof der Synagoge zu verrichten. Um 14 Uhr führte man die
Männer aus der Synagoge in das nahe gelegene jüdische Hotel Central (Stephanienstrasse
2). Kurz nachdem die Juden die Synagoge verlassen haben, wurde von SS-Leuten und
möglicherweise auch von Mitgliedern der Gestapo mit Benzin Feuer in der
Synagoge gelegt. Ein Teil der Kultgegenstände war schon am Vormittag aus der
Synagoge getragen und bei der Dienststelle der Gestapo deponiert worden. Die
Synagoge brannte völlig aus. In den folgenden Wochen wurde sie abgebrochen. Die
Kosten für den Abbruch (ca. 9.000 RM) musste die Israelitische Gemeinde
bezahlen. Dieser Betrag wurde schließlich mit dem Verkauf des Grundstücks, bei
dem 1.000 RM erzielt wurden, verrechnet.
Das Grundstück der Synagoge blieb nach 1945 unbebaut und wurde als Parkanlage,
später als Parkplatz verwendet. Ein
Ged enkstein für die Synagoge befindet sich im jüdischen
Friedhof im Stadtteil Lichtental. Auch am ehemaligen Synagogenplatz wurde
vor wenigen Jahren ein Gedenkstein aufgestellt.
Fotos / Pläne
Historische Fotos / Pläne:
Anmerkung: Die Ereignisse am 10. November 1938 in Baden-Baden haben durch die vorhandenen
Bilddokumente eine größere "Popularität" erhalten als die
Ereignisse in anderen Städten. Die Fotos wurden bislang in zahlreichen
Publikationen veröffentlicht. Originale der Fotos (insbesondere Zug der
jüdischen Männer durch Baden-Baden), von denen unten nur ein Teil aufgenommen wurden, befinden sich in den Stadtgeschichtlichen Sammlungen
Baden-Baden, vgl. Schindler s. Lit.).
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Entwurf des Architekten Ludwig Levy
für die Synagoge in Baden-Baden:
Frontansicht |
Dass.: Seitenansicht (Quelle:
Schindler s. Lit. S. 40-41;
Bauamt Stadt
Baden-Baden) |
Die Synagoge Baden-Baden
(Quelle: Hundsnurscher/Taddey
s. Lit. Abb. 9) |
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Postkarten mit der Synagoge
Baden-Baden
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(in hoher Auflösung
eingestellt,
Quelle: Sammlung Hahn) |
(Oben Karte
wie links, nicht koloriert, gelaufen 1912; Quelle für beide Karten oben:
William L. Gross, Tel. Aviv, Israel;
erhalten über www.synagogen.info) |
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Oben (farbig)
und unten (ähnliche Perspektive schwarz-weiß):
Blick über
Baden-Baden mit der Synagoge im Vordergrund (siehe Ausschnitt)
auf einer
1926 geschriebenen Ansichtskarte (Quelle: Sammlung Hahn)
Rechts: Artikel aus dem Badischen Tagblatt Nr. 51 vom 2. März 2006
über das
Aquarell des Buchbinders Paul Mohr (1892-1950) aus dem Jahr
1933. Das Foto
befindet sich seit 2006 im Stadtmuseum Baden-Baden. |
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Die Ereignisse am
10. November 1938
in Baden-Baden |
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Gymnasialprofessor Flehinger muss in
der Synagoge Abschnitte aus Hitlers
"Mein Kampf" vorlesen |
Zug der jüdischen Männer
durch Baden-Baden |
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Zug der jüdischen Männer
durch Baden-Baden |
Brand der Synagoge - Außen- und Innenaufnahme |
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Kolorierte Darstellung
(Quelle) |
Briefmarke der deutschen Bundespost
1988 mit der brennenden Synagoge
Baden-Baden |
Gedenkbrief Jad Vashem zum
Gedenken an die Pogromnacht 1938 |
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Fotos nach 1945/Gegenwart:
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Dezember 2014:
Ausstellung über "Stolpersteine" im
Stadtmuseum |
Artikel in Baden TV vom 31. Dezember 2014:
"Stolperstein-Ausstellung im Stadtmuseum verlängert
Baden-Baden (pm) Gedenken und Erinnern liegt den Menschen am Herzen – das beweist die momentane Sonderschau zu den Stolpersteinen Baden-Badens, die auf großes Interesse bei Jung und Alt stößt. Deshalb hat sich das Stadtmuseum entschlossen, die Sonderausstellung
'Weil eine Zahl keinen Namen hat. Ein Stein. Ein Mensch. Eine Stimme – Stolpersteine in
Baden-Baden' bis 12. April 2015 zu verlängern.
Die Ausstellung erzählt von 18 Menschen, die Nachbarn waren und das Leben der Stadt prägten, bevor sie Opfer eines Willkürstaates wurden. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg und SWR2 gibt die Ausstellung den Verfolgten des NS-Regimes aus Baden-Baden eine Stimme. Neben ganz persönlichen Gegenständen, die den Verfolgten am Herzen lagen oder eine zentrale Erfahrung ihres Lebens dokumentieren, wird die Schau durch kurze Hörproben, durch
'Stolpersteine zum Hören', ergänzt.
Es ist eine Ausstellung zum Mitmachen: Besucher des Stadtmuseums sind eingeladen, sich mit eigenen Beiträgen an dem gemeinsamen Erinnerungsbuch
'Unerzählte Geschichten' zu beteiligen und ihre Gedanken an die Jahre zwischen 1933 und 1945 oder die der Groß- und Urgroßeltern zu notieren. Außerdem sind sie aufgerufen, eine Pinnwand innerhalb der Ausstellung mitzugestalten:
'Mit welchen Augen sah Ihre Familie Baden-Baden zwischen 1933 und 1945?"
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Juni 2019:
Rabbiner Surovtsev schreibt einen
Stadtführer zur jüdischen Geschichte der Stadt |
Artikel von Michael Rudolphi in den
"Badischen Neuesten Nachrichten" vom 7. Juni 2019: "Rabbiner schreibt
Stadtführer. Jüdische Geschichte ist in Baden-Baden präsent
Daniel Naftoli Surovtsev ist ein weltoffener Mann. Von Abkapselung oder gar
Abschottung hält der Rabbiner gar nichts. Das beherzigt er auch in seiner
Arbeit für die Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Baden-Baden, die er seit
gut zweieinhalb Jahren betreut. Surovtsev versucht, die etwa 700 Mitglieder
umfassende Jüdische Gemeinde Zug um Zug zu öffnen und in die Öffentlichkeit
der Bäderstadt zu integrieren.
Offenheit ist ein wichtiges Anliegen. Ob Spielgruppe für Kinder,
Teilnahme an der Interkulturellen Woche oder Feiern wie das Laubhüttenfest –
für den jungen Rabbiner haben die jüdische Kultur und Tradition einen festen
Platz im städtischen Leben. Dazu gehört für Surovtsev ebenso, die jüdische
Vergangenheit der Bäderstadt wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Seine
frisch publizierte Broschüre soll dazu beitragen: 'Jüdische Spuren in
Baden-Baden. Der besondere Stadtführer' hat der Rabbiner das Heft betitelt,
mit dem er in die Geschichte eintaucht.
Amerikanischer Student ist ein Ideengeber. 'Ein amerikanischer
Student hat mich auf die Idee gebracht', verrät Surovtsev im BNN-Gespräch.
Der junge Mann sei bei ihm zu Gast gewesen und habe erzählt, dass er an
einer Dissertation über die Historie jüdischer Hoteliers und Gastronomen
arbeite. Ein weiterer Zufall hat Surovtsevs Idee befeuert: Im Bestand der
Synagogen-Bibliothek hat er ein altes Gebetsbuch entdeckt, in dem sich der
Stempel eines Baden-Badener Hotels befindet, das Anfang des 20. Jahrhunderts
damit für die koscheren Mahlzeiten auf der Speisekarte warb.
Der Rabbiner wird in Archiven fündig. Mit seiner Broschüre wollte
Surovtsev zudem einen Beitrag zum zehnjährigen Bestehen des Rabbinerseminars
zu Berlin leisten, an dem er seine Ausbildung absolviert hat. Der Rabbiner
fing an zu recherchieren und wurde schnell fündig. In Archiven und Büchern
wie etwa Angelika Schindlers 'Der verbrannte Traum' gibt es zahlreiche
Hinweise auf ein früher reiches jüdischen Leben in Baden-Baden.
Die Broschüre listet 15 Stationen auf, die in einem Stadtplan markiert sind
und Zeugnis geben von der jüdischen Vergangenheit.
Hotels boten koschere Mahlzeiten an. Surovtsev weist darauf hin, dass
in der Stadt nicht nur viele jüdische Bürger gelebt haben, sondern das
Oostal auch eine beliebte Destination für jüdische Gäste aus aller Welt war.
Demnach zählte Baden-Baden seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu den drei
europäischen Top-Zielen dieser Reisegäste – unter anderem weil mehrere
Hotels und Restaurants auf jüdische Besucher spezialisiert waren und
koschere Mahlzeiten anboten.
Die zerstörte Synagoge steht im Fokus. Dreh- und Angelpunkt des
'besonderen Stadtführers' ist die ehemalige Synagoge, die die Jüdische
Gemeinde 1899 in der Stephanienstraße 5 errichtet hat. SS-Leute brannten das
Gotteshaus in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nieder. Heute
erinnert ein Gedenkstein an die zerstörte Synagoge.
Prominente jüdische Hotels waren beispielsweise das 'Central',
Stephanienstraße 1, und das 'Tannhäuser' am Sonnenplatz. Sie galten als die
traditionsreichsten und renommiertesten jüdischen Hotels in der Stadt.
Jüdische Bürger bereicherten zudem das wirtschaftliche Leben der Stadt.
Leseinstitut prägte das kulturelle Leben. In der Sophienstraße
führten sie einige Geschäfte. Die heutige alte Hof-Apotheke in der Lange
Straße gehörte früher Julius Wohl, Mitglied der Jüdischen Gemeinde, und das
Gebäude des heutigen Modehauses Wagener beherbergte früher das Kaufhaus
Lipsky. Eine wichtige Rolle im jüdischen Kulturlebens spielte das
Leseinstitut, das Dawid Rafael Marx im Konversationshaus (heute Kurhaus)
etabliert hatte: Es war ein beliebter Treffpunkt des intellektuellen
Publikums.
Die Broschüre 'Jüdische Spuren in Baden-Baden. Der besondere
Stadtführer' von Rabbiner Daniel Naftoli Surovtsev ist in einer Auflage von
300 Stück erschienen. Das Heft ist bei der Israelitischen Kultusgemeinde
Baden-Baden, Sophienstraße 2, erhältlich. Bis jetzt liegt er noch nicht an
öffentlichen Stellen aus.
Auf Wunsch bietet der Rabbiner Führungen zu den Stationen seines
Stadtführers an. Kontakt per E-Mail:
rabbiner@ikg-bad-bad.de".
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Februar 2020:
Zur Diskussion um eine künftige
Synagoge und die Erinnerungskultur in der Stadt |
Leserbrief von Gertrud Mayer in goodnews4.de
vom 3. Februar 2020, in dem es unter anderem heißt: "...In der Werderstr. 24
war das Israelische Erholungsheim für Frauen und Mädchen. Das leitende
Ehepaar Lina geb. Katz und Ludwig Geismar wurden abgeholt und umgebracht.
Die Familie Fried: Hans und Johanna, Anna und Emil, Frieda und Sigmund,
Marianne, Dr. Eugen und Clara Baer wurden als Juden erst enteignet, dann
nach Gurs in Frankreich deportiert. Hans Fried wurde nach Auschwitz gebracht
und ermordet. Ihre Wohnung war die Villa Roosevelt, Kaiser-Wilhelm-Str. 1,
seit Beginn der 1940er Jahre Hauptquartier der Baden-Badener Gestapo. Da
gibt es hier und heute eine besondere Nachbarschaft, quasi einen Sprung auf
die andere Straßenseite zur Werderstr. 2: den Platz der jüdischen Synagoge
als Notbehelf, vermietet von der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Württemberg.
Die Synagoge soll einen neuen, würdigen Standort bekommen – an der
Fürstenbergallee. Diese Idee ist an Geschmacklosigkeit und seelischer Kälte
nicht mehr zu überbieten. Die Baden-Badener Juden führte der Transportweg
nach Dachau durch diese Straße. Wo gehört nun die neue, wiedererbaute
Synagoge hin? Auf ihren angestammten Platz in der Stephanienstr. 5! Dort
stand sie, bevor sie niedergebrannt wurde, auch von der SS in Zivil. Die
Verlegerfamilie Hambruch-Ertl-Piesker-Richters beharrt bisher auf dem Besitz
des Grundstückes, dessen Erwerb rechtlich dubios ist und schändlich als
Parkplatz für die Zeitungsmitarbeiter genutzt wird..."
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März 2020:
Zehnte Verlegung von
"Stolpersteinen" in Baden-Baden |
Artikel in Badenonline vom 26. Februar 2020:
"Gunter Demnig kommt mit Stolpersteinen nach Baden-Baden.
In diesem Fall tut es mal gut, wenn einem Steine in den Weg gestellt werden.
Künstler Gunter Demnig kommt am 4. März zum zehnten Mal zu einer Verlegung
von „Stolpersteinen“ nach Baden-Baden. In Deutschland und vielen anderen
Ländern Europas erinnern seit den 1990er Jahren sogenannte Stolpersteine an
die Opfer der Nazidiktatur. Inzwischen hat Demnig über 75.000 dieser kleinen
Mahnmale verlegt..."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 37ff. |
| Oskar Stiefvater: Geschichte und Schicksal der Juden im Landkreis
Rastatt, in: Um Rhein und Murg 5 (1965) S. 42-83. |
| Gerhard L. Durlacher: Ertrinken. Eine Kindheit im Dritten Reich.
Europäische Verlagsanstalt. Hamburg. 1993. (Der Autor wuchs als Kind
jüdischer Eltern in Baden-Baden auf. 1937 ging die Familie nach Holland...
Der Verfasser erhielt den Anne-Frank-Preis und den holländischen
AKO-Literaturpreis). Buchbesprechung |
| Angelika Schindler: Der verbrannte Traum. Jüdische Bürger und Gäste in
Baden-Baden. Bühl 1992. (mit weiteren Literaturangaben). |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 254-258. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Günther
Mohr: "Neben, mit Undt bey Catholischen*. Jüdische Lebenswelten
in der Markgrafschaft Baden-Baden 1648-1771. Böhlau-Verlag Köln u.a. 2011.
248 Seiten. ISBN 13: 978-3412207397. Website
des Verlags mit Informationsseite
zur Publikation
Die Studie widmet sich den Lebensmöglichkeiten von Juden und Jüdinnen in der katholisch geprägten Markgrafschaft Baden-Baden und damit Fragen der ländlichen Gesellschaft und Kultur in Südwestdeutschland. Es entsteht ein neues Bild des Landjudentums in seinen vielfältigen Kontakten zur christlichen Nachbarschaft und mit einem überraschenden Selbstbewusstsein. Das Buch analysiert u.a. die Aufnahme der Juden in den Schutz, die wirtschaftlichen Aktivitäten von Juden und Christen, ihr spannungsreiches Verhältnis zueinander, innerjüdische Verhältnisse sowie Fragen der jüdischen Religion. Dabei stehen immer die wechselvollen Schicksale einzelner Protagonisten im Vordergrund. |
| Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012.
Zum Betsaal und zur Synagoge in Baden-Baden S. 175-192. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Baden-Baden Baden. Jews were already
visiting the local mineral springs in the 17th century, but permanent residence
was only permitted in 1862 after the emancipation of Baden Jews. The community
grew rapidly to 156 in 1895 and 435 in 1925 (total 25,692). A splendid synagogue
in the Romanesque style was completed in 1898 and a cemetery was consecrated in
1921. The national convention of Agadat Israel was held in Baden-Baden in 1921
and most of the Jewish organizations in Germany had offices there. Antisemitism
intensified after Worldwar I, often driving away Jewish vacationers and reducing
the Jewish population to 260 in 1933. In 1937 health facilities and public parks
were closed to the Jews. The Zionist Organization engaged in widespread activity
throughout this period. Sixty-five Jews left Baden-Baden between 1933-38,
including 27 to Western Europe. On Kristallnacht (9-10 November 1938),
around 80 Jewish men were brought to the synagogue and one was forced to read
from Mein Kampf. Most were then sent to the Dachau concentration camp
after being beaten. The synagogue was burned and Jewish stores and homes were
pillaged. In all, 154 Jews left the city by 1942. Of these, 46 were later
trapped and deported, as were the 114 sent to the Gurs concentration camp in
southern France directly from the city on 22 October 1940.
The community was reestablished after the war and numbered 53 in 1976.
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