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Zu den Synagogen im
Kreis "Südliche Weinstraße" und Stadtkreis Landau
Essingen/Pfalz (VG
Offenbach an der Queich, Kreis Südliche Weinstraße)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Essingen bestand eine jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1548
werden vier jüdische Haushaltungen am Ort genannt: Mosse, Jacob, Osswalt und
Israel von Essingen. Sie erhielten Schutzbriefe von Kurfürst Friedrich II.
(Kurfürst der Pfalz von 1544-1556). Zwei Jahre später (1550) werden Mosse, Israel,
Osswalt und Salomon von Essingen aufgeführt.
Im 18. Jahrhundert nimmt die Zahl der jüdischen Einwohner weiter zu:
1718 44 jüdische Einwohner, 1760 70 und 1771 und 1781 je 80.
Im 19.
Jahrhundert gehörte die Gemeinde zeitweise zu den größten jüdischen
Gemeinden der Pfalz, als etwa 20 % der Ortsbevölkerung der jüdischen Gemeinde
angehörte. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen
Einwohner jedoch durch Aus- und Abwanderung stark zurück (vgl. zur Auswanderung
die Fotos der Grabsteine aus New Orleans unten). Es wurden bei den einzelnen Volkszählungen
gezählt: 1808 156 jüdische Einwohner (14,0 % der Gesamteinwohnerschaft), 1815
182 (in 38 Haushaltungen, siehe Aufstellung nachstehend), 1825
254 (18,7 %), 1836 323, 1847 342, 1875 217, 1900 82. Die Mehrheit der jüdischen
Familien lebten überwiegend in einfachen bis ärmlichen
Verhältnissen.
1815 werden die folgenden 38 jüdischen Haushaltsvorstände mit Beruf und
bereits festen Familiennamen genannt: Simon Oppenheimer (Viehhändler), Joseph
Oppenheimer (Viehhändler), Marx Oppenheimer (Kaufmann), Lazarus Oppenheimer
(Kaufmann), Aaron Weiss (Kleiderhändler), Heinrich Weiss (Kleiderhändler),
Isaak Weiss (Gewürzhändler), Jakob Weiss (Kaufmann), Victor Weiss (Kaufmann),
Abraham Braun (Alteisenhändler), Aaron Braun (Alteisenhändler), Abraham Scharf
(Kaufmann), Emanuel Scharf (Alteisenhändler), Joseph Scharf (Gewürzhändler),
Lazarus Scharf (Kaufmann), Nikolaus Scharf (Kaufmann), David Wolf sen.
(Alteisenhändler), David Wolf (Alteisenhändler), David Wolf jun. (Alteisenhändler),
Samuel Wolf (Alteisenhändler), Michael Wolf (Kleiderhändler), Emanuel Kern
(Metzger), Lazarus Kern (Metzger); Michael Rauh (Kaufmann), Ludwig Rauh
(Kaufmann), Joseph Engel (Metzger), Karl Engel (Arbeitsloser), Lazarus Adler (Gewürzhändler),
Samuel Defiebre (Metzger), Elias Apfel (Alteisenhändler), Jakob Klein
(Alteisenhändler), Marx Dankheiser (Alteisenhändler), Heinrich Hirsch
(Kaufmann), Simson Steiner (Kaufmann), Salomon Schwarz (Bierwirt), Jakob Majer
(Kaufmann).
Von jüdischen Gewerbetreibenden wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
mehrere Kaufläden und
offene Handlungen am Ort eröffnet.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule (im
Schulhaus mit Lehrerwohnung), ein
rituelles Bad (im Schulhaus) und einen Friedhof
(Verbandsfriedhof). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten
Ausschreibung der Stelle von 1868). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Landau.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 18 Personen gehörten (in fünf Familien, 1,2
% von insgesamt etwa 1.500 Einwohnern), war Gemeindevorsteher Berthold Levy.
Auch 1932 war die Gemeinde, obwohl es nur noch 10 jüdische Einwohner gab, noch
eine selbständige Gemeinde; Gemeindevorsteher war inzwischen Bernhard Weiß.
Als Kantor war Jakob Wolff tätig.
1933 lebten noch zehn jüdische Personen (in vier Familien) am Ort. In
den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. 1938 lebten noch fünf
jüdische Personen am Ort. Die beiden letzten (Jenny und Berthold Levi, Inhaber
eines Manufakturwarengeschäftes) wurden im Oktober 1940 in das KZ Gurs in
Südfrankreich deportiert.
Von den in Essingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ludwig Dannheisser
(1868), Laura Dreyfuss geb. Braun (1876), Costine Heymann geb. Kern (1867),
Emanuel Kern (1867), Berta Levi geb. Dannheisser (1873), Berthold Levy (1871),
Jacob (Jakob) Levy (1864), Frieda Löb geb. Wolf (1868), Melanie Rauh geb. Levy
(1882), Seline (Selinde) Rauh (1884, vgl. Kennkarte unten), Max (Marcus) Reinach (1878), Frieda Rhein
geb. Kahn (1880), Hilde Teutsch geb. Rauh (1875), Melanie Villard geb. Wolff
(1875), Lina Wolff (1861).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1868
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1868: "Wiederbesetzung
der israelitischen Schullehrerstelle zu Essingen, königliches Bezirksamts
Landau in der bayerischen Pfalz betr.
Durch Pensionierung des bisherigen israelitischen Lehrers Joseph
Weinländer dahier ist dessen Stelle, mit der auch jene eines Vorsängers
und Schächters verbunden ist, erledigt und soll alsbald wieder besetzt
werden.
Der Gehalt als Lehrer und Vorsänger besteht in folgen
Bezügen:
1) aus der politischen Gemeindekasse bar 250 fl. - kr.
2) aus der israelitischen Kultuskasse bar 75.- fl. - kr.
3) Anschlag der Wohnung mit Garten 14 fl. 24 kr.
4) Entschädigung für Kasualien aus der Kultuskasse als Vorsänger
75.- fl. - kr.
zusammen 414 fl. 24 kr.
Außerdem hat der Lehrer noch folgende Nebenverdienste:
1) Schächtergebühren circa 100 fl. - kr.
2) für religiöse Vorträge an Festtagen beim Wohltätigkeitsverein
circa 15.- fl. - kr.
Summa 529 fl. 24 kr.
Ferner erhält der Lehrer für Beheizung des Schullokals aus der
politischen Gemeindekasse jährlich 40 fl.
Bewerber um diese Stelle, die jedoch die Note 'sehr gut' haben müssen,
wollen ihre desfallsigen Gesuche, mit den nötigen Zeugnissen versehen,
innerhalb 6 Wochen von heute an beim unterfertigten Amte einreichen, wobei
zugleich bemerkt wird, dass wegen Versehung der Vorsängerstelle sich die
betreffenden Bewerber zur Ablegung einer Probe bei dem israelitischen
Kultusvorstande persönlich zu sistieren haben.
Essingen, den 23. Mai 1868. Das Bürgermeisteramt: Schmickanth." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für eine in Not geratene Familie
(1885)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1885: "Bittgesuch.
Die unterzeichneten Bürger der Essinger israelitischen Kultusgemeinde
erheischen es sowohl als Pflicht, als auch weil es die größte
Notwendigkeit erfordert, die Notlage und das tiefe Elend zu schildern, in
der sich eine hiesige israelitische Familie befindet, um bei edeldenkenden
Menschenfreunden Mitgefühl, Mitleid und Teilnahme zu erwecken, damit,
wenn auch nur durch kleine Gaben, wenigsten für den herannahenden Winter
geholfen würde.
Verwirklichen Sie sich einen kranken, mit bösem Übel behafteten, armen
Mann, der seiner Familie nicht vorzustehen vermag, die Frau
unzurechnungsfähig, ein Mädchen blödsinnig und eine arme, kleine
Kinderschar, und sie werden gewiss nicht ermangeln, Ihr kleines Scherflein
beizutragen. Die Essinger israelitische Kultusgemeinde, die seit Jahren
sehr in Abnahme und die wohlhabenden Klassen bereits weggezogen, haben
schon so viele Opfer für dieselbe gebracht und wird deshalb diese Bitte
nicht leer verhallen. den Lohn finden sie in der Tat selbst. Essingen
bei Landau, im August 1885.
Jos. Rauh, vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Essingen. Auch
wir sind gern bereit, Gaben entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Die
Expedition des 'Israelit'." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod des aus Essingen stammenden Rabbiners Immanuel Adler (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1911: "Rabbi
Immanuel Adler – das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen –
Kitzingen, 23. März (1911). Eine Trauerbotschaft durcheilte am Sonntag,
den 19. März, unser sonst so ruhiges Städtchen. Unser innigstgeliebter,
allverehrter Distriktsrabbiner, Herr Immanuel Adler, ist nicht mehr.
Geboren am 29. März 1840 in Essingen
(Pfalz), wurde bereits in seinen
jungen Jahren von seinem Vater, dem späteren Distriktsrabbiner J.G. Adler
– das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – in Burgpreppach, der
Grund zu seinem reichen Torawissen gelegt, welches er später zu Füßen
des hoch gelehrten und weit bekannten Herren Rabbinern Rabbi Adler –
Aschaffenburg und Rabbi Seligmann B. Bamberger – das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen – in Würzburg bereicherte und vervollkommnete;
von letzterem erhielt er auch seine Hattara Horaah. Nachdem er vier Jahre als
Elementarlehrer und Prediger in Schembeck und Siegburg (Rheinpreußen)
sowie zwei Jahre als Institutslehrer in Miltenberg und
Mainstockheim
tätig gewesen, führte er die fromme und gottesfürchtige Tochter seines
Lehrers Rabbi Seligmann Bär Bamberger - das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen – als seine Gattin heim, mit welcher er 45 Jahre in denkbar
glücklichster Ehe lebte. Im Sommer 1868 zum Rabbiner in Mainbernheim als
Nachfolger des seligen Rabbi Loeb Thalheimer gewählt, trat er diese
Stelle am 1. September 1868 an und verlegte, als die israelitische
Gemeinde Mainbernheim
kleiner wurde, während die neu gegründete
Kultusgemeinde Kitzingen mehr und mehr sich vergrößerte. Am 1. August
1871 seinen Wohnsitz mit Genehmigung der hohen Königlichen Regierung nach
letzter Stadt. Hier eröffnete sich nun für ihn ein Feld reicher
Tätigkeit..."
Siehe den weiter
ausgeschriebenen Text auf einer Seite zu Kitzingen |
Goldene Hochzeit von David Dannheisser und seiner
Frau geb. Bärmann (1912)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Gemeindeblatt" vom 28. Juni 1912:
"Essingen (Pfalz). David Dannheisser und Frau geb. Bärmann
feierten die goldene Hochzeit." |
Sonstiges
Abschaffung des "Judeneids" in der Rheinpfalz
auf Grund einer Streitsache gegen Isaak Weiß III von Essingen
(1863)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15.
Dezember 1863: "München, 30. November (1863). Eine der
Streitfragen, welche die Juristen der Rheinpfalz schon seit Jahren
beschäftigen, ist: ob ein Israelite angehalten werden könne, einen
Entscheidungseid more judaica, d.h. entweder in der Synagoge oder
in der Sitzung des Gerichtshofes in die Hände des Rabbiners unter
Beobachtung gewisser religiöser Förmlichkeiten zu schwören oder nicht.
In Frankreich, wo diese Kontroverse ebenfalls lange Zeit bestand, wurde
dieselbe durch Erkenntnis des obersten Gerichtshofes vom 3. März 1846
beendigt, indem derselbe sich gegen die besonderen Förmlichkeiten des
Judeneides als in Widerspruch mit dem Prinzip der Gleichheit vor dem
Gesetze stehend und nicht zum Wesen des Eides gehörig aussprach, in der
bayerischen Pfalz jedoch entschied das Appellationsgericht in einem Erkenntnis
vom 29. März 1859 für die Zulässigkeit des sogenannten Judeneides. Eine
Streitsache Lambert, Ölmüller in Dahn, gegen Isaak Weiß III. in Essingen
wird nunmehr diese Streifrage auch für die bayerische Rheinplatz zur
Entscheidung bringen. In diesem Prozess erkannte nämlich das
Bezirksgericht zu Landau in seiner Eigenschaft als Handelsgericht unterm
14. Mai 1862, dass Isaak Weiß III. den ihm auferlegten Entscheidungseid
nicht more judaico abzulegen habe; hiergegen wurde Berufung
ergriffen und die Sache kam heute beim Cassationshofe der Pfalz dahier zur
Verhandlung. Sowohl der Vertreter des Cassationsklägers, Herr Anwalt
Böcking, als der Vertreter des Cassationsbeklagten, Herr Anwalt Kuhn,
hatten sehr gründliche und von großer Gelehrsamkeit zeigende
Denkschriften eingereicht; Herr General-Staatsprokurator von Pixis sprach
sich für Aufrechthaltung des Urteils des Bezirksgerichtes von Landau aus,
indem er der Ansicht ist, dass der Eid more judaica in den
bestehenden in der Pfalz geltenden Gesetzen nicht begründet sei, dem
Grundsatze der Gleichheit aller vor dem Gesetze widerspreche und dass
dessen Förmlichkeiten nicht zum Wesen des Eides gehören. Das Erkenntnis
wird erst heute über acht Tage verkündet werden. Wir werden auf die
ausgezeichnete und höchst interessante Ausführung des Herr
General-Staatsprokurators zurückkommen und auch das Erkenntnis seinerzeit
mitteilen." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22.
Dezember 1863: "München, 7. Dezember (1863). Der Eid more
judaico ist in der Pfalz auf immer gefallen. In der heutigen
Sitzung des Cassationshofes der Pfalz wurde das Urteil in Sachen B.
Lambert, Ölmüller in Dahn, gegen J. Weiß, Handelsmann in Essingen,
verkündet und der Rekurs des ersteren gegen das Erkenntnis des Bezirksgerichts
Landau in seiner Eigenschaft als Handelsgericht, in welchem die
Ausschwörung eines Eides unter den besonderen Förmlichkeiten des
sogenannten Judeneides als unzulässig anerkannt wurde, als nicht
begründet zurückgewiesen. Das Urteil lautet im wesentlichen wie folgt:
'Es kann zwar durchaus nicht in Zweifel gezogen werden, dass der Eid nicht
bloß als prozessualisches Beweismittel in Betracht kommt, sondern auch
die Natur eines religiösen Aktes an sich trägt, indem der Schwörende
bei der Eidesleistung Gott zum Zeugen der Wahrheit und zum Rächer der
Falschheit anruft, allein die wahre und innere Garantie gegen Meineid
wurzelt nur in dem Gewissen des Menschen und darf nicht in äußerlichen
Zeremonien gesucht werden, welche dem Eide kein größeres Gewicht zu
verleihen vermögen, während die äußere Gewährschaft gegen die
Falschheit eines Eidschwures in den Strafandrohungen gegen Meineid und
falsches Zeugnis von Seiten des Staates eine wirksame Stütze findet. Was
die Form des Parteien-Eides anlangt, so sind in der Pfalz lediglich die
Bestimmungen der Zivilprozessordnung maßgebend, welche in ihrem Art.
121 vorschreiben |
dass
außer dem Falle rechtmäßiger und gehörige erwiesener Verhinderung der
Eid von der Partei in Person und in der öffentlichen Gerichtssitzung
geleistet werden solle; eine Stellvertretung ist unzulässig und nur eine
Ausnahme in Bezug auf den Ort der Eidesleistung gestattet und es besteht
die spezielle Eidesformel nach einem längst hergebrachten und nie
beanstandeten Gebrauch in den Worten 'ich schwöre', welche unter
Aufhebung der Hand ausgesprochen werden. Mit ganz ähnlichen, einfach
Formen hat sich auch der Gesetzgeber bei anderen gesetzlich
vorgeschriebenen Eiden begnügt, wie dies beim Geschworenen-Eide, beim
Eide der Zeugen in Strafsachen und überhaupt bei allen gerichtlichen und
politischen Eiden der Fall ist. Dieses Fernhalten aller zeremoniellen
Zutaten bei der Ablegung eines Eidschwures ist aber in dem Geiste und dem
Systeme der französischen Gesetzgebung unleugbar begründet, indem
dieselbe das Rechtsgebiet des Staates von dem kirchlichen grundsätzlich
getrennt hat, und es lag auch für den Gesetzgeber eine Veranlassung in
Ansehung der in den bezüglichen Gesetzen allgemein vorgeschriebenen
Eidesformel umso weniger vor, eine Ausnahme eintreten zu lassen, als nach
den Zeugnissen einer bedeutenden Anzahl der hervorragendsten
israelitischen Religionslehrer zur vollen Gültigkeit eines von einem
Israeliten geleisteten Eides keine besonderen Förmlichkeiten nötig sind,
vielmehr die Anrufung Gottes zur Bekräftigung der Wahrheit für durchaus
wirksam und genügend erachtet wird. Jede andere Form der Eidesablage, als
die durch Art. 121 der Prozessordnung vorgeschriebene, ist daher nach dem
Grundsatze der Gleichheit vor dem Gesetze unstatthaft. In Bezug auf den
von dem Cassationskläger subsidiär geltend gemachten Gesichtspunkt,
dass, wenn auch zugegeben werden wolle, dass gemäß des Art. 121 der Eid
nur in der Audienz des Gerichtes und nicht in der Synagoge ausgeschworen
werden dürfe, immerhin die Verwarnung durch den Rabbiner und die Ablage
des Eides auf die Tora aufrecht erhalten bleibe, ist dagegen zu bemerken,
dass das Gesetze keine Eidesverschärfung kennt, seine Vorschriften für
alle Bürger gleich bleiben und eine Anwendung anderer als gerichtlicher
Normen auf die Eidesleistung der Juden eine evidente Verletzung der durch
die Verfassungsurkunde gewährleisteten Gleichheit der Gesetze und vor dem
Gesetze, sowie des Gesetzes vom 27. September 1791 involvieren würde.
Nach diesen Erörterungen hat das Bezirksgericht von Landau, indem es den
Antrag auf Ausschwörung des dem Beklagten zugeschobenen Eides in der
Synagoge und unter größeren Zeremonien und Feierlichkeiten verwarf, kein
Gesetz verletzt, vielmehr eine richtige Anwendung der einschlägigen
gesetzliche Bestimmungen bestätigt, weshalb der erhobene Rekurs verworfen
werden musste." |
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabsteine für Emanuel Scharff (1831-1888) und Solomon Bloom aus Essingen
(-1889) in New Orleans
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht
Emanuel Scharff.
Born at Essingen, Rhenish. Bavaria. Nov. 1831.
Died July 11, 1888.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
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Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans:
"Hier ruht:
In memory of our beloved brother
Solomon Bloom
Born in Essingen Bavaria
Died Sept, 18, 1889 Aged 68 years.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
für die in Essingen
geborene Selinde Rauh |
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Kennkarte (ausgestellt
in Landau 1939) für Selinde Rauh (geb. 21. Februar 1884 in
Essingen),
wohnhaft in Landau, verzogen am 2. Oktober 1939 nach Gonsenheim bei Mainz,
am
30. September 1942 deportiert ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka,
umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Spätestens im 18. Jahrhundert war ein Betsaal
beziehungsweise eine erste Synagoge vorhanden. Jedoch findet sich erst 1815
ein urkundlicher Beleg für Essingen als "Synagogenort".
Die 1820/21 in der heutigen Gerämmestraße erbaute Synagoge ersetzte
vermutlich das ältere Bethaus. Es wurde ein charakteristischer
klassizistischer Walmdachbau erstellt.
Über 100 Jahre war die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Lebens in
Essingen. Ob in den 1920er-Jahren auf Grund der geringen Gemeindegliederzahl
noch regelmäßig Gottesdienste stattfanden, ist nicht bekannt. Seit 1933
wurde die Synagoge jedoch nicht mehr als solche genutzt.
1937 wurde das Synagogengebäude vom Vorsitzenden der Jüdischen
Kultusgemeinde der Pfalz an einen örtlichen Landwirt für 2.300 RM verkauft.
Die Tora-Rollen und andere Ritualien kamen nach Ludwigshafen. Der neue
Besitzer baute die ehemalige Synagoge zu einer Scheune beziehungsweise
Lagerhalle um. Eine großes Eingangstor wurde ins Mauerwerk gebrochen, einige
Fenster vermauert. Insgesamt blieb jedoch die bauliche Substanz des Gebäudes
wie auch das charakteristische Walmdach erhalten. Über dem Synagogeneingang ist
die Portalinschrift vorhanden. Im Inneren sind noch die Frauenempore und die
Nische für den Toraschrein zu erkennen.
Das Gebäude, in dem sich die jüdische Lehrerwohnung, Schule und das
rituelles Bad (in den 1960er-Jahren zugemauert) befanden, ist das heutige
Wohnhaus Gerämmestraße 56: links des Eingangs befand sich die
Lehrerwohnung, rechts der Schulsaal
Adresse/Standort der Synagoge: Gerämmestraße
48 (frühere Krämerstraße)
Fotos
(Quelle: obere Fotozeile links und zweite Fotozeile
links: Landesamt s. Lit. S. 149; obere Fotozeile rechts: O. Weber s.Lit. S. 67;
Portalinschrift und Fenster: F. Schmidt s.Lit. S. 52; Farbfoto:
Hahn)
Rückwärtige Ansicht
der
ehemaligen Synagoge |
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Die Essinger
Synagoge mit ihrem Walmdach ist ein charakteristisches Beispiel für eine
ländliche Synagoge mit repräsentativem Charakter (vgl. ganz ähnlich in
einer anderen
Region die Synagoge in Freudental) |
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Straßenseitige
Ansicht der
ehemaligen Synagoge |
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Das große Einfahrtstor wurde
nach dem
Verkauf des Gebäudes an einen Landwirt
in das Mauerwerk
eingebrochen |
Portalinschrift, übersetzt:
"Vollendet wurde
die ganze Arbeit im Jahre des Erlösers
Israels der
kleinen Zeitrechnung" |
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Spuren im Inneren |
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Es sind u.a. mehrere farbige
Fensterverglasungen erhalten |
Aus der Synagoge in Essingen:
Säulenstümpfe
des Toraschreines; ausgestellt im
Frank-Loebschen Haus in Landau. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Alfred Hans Kuby (Hrsg.): Pfälzisches Judentum
gestern und heute. Beiträge zur Regionalgeschichte des 19. und 20.
Jahrhunderts. 1992. |
| Franz Schmidt: Die Steine reden. Zeugnisse
jüdischen Lebens im Landkreis Südliche Weinstraße. Rhodt
1989. |
| Tobias Benner: Spuren jüdischer Geschichte in
Essingen: In: SACHOR. Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit
in Rheinland-Pfalz. Hrsg. von Matthias Molitor
und Hans-Eberhard Berkemann in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für
politische Bildung Rheinland-Pfalz. Erschienen im Verlag Matthias Ess in Bad
Kreuznach. 7. Jahrgang Ausgabe 2/1997 Heft Nr. 14 S. 71-77. Online
eingestellt (pdf-Datei). |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 65.67.70 (mit weiteren Literaturangaben). |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 148-149 (mit weiteren Literaturangaben).
|
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|