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Mainbernheim (Kreis
Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Mainbernheim bestand
eine jüdische Gemeinde bereits im späten Mittelalter. Ihre Entstehung
geht in die Zeit des 15. Jahrhunderts zurück. 1409 und 1414 sind mehrere
jüdische Einwohner aus Mainbernheim erstmals nachweisbar. 1434 lebten
mindestens vier, 1454 mindestens zwei, 1489/90 mindestens sechs jüdische
Familien in der Stadt. Die Familien lebten vor allem vom Geldhandel. Der Würzburger
Bischof legte für einen Teil der Mainbernheimer Juden die maximale Zinshöhe
fest. Seit 1431 hatte die Stadt Mainbernheim das Recht, Juden aufzunehmen.
1479-81 wurde ein Christ bestraft, der einen Mainbernheimer Juden gefangen
genommen und beraubt hatte. 1489 wird ein Jude "von Mainbernheim" in Rothenburg
ob der Tauber genannt. Unter dem Druck des Würzburger Bischofs und der
Markgrafen von Brandenburg verzichteten 1489/90 sechs Mainbernheimer Juden auf
ihre ausgeliehenen Gelder. Im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts wurden die
Mainbernheimer Juden möglicherweise ausgewiesen; die letzten Nachrichten über
jüdische Ansässigkeit enden 1509.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht auf das Ende des 17.
Jahrhunderts zurück. 1698 wird erstmals wieder ein Juden in
Mainbernheim genannt. 1714 lebten sieben jüdische Familien in der Stadt.
Ihre Blütezeit hatte die Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
mit 125 jüdischen Einwohnern im Jahr 1814 (7,8 % von insgesamt 1.602)
beziehungsweise der Höchstzahl von 140 im Jahr 1837 (8,6 % von 1.633), 1840 13
jüdische Familien. Nach der
Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte eine starke Ab- und Auswanderung, sodass
1867 nur noch 44 jüdische Einwohner gezählt wurden (3,2 % von 1.392).
Zahlreiche Familien verzogen nach Kitzingen.
Anfang 1871 lebten in Mainbernheim nur noch sechs jüdische Familien. Bis 1910
entwickelte sich die Zahl wie folgt: 1890 48 jüdische Einwohner (3,3 % von
1.392), 1900 39 (2,9 % von 1.330; in 9 Haushaltungen), 1910 48 (3,4 % von 1.394).
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Mainbernheim auf
insgesamt 18 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände
genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Meier Löw Bonfet
(Viehhandel), Seligmann Samuel Sander (Schmusen und kleiner Weinhandel), Hirsch
Seligmann Seeligsberger (Ellenwarenhandel), Lea Hyeronimus Kronum (weibliche
Handarbeit), Lazarus Hirsch Herrmann (Weinhandel), Joseph Loew David Tamm (K.
Lottokollecteur und Weinhandel), Feist Loew Blumenthal (Galanterie- und
Schnittwarenhandel), David Isaac Kohn (Wechselgeschäfte), Jacob Elias Allmann
(Bücher- und Kleiderhandel), Amson Dessauer (Wein- und Pferdsmakler), Eysig
Isaac Kohn (Viehschmusen), Giedel, Witwe von Isaac David Kohn (weibliche
Handarbeit), Isaac Haenlein Haenle (Weinhandel), Nathan David Kohn (Weinhandel),
Jacob Kohn (Schmusen), Samuel Abraham Bamberger (Jugendlehrer), Caroline Aaron
Baer (Weinhandel), Henriette, Witwe von David Joseph Tamm (lebt von ihrem
eigenen Vermögen), August Haenle (Weinhandel, ab 1820).
An Einrichtungen waren eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule (1840
zusammen mit Rödelsee) und
eine Mikwe vorhanden. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden im
Bezirksfriedhof Rödelsee
beigesetzt. Mitte des 19. Jahrhunderts war Mainbernheim einige Jahre Sitz
eines Bezirksrabbinates (zuvor - seit den 1840er-Jahren - war der Sitz
vorübergehend in Marktsteft),
bis dieses 1871 aufgelöst und nach Kitzingen
verlegt wurde. Vorletzter Rabbiner in Mainbernheim war Faust Löw Thalheimer,
der 1867 starb. Einige Monate wurde das Distriktsrabbinat durch den Würzburger
Rabbiner mit betreut. Zum 1. September 1868 trat Rabbiner Immanuel Adler (geb.
1840 in Essingen,
als letzter Rabbiner von Mainbernheim die Stelle an. Er stellte auf Grund
des starken Rückganges der jüdischen Einwohner 1871 den Antrag an die Königliche
Regierung, den Rabbinatssitz nach Marktbreit
verlegen zu können. Der damalige Bürgermeister Schmiedel aus Kitzingen
setzte sich jedoch dafür ein, dass das Rabbinat nach
Kitzingen verlegt wurde.
Am 1. August 1871 verzog Rabbiner Adler von Mainbernheim nach
Kitzingen.
Die jüdische
Gemeinde in Mainbernheim bestand - wenn auch nur noch mit etwa 40 bis 50
Gemeindegliedern - weiter und stellte zur Besorgung der religiösen Aufgaben der
Gemeinde einen Lehrer an, der zugleich Vorbeter und Schächter
war. In den 1850er-Jahren war Jakob Kahn in der Gemeinde angestellt;
danach war er über 40 Jahre in Dettelbach
tätig. 1885 war die Gemeinde mehrere Monate auf der Suche nach einem
geeigneten Bewerber (siehe Ausschreibungstexte unten). Um 1887 war B.
Gutmann Lehrer in Mainbernheim, um 1889 Salomon Buttenwieser. Um 1892/1903
erteilte Lehrer Frank aus Rödelsee den Religionsunterricht in Mainbernheim, um
1911 Lehrer Zeilberger, um 1921 Lehrer Bernheimer. 1899 besuchten noch fünf
Kinder die Religionsschule der jüdischen Gemeinde.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1885 /1903 Abraham Samfeld,
in den Jahren vor 1903 mit L. Schönfärber.
Im Ersten Weltkrieg waren aus der jüdischen Gemeinde keine Gefallenen zu
beklagen. Philipp Hausmann, als Sanitätsfeldwebel im Kriegsdienst, wurde
mit dem Bayerischen Militärverdienstkreuz zweiter Klasse mit Schwertern
ausgezeichnet.
Um 1924, als noch 25 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (1,8 % von
insgesamt etwa 1.400 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde E. Hausmann. Als
Lehrer, Kantor und Schochet war Julius Bernstein angestellt (s.u. Artikel zu
seinem Tod 1928). Er erteilte an der Religionsschule der Gemeinde damals noch
drei Kindern Religionsunterricht. Im Schuljahr 1931/32 wird nur noch ein
schulpflichtiges jüdisches Kind genannt, als "Schriftführer" der
Gemeinde war Hermann Liebenstein tätig.
1933 lebten noch 25 jüdische Personen in Mainbernheim. Trotz der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts und der ständig zunehmenden Repressalien verließen
nur wenige der jüdischen Einwohner bis 1938 den Ort. Im April 1937 waren
von den damals 25 jüdischen Einwohnern, sechs auf Unterstützung angewiesen.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden von 50 bis 60 ortsansässigen SA-Leuten, dazu
einigen SS-Leuten, NSKK- und HJ-Mitgliedern die Häuser von sechs jüdischen
Familien durchsucht, mehrere jüdische Einwohner misshandelt, Möbel und Hausrat
wurden zertrümmert, Kleider zerrissen. Ein altes jüdisches Ehepaar erlitt
durch in die Wohnung geworfene Steine schwere Kopfverletzungen. Bis 1940 sind
die meisten der jüdischen Einwohner ausgewandert (fünf Personen)
beziehungsweise in andere Städte verzogen (12 Personen). Die letzten vier
wurden im März 1942 nach Izbica bei Lublin beziehungsweise im September 1942 in
das Ghetto Theresienstadt deportiert.
Von den in Mainbernheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jeanette Barth geb. Schönfärber
(1872), Eliezer Bernheimer (1887), Else Bernheimer geb. Kaufmann (1889), Lazarus
Bernheimer (1886), Sophie Frank geb. Liebenstein (1866), Bertha Gernsheimer geb.
Samfeld (1912), Heinz Hausmann (1930), Meta Hausmann (1899), Pfeifer Philipp
Hausmann (1878), Sigmund (Siegmund) Hausmann (1889), Ida Leopold geb. Hausmann
(1890), Bela Lichtenstein (1901), Flora Liebenstein geb. Klein (1887), Hermann
Liebenstein (1879), Jacob Liebenstein (1888), Ludwig Löwenstein (1928),
Carolina Löwenthal geb. Samfeld (1870 oder 1877), Zilli Oppenheim geb. Klein
(1858), Selma Rapp geb. Liebenstein (1879), Rosa Rosenthal geb. Samfeld (1882),
Adele Samfeld geb. Schloss (1884), David Samfeld (1881), Aron Schönfärber
(1865), Klara Seemann (1856), Anna Sichel geb. Goldschmidt (1859), Jakob Paul
Sondhelm (1893), Justin Sondhelm (1891), Rosalie (Rosele) Sondhelm geb.
Rosenfeld (1868), Fanny Stein geb. Samfeld (1878), Babette Uhlfelder geb.
Hausmann (1887), Berta Weiss geb. Levy (1881).
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte des Rabbinates in
Mainbernheim
Letzte Ausschreibung des Rabbinates Mainbernheim im November 1867
Bekanntmachung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1867:
"Bekanntmachung. Durch den Tod des Distriktsrabbiners Faust Löw
Thalheimer zu Mainbernheim ist das dortige Distriktsrabbinat in Erledigung
gekommen. Dessen Bezirk umfasst dermalen 30 israelitische Kultusgemeinden,
wovon 11 dem Bezirksamte Kitzingen, 11 dem Bezirksamte Ochsenfurt, 6 dem
Bezirksamte Volkach und 2 dem Bezirksamte Gerolzhofen angehören, und ist
mit dieser Stelle, ohne Einrechnung eines jährlichen Aversums von 60
Gulden für Regie- und Reisekosten, sowie der Nebenbezüge, ein
jährlicher Gehalt von 500 Gulden verbunden, welcher für die Folge
voraussichtlich noch erhöht werden wird. Bewerber um diese Stelle haben
ihre Gesuche bis längstens 30. November laufenden Jahres dahier
einzureichen und solchen die entsprechenden Zeugnisse über die Erfüllung
der gesetzlichen Vorbedingungen beizulegen. In dieser Beziehung wird auf
die Bestimmungen im § 27 der allerhöchsten Verordnung vom 10. Juni 1813,
'die Verhältnisse der israelitischen Glaubensgenossen im Königreiche
Bayern' betreffend, hingewiesen mit dem Bemerken, dass auch verlangt wird,
dass die sich meldenden Kandidaten gründlich gebildet und zugleich den
echten mosaischen Glaubenslehren und Zeremonialsatzungen treu anhängen
und nicht verderblicher Neologie huldigen, worüber daher gleichfalls
genügende Ausweise vorzulegen sind.
Kitzingen, 24. Oktober 1867. Der königliche Bezirksamtmann:
Ploner. Wirsing." |
|
Anmerkung: in nachfolgendem Artikel aus
der liberal geprägten "Allgemeinen Zeitung des Judentums" wurde
die Ausschreibung in teilweise ironischer Weise kommentiert: |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26.
November 1867: "Aus Bayern, 12. November (1867). In diesen
Tagen fiel uns eine Bekanntmachung in Nr. 37 der zu München erscheinenden
'*Süddeutschen Presse' auf. Dieselbe ist vom königlichen Bezirksamte zu
Kitzingen erlassen und betrifft die Besetzung des Distriktsrabbinats Mainbernheim.
Der Bezirk umfasst dreißig israelitische Gemeinden in vier verschiedenen
Bezirksämtern. Für diesen umfassenden Distrikt ist denn auch ein sehr
angemessenes Gehalt von 500 Gulden (285 Thaler)!!! Dass eine solche Stelle
besonderen Bedingungen noch unterworfen sein muss, lässt sich
voraussetzen, und diese sind von dem königlichen Bezirksamtmanne auch
nicht verhehlt worden. Er verweist auf die Bestimmung in § 27 der
Verordnung vom 10. Juni 1813 'die Verhältnisse der israelitischen
Glaubensgenossen im Königreich Bayern betreffend' - also gibt es keine
spätere Verordnung, keine späteren gesetzlichen Bestimmungen in Bayern
mehr? - fügt aber auch seinerseits das Bemerken hinzu: 'dass auch
verlangt wird, dass die sich meldenden Kandidaten gründlich gebildet und
zugleich den echten mosaischen Glaubenslehren, Zeremonialsatzungen treu
anhängen, und nicht verderblicher Neologie huldigen, worüber gleichfalls
genügende Ausweise vorzulegen sind.'
Man muss gestehen, dies ist sehr nativ. Da unseres Wissens in Bayern keine
jüdische Oberbehörde besteht, auch nicht etwa die anderen
Distriktsrabbinate in die Wahl einzureden haben, kann doch wohl nur das
königliche Bezirksamt selbst die Instanz sein, welche über die echten
mosaischen Glaubenslehren und Zeremonialsatzungen Entscheid gibt, und
feststellt, was 'verderbliche Neologie' ist. In der Tat muss es doch in
jedem aufrichtigen Juden Entrüstung hervorrufen, die uralte jüdische
Religionsgenossenschaft so von außen her bevormundet zu sehen, eine
Bevormundung, wovon unsere Väter in der Zeit der tiefsten Erniedrigung
und der schwersten Bedrückung nichts wussten." |
Beziehungen der Familie des Rabbi Elieser ben Aron, Dajan (Rabbiner) in Mainbernheim zu Sabbataj ben Meir
HaKohen (Artikel von 1867)
Anmerkung: Bei dem im Artikel genannten "Schach" bzw. SchaCH handelt
es sich um den großen Gelehrten Sabbataj ben Meir HaKohen, geb. 1621 in
Wilna, gest. 1662 in Holleschau (Mähren). Von ihm erschien 1647 in Krakau das
Werk 'Sifte Kohen', ein bekannter Kommentar zum zweiten Teil des 'Schulchan
Aruch'. Bei den Judenverfolgungen unter Chmielnicki floh er aus seiner Heimat
und wurde Rabbiner in Dresin und Holleschau, wo er in der Folgezeit zahlreiche
halachische Werke schrieb. Bei dem unten genannten Werk Oruch Mischach
handelt es sich um das 'Sefer haaruch mi-SchaCH'.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1867:
"Aus Unterfranken. Am Schlusse der in diesen geschätzten
Blättern in mehreren Nummern fortgesetzten Erzählung 'des Königs Eidam'
sind mehrere Städte in weiter Ferne genannt, in denen sich noch
Sprößlinge aus der Familie des Schach befinden.
Nun wird es gewiss den verehrlichen Lesern dieser Blätter von Interesse
sein, zu erfahren, dass auch unsere Nähe noch würdige Abkömmlinge des
großen Gesetzeslehrers Schach aufzuweisen hat, und zwar in den Familien
der berühmten Gelehrten Rabbi Hirsch Berlinger zu Berlichingen und Rabbi
Josef Ahron Ellinger zu Niederstetten,
und entnehmen wir den desfallsigen Stammbaum dem Werke Oruch Mischach Teil
I.
Der Schach hatte noch einen Schwiegersohn namens Rabbi Ahron, Rabbiner zu
Luntschitz. Dieser hatte einen Sohn namens Rabbi Mosche, welcher der Vater
des Rabbi Ahron, des Verfassers der Hagohas Minchas Ahron (Erläuterung zu
genanntem Oruch Mischach), und welch' letzerer Rosch beth Din zu Berlin
war. Dieser Rabbi Ahron zeugte mehrere berühmte Söhne, von denen der
Eine, namens Rabbi Elieser Dajan zu Mainbernheim
war. Ein Sohn des Rabbi Elieser war Rabbi Moscheh, Rabbiner zu Trier,
dessen Tochter mit Rabbi Hirsch Berlinger verehelicht ist. Die Frau des
Rabbi Hirsch und dessen Kinder sind also aus der Familie des Schach. Die
Mutter des genannten Rabbi Josef Ahron Ellinger war eine Tochter des
erwähnten Rabbi Elieser; sohin gehörte auch dieser ehrwürdige Mann und
seine Kinder diesem Stamme an.
Höchst wichtig wird noch Folgendes zu erfahren sein. Es erschien nämlich
von Schach's Werken Oruch Mischach nur der erste Teil im Drucke. Rabbi
Hirsch Berlinger besitzt nun noch ein Manuskript genannten Werkes, das
zwar nicht auf den ganzen Joreh Deah, doch auf einen größten Teil
desselben sich erstreckt. - Vielleicht findet sich ein entsprechender
Verleger hiezu, und wird sich Rabbi Hirsch Berlinger vermutlich mit
Vergnügen bereit erklären, eine Abschrift dieses Manuskriptes zum Behufe
des Druckes desselben abzugeben. A." |
Rabbiner Immanuel Adler wird als Rabbiner eingeführt - das Rabbinat bleibt
zunächst in Mainbernheim (1868)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September
1868: "Kitzingen, im
September (1868). Bezugnehmend auf meine Korrespondenz in Nr. 18 dieses
geschätzten Blattes, die Wahl eines Rabbiners für den Rabbinatsbezirk
Mainbernheim betreffend, habe ich Ihnen heute nach 3 Monaten mitzuteilen,
dass der von gewisser Seite gegen die Wahl des Herrn Rabbinatskandidaten
Immanuel Adler erhobene Rekurs, sowohl von hoher Kreisstelle als auch vom
allerhöchsten Staatsministerium als unbegründet erachtet wurde, und dem
zufolge Herr Adler am 14. vorigen Monats beim Bezirksamte Kitzingen
verpflichtet worden ist, und am 7. September seine Stelle in Mainbernheim
- woselbst der Rabbinatssitz vorerst verbleibt - angetreten hat. Am 13.
dieses Monats wird Herr Rabbiner Adler seine Antrittsrede abhalten, wozu
sämtliche Vorstände des Bezirks geladen sind.
Möge es unserem nunmehrigen Herrn Rabbiner vergönnte sein, recht viel
Gutes zu wirken; möge er insbesondere unseren Religionsschulen die
größte Aufmerksamkeit zuwenden." |
Das Ende des Rabbinates Mainbernheim mit
der Übersiedelung des Distriktrabbiners Immanuel Adler nach Kitzingen (1871)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1871:
"Kitzingen. Schon lange wurde der hiesigen Stadt in Ihrem
geschätzten Blatte keinerlei Erwähnung zuteil, trotzdem dieselbe auf
jüdischem Gebiete der Erwähnung wert ist; denn lange, sehr lange durfte
hier kein Jude wohnen, und jetzt ist unsere Gemeinde schon 25 Familien
stark und ist im steten Zunehmen begriffen. Durch die demnächst
stattfindende Übersiedlung unseres hochverehrten Herrn Distriktrabbiners
J. Adler von Mainbernheim hierher gewinnt unsere Gemeinde in jeder
Beziehung an Bedeutung; die königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg hat nämlich mittels Reskripts vom 28. vorigen Monats
beschlossen, dass der Rabbinatssitz von Mainbernheim hierher verlegt
werde. Wir müssen es rühmend erwähnen, dass unser verehrter Herr
Bürgermeister es sich sehr angelegen sein ließ, den Rabbinatssitz
hierher zu verlegen und nicht wie von vielen Gemeinden gewünscht wurde,
nach Marktbreit. Möge es unserem
hochverehrten Herrn Rabbiner vergönnt sein, auch von seinem neuen
Wohnorte aus sein edles Streben stets mit gutem Erfolge gekrönt zu sehen.
J." |
Zum Tod von Rabbiner Immanuel Adler (1911 in Kitzingen)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. März 1911: "Rabbi
Immanuel Adler – das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen –
Kitzingen, 23. März (1911). Eine Trauerbotschaft durcheilte am Sonntag,
den 19. März, unser sonst so ruhiges Städtchen. Unser innigstgeliebter,
allverehrter Distriktsrabbiner, Herr Immanuel Adler, ist nicht mehr.
Geboren am 29. März 1840 in Essingen
(Pfalz), wurde bereits in seinen
jungen Jahren von seinem Vater, dem späteren Distriktsrabbiner J.G. Adler
– das Andenken an den Gerechten ist zum Segen – in
Burgpreppach, der
Grund zu seinem reichen Torawissen gelegt, welches er später zu Füßen
des hoch gelehrten und weit bekannten Herren Rabbinern Rabbi Adler –
Aschaffenburg und Rabbi Seligmann B. Bamberger – das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen – in Würzburg bereicherte und vervollkommnete;
von letzterem erhielt er auch seine Hattara Horaah. Nachdem er vier Jahre als
Elementarlehrer und Prediger in Schembeck und Siegburg (Rheinpreußen)
sowie zwei Jahre als Institutslehrer in Miltenberg und
Mainstockheim
tätig gewesen, führte er die fromme und gottesfürchtige Tochter seines
Lehrers Rabbi Seligmann Bär Bamberger - das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen – als seine Gattin heim, mit welcher er 45 Jahre in denkbar
glücklichster Ehe lebte. Im Sommer 1868 zum Rabbiner in Mainbernheim als
Nachfolger des seligen Rabbi Loeb Thalheimer gewählt, trat er diese
Stelle am 1. September 1868 an und verlegte, als die israelitische
Gemeinde Mainbernheim
kleiner wurde, während die neu gegründete
Kultusgemeinde Kitzingen mehr und mehr sich vergrößerte. Am 1. August
1871 seinen Wohnsitz mit Genehmigung der hohen Königlichen Regierung nach
letzter Stadt. Hier eröffnete sich nun für ihn ein Feld reicher
Tätigkeit. Die Gemeinde Kitzingen bildete sich unter seiner Führung zu
einer Großgemeinde heran, die heute etwa 150 Mitglieder zählt. Bereits
1883 machte sich das Bedürfnis geltend, eine neue Synagoge zu bauen, die
sich als Prachtbau repräsentiert. Rabbi Immanuel Adler verstand es, den
Wohltätigkeitssinn seiner Gemeindemitglieder stets aufs Neue zu wecken.
Das Lehrerseminar Würzburg, sowie die drei bayerischen
Präparandenschulen in Höchberg, Burgpreppach und Schwabach fanden durch
ihn reichste Unterstützung; aber auch die außerbayerischen und
ausländischen Stätten der Tora erhielten durch seine Vermittlung
regelmäßig größere Zuschüsse. Wie er selbst ein reiches und tiefes
Torawissen besaß, welches ihm einen Ruf bis weit über die Grenzen
unseres engeren und weiteren Vaterlandes sicherte, so war er auch stets
bestrebt, durch reichliche Zuwendungen andere Torabeflissene weitgehendst
zu unterstützen. Besondere Freude machte es ihm, für die Armen des
heiligen Landes Spenden zu sammeln, die alljährlich mehrere tausend Mark
erreichten, wie überhaupt sein Wohltätigkeitssinn keine Grenzen kannte.
Kein Aufruf für Notleidende, mochte er aus der Nähe oder weiten Ferne
kommen, blieb unberücksichtigt; jeden Armen hörte er bereitwilligst an
und unterstützte ihn aus eigenen Mitteln oder veranlasste andere zu
seiner Unterstützung. Allerdings hatte er das Glück, was auch von vielen
Rednern bei seiner Beerdigung hervorgehoben wurde, eine Gattin zu
besitzen, die in weitgehendster Weise ihm bei seinen
Wohltätigkeitsbestrebungen zur Seite stand, sowie einer Gemeinde
vorzustehen, deren Mitglieder jederzeit bereit waren, ihrem geliebten
Rabbiner bei allen Gelegenheiten größere Beiträge für Wohltätigkeit
Zwecke zur Verfügung zu stellen. Rabbi Immanuel Adler erfreute sich unter
der selten sorgsamen Pflege seiner geliebten und liebenden Gattin einer
stets ungetrübten Gesundheit, bis sich auch bei ihm seit etwa 3-4 Monaten
die Spuren des Alters bemerkbar machten. Am Sonntag, 12. März, leitete er
noch den Festgottesdienst und hielt noch die Festpredigt anlässlich des
Geburtstags Seiner Königlichen Hoheit des Prinzregenten Luitpold, welche
Feier seine letzte amtliche Tätigkeit gewesen. Noch am Abend desselben
Tages überfiel ihn eine heftige Krankheit, von welcher er sich nach dem
unerforschlichen Ratschluss des Lenkens aller Geschicke nicht mehr erholen
sollte; genau 8 Tage nach obiger patriotischer Feier, am Sonntag, den 19.
März, Vormittag ½ 11 Uhr, segnete er das Zeitliche. Die Beerdigung fand
am Dienstag statt, und eilten Verwandte, Amtsgenossen, Freunde und
Bekannte aus weiter Ferne herbei, um dem Freunde, Kollegen und Führer die
letzte Ehre zu erweisen. Unter Vorantritt des Bayerischen
Kampfgenossenvereins, dessen Ehrenmitglied der Verblichene gewesen und
unter Beteiligung der Geistlichen der übrigen beiden Konfessionen |
der städtischen Kollegien unter
Führung des Herrn Bürgermeisters, der Rektoren des Progymnasiums und der
Realschule, an welchen Anstalten er den Religionsunterricht seit deren
bestehen erteilte, staatlichen und städtischen Beamten, bewegte sich der
schier unabsehbare Trauerzug nach der Synagoge, wo an der Stätte seines
hauptsächlichen Wirkens und seiner beruflichen Tätigkeit die Trauerfeier
stattfand. Die geräumige Synagoge konnte die endlose Zahl der
Leidtragenden fast nicht fassen. Der von der Gemeinde offiziell berufene
Trauerredner, Herr Distriktsrabbiner Dr. Stein, Schweinfurt, knüpfte
seine Ausführungen an eine Midraschstelle an, die Moses als (hebräisch
und deutsch): dem Mann der Treue und des Segens, bezeichnet. Auch der
Verblichene habe durch seine Treue, Gewissenhaftigkeit und
Selbständigkeit eine Fülle des Segens in seinem Distrikt, in seiner
Hauptgemeinde, in seiner Familie, im Kreise der Berufsgenossen verbreitet,
besonders auch in seiner Tätigkeit im Seminar zu Würzburg, als Förderer
der Interessen aller Armen und Bedrückten, insbesondere des heiligen
Landes. Die tief empfundenen Worte des verehrten Redners verfehlten ihren
Eindruck nicht auf die Anwesenden.
Hierauf sprach Herr Distriktsrabbiner Dr. Bamberger aus Bad Kissingen als
Neffe des Verstorbenen im Namen der Familie. Sodann bestiegen das
Rednerpult der protestantische Pfarrer, Herr Miles, und der katholische
Prediger, Herr Lampert, um im Namen ihrer Konfessionen warme Worte des
Nachrufes dem teuren Toten zu weihen. Ferner sprachen im Namen der
politischen Gemeinde Herr Bürgermeister Graff, im Namen der beiden
Mittelschulen die Herrn Königlicher Studienrat Schröder und Königlicher
Rektor Kern, sowie im Namen der Israelitischen Gemeinde Herr
Kultusvorsteher Benjamin Stern und endlich im Namen der Lehrer des Bezirks
und der beiden Wohltätigkeitsvereine, deren Mitbegründer der Verstorbene
gewesen, Herr Lehrer und Kantor Bamberger, welcher auch durch einen
erhebenden Gesang des Aw-HaRachamim-Gebetes und eines Mismor die
Trauerfeier einleitet und beschloss.
Auf letztwilligen Wunsch der Verblichenen wurde seine Leiche nach dem
Friedhof in Höchberg überführt, woselbst auch seine Schwiegereltern und
sein vor mehreren Jahren verstorbener einziger Sohn ihre letzte
Ruhestätte gefunden haben. Eine große Anzahl Verwandter, Freunde und
Gemeindemitglieder begleiteten die Leiche nach
Höchberg, nachdem sich
auch in Würzburg eine weitere Reihe Leidtragender dem Trauerzuge
anschloss. Auf dem Friedhof widmeten noch warm empfundene Nachrufe der
Schwager des Verstorbenen, Herr Distriktsrabbiner Bamberger – Würzburg,
die Herren Seminarlehrer Dr. Tachauer und Stoll – Würzburg, Gymnasiast
Julius Maier – Kitzingen als ehemaliger Schüler und Stadtverordneter
Josef Fromm – Frankfurt. Möge die allseitige große Teilnahme ein Trost
für die Hinterbliebenen, schwer geprüfte Gattin sein und Gott sie
stärken, das ihr zugestoßene herbe Leid zu ertragen, mögen die
Kultusgemeinde und der Distrikt Kitzingen bemüht sein, im Sinne des
Verblichenen weiter sich in Wohltätigkeit und frommen Übungen zu
betätigen, auf dass das Andenken des Frommen zum Segen gereiche. Das
Andenken an den Frommen ist zum Segen." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers/Vorbeters/Schächters
1868 / 1885 / 1887/ 1891
und Hilfsvorbeter 1902 / 1903
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1868:
"Die Religionslehrer- und Vorsängerstelle der Kultusgemeinde
Mainbernheim ist vakant. Jährliches Fixum: 200 Gulden nebst freier Wohnung
und 10 Gulden für Holz. Bei Mitbesorgung der Schächterfunktion noch ein Erträgnis
von 50-60 Gulden per annum. Bewerbungen, die auch von ungeprüften
Schuldienst-Exspektanten ausgehen dürfen, wollen baldigst an den
israelitischen Kultus-Vorstand zu Mainbernheim gerichtet werden." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 7. Mai 1885: "Die israelitische Gemeinde
zu Mainbernheim in Unterfranken sucht zum sofortigen Eintritt einen
Religionslehrer, welcher den Vorsängerdienst und die Schächterfunktion
mit zu versehen hat. Fixum 400 Mark nebst freier Wohnung und Holz.
Schächterfunktionen und Nebenverdienste belaufen sich auf circa 500 Mark.
Der israelitische Kultusvorstand Abr. Samfeld. |
|
Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 9. Juli 1885: "Offene israelitische
Religionslehrerstelle zu Mainbernheim in Unterfranken. Es wird dahier
womöglich zum sofortigen Eintritt ein geprüfter Religionslehrer, welcher
die Schächterfunktion und den Vorsängerdienst mit zu versehen hat,
gesucht. Fixer Gehalt 500 Mk. Für Schächterfunktion und Nebenverdienste
werden für weitere 500 Mk. Garantie geleistet. Holz und Wohnung frei.
Bewerbern, welche gute Fähigkeiten besitzen, ist noch ein weiterer
Nebenverdienst in Aussicht gestellt. Reisespesen werden nur dem vergütet,
der die Stelle erhält.
Mainbernheim im Juli 1885. Der isr. Kultusvorstand Abr. Samfeld". |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1887:
"Die hiesige israelitische Religionslehrerstelle ist bis zum Januar
1888 wieder zu besetzten. Es ist die Schächterfunktion und Vorbeterstelle
mitverbunden und beträgt das Fixum 400 Mark. Außerdem bringt die
Schächterfunktion mit Nebenverdienst 500 Mark. Es ist auch Gelegenheit
geboten, in zwei Nachbarorten einen nicht unbedeutenden Nebenverdienst zu
erhalten. Als Bewerber werden nur seminaristisch Gebildete
berücksichtigt. Reisespesen werden nur dem vergütet, welcher die Stelle
erhält.
Mainbernheim (Unterfranken), Dezember 1887. Der israelitische
Kultusvorstand Abraham Semfeld." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1891: "Die
unterfertigte Kultusgemeinde sucht zum sofortigen Eintritt einen
Religionslehrer, welcher die Schächterfunktion und den Vorbeterdienst mit
zu versehen hat. Fixer Gehalt 400 Mark, die Schächterfunktion und
Nebenverdienste belaufen sich auf ca. 400 Mark. Wohnung und Heizung
frei.
Mainbernheim, im August 1891. Der israelitische Kultusvorstand: Abr.
Samfeld." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1902:
"Von der Kultusgemeinde Mainbernheim Unterfranken wird auf
Rosch-Haschono und Jom-Kippur ein
Hilfsvorbeter gesucht. Darauf
Reflektierende mögen ihre Honorar-Ansprüche und eventuelle Bedingungen
an der unterfertigten Vorstand senden.
Abraham Samfeld". |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 27. August 1903: "Hilfsvorbeter
wird gesucht für bevorstehendes Neujahrs- und Versöhnungsfest von der
unterfertigten Kultusgemeinde.
Mainbernheim, im Auugust.
Der Kultusvorstand: Abraham Samfeld." |
Zum Tod von Lehrer Julius Bernstein (1928)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Zeitung" vom 15. November
1928: "Abraham Rau - Julius Bernstein. Wieder sind uns zwei
liebe Freunde und treue Kollegen durch den Tod entrissen worden. Am 14.
Oktober starb Hauptlehrer a.D. Abraham Rau in Hirschaid, ihm folgte am 26.
Oktober Lehrer Julius Bernstein von Mainbernheim ins Grab.
Rau gehörte zu den immer seltener werdenden Beamten, deren ganze
Lebensarbeit einer einzigen Gemeinde gewidmet ist. Kurz nach seinem im
Jahre 1883 erfolgten Seminaraustritt kam er nach Hirschaid, wo er, zuerst
als Religionslehrer, dann vom Jahre 1903 ab als Volksschullehrer, im
ganzen 46 Jahre wirkte. Auch als vor einigen Jahren seine Schule infolge
Kindermangels aufgelöst wurde, blieb er seiner Gemeinde, die wie zu einem
Vater zu ihm aufschaute, treu. Die hohe und allseitige Verehrung, deren er
sich erfreute, fand bei seiner Beerdigung ebenso beredte wie ergreifenden
Ausdruck. Auch unserem Vereine, dem er seit 1884 angehörte, war Rau der
Getreuesten einer. Durch das Vertrauen der Mitglieder wurde er in die
Verwaltung berufen, in der er mehrere Jahre in sachlichem Ernste und
hingebungsvollem Eifer mitarbeitete. Den Dank, den wir dem Heimgegangenen
wollen, rief ihm der 2. Vorsitzende unseres Vereins, Herr Dr. Bamberger
(Nürnberg), ins offene Grab nach.
Im Gegensatz zu Rau war Bernstein in einer ganzen Reihe von Gemeinden in
den verschiedensten Teilen unseres deutschen Vaterlandes tätig. Von Nenzenheim, seinem ersten Anstellungsorte, führte ihn die berufliche
Laufbahn über Oberhessen und die ehemalige Provinz Posen nach Graudenz,
wo er 26 Jahre wirkte. Als 63jähriger griff er nochmals zum Wanderstabe,
da er nach dem Übergange von Graudenz an Polen der deutschen Heimat treu
bleiben wollte In Mainbernheim, unweit seines ersten Wirkungskreises fand
er ein neues Feld der Betätigung und erwarb sich hier durch sein
schlichtes, anspruchsloses Wesen in allen Kreisen Liebe und
Wertschätzung. Vor kurzem erst in den Ruhestand eingetreten, hat ihn nun
der Tod zur Ruhe der ewigen Heimat heimgeholt.
Wir werden den dahingeschiedenen Kollegen ein treues und dauerndes
Andenken bewahren." |
Berichte zu einzelnen Personen der Gemeinde
Hinweis: Rabbiner Moises Lazarus Schach
(Moses ben
Eliezer Schach; geb. 29.2.1763 in Glogau als Sohn des Lazarus Aron, später
in Schwabach und der Kela Manasses aus Königsberg; war verheiratet mit
Perla Dehlinger [1766-1826]; gest. 1840 in Trier): war Dajan in Mainbernheim;
danach letzter fürstlich-hohenlohischer Landesrabbiner in Weikersheim,
seit 1819 Rabbiner in Mergentheim,
1827 zum Oberrabbiner in Trier gewählt
(Stellenantritt im Januar 1828).
Zum Tod von Louis Liebenstein (1908)
Artikel
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1908:
"Mainbernheim, 24. Oktober (1908). In der Simchat Tora-Nacht verstarb
hier Herr Louis Liebenstein, einer der Edelsten unserer Gemeinde, nach
kurzem, aber schwerem Krankenlager. Die Kinder beweinen den besorgten
Vater, die Armen des heiligen Landes einen ihrer besten Gönner. Er war
ein schlichter Mann. Demutsvoll hielt er sich stets vor Augen, dass Gott
seine Arbeit gesegnet hat, und wie dieser Segen ihn erfreute und
beglückte, so war er auch bestrebt, andere zu beglücken, einzugreifen,
überall, wo es galt, Tränen zu trocknen und Not zu lindern. Sein
Andenken sei gesegnet. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zum Tod von Mirjam Strauß geb. Thalheimer (1923 in
Alzenau, Tochter von Rabbiner Thalheimer in Mainbernheim)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1923:
"Alzenau (Unterfranken), 14. Januar. Am vergangenen Sonntag haben wir
eine selten fromme Frau zur letzten Ruhe gebettet. Frau Mirjam Strauß,
Witwe des vor 11 Jahren verblichenen früheren Lehrers Abraham Strauß -
das Gedenken an den Gerechten sei zum Segen - in Berlichingen,
ist nach vierwöchentlichem Krankenlager am Erew Schabat Kodesch Wajehi
(= 5. Januar 1923, Freitag = Vorabend vor dem Schabbat mit der
Toralesung Wajehi) im 77. Lebensjahre sanft verschieden. Getreu dem
Vorbilde ihres Elternhauses - Tochter des weitberühmten Distriktrabbiners
Thalheimer in Mainbernheim - hatte
sie ihr eigenes Haus und ihres frommen, gelehrten Gatten zu einem Mikdasch
Meat (Kleinen Heiligtum) gestaltet und ihre Kinder zu echten Jehudim
erzogen. Ihre hervorragende Herzens- und Geistesbildung, ihr vielseitiges
Wissen auf profanem und besonders jüdischem gebiete befähigten sie, in
ihrem Hause als Priesterin und in ihrer Gemeinde als Führerin in idealem
Sinne zu wirken. Nach ihrem Wegzug von Berlichingen fand die Verstorbene
bei ihrer Tochter, der Gattin des Lehrers Wechsler, liebevolle Aufnahme,
wo ihr ein schöner, sorgenfreier Lebensabend bereitet wurde.
Von der Beliebtheit der Entschlafenen zeugte die große Beteiligung sowohl
von jüdischer als auch nichtjüdischer Seite bei der Beerdigung. Im Sterbezimmer
zeichnete als Freund des Hauses Herr Hauptlehrer Wahler von Hörstein,
ein getreues Lebens- und Charakterbild der Heimgegangenen. Seine von
Herzen zu Herzen gehenden Worte wirkten tiefergreifend. Vor dem
Trauerhause drückte der Schwiegersohn, Herr Lehrer Wechsler, schmerzerfüllt
den Dank und die Anerkennung aus für die aufopfernde Tätigkeit und
Mithilfe bei der Erziehung und Unterweisung seiner Kinder.
Der älteste Sohn, Kantor Strauß von Freiburg,
gab am Grabe dem tiefen Schmerz der Hinterbliebenen über den Heimganz der
guten, treubesorgten Mutter in ergreifenden Worten Ausdruck, dankte der
Verklärten für sich und seine Geschwister dafür, dass sie ihnen alle
Zeit eine Lehrerin und Führerin gewesen war und gelobte, das Vermächtnis
der geliebten Mutter treu zu wahren. Das Gedenken an den Gerechten sei
zum Segen". |
Zum Tod von Abraham Samfeld (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. September 1928: "Mainbernheim,
20. September (1928). Am 17. Elul hat man unsern allverehrten Abraham
Samfeld zu Grabe getragen. Im 77. Lebensjahr wurde er von seinem langen
Siechtum erlöst. Sein überaus großes Leichenbegängnis zeigte, welch
großer Beliebtheit und Wertschätzung sich der Dahingeschiedene erfreute.
Er war ein Mann von seltener Herzensgüte und jeder, der ihn kannte,
musste sich hingezogen zu ihm fühlen. Witwen und Waisen war er ein Vater
und Berater. Am Trauerhause hielt Herr Rabbiner Dr. Wohlgemuth aus Kitzingen
eine tiefergreifende Gedächtnisrede an die Trauernden, um die Verdienste
des Verstorbenen in kurzen Strichen zu zeichnen. Sein Leben war durch
seine besondere Friedensliebe ein harmonisches, glückliches und
geachtetes gewesen. Allerdings hat auch das Leid ihm nicht gefehlt, vor
einem Vierteljahrhundert ward ihm die treue Gattin entrissen. Aber seine
Gottesfurcht ließ ihn den Schmerz in Demut tragen. Möge seine
Hinterbliebenen der Gedanke trösten, dass ihr teurer Toter gekrönt mit
der Krone des guten Namens von dannen ging. Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
vgl. unten Anzeige der Metzgerei A.
Samfeld von 1902 |
Zum 92. Geburtstag von Sofie Liebenstein (in Marktbreit, 1933)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Januar 1933:
"Marktbreit, 6. Januar (1933). Ganz in der Stille feiert Frau Sofie
Liebenstein, die älteste Einwohnerin Marktbreits, am 5. Tage Chanukka
ihren 92. Geburtstag. Früher in Mainbernheim wohnhaft, zog sie
nach dem Tode ihres Mannes zu ihrer Tochter nach Marktbreit. Die
Jubilarin, eine Frau nach alter jüdischer Sitte, übte jahrzehntelang in
beispielgebender Weise Wohltätigkeit, am letzten Jom Kippur weilte sie
noch von früh bis abends in der Synagoge und fastete ganz. Sie ist
geistig und körperlich noch vollkommen rüstig und erfreut sich heute
noch in allen Kreisen der Bevölkerung größter Beliebtheit, nicht
zuletzt durch ihre ausgedehnte Wohltätigkeit. (Alles Gute) bis 120
Jahre." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige der Metzgerei A. Samfeld (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1902:
"Lehrling
gesucht, zum sofortigen Eintritt. Kräftiger Junge kann die Metzgerei und
Wurstlerei gründlich erlernen. Sabbat und Feiertage streng
geschlossen.
A. Samfeld, Mainbernheim, Unterfranken." |
Neujahrsgruß der Familien Leopold und Schönfärber (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1902:
"Zum bevorstehenden Jahreswechsel herzlichen Glückwunsch allen
Freunden und Bekannten.
Familien Leopold und Arnold Schönfärber,
Mainbernheim." |
Sonstiges
Karte von Jakob
Sondhelm an seinen Vater
Hermann Sondhelm in Mainbernheim (1911)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries) |
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Die "Gedenkkarte an das 25jährige
Regentschafts-Jubiläum S. K. Hoheit des Prinzregenten Luitpold von Bayern"
wurde von Jakob Sondhelm aus München 1911 an seine Eltern in Mainbernheim
geschickt.
Der Adressat der Karte war sein Vater Hermann Sondhelm. Hermann Sondhelm wurde
am 16. Juli 1863 in Rödelsee geboren.
Er war verheiratet mit der am 25. August 1868 in
Leutershausen geborenen
Rosalie (Rosele) Rosenfeld. Das Ehepaar hatte drei Söhne: Justin
(geb. 2. Januar 1891 in Ellingen),
Jakob Paul (geb. 20. Juni 1893 in Mainbernheim) und Siegfried
(geb. 23. Mai 1895). Hermann Sondhelm starb am 2. September 1929 im Alter
von 66 Jahren in Mainbernheim. Seine Frau Rosalie wurde am 17. Juli 1942 von
München nach Theresienstadt deportiert und ist dort am 23.Juni 1944
umgekommen. Justin Sondhelm und seine zweite Ehefrau Rachel Lea Lucie geb.
Michaelis wurden am 20. November 1941 von München nach Kaunas deportiert und
dort am 25. November 1941 ermordet. Jakob Paul Sondhelm wurde zusammen mit
seiner Frau Esther Lea geb. Weinstein am 7.11.1942 von München nach
Theresienstadt deportiert und ist dort am 30. Dezember 1943 umgekommen. Nur
Siegfried Sondhelm gelang die Flucht in die USA. Er starb am 15. Juni 1980
in Miami im Alter von 85 Jahren.
Text der Karte: (soweit lesbar): 'Meine Lieben. Bitte Euch mir einen kleinen
Fleck (8 cm lang & breit) mitzusenden (vom Stoffe unserer Anzüge), da mein
neuer Anzug an einem Eck etwas gebrochen ist. Wieso es kommt weiß ich nicht.
Doch glaube dass man das wieder unmerkbar machen kann. Anbei schicke Euch
Jubiläumskarte. Der Tag wurde aber gar nicht festlich gefeiert. Nicht einmal
die Häuser waren beflaggt auf Wunsch des Regenten. Herzlichen Gruß – Euer
Jakob.'
(seitlich geschrieben) - 'Bild ist (sprechend?) genau.'
Quellen:
https://www.geni.com/people/Hermann-Sondhelm/6000000027540507071?through=6000000027540765093
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=personenliste&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Bopferid%5D=8423&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Baction%5D=showopfer&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Bcontroller%5D=Archiv&cHash=295ccb545e6bfa32e0ea5e084828e10a
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_transport&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Bopferid%5D=2853&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Baction%5D=showopfer&tx_mucstadtarchiv_stadtarchivkey%5Bcontroller%5D=Archiv&cHash=3578589e075630b794ed214b67d2e579
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Postkarte
an Herrn J. Liebenstein
in Mainbernheim (1920)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim / Ries) |
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Die Postkarte an Herrn J. Liebenstein in
Mainbernheim wurde am 20. Februar 1920 in Ebelsbach
geschrieben. Es ist nicht bekannt, um wen genau es sich bei J. Liebenstein
handelt, jedoch ist der Familienname Liebenstein in Mainbernheim auch auf
dieser Seite mehrfach belegt (siehe oben; vgl. vor allem den in der Liste
der Umgekommenen der NS-Zeit genannte Jacob Liebenstein, geb. 1888).
Zum Text der Karte: "Ebelsbach, 20.II.20.
Meine Lieben! Will dir liebe Rosa rasch mitteilen, dass wir am Mittwoch Luftzeit haben von Dienstag auf Mittwoch. Hoffe
Euch wohl und ist das auch bei uns der Fall. Ich gehe in letzter Zeit wöchentlich 2 mal nach Bamberg, ich hatte mir doch
seinerzeit bei Euch einen Zahn abgebrochen und der macht so viel zu tun. Montag werde ich fertig, Mittwoch war ich über
Nacht, habe mit Jettchen und Irma einen Künstlerball mitgemacht, ich habe mir auch das geblümte Seidenkleid machen
lassen. Hast Du ein Mädchen ? Herzliche Grüße von Eurer Klara." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Mainbernheim geboren sind |
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Kennkarte (ausgestellt
in Mainz 1939) für Justin Liebenstein
(geb. 26. Januar 1878 in Mainbernheim), Weinhändler |
Kennkarte (ausgestellt in
Mainz 1939) für Leon Liebenstein
(geb. 24. Mai 1881 in Mainbernheim), Weinhändler, |
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Zur Geschichte der Synagoge
Es ist nicht bekannt, ob es bereits im 15. Jahrhundert eine
Synagoge gab. Vermutlich war ein Betraum in einem der jüdischen Wohnhäuser
vorhanden.
Auch die neuzeitliche Gemeinde wird Anfang des 18. Jahrhunderts zunächst
einen Betsaal in einem Privathaus eingerichtet haben. 1748 wurde eine
Synagoge erbaut. Diese Jahreszahl war über dem Eingang der Synagoge zu lesen.
In der Synagoge wurde ein Toramantel von 1720/21 aufbewahrt.
Auf Grund der starken Abwanderung der jüdischen Familien nach
der Mitte des 19. Jahrhunderts drohte die Auflösung der jüdischen
Gemeinde. Als 1871 nur noch sechs jüdische Familien in Mainbernheim lebten, war
das Abhalten des öffentlichen Gottesdienstes in Frage gestellt. Da sich jedoch
die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder in der Folgezeit auf 40 bis 50 Personen
stabilisierte, bestand die Gemeinde bis in die NS-Zeit fort.
Beim Novemberpogrom 1938 gingen SA-, SS, NSKK- und HJ-Leute sowie weitere
Bürger der Stadt auch gegen die Synagoge vor. Sie wurde nicht in Brand gesetzt,
weil die Sicherheit der benachbarten Gebäude gefährdet war. SA-Leute deckten
jedoch das Dach der Synagoge ab. Daran wirkten auf Anordnung des Bürgermeisters
auch mit Äxten und ähnlichen Geräten ausgerüstete Lehrlinge aus einer nahe
gelegenen Werkstatt mit. Die Inneneinrichtung der Synagoge, die Ritualien und
Torarollen (ein Teil war zusammen mit dem Totengedenkbuch schon 1934 dem Verband
der Bayrischen israelitischen Gemeinden in München übergeben worden), wurden
von der HJ und Schulkindern auf einen Platz geschleppt und dort
angezündet.
Nach 1945: Das Gebäude der Synagoge überstand den Krieg und wurde zu einem bis
heute stehenden Wohnhaus umgebaut. Aus der Synagogenzeit stammen noch die
Grundmauern und ein Teil der Außenmauern. Eine Hinweistafel ist angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Untere Brunnengasse 4
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 12.5.2006)
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Die
"Judengasse" in Mainbernheim |
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Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge in Mainbernheim - zu einem Wohnhaus umgebaut |
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Hinweistafel am
Synagogengebäude |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
März 2009: Zweite "Stolperstein-Verlegung" in
Mainbernheim |
Bericht in der
"Main-Post" am 20. März 2009 (Artikel):
MAINBERNHEIM - Erinnerung an Mainbernheims Juden - Vier Stolpersteine erinnern an frühere Mitbürger
In der Unteren Brunnengasse und in der Herrnstraße in Mainbernheim verlegte der Kölner Bildhauer Gunter Demnig am Freitag Stolpersteine, die an die früheren jüdischen Bewohner der Häuser erinnern. Möglich wurde die Aktion durch die private Spenden und die Beteiligung der Stadt.
Ein Mensch ist erst wirklich tot, wenn sich niemand mehr an ihn erinnert, heißt es. Die Mainbernheimer Juden, die 1942/43 ihre Häuser im idyllischen Markgrafenstädtchen räumen mussten, konnten nicht lange Abschied nehmen: der Transport in Transit-Getto und Vernichtungslager wartete. Eine Reise ohne Wiederkehr, auch für die vier Mainbernheimer, an die seit Freitag mit Stolpersteinen des Kölner Bildhauers Gunter Demnig erinnert wird.
Es sind nicht die ersten Stolpersteine, die ins Mainbernheimer Straßenpflaster gelassen werden, zwei befinden sich bereits in der Schützen- und in der Herrnstraße. Am Freitag nun hält Demnigs roter Transporter zunächst vor dem Haus in der Unteren Brunnengasse 4, für die Geschichte der Mainbernheimer Juden ein historischer Ort. Durch den Hof des Anwesens gelangte man früher nämlich zur Synagoge, die während der Pogromnacht 1938 zerstört wurde und heute ein Wohnhaus ist.
Nach Ostpolen deportiert. Bei Demnigs Aktion geht es jedoch ums Vorderhaus. Hier wohnten Meta und Philipp Hausmann, geboren 1899 beziehungsweise 1878. Meta wurde 1942 ins Durchgangslager Izbica in Ostpolen deportiert, Philipp im selben Jahr nach Theresienstadt. Danach verliert sich ihre Spur. Jetzt sollen zumindest ihre Namen und ihr Schicksal wieder ins Bewusstsein der Mainbernheimer rücken. Einige von ihnen sind am Freitagmorgen gekommen, um zu beobachten, wie Demnig einen großen Pflasterstein gegen die beiden Gedenkplättchen tauscht. Die Märzsonne lässt die Messingplatten funkeln, nach ein paar Minuten glänzen sie sauber einzementiert vor der Hofeinfahrt des Hauses.
Ein paar Meter weiter, in der Herrnstraße, wird vor dem Haus Nummer 34 an Aron Schönfärber erinnert, der als 78-Jähriger den Todestransport nach Theresienstadt antreten musste. Ein alter Mann, der Hitlers Reich nicht mit Milde rechnen durfte – ebenso wenig wie die 53-jährige Else Bernheimer aus der Herrnstraße 43, die 1942 nach Polen deportiert und ermordet wurde.
Den jüdischen Mitbürgern in Mainbernheim hatte es auch nichts genützt, dass sie sich – wie viele Juden in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert – fest in die Gesellschaft integriert hatten. Ein Dokument aus der Sammlung des Mainbernheimer Historikers Kurt Kraus belegt so zum Beispiel, dass bei einer Haussammlung des CVJM in den 20er Jahren auch neun Juden eine Spende gaben. Schon wenige Jahre später war es der Mainbernheimer Stadtrat, der 1935 per Beschluss
"Abwehrmaßnahmen" gegen die Juden anordnete. Wer sich nicht fügte, wie der
"Falken"-Wirt Gustav Jaeger, musste mit Sanktionen rechnen. "Dieser Wirt kauft Fleisch beim Juden" stand eines Tages auf einem Schild am Vierröhrenbrunnen, eine Aufschrift auf dem Pflaster vor dem Eingang des Gasthauses stempelte Jaeger als
"Judenknecht" ab.
Einrichtungen verbrannt. Von der Ausgrenzung bis zum offenen Terror war es nur noch ein kurzer Weg, wie Kraus in einem Zeitzeugenbericht schreibt:
"Am 9. November 1938, der so genannten Reichskristallnacht, verwüsteten SA-Leute, unterstützt von zahlreichen Bürgern, sowohl die jüdischen Wohnungen als auch die Synagoge und verbrannten auf dem Schießhausplatz deren Inneneinrichtung samt sämtlicher Bücher." Wo man Bücher brennt, verbrennt man am Ende auch Menschen, prophezeite der Dichter Heinrich Heine.
Vor dem Mord stand die Misshandlung. Wie das Buch "Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945" berichtet, bekamen in Mainbernheim auch nichtjüdische Bürger den Terror zu spüren: So wurden zwei Frauen verprügelt, nur weil sie 1942 einem jüdischen Ehepaar beim Packen halfen. Es gab auch andere Gegenbeispiele – wie das der Mainbernheimer Frauen Hilde Dietz und Gretel Dorsch, die auch nach 1933 zu ihrer jüdischen Freundin Mirra Bernheimer hielten und die sich alle 1995 wiedersahen.
Täter und Opfer, Mitläufer und stille Helfer lebten Wand an Wand: Mainbernheim, ein ganz normales Städtchen im Deutschland des 20. Jahrhunderts. |
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Historische Aufnahme des
Anwesens
Brunnengasse (rechts).
© Foto Archiv Kurt Kraus |
Gunter Demnig beim Verlegen
der Steine in
der Unteren Brunnengasse 4, wo sich auch
der Eingang zur
Synagoge befand |
Die beiden Steine für Meta
und Philipp
Hausmann, die ins Pflaster vor der Unteren
Brunnengasse 4
eingelassen sind |
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November
2011: Über die
"Stolpersteine" in Mainbernheim |
Artikel in "infranken.de"
(Kitzingen) von Marianne Kehrer vom 21. November 2011: "In Stein
gemeißelte Erinnerung.
Gedenken. Die Familie Hausmann lebte einst in Mainbernheim - bis sie als
Juden vertrieben und umgebracht wurden. Stolpersteine des Künstlers
Gunter Demnig erinnern in ganz Europa an solche Schicksale, jetzt auch in
Mainbernheim..."
Link
zum Artikel - auch eingestellt als
pdf-Datei. |
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Dezember 2018:
Der Mainbernheimer Stadtrat
informiert sich zum Projekt "Netzwerk jüdischer Friedhof Rödelsee"
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Artikel von Regina
Sterk in "Die Kitzinger" vom 14. Dezember 2018: "Werben für das Netzwerk
jüdischer Friedhof. Auch der Mainbernheimer Stadtrat beschäftigte sich diese
Woche mit dem Netzwerk jüdischer Friedhof
Rödelsee.
Auch der Mainbernheimer Stadtrat beschäftigte sich diese Woche mit dem
Netzwerk jüdischer Friedhof. Dazu war Margret Löther, die Vorsitzende des
Fördervereins ehemalige Synagoge Kitzingen, zu Gast in der Ratssitzung und
warb für das Projekt. Sie erklärte, dass bereits einige Mainbernheimer
Mitglieder des Fördervereins seien und die Stadt immer wieder ihre
Verbundenheit mit ähnlichen Projekten gezeigt habe. Deshalb erhoffte sie
sich den Beitritt der Stadt zum Netzwerk, um die Teilnahme am
LEADER-Förderverfahren stemmen zu können. Geplant ist, am Friedhof selbst
Informationen zur Geschichte und Kultur der Begräbnisstätte zu installieren,
etwa in Form einer Stele. Das will die Gemeinde Rödelsee federführend
übernehmen. Daneben gilt es, vorhandene Forschungen aus den einzelnen
Gemeinden zusammenzuführen, Infomaterial und eine Webseite zu erstellen.
Vermutlich wird es notwendig sein, eine Art Koordinator für das Netzwerk
anzustellen. Margret Löther hofft, dass sich zehn Gemeinden an dem Projekt
beteiligen, dann käme die Eigenbeteiligung je Gemeinde auf rund 5000 Euro,
"ohne Berücksichtigung von Folgekosten", wie sie erklärte. Bürgermeister
Peter Kraus meinte, die Stadt sei dem Projekt gegenüber grundsätzlich
aufgeschlossen, in welcher Größenordnung man sich beteiligen könne, bleibe
abzuwarten. Eine Diskussion zum Thema gab es am Abend nicht mehr. Die Räte
entscheiden über eine Beteiligung der Stadt am Netzwerk zu einem späteren
Zeitpunkt..."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica III,2 S. 784-786. |
| Naphtalie Bamberger: Geschichte der Juden von
Kitzingen. 1908. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 351-352. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 86. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 516-518. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 199. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Mainbernheim Lower
Franconia. Jews are first mentioned in the late 14th century and lived there in
small numbers during the next centuries. In 1837 the properous community
numbered 140 (total 1.633), engaged mainly in the wine and cattle trade. During
the 19th century (until 1871) Mainbernheim was the seat of the district
rabbinate. The Jewish population dropped to 44 in 1867 and 20 in 1933. On Kristallnacht
(9-10. November 1938), Jews were severly beaten and their homes were wrecked, as
was the synagogue. In 1933-40, 20 Jews left Mainbernheim, 12 of them for other
German cities. The last Jews were deported to Izbica in the Lublin district
(Poland) and to the Theresienstadt ghetto in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|