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Schwarza (VG
Dolmar, Kreis Schmalkalden-Meiningen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Schwarza bestand eine jüdische Gemeinde
bis 1930, danach von 1932 bis 1939 als Filiale zur Synagogengemeinde in Suhl. Die
ersten Juden lebten hier bereits im 15. Jahrhundert: 1411 werden erstmals ein
Jud Gutkind und ein Jud Salomon am Ort genannt.
Die Entstehung der neuzeitlichen
Gemeinde geht in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts zurück: 1652 wurde
Joseph Aaron mit Familie aus Schmalkalden aufgenommen. Im Laufe der folgenden
Jahrzehnte konnten weitere Familien zuziehen, sodass 1669 inzwischen acht jüdische
Familien mit 40 Personen am Ort lebten. Fünf
Jahre später waren es 70 Personen.
Ein Rabbiner wird 1704 erstmals
genannt. Mit Abraham Ulmann ist 1706 ein jüdischer Lehrer am Ort. Eine
Schulordnung wurde 1739 erstellt, in der u.a. die Bestellung des Lehrers, Vorsängers
und Schächters festgelegt wurde. 1767 wohnten 18 jüdische Familien am Ort, die
überwiegend vom Viehhandel leben. Die Erträge waren in dieser Zeit allerdings
äußerst gering, sodass mehrere Juden im Zusammenhang mit einer Hungersnot 1774
von hier verzogen sind. Nur vier Familien galten als "bemittelt", die übrigen
als "arm", "verarmt" oder "völlig verarmt". Mehrere der Familien lebten in der
ehemaligen "Judengasse" (1933 in "Hüttengasse" umbenannt, 1946 in "Irma-Stern-Straße").
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u..), eine jüdische Schule,
ein rituelles Bad und ein eigener Friedhof. Rabbiner beziehungsweise
rabbinische Gelehrte hatte die Gemeinde offenbar bis Mitte des 19. Jahrhunderts:
1824 bis 1828 war in Schwarza Moses Cohen tätig, der danach als Rabbiner in
Kaiserslautern wirkte (s.u.); um 1840 wird Rabbiner Moses Michel in Schwarza
genannt (s.u.). Er scheint auch in einem Bericht des Amtmannes von Schwarza 1842
("von Moses Michel, der als Rabbiner fungiert, werden jährlich 3-4 Reden
in deutscher Sprache gehalten").
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nahm die
Zahl der jüdischen Einwohner stark zu. 1804 wurden 153 jüdische
Gemeindeglieder (neben 889 christlichen Einwohner) gezählt,
1823 waren es 196 und 1829 225 jüdische Gemeindeglieder. Die Höchstzahl wurde
1846 mit 287 jüdischen Einwohnern erreicht. Danach ging die Zahl durch Aus- und
Abwanderung relativ schnell zurück (1861 160, 1870 96, 1896 17 jüdische
Gemeindeglieder). Parallel ging die Zahl der Kinder an der jüdischen Schule zurück
(1838 54 schulpflichtige jüdische Kinder, 1861 22, 1867 10, 1896 nur noch ein
schulpflichtiges jüdisches Kind). In
der Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die jüdischen Familien durchweg vom
Handel mit Vieh, Waren und Landesprodukten. In der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurden von ihnen mehrere Handlungen und Läden am Ort eröffnet.
Obwohl Anfang des 20. Jahrhunderts die jüdische Gemeinde nur noch aus wenigen
Familien bestand, wurden bis 1922 noch Vorstandswahlen durchgeführt, zuletzt
1922 (Vorstandsmitglieder Max Grünspecht, Joseph Stern und Adolf Rosskamm).
1930 wurde die jüdische Gemeinde aufgelöst und 1932 dem
Synagogen-Gemeinde-Bezirk Suhl angegliedert. 1938 lebten noch 7 jüdische
Personen in Schwarza. Die letzten wurden 1942 deportiert, sodass nach dem 20.
September 1942 keine jüdischen Personen mehr in Schwarza lebten.
Von den in Schwarza geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hanni Hähnlein
(1939), Irma Hähnlein geb. Stern (1901), Susi Hähnlein (1929), Lina Hirschberg
(1877), Leopold Ledermann (1875), Hanni Stern, Irma Stern, Susi
Stern, Karoline Stern geb. Morgenroth (1866), Simon Ullmann.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Elementar- und
Religionslehrers 1842 / 1845
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juli 1842:
"Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierter Elementar- und
Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt - zu Michaelis d.J., und
bittet Kandidaten sich recht bald in frankierten Briefen zu melden bei dem
Vorsteher L. Simson.
Schwarza, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen. |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Februar 1845:
"Anzeige. Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierten Elementar-
und Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt - zum 1. Mai diesen
Jahres.
Die geehrten Herren Bewerber - Preußen - die über ihre Qualifikation als
tüchtige Elementar- und Religionslehrer, wie über ihre Moralität
spezielle amtliche Zeugnisse aufzeigen können, belieben sich alsbald in
frankierten Briefen zu wenden an den Vorsteher L. Simson.
Schwarza, Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen." |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6.
Oktober 1845: "Hiesige Gemeinde sucht einen gut qualifizierten
Elementar- und Religionslehrer - gegen ansehnlichen Gehalt und freie
Wohnung, - der sowohl zu Rosch Chodesch Cheschwan als auch zu Rosch
Chodesch Kislew und nötigenfalls auch zu Rosch Chodesch Tewet die
Stelle antreten kann.
Die geehrten Herren Bewerber - Preußen - die über ihre Qualifikation als
tüchtige Elementar- und Religionslehrer, wie über ihre Moralität
spezielle amtliche Zeugnisse aufzeigen können, blieben sich baldigst in
frankierten Briefen zu wenden an den Vorsteher L. Simson. Schwarza,
Regierungsbezirk Erfurt, Kreis Schleusingen." |
Aus der Geschichte der Rabbiner in Schwarza
Über Moses Cohen
Anmerkung: Moses Cohen war vor 1824 Lehrer in Fulda,
1824 bis 1828 Lehrer/Rabbiner in Schwarza, von 1828 bis zu seinem Tod Rabbiner
in Kaiserslautern.
Artikel in der Zeitschrift "Sulamith" Jg. 1824 S. 282:
"Herr M. Cohen, ein talentvoller Mann, welcher früherhin als
Lehrer in Fulda angestellt war, sucht nun in seinem jetzigen Wohnort Schwarza,
unweit Meiningen, seine Glaubensgenossen durch öffentliche deutsche Reden
und Vorträge, die inhaltsreich und zweckmäßig ausgearbeitet sind, zu
belehren, und sie für das Höhere und Bessere empfänglich zu
machen." |
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Zum Tod von Rabbiner
Moses Cohn 1843 |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 2.
Juli 1843: "Der brave, wackere Moses Cohen, Rabbine in
Kaiserslautern, ist nicht mehr. Er verschied in der Nacht vom 13. auf den
14. vorigen Monats in seinem 58. Jahre. Den Glaubensgenossen des
Verewigten, die aus allen Orten des Bezirks in Menge herbeigeströmt
waren, hatten sich die christlichen Bewohner der Stadt in Masse
angeschlossen: die Beamten, die Geistlichen der verschiedenen
Konfessionen, die Lehrer der Volksschulen, bezeigten, indem sie dem
Leichenzuge folgten, ihre Teilnahme. Der. Grünebaum, Bezirksrabbiner in
Landau, hielt eine ergreifende Leichenrede. - Als der Verblichene vor 15
Jahren sein Amt in Kaiserslautern antrat, fand sich in seinem Bezirke auch
nicht eine einzige öffentliche jüdische Schule, und seitdem sind unter
seiner Mitwirkung gegen 20 ins Leben getreten. Wir wissen den Verlust
seiner Pflegbefohlenen umso mehr zu würdigen, da der Verblichene in
unserer Gegend noch im besten Andenken steht, indem derselbe vor seiner
Berufung nach Kaiserslautern, in Schwarza, im Hennebergischen,
domizilierte und dortselbst, und in der Umgegend, wegen seiner
talmudischen Kenntnisse, seiner gediegenen wissenschaftlichen Bildung, die
er seinem Selbststudium verdankte und besonders wegen seines
achtungswerten Charakters, Aller Achtung und Liebe genoss." |
Erwähnung von Rabbiner Moses Michel in Schwarza 1840
Bericht
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. November
1840: "Aus Schwarza bei Schleusingen berichtet man uns von
einer sehr würdigen gottesdienstlichen Feier, die der dortige Rabbine
Moses Michel veranstaltete, und die dieser durch eine eben so originelle,
als kräftige Predigt erhöhte." |
Aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Jüdische Personen aus Schwarza bemühen sich um
Zuzug nach Suhl, wandern teilweise aus (1843)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Mai 1843:
"Aus dem Hennebergischen, 26. März (D.A.Z.). Es ist wenig bekannt
und scheint selbst die Aufmerksamkeit der preußischen Regierung noch
nicht auf sich gezogen zu haben, dass die Juden in der Grafschaft
Henneberg sich in einer ungleich ungünstigeren Rechtslage befinden als
die des ganzen übrigen Staates. Es ist dort noch die alte
Partikulargesetzgebung beibehalten worden, und in Folge davon dürfen die
dortigen Juden keine Grundstücke erwerben, sich nicht als Handwerker
etablieren, sich ohne eingeholte Erlaubnis nicht verheiraten. Namentlich
sind ihnen die Suhler Stadtrechte feindselig. Gleichwohl ist dieser kleine
Teil Landes verhältnismäßig stark von Juden bewohnt, und namentlich
halten sich i n den Flecken Heinrichs und
Schwarza sehr viele auf. Nach Suhl
darf keiner ziehen. Ein junger Mann in Suhl, namens Nathan Mayer, der
früher den Kleinhandel (Schacherhandel?) betrieben, aber das Handwerk
eines Leinwebers erlernt hatte und nun dem Handel entsagen und sich seiner
Profession widmen wollte, konnte, trotz aller Bemühungen, die Erlaubnis
nicht erhalten und musste so zu seinem früheren Geschäfte zurückkehren.
Ein angesehener und wohlhabender Jude in Heinrichs, namens Julius Mayer,
wollte nach Suhl ziehen und wendete sich, da der dortige Magistrat
widersprach, an die Regierung, endlich ans Ministerium, musste aber, mit
Rücksicht auf das bestehende Recht, abgewiesen werden. Er verkaufte nun
Hab und Gut und zog mit seiner Familie nach New York, wo es ihm wohl gehen
soll, und viele junge Leute aus der Grafschaft schlossen sich ihm an.
Gleichwohl treiben die Juden dieser Flecken viele Geschäfte mit Suhl und
leben mit den dortigen Bürgern auf dem freundschaftlichsten
Fuße." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Regina
Goodmann aus Schwarza (1837-1914) und Meyer Goodman aus Münsterappel
(1835-1901)
Anmerkung: das Grab befindet sich im Cypress Hills Cemetery in New York -
Brooklyn, Jamaica Ave; der Geburtsname von Regina Goodmann wird nicht
mitgeteilt..
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Grabstein für "our beloved Parents
Regina Goodmann
Born in Schwarza, Germany
Nov. 27, 1837
Died April 9, 1914 -
Meyer Goodmann
Born in Münsterappel,
Germany
Nov. 27 1835.
Died April 27 1901". |
Foto
der aus Schwarza
stammenden Jennie geb. Epstein
(erhalten von Sharon Grundfest-Broniatowski) |
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Das Foto links
zeigt Moses Hartmann (geb. 1858 in Barchfeld
als Sohn von Lipmann Hartmann und der Netta geb. Hoffmann) und rechts
seine Frau Jennie geb. Epstein (geb. 1861 in Schwarza als
Tochter von Lipmann Epstein und seiner Frau Karoline geb. ?). Die beiden
sind um 1901-1903 aus Ilmenau in
die USA ausgewandert; das Foto wurde in Meiningen aufgenommen.
Ein Bruder von Moses Hartmann war Samuel Hartmann. Nach einer
allerdings unbestätigten Überlieferung in der Familie war er oder dessen
Sohn Levi Hartmann zeitweise Leibwächter von Kaiser
Wilhelm. |
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betsaal dürfte noch im 17. Jahrhundert eingerichtet worden
sein (vermutlich um 1680). Eine Synagoge ("Judenschule") wird 1753
genannt. Sie wird bereits einige Jahrzehnte bestanden haben, da damals die jüdischen
Gemeindeglieder Hertz Wolff und Joseph Feibel die Genehmigung erhielten, für
die Reparatur dieser Synagoge bei jüdischen Gemeinden im Land Spenden
einzusammeln. Mit dem Ergebnis dieser Kollekte und eigenen Mitteln konnte 1754
die Reparatur der Synagoge durchgeführt werden. Johann und Philipp Ernst Bohn
aus Hermannsfeld wurden beauftragt, die notwendigen Bauarbeiten
(Schreinerarbeiten usw.) vorzunehmen. 1755 wurde eine neue
Platzordnung in der Synagoge in Anwesenheit von Rabbiner Moses aus Wüstensachsen
festgelegt.
Die alte Synagoge war für die seit Anfang des 19. Jahrhundert stark steigende
Zahl von Gemeindemitglieder alsbald viel zu klein. In den 1830er-Jahren konnte
in der Nähe der alten Synagoge ein Grundstück gekauft werden, auf dem die neue
Synagoge gebaut werden konnte. Die Grundsteinlegung war am 15. Oktober 1839, worüber
nachstehender Pressebericht vorliegt:
Grundsteinlegung der neuen Synagoge am 15. Oktober
1839
Schwarza (bei Meiningen), 15. November
(1839; Privatmitteilung). Wenn lediglich aus Liebe zur Religion aus geringen
Mitteln Großes bewirkt wird, so verdient dies gewiss Anerkennung und ist
zugleich eine Aufmunterung für unsere Mitbrüder. Darum gönnen Sie wohl
folgenden Mitteilungen einen Platz in ihrer Zeitung.
In Schwarza bei Meiningen wohnen 40 jüdische Familien, von denen die meisten
sich kümmerlich ihr tägliches Brot erwerben. Seit einer langen Reihe von
Jahren besteht bereits diese kleine, wahrhaft gottesfürchtige Gemeinde, und
besitzt ein eigenes Gotteshaus. Da aber dasselbe mit der Zeit zu klein wurde,
beschloss man schon vor mehreren Jahren, ein neues zu erbauen. Viele Opfer von
Seiten der wenigen Wohlhabenden daselbst bedurfte es, um endlich die nötige
Summe zusammen zu bringen, aber dennoch gelangte man ans Ziel. – Es wurde ein
geräumiger Platz in der Nähe der alten Synagoge gekauft, welchen noch ein
Mitglied der Gemeinde, Herr Löb Mayer, durch einen Teil seines daran stoßenden
Gartens, ohne die geringste Entschädigung zu verlangen, vergrößerte. – Am
15. Oktober wurde feierlich der Grundstein zum neuen Bau gelegt. Bei dieser
Gelegenheit legte der würdige Rabbine, Herr Moses Michel einige Schriften,
welche die zeitigen Verhältnisse der Gemeinde enthielten, in den Grundstein,
wobei von der Schuljugend gesungen wurde. Am folgenden Sabbat waren die
Zimmerleute mit dem Aufrichten des Gebäudes fertig. Der Rabbine hielt eine
andachtsvolle Rede über die Worte des Psalmisten: "Ich freue mich, wenn man zu
mir spricht: lasst uns in das Haus des Ewigen gehen", worauf der 92. Psalm und
andere Lieder von der ganzen Gemeinde gesungen wurden. Viele angesehene Christen
nahmen Teil nicht bloß an der Festlichkeit, sondern auch an der Freude, welche
die ganze Gemeinde belegte. Der Plan dieser neuen Synagoge ist nach der neuesten
Bauart; in einem Jahr wird wahrscheinlich das Ganze zur Freude Gottes und der
Menschen dastehen. Alsdann wird die alte Synagoge zum Schulhause eingerichtet
werden. Besonders verdienen noch die vielfachen Bemühungen des zeitigen
Vorstehers, Herrn Löb Simson, welcher den Synagogenbau mit größtem Eifer
betrieb, rühmlichst erwähnt zu werden. |
Die Fertigstellung der Synagoge dauerte bis zum Herbst
1841. Am 5. November 1841 konnte sie feierlich eingeweiht werden. Da kurz zuvor
der Hennebergische Erbgraf gestorben war, konnte die Feier nicht mit "öffentlicher
Musik und Lustbarkeiten" durchgeführt werden. Dennoch war es ein großes Fest für
die gesamte Ortsbevölkerung von Schwarza und die jüdischen Gemeinden der
Umgebung. Die Einweihung nahm der Kissinger Rabbiner Dr. Adler vor. Im
Mittelpunkt stand die Überführung der 13 Torarollen der Gemeinde von der alten
in die neue Synagoge. Auch hierzu liegt Presseartikel vor:
Einweihung der neuen Synagoge am 5. November 1841
Mitteilung der Allgemeinen Zeitung des
Judentums vom 4. Dezember 1841: "Aus dem Hennebergischen, 15. November
(Privatmiteilung). Einen schönen Beweis, wie die Scheidewand zwischen Menschen
und Menschen in unserer Zeit immer mehr verschwindet, gab die am 5. November
stattgehabte Einweihungsfeier der in geschmackvoller Bauart errichteten Synagoge
zu Schwarza, einer nicht unbedeutenden Israelitengemeinde im preußischen
Henneberg. Aus Städten und Dörfern von Nah und Fern versammelten sich Tausende
von Juden und Christen, um Augenzeugen jener heiligen Geier zu sein. Mittag 1
Uhr begab sich die dortige Gemeinde in die alte Synagoge, zum letzten Mal darin
zu beten, das Amtspersonal hatte sich auch bereits dort eingefunden. Nach
Beendigung des Gebets bestieg der eigens zu dieser Feier berufene
Distriktsrabbine, Herr Dr. Adler von Kissingen, den Predigerstuhl und stellte
der Gemeinde ergreifend dar, dass dies enge Haus von jeher ihr Zufluchtsort in
allen Lagen ihres Lebens gewesen sei und forderte sie zum Danke gegen Gott auf,
für die große Gnade, nun in ein Haus ziehen zu können, das so prächtig aus
des Meisters Hand zur Verherrlichung Gottes hervorgegangen sei. Der imposanten
Prozession vom alten zum neuen Gotteshause schloss sich eine unzählige Menge in
geordneter Reihe ohne Unterschied des Glaubens an. Nachdem nun in geeigneter
Weise dem dortigen Amtmanne der Schlüssel zur Synagoge übergeben war, öffneten
sich seine geräumigen Hallen, die alle Teilnehmenden aufnahmen. Der Sängerchor
stimmte mit Instrumentalbegleitung feierliche Weihegesänge an. Hierauf bestieg
der Rabbine die Kanzel und sprach in gediegener Rede nach 2. Buch Mose 25,8 über
"die Bestimmung des Gotteshauses und über das Verhalten des Menschen gegen
dasselbe", sodass jedes Gemüt in tiefster Andacht sich durchdrungen fühlte.
Nicht unbedeutend sind die Gaben, die Gemeindemitglieder und fremde
Glaubensgenossen in diesen Tagen der Synagoge spendeten. Beseligend wird stets
die Erinnerung sein, die diese hehre Feier in jedem Augenzeugen hinterlassen
hat. Möge nach dem Gotteshause nun auch die Schule die Beachtung der Gemeinde
erwerben!" |
Die von Bezirksrabbiner Dr. Adler in Bad
Kissingen gehaltene Predigt wurde veröffentlicht und in der Zeitschrift
"Der Israelit des 19. Jahrhunderts" besprochen:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 29.
Januar 1843: "Rede bei der Einweihung des neuen Gotteshauses zu
Schwarza, gehalten von Dr. Adler, Distriktsrabbiner in
Kissingen.
Wir hatten schon früher eines gottesdienstlichen Vortrages des Verfassers
gedacht und gestehen offen, dass uns sein Fortschritt auf dem Gebiete der
geistigen Beredsamkeit auf das Freudigste überrascht hat. In der Rede,
welche jetzt vor uns liegt, begegnen wir - wenn auch die rechte Höhe der
Begeisterung, wie sie der Anlass erheischte, fehlt - doch einem so
einfachen beredeten, aus dem Herzen strömenden Ausdruck, einer so
erleuchteten Gesinnung und einer so erbaulich-sinnigen (wenn auch zu oft
gebrauchten) Deutung der Zeremonien, dass wir sie zu dem
Erfreulicheren, was die jüdische Homiletik in neuerster Zeit geleistet,
zählen können. Der Verfasser ist ganz auf dem Wege, eine homiletische Zelebrität
zu werden, und wenn er nur auch der Form noch mehr Vollendung widmet, die
Gedrängtheit der Gedanken vermeidet, die sinnigen Stellen aus den Alten
nicht zu oft und mit mehr Leichtigkeit einfließen lässt, auch nicht, was
die Begeisterung erschöpft, zu lange spricht (die vorliegende Predigt
enthält 52 Seiten): so werden wir ihn bald zu den vorzüglicheren
Kanzelrednern in Israel zählen können. Dafür bürgt uns schon das
wahrhaft Hinreißende, welches seine Worte haben, wenn er selbst vom
Gegenstande ergriffen ist und wovon die wirklich tief ergreifende Weise,
mit welcher er in dem fraglichen Vortrage die Feierlichkeitszeremonien den
Zuhörern gedeutet und erklärt, einen schönen Beleg
abgibt." |
Das Gebäude der alten Synagoge wurde nach
der Einweihung der neuen Synagoge zum jüdischen
Schulhaus umgebaut.
Bis um 1930 dürften Gottesdienste in der Synagoge abgehalten worden sein, wobei es immer schwieriger geworden war, die notwendige Zehnzahl
der jüdischen Männer (Minjan) zu erreichen. Nach Auflösung der jüdischen
Gemeinde Schwarza (1930/32) wurde das Synagogengebäude 1935 verkauft. Dennoch
wurde das Gebäude beim Novemberpogrom 1938 geschändet. Von Mitgliedern der örtlichen
Feuerwehr wurde vom Dach der Synagoge der preußische Adler mit Turmknopf und
Wetterfahne heruntergeholt. SA-Männer und andere Nationalsozialisten brachen den
Eingang zur Synagoge auf und zerschlugen die Inneneinrichtung beziehungsweise
brachten diese samt den sich noch im Gebäude befindlichen Torarollen, Ritualien
und Gegenstände vor das Gebäude, wo sie auf einem vor der Synagoge errichteten
Scheiterhaufen verbrannt worden.
1980/81 musste die ehemalige Synagoge nach jahrzehntelanger
Vernachlässigung des Gebäudes wegen Einsturzgefahr abgebrochen werden.
Adresse/Standort der Synagoge:
Irma-Stern-Straße
1
Foto
(Quelle: Nothnagel usw. s.Lit. S. 189)
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Die Synagoge in Schwarza, 1840
erbaut,
1938 geschändet, 1980/81abgebrochen |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hans Nothnagel / Elke Schwerda / Lothar von
Hausen: Chronik
über jüdisches Werden und Vergehen in Schwarza. In: Hans Nothnagel (Hg.): Juden in Südthüringen -
geschützt und gejagt. Bd. 1: Über jüdisches Leben und Erbepflege im
Evangelischen Kirchenkreis "Henneberger Land". Suhl 1988. S.
165-218. |
| Zeugnisse jüdischer Kultur. Erinnerungsstätten in
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und
Thüringen. Berlin 1992. S. 285-286. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|