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Tauberrettersheim (VG
Röttingen, Kreis Würzburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zum Hochstift
Würzburg gehörigen Tauberrettersheim (ursprünglich: Rettersheim) bestand eine jüdische Gemeinde bis
1936. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Um
1700 gestattete der Zehntamtsherr die Ansiedlung jüdischer Einwohner auf seinem
Anwesen, dem Zehntamtshof. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebten
die jüdischen Familien vom Stoff- und Warenhandel. Auch als Fleischlieferanten
werden Juden genannt. Der in den 1780er- und 1790er-Jahren genannte jüdische
Händler Jessel lieferte für die Landsoldaten Uniformteile.
1813 sind der jüdischen Gemeinde am
Ort 12 Matrikelstellen (d.h. für maximal 12 jüdische Familien) eingeräumt
worden, 1817 und 1824 kam je eine weitere Stelle dazu. Die 1817 in die
Judenmatrikel eingetragenen Haushaltsvorstände waren (mit neuem
Familiennamen und Erwerbszweig, einschließlich der Nachträge bis 1824): Jaidel
Wellheimer (lebt von seinem Vermögen), Wolf Grünfeld (Handel mit
Schnittwaren), Fraidel Berg (vermutlich Witwe), Leser Weickersheimer
(Weikersheimer, geringer Warenhandel), Joseph Gutmann (Viehhandel), Kaffel Berg
(geringer Warenhandel), Salomon Weiter (Kleinhandel) Aron Sondheimer
(Kleinhandel), Aron Sondheimer (Kleinhandel) Samuel Stettenheimer (Schmusen),
Marx Gunzenhauser (Kleinhandel), Löw Gutmann (Schmusen), Isack Weikersheimer
(Weikersheimer, lebt von Wohltaten), Wolf Weickersheimer (Weikersheimer,
Metzgerei, 1817), Anschel Sulzbacher (Handlung, 1824).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1816 50 jüdische Einwohner (6,6 % von insgesamt 757), 1867 63 (9,0 %
von insgesamt 697), 1880 42 (5,6 % von 752), 1900 38 (5,5 % von 692), 1910 32
(4,7 % von 682). Einige jüdische Familien betrieben nun Handlungen am Ort,
mehrere waren auch in der Landwirtschaft tätig.
An Einrichtungen waren eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule
(1834-1899) und ein rituelles Bad vorhanden. Zur Versehung des
Religionsunterrichtes gab es zeitweise einen eigenen Lehrer, der gleichzeitig
als Vorbeter und Schochet tätig war. Seit 1826 wird in dieser Stellung Jakob
Schwerin genannt. Aufsicht über seinen Unterricht - verbunden mit den
regelmäßigen Schulprüfungen - hatte gemeinsam mit dem Lokalschulinspektor der
Rabbiner/Lehrer Samuel Weisbart aus Allersheim.
In den 1840er-Jahren war einige Zeit Salomon Falk Lehrer in
Tauberrettersheim, später in Aub
(siehe Berichte dort). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem jüdischen
Friedhof in Weikersheim
beigesetzt.
Um 1924, als noch 19 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (2,7 %
von insgesamt 712 Einwohnern), war Gemeindevorsteher Karl Berg (auch noch
1932). Die Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat in Kitzingen.
Einen eigenen Lehrer gab es bereits längere Jahre nicht mehr. Den
Religionsunterricht der Kinder und besondere religiöse Aufgaben der Gemeinde übernahmen
auswärtige Lehrer (z.B. Lehrer Bernstein aus Aub
bei der Beerdigung von Adolf Grünfeld)
1933 lebten noch 10 jüdische Personen am Ort (1,5 % von insgesamt 651).
1935 kam es zu Anschlägen auf jüdische Häuser, u.a. wurde das Wohnhaus der
Geschwister Josef und Betty Gunzenhäuser mehrmals mit Kot beschmiert. Beim Novemberpogrom
1938 drangen SS- und SA-Leute in die beiden jüdischen Häuser am Ort ein:
in einem der Häuser wurden ein Fenster und ein Leuchter zerstört, im anderen sämtliche
Möbel und der Hausrat zerschlagen (zur Synagoge s.u.). Bis 1939 konnten sieben
der jüdischen Einwohner emigrieren beziehungsweise in andere Orte Deutschlands
verziehen. Im Winter 1939/40 wurden zwei (nichtjüdische) Dorfbewohner
beschuldigt, der Handelswitwe Gretel Grünfeld Brennholz verkauft zu haben. Anfang
1942 gab es noch zwei ältere jüdische Frauen am Ort, die im März 1942 in
das Würzburger Altersheim kamen und von dort aus im April 1942 nach Izbica bei
Lublin (Polen) beziehungsweise im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt
deportiert wurden.
Von den in Tauberrettersheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften
jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den
Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den
Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berta (Bella) Adler
geb. Sulzbacher (1863), Bertha Frank geb. Grünfeld (1900), Zerline Grünewald
geb. Grünfeld (1876), Betty Grünfeld (1898), Emma Grünfeld (1879), Gretchen
(Gretel) Grünfeld geb. Sulzbacher (1867), Josef Grünfeld (1898), Leo (Jehuda)
Grünfeld (1901), Willy Grünfeld (1896), Bertha Gunzenhäuser (1856), Betty
Gunzenhäuser (1889), Josef Gunzenhäuser (1886), Mina Gunzenhäuser (1892),
Minna Heinemann geb. Grünfeld (1874), Selma (Sara) Strauss geb. Berg (1880),
Karl Sulzbacher (1872), Babette Weiter (1855).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Der Schuldienst-Exspektant Abraham Adler aus
Dittlofsroda wird Religionslehrer und Vorsänger in Tauberrettersheim (1867)
Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von
Unterfranken und Aschaffenburg" vom 26. November 1867:
"Durch Regierungs-Entschließung vom 20. November laufenden Jahres ad
Nr. 42955 ist die von der israelitischen Kultusgemeinde Tauberrettersheim,
königlichen Bezirksamts Ochsenfurt, beschlossene Übertragung ihrer
Religionslehrers- und Vorsängerstelle an den israelitischen Schuldienst-Exspektanten
Abraham Adler aus Dittlofsroda,
königlichen Bezirksamtes Hammelburg, genehmigt worden." |
Lehrer Marx Reinhold warnt die Bewerber auf eine Religionslehrerstelle
(1872)
Anmerkung: aus der Anzeige geht nicht hervor, ob Lehrer Reinhold
speziell vor der Vertragsabschließung im Blick auf eine Stelle in
Tauberrettersheim oder ganz allgemein warnt.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1872:
"Jeder Übernehmer einer israelitischen Religionslehrerstelle
wird gewarnt, beim Abschließen seines Vertrages nicht auf
vierteljährliche Kündigung einzugehen. Tauberrettersheim, den 22.
Februar 1872. Marx Reinhold, Lehrer zu Gochsheim." |
Berichte / Anzeigen zu einzelnen Personen der Gemeinde
Zum Tode des aus Tauberrettersheim
stammenden Mosche Weikersheimer (1896 in Würzburg)
Artikel
in "Der Israelit" vom 22. Juni 1896: "Würzburg, im Juni.
(hebräisch und deutsch:) 'Zuversichtlich bei seinem Tode ist der Gerechte'.
Die Wahrheit dieses Spruches empfanden wir bei dem Hinscheiden eines
edlen, in Frömmigkeit und Tugend wandelnden Mannes, des Rabbi Mosche
Weikersheim - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
dahier, der am 14. dieses Monats seine irdische Laufbahn im
dreiundsiebzigsten Lebensjahre beendete. Mit ihm ist ein Mann aus unserem
Mitte geschieden, dessen ganzes Leben im Gottesdienst, auf das eine
Ziel hingerichtet war, in der Scheidestunde einmal mit Zuversicht in das
andere Leben hinüber blicken und sich sagen zu können: 'Ich habe nach meines
Gottes Willen gelebt, habe meine Schuldigkeit als jehudi (frommer
Jude) und als Mensch getan. An den drei Grundpfeilern der sittlichen
Weltordnung festhalten, fand er in der Erfüllung der göttlichen Gebote seine
ganze Lebensaufgabe. So war er von Jugend auf dem lernen der heiligen Tora
zugetan und brachte es durch seineLiebe zu Tora, durch seine eifrige
angestrengt Bemühung um das Verständnis der selben, durch seine war hi war
hafteTora zu sehr anerkennenswerten Resultaten, die ihn zu einem Sohn der
Tora im besten Sinne des Wortes machten.Um seine seinem Verlangen nach Tora
besser genügen zu können, verließ er vor 20 Jahren seine Heimatgemeinde
Tauberrettersheim und zielte hierher über, nachdem Rate, wie er sagte, nicht
aber um die Annehmlichkeiten des Stadt Lebens zu genießen; denn nichts lag
ihm ferner als das Verlangen nach wohlleben nach einem Genuss über das
Lebensbedürfnis hinaus. Auch zog er sich vom Geschäftsleben zurück, um ganz
dem lernen der Tora und des Gottesdienstes zu leben. Diesem seinem edlen
Vorsatz kam er treulich nach;Da blieb keine Gelegenheit zum lernen unbenutzt
und in der Scheiß Refrather, wie im aha wie er mit Verein war er einer der
regelmäßig Stanteilnehmer.Der Pflicht der Arvo da kam er nicht nur durch
sein regelmäßig erscheinen bei dem öffentlichen Gebet dreimal täglich und
durch seine nach, sondern er stellte seine Fähigkeit als ScharlachSieburg
viele Jahre hindurch seine Heimat Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung und
rosa sogar Cherry Tea dort, ohne irgend welches Entgelt.
In gleichem Maße oblag er der Pflicht der Wohltätigkeit; Er war ein sehr
tätiges Mitglied der Rewe Rachel Geh Minute also Team, stand jedem gerne mit
Rat und Tat bei, gab reicht sie da kam und schloss sich allen wohltätigen
Zwecken bereit unauffällig an. So lebt der Mann steht's mit Gott und für die
Welt, wobei ihm seine fromme, eh gleich Edelgesinde Gattin freudig und
ermutigend zu Seite stand. Die außerordentliche Teilnahme an seinem
Leichenbegängnisse legt dann auch Zeugnis ab von der Anerkennung in der
allgemeinen Achtung, deren sich der verblichenen zu erfreuen hatte und die
an der bare des selben gesprochenen Worte gaben berieten Ausdruck davon. Im
Hause sprach zuerst Seminar Lehrer Weisbarth, von der entwerfen eines
Gesamtbildes absehen, hauptsächlich von dem citycutBis dahin geschiedenen,
dass sich in dem Kunden gehabt." |
Zum Tod von Hajam Sulzbacher im Oktober 1896
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1896: "Tauberrettersheim.
Vorige Woche verschied der in weiten Kreisen bekannte Hajam Sulzbacher
nach kurzem schweren Leiden im Alter von 71 Jahren. Von Nah und Fern waren
Verwandte und Bekannte herbeigeeilt, um dem teueren Verblichenen das
letzte Geleit zu geben. Das große Leichenbegängnis gab von der Achtung,
die ihm allenthalben zuteil wurde, beredtes Zeugnis. Sein Haus stand den
Armen immer offen. Weit und breite war er auch durch sein Wohlwollen
bekannt. Aber nicht im Wohl tun allein suchte er seine Religion zu
betätigen, sondern auch in der Ausübung jeder Mizwa (Gebot). So
gering dieselben auch scheinen möchten, war er stets eifrig bemüht,
dieselbe ganz zu vollführen. Sein ganzes Sinnen und Streben war darauf
gerichtet, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen. Neben der Ausübung
der jüdischen Pflichten, war er bis fast zu seinem Ende in seinem
Geschäfte eifrigst bemüht. Seine strenge Reellität und wahre
Rechtschaffenheit gaben ihm bei Glaubensgenossen und Andersgläubigen
großes Ansehen. Am Grabe sprach der Lehrer der dortigen Gemeinde über
die herrlichen Tugenden des Verblichenen. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Esther Sulzbacher (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1908: "Tauberrettersheim,
20. Januar (1908): Dieser Tage geleitete man Frau Esther Sulzbacher von
hier zur letzten Ruhe. Die Dahingeschiedene war bekannt ob der
hervorragenden Wohltätigkeit, die sie allezeit geübt. Im Sterbehaus
hielt ihr Herr Lehrer Blumenthal von Aub
einen warmen Nachruf. Es sprachen dort ferner zwei Söhne der
Verstorbenen, die Herrn Lehrer Sulzbacher von Biebrich und von der Religionsgesellschaft
in Stuttgart ergreifende Worte über die Innigkeit, mit der ihre Mutter an
unserer heiligen Tora hing. Herr Rabbiner Dr. Schweizer von Weikersheim,
wo die Heimgegangene zur Beisetzung kam, sprach sein Bedauern aus, dass er
infolge der Nähe des Sabbats von einem Nachruf absehen müsse. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod des jüdischen Landwirtes und Viehhändlers Josef Grünfeld im Dezember 1925 -
"einer
der letzten Zeugen von der Blütezeit der hiesigen kleinen Gemeinde"
Artikel
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1926: "Tauberrettersheim
(Unterfranken). 1. Januar (1926). Einer der letzten Zeugen von der
Blütezeit der hiesigen kleinen Gemeinde ging von uns mit Josef
Grünfeld. Erzogen in einer Zeit, in der man noch auf dem Land über
den Segnungen der Tora groß werden konnte, hatte er sich in seiner
Jugend ein reiches jüdisches Wissen erworben, das er mit
bewunderungswürdigem Scharfsinn handhabte. Und sein ganzes Leben war ein
immer wieder erneuerter Versuch, der jüdischen Lehre Gestaltung im Leben
zu geben. Lehre und Leben waren für ihn Pole, die nur in ihrem
Aufeinanderbezogensein, in gegenseitiger Durchdringung in jedem Momente
ihren Sinn fanden. Das zeigte sich in seinem Familienleben, in seiner
geschäftlichen Tätigkeit, das zeigte sich vor allem in seiner
Lieblingsbeschäftigung als jüdischer Landwirt auf dem Felde. Im Verein
mit seiner, einer altehrwürdigen jüdischen Familie entstammenden Gattin
Lina geb. Fromm, verstand er es, ein jüdisches Herz par exellence zu
errichten und alle seine Kinder auf den derech hajaschar (den rechten
Weg) des Judentums zu führen. Sein eiserner Fleiß war in der ganzen
Umgegend sprichwörtlich geworden; er war ein Fürst der Arbeit, eine
Verkörperung des "groß ist die Arbeit, die ihren Herrn zu Ehren
bringt". Das Ideal des jüdischen Bauern auf eigener Scholle war
ihm ans Herz gewachsen; kein Wunder, dass er dem neu entstehenden
jüdischen Siedlungswesen in Erez Jisroel größtes Interesse widmete. Der
Bahre folgte ein unübersehbare Menschenmenge. Die gesamte christliche
Bevölkerung des Dorfes, viele, viele Freunde aus der Umgegend - Jude und
Nichtjude -, war die würdige Erscheinung des Verstorbenen doch jedem
Kinde der Umgegend bekannt. Mit welchen Augen ihn die christliche
Bevölkerung sah, das zeigte am besten der Ausspruch des christlichen
Arztes vom nahen Städtchen: 'Er war der Typ des alten Patriarchen, an
Würde, an Wissen und an Kraft!' Herr Rabbiner Dr. Kahn, Bad Mergentheim
gab in warmempfundenen Worten ein treffendes Charakterbild des
Verblichenen. Der Neffe, Herr Lehrer Leo Grünfeld - Darmstadt schilderte
in wehmutsvollem Gedenken die Lücke, die durch den Tod des Onkels in
Familie und Gemeinde entstanden ist. Als nun noch der Sohn, Herr Dr. J.
Grünfeld - Hamburg Abschied vom Vater nehmen wollte, versagte ihm die
Stimme in wildem Schmerz. Sein Schweigen sagte mehr, als Worte vermochte
hätten. Möge der schwergeprüften Gattin und seinen Kindern vom
Allgütigen Trost erstehen in dem Bewusstein, dass Josef Grünfeld im
Andenken seiner zahlreichen Freunde und Bekannten fortleben wird für alle
Zeiten. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Josef Grünfeld war verheiratet mit Carolina
(Lina) geb. Fromm, mit der er mehrere Kinder hatte: |
Bei dem im obigen Artikel genannten Sohn Dr.
J. Grünfeld handelte es sich um Dr. Isidor (Jesaja) Grünfeld (in
London Grunfeld): geb. 1900 in Tauberrettersheim, Lehrerausbildung
an der Israelitischen Präparandenschule Höchberg, anschließend an der
Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg; Examen 1922;
anschließend Jurastudium in Marburg, Frankfurt am Main und Hamburg sowie
Besuch von Jeschiwot in Frankfurt und Hamburg, Rabbinerexamen; ab 1927 als
Referendar, dann Rechtsanwalt in Würzburg, aktiv in verschiedenen Gruppen
und Einrichtungen, u.a. Mitglied im Landesvorstand der Zionistischen
Vereinigung für Deutschland; im Juli 1933 emigriert; ab 1936 Rabbiner in
London, 1939 bis 1945 Richter am Gerichtshof des Oberrabbiners von London
(Dajan), zahlreiche Mitgliedschaften und Ehrenämter in
britisch-jüdischen Institutionen und Vereinigungen, wichtige
Veröffentlichungen; gest. 1975.
(Quelle: Strätz, Biographisches Handbuch der Würzburger Juden Bd. I S.
214). War verheiratet mit Dr. Judith Rosenbaum (aus Frankfurt am Main),
Kinder. Anne Ruth verh. Cohn, Naomi, Joseph, Raphael, Alexander.
Unter
den zahlreichen Publikationen von Dr. Isidor Grunfeld sind ein bis
heute viel gelesenes Buch über den Sabbath wie auch
Übersetzungen der Werke von Samson Raphael Hirsch in die englische
Sprache (links: Samson Raphael Hirsch: Horeb - A Philosophy of Jewish Laws
and Observances. Translated by Dayan Dr. I. Grunfeld).
Artikel der Tochter von Isidor Grunfeld: Dr. Anne Ruth Grunfeld Cohn:
In-Depth Features - Dayan Dr. Yishai I. Grunfeld, zt"l (Artikel
von 2005) über ihren Vater: hier
anklicken (auch als pdf-Datei). |
Ein weiterer Sohn war Willy Grünfeld (geb.
1909 in Tauberrettersheim): erlernte in Würzburg den Beruf eines
Schneider (zw. 1926 und 1931 Lehrling, dann Geselle im Schneiderbetrieb
Nußbaum in Würzburg). |
Ein weiterer Sohn war Moritz Grünfeld
(geb. 1913 in Tauberrettersheim), Lehrerausbildung an der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg, Examen 1933. Ab 1935 (?) Lehrer an der
jüdischen Volksschule Würzburg, Mitglied im jüdischen Kulturbund;
Anfang 1939 nach London emigriert; 1982 als Rabbiner tätig (?)
(Quelle: Strätz, Biographisches Handbuch der Würzburger Juden Bd. I S.
213). |
Zum Tod von Adolf Grünfeld, Bruder des oben genannten Josef Grünfeld (1927)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1927:
"Tauberrettersheim (Unterfranken), 20. November 1927:
"Unsere kleine, leider nun fast ausgestorbene Gemeinde, hatte wieder
einen herben Verlust zu beklagen. Am Sonntag, den 6. November trug man
Adolf Grünfeld - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - zu
Grabe, den Inhaber des Herrenkonfektionsgeschäftes S. Sulzbacher Nachfolger.
Zwei Jahre sind es erst her, seit wir den unvergesslichen Bruder des
Verstorbenen, Josef Grünfeld, verloren. Nun sind mit den beiden Brüdern
die letzten Stützen der hiesigen Gemeinde ins Grab gesunken. Die
Beerdigung war ein beredtes Zeugnis der Beliebtheit Adolf Grünfelds in
allen Kreisen der Bevölkerung. Juden und Nichtjuden des Dorfes und der
Umgebung folgten der Bahre, Kriegervereine und freiwillige Feuerwehr gaben
ihrem langjährigen Mitglied das letzte Geleite. Der Verstorbene halt als
Muster eines ehrlichen und fleißigen Geschäftsmannes. Unermüdlich übte
er oft bis tief in die Nacht hinein das Schneiderhandwerk aus. Wer ihm bei
seiner Arbeit, das Mützchen nach jüdischer Sitte stets auf dem Haupte
zusah, wird dieses Idyll alten jüdischen Gewerbefleißes nie vergessen
können. Seine Werkstätte lag neben unserer stillen Dorfsynagoge - ein
Symbol des Lebens des Dahingeschiedenen. Der Tora und der Arbeit war es
gewidmet. Mit glühendem Eifer hielt Adolf Grünfeld - das Andenken an
den Gerechten ist zum Segen - am überlieferten Judentum fest,
besorgte er die Bedürfnisse der Öffentlichkeit und in demselben Sinne
erzog er auch alle seine Kinder. Erst vor kurzem wurden ihm anlässlich
seines 50jährigen Berufsjubiläums große Ehrungen zuteil und mit
besonderer Freude pflegte er auf den Wert der Arbeit im Sinn und Leben
unserer alten Weisen hinzudeuten.
Vor dem Trauerhause gab Herr Lehrer Bernstein vom nahen Aub
namens der Gemeinde dem Schmerz um den Verlust dieses echt jüdischen
Mannes Ausdruck, für den Verwandtenkreis sprachen die beiden Neffen des
Verstorbenen, Herr Lehrer und Oberkantor Grünfeld, Baden-Baden
sowie Herr Dr. J. Grünfeld, Würzburg und schließlich nahm der Sohn,
Herr Lehrer Grünfeld - Kempen (Rhein) in schmerzbewegten Worten vom Vater
Abschied. - Immer mehr verwaist bleibt unsere einst so blühende kleine
Gemeinde zurück, ein Beitrag zum traurigen Kapitel vom Untergang der
Landgemeinden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Die Frau von Adolf Grünfeld - Gretchen
Grünfeld geb. Sulzbacher - wurde am 23. September 1942 in das Ghetto
Theresienstadt deportiert, wo sie am 13. Mai 1944 umgekommen ist. |
Der in den beiden Artikeln zum Tod von Josef Grünfeld und zum Tod von
Adolf Grünfeld genannte Lehrer Leo Grünfeld war Sohn von Adolf
Grünfeld: geb. 1901 in Tauberrettersheim, Lehrerausbildung an der
Israelitischen Präparandenschule Höchberg, anschließend 1919-1922 an
der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg, um 1925 Lehrer in
Darmstadt, um 1927 in Kempen (Rhein), danach letzter Lehrer der jüdischen
Gemeinde in Saarwellingen; mit
Frau und Sohn 1944 in Auschwitz ermordet. Nach ihm ist in Saarwellingen
das Leo-Grünfeld-Haus benannt (links Gedenktafel für Leo Grünfeld in
Saarwellingen). |
Ein weiterer Sohn war Willy Grünfeld:
geb. 1896 in Tauberrettersheim, 1917/18 Teilnehmer am Ersten Weltkrieg;
lebte als Kaufmann in Tauberrettersheim, seit ca. 1926 in Aub; Anfang 1939
nach Würzburg, leistete Zwangsarbeit; am 27. November 1941 mit Frau
Frieda geb. Neuhöfer aus Wilhermsdorf
und den beiden Kindern Hannelore (geb. 1928 in Aub) und Alfred (geb. 1930
in Aub) nach Riga deportiert. Alle vier wurden ermordet. |
Verlobungsanzeige von Bertl Grünfeld und
Jakob Frank (1925)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1925:
"Statt Karten Bertl Grünfeld - Jakob
Frank
Verlobte
Tauberrettersheim Unterfranken - Edelfingen Baden." |
Anmerkung: Bertha Frank geb. Grünfeld (geb.
1900, wohnhaft nach der Heirat in Edelfingen)
ist nach der Deportation am 1. Dezember 1941 nach Riga umgekommen. |
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Bettina Grünfeld und Moritz
Lissberger (1927 / 1928)
"Baruch
HaSchem (Gott sei gepriesen)
Bettina Grünfeld - Moritz Lissberger
Verlobte
Tauberrettersheim (Bayern) - Creglingen (Württemberg)
Schabbat Chanukka - 24. Dezember 1927." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1928: Gott
sei gepriesen.
Emil Lissberger und Frau - Lina Grünfeld geb. Fromm
beehrten sich die Vermählung ihrer Kinder Moritz und Bettina
anzuzeigen.
Tauberrettersheim (Bayern) - Creglingen
(Württemberg).
Trauung: Dienstag, den 28. August / 12. Elul 5688. Hotel Miltenberg, Bad
Mergentheim." |
Verlobungsanzeige von Zerline Unna und dem (Lehrer in Saarwellingen)
Leo Grünfeld (1930)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1930: "Gott
sei gepriesen.
Zerline Unna - Leo Grünfeld. Verlobte.
Frankfurt am Main, Uhlandstraße 58 - Saarwellingen
/ Tauberrettersheim.
Empfang: Samstag, 26. April 1930 und Sonntag, 27. April
1930." |
Weitere Persönlichkeiten aus Tauberrettersheim
Aus Tauberrettersheim stammte Simon Grünfeld,
vermutlich ein Bruder von Josef und Adolf Grünfeld: geb. 1872 in
Tauberrettersheim als Sohn des Viehhändlers Seligmann Grünfeld und der Babette
geb. Ehrlich, Ausbildung zum Lehrer an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt
in Würzburg, Examen 1892; unterrichtete u.a. in Kleinwallstadt,
ab 1913 Lehrer, Hauptlehrer an der einklassigen Israelitischen Volksschule; 1925
erkrankt, wenig später Ruhestand; emigrierte im Mai 1939 nach Tel Aviv.
Zur Geschichte der Synagoge
Eine ältere Synagoge
aus dem 18. Jahrhundert wurde vermutlich vor dem Neubau der Synagoge 1845
abgebrochen. Bereits 1817 war das genaue Erbauungsdatum der älteren Synagoge
nicht mehr bekannt. Eine neue Synagoge wurde 1845 erbaut. Unter den
Ritualien der Synagoge befand sich Torarollen-Silberschmuck von 1788 - möglicherweise
ein Hinweis auf die Zeit der Erbauung einer ersten Synagoge.
Die 1845 erbaute Synagoge war bis 1936 Mittelpunkt der jüdischen
Gemeinde in Tauberrettersheim. Ihre Ritualien wurden 1936 dem Verband der
Bayerischen israelitischen Gemeinden in München zur Verwahrung übergeben. Beim
Novemberpogrom 1938 wurde von Angehörigen der SA und der SS, die auf
Lastwagen aus Bütthard nach Tauberrettersheim gekommen waren, mit Stöcken und
Stangen die Inneneinrichtung der Synagoge zerstört, obwohl sie nicht mehr in
Benutzung war. Das Synagogengebäude kam wenig später für 200 RM in den Besitz
der bürgerlichen Gemeinde, die die Einrichtung eines Jugendklubs plante.
Nach 1945: Nach mehreren Umbauten wird das ehemalige Synagogengebäude
schon längere Zeit als Wohnhaus verwendet.
Adresse/Standort der Synagoge: Im Judenhof 6
Fotos
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Fotos sind noch
nicht vorhanden; über Zusendungen freut sich der Webmaster
von Alemannia
Judaica, Adresse siehe Eingangsseite |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 407-408. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 116. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 500-501.
|
| Jutta Sporck-Pfitzer: Die ehemaligen jüdischen
Gemeinden im Landkreis Würzburg. Hg. vom Landkreis Würzburg. Würzburg
1988 S. 75-76.
|
| Dirk Rosenstock (Bearbeiter): Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg.
Band 13. Würzburg 2008. S. 232. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Tauberrettersheim
Lower Franconia. A Jewish community is known from the early 19th century,
numbering 63 (total population 697) in 1867 and ten in 1933. The synagogue was
vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938) and subsequently sold.
Two remaining elderly women were respectively deported to Izbica in the LUblin
district (Poland) and to the Theresienstadt ghetto in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|