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"Synagogen im Kreis Bad Dürkheim"
Wachenheim an der Weinstraße (früher:
Wachenheim an der Haardt; Landkreis Bad
Dürkheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des
"Fördervereins zur Erhaltung des kulturellen Erbes der ehemaligen jüdischen
Gemeinden in Wachenheim und Bad Dürkheim"
https://www.gdvev.de/
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Wachenheim (1341 zur Stadt erhoben) lebten Juden
bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Eine Ritualmordbeschuldigung
in der Umgebung war die Ursache, dass die Juden der Stadt am 19. April 1343
verbrannt wurden. Wenige Jahre später wurden im Zusammenhang mit der
Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 erneut Juden in Wachenheim ermordet. 1511 wurden gegen Bezahlung hoher Steuern zwei Juden in der
Stadt aufgenommen: der Arzt Samson Vivls Sohn aus Speyer für 10 Jahre und der
Jude Manes mit Familie. 1500/1510 werden zwei nach Wachenheim benannte Juden in
Worms genannt. Mit "Wachenheim" war damals sicher nicht Wachenheim
an der Pfrimm gemeint. Seit dem 16. Jahrhundert bestand der jüdische Friedhof
am Ort.
Im 18. Jahrhundert werden 1722 acht, 1743 sieben Schutzjuden in der
Stadt genannt.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die jüdische Gemeinde
ihre Blütezeit, als die Zahl der Gemeindeglieder von 41 (1804), 60 (1808), 90
(1823) auf 124 im Jahr 1830 zunahm. Danach ging die Zahl durch Aus- und
Abwanderung wieder zurück (1849 121, 1875 51, 1887 42 Personen). 1893/1900 wurden noch 24
jüdische Einwohner in acht Familien gezählt.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal/eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule, eine Mikwe und den bereits genannten Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war. Die Stelle war bei anstehenden Neubesetzungen immer wieder neu auszuschreiben (siehe
Anzeigen unten). Von den Lehrern werden genannt: um 1887 Lehrer Herzberger, um
1892/1893 J. Wolfermann, um 1895 Herr Weißkopf, um
1896/1897 M. Goldberg. Um 1892 besuchten die Religionsschule der Gemeinde 12
Kinder. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Frankenthal.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1892 C. Mehlinger, um 1893/1895 A.
Fitz, H. Fitz und M. Scheuer.
Um 1925 gehörten
noch 14 Personen zu der klein gewordenen Gemeinde (0,6 % von insgesamt ca. 2.300
Einwohnern). Gemeindevorsteher waren damals Markus Herzberger und Emil Scheuer.
Friedrich José war Schriftführer und Rechner. 1932 waren Gemeindevorsteher: W.
L. Herzberger, Emil Scheuer und Julius Blum.
1933 wurden noch 16 jüdische Einwohner gezählt. Ihre Zahl ging bis 1936
auf 12, 1937/38
auf neun Personen zurück. Die 1940 hier noch lebenden sieben jüdischen Personen
wurden im Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Die Namen dieser sieben
Personen sind: Ludwig Falkenberg, Helene Mané geb. Herzberger (1903),
Simon Mané (1894), Flora Mehlinger (1873), Isabella Reichardt, Emil
Scheuer (1873), Leonie Scheuer. Die kursiv markierten Personen haben die
Deportation nach Gurs überlebt.
An einer Mauer am Dr. Wagner-Platz befindet sich eine Gedenktafel zur
Erinnerung an die früheren jüdischen Mitbürger von Wachenheim.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Über den Judenpogrom 1343 in
Wachenheim, Lambsheim,
Neustadt und
Germersheim (Artikel von 1900)
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Der Artikel von Dr. Hirsch
Hildesheimer wird nur teilweise - den Pogrom von 1343 betreffend -
abgeschrieben, ohne Fußnoten/Anmerkungen. Dazu bitte die Textabbildungen
oben anklicken. Der Verfasser (Sohn von Esriel Hildesheimer) war seit 1880
Dozent für jüdische Geschichte und Geographie am Rabbinerseminar in Berlin.
Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hirsch_Hildesheimer.
Artikel in "Dr. Bloch's österreichische Wochenschrift" vom 5. Januar 1900:
"Die Blutlüge. Von Dr. Hirsch Hildesheimer in Berlin.
Ludwig IV. der
Baier (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_IV._(HRR)) hat noch zweimal seine kaiserliche Autorität zum Schutze der von Blutanklagen
heimgesuchten Juden eingesetzt. In einem der beiden Fälle konnte
dies erst, nachdem, wie in Überlingen, die Raserei bereits zahlreiche Opfer
gefordert hatte, geschehen, um ferneren Morden Einhalt zu tun; im zweiten
gelang es seinem energischen Eingreifen, das drohende Urteil noch
rechtzeitig abzuwehren.
'Im Jahre 5103, am Sabbat den 24. Nissan (19.
April 1343) wurden die Mitglieder der Gemeinde Wachenheim, in derselben
Woche die von Lambsheim, sowie die von
Neustadt bei Speyer und am Sabbat
Neumond Ijar (26. April) die Kranken, welche in
Germersheim untergebracht
waren, mit allen dort anwesenden Gesunden verbrannt, so berichtet das
Nürnberger Memorbuch (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nürnberger_Memorbuch) über eine blutige Verfolgung, welche nicht auf die
genannten Städte der Rheinpfalz beschränkt geblieben zu sein scheint, sondern
sich auch auf Mosbach und andere Orte ausgedient hat. Über den Vorwand zu
diesen Gräueltaten erzählt der bereits erwähnte zeitgenössische Mönchs-Chronist Johann von Winterthur
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_von_Winterthur) wörtlich also:
'Im Jahre 1343 am Osterfeste ward bei Worms in einer Höhle im Walde ein
Einsiedler von wunderbarer Heiligkeit, wie der herrliche Ausgang seines
Lebens auf das Klarste gezeigt hat, von den Juden getötet, ja, wie das
Gerücht bezeugt, zerrissen, zerfleischt und von Glied zu Glied zerteilt. So ermordet fanden ihn die Leute jener Gegend und
begruben ihn unter
großer Teilnahme und Trauer. Als das Leiden desselben der Herzog von
Heidelberg (gemeint:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ruprecht_I._(Pfalz)) der Brudersohn des Kaisers Ludwig
(Ludwig IV. der Bayer s.o.), hörte, begann er, da er an
seinem Körper viele Jahre vorher einen Lupus mit grausamem Schmerz ausgehalten
hatte, zu ihm, zu dem er als einem heiligen Mann Zutrauen hegte, inständig zu beten, dass er ihm
seine langwierige Krankheit wegnehmen und die Gesundheit schenken möchte. Er
wurde sogleich erhört und erhielt das vollständige Wohlbefinden wieder. Dass dasselbe an ihm im vollsten Maße nur durch das Verdienst des
heiligen Mannes zustande gebracht war, fühlte er und verbrannte nun, von
einem sozusagen unaussprechlichen göttlichen Zorn entflammt, alle Juden
seines Gebietes. Dieser Einsiedler gewährte nach seinem Tode denen, die ihn
anriefen, verschiedene und vorzügliche Arten Heilungen und zog eine ungemein
große Menge Menschen aus den benachbarten und umliegenden Gegenden herbei.
Als aber der erwähnte Herzog gesehen, dass der genannte Einsiedler, namens
Ludwig, in so erstaunlichen Wundern zurückleuchte, so hätte er vom Kaiser,
den er darum anging, gerne die Erlaubnis ausgewirkt, die Juden im ganzen
Reiche Deutschlands martern zu dürfen'.
Mit diesem erbaulichen Bericht stimmt
die Darstellung des um die gleiche Zeit schreibenden Johannes, Abtes
des Zisterzienserklosters Viktring bei Klagenfurt (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Viktring und
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_von_Viktring), darin überein, dass die
Beweiskraft der 'größten Wunder, in denen der Ermordete zu leuchten begann',
die 'Schuld' der Juden festgestellt und ihre Verbrennung zur Folge gehabt hat.
Von der wunderbaren Heilung des Heidelberger Herzogs und von seinem
Eingreifen überhaupt erwähnt dieser Chronist nicht das Geringste. Schon
dieses sein Schweigen über das wichtigste Detail, über die Stellungnahme des
Landesherren, macht die betreffende Angabe Johanns von Winterthur verdächtig
und die Rolle, welche der Pfalzgraf gespielt haben soll, ist mit dem, was
wir über seine geistigen Qualitäten und über seinen Charakter sonst
erfahren, so völlig unvereinbar und steht zumal mit den wohlwollenden
Gesinnungen, welche er von Anbeginn bis zum Schluss seiner mehr wie
50-jährigen Regierung den Juden gegenüber betätigte, in so krassem
Widerspruch, dass wir in der Darstellung des Barfüßermönchs von
Winterthur zweifellos eine jener zahlreichen Erdichtungen, welche er in
seiner kritiklosen Wundergläubigkeit nachschrieb, oder eine jener Personen-Verwechslungen, zu welcher die von ihm selbst
beklagte Gedächtnisschwäche
ihn verleitete, zu erblicken haben. Herzog von Heidelberg war im Jahre
1343 Ruprecht I., welcher seit dem Vertrag von Pavia (4. August
1329, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hausvertrag_von_Pavia) Mitregent seines Bruders Rudolf's
II. (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_II._(Pfalz)), durch die am 18.
Februar 1338 vollzogene Teilung der gemein-
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samen Herrschaft die größere Hälfte der pfälzischen Lande mit der Hauptstadt
Heidelberg erhielt. Ruprecht I. hat sich aber allezeit als ein hochsinniger
Beschützer der Juden bewährt, und die bloße Tatsache, dass er zur Zeit des
'schwarzen Todes' (1349) den aus Speyer und Worms Geflüchteten in Heidelberg
und anderen Städten der Pfalz gastliche Aufnahme gewährte, ist ausreichender
Beweis, dass er unmöglich sechs Jahre zuvor so grausam gegen die Juden
seiner Herrschaft gewütet haben kann. Zudem erscheint es völlig
ausgeschlossen, dass Ruprecht I., ein Herrscher von so 'glänzenden
Regenteneigenschaften, an dessen Namen keine entehrenden Handlungen haftete'
derart skurrilen Wunderglaubens, und noch dazu des Wahnwitzes fähig gewesen
sein sollte, vom Kaiser 'die Erlaubnis, die Juden im ganzen Deutschland
martern zu dürfen', mordwütig zu erbitten. Kennzeichnet sich diese
Ungeheuerlichkeit als die Ausgeburt einer überhitzten Mönchs-Phantasie, so
steht andererseits dokumentarisch fest, dass Kaiser Ludwig IV. gerade aus
Anlass dieser Blutbeschuldigung sich der Juden jener Striche schützend
annahm. In einer Urkunde gegeben in
Mergentheim, 15. Mai 1343, belobte er die Stadtbehörden von Speyer für
den Schutz, den sie den in ihrer Mitte und in der Umgegend ansässigen Juden
zuteil werden ließen, und fordert sie auf, 'alle Juden, es sei auf dem
Lande, in der Stadt oder wo sie dessen nötig haben, wider Jedermann, wer er
sei oder wie er genannt wird, zu schirmen und nicht zu gestatten, dass sie
jemand angreift oder irgendwie beschwert'. Die Datierung der Urkunde, welche
wenige Wochen nach dem Geschehnis von 1343 erging, und die Tatsache, dass
dasselbe in der Diözese Speyer, zu der Wachenheim,
Lambsheim,
Neustadt und
Germersheim gehörten, sich zugetragen
hat, lässt keinen Zweifel, dass die an die angebliche Ermordung des Eremiten
Ludwig geknüpfte Verfolgung das Eingreifen des Kaisers veranlasst hat'.
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Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 /
1893 / 1894
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1879:
"Besetzung einer israelitischen Lehrerstelle.
Die israelitische
Lehrerstelle zu Wachenheim soll alsbald mit einem geprüften Lehrer
besetzt werden und bestehen die damit verbundenen Bezüge wie folgt:
a) bar aus der Kultuskasse 250 Mark. b) bar aus der
Friedhofskasse 200 Mark.
c) Anschlag der Wohnung 50 Mark. d) Kasualien für
Schächter ca. 150 Mark.
e) Kasualien beim Friedhof ca. 150 Mark. Summe 800 Mark.
Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnissen bis längstens 20. November
laufenden Jahres einschicken und wird noch bemerkt, dass sich die
Kasualien bedeutend höher stellen werden, als oben angegeben. Wachenheim
(bayerische Pfalz), 23. Oktober 1879. Der Synagogen-Vorstand Jacob
Mehlinger." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1891: "Die
erledigte Stelle eines Vorbeters, Schächters und Friedhofaufsehers wird hiermit
zur Bewerbung ausgeschrieben. Mit dieser Stelle sind folgende
Bezüge verbunden:
a) Gehalt als Vorbeter 300 Mark. b) Gehalt als
Friedhofaufseher 200 Mark.
c) Gebühren für das Schächten ca. 200 Mark. d) Die Kasualien
werden sich belaufen auf ca. 100 Mark.
Summe 800 Mark. Ferner freie Wohnung im Synagogengebäude.
Bewerber wollen ihre mit Zeugnissen belegten Gesuche bis längstens 1.
März dieses Jahres bei dem unterfertigten Vorstande des
Synagogenausschusses einreichen.
Wachenheim, 15. Januar 1891. Der Vorstand des Synagogen-Ausschusses: Carl
Mehlinger.
Dürkheim, 15. Januar 1891: Der Vorstand des israelitischen
Friedhofvereins: Jacob Tillmann." |
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Anzeige
in "Der Israelit" vom 20. August 1894: "Bekanntmachung.
Die
erledigte Stille eines Vorbeters, Schächters und Friedhofaufsehers
wird hiermit zur Bewerbung ausgeschrieben. Das Einkommen dieser Stelle
beläuft sich auf circa 800 bis 900 DM nebst freier Wohnung im
Synagogengebäude.
Bewerber wollen ihre mit Zeugnissen belegte Gesuche bis längstens 31. dieses
Monats anher einreichen.
Wachenheim an der Haardt, 14. August 1894.
Der Vorstand des Synagogenausschusses. A. Fitz." |
Anzeige von Lehrer J. Wolfermann
(1894)
Anzeige in "Der Israelit" vom 18. Januar 1894: "J. Wolfermann,
Schreiber von Torarollen, Tefillin und Mesusot.
Wachenheim am Haardt (Rheinpfalz) empfiehlt sich im Anfertigen von
Torarollen, Megilot, Tefillin und Mesusot und deren Reparatur, Wimpeln
malen, Grabschriften zeichnen, sowie alle in dies Fach einschlagende
Arbeiten.
Jahrzeittabellen auf 25- und 50-jährige Berechnung werden
angefertigt. " |
Berichte zu einzelnen Personen der Gemeinde
Zum Tod von Samuel Schloß (1931)
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Januar 1931:
"Bad Dürkheim - Wachenheim. Die hiesige Kultusgemeinde hat einen
schmerzlichen Verlust erlitten. Ein Herzschlag hat am 1. Dezember (11.
Kislev) ihrem treuen und beliebten Kultusbeamten, Herrn Samuel Schloß, im
erst 56. Lebensjahre ein rasches Ende bereitet. Über 22 Jahre hat der
Verstorbene rastlos und unermüdlich seinen Obliegenheiten in der Gemeinde
seine ganze Kraft gewidmet. Herr Distriktsrabbiner Dr. Steckelmacher
schilderte am Grabe die Verdienste dieses frommen Beamten. Sodann rief der
Kultusvorstand der Israelitischen Gemeinden Dürkheim-Wachenheim, sowie im
Auftrage des Verbandes Israelitischer Kultusgemeinden der Pfalz, Herr
Stadtrat Strauß, Bad Dürkheim, dem Verblichenen ehrende Worte des Dankes
nach." |
Auswanderung von Ernst Mai
(aus Wallhalben, berufstätig in Wachenheim) (1938)
Artikel
im "Jüdischen Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Januar
1938: "Bad Dürkheim.
Seit meinem letzten Berichte in Nr. 4 dieses Gemeindeblattes - ein
pfälzischer Rabbiner nannte ihn einen Hesped, eine Trauerrede - ist in der
Auswanderung kein Stillstand eingetreten. Das Verhängnis ist nicht
abzuwenden. Herr Willi Reiß, Sohn des vor neun Monaten verstorbenen
Adolf
Reiß ist mit Frau und Kind vor wenigen Tagen nach Krefeld abgewandert, um
von da aus in einer Maschinen-Werkstätte in Duisburg sich für den Handwerkerberuf
umzustellen. Wiederum ein schwerer Verlust für unsere Gemeinde, denn wir
verlieren in Willi Reiß einen wahren und aufrechten isch jehudi (jüdischen
Mann), einen
Mann, der seither sich unserer Winterhilfe selbstlos zur Verfügung stellte
und die Buchführung derselben in musterhafter Weise besorgte. Ihm wird
schon in den nächsten Tagen der 22-jährige aus
Wallhalben stammende Ernst Mai
folgen, seit längerer Zeit in der Metzgerei Emil Scheuer im benachbarten
Wachenheim tätig. Der junge Mann hatte mehrmals in der Woche bei unseren
Dürkheimer Glaubensgenossen zu tun und nahm dann auch regelmäßig an unserem
Gottesdienste teil. Unsere besten Wünsche begleiten den Scheidenden nach
Nordamerika. " |
Auswanderung von Edgar Jonas -
Friedhofsaufseher in Wachenheim - und seiner Familie (1938)
Artikel
im "Jüdischen Gemeindeblatt für das Gebiet der Rheinpfalz" vom 1. Oktober
1938: "Aus Bad Dürkheim.
Die Auswanderung, der Auflösungsprozess unserer Gemeinde stehen im
Vordergrund. Vor ihnen treten alle anderen Vorkommnisse zurück. - Vor
einigen Tagen ist das Ehepaar Eugen Kehr und Frau
Lena geb. Jonas, früher in Kaiserslautern wohnhaft, zu seinen Kindern
nach Palästina, das Ehepaar Sem Simon zu seinen Kindern nach England
(Manchester) ausgewandert.
Gleich nach Rosch haschonoh werden Emil Simon und
Frau nach Mannheim übersiedeln, während ihre Mutter Witwe Karoline Simon bis
zu ihrer Auswanderung nach Johannesburg (Südafrika) im Altersheim
Neustadt
Aufnahme finden wird. Ihnen folgt das Ehepaar Edgar Jonas mit Kindern, das
am Tage nach Jom Kippur ebenfalls nach Mannheim verzieht. Unsere besten
Wünsche und unser Dank begleiten sämtliche Scheidenden, insbesondere die
Familie Edgar Jonas. Seit der letzten Synagogenratswahl am 16. Oktober 1934
Uhr gehörte Herr Edgar Jonas unserem Synagogenrate an und ihm oblag unter
anderem die Aufsicht und die Sorge um unseren
Friedhof in Wachenheim und der
Verkehr mit den Behörden (Bezirksamt, Finanzamt, Steuereinnehmerei usw.). Frau Edgar Jonas war seither
1. Vorsitzende unseres
Frauenvereins, dessen wohltätiges Wirken genügsam bekannt ist. Ganz
besonders für unsere Winterhilfe bedeutet der Wegzug der beiden einen
empfindlichen Verlust. Synagogenrat Jonas führte das Rechnungswesen der
Winterhilfe und unterhielt den Verkehr mit den Spendern und Betreuten
unserer sieben Filialgemeinden. Es wird schwer fallen, die Lücke zu
schließen. Auf die Hilfsbereitschaft der Hierbleibenden muss mehr wie je
gerechnet werden. Ludwig Strauss." |
Anzeigen
Verlobungsanzeige für Rose Grünbaum
und Eli Schloss (1925)
Anzeige in "Der Israelit" vom 19. März 1925: "Statt Karten
Rosel Grünbaum Elli Schloss Verlobte
Poppenlauer Unterfranken
Schweinfurt am Main Theresienstraße
19 / Wachenheim an der Haardt, Rheinpfalz.
März 1925." |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Bis 1812 war ein Betsaal in einem jüdischen Privathaus
eingerichtet. Danach wurde in dem Ende des 18./Anfang des 19. Jahrhunderts erbauten
Gebäudes auf dem Grundstück Bleichstraße 5 im Obergeschoss eine Synagoge eingerichtet.
Im Erdgeschoss war die Wohnung des Lehrers/Vorbeters (vgl. oben Anzeige von
1891), im Keller die Mikwe.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge nicht zerstört, vermutlich
war sie damals schon nicht mehr als Synagoge benutzt. Die politische Gemeinde
war wegen des schlechten Zustandes des Gebäudes an einem Erwerb (1939) nicht
interessiert. Ein Nachbar erwarb das Anwesen. Die aufgefundenen Torarollen,
weitere Kultgegenstände u.a.m. wurde von diesem aufbewahrt und nach 1945 der
Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz übergeben. Das ehemalige
Synagogengebäude wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Dabei wurde die Mikwe
zugeschüttet, die hebräische Inschrift über der Eingangstür "Glanz
wohne in diesem Hause" abgeschlagen. Eine Hinweis- oder Gedenktafel ist
nicht vorhanden.
Adresse/Standort der Synagoge: Bleichstraße 5 (früher Langgasse)
Fotos / Darstellungen:
(Fotos: obere Reihe: Hahn, Aufnahmedatum 6.11.2005; Foto der
Gedenktafel: Bernhard Kukatzki)
Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge |
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Das ehemalige
Synagogengebäude - heute Wohnhaus |
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Gedenktafel am
Dr. Wagner-Platz |
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Text der Tafel:
"In Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus 1933-1945 -
insbesondere an unsere jüdischen Mitbürger,
die am 22.10.1940
verschleppt wurden: Ludwig Falkenberg, Simon und Helene Mane, Flora
Mehlinger, Isabella Reichardt, Emil und Leonie
Scheuer." |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 858-859, III,2 S. 1548-1549. |
| Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute. Unter
besonderer Berücksichtigung der Synagogen in der Südpfalz. Hg. von der
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Pfalz in Landau. 2005.
S. 156. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 376 (mit weiteren Literaturangaben).
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Hinweis: Wachenheim an der
Weinstraße (in der Pfalz) sollte nicht verwechselt werden mit Wachenheim im
Zellertal (= Wachenheim an der Pfrimm), wo es auch eine jüdische Gemeinde gab.
Zur Seite über die jüdische Geschichte /
Synagoge in Wachenheim im Zellertal.
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Wachenheim.
Numbering 58 (about 12 % of the total) in 1861, the Jewish community declined to
27 in 1933. Only four Jews remained in 1939.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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