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Wächtersbach (Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Wächtersbach bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.
1643
wird mit Hiskias erstmals ein Jude am Ort genannt. Auf Grund seines Namens war
er vermutlich sephardischer Abstammung.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1827 70 jüdische Einwohner (6,2 % von insgesamt 1.127 Einwohnern),
1835 62 (4,7 % von 1.315), 1854 67 (5,9 % von 1.142), 1861 49 (4,7 % von 1.041),
1871 27 (2,3 % von 1.193), 1885 54 (4,7 % von 1.139), 1895 65 (5,9 % von 1.110),
1905 64 (5,3 % von 1.211). In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu relativ
vielen Auswanderungen in die USA. Beruflich betätigten sich die jüdischen
Haushaltsvorstände im 19. Jahrhunderts als Händler im Viehhandel sowie Groß- und Kleinhandel,
aber auch als Metzger und Handwerker; später gab es auch jüdische
Fabrikanten.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule mit
Lehrerwohnung und ein
rituelles Bad (diese Einrichtungen von 1830 bis 1910 in einem Gebäude am
Untertor, danach in einem Anbau an das Synagogengebäude). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Aufenau
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet
tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Hanau.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Jakob Grünebaum
(geb. 25.11.1889 in Wächtersbach, gef. 15.4.1918),
Leo Levi (geb. 14.6.1888 in Hitzkirchen, gef. 1.7.1918), Ludwig Loebenberg (geb.
30.4.1893 in Wächtersbach, gef. 26.7.1917) und Sally Rosenberg (geb. 27.9.1888
in Wenings, gef. 18.4.1916). Außerdem ist gefallen: Julius Gans (geb.
29.12.1898 in Wächtersbach, vor 1914 in Marburg wohnhaft, gef. 28.5.1918).
Um 1924, als noch 55 jüdische Personen am Ort lebten (3,6 % von insgesamt
1.512 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher die Herren Benjamin Grünebaum und
Hermann Loebenberg. Herrmann Loebenberg wird auch als Kantor genannt. Als Lehrer
und Schochet kam regelmäßig Lehrer Siegmund Marx aus Gelnhausen
nach Wächtersbach. Er unterrichtete 1924 zehn jüdische Kinder in Religion. 1932
waren weiterhin Hermann Loebenberg (1. Vorsitzender) und Benjamin Grünebaum (2.
Vorsitzender) die Gemeindevorstände. Als Lehrer auf der Bezirksstelle
Wächtersbach-Bad Orb (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1930 unten) wird Isak Lange genannt, der im
Schuljahr 1931/32 zehn Kinder unterrichtete. Wenig später war Lehrer Gustav Rosemann
am Ort, der 1934 nach Bremen wechselte. Sein Nachfolger wurde Lehrer Siegfried
Wechsler, der aus Hamburg nach Wächtersbach kam und nun den Religionsunterricht
der jüdischen Kinder in Wächtersbach, Bad Orb,
Salmünster und Romstal
erteilte.
1933 lebten noch etwa 55 jüdische Personen in Wächtersbach. In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Viele verzogen nach
Frankfurt (21 Personen) und Köln (neun Personen), andere sind ausgewandert (USA,
Südafrika, Tschechoslowakei). Im April 1935 wurden die Fenster der
jüdischen Häuser und der Synagoge eingeworfen. Zu einem gewaltsamen Ende der
jüdischen Beteiligung auf den Viehmärkten in Wächtersbach kam es im Juli 1935
(siehe Bericht unten). Mit Hermann Löbenberg, dem letzten Gemeindevorsteher
verließ im August 1938 der letzte jüdische Einwohner Wächtersbach und
zog zu seinen Töchtern, die bereits zuvor nach New York emigriert waren.
Von den in Wächtersbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Regina Engelbert geb. Sichel (1890), Alexander
Grünebaum (1880), Ingolf Grünebaum (1932), Norbert Grünebaum (1932), Erna
Levi (1926), Johanna May geb. Sichel (1881), Benedix Nussbaum (1876), Dora
Nussbaum geb. Löbenberg (1887), Gitta (Ida) Oppenheimer geb. Grünebaum (1884),
Ida Rosenthal geb. Löbenberg (1863), Ilse Schlack (1930), Selma Schlack (1923),
Gustav Sichel (1876), Rosa Simon geb. Sonn (1878), Lisette Sonn geb. Löbenberg
(1872), Josef Stern (1865), Else Sternheimer geb. Löbenberg (1894).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorsängers und Schächters 1883
/ 1894 / 1930 / beziehungsweise Hilfsvorbeters 1922
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
6. Dezember 1882: "Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und
Schächterstelle in Wächtersbach soll vom 1. Januar 1883 ab besetzt
werden, und wollen sich nur solche Bewerber melden, die eine
seminaristische Prüfung abgelegt haben. Jährliches Einkommen circa 1.300
Mark nebst freier Wohnung.
Kultusgemeinde Orb, Rabbinatsbezirk Aschaffenburg. Löb Seliger,
Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1894:
"Für die Synagogengemeinden Wächtersbach, Salmünster
und Romsthal-Eckardroth ist die
Stelle eines Religionslehrers sofort zu besetzen mit der Verpflichtung, in
Wächtersbach, wo der Sitz des Lehrers ist, den Vorsängerdienst zu
versehen und die Schächtfunktionen auszuüben. Das Gehalt beträgt
jährlich 800 Mark nebst einem Einkommen aus dem Schächterdienst von
300-400 Mark. Bewerber haben sich unter Beifügung von Abschriften ihrer
Zeugnisse bis zum 10. November laufenden Jahres an das unterfertigte Amt
zu wenden.
Hanau, 24. Oktober 1894. Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr. Koref". |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juli 1922:
"Die Synagogengemeinde Wächtersbach sucht für die hohen
Herbstfeiertage einen Vorbeter, der auch Schofar blasen kann.
Vergütung nach Übereinkunft.
B. Grünebaum, Synagogenältester." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1930: "Die
Bezirksstelle Wächtersbach - Bad Orb soll tunlichst zum 15. Mai besetzt
werden. - Gesucht wird ein tüchtiger Lehrer, stimmbegabter Chasan
(Kantor) und ein in Theorie und Praxis gut durchgebildeter Schochet,
der zur Ausübung der Schechita von gesetzestreuen Rabbinern
autorisiert ist. Der Anzustellende (Inländer) soll während der
Sommermonate in Bad Orb, während der
Wintermonate in Wächtersbach wohnen. Die Orte liegen 6 km voneinander
entfernt und haben Bahnverbindung. An beiden Plätzen sind
Beamtenwohnungen. Gehaltszahlung in Höhe der früheren Gruppe VII der
preußischen Staatsbeamten. Bewerbungen mit beglaubigten
Zeugnisabschriften sind alsbald einzureichen beim Vorsteheramt der
Israeliten zu Hanau." |
Hinweis: Bis 1848 war einige Jahre Lehrer am
Ort: Markus Lion, seit 1848 Lehrer in Frielendorf
(siehe dort).
Lehrer Honas Gans in Wächtersbach wechselt nach
Langendiebach (1903)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August
1903: "Personalien. Die seit einem Jahre unbesetzt gewesene
Lehrerstelle in Langendiebach wird in Kürze durch Herrn Lehrer Gans,
bisher in Wächtersbach, wieder besetzt
werden." |
Gustav Rosemann wechselt als Kantor nach Bremen
(1933)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Bremen" vom 15.
Dezember 1933: "Bremen. Neuer Lehrer und Kantor. Zum
Nachfolger des seligen Oberkantors Mehrgut ist Herr Gustav Rosemann,
ein gebürtiger Hamburger, berufen worden. Bis Mitte November in den
Spessartgemeinden Orb und Wächtersbach
tätig, hat Herr Rosemann sein Amt am 1. Dezember angetreten und den
Unterricht in der Religionsschule begonnen. Die schulentlassene Jugend
wird in Kantor Rosemann einen eifrigen Förderer finden. Wir wünschen dem
neuen Beamten ein zufriedenes und segensreiches
Wirken." |
Gustav Rosemann war seit 1934 verlobt mit
Minni geb. Strauss aus Weiden: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1934:
"Statt Karten Minni Strauss - Gustav Rosemann.
Verlobte.
Weiden (Oberpfalz) / Fürth in Bayern, Mathildenstraße 40 -
Hamburg Rappstraße 20 / Bremen, Kleine Allee 19." |
Lehrer Siegfried Wechsler kommt nach Wächtersbach
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1934: "Wächtersbach,
15. Januar (1934). Als Nachfolger des nach Bremen berufenen Religionslehrers
Rosemann ist zur Erteilung des jüdischen Unterrichts in den Gemeinden
Wächtersbach, Bad Orb, Salmünster
und Romstal Herr Lehrer Siegfried
Wechsler aus Hamburg bestellt
worden." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf des Lehrers Gans für eine verarmte Familie
(1903)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1903: "Herzliche
Bitte!
Ein in hiesiger Nähe wohnender jüdischer Handwerker, der in sehr
ärmlichen Verhältnissen lebt und eine Familie (Frau und 5 Kinder) zu
ernähren hat, ist gezwungen, bisherige Mietswohnung zu verlassen, da das
Haus an einen anderen Besitzer übergeht. Da sich nun in dem kleinen Orte
keine für sein Geschäft passende Wohnung findet, wäre der Familie
hierdurch jegliches Obdach genommen und dem Manne noch obendrein sein
Erwerbszweig abgeschnitten. Da nun dem Manne augenblicklich ein sehr
billiges und passendes Haus zum Kaufe angeboten wurde, wozu eine Anzahlung
von ca. 600 Mark erforderlich ist, ihm aber hierzu jegliche Mittel fehlen,
so werden endeldenkende Glaubensbrüder gebeten, zu dieser großen Mizwoh
beisteuern zu wollen. Zur Annahme und Weiterbeförderung von Spenden ist
der Unterzeichnete gern bereit.
H. Gans, Lehrer, Wächtersbach, Reg.-Bezirk Kassel.
Nachbemerkung: Über den Empfang eingegangener Spenden wird an dieser
Stelle quittiert." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Hannchen Rosenberg geb. Stein (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1921:
"Wächtersbach, 23. Juni (1921). Am 13. Juni ist Frau Hannchen
Rosenberg geb. Stein, im 81. Lebensjahre nach segensreichem Wirken im
Hause und in der Gemeinde nach kaum zweitägigem Krankenlager
heimgegangen. Schmerzlich empfinden wir die Lücke, denn die Verblichene
war ein leuchtendes Vorbild für alle jüdischen Frauen. Ihre Kinder erzog
sie in mustergültiger Weise. Wo es galt eine Mizwa (sc. Gebot,
religiöse Pflicht) auszuüben, war sie die erste am Platze. Wie man ihr
Gottvertrauen würdigte, erhellt die Tatsache, dass viele jüdische
Krieger sich, bevor sie ins Feld zogen, ihren Segen erbaten. Die
Verehrung, die man ihr zollte, bewies die zahlreiche Beteiligung bei ihrem
Leichenbegängnisse. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
82. Geburtstag von Kätchen Loebenberg
(1927)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juli 1927:
"Wächtersbach, 11. Juli (1927). Frau Kätchen Loebenberg
feiert am Schabbos, den 16. Juli, in voller geistiger und körperlicher
Frische ihren 82. Geburtstag. Dieselbe ist noch von Morgens bis Abends im
Geschäfte tätig. (Alles Gute) bis 100 Jahre." |
Koschere Marktrestaurationen in Wächtersbach bei
Gustav Rosenberg und Benjamin (Beni) Grünebaum (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Dezember 1934: "Wächtersbach, 17. Dezember (1934).
Für diejenigen Viehhändler, die den Markt in Wächtersbach besuchen und
dort rituell verköstigt zu werden wünschen, ist es wichtig zu wissen,
dass die Marktrestaurationen Gustav Rosenberg und Beni
Grünebaum einwandfrei koscher sind." |
Über den Schneider und Viehhändler Benjamin Grünebaum
(nach: Jürgen Ackermann s.Lit.)
Benjamin Grünebaum war gelernter Schneider
und hatte zunächst ein Konfektionsgeschäft am Marktplatz. Er wohnte mit
seiner Frau Lina im Haus Wittgenborger Straße 95. Später führte er den Viehhandel seines Bruders Jakob weiter, der im ersten Weltkrieg gefallen war, und stand an führender Stelle der Arbeiter- und Mittelstandsliste.
Benjamin sorgte in den 1920er Jahren als Erster Vorsitzender des Main-Kinzigtaler Viehhändler-Vereins ganz wesentlich für den Aufschwung der Viehmärkte und war vor 1930 neben dem Bürgermeister von Wächtersbach deren Hauptförderer. Da diese sich 1933 nahezu vollständig in jüdischer Hand befanden, waren sie in der Folge den starken Repressionen, Verfolgungen und Anfeindungen der Nationalsozialisten solange ausgesetzt, bis mit dem letzten jüdischen Viehmarkt am 17. Juli 1935 diese Einrichtung völlig verschwand.
Vom Ende dieser Tradition, die auf das Jahr 1768 zurückgeht, wird folgendes berichtet:
Am 17. Juli 1935 drangen 'spontan' Horden in Zivil ein, wohl meist SA-Leute, die auf die wehrlosen jüdischen Händler einschlugen und mit ihren genagelten Schuhen Menschen und Vieh malträtierten. Die Juden kletterten über den Zaun und versuchten, sich in Häusern und Scheunen zu verbergen. Einem Juden wurde das Auge ausgestochen. Die Tiere band man los, und sie liefen auf die Felder und die Wiesen bis an die Kinzig und den Wal… Das war das Aus für ein weitgehend von Juden initiiertes und getragenes Viehhandelsunternehmen, das der Stadt und ihren Bewohnern beträchtliche Einnahmen gebracht hatte.
Der Vorsitzende Benni Grünebaum emigrierte nach Südafrika und baute dort mit seinem Sohn Alfred eine große Rinderfarm und Molkerei auf. Andere Viehhändler aber, Max Sonn am Obertor, die Levis und Familie Adolf Grünebaum aus der
'Küfersburg' kamen in Vernichtungslagern um. Heute erinnert an diese Tradition nur noch der Standort…" |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Lehrlingssuche des gemischten Warengeschäftes von David
Loebenberg (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1890:
"Ich suche für mein am Samstage und israelitischen Feiertagen streng
geschlossenes, gemischtes Warengeschäft einen Lehrling aus guter Familie,
Kost und Logis im Hause. David Loebenberg,
Wächtersbach." |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Synagoge von 1895 einen Vorgängerbau, der sich von etwa
1700 bis 1895 in einem Hintergebäude in der Schlossgasse 5 befand (nicht
mehr erhalten).
Um 1890 plante die jüdische Gemeinde einen Neubau. Die
Ausführungspläne lagen im Mai 1894 beim Landesbauinspektor vor. Wenig später
konnte gebaut werden. Die Einweihung erfolgte 1895 durch
Provinzialrabbiner Dr. Koreff (Hanau).
Bei dieser neuen Synagoge handelte es sich um einen Saalbau, einen Massivbau aus
verputztem Steinmauerwerk mit einem steilen Satteldach und einem
charakteristischen treppenförmigem Schildgiebel auf beiden Querseiten.
Im Sommer 1938 verkaufte der letzte Vorsitzende der jüdischen Gemeinde
Wächtersbach, Hermann Loebenberg, das Synagogengebäude für 8.000 RM und verzog nach
Frankfurt am Main (10. August 1938). Von der Verkaufssumme von 8.000 RM wurden
5.000 RM an die Gemeindemitglieder verteilt; der Rest von 3.000 RM der Gemeinde
Hanau gegeben unter der Bedingung, für das Instandhalten des Friedhofes in
Aufenau aufzukommen. Die rituellen Gegenstände wurden teilweise nach Hanau,
teilweise nach Frankfurt gebracht. Der Tora-Schrein und das Vorbetepult wurden
auf dem Friedhof in Aufenau begraben.
In den 1950er-Jahren erwarb die Raiffeisengenossenschaft die ehemalige
Synagoge und das Schulhaus der Gemeinde. Letzteres wurde abgebrochen und ein von
der Straße zurückliegender Neubau (Bankgebäude) an dessen Stelle erbaut. Die
ehemalige Synagoge wurde als Verkaufslager der Raiffeisengenossenschaft
verwendet. 1981 bis 1983 wurde die ehemalige Synagoge zu einem Bürohaus der
Raiffeisenbank umgebaut und baulich mit dem daneben bestehenden Bankgebäude
verbunden, das gleichfalls nochmals umgebaut worden ist. Verschiedene Hinweis-
und Gedenktafeln sind angebracht. Seit einigen Jahren ist die Bank ausgezogen;
in den Gebäuden sind Büros beziehungsweise eine Rechtsanwaltskanzlei
eingezogen.
Adresse/Standort der Synagoge: Bleichgartenstraße
6, ehem. Hindenburgstraße
Fotos
(Quelle: wie angegeben; neuere Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 22.3.2009)
Bauskizze 1894 und
Rekonstruktionszeichnung
(Quelle der Bauskizze: Jürgen Ackermann, Wächtersbach; rechts
Altaras 1988 S. 163) |
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Bauskizze der
Wächtersbacher
Synagoge
"mit Schule und Lehrerwohnung" |
Rekonstruktionszeichnung der
ehemaligen Synagoge mit dem
charakteristischen treppenförmigen
Schildgiebel auf beiden Querseiten. |
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Foto und
Grundrisszeichnung
(Quelle für das Foto: Website von Gudrun Kauck;
Rekonstruktionszeichnung aus
Altaras 1988 S. 163)
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Foto um 1900: rechts die
ehemalige
Synagoge, erkennbar am Treppengiebel |
Grundriss des Erdgeschosses
der Synagoge
(Rekonstruktionszeichnung) |
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Das umgebaute
Synagogengebäude
(Quelle: Altaras 1988 S. 163) |
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Webseite der
ehemaligen
Synagoge |
Ostseite der ehemaligen
Synagoge
mit neuem Anbau |
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Blick auf die Ostseite der
ehemaligen Synagoge |
Die Westseite der ehemaligen
Synagoge
mit dem erhaltenen Risalit des Einganges |
Ostseite der ehemaligen
Synagoge
mit neuem Anbau |
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Das Gebäude der
ehemaligen
Synagoge |
Risalit des Eingangs
aus rotem
Sandstein |
Über dem Eingangsportal:
hebräische
Inschrift (Haus des Gebets...) und
Rundbogenfenster
(früher Rosette) |
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Hinwestafel:
"In Wächtersbach bestand seit dem Jahre 1690 eine jüdische
Gemeinde. 1933 gehörten ihr 58 Juden an. 13 von ihnen wurden in
Vernichtungslagern umgebracht; die anderen mussten vor dem
nationalsozialistischen Terror ins Ausland fliehen. Wir gedenken unserer
jüdischen Mitbürger und ehren ihre Toten. Stadt Wächtersbach - November
1998". |
Hinweistafel:
"Synagoge
1895-1938".
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Hinweistafel:
"Historisches Wächtersbach -
Synagoge der jüdischen Gemeinde
(1895-1938),
Jüdische Religionsschule und Ritualbad
(1910-1935)
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Weitere Dokumente
(Quelle) |
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Symbolische Darstellung der
Chuppa
(1856)
(© Jürgen Ackermann) |
Reisepass von Else Grünbaum
(© Jocelyn Hellig, Johannesburg RSA) |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2009:
Gedenkstunde zum Jahrestag des Novemberpogroms
1938 |
Artikel im "Gelnhäuser Tageblatt"
vom 11. November 2009 (Artikel):
"Wächtersbach. Opfer von Verfolgung und Rassenwahn.
Jahrestag der Pogromnacht: 13 Kerzen brennen bei Gedenkfeier vor der ehemaligen Wächtersbacher Synagoge.
(ll). Christen beider Konfessionen, Kommunalpolitiker der Stadt mit Bürgermeister Rainer Krätschmer an der Spitze und Mitglieder aller im Wächtersbacher Parlament vertretenen Parteien sowie der Linken gedachten am Abend des 9. November vor der ehemaligen Synagoge in der Bleichgartenstraße der Pogromnacht vom November 1938 und der 13 jüdischen Mitbürger der Stadt, die den Verfolgungen durch den nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer fielen..." |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 162-164. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 139. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 227-228. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 477-478. |
| Jürgen Ackermann: 1768-1935: Die Wächtersbacher
Viehmärkte. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 3,
8/1984. |
| ders.: 1690-1750: Die Judenschule in Wächtersbach. In:
Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 4a, 8/1984. |
| ders.: 1816-1866: Die Judenschule in Wächtersbach in
kurhessischer Zeit. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 4b,
8/1984. |
| ders.: Jüdische Familien in Wächtersbach.
Wächtersbacher. Januar 1984. |
| ders.: Die Wächtersbacher Synagoge. In: Sammlungen zur
Geschichte von Wächtersbach 28, 8/1986. |
| ders.: Von den Anfängen der Wächtersbacher Judenschaft
und ihrem Ende in nationalsozialistischer Zeit. In: Sammlungen zur
Geschichte von Wächtersbach 72, 1/1989. |
| ders.: Die Taufe eines "Judenmädgens" in
Wächtersbach. In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 77, 8/1989
und Mitteilungsblatt Heimatstelle Gelnhausen, MKK. GN 1/89. |
| ders.: Zum Gedenken an die Wächtersbacher Judengemeinde.
In: Sammlungen zur Geschichte von Wächtersbach 147, 8/1994 und
Brachttal-Nachrichten Nr. 30-32. |
| ders.: Synagoge und Judenschule in Wächtersbach. Das
wechselvolle Schicksal zweier Gebäude. In: Sammlungen zur Geschichte von
Wächtersbach 269, 1/2003. |
| ders.: Von Juden und Hofjuden in dem Wächtersbacher
Ländchen. In: Heimatjahrbuch des Kreises Gelnhausen 2003. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Waechtersbach
Hesse-Nassau. Established before 1690, the Jewish community dedicated its third
synagogue in 1895 and was affiliated with the rabbinate of Hanau. Its population
remained constant (about 5 % of the total) for many years - 62 in 1835 and 55 in
1925. Jews played a dominant role in the cattle trade and after Nazis attacked
them in July 1935 the market closed down. By August 1938 all the Jews had left,
some emigrating, and the community disbanded.
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|