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Salmünster mit
Bad Soden (Stadt Bad Soden - Salmünster, Main-Kinzig-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Soden lebten einzelne Juden bereits im Mittelalter.
Nach Germania Judaica II,2 S. 769 könnte der Ort bereits von der sogenannten
"Rindfleisch-Verfolgung" 1298 betroffen gewesen sein. Nach den
Memorbüchern wird unter den Orten der Verfolgung ein Stolzenberg genannt
(Bad Soden hieß 1296 Stolzental in engster Verbindung mit der Burg Stolzenberg).
Im 14. Jahrhundert war Soden von der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49
betroffen. Als ein möglicher Überlebender wird 1360 in Frankfurt Syemelyn von
Stolzenberg genannt. In der Zeit Ende 14./15. Jahrhundert werden an
verschiedenen Orten Juden "aus Soden" genannt, doch dürfte sich dieses
Soden eher auf Bad Soden am Taunus (Main-Taunus-Kreis) beziehen.
In Salmünster bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1935/37. Ihre Entstehung geht in die Zeit der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Doch lebten bereits im 17. Jahrhundert
einzelne Juden am Ort: 1655 Jacob der Jud, 1680-1684 die drei Schutzjuden Jacob,
Jonas und Seligmann. Diese waren damals Mitglieder der jüdischen Gemeinde
Gelnhausen. 1674/75 wird in einer
Amtsrechnung von Ulmbach berichtet, dass der
Ulmbacher Schultheiß dem "Juden zu Salmünster" 15 Gulden für ein Paar Stiere
bezahlt habe (Quelle: Beitrag von B.M. Röder, genannt in der
Seite zu Ulmbach).
1813 werden zwei jüdische Familien in Salmünster genannt.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich bis zum Anfang
des 20. Jahrhunderts wie folgt: 1827 10 (0,7 % von insgesamt 1.468 Einwohnern),
1861 33 (2,3 % von 1.452), 1871 41 (2,2 % von 1.818), 1885 42 (3,4 % von 1.219),
1905 Höchstzahl von 56 (3,9 % von 1.426). Die Gemeinde wurde dem
Rabbinatsbezirk Hanau zugeteilt. Die jüdischen Familien betätigten sich als
Händler und Kaufleute. Es gab Viehhandlungen, aber auch Einzelhandelsgeschäfte
wie das Manufaktur- und Kurzwarengeschäft von Joseph May (links Anzeige aus der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1892).
An eigenen Einrichtungen waren eine Synagoge, eine Religionsschule und ein
rituelles Bad (Mikwe) vorhanden (siehe unten). Die Toten der jüdischen
Gemeinde wurden im 17. Jahrhundert in Gelnhausen, später in Eckardroth,
seit 1923 auf einem eigenen Friedhof
beigesetzt. Ein eigener jüdischer Vorsänger und Lehrer war angestellt.
Zeitweise unterrichtete er auch die jüdischen Kinder in der benachbarten
Gemeinde Eckardroth-Romsthal. 1924
wurde die Religionsschule Salmünster aufgelöst. Danach wurden die
Kinder durch den jeweiligen Lehrer aus Schlüchtern
unterrichtet.
Von den jüdischen Lehrern sind namentlich bekannt: um 1855 Lehrer
Seelig, der auch in Wächtersbach unterrichtete (seit 1856 Schulverband
Salmünster - Wächtersbach), 1856/57 Heinemann Fleischhacker, 1858-60 Samuel
Münz, 1860-63 Levi Katzenstein, 1864-1870 Israel Schuster (wirkte danach in Birstein,
siehe Bericht unten), 1887-1889 Leo Kahn,
1890-1894 Sally Katz, 1895-1903 Honas Gans (wohnt in Wächtersbach), 1904
Heinemann Levi, 1913-24 Leopold Kamm (bis zur Auflösung der
Religionsschule 1924; Lehrer Kamm wird genannt im Bericht zur Einweihung des Friedhofes
1923), 1924/25 Lehrer Ginsberg aus Schlüchtern,
1926-1932 Sally Katz (ab 1926, er wirkte bereits mit bei der Beisetzung von
Michael Neuhaus 1926 mit s.u. und war ab August 1932 Lehrer in Gemünden
an der Wohra).
Um 1925, als 34 Personen der jüdischen Gemeinde
angehörten (1,7 % von insgesamt ca. 2.000 Einwohnern), war Vorsteher der
Gemeinde Alexander Grünebaum. Den Religionsunterricht für die damals vier
schulpflichtigen jüdischen Kinder erteilte dreimal wöchentlich Lehrer Ginsberg
aus Schlüchtern (offensichtlich war die Stelle gerade vakant). Als Schochet war
Siegmund Köstrich aus Romsthal in der Gemeinde tätig. Im Schuljahr 1931/32
wird als
Lehrer E. Katz genannt. Er unterrichtete in Salmünster ein schulpflichtiges
Kind, im benachbarten Eckardroth-Romsthal acht Kinder.
1934 wurden die jüdischen Kinder durch Lehrer Siegfried Wechsler aus Wächtersbach
unterrichtet (siehe Artikel unten).
Zwischen 1933
und 1937 sind alle jüdischen Gemeindeglieder (1933: etwa 40 Personen) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Zehn meist Jüngeren
gelang die Auswanderung, etwa 34 jüdische Frauen und Männer verzogen in
größere Städte, vor allem nach Frankfurt, von wo aus sie - insofern sie nicht
von Frankfurt aus noch emigrieren konnten - 1941/42 deportiert
wurden.
Von den in Salmünster geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Fanny Bryks geb. Levy (1905),
Lina Dressel geb. Korn (1901), Alex(ander)
Grünebaum (1880), Emilie Grünebaum (1895), Isidor Grünebaum (1913), Jakob
Grünebaum (1922), Manfred Grünebaum (1927), Mina Grünebaum (geb. ?), Paula
Grünebaum geb. Strauss (1873), Eleonore Jakobi geb. Weil (1889), Max Jakobi
(1884), Rosa Jakobi (1882), Gustel Korn
geb. Goldschmidt (1866), Jakob Korn (1871), Simon Scheuer (1883), Selma Viktor geb. Grünebaum
(1903), Anna Klara Vielgut geb. Gundersheim (1882).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Als Lehrer der jüdischen Schule, die bis zur Einweihung der Henry-Harnischfeger-Schule Ende 1931 eigenständig existierte, werden
im Beitrag von Georg-Wilhelm Hanna genannt (die Angaben wurden teilweise
überarbeitet):
•1855 Lehrer Seelig, er übernahm auch provisorisch die Schule in Wächtersbach.
•1856 der Schulverband Salmünster-Wächtersbach wurde gegründet.
•1856 November bis zum 1. November 1857: Lehrer Heinemann Fleischhacker (Gehalt 225 Gulden, anteilig Salmünster 135 Gulden,
Wächtersbach 90 Gulden).
•1858 1. März bis 11. August 1860: Lehrer Samuel Münz (Gehalt 225 Gulden plus 15 Gulden für Wohnung, anteilig Salmünster 145 Gulden, Wächtersbach 80
Gulden).
•1860 27. August bis 1. April 1863: Lehrer Levi Katzenstein.
•1863 August: Lehrer Weinberg von Eckardroth.
•1864 bis 1870: Lehrer Israel Schuster gebürtig aus Sterbfritz (Gehalt 180 Gulden plus freie Wohnung und Heizung:
Wächtersbach hat keine
Schulkinder!).
•1887 bis 1889: Lehrer Leo Kahn (Wächtersbach zahlte 200 Mark).
•1890 bis 1894: Lehrer Sally Katz (800 Mark von Salmünster, Eckardroth,
Wächtersbach).
•1895 bis 1903: Lehrer Honas Gans in Wächtersbach (er besorgte Salmünster mit und erhielt von dort 300
Mark).
•1904 Heinemann Levi eigener Lehrer für Salmünster und
Romsthal/Eckardroth.
•1907 Juni: Levi erkrankte, ihm wurde gekündigt, dafür übernahmen Lehrer Levi aus
Birstein in Romsthal und Lehrer Reinhold aus
Wächtersbach in Salmünster seine Aufgaben
mit.
•1913 bis 1924: Lehrer Leopold Kamm (geb. 1879 in Hettenhausen),
war an verschiedenen Stellen Lehrer, vor seiner Zeit in Salmünster Lehrer in Hettenhausen;
nach seiner Zeit in Salmünster lebte Leopold Kamm im Ruhestand bei seinem
Schwager in Hettenhausen und erteilte den Kindern in Schmalnau
und Hettenhausen noch den Unterricht; seine letzten Jahre lebte er im Alten- und
Pflegeheim Dr. Rosenthal in Darmstadt, von wo aus er 1942 in das Ghetto Piaski
deportiert wurde und umgekommen ist.
•1924 bis 1925: Lehrer Ginsberg aus Schlüchtern, 34 Jahre
alt.
•1925 bis 1932: Lehrer Sally Katz aus Guxhagen
(s.u.).
•1932 bis 1933: Lehrer E. Katz, 52 Jahre alt.
•1934 unterrichtet Lehrer Siegfried Wechsler aus Wächtersbach auch in
Salmünster (s.u.)
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Vorbeters und Schächters
1884/85, 1904 und 1907 (1921)
1884/1885 tat sich die jüdische
Gemeinde offenbar schwer mit der Neubesetzung der Lehrerstelle, da über
mehrere Monate immer wieder Anzeigen in der Zeitschrift "Der
Israelit" mit folgendem Text erschienen: |
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Anzeigen in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 17. November 1884 und vom 30. Juli 1885: "Bekanntmachung: Für die Synagogengemeinde
Salmünster und Eckardroth-Romsthal soll ein Religionslehrer und Vorsänger
gegen den Bezug eines jährlichen Gehalts von 700 Mark nebst freier Wohnung und
Heizung bestellt werden. Der Lehrer hat seinen Wohnsitz in Salmünster, wo er
auch den Vorsängerdienst zu versehen hat. Bewerber wollen ihre Gesuche mit
Abschriften der erforderlichen Zeugnisse innerhalb vier Wochen anher
einsenden.
Bemerkt wird, dass nur solche Bewerber berücksichtigt werden können welche in
Preußen ihre Prüfung bestanden haben oder bereit sind, sich einer Prüfung zu
unterziehen.
Hanau, den 12. November 1884 bzw. 28. Juli 1885. Das Vorsteheramt der Israeliten. Dr.
Koref." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1904:
"Die Stelle eines Religionslehrers für die
Synagogen-Gemeinden Salmünster und Eckardroth, verbunden mit dem
Vorsängerdienst in Salmünster, soll alsbald besetzt werden. Das Gehalt
beträgt bei freier Wohnung Mark 850. Bewerbungen mit
Zeugnisabschriften sind bis zum 1. März an uns einzureichen.
Hanau, den 8. Februar 1904.
Das Vorsteheramt der Israeliten: Dr.
Bamberger." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1907:
"Die Synagogengemeinde Salmünster sucht einen Religionslehrer und
Vorbeter, der auch den Religionsunterricht in Eckardroth-Romsthal
übernehmen soll. Das Gehalt beträgt bei freier Wohnung für einen
ledigen Lehrer Mark 1.000. - Bewerber wollen sich unter Einsendung von
Zeugnisabschriften bei uns melden.
Hanau, den 1. Dezember 1907. Das Vorsteheramt der Israeliten." |
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Anzeige zur Suche nach einem Hilfsvorbeter.
Ein solcher wurde gerne für die hohen Feiertage zur Entlastung des
eigenen Vorbeters engagiert. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1921:
"Die hiesige Gemeinde sucht für Jom Kippur einen Hilfsvorbeter. Reflektanten
können sich mit Gehaltsansprüchen melden. Salmünster, 4. September
1821. Der Synagogenälteste M. Neuhaus." |
Zum Tod des langjährigen Lehrers und Kantors Israel Schuster (1909, wirkte in
Salmünster von 1864 bis 1870, danach in Birstein)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 10. September
1909: "Birstein. Am 18. August hat unsere Gemeinde einen
schweren Verlust erlitten, denn an diesem Tage starb Herr Israel Schuster,
unser früherer Lehrer und Kantor, im 63. Lebensjahre. 33 Jahre hat er
sein Amt in segensreicher Weise bekleidet, nachdem er 6 Jahre in der
benachbarten Gemeinde Salmünster gewirkt hatte. Der Entschlafene
stand ob seiner hervorragenden pädagogischen Befähigung in besonderem
Ansehen bei der Regierung und erhielt anlässlich seiner vor 3 Jahren
erfolgten Pensionierung den Hohenzollerorden. Die außerordentlich starke
Beteiligung aller Konfessionen und aller Gesellschaftsklassen an seiner
Beerdigung bezeugte, welche Liebe und Zuneigung er sich allseits zu
erfreuen hatte. Der tiefen Trauer, die nicht nur seine Hinterbliebenen
erfüllte, sondern auch alle, die den Vorzug hatten, ihm bei Lebzeiten
näher treten zu können, gaben Herr Rabbiner Dr. Bamberger - Hanau und
Herr Lehrer Strauß - Gelnhausen
beredten Ausdruck. Der Leben des allzu früh Dahingegangenen war voll
Mühe und Arbeit, aber es war ein gesegnetes Leben, und wenn heute unsere
Gemeinde in religiöser Beziehung in fortgesetztem Aufblühen begriffen
ist, so ist der rastlosen Tätigkeit des Verstorbenen ein wesentlicher
Verdienst hieran zuzuschreiben." |
Lehrer
Sally Katz verlässt Salmünster und wechselt nach Gemünden an der Wohra (1932)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1932. "Gemünden
an der Wohra, 15. August (1932). Am 1. April 1932 trat unser um unsere
Gemeinde hochverdiente Lehrer, Kantor und Schochet Spier laut
Notverordnung in den Ruhestand. Die Gemeinde setzte alles daran, um einen
würdigen und geeigneten Nachfolger zu finden. Es bedurfte
außerordentlich großer Anstrengung, um die staatliche
Volksschullehrerstelle zu erhalten und im Sinne der Gemeinde neu zu
besetzen. Bei jeder Neubesetzung einer solchen Stelle wird von Seiten der
Staatsregierung in umfassender Weise geprüft, ob die Stelle noch erhalten
werden kann, da in fast allen Landgemeinden die Schülerzahl äußerst gering
ist. Es bedurfte auch diesmal vielfacher Bemühungen, insbesondere des
Marburger Vorsteheramtes, bei Abgeordneten, der Regierung in Kassel und
dem Ministerium, bis es schließlich gelang, dass die Staatsbehörde ihre
Einwilligung zur Weitererhaltung der Stelle gaben. Die Regierung hat Herrn
Lehrer Sally Katz, der aus Guxhagen
stammt, das Kölner Lehrerseminar absolviert hat und seit 8 Jahren als
Religionslehrer, Kantor und Schochet in Salmünster, Kreis Schlüchtern,
wirkte, zum 9. August hierher versetzt. Wir hoffen, dass es ihm
gelingt, auch in unserer Gemeinde zu Ehren des Judentums zu
wirken." |
Lehrer Siegfried Wechsler aus Wächtersbach unterrichtet auch in Salmünster
(1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Januar 1934: "Wächtersbach,
15. Januar (1934). Als Nachfolger des nach Bremen berufenen Religionslehrers
Rosemann ist zur Erteilung des jüdischen Unterrichts in den Gemeinden
Wächtersbach, Bad
Orb, Salmünster und Romstal Herr
Lehrer Siegfried Wechsler aus Hamburg bestellt
worden." |
Berichte aus
dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Bitte der jüdischen Gemeinde um Unterstützung für eine in Not geratene
Familie (1893)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Februar 1893:
"Eine Familie in unserer unmittelbaren Nähe ist in tiefstes Elend
geraten und würde ein Vater mit Frau und vier Kindern im wahren Sinne des
Wortes verhungern, wenn nicht unsere edlen Glaubensbrüder uns
schleunigste Hilfe gewähren. 4 Kinder jammern nach Brot, indem der Vater,
der bisher seine Familie kümmerlich ernährt hat, durch einen Beinbruch
lange Zeit ans Bett gefesselt, und für lange Dauer nicht imstande sein
wird, die Sorge für sein Haus zu übernehmen. Wie traurig es ist, wenn
eine Familie auf lange Zeit ihren Ernährer entbehren muss, kann sich
jeder vorstellen, und bitten wir unsere edlen Mitmenschen uns reichliche
Spenden zufließen zu lassen, denn viel ist nötig, um einem
unbeschreiblichen Elende entgegenzusteuern.
Wer schnell gibt, gibt doppelt.
Salmünster, 12. Februar 1893. Der Lehrer:
S. Katz. Der Vorstand: Gundersheim.
Auch die Expedition des Blattes ist gerne bereit, Gaben in Empfang zu
nehmen und dieselben weiter zu befördern." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Jacob May (1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. März 1879: "Nachruf!
Salmünster. Am 5. Adar wurde unsere kleine Gemeinde durch
das Hinscheiden des Herrn Jacob May von hier in schmerzliche, tief
empfundene Trauer versetzt. Der Verewigte erreichte das Alter von 71
Jahren. Er war ein echter Jehudi im wahren Sinne des Wortes. Beim Aufgang
des Lichtes war er der erste in der Synagoge, um sein Tagesgebet
vor der Tefila zu sagen. Wie sehr derselbe auf Wohltätigkeit
und besonders auf Gerechtigkeit im Verborgenen hielt, sollten
selbst seine eigenen Angehörigen erst nach seinem Tode erfahren. Der
Verewigte hatte eine Filiale seines Geschäftes in dem eine Stunde von
hier entfernten Städtchen Steinau. Dort hatte er einem zuverlässigen
Manne, einem Christen, da in Steinau keine Juden wohnen, alljährlich eine
ziemlich bedeutende Summe Geldes zur Verteilung unter die bedürftigsten
Armen ohne Unterschied der Konfession aus dem Orte und der Umgegend
übergeben. Erst durch die Erzählung dieses Bevollmächtigten, der ein
eigens Buch darüber führte, wurde es bekannt, wie dieser Jehudi
durch Geben im Verborgenen auf so edle Weise einer war, der den
Gottesnamen geheiligt hat. Groß und allgemein war daher auch die
Beteiligung an dem Leichenbegängnis des Verewigten, ein Beweis der
Achtung, die ihm von all seinen Bekannten entgegengebracht wurde. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Abraham Stern (1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1890: "Salmünster
(Hessen-Nassau). 'Ein gutes Beispiel weckt Nacheiferung - Und gibt dem
Urteil höhere Gesetze.' Nur aus diesem Grunde möge heute von dem Tode
eines Mannes berichtet sein, der in jeder Hinsicht ein Muster war, als
Mensch im Allgemeinen, als Jude im Besonderen. Seit dem 24. Elul härmt
sich die hiesige jüdische Gemeinde über den Verlust ihres bewährten
Gründers und Leiters, die Stadt über einen ihrer angesehensten
Bürger: Abraham Stern hat im Alter von 66 Jahren, mit Ruhm und
Ehren bedeckt, den Kampfplatz des Lebens verlassen.
Er und sein Bruder - sein Licht leuchte - beide eines
Herzens voll gegenseitiger, unerschöpflicher Liebe, eines Sinne
für Wahrheit und Recht, schon als Kinder mit der Bürde des Mannes durch
den frühen Tod der Eltern belastet, sich selbst zur Belehrung und
Erziehung überlassen, haben es durch gemeinschaftliche Anstrengung, der
nicht einmal die Nacht, sondern nur der Schabbat Einhalt bot, zur
Gründung eines mustergültigen jüdischen Hauses gebracht. Abraham Stern
war einer der gewiss seltenen Menschen, der, mitten im Weltgetümmel
stehend, sagen konnte: 'Ich habe keinen Feind.' War er der Mitwelt war,
darüber belehrte ein Blick derer, die, zum großen Teil aus weiter Ferne,
herbeigeeilt waren, um ihrem teuren Freunde, ihrem vertrautesten Berater
und liebsten Verwandten den Abschiedsgruß zuzurufen. Die Geistlichkeit
und der Stadtrat von Salmünster, sämtliche jüdischen und
christlichen Vertreter der näheren und weiteren Umgegend gaben dem edlen
Fechter für Ehre und Gerechtigkeit und das Wohl der Menschheit das
Geleite. Wie sein Leben, so war sein Tod ein echter Kiddusch Haschem
(Heiligtum des Gottesnamens). Seine Ehrwürden, Herr Dr. Koref, sah sich
verpflichtet, an das Grab des Verblichenen zu eilen, um einen Teil seiner
Verdienste zu schildern. Er verglich ihn mit Abraham unserem Vater
(gemeint: der biblische Abraham): Auf jeden Ruf, den das zur
Unterstützung verwaister und verwitweter Glieder oder zur Begründung und
Erhaltung frommer Anstalten Hilfe bedürftige Judentum an ihn ergehen
ließ, antwortete er, wie einst sein großer Ahn: Hineni 'hier bin
ich', mit Allem, was ich habe.
Die Gemeinde Salmünster verdankte ihm ihr Bestehen und ihr Gotteshaus.
Dies als Erster zu betreten und als Letzter zu verlassen, darin setzte er
seinen Ruhm. Und als ihm bereits eine harte Krankheit die körperliche
Kraft völlig gebrochen hatte, wankte er, vom Schmerzenslager sich
raffend, in die Synagoge, um nach der Rückkehr von dort erschöpft auf
sein Lager, sein - Sterbelager, zu sinken. Den tröstenden Worten des
Arztes setzte er, den Blick lächeln nach oben gewendet, entgegen: 'O, ich
habe keine Angst, zu sterben.' Mit Ruhe und Zuversicht sah er dem
Todesengel ins Angesicht, legte noch über die vorhandenen Zedokogelder (Spenden
für wohltätige Zwecke) Rechnung ab und entschlief kampflos, wie der
wahre Zadik (Fromme), die Hoffnung im Herzen, dass seine Kinder, in
seinem Geiste erzogen, auch in seinem Geiste leben würden, und dass er an
dem Orte seiner Bestimmung seine geliebte Gattin, die ihm um einige Jahre
vorausgeeilt war und sein höchstes Lebensglück bedeutet hatte,
wiederfinden werde. Möge seine geistige und moralische Hinterlassenschaft
zahlreiche und würdige Erben
finden." |
Zum Tod des Kaufmanns Samuel Stern (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1923: " Salmünster,
26. Februar (1923). Wir haben heute in unserer Gemeinde Samuel Stern zu
Grabe getragen. Mit ihm, dem würdigen Geisteserben seines unvergesslichen
Vaters Abraham Stern - Friede sei mit ihm - ist ein Isch tam wejaschar
(ein aufrechter und geradsinniger Mann) dahingegangen, ein bescheidener und
gerader Mann und Jehudi, der durch seinen Eifer für die Erhaltung und
Förderung unserer kleinen Gemeinde und seine weitherzige und vornehme Art, Zedaka
(Gerechtigkeit) zu üben den Typus ehrwürdigen Patriziertums darstellte, wie er
auf dem Lande leider immer seltener wird. Samuel Sterns tiefe Religiosität und
streng jüdische Lebensführung, seine peinliche Gewissenhaftigkeit und
Redlichkeit im Geschäftsleben haben ihm das Vertrauen seiner Mitbürger
eingetragen, die ihn in ihre beratende städtische Körperschaft beriefen. Die
Beerdigung - die erste auf dem neu errichteten Friedhof, für welchen die
Stadtgemeinde der jüdischen Gemeinde das Gelände in hochherziger Weise
geschenkt hat - war, wie das Leben des Entschlafenen, ein Kiddusch haschem
(Heiligung Gottes). Die Beteiligung aus allen Schichten der Bevölkerung war außergewöhnlich
groß, die Trauer tief und ehrlich. Auch die städtischen Behörden waren
vertreten und der Kriegerverein in corpore ging an der Spitze des langen
Trauerzugs. Herr Provinzialrabbiner Dr. Gradewitz (Hanau), Herr Sanitätsrat Dr.
Stern (Frankfurt am Main) und Herr Lehrer Hamm (Salmünster) sprachen an der
Bahre tiefempfundene Worte des Abschieds. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Zum Tod des Kaufmanns Michael Neuhaus (1926) (eine
"Säule" des jüdischen Gemeindelebens: 25 Jahre Synagogenältester,
ehrenamtlicher Vorbeter, Initiator des Umbaus des rituellen Bades, der Anlage
des
jüdischen Friedhofes in Salmünster u.a.m.)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 7. Januar 1926: "Salmünster, 4. Januar
1926). Nach kurzem Krankenlager verstarb im 75. Lebensjahre der in weiten
Kreisen bekannte Kaufmann Michael Neuhaus. Eine große Anzahl von Verwandten und
Freunden war aus nah und fern herbeigeeilt, um dem lieben Entschlafenen die
letzte Ehre zu erweisen. Michael Neuhaus war noch ein Jehudi vom alten Schlage.
Im Vereine mit seiner ihm gleichgesinnten Gattin, mit der er fast 50 Jahre in
glücklicher Ehe lebte, führte er ein echtjüdisches Haus, in welchem Tora und
Jiroh (=Gottesfurcht) noch eine Heimstätte hatten. In diesem Sinne erzog er
auch seine acht Kinder, von denen eine Tochter bereits in jungen Jahren von
hinnen schied. Gleich unserm Stammvater Jakob hatte er die Freude, alle seine
Kinder in seinem Sinne wandeln zu sehen. 25 Jahre lang versah Neuhaus in
mustergültiger Weise das schwierige Amt eines Synagogenältesten. Der Umbau des
Frauenbades und die Anlage des Beit Olam (Friedhof) sind seiner
Initiative entsprungen. Der Verewigte versah auch mit Vorliebe die Funktion
eines Scheliach Zibur (= ehrenamtlicher Vorbeter). Wie verstand er es,
noch vor wenigen Wochen seiner Kehle die hellen, lautersten Töne zum Lobe des
Schöpfers entquillen zu lassen! Neuhaus war ein treuer Diener Gottes und von
seinen Verpflichtungen gegen dessen Gebote erfüllt. Das Gotteshaus war seine
liebste Stätte und sein ganzes Leben war wahrer Gottesdienst. Am Grabe rühmten
Herr Dr. Herz - Fulda, Lehrer Katz -
Salmünster und Lehrer Freudenberger - Flieden die Tugenden des Verstorbenen und schilderten den großen Verlust der
trauernden Familie, der Gemeinde und der Stadt. Möge dem Dahingeschiedenen für
sein edles, gewissenhaftes und selbstloses Streben und Wirken der schönste Lohn
in der lichten Himmelshöhe zuteil werden. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens. Fr." |
Zum Tod von Moses Grünebaum (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1929: "Salmünster,
13. Mai (1929). Die hiesige Gemeinde beklagt den Heimgang eines ihrer
beliebtesten Gemeindemitglieder. Moses Grünebaum ist nach schmerzhaftem
Krankenlager im Alter von 57 Jahren gestorben. Er war aufrechter Jehudi
alten, guten Schlages. Der Verewigte hat sich in langen Jahren innerhalb
unserer Gemeinde und weit darüber hinaus viel Freundschaft und Verehrung
erworben. Er war überall angesehen und beliebt.
Ein großer Trauerzug gab ihm das letzte Geleite. Wir beklagen herzlichst
den Heimgang dieses braven Mannes und versichern ihm ein ehrenvolles
Gedenken. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Danksagung und Empfehlung des Isak Jakobi (1877)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1877: "Danksagung
und Empfehlung. Ich finde mich aus Dankgefühl verpflichtet, das
Handels-Lehr-Institut des Herrn Direktor Ottensoser zu Mellrichstadt
allen jüdischen Eltern aufs Beste zu empfehlen. Mein Sohn, ein Zögling
des genannten Instituts, wurde vorigen Sabbat Bar Mizwa, und hat
durch seine religiösen Vorträge in Chinuch Lenaarim und Chaje
Adam bewiesen, wie emsig dort neben den profanen Disziplinen auch das
Jüdische betrieben wird. Salmünster (Hessen), 16. Januar 1877. Isak
Jakobi." |
Lehrlingssuchen des gemischten Warengeschäftes von Michael Neuhaus
(1884/1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1884: "In
meinem gemischten Warengeschäft, welches Schabbat und Feiertag streng
geschlossen, suche einen Lehrling mit guten Schulkenntnissen. Kost und
Logis im Hause.
Salmünster Station der Frankfurt-Bebraer Eisenbahn. M. Neuhaus. B.
Mays Nachfolger." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1890: "Für
mein am Schabbat und Feiertag streng geschlossenes gemischtes
Warengeschäft suche zum Eintritt nach Pessach einen Lehrling mit den
nötigen Schulkenntnissen. Kost und Logis im Hause. Salmünster. M.
Neuhaus." |
Lehrlingssuchen des Manufaktur- und Kurzwarengeschäftes
Joseph May (1892 / 1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1892: "Für
mein Samstags und Feiertage streng geschlossenes Manufaktur- und
Kurzwarengeschäft suche ich per gleich nach Ostern einen Lehrling
mitguten Schulkenntnissen. Kost und Logis frei im Hause. Joseph May,
Salmünster (Hessen-Nassau). |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Oktober 1897:
"Für mein Samstags und Feiertage streng geschlossenes Manufaktur-
und Kurswarengeschäft suche zum sofortigen Eintritte einen braven Lehrling
mit guten Schulkenntnissen, aus achtbarer Familie. Kost und Logis frei im
Hause. Selbstgeschriebene Offerten an Joseph May,
Salmünster." |
Verlobungsanzeige für Martha Grünebaum und Ludwig Warhaftig (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1928:
"Statt Karten
Martha Grünebaum - Ludwig Warhaftig (Lehrer). Verlobte.
Salmünster - Darmstadt, Friedrichstraße." |
Verlobungsanzeige von Martel Grünebaum und Abraham
Stein (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1933: "Gott
sei gepriesen.
Martel Grünebaum - Abraham Stein. Verlobte.
Gemünden/Main - Salmünster.
März 1933." |
Heiratsanzeige für Harry Wolf und Henny geb. Stern
(1937)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juni 1937: "Statt
Karten
Harry Wolf - Henny Wolf geb. Stern. Vermählte.
Göttingen - Salmünster / Frankfurt am Main - Sandweg
6c.
Cernauti. Str. 11, Novembrie I a". |
Aus Bad Soden
Anzeige der Villa Maria mit Möglichkeit der Nutzung einer
rituellen Küche (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1901:
"Villa Maria
Bad Soden bei Salmünster
sind elegante ausmöblierte Zimmer abzugeben und für Familien, welche
sich selbst verköstigen willen, Gelegenheit geboten für eine
eingerichtete rituelle Küche. Nähere Auskunft erteilt.
M. Neuhaus, Salmünster." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betsaal vorhanden. 1865 wurde
ein bereits bestehendes Gebäude, der ehemalige städtische Schafstall am
Mühlbach, zu einer Synagoge
eingerichtet. Beim Bau hatte besondere Verdienste der langjährige
Gemeindevorsteher Abraham Stern, in dessen zu seinem Tod erschienenen Nachruf es
hieß: Ihm verdankt die Gemeinde "ihr Bestehen und ihr
Gotteshaus".
In dem Gebäude waren neben dem Betsaal (mit Empore auf zwei
Seiten) auch ein Schulraum für den Unterricht der Kinder sowie weitere Räume
(zeitweise Lehrerwohnung?) und das rituelle Bad eingerichtet. Die Rückseite des Gebäudes lag direkt am Mühlbach, von dem
aus das Wasser zur Mikwe eingeleitet werden konnte. Es handelt sich um ein
zweigeschossiges Fachwerkhaus, das in seiner Gestaltung nur wenig von der baulichen
Umgebung abwich.
In der NS-Zeit ging das Synagogengebäude nach der Emigration und dem
Wegzug der jüdischen Einwohner im Oktober 1937 in nichtjüdischen Privatbesitz
über und wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Die
Kultgegenstände waren nach Schlüchtern gebracht und dort beim Novemberpogrom
1938 zerstört worden.
Das Gebäude wurde im März 1992 von der Stadt erworben. Die bis dahin im
Gebäude lebende Familie zog im Januar 1994 aus. Nach der Renovierung 1995/96
wurde in der ehemaligen Synagoge das Sozialamt der Stadt Bad Soden -
Salmünster untergebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Vogtgasse 15, direkt am
Mühlbach
Fotos
Das Gebäude der
ehemaligen
Synagoge im Juli 1985
(Quelle: Altaras s. Lit. S. 158) |
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Blick von der
Vogtgasse |
Seite zum
Mühlbach |
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Das Gebäude der
ehemaligen
Synagoge im Frühjahr 2015
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2015) |
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Blick in die
Vogtgasse (von der Frankfurter Straße) auf das
Synagogengebäude |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge
(Foto
in höherer Auflösung) |
Seite zum
Mühlbach (Südseite des Synagogengebäudes) mit dem direkt am Gebäude
vorbeifließenden Bach,
von dem aus das Wasser zur Mikwe eingeleitet wurde. |
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Eingang |
Hinweistafel |
Anbau des Synagogengebäudes
in westlicher Richtung |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
November 2018:
Verlegung von Stolpersteinen in
Bad Soden-Salmünster
Anmerkung: Am 08. November 2018 wurden durch
den Künstler Gunter Demnig an vier Verlegestellen insgesamt 19 Stolpersteine
verlegt. Um 12 Uhr gegann die Gedenkveranstaltung mit einem Empfang im
Joseph-Müller-Haus (Schwedenring 1), um 13 Uhr folgt die Enthüllung einer
Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge in Salmünster (Vogtgasse 15), daran
schließt sich die Verlegung der Stolpersteine entlang der Frankfurter Straße
9 und 10, der Franziskanergasse 6 und der Klostergasse 5 an. Um 15 Uhr lädt
die Projektgruppe zu Kaffee und Kuchen ins Joseph-Müller-Haus (Schwedenring
1) ein. Den Abschluss bildet das Gedenkkonzert um 19 Uhr in der
evangelischen Versöhnungskirche (Frankfurter Straße 53).
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Artikel
von Petra Kloberdanz in "Der Bergwinkel - Wochen-Bote" vom 19. November
2018:
"Viele Bürger begleiten bewegenden Erinnerungsakt.
Mehr als 200 Menschen, meist dunkel gekleidet, versammeln sich in
Salmünsters Altstadt vor der ehemaligen Synagoge. Die Stimmung erinnert an
eine Trauergemeinde, doch den Verstorbenen, derer hier gedacht wird, wurde
keine Beerdigung im Kreise ihrer Lieben zuteil. Sie waren jüdische
Mitbürger, die in der Vernichtungsmaschinerie der Nazi-Zeit verschwanden.
Vor etwa 80 Jahren hatten sie ihre Heimatstadt, meist unfreiwillig,
verlassen. Angestachelt durch die NS-Propaganda waren aus ihren Nachbarn
willfährige Verfolger geworden, die sie mit Verhöhnung, Entrechtung und
Repressalien traktierten. Von den 40 Personen jüdischen Glaubens, die 1933
in Salmünster lebten, gelang den wenigsten die Flucht in die Freiheit. Die
meisten entgingen Deportation und Ermordung nicht.
Am 9. November 1938 hatte mit der 'Reichspogromnacht', wie die Gewaltexzesse
gegen die jüdischen Mitbürger verharmlosend genannt wurden, die organisierte
Judenverfolgung im gesamten Deutschen Reich begonnen. Die Erinnerung an das
Schicksal der ehemaligen jüdischen Salmünsterer Mitbürger wachzuhalten, war
das Anliegen einer Gruppe aus dem Theater-Ensemble feel-X mit Felix
Wiedergrün, Thomas Hummel, Tanja Steinbock, unterstützt von Bernd Heil,
Brigitte Steitz, der Stadt, den Kirchengemeinden und der
Henry-Harnischfeger-Schule. 'Die Stolpersteine sollen nicht nur ein Symbol
gegen das Vergessen sein, sondern auch die ständige Mahnung, dass in diesem
Land nie wieder Menschen entrechtet, entwürdigt, verfolgt oder ermordet
werden', schreiben die Initiatoren. Sie organisierten die Verlegung von 15
Stolpersteinen vor den Wohnhäusern von 14 ehemaligen jüdischen Mitbürgern
sowie einen Stein vor dem Geburtshaus des Priesters Joseph Müller, der als
Widerständler 1944 hingerichtet wurde. Nachdem Felix Wiedergrün die
Anwesenden begrüßt hatte, darunter die Schüler der Geschichtskurse der
Henry-Harnischfeger-Schule mit ihren Lehrerinnen und die Konfirmanden mit
Pfarrer Fredi Henning, enthüllte Thomas Hummel an der ehemaligen Synagoge
eine Tafel, die auf die Geschichte der jüdischen Gemeinde hinweist. Bereits
1362 waren Menschen jüdischen Glaubens in der Umgebung von Salmünster
ansässig gewesen.
Der Künstler Gunter Demnig, der Anfang der 1990er Jahre das Kunstprojekt 'Stolpersteine'
ins Leben gerufen hatte, und bereits 70.000 Steine in 24 europäischen
Ländern verlegt hat, war nach Salmünster gekommen, um mit Tobias Koch vom
Bauhof die Steine zu verlegen. In der Frankfurter Straße 10 erinnern
neun Steine mit der beschrifteten Metallabdeckung an Alexander, Emilie,
Julius, Martha, Isidor und Manfred Jakob Grünebaum sowie an Cäcilie, Jakob
und Ester Strauss. Gegenüber, in der Frankfurter Straße 9, wohnten
Paulina Grünebaum sowie Selma und Max Victor, und in der
Franziskanergasse 6 erinnern die Pflastersteine an Auguste und Jakob
Korn. Junge Leute legten Rosen nieder, verlasen Namen und Schicksale und
entzündeten Kerzen, Rabbiner Michael Jedwabny aus Hanau sprach Gebete, und
Elmar Egold aus Bad Orb begleitete den eindrucksvollen Erinnerungsakt mit
ausgewählten Melodien auf der Klarinette. Vor dem katholischen Pfarramt
erinnerte Dr. Michael Müller an den Priester Joseph Müller. Bürgermeister
Dominik Brasch zeigte sich beeindruckt von der würdigen Aktion. Mit Blick
auf das, 'was mit Bürgern aus unserer Mitte passierte', mahnte er,
fremdenfeindliche Stimmungen als Einstiegsdroge zur Rechtsradikalität nicht
zuzulassen."
Link zum Artikel
Siehe auch die Website des "Ensemble feel-X e.V. Die junge Theatergruppe aus
Bad Soden-Salmünster":
https://www.ensemble-feelx.de/sonstiges/stolpersteine-salmuenster. |
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Juni 2024:
Auf der Suche nach den Spuren
der Vorfahren in Salmünster |
Artikel von Elisabeth Schmitt in "Gelnhäuser
Neue Zeitung" vom 16. Mai 2024: "Auf den Spuren der Vorfahren. Ray Ellin
aus New York ist auf der Suche nach seiner Familiengeschichte
Nach Spuren seiner jüdischen Vorfahren sucht dieser Tage der Comedian Ray
Ellin aus New York in Salmünster – und er wird fündig. Er entdeckt
Stolpersteine und im Heimatmuseum einen Kleiderhaken, der wohl im
urgroßväterlichen Geschäft einen Platz hatte.
Bad Soden-Salmünster. Bereits vor einem Jahr hatte sich Ellin in
einem Hotel in Bad Soden eingemietet und erfuhr dort im Gespräch mit den
Besitzern, dass der Name Grünebaum in Salmünster bekannt war. Stolpersteine
erinnern an Menschen jüdischen Glaubens, die einst in der Stadt heimisch
waren. Dazu zählen auch Ellins Vorfahren, für die zehn Steine gelegt sind.
Schon damals nahm er Kontakt zu Tanja Steinbock, die sich mit Thomas Hummel
und weiteren Aktiven des Ensembles 'FeelX' für die Verlegung von
Stolpersteinen engagiert. Ellin erinnert sich gerne an seine Großmutter, von
der er zwar wusste, dass sie aus Deutschland stammte, die aber erst spät
über ihre Zeit dort sprechen konnte. Dann erzählte sie von dem Leben und der
schönen Zeit in Salmünster, wo sie mit den Eltern und Geschwistern gelebt,
als Kind gespielt hatte, und wie schön es dort war.
Einen Eindruck von früher gewinnen. 'Es war nicht übertrieben',
meinte Ellin im Gespräch mit dieser Zeitung. Glücklich war er auch, dass er
das damalige Elternhaus seiner Großmutter besuchen konnte. Es wird jetzt
zwar anders genutzt, aber im Innern ist vieles noch, wie es damals war. Er
konnte auch die alte Holztreppe nach oben gehen und erhielt einen Eindruck,
wie es früher gewesen sein mag. Auf dem Weg in die Vergangenheit seiner
jüdischen Vorfahren besuchte er auch das Heimatmuseum und entdeckte zu
seiner Überraschung ein Exponat aus dem Geschäft seines Urgroßvaters. Es ist
ein Kleiderhaken aus Holz und Metall mit den Aufschriften 'Warenhaus
Gebrüder Grünebaum Salmünster Telefon 13″ und 'Öfen, Herde, Näh- und
landwirtschaftliche Maschinen Manufaktur Mode und Weisswaren Konfektion'.
Der Großmutter sehr nahe. 'Ich lerne hier mehr über sie und ihre
Heimatstadt und fühle mich ihr sehr verbunden', so Ellin über seine
Großmutter. 'Ich war ihr hier sehr nahe.' Die Familie seiner Großmutter war
damals rechtzeitig in die USA ausgereist und hatte ein neues Leben begonnen.
Bei Kaffee und Kuchen gemeinsam mit Bürgermeister Dominik Brasch,
Museumsleiterin Doris Müller, der Vorsitzenden des Heimat- und
Geschichtsvereins, Marianne Sperzel, sowie Tanja Steinbock und Thomas Hummel
im Museumshof gab es noch einen regen Austausch."
Link zum Artikel
Ähnlicher Artikel in der "Fuldaer Zeitung" vom 20. Mai 2024:
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Eckardroth
mit umliegenden Orten |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Eckardroth sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,136 Verzeichnis der jüdischen Söhne in der
Synagogengemeinde in Eckardroth mit Angabe von Geburtsdatum und
Beruf 1808 - 1823; darin auch Birstein, Fischborn, Helfersdorf,
Hellstein, Ober-Reichenbach, Unterreichenbach, Untersotzbach
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289745
HHStAW 365,137 Verzeichnis der jüdischen Söhne in der
Synagogengemeinde in Eckardroth mit Angabe von Geburtsdatum und
Beruf 1808 - 1834; darin auch Romsthal, Salmünster,
Ulmbach
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2379127
HHStAW 365,142 Sterberegister der Juden von Eckardroth 1826 -
1845; darin auch Romsthal, Salmünster, Ulmbach https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2379127
HHStAW 365,138 Geburtsregister der Juden von Eckardroth 1828 -
1834; darin auch Romsthal, Salmünster, Ulmbach https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2924713
HHStAW 365,140 Trauregister der Juden von Eckardroth 1833 -
1863; darin auch Romsthal, Salmünster, Ulmbach https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4971244
HHStAW 365,733 Sterberegister der Juden von Eckardroth 1845 -
1888; darin auch Romsthal https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2083510
HHStAW 365,732 Geburtsregister der Juden von Eckardroth 1845 -
1894; darin auch Romsthal https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1245103
HHStAW 365,139 Geburtsregister der Juden von Eckardroth 1850 -
1875; darin auch Romsthal https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101079
HHStAW 365,143 Sterberegister der Juden von Eckardroth 1850 -
1892; darin auch Romsthal, Salmünster, Ulmbach https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3553149
HHStAW 365,141 Trauregister der Juden von Eckardroth 1864 -
1884; darin auch Romsthal https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1675001 |
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 769 und III,2 S. 1376 (Art.
Soden am Taunus, Bad, siehe Anmerkung 4). |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. 244-245. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 158. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 137. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 199-200. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 483-484. |
| Georg-Wilhelm Hanna: Geschichte der Juden in Bad
Soden-Salmünster. Erstveröffentlichung in: Bergwinkel-Bote 40 1989 S.
39-47. Online
zugänglich.
Eingestellt
auch in der Website von Bad Soden Salmünster |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Salmuenster
(now part of Bad Soden-Salmuenster) Hesse-Nassau. Jews lived there in 1384, but
the community was founded centuries later, opening a synagogue in 1865 and
numbering 56 (4 % of the total) in 1905. By 1937 all the Jews had left, ten
emigrating.
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