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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Wenkheim (Gemeinde Werbach, Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website www.synagoge-wenkheim.de
(Website
des Vereins "die schul. Gedenkstätte Synagoge Wenkheim")
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts den Grafen und Fürsten von Löwenstein-Wertheim
gehörenden Wenkheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/40. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden
1576 und 1591 Juden am Ort genannt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 105 jüdische Einwohner (14,0 % von insgesamt 752), 1875 160
(17,2 % von 930); höchste Zahl jüdischer Einwohner um 1880 mit 181
Personen (knapp 20 % der Ortsbevölkerung); 1900 92 (11,7 % von 786).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle
unten). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war (bis 1897) Lehrer
Hofmann über 50 Jahre lang als Lehrer, Vorbeter und Schochet in der
Gemeinde tätig. Seit 1827 gehörte die jüdische Gemeinde zum Rabbinatsbezirk Wertheim.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Maier Lehmann
(geb. 24.6.1889 in Wenkheim, gef. 11.9.1916).
Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Landesprodukten und den
Bedarfsartikeln des bäuerlichen Haushalts. 1933 gehörten ihnen noch unter
anderem drei Textilwarengeschäfte, ein Kolonial- und Eisenwarengeschäft, eine
Mazzenbäckerei, zwei Viehhandlungen. Im einzelnen handelte es sich um die
folgenden Betriebe: Viehhandlung
Bernhard Grünebaum (Lindenstraße 24), Viehhandlung und Metzgerei Louis Grünebaum
(Pfarrgasse 4), Viehhandlung Samuel Grünebaum, Levis Sohn (Herrenstraße 6),
Viehhandlung/Landwirtschaft Samuel Grünebaum III (Herrenstraße 7),
Altwarenhandlung Samuel Grünebaum IV (Frankenstraße 14), Viehhandlung und
Metzgerei Simon Grünebaum (Obertorstraße 21), Textilgeschäft Abraham Hubert
(Frankenstraße 10), Handelsmann Lippmann Karpf (Obertorstraße 11), Mazzenbäckerei
Sigmund Lehmann (Lindenstraße 33), Textilgeschäft Hermann Schartenberg (Breite
Straße 5 und Lindenstraße 31, beides abgebrochen), Kaufmann Jakob Schuster
(Hindenburgstraße 1).
Um 1925, als noch 80 Personen der jüdischen Gemeinde angehörten (8 %
von insgesamt etwa 1.000 Einwohnern), gehörten dem Synagogenvorstand an: die
Herren Abraham Hubert, Hermann Schartenberg, Jakob Schuster und Louis Grünebaum.
Als Lehrer, Kantor und Schochet war bis zu seiner Auswanderung 1933 Heinrich
Kohn, danach bis 1936 Heinrich Grünebaum tätig. Im Schuljahr 1924/25 gab es
noch 14 schulpflichtige jüdische Kinder in der Gemeinde. Kohn unterrichtete
auch die Kinder in einigen umliegenden Gemeinden, z.B. in Unteraltertheim.
An jüdischen Vereinen gab es einen Frauen-Toraverein, einen Männer-Toraverein
sowie als Stiftung die Vereinigte Armenfondsstiftung (Ziel Unterstützung
von Ortsarmen). 1932 war Vorsteher der jüdischen Gemeinde Abraham
Hubert. Als Schriftführer war Hermann Schartenberg tätig.
1933 lebten noch 46 jüdische Personen in Wenkheim. Bis 1937/38 konnte
die jüdischen Geschäfte noch großenteils weitergeführt werden, dann mussten
sie aufgegeben werden. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge
demoliert (s.u.). Bis 1940 konnte über die Hälfte der jüdischen Einwohner
emigrieren (22 in die USA, 8 nach Palästina). Die letzten 11 jüdischen
Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Sie hatten zuvor im
Haus der Familie Wolf Bravmann zusammenziehen müssen.
Von den in Wenkheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hilde Abeles geb.
Heymann (1895), Regine Bergenthal geb. Lehmann (1869), Käthe Bravmann geb.
Lissberger (1892), Wolf Bravmann (1890), Zerline Brückheimer (1889), Helene Grünebaum
geb. Samuel (1881), Ida Grünebaum (1895), Jakob Grünebaum (1870), Käthe Grünebaum,
Renate Grünebaum (1912), Samuel Grünebaum I (1872), Samuel Grünebaum II
(1882), Sigmund Grünebaum (1872), Simon Grünebaum (1881), Jeanette Halle geb.
Lehmann (1861), Bela (Bertha) Heinemann geb. Grünebaum (1866), Margot Hes
(1924), Karoline (Lina) Heymann (1885), Martha Hirschhorn geb. Karpf (1905),
Isaak Karpf (1864, "Stolperstein" in Wertheim,
Nebenmaingasse 5), Lippmann Karpf (1873), Rosa Karpf geb. Richter (1877), Jenni Kissinger geb.
Schuster (1908), Eva Krebs geb. Grünebaum (1868), Therese Lehmann (1874),
Therese Löser geb. Lehmann (1878), Babette Mai (1868), Ida Oppenheimer geb.
Karpf (1900), Regine Rosenthal geb. Lehmann (1876), Rosa Rosenthal geb. Grünebaum
(1891), Flora Slivja geb. Karpf (1902), Fanny Sommer geb. Karpf (1875), Frieda
Seemann geb. Friedmann (1877), Itta Steinhard geb. Lehmann (1882), Luise Sündermann
geb. Lehmann (1876), Regine Wolfsheimer geb. Lehmann (1874).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1900 / 1909 /
1911 / 1922 / 1924 / 1929 / 1933 / 1936
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1900: "Vakanz.
Die mit einem festen Gehalt von 700 Mark, freier Wohnung und etwa 400 Mark
Nebenverdienst verbundene Religionslehrer-, Vorsänger- und
Schächterstelle in Wenkheim, ist baldigst zu besetzen.
Bewerber wollen ihre mit Zeugnisabschriften belegten Gesuche innerhalb 14
Tagen bei uns einreichen.
Mosbach, 29. April 1900. Die Bezirkssynagoge: Dr.
Löwenstein." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1909: "Wir suchen
zum sofortigen Eintritt einen Kantor, Religionslehrer und Schochet und
wollen Reflektanten ihre Bewerbungen unter Vorlage von Zeugnissen an den
unterzeichneten Vorstand baldmöglichst einreichen. Gehalt beträgt 900
Mark, ferner 600 Mark. Nebenverdienst sowie freie Wohnung mit großem
Garten.
Vorstand der Israelitischen Gemeinde Wenkheim (Baden) Samson Lehmann." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1911: "Die
israelitische Gemeinde Wenkheim in Baden sucht per sofort einen Lehrer,
Vorbeter und Schochet mit Mark 900.- Fixum, Mark 600.- garantiertes
Nebeneinkommen, mit Filiale Hochhausen Mark 220.- nebst freier Wohnung und
großen Garten.
Der Synagogenrat." |
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Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. September 1911:
"Frankfurt am Main. Vakanzen. - … Wenkheim, Lehrer, Kantor und
Schächter per sofort, Einkommen über 1700 Mark und freie Wohnung." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1922:
"Vakanz. Der Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterdienst
bei der Gemeinde Wenkheim mit Filiale Grünsfeld ist sofort zu
besetzen. Freie Dienstwohnung mit großem Garten, Wasserleitung und
elektrische Beleuchtung stehen zur Verfügung. Das Einkommen regelt sich
nach der vom Oberrat der Israeliten aufgestellten Gehaltsskala.
Verheiratete, streng religiöse, seminaristisch gebildete Bewerber wollen
ihre mit Zeugnisabschriften versehenen Gesuche baldigst dem Synagogenrat
in Wenkheim (Baden) zugehen lassen.
Mosbach, den 30. Januar 1922. Die Bezirkssynagoge. Dr.
Löwenstein." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1924: "Die
israelitische Gemeinde Wenkheim (Baden) sucht einen religiösen Religionslehrer,
Schauchet und Vorbeter bei freier Dienstwohnung, Garten und
Nebenverdienste. Das Gehalt regelt sich nach der Besoldungsvorschrift des
Oberrats der Israeliten in Karlsruhe in Baden. Zwei bayrische Gemeinden,
½ Stunde von hier entfernt, könnten eventuell mitbedient werden und ca.
1.500 Mark einbringen. Meldungen sind sofort an den Synagogenrat in
Wenkheim, Baden, zu richten.
Die Bezirkssynagoge. I.V.: Cahn." |
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Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des Central-Vereins)
vom 7. August 1924:
derselbe Text wie in der Ausschreibung in der Zeitschrift "Der
Israelit" (siehe oben) |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1929:
"In der Gemeinde Wenkheim (Baden) ist die Stelle eines
Religionslehrers, Kantors und Schochets bis 1. Juni zu besetzen. Die
Gehaltsfrage wird in Angleichung an die Besoldungsordnung des Oberrates
der Israeliten Badens geregelt. Es kommen eventuell auch größere
Nebeneinnahmen in Betracht. Seminaristisch gebildete, streng religiöse
Bewerber wollen alsbald ihre Zuschriften mit lückenlosen Unterlagen
(Lebenslauf, Zeugnisabschrift, Referenzangabe) durch Vermittlung des
Synagogenrates Wenkheim an das unterzeichnete Bezirksrabbinat
senden.
Bezirksrabbinat Mosbach (Baden)." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. November 1933:
"In der Gemeinde Wenkheim (Baden) ist die Stelle eines Religionslehrers
und Kantors sofort zu besetzen. Es kommt nur ein pensionierter Lehrer
in Betracht. Anstellung durch Privatvertrag mit der Gemeinde, Gehalt nach Vereinbarung
mit der Gemeinde. Dienstwohnung mit Garten ist vorhanden. Streng
religiöse Bewerber wollen alsbald ihre Zuschriften mit Lebenslauf,
Zeugnisabschriften und Referenzangaben an den Synagogenrat Wenkheim
(Baden) richten.
Bezirksrabbinat Mosbach (Baden)." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. September 1936:
"In der Gemeinde Wenkheim ist die Stelle eines streng
orthodoxen
Religionslehrers und Kantors
sofort zu besetzen. Anstellung durch Privatvertrag mit der Gemeinde,
Gehalt nach Vereinbarung mit der Gemeinde. Freie Dienstwohnung mit Garten
ist vorhanden. Bewerber wollen alsbald ihre Zuschriften mit Lebenslauf,
Zeugnisabschriften und Referenzangaben an den Synagogenrat Wenkheim
(Baden) richten.
Bezirksrabbinat Mosbach (Baden)." |
Lehrer Hofmann geht in den Ruhestand (1897)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Juni 1897: "Aus
Baden, im Juni (1897). Am 1. dieses Monats wurde in Wenkheim, Amt
Wertheim, Herr Religionslehrer Hofmann nach mehr denn fünfzigjähriger Tätigkeit
am dortigen Orte durch Herrn Bezirksrabbiner Dr. Löwenstein – Mosbach
in den wohl verdienten Ruhestand versetzt. Zur Feier waren außer der jüdischen
Kultusgemeinde noch der Bürgermeister, der Ortsgeistliche, die
Volksschullehrer und die jüdischen Nachbarkollegen erschienen. Es ist
dies der erste Fall, dass ein Religionslehrer vom Großherzoglichen
Oberrat der Israeliten durch eine jährliche Pension bedacht wird. Dieser
Fortschritt in der materiellen Besserstellung des Religionslehrers, der
von der eifrigen Fürsorge der obersten Religionsbehörde für die ihr
unterstehenden Lehrer beredtes Zeugnis abgibt, wird darum in der badischen
Lehrerwelt mit Freuden begrüßt. Wenn auch das Ruhegehalt vor der Hand
noch sehr dürftig ist, sodass der an Entbehren gewöhnte Lehrer in seinen
alten Tagen nicht mehr übermütig werden kann. So sind die
Religionslehrer doch von ganzem herzen ihrer Oberbehörde dankbar für
diesen Akt des Wohlwollens und geben sich der angenehmen Hoffnung hin,
dass der Großherzogliche Oberrat der Israeliten mit Einverständnis der
Synode die Pensionsverhältnisse noch weiter regele, damit auch der jüdische
Kultusbeamte mit einem weniger sorgenvollen Blicke der Zukunft
entgegensehen darf." |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Hofmann (1897)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Juni 1897: "Wenkheim.
Jüngst feierte Herr Lehrer Hofmann sein 50jähriges Amtsjubiläum. Herr
Dr. Löwenstein, Bezirksrabbiner in Mosbach, wie auch mehrere Kollegen aus
der Nähe erschienen zu der Feier. Herr Dr. Löwenstein schilderte in
schwungvoller Rede die guten Eigenschaften und Leistungen des Jubilars. Möge
es Herrn Hofmann gegönnt sein, mit Lebensfrische noch lange den
Ruhegehalt, der ihm von höchster Stelle wohlverdienter Weise gewährt
wurde, zu genießen. Herr Hofmann ist noch einer der wenigen, die mit Scharfsinn
das Lehren verstehen. Von höchster Stelle wurde ihm eine goldene
Denkmünze mit dem Bildnisse des Großherzogs überreicht. Herr Dr. Löwenstein
erneuerte die Chofer (Auszeichnung als Chower, Gelehrter), die ihm sein
seliger Vater verliehen hatte. S. Fuchs." |
Zum Tod von Lehrer Hofmann (1902)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1902: "Wenkheim
(Baden), 23. Februar (1902). Vergangenen Freitag, 21. dieses Monats, trug
man die irdischen Reste des Lehrers Hofmann von hier zu Grabe. Er
erreichte ein Alter von 78 Jahren. Über 50 Jahre wirkte er an hiesigem
Orte und die jetzigen Gemeindemitglieder sind sämtlich Schüler von ihm
gewesen. Er verstand es, religiösen Sinn seinen Schülern einzupflanzen,
der heute noch vorhanden ist. Anlässlich seines 50jährigen Dienstjubiläums
fand eine größere Feier statt und erhielt er damals von Seiner Königlichen
Hoheit dem Großherzog den Verdienstorden." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Purimfeier in der Gemeinde (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1903: "Wenkheim
(Baden), 30. März (1903). Am 21. dieses Monats fand in der hiesigen
israelitischen Gemeinde eine Purimfeier statt, welche alle Teilnehmer in
hohem Maße befriedigte. Theater, Gesänge und Vorträge machten den Abend
zu einem sehr vergnügten. Das Erfreuendste an dieser Feier aber ist, dass
sowohl Protestanten, als auch Katholiken, insbesondere die Herren Lehrer
beider Konfessionen sich um das Gelingen der Feier sehr verdient gemacht
haben. Es ist dies ein Beweis des guten, gesunden Geistes, der in der
Gemeinde herrscht." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Ernestine Lehmann (1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. September 1887: "Wenkheim, im
September (1887). ‚In den
Verdiensten der frommen Frauen vollenden sich unsere Stammmütter ist
eine alte rabbinische Behauptung. Und wie wahr, wie vielfach geschichtlich
bestätigt ist dieser Satz! Welchen wichtigen Anteil hatten unsere Stammmütter
an der Größe und Bedeutung unserer Nation! Welches Verdienst die
frommen, für den nationalen Gedanken begeisterten Frauen in Ägypten,
ihre gedrückten, geplagten Männer in der Ausdauer, in dem Mut und dem
Vertrauen auf Gottes Hilfe zu bestärken! Auf dem Zuge durch die Wüste,
im heiligen Lande, durch die ganze Geschichte des jüdischen Volkes,
welches hohe Verdienst hatten die Frauen, um die Erhaltung des göttlichen
Glaubens und um die treue Beobachtung des heiligen Gesetzes durch Worte
der Ermunterung und der Begeisterung, durch Abmahnung vom Bösen und Sündhaften!
In der Tat, welchen mächtigen Einfluss übt eine Fromme, in Liebe und
Glaubensstärke sich Gott hingebende Frau auf Gatte, Kinder und ihren
engeren Kreis! Wie damals durch ‚Frauen-Verdienst’ es möglich
geworden, dass unsere Vorfahren vom Sklavenjoch befreit und zu dem höchsten
Ideale, zum reinsten Glauben, zur höchsten Stufe menschlicher Wahrnehmung
hingeführt wurden, so ist es noch heute das Verdienst eines frommen,
biederen Weibes, auf ihren Kreis in heilsamster, gottgefälliger Weise zu
wirken, im eigenen hause Frömmigkeit, Sitte, Nächstenliebe und Wohl tun
als die Stützen d3es Lebens aufzurichten und diesen Sinn auch auf andere
Kreise durch Wort und Beispiel zu übertragen. Wenn doch diese Aufgabe der
Frau, ihre Stellung und Bedeutung nach dieser Richtung überall begriffen
würde, wie ganz anderes stände es um das religiöse Leben unseres Volks.
Und wenn nun Einzelne diese Aufgabe in ihrem vollen Maße begreifen und
erfüllen und wenn sich die Erfolge vor aller Augen zeigen, verdienen es
nicht solche Beispiele auch ferneren Kreisen vorgehalten zu werden? Darum
gestatten Sie mir in Ihrem viel gelesenen Blatte einer solchen Edlen zu
gedenken, die zum Schmerze ihrer Angehörige, zum innigen Bedauern aller
ihrer Freunde und Bekannten so frühzeitig aus dem irdischen Dasein
schied. Es ist Frau Ernestine
Lehmann dahier, welche am 12. dieses Monats in ihrem 49. Lebensjahr
nach kurzem Leiden in das bessere Jenseits einging, um dort zu ernten, was
sie hier reichlich gesät. Ernestine Lehmann hat ihre Aufgabe begriffen
und sie sowohl in ihrer Familie selbst als nach außen im schönsten Maße
zur Ausführung gebracht. Ihren religiösen gottvertrauenden Sinn wusste
sie mit dem nötigen Ernst und entschiedenen Willen auf ihre Kinder zu übertragen,
sie, obwohl mit Glücksgütern gesegnet, zur Häuslichkeit und Tätigkeit,
zur Einfachheit und Sparsamkeit anzuhalten, für Bildung und Kenntnisse, für
Wohl tun und Teilnahme zu ermuntern und zu begeistern, sodass ihr Haus,
das von jener und besonders durch ihre edle, an Wohltätigkeit und
Tugenden ausgezeichnete Schwiegermutter, als ein frommes, gastfreundliches
und wohltätiges galt, dies in hohem Grade geblieben. Ihren durch Liebe
zu Tora und Gebote sowie durch Wohltätigkeit sich auszeichnenden
Gatten stand sie in diesem seinen religiösen Streben, sowie in seinem bürgerlichen
berufe treu und eifrig zur Seite und war ihm eine weise Beraterin, eine
zuverlässige Stütze. Sie war die Krone der Familie, eine Zierde der
Gemeinde, in der sie als langjährige Vorsteherin des Frauenvereins
segensreich wirkte. Schwer ist daher ihr Verlust, schmerzerfüllt beweinen
sie der sich nun wie vereinsamt denkende Gatte, die verwaisten Kinder, der
greise Vater, die zahlreichen Verwandten und Bekannten. Sie alle wurden
von dem so unerwartet hereinbrechenden Ereignis tief erschüttert, überallhin
verbreitete die Nachricht von dem raschen Ableben der edlen Frau Trauer
und erregte die wärmste Teilnahme. Die zahlreiche Beteiligung an dem
Leichenbegängnis legte Zeugnis hiervon ab; aus der Ferne eilten die
Verwandten herbei, unter ihnen der Schwiegersohn, Herr Distriktsrabbiner
Dr. Hermann Deutsch von Burgpreppach, bei dessen Hochzeit vor wenigen
Monaten sich die selig Entschlafene noch so himmlisch freue und sich glücklich
schätzte, einen Toragelehrten als Schwiegersohn zu besitzen. In
fast einstündiger Rede, von tiefer Rührung erregt, widmete
derselbe der teuren Dahingeschiedenen Worte der Anerkennung und des
Dankes, der Trauer und des Schmerzes, aber auch des Trostes und der gläubigen
Ergebung. Er schilderte mit Zugrundelegung des Verses (Hiob 30,31) |
‚Mein
Harfenspiel ist zur Klage geworden und mein Flötenspiel zum Trauerlied’
den raschen Umschwung der Freude in Trauer, des Glückes in Schmerz und
Kummer, entrollte hierauf ein treues Lebensbild der Dahingeschiedenen,
kennzeichnete ihren Verlust für Familie und Gemeinde, forderte die Kinder
zur treuen Nachahmung der Mutter, den trostlosen Gatten zum Vertrauen auf
Gott und zu seinem unerforschlichen Ratschlusse auf; die Teure habe in
ihren wenigen Jahren ihre Aufgabe voll gelöst und war als frühreife
Frucht, als Erstlingsfrucht der Erde
zum herrlichen Opfer, für den Allvater ausersehen. Wie unser Stammvater Abraham
in der Bindung (Isaaks), so
zeige auch er sich als ein standhafter Glaubensheld. In ihrem Werke lebe
sie fort und bleibt im ewigen Andenken. – Die mit vieler Rührung und in
schönster Form gegebenen Worte fanden in dem Herzen der Zuhörer ein
treues Echo, ließen Tränen der Trauer fließen, richteten andererseits
das Gemüt auf und flößten Trost und Vertrauen ein. Der hereinbrechende
Abend nötige den verehrten Redner zum Schlusse und so wurde die teure
Entschlafene in die Erde gebettet, um dort zu ruhen bis zum Ende
der Tage, ihr Geist aber ist eingegangen in die lichten Höhen der
Seligkeit. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Michael Lehmann (1894)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1894: "Wenkheim in Baden.
Der schöne Spruch ‚ganz Israel sind Brüder’ bewährt sich nicht nur
im Leben, sondern auch nach dem Tode, und je mehr sich der Einzelne dem
Ganzen angeschlossen, je mehr er im leben dem Namen Israel Ehre gemacht,
desto mehr wird das Scheiden desselben von der Gesamtheit empfunden. Heißt
es doch auch bei dem Tode der Söhne Arons: ‚das ganze Haus Israel soll
beweinen diesen Brand’. Dadurch gelangt auch die Zusammengehörigkeit
zum Bewusstsein, die Wahrheit und Tugend zur Anerkennung. Von dieser Seite
aus betrachtet, dürfte es auch wohl berechtigt sein, von dem Hinscheiden
eines Frommen öffentlich Kenntnis zu geben respektive ihm ein ehrendes
Denkmal damit zu setzen. Gewiss wird hierzu der ‚Israelit’ gern den
Raum gewähren, umso mehr, als derjenige, dem diese Gedächtnisworte
gelten, ein treuer Verehrer desselben war. Gestatten Sie daher, geehrter
Herr Redakteur, in Ihrem geschätzten Blatte eines Mannes zu gedenken, der |
als
Jehudi und Mensch unsere volle
Anerkennung verdient, der beides im besten Sinne des Wortes, ein frommer
und geradsinniger (Mann) war, einer, der
rechtschaffen gewandelt und das Gerechte getan hat. Herr Michael
Lehmann von hier beschloss am 17. dieses Monats nach längerem Leiden im
61. Lebensjahre seine irdische Laufbahn zum unsäglichen Schmerze der
Seinigen, zum Leidwesen seiner Gemeinde und zahlreichen Bekannten und
Freunde. Und wohl mit Rechte, denn sie herrlichsten Eigenschaften
zeichneten ihn aus, Liebe und Gerechtigkeit, Geradheit und Schlichtheit
waren die Grundzüge seines Charakters. Von Jugend auf zeigte er schon
viel Sinn für alles Höhere, Wahre und Gute und so war es ihm möglich,
trotz frühzeitigster
Inanspruchnahme vom Geschäfte ein höheres Maß von Bildung in sich zu
vereinigen. Erfüllt von Liebe zur Tora
und Wahrheit gab es sich um deren Verständnis Mühe und übte die Gebote
mit Freude, Innigkeit und Hingebung; dabei wahrte er das ‚demütig
wandeln mit Gott’ im vollsten Sinne, denn nichts lag ihm ferner als
Ehrsucht und Scheinheiligkeit. Ebenso war es als (hebräisch und deutsch:)
Wohltäter;
er schloss sich nicht nur allen öffentlichen Sammlungen in
hervorragender Weise an, sondern übte Wohltaten im Stillen und stand
Hilfsbedürftigen mit Rat und Tat bei. Kein Wunder, dass sich einem
solchen Manne auch das öffentliche Vertrauen und Ansehen zuwandte; er war
Jahrzehntelang Vorstand der hiesigen Gemeinde, an deren Interessen er den
regesten Anteil nahm und deren religiösen friedlichen Sinn er zu fördern
suchte; auch bei seinen übrigen Mitbürgern stand er in Ansehen und fand
seine Biederkeit vollste Anerkennung. Diese seine Gesinnung und
Charakterfestigkeit kam auch bei der Erziehung seiner Kinder zur Geltung,
die dem edlen Beispiele folgten, und zeigte sich bei der Wahl seiner
Schwiegersöhne; er rechnete sich’s als besonderes Verdienst, Herrn
Rabbiner Dr. Deutsch in Burgpreppach Schwiegersohn nennen zu können.
Derselbe eilte denn auch auf die Trauernachricht an die Bahre seines
geliebten Schwiegervaters und gab unter der zahlreichen Beteiligung der
Gemeindemitglieder und Bürger dort den Gefühlen des Schmerzes und der
Trauer, ob des schweren Verlustes, der Anerkennung und Verehrung für den
teuren Hingeschiedenen den beredtesten Ausdruck. Nicht besser, hob der
gewandte Redner hervor, könne er ein Lebensbild von dem Verblichenen
geben als in den Worten des Psalmisten Kapitel 112, in welchen der
wahrhaft Fromme geschildert wird; denn auch von Michael Lehmann konnte man
sagen: ‚wohl dem gottesfürchtigen
Mann, der an den Geboten Gottes Freude hat’, sowie alle übrig dort
erwähnten Eigenschaften auf ihn anwendbar seien. Sehr treffend war auch
die angewandte Midrasch Stelle:
Als der fromme König Josia die
Gebeine der Baals-Priester zu verbrennen sucht, kam er auch an eine
Grabmal, an dessen einer Seite Dornen
und Disteln, und dessen anderer Seite Myrthen
und Gewürzkräuter wuchsen. Verwundert fragte der König, was ist
doch dies für ein Grabmal, das von so gegensätzlichen Gewächsen umgeben
ist? Da ward ihm die Antwort: ‚Hier liegt ein Mann Gottes.’ Die Erklärung
zu den gegensätzlichen Gewächsen mag die sein, dass der Fromme für sich
im Leben nur Dornen und Disteln hat, indem er sich keine Freuden, keine
Genüsse gönnt, nur Mühe und Entbehrung sich auferlegt, andere hingegen
freudig Genüsse bietet, ein duftendes Feld, ein
Feld, das Gott gesegnet hat, ist. Hierin glich der Hingeschiedene
ebenfalls dem wahrhaft Frommen, denn für sich war er der
anspruchsloseste, einfachste Mensch seiner Familie, seinen Nebenmenschen
suchte er Gutes und Angenehmes in jeder Weise zu erweisen. Darum seien
auch des Psalmisten Worte hier angebracht: das Andenken eines solchen Frommen wird ein dauerndes sein, er hat für
die Ewigkeit gelebt und gewirkt und wird stets im gesegneten Andenken
bleiben. Auch wir schließen uns dem Redner hierin an, das Andenken
Michael Lehmanns wird hier stets ein gesegnetes sein. Das Andenken an den Frommen ist zum Segen." |
Zum Tod von Sara Grünebaum (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1915: "Wenkheim,
23. November (1915). Am 18. November starb Frau Sara Grünebaum. Sie
zeichnete sich durch Frömmigkeit und Edelsinn aus uns war stolz auf ihre
Kinder, die in gleichen Wegen wandeln und von denen der älteste Sohn seit
Kriegsausbruch im Felde steht. Am Grabe schilderte der Lehrer der Gemeinde
in bewegten Worten den Verlust, den Gatte, Kinder und Gemeinde erlitten
haben. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Leo Grünebaum erhält das Eiserne Kreuz (1916)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. April
1916: "Wenkheim (Baden). Leo Grünebaum, Sohn von Samuel Samson
Grünebaum, erhielt das Eiserne Kreuz." |
Zum Tod von Mirjam Grünebaum (1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1931:
"Wenkheim, 3. Januar. Wieder hat der Tod eine Lücke in unsere kleine
Gemeinde gerissen. Am 11. Dezember starb Frau Mirjam Grünebaum im Alter
von 93 1/2 Jahren. sie war die älteste Frau in Wenkheim. Frau Grünebaum
erfreute sich bis zu ihrem Hinscheiden ihrer vollständigen
Geistesfrische. Es war ihr gegönnte, Enkel, Urenkel und Ururenkel zu
sehen. Sie war stets eine treu besorgte Mutter, Führerin und Beraterin
ihrer Lieben. Ihr regstes Interesse, bis zu den letzten Tagen ihres
Lebens, halt den religiösen Obliegenheiten unserer Gemeinde. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
25jähriges Amtsjubiläum von Synagogenrat Abraham
Hubert (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1936: "Wenkheim, 21. Mai
(1936). Am 2. Juni feiert Herr Synagogenratsvorsteher Abraham Hubert sein 25jähriges
Jubiläum als Synagogenrat. Herr Hubert hat sich in seiner bisherigen
Amtsperiode um die Geschicke der Israelitischen Gemeinde Wenkheim sehr
verdient gemacht. Die Instandsetzung des alten ehrwürdigen Friedhofs,
sowie die Renovierung der Synagoge vor einigen Jahren, legen beredtes
Zeugnis von seiner emsigen Tätigkeit in der Gemeinde ab. Möge es Herrn
Hubert vergönnt sein, noch recht lange Jahre für das Wohl der Gemeinde
zu wirken. (Alles Gute) bis 120
Jahre." |
Weitere Personen:
| Über den aus Wenkheim stammenden Lehrer Samson Simon
Hecht (geb. 1840 in Wenkheim als Sohn von Isaak Hecht vgl. zur
Genealogie der Familie
https://www.geni.com/people/Isaak-Hecht/4808430644110081421, gest.
1927 in Mannheim) siehe Informationen in der Seite zu
Gondelsheim. Lehrer Hecht war der
Vater der bedeutenden Schifffahrtsunternehmer Jacob Hecht (1879-1963) und Hermann Hecht (1877-1969),
die gemeinsam 1908 die Rhenania-Schifffahrts-
und Speditionsgesellschaft in Mannheim begründeten.
|
| Über den aus Wenkheim stammenden Lehrer Lazarus Lehmann
(geb. 1841 in Wenkheim, gest. 1930 in Lichtenau) siehe Berichte bei Lichtenau.
|
| Hinweis auf den aus Wenkheim stammenden Lehrer Samson Lehmann
(geb. 1847 Wenkheim, gest. 1915 in Würzburg): war 1870 bis 1878 Lehrer und Kantor der Israelitischen Kultusgemeinde Mönchengladbach und
wurde im November 1878 als Kantor und Sekretär der Israelitischen Kultusgemeinde nach Würzburg berufen; daneben war er Fachlehrer für das Kantorat an der
Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg;. |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobung- und Heiratsanzeige von Jenni Schuster und Julius Kissinger
(1930)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Januar 1930:
"Statt Karten – mit
der Hilfe Gottes
– Jenni Schuster – Julius Kissinger – Verlobte.
Wenkheim Baden – München Tattenbachstraße 8. Chanukka 5691." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1930: "Gott
sei gepriesen.
Julius Kissinger - Jenni Kissinger geb. Schuster. Vermählte.
München Tattenbachstraße 3 - Wenkheim (Baden).
Trauung: Dienstag, den 22. April 1930, 1 Uhr Würzburg,
Bahnhofshotel." |
Haus mit Mazzenbäckerei zu verkaufen (1925)
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1925: "Achtung!
Existenz!
Frei werdendes Haus mit Mazzenbäckerei und guter Kundschaft,
wegzugshalber zu verkaufen.
Arthur Grünebaum, Wenkheim in Baden." |
Anzeige des Bezirksrabbinats Mosbach (1931)
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in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1931: "Unter
Aufsicht des Bezirksrabbinats Mosbach stehen folgende Mazzenfabriken: J.
Israel, Wertheim. S. Lehmann,
Wenkheim." |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
Schon seit dem 17. Jahrhundert war in Wenkheim sehr
wahrscheinlich ein Betsaal vorhanden. Allerdings wird erst in einer
Wenkheimer Güterbeschreibung aus dem Jahr 1764 von einer "Judenschule"
geredet. Es ist nicht bekannt, wo sich diese damals befand. Als in den 1830er
Jahren die Zahl der Gemeindeglieder stark zunahm und die alte Synagoge zunehmend
baufällig geworden war, beschloss die jüdische Gemeinde den Neubau einer
Synagoge. Am 3. April 1839 wurde dieser Wunsch auf dem Wenkheimer Rathaus zu
Protokoll gegeben, wozu alle israelitischen Bürger erschienen waren. Ein
Bauausschuss wurde gebildet, der die weitere Planung und Bauausführung zu
verantworten hatte. Im Herbst 1839 konnte die Planung abgeschlossen werden.
Maurermeister Wenzel aus Neubrunn wurde beauftragt, den Bau für 2900 Gulden
auszuführen. Man fragte bei der großherzoglichen Bauinspektion nach, ob der
von Wenzel aufgestellte Ausführungsplan akzeptiert werden könne. Die
Genehmigung ging Mitte Januar 1840 ein. Die Aufsicht über die Bauarbeiten
behielt sich wie üblich die Bezirks-Bau-Inspektion vor. Im Synagogengebäude
wurde im Vordergebäude zur Straße hin die Wohnung des Vorsängers und Lehrers
eingerichtet; im östlichen Teil war der Betsaal mit der Frauenempore; im
Untergeschoss wurde ein rituelles Bad eingebaut.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte waren einige Reparaturen nötig. So sind 1858
zwei Fenster eingebaut worden, damit die Frauenempore mehr Licht erhielt. Einige
Baumaßnahmen standen auch 1878 sowie am Anfang des 20. Jahrhunderts an.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung
der Synagoge von einheimischen und auswärtigen SA-Leuten aus Tauberbischofsheim
und Großrinderfeld verwüstet und geplündert. Der führende SA-Mann aus
Tauberbischofsheim versuchte, die Synagoge in die Luft zu sprengen, was ihm
nicht gelang. Die goldenen Leuchter der Synagoge wurden abmontiert und mit dem
Auto abtransportiert. Da Gebetbücher und Torarollen geschändet waren, wurden
diese wenig später von der jüdischen Gemeinde mit Erlaubnis des Bürgermeisters
und nach jüdischem Brauch im Friedhof begraben. Kurz darauf sind die Bücher
von zwei SA-Leuten wieder ausgegraben worden; diese haben die Bücher danach
verbrannt, nach einer anderen Version beiseite geschafft. Das Synagogengebäude
wurde am 10. November 1938 durch den Wenkheimer Ortsgruppenleiter "in
Beschlag genommen und verschlossen". Er erteilte der Hitlerjugend die
Weisung, in den Wohnräumen des Gebäudes ihre Heimabende abzuhalten. Der "Oberrat
der Israeliten" protestierte beim badischen Finanz- und Wirtschaftsminister
gegen diese Beschlagnahmung. Doch erst am 13. April 1939 forderte das
Landratsamt die politische Gemeinde zu einer Stellungnahme auf. Bürgermeister
Thoma bekundete in seiner Antwort das Interesse der politischen Gemeinde an dem
Gebäude, doch sei diese nicht bereit, mehr als 1.000 Reichsmark für das Gebäude
zu bezahlen. Die Gemeinde wollte das Gebäude dann als SA- und HJ-Heim zur Verfügung
stellen und den ehemaligen Betsaal als Versammlungs- und Aufführungsraum für
Filme usw. verwenden. Tatsächlich wurde in den Kriegsjahren das Gebäude dann
als Kriegsgefangenenlager für belgische Gefangene genützt. Nach dem Krieg
wurden schließlich Wohnräume in die Synagoge eingebaut und der Betsaal als
Lager verwendet.
Trotz der verschiedenen Umbauten wurde an der ehemaligen
Synagoge äußerlich nur wenig verändert. Schon über dem Eingang erinnerte
weiterhin die hebräische Inschrift aus Psalm 118,20 an die Vergangenheit des
Gebäudes. Im Dezember 1984 wurde in Wenkheim der "Verein zur Erforschung jüdischer
Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum"
gegründet. Als eine der vordringlichsten Aufgaben wurde in der Satzung
formuliert, die Wenkheimer Synagoge als wertvolles kulturgeschichtliches Denkmal
zu erhalten. Nach langjährigen Bemühungen der Gemeinde Werbach und des Vereins
um die Finanzierung und Nutzung des Projektes "Synagoge Wenkheim"
konnte Anfang 1991 unter Betreuung durch Norbert Bongartz vom Landesdenkmalamt
mit der Restaurierung der ehemaligen Synagoge begonnen werden. In welch
schlechtem Zustand das Haus inzwischen war, zeigt ein Pressebericht vom 9.
November 1990: "Das Frauenbad im Keller ist heute eine stinkende Kloake,
der Boden des Betsaal reißt klaffend auf, unterm Dach wachsen die Hügel
muffigen Fledermauskots".
Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten Anfang 1992
konnte der ehemalige Betsaal und die Vorsängerwohnung als Kultur- und
Dokumentationszentrum eröffnet werden. Auf der ehemaligen Frauenempore
befindet sich seitdem eine Dauerausstellung zur jüdischen Geschichte der
Region. Die unteren Räume der Vorsängerwohnung werden von Gruppen der
katholischen Kirchengemeinde genützt. 2015/16 erfolgte ein Umbau des
Museums, das sich danach mit einem neuen didaktischen Konzept präsentierte. Die
neue Ausstellungskonzeption teilt sich seitdem zur Hälfte in die allgemeine
Geschichte des Judentums und die der Juden speziell in Wenkheim. Neue Tafeln
wurden gestaltet, die unter anderem jüdische Geschichte, das jüdische Leben in
Kunst und Kultur, religiöses Kultleben und insbesondere das jüdische Leben in
Wenkheim bis zur Deportation der Juden 1940 nach Gurs beleuchten und
aufzeichnen. Am 10. April 2016 war die Eröffnung der neugestalteten
Ausstellung der ehemaligen Synagoge.
Öffnungszeiten seit 1. Mai 2016: |
Die ehemalige Synagoge ist jeweils
Samstag und Sonntag von 14.30 Uhr bis 16.30 Uhr für Besichtigungen
geöffnet. Das Angebot richtet sich unter anderem auch an Radtouristen.
Führungen und Gruppen außerhalb der Öffnungszeiten können über die
Telefonnummer 09349-347 und 09348-1202 vereinbart werden. |
Weitere Informationen siehe die Website des
Vereins "die schul. Gedenkstätte Synagoge Wenkheim" -
www.synagoge-wenkheim.de
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Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985 -
vor der Restaurierung
(Fotos: R. Rasemann) |
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Ehemalige Synagoge Wenkheim |
Synagogengebäude von Osten |
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Portalinschrift aus Psalm 118,20:
"Dies ist das Tor
zum Ewigen, Gerechte
ziehen durch es hinein" |
Innenraum der ehemaligen
Synagoge mit Blick nach Osten
(Bereich Toraschrein) |
Blick von der Frauenempore
zum Eingang der Synagoge |
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Nach der Restaurierung
Mitte der 1990-Jahre
(Fotos: Verein zur Erforschung...) |
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Eingang nach Restaurierung |
Innenaufnahme |
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Blick zum Eingang
in den Betsaal |
Blick nach Osten
(Bereich ehemaliger Toraschrein) |
Ausstellung auf der
Frauenempore |
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Die Mikwe im Untergeschoss
der Synagoge (2002) |
Konzert der Gruppe "Artikuss" in der
ehemaligen
Synagoge 17.5.2002,
weitere Fotos s.u.* |
Eine Gruppe von Kindern
besucht im
August 2002 während eines
Zeltlagers die ehem. Synagoge |
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Fotos 2002
(Foto: A.
Winkler) |
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Synagoge Wenkheim von Süden |
Synagoge - Innenansicht |
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Fotos 2003
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.9.2003) |
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Die Ostfassade der ehemaligen
Synagoge |
Eingangstür |
(Neue) Mesusa an der
Eingangstüre |
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Weitere Fotos der Mikwe
(2004)
Fotos: Michael Helget, Bad Mergentheim) |
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Die Mikwe mit Tauchbecken |
Blick zum Nebenraum |
Das Tauchbecken |
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Die Einweihung der restaurierten
Mikwe
am 24. Juli 2005 (Fotos: Hahn) |
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Den musikalischen Rahmen
gestaltete
ein Instrumentalensemble der
Musikschule Tauberbischofsheim |
Johannes G. Ghiraldin, 1.
Vorsitzender
des Vereins zur Erforschung jüdischer
Geschichte bei seiner
Ansprache |
Neue Hinweistafel
am Eingang |
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Blick in den Betsaal
von der
Empore |
Blick in den Betsaal
mit
Kassettendecke |
Unter den Gästen: Dr. Josef
Schuster,
Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde
Würzburg |
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Tauchbecken |
Blick zum alten Eingang
in die
Mikwe |
An der Wand: Spuren der
Befeuerung
zur Erwärmung des Wassers |
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Hinweistafeln in
den Räumen der Mikwe |
*Fotos von einem Konzert am
7.11.1999 in der ehem. Synagoge Wenkheim
*Fotos von einem Konzert in der
Synagoge am 23.7.2000 in der ehem. Synagoge Wenkheim
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2009:
Neues Heimatbuch zu Wenkheim in der ehemaligen
Synagoge vorgestellt |
Artikel vom 28. November 2009 in den
"Fränkischen Nachrichten" (Artikel):
"Präsentation: Heimatbuch "Wenkheim - ein fränkisches Dort im Laufe seiner Geschichte" offiziell vorgestellt.
Lebensäußerungen eines kleinen Ortes.
Wenkheim. Als am Donnerstagabend der Arbeitskreis 'Dorfgeschichte
Wenkheim' in die ehemalige Synagoge in Wenkheim lud, war jeder Stuhl besetzt. Viele waren gekommen, um sich ein erstes Bild von der neuen Dorfchronik zu machen. An diesem Abend wurde das knapp 600 Seiten umfassende Buch
'Wenkheim - ein fränkisches Dorf im Laufe seiner Geschichte' zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt..." |
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Juli 2010:
Bericht zum Jubiläum - Rückblick auf 25 Jahre |
Artikel in der "Südwestpresse " (Lokal: Main-Tauber-Kreis) (Artikel):
"Ein langer Weg bis zur Renovierung
Der Wenkheimer 'Synagogenförderverein' feiert sein 25-jähriges Bestehen. Das ehemalige jüdische Gotteshaus wurde in Wenkheim zum Mittelpunkt der Erinnerung. Tag der offenen Tür ist am Sonntag, 25. Juli.
Als vor mehr als einem Vierteljahrhundert Schuldekan Johannes Ghiraldin mit einer Schulklasse in den etwas heruntergekommenen Innenraum der ehemaligen Synagoge in der Ortsmitte schaute, war der Gedanke für die Renovierung des 1840/41 errichteten Gebäudes geboren. Es dauerte aber noch bis 1985, bis der Verein zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum gegründet wurde.
Die ehemalige Synagoge in Wenkheim hatte die Pogromnacht von 1938 mit nur leichten Schäden überstanden. Ein kleiner Teil der Inneneinrichtung fiel der Zerstörungswut der Nationalsozialisten zum Opfer. In seiner Gesamtheit blieb das Gebäude als typische Landsynagoge jedoch erhalten, da man es nicht niederbrennen wollte, weil dadurch eng angebaute landwirtschaftliche Scheunen stark in Mitleidenschaft gezogen worden wären.
Nach der Pogromnacht wurde das Gebäude als Vereinsheim der Hitlerjugend genutzt. Ab 1940 waren belgische Kriegsgefangene dort untergebracht. 1945 zogen dann Heimatvertriebene ein, die bis Ende der 1970er Jahre dort wohnten.
Bei der Gründung des Verein zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum am 4. Dezember 1984 waren neben zahlreichen Wenkheimer Bürgern auch Schuldekan Johannes Ghiraldin aus Tauberbischofsheim, der Leiter des Ganztagsgymnasiums in Osterburken, Dr. Elmar Weiss, Schuldekan Eggert Hornig aus Bad Mergentheim und Archivar Erich Langguth aus Wertheim anwesend. Ortsvorsteher Ernst Thoma, Gemeinderat Walter Schmidt, Ulrich Haas, Klaus Reinhart und Käthe Semel waren die aktiven Kräfte aus dem Ort Wenkheim.
Zum ersten Vorsitzenden wurde Johannes Ghiraldin gewählt, Dr. Elmar Weiss wurde zu seinem Stellvertreter gewählt, Käthe Semel übernahm das Amt des Kassiers, Klaus Reinhart wurde Schriftführer. Als Beisitzer wurden Ulrich Haasss und Eggert Hornig gewählt.
Nach der Gründung dauerte es noch sieben Jahre, bis das Gebäude seiner neuen Bestimmung als Mahnmal, Dokumentationsstätte, Kulturzentrum und katholisches Gemeindehaus übergeben werden konnte.
In zahlreichen Sitzungen musste zuerst ein Konzept über die künftige Nutzung erarbeitet werden.
'Das Gebäude muss mit Leben erfüllt werden', war die Forderung der potenziellen Geldgeber wie Landesdenkmalamt, Landkreis, Denkmalstiftung, Gemeinde und Geldgeber aus der Wirtschaft.
Nach rund fünf Jahren stand das Konzept zur Renovierung des ehemaligen Synagogengebäudes. Zuvor hatten die Wenkheimer Vereinsmitglieder damit begonnen, den ehemaligen Gebetsraum wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die holzvergitterte Frauenempore hatte die letzten 50 Jahre fast unversehrt überstanden. Die Stuckkassettendecke hatte durch das defekte Dach in einem Viertel sehr gelitten, konnte später aber wieder im Originalzustand hergestellt werden, nachdem das Dach durch die Gemeinde Werbach erneuert worden war.
In den Jahren 1990 und 1991 konnte der Gebetsraum nach und nach renoviert werden. Unter der Leitung von Ortsvorsteher Ernst Thoma, einem gelernter Schreiner, konnten zahlreiche Innenarbeiten an der Wandvertäfelung, am Fußboden und bei den Türen in Eigenregie durch den Förderverein kostengünstig ausgeführt werden. Im Frühjahr 1992 wurde die ehemalige Synagoge an drei Sonntagen mit Feierlichkeiten ihrer neuen Bestimmung übergeben.
Dr. Elmar Weiss, der beauftragt worden war eine Festschrift zur Übergabe der ehemaligen Synagoge zu entwerfen, sammelte soviel Material aus Archiven, dass aus der Festschrift ein 140 Seiten starkes Taschenbuch
'Zeugnisse jüdischer Existenz in Wenkheim' wurde, das die Geschichte der ehemals jüdischen Gemeinde von Wenkheim erstmals näher beleuchtet.
Die ehemalige Synagoge wurde schnell zum kulturellen Mittelpunkt von Wenkheim. Konzerte mit jiddischer Musik, Vorträge mit Holocaustüberlebenden, Seminare zu verschiedenen Themen, zahlreiche kirchliche und private Feiern bis hin zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes sorgten dafür, dass das Gebäude auch mit Leben erfüllt wurde.
Immer wieder kamen Schulklassen, Jugendgruppen, Frauen- und Männervereinigungen, um die Synagoge zu besichtigen. Johannes Ghiraldin, Ernst Thoma, Walter Schmidt, Eggert Hornig und Klaus Reinhart gaben während der Führungen sachkundig Hinweise zum Gebäude und zur früheren jüdischen Gemeinde in Wenkheim. Dabei konnte schon bald auf den Judaicakoffer zurückgegriffen werden, in dem zahlreiche typische jüdische Gegenstände (Thorarolle, Kippa, Gebetsschal, Gebetsriemen, Purimrassel) in Miniatur enthalten sind.
Eine Bilderausstellung auf der Empore zeigt früheres jüdisches Leben im badischen und württembergischen Frankenland und wurde durch Dr. Elmar Weiss vom Ganztagsgymnasium in Osterburken zur Verfügung gestellt.
Nach und nach kamen auch die Nachkommen von ehemaligen jüdischen Mitbürgern aus Israel und den USA nach Wenkheim zurück, um die Wurzeln ihrer Vorfahren zu erkunden.
Neben der Renovierung der ehemaligen Synagoge war es auch ein Anliegen des Vereins zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum, den weit außerhalb liegenden jüdischen Bezirksfriedhof zu erhalten und zu erforschen. So konnten dort bei Besuchen von Gästen aus Israel und den USA Gräber lokalisiert werden. Auch das Grab eines preußisch-jüdischen
Soldaten, der bei den Kämpfen im Deutschen Bruderkrieg 1866 im nahen bayerischen Helmstadt nach schwerer Verwundung starb, konnte ausfindig gemacht werden.
Aus finanziellen Gründen konnte der Förderverein die Renovierung der Mikwe (rituelles Frauenbad) im
Kellergeschoss erst im 21. Jahrhundert angehen und vollenden. Sie ist seit 2005 für Besucher begehbar und ist ein weiteres Juwel des jüdischen Landlebens, das erhalten werden konnte.
Unter der Federführung des Vereins zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum wurde im Kloster Bronnbach eine Ausstellung über das Lager Gurs in Südfrankreich betreut. Dorthin waren die jüdischen Mitbürger von Wenkheim 1940 deportiert worden." |
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Juli 2010:
Über die Jubiläumsfeier am 25. Juli 2010 |
Artikel in der "Main-Post" (Lokalteil Main-Tauber) vom 27. Juli
2010 (Artikel):
"WENKHEIM. Synagogenförderverein feierte sein 25-jähriges Bestehen.
Eine Stätte gegen das Vergessen
Mit einer großen Anzahl interessierter Gäste feierte der Verein zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen Raum sein 25-jähriges Bestehen in und um die ehemalige Synagoge in Wenkheim. Auf dem weit außerhalb liegenden jüdischen Friedhof fanden interessante Führungen statt.
Nach einem musikalischen Auftakt durch das Streicherquartett der Tauberbischofsheimer Musikschule unter der Leitung von Johannes Wienand, erinnerte der Vorsitzende des Vereins
('Synagogenförderverein'), Johannes Ghiraldin, nochmals an die Anfänge im Jahr 1984/85, als geschichtsbewusste Männer und Frauen sich daran machten, die ehemalige Landesynagoge in der Welzbachgemeinde vor dem totalen Verfall oder einer Fremdnutzung zu bewahren.
Viel Mühe habe es gekostet, bis das Konzept für die künftige Nutzung und die Finanzierung endgültig feststand. Nach über fünf Jahren war alles unter Dach und Fach und 1992 konnte die ehemalige Synagoge ihrer neuen Bestimmung übergeben werden.
Johannes Ghiraldin dankte allen, die seit 25 Jahren im Verein mitarbeiten und appellierte gleichzeitig an die Jugend, sich dafür einzusetzen, dass derartiges Unrecht nie wieder geschehen dürfe.
Ort des Gedenkens. Bürgermeister Ottmar Dürr freute sich darüber, dass sich vor 25 Jahren Männer und Frauen bereit erklärt hatten, das Wagnis der Geschichtsaufarbeitung – verbunden mit dem Wiederaufbau der ehemaligen Synagoge – eingingen und mit viel Durchhaltevermögen ans Ziel
kamen. Er hob hervor, dass es einer gewachsenen und bewusst wahrgenommenen Demokratie bedarf, um von deutschem Boden aus nie wieder derartiges Unrecht an Minderheiten zuzulassen. Dürr erinnerte an das grauenhafte Schicksal ehemaliger Wenkheimer Bürger, die Verfolgung und Tod erleiden mussten.
'Die ehemalige Synagoge ist ein Ort des Gedenkens und der versöhnenden Gespräche
geworden', so das Fazit des Werbacher Gemeindeoberhaupts. Zum Abschluss übergab er dem Synagogenförderverein ein kleines Geburtstagsgeschenk – verbunden mit der Aufforderung, in Wenkheim weiter Geschichte zu erforschen und Denkmäler zu pflegen.
Landrat Reinhard Frank überbrachte den Dank des Main-Tauber-Kreises und lobte ebenfalls das Wirken des Vereins. Er stellte seine Ausführungen unter die Gedanken
'Das Geheimnis der Versöhnung ist die Erinnerung' und 'Wer vergisst, tötet zum zweiten
Mal'.
Für die Landeszentrale für politische Bildung sprach deren Leiter Konrad Pflug. Er freute sich darüber, dass hier
'lebendige Arbeit zur Aufarbeitung der Geschichte vor Ort' geschehe. Dr. Joachim Hahn von der
'Alemannia Judaica' lobte das Engagement der Vereinsmitglieder und wies darauf hin, dass die jüdische Geschichte in Deutschland nicht in Vergessenheit geraten dürfe.
Der Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Georg Haas, dankte für gute Zusammenarbeit mit dem Wenkheimer Synagogenförderverein.
Im Anschluss an den Festakt fand eine erste Führung in der Synagoge und in der Mikwe statt. Zahlreiche Interessierte hatten sich eingefunden, um Neues über das ehemals jüdische Leben in Wenkheim und über das 170 Jahre alte Gebäude zu erfahren.
Dabei wurden auch zahlreiche kulturelle Gegenstände wie zum Beispiel Schächtmesser, Gebetsriemen, Kippa, und Purimrassel ausgestellt und erklärt.
Jüdische Märchen. Die Märchenstunde von Susanne Waldmann, in der jüdische Märchen und Geschichten erzählt wurden, fand ebenfalls guten Anklang. Schuldekan i.R Eggert Hornig aus Bad Mergentheim erläuterte auf dem jüdischen Friedhof im Kirywald Sitten und Gebräuche bei jüdischen Beerdigungen und erklärte Zeichen und hebräische Schriften auf den Jahrhunderte alten Grabsteinen.
Insgesamt konnten mehr als 150 Interessierte bei den Feierlichkeiten zum 25- jährigen Bestehen des Fördervereins registriert werden." |
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September 2010:
Beitrag über einen Toraschrein-Vorhang aus der
Synagoge Wenkheim und seine Stifter |
Foto
links aus der im Artikel genannten Wenkheimer Orts-Chronik von Elmar
Weiß.
Artikel von Erich Langguth in den "Fränkischen Nachrichten" vom
4. September 2010 (Artikel
in fnweb.de):
"Judentum in Wenkheim: Samson Nathan und seine Frau Gitel stifteten den Thoravorhang in der ehemaligen Synagoge
Einer der vermögendsten Juden der Grafschaft.
Wenkheim. In der vor Jahresfrist erschienenen Wenkheimer Orts-Chronik wartete Autor Elmar Weiß mit einer Überraschung auf. Er zeigte im Bild den Thoravorhang, der einst zur Innenausstattung der Wenkheimer Synagoge gehört hatte. Durch eine glückliche Fügung war das Foto aus Israel übermittelt worden. Vermisst wurde allerdings eine Übertragung der Inschrift, die den Vorhang ziert, denn daraus sollte Auskunft über die Entstehungszeit und den oder die Stifter zu erwarten sein.
Dies hat sich in der Tat bewahrheitet. Die nicht ganz einfache Entzifferung ist Mergentheims früherem evangelischen Schuldekan Eggert Hornig in fachkundigem Austausch mit Joachim Hahn, dem Bearbeiter der
'Alemannia Judaica', weitgehend gelungen.
Der Text lässt sich demnach etwa folgendermaßen wiedergeben: Errichtet hat der Ewige uns Weisung / Krone der Thora
(dazu das übliche Symbol mit zwei Löwen) / Dies hat gestiftet / der begüterte Mann, Gemeindevorsteher und ehrenwerte Herr Schimschon / Sohn des Nathan HaLewi
(dazu Symbol der Leviten: Kanne mit Schale, für kultische Waschungen) seligen Andenkens / und seine Frau, die wohlhabende Frau Gitel / Tochter des ehrwürdigen Josef HaLewi / sein Andenken zum Segen, im Jahr 541 / nach der kleinen Zählung (= 1780/81) / aus der Heiligen Gemeinde Wenkheim.
Eingehende Archivforschungen über die Wenkheimer Juden des 17. und 18. Jahrhunderts, die Otto Langguth 1938/39 in jüdischem Auftrag durchführte, gewähren Auskunft über das Stifterpaar des Thoravorhangs.
In Archiven geforscht. Danach begegnet Schimschon, Sohn des Leviten Nathan, in den hiesigen Quellen (StAWt-R, Rep. 41f bzw. R 95) als Samson Nathan, seine Frau Gitel als Gundel/Gütle. Samson war mit ihr etliche Tage nach Petri Cathedra (22. Februar) 1754 getraut worden. Als Einzugsgeld erlegte er für sie 7 fl. 30 xr. Sein eigenes Einzugsgeld hatte er 1753/54 mit 15 fl entrichtet, war damals also als Schutzjude aufgenommen worden.
Seinen Vater Nathan, den Leviten, lernt man als Nathan Samson kennen. Er spezifizierte 1727 sein Vermögen auf 1592 Taler, musste indessen 1750/51 wegen
'erlittenen Brandts' um Schutzgeld-Nachlass bitten. Am 27. März 1754 beklagte er sich erfolgreich, dass er anlässlich seiner zweiten Eheschließung erneut eine Taxe zahlen solle.
Die Regierung gab ihm recht und strich die Forderung. Zehn Jahre später, im April 1764, ist er gestorben. Der wohlhabende Sohn Samson Nathan, der 1780/81 als Vorsteher der jüdischen Wenkheimer Gemeinde zusammen mit seiner Frau für den Thoraschrein den Vorhang stiftete, wird in einem Dokument von 1793 zu den vermögendsten Juden der Grafschaft gezählt.
In einer Eheschließungssache für einen seiner Söhne verwendete sich sogar Fürst Constantin bei den gräflichen Mitregenten damals für ihn. Hier heißt es über Samson Nathan, er sei
'notorischer Weise der Reichste in Wenkheim'.
Über ein Jahrzehnt später sollte sich das Bild ins Gegenteil verkehrt haben. Samson Nathans Witwe Gitel/Gütle suchte am 15. August 1805 um Erlass des Schutzgeldes nach, da sie, wie sie schreibt,
'alles Handels beraubt' ist. Die Zinsen seien so niedrig, dass sie vom Kapital zehren müsse. Von letzterem habe aber einen merklichen Anteil ihr Sohn Nathan Samson erhalten, um die Schande nicht zu erleben,
'daß er fallieren', also zahlungsunfähig werden sollte. Als 70-Jährige habe sie lediglich 600 fl. von ihrem Heiratsgut; wenn Gott ihr noch länger das Leben schenke, müsse sie betteln gehen.
Aus einem Bericht des Ortsschultheißen erfährt man, dass ihr immerhin noch die halbe Schäferei gehört. Die Regierung stellte sie schließlich von der Vermögenssteuer frei und gewährte ihr ein ermäßigtes Kopfgeld. Im Zeitalter der Napoleonischen Wirren setzte sich die Talfahrt weiter fort.
Nathan Samson, der älteste Sohn, schildert in einer Eingabe vom 22. September 1810 an den Fürsten Löwenstein:
'Unglück und Hauskreuz bei den ohnehin schlechten und harten Zeiten sind über mich Schlag auf Schlag so sehr eingestürmet,
dass ich zu einem armen Mann trotz allen Bestrebens .... heruntergesunken bin und öfters der traurige Fall eintritt, daß ich für meine Familie - Frau und 4 noch kleine Kinder - manchen Tag das trockene Brot nicht habe und den bittersten Hunger leiden
muss.' Laut Attest des Schultheißen sollten sogar Haus und Mobilien verkauft werden.
Grünebaum als Nachname. Damals trugen Nathan Samson und seine Bruder Leser Samson bereits die durch badisches Edikt im Frühjahr 1809 angeordneten Familiennamen. Nathan Samson hatte am 10. Mai 1809 für sich und seine Familie zunächst den Familiennamen
'Wolf' angenommen, entschied sich jedoch fünf Tage später, dem Beispiel seines Bruders Leser folgend, für
'Grünebaum'.
Damit gewinnt die Untersuchung die Erkenntnis, dass Schimschon (Samson Nathan) und Gitel, die Stifter des Thoravorhangs, auch als Ahnherrenpaar aller danach so zahlreichen Wenkheimer Grünebaums zu gelten haben." |
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Rechts: Das
Programm
zum Jubiläum - Veranstaltungen
am 18. Juli (Festkonzert) und
am 25. Juli 2010 (Festtag) |
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Juni 2011:
Auszeichnung für Johannes Ghiraldin |
Artikel von "rei" in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 1. Juli 2011 (Artikel):
"Besondere Auszeichnung: Ehrenpreis des Main-Tauber-Kreises für Pfarrer Johannes Ghiraldin.
Glücksfall für die ehemalige Synagoge
Wenkheim. In der ehemaligen Synagoge wurde von Landrat Reinhard Frank der Ehrenpreis des Main-Tauber-Kreises an Johannes Ghiraldin aus Tauberbischofsheim verliehen. Gewürdigt wurde damit das große Engagement Ghiraldins um den Erhalt der ehemaligen Synagoge. Zur Feierstunde waren neben der Familie und Freunden von Johannes Ghiraldin zahlreiche Kreisräte, Bürgermeister, Gemeinderäte, Ortsvorsteher und Wegbegleiter gekommen. Den Festvortrag hielt der frühere Marktheidenfelder Bürgermeister Dr. Leonhard Scherg zum Thema
'Das Landjudentum - ein bestimmendes Element der deutschen Geschichte'. Wenkheims früherer Kreisrat und Ortsvorsteher Walter Schmidt dankte Ghiraldin für sein Engagement bei der Renovierung des 1938 geschändeten jüdischen Gotteshauses.
Johannes Ghiraldins ehrenamtliches Engagement gilt besonders dem 'Verein zur Erforschung jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im tauberfränkischen
Raum', dem er seit der Gründung 1984 als Vorsitzender vorsteht. Bereits seit dem 16. Jahrhundert hat es bis 1938 eine jüdische Gemeinde in Wenkheim gegeben. Etwa um 1840 musste eine neue Synagoge gebaut werden, da die jüdische Gemeinde stark angewachsen war. Diese wurde beim Novemberpogrom 1938 im Innern zerstört.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Vereins, und somit auch seines Vorsitzenden, war, die Synagoge in Wenkheim als wertvolles kulturgeschichtliches Denkmal zu renovieren und zu erhalten. Johannes Ghiraldin konzipierte mit seinen Mitstreitern die künftige Nutzung der Synagoge. Dafür galt es, ehemalige Schlafräume zu entrümpeln, Fußböden und Wände grundzureinigen, den Keller zu entrümpeln sowie den ehemaligen Gebetsraum wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen.
Sieben Jahre nach der Gründung des Vereins wurde das Synagogengebäude der neuen Bestimmung als Mahnmal, Dokumentationsstätte, Kulturzentrum und katholisches Gemeindehaus übergeben. In einem Teil der früheren Wohnung des Kantors (Vorsänger) wurde ein kleines Dokumentationszentrum eingerichtet, einen anderen Teil nutzt die katholische Kirchengemeinde Wenkheim als Gemeindehaus. Des Weiteren ist auf der Frauenempore eine Dauerausstellung zur jüdischen Geschichte der Region untergebracht. 2005 wurde die Mikwe, das rituelle Frauenbad wieder begehbar gemacht. In der Synagoge finden Konzerte, Vorträge, Seminare sowie private Feiern statt. Johannes Ghiraldin und seine Mitstreiter führen immer wieder durch das Gebäude und informieren sachkundig und fundiert über die frühere jüdische Gemeinde in Wenkheim sowie die Synagoge. Neben der Renovierung der Synagoge hat sich Johannes Ghiraldin auch bei der Erhaltung und Erforschung des außerhalb von Wenkheim liegenden jüdischen Bezirksfriedhofs verdient gemacht. Bestimmte Gräber konnten dadurch lokalisiert, Inschriften auf Grabsteinen entziffert und somit der Nachwelt erhalten werden.
Landrat Reinhard Frank hob hervor, dass Johannes Ghiraldin sich auch international im Ehrenamt betätigt. So betreut und unterstützt er Einrichtungen von
'Avicres', einer Hilfsorganisation, die sich vor allem der Straßenkinder in brasilianischen Elendsvierteln annimmt, und reiste mit Schülergruppen nach Brasilien.
'Besonders hervorzuheben ist Ghiraldins vielfältiges ehrenamtliches Engagement. Bei seinen Tätigkeiten geht es ihm um die Bewahrung des kulturellen, geschichtlichen und geistigen Erbes der Region sowie um die Menschen selbst. Er ist ein von Schülern, Kollegen und Eltern vor allem für seine Menschlichkeit und von Fürsorge geprägtes Wirken, hoch geschätzter
Mensch', lobte Frank. Er überreichte ihm die Verleihungsurkunde und das Unikat einer eigens für den Jubilar geschaffenen Skulptur.
Johannes Ghiraldin dankte für die Ehrung und gab einen Großteil des Lobes an die Mitglieder des
'Synagogenfördervereins' weiter. Er lobte besonders das Engagement der bereits verstorbenen Mitglieder Ortsvorsteher Ernst Thoma, Erich Semel und Dr. Elmar Weiss, der seit der Gründung des Vereins das Amt des zweiten Vorsitzenden bekleidete. Für die Verstorbenen wurde ein kurzes Totengedenken gegeben. Abschließend appellierte er an jüngere geschichtsbewusste Menschen, Mitglied im Verein zu werden und die Erinnerung an das jüdische Leben in Wenkheim auch künftig wach zu halten.
Auf das besondere gesellschaftliche Engagement des Jubilars für den Ort Wenkheim ging auch der ehemalige Ortsvorsteher Walter Schmidt in seinem Grußwort ein. Er bezeichnete Ghiraldin als Glücksfall, Ideengeber und Motor für die Erhaltung der ehemaligen Synagoge.
'Durch Sie und andere engagierte Vereinsmitglieder ist es gelungen, in Wenkheim ein Stück deutscher Geschichte lebendig zu
halten', so Walter Schmidt.
Musikalisch umrahmt wurde die Verleihung des Ehrenpreises durch das Blockflötenensemble der Musikschule Werbach unter der Leitung von Anja Schultes. Dabei wurden zum Abschluss auch mehrere jiddische Musikstücke vorgetragen.
Im Anschluss an die Feier des Ehrenpreises gab es die Möglichkeit, das ehemalige jüdische Gotteshaus zu besichtigen und auf dem Vorplatz mit geschichtsbewussten Zeitgenossen Gedanken und Anregungen auszutauschen." |
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Januar 2012:
Beitrag über Manfred Grünebaum und Manfred
Bravmann |
Artikel von Klaus Reinhart in den
"Fränkischen Nachrichten" (fnweb.de) vom 12. Januar 2012:
"FN-Serie 'Heimat': Holocaustüberlebende jüdische Mitbürger
Manfred Grünebaum und Manfred Bravmann hatten immer Sehnsucht nach der
Heimat. Im Herzen stets Wenkheimer geblieben..."
Link
zum Artikel. |
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September 2013:
Die Eröffnung eines Museums
in der Synagoge ist für Sommer 2014 geplant |
Artikel von Carolin Lemuth in der
"Main-Post" (Lokalausgabe Main-Tauber) vom 23. September 2013 (Link
zum Artikel):
"WENKHEIM. Museum zieht in Synagoge ein. Johannes Ghiraldin plant Eröffnung in Wenkheim für Sommer 2014
Bisher stehen erst drei mit jüdischem Kulturgut bestückte Vitrinen im zukünftigen Museumszimmer. Glasschränke mit Literatur sollen errichtet und an den Wänden sollen nach frischer Renovierung Informationstafeln mit der Geschichte der Wenkheimer Juden angebracht werden.
'Wir planen eine kultische und liturgische Ausstellung', erklärt Johannes Ghiraldin, Vorsitzender des Wenkheimer Synagogenfördervereins.
Mit Sederteller, Tefillin und Tallit sind bereits erste Gebrauchsgegenstände anschaulich dargestellt. Zudem sollen jüdische Schriftstücke, restaurierte Bücher und rituale Gegenstände im Museum Platz finden. Ghiraldin geht geruhsam durch das ehemalige Religionszimmer im ersten Obergeschoss.
'Durch den Teilrückzug der katholischen Gemeinde ist der Raum frei
geworden.'
Der pensionierte Lehrer hat die Synagoge bei einem Schulausflug 1980 zufällig entdeckt und über Jahre mit vielen Helfern gemeinsam restauriert.
'Vieles war damals zerstört und verbaut. Wände mussten eingerissen und viel Schutt abtransportiert
werden.' Vorher habe sich niemand um die 170 Jahre alte Synagoge gekümmert. Viel Eigenarbeit stecke in der Instandsetzung. Der Gebetsraum wurde zu Kriegszeiten als Flüchtlingswohnheim genutzt. Laut Ghiraldin sei beim Vorfinden alles intakt, allerdings stark verwahrlost gewesen. Ein schmaler Treppenstieg führt in den Keller des Gebäudes. Die Mikwe, ein Bad zur rituellen Waschung, musste aufwendig freigeräumt werden.
'Der Raum war fast vollständig zugeschüttet.' Heute steht man beeindruckt auf dem verzinkten Eisengitter, während eine indirekte Beleuchtung das Gemäuer einfärbt. Das Grundwasser ist in dem knapp 1,20Meter tiefen Becken noch immer vorhanden. Allerdings sei der Wasserstand nach Straßenarbeiten zurückgegangen.
Erst 2005 waren sämtliche Arbeiten abgeschlossen. Der Prozess der Erneuerung soll ebenfalls Teil der Museumsausstellung werden.
'Wir möchten viel Wert auf die Ortsbezogenheit legen.' Der ehemalige Religionslehrer ist selbst erst durch den Unterricht mit dem Judentum in Berührung gekommen. Seither hat er sich immer tiefer eingearbeitet, Reisen nach Jerusalem unternommen.
'Aufbereitung und Aufklärung ist immer wichtig – auch und gerade heute.' Daher ist er besonders froh, dass die Idee des Museums in der Judenschule endlich umgesetzt werden kann. Für die gesamte Maßnahme werden voraussichtlich 5000 Euro benötigt.
'Wir werden die Pläne noch an das Landeszentrum für Politische Bildung in Stuttgart reichen und hoffen auf Unterstützung.' Die Eröffnung ist für Sommer 2014
geplant." |
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2015/16:
Neukonzeption des Museums in der ehemaligen
Synagoge und
Wiedereröffnung im April/Mai 2016 |
Artikel im "Main-Echo" vom 8. Juni 2015:
"Verantwortung in jüngeren Händen: Bähne löst Ghiraldin ab..."
Anmerkung: In der Jahresversammlung des Vereins zur Erforschung
jüdischer Geschichte und Pflege jüdischer Denkmäler im
tauberfränkischen Raum wurde Katharina Bähne zur Vorsitzenden
gewählt.
Link
zum Artikel |
Artikel im "Main-Echo" vom 28. Mai 2016:
"Neues Konzept für Museum in Synagoge. Erinnerung: Wenkheimer
Gedenkstätte wird diesen Sonntag wiedereröffnet - 'Gelebte
Wiedergutmachung'...."
Link
zum Artikel |
Artikel von Klaus Reinhart in der
"Main-Post" vom 11. April 2016: "WENKHEIM. Synagoge wieder eröffnet
Bis auf den letzten Platz besetzt war die ehemalige Synagoge in Wenkheim,
denn bei bei strahlenden Frühlingswetter fanden sich zahlreiche Gäste zum
Festakt der Neueröffnung ein.
Die Vorsitzende des Synagogenfördervereins, Katharina Bähne ernannte dabei
den langjährigen Vorsitzenden, Pfarrer Johannes Ghiraldin, wegen seiner
zahlreichen Verdienste um das ehemalige jüdische Gotteshaus zum
Ehrenmitglied und Ehrenvorsitzenden. Den Festvortrag hielt Rabbinerin Antje
Yael Deusel von der israelitischen Kultusgemeinde Bamberg. Grußworte
sprachen der erste Landesbeamte des Main-Tauber-Kreises Ulrich Derpa,
Werbachs Bürgermeister Otmar Dürr und der Vertreter der Landeszentrale für
politische Bildung Baden-Württemberg David Stellmacher. Vereinsmitglied
Markus Sellen erläuterte das von ihm hauptsächlich entwickelte
Museumskonzept. Für die musikalische Umrahmung sorgten das Trio 'Die
Marbacher' , die mit jiddischen Songs für Begeisterung sorgten und der Chor
'Notabene'. Vor und nach dem Festakt nutzen rund 200 Besucher die
Möglichkeit, die neuen Schautafeln mit verschiedensten Themen zum Judentum
und zur Geschichte der Wenkheimer Synagoge in Augenschein zu nehmen. Der
Gesangverein Eintracht Wenkheim sorgte auf dem Synagogenvorplatz für eine
standesgemäße Bewirtung."
Link zum Artikel |
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November 2015:
Die Wenkheimer Synagoge findet sich zusammen mit Kirchen in einer Broschüre
zu Radwegekirchen |
Artikel von Michael Geringhoff im
"Main-Echo" vom 2. November 2015: "Eine deutschlandweit einzigartige Idee.
Tourismusprojekt: Ehemalige Synagoge in Wenkheim wird zur Radwegekirche -
Neue Broschüre vorgestellt
Werbach. Es ist bundesweit das erste Mal, dass eine Synagoge und christliche
Kirchen gemeinsam beworben werden. Die neue Broschüre zu den Radwegekirchen
das Main-Tauber-Kreises macht es möglich. Am Freitag wurde sie in der
Wenkheimer Synagoge vorgestellt. Sie umfasst 23 Kirchen am Taubertal- und
Mainradweg zwischen Rothenburg und Freudenberg.
'Kirche und Tourismus sind hier eine beispielhafte Verbindung eingegangen',
sagte die Radfahrer- und Tourismusbeauftragte der ideegebenden evangelischen
Landeskirche Baden, die Tauberbischofsheimer Pfarrerin Heike Kuhn. 'Was wir
jetzt hier machen, das findet landesweite Beachtung', betonte sie und hob
die Ökumene hervor, die das Projekt mitträgt. Da wachse mit Christen und
Juden zusammen, was zusammen gehört, sagte sie. Wichtig sei dieser Hinweis
gerade im Angesicht des Reformationstages: Martin Luther habe mit seiner
Sicht der Juden Schuld auf sich geladen. Der Radweg wird als erster auch mit
Texten begleitet, sie können über Codes mit dem Handy abgerufen werden. In
den Radwegekirchen selbst liegen ergänzende Informationen aus, unter anderem
zum Streckenverlauf und zu Reparaturmöglichkeiten fürs Fahrrad.
Museum wird eingerichtet. Für die Vorsitzende des Synagogenvereines,
Katharina Bähne ist es nur schlüssig, dass nun auch die Synagoge in Wenkheim
- derzeit wird dort ein Museum eingerichtet - in diesen spirituellen Radweg
integriert worden ist. 'Das Judentum ist Teil dieses Landstriches', sagte
sie. Auch ihr Amtsvorgänger Hansjörg Ghiraldin sieht das so, will die
Synagoge am Radweg darüber hinaus als Stolperstein verstanden wissen, der
daran erinnert, dass Juden und Christen in Wenkheim bis zum Jahr 1938
harmonisch miteinander gelebt haben. Die Broschüre 'Radwegekirchen' liegt
jetzt aus, so auch bei der Tourismus Wertheim. Weitere Informationen:
www.radwegekirchen.de".
Link zum Artikel |
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Oktober 2018:
In Wenkheim wird ein Denkmal für
die Deportation nach Gurs aufgestellt |
Artikel von Klaus Reinhart in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 16. Oktober 2018: "Werbach. Wider das
Vergessen Im Rahmen des Projekts Mahnmal
Neckarzimmern wurde der erste von zwei Gedenksteinen in Wenkheim
aufgestellt. Erinnerung an Deportation wachhalten.
Jugendliche der evangelischen Kirchengemeinde Wenkheim gestalteten den
Gedenkstein als Erinnerung an die Deportation der Wenkheimer Juden im Jahr
1940 ins Lager Gurs. Der Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde
umrahmte die Feier. Mit einer eindrucksvollen Feier wurde im Rahmen des
Projekts Mahnmal Neckarzimmern der erste von zwei Gedenksteinen in Wenkheim
aufgestellt..."
Link zum Artikel (kostenpflichtig) |
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Dezember 2018:
Außensanierung der ehemaligen
Synagoge |
Artikel von Klaus Reinhart in der
"Main-Post" vom 19. Dezember 2018: "An der ehemaligen Synagoge in Wenkheim
werden zurzeit Sanierungsmaßnahmen an den Außenwänden durchgeführt.
Stellenweise war das Mauerwerk an dem aus dem Jahre 1840 stammenden Gebäude
durch Wettereinflüsse teilweise ausgewaschen und porös. Bei den dadurch
notwendig gewordenen Ausbesserungen muss ein spezieller Mörtel verwendet
werden, damit das Erscheinungsbild des historischen Gebäudes nicht negativ
beeinträchtigt wird. Auch mussten einige Dachrinnen erneuert werden. Die
Arbeiten werden im Auftrag der Gemeinde Werbach durchgeführt, die auch
Eigentümer des Gebäudes ist."
Link zum Artikel |
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Juni 2019:
Nachkommen jüdischer Familien
auf Spurensuche der Familiengeschichte |
Artikel von Klaus Reinhart im "Mannheimer
Morgen" (Fränkische Nachrichten) vom 24. Juni 2019: "Tauberbischofsheim.
Familie aus den USA zu Gast Die Wests aus Virginia besuchten das
Tauberbischofsheimer Limbach-Haus und die Wenkheimer Synagoge. Auf
Spurensuche in der Heimat
Familie West aus Virginia ist momentan auf Spurensuche in Tauberfranken und
hat unter anderem die Synagoge in Wenkheim und das Limbach-Haus
besichtigt.
Tauberbischofsheim/Wenkheim. Besuch aus den USA in Tauberfranken: Skip West
aus dem Bundesstaat Virginia befindet sich zurzeit zusammen mit Frau und
Kindern auf einer Europareise. Dabei besucht er auch Stätten seiner
jüdischen Vorfahren (Heumann), die ihre Wurzeln in
Impfingen und
Königheim haben. Ihm liegt es am
Herzen, seinen Kindern zu zeigen, in welchem Land ihre Großeltern und
Urgroßeltern lebten und wie dort heute mit der jüdischen Kultur umgegangen
wird.
Sachkundige Führung. Nachdem sie in
Tauberbischofsheim unter der
sachkundigen Führung von Kerstin Haug-Zademack das Limbach-Haus mit der
geschichtlichen Darstellung des jüdischen Lebens in Tauberbischofsheim
besichtigt hatten, ging die Fahrt mit der Gastfamilie nach Wenkheim, wo
Synagoge, Mikwe und der jüdische Friedhof unter Leitung von Hans-Jörg
Ghiraldin besichtigt wurden."
Link zum Artikel |
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November 2019:
Neuer erster Vorsitzender des
Vereins "schul. Gedenkstätte Synagoge Wenkheim" |
Neuer erster Vorsitzender ist Michael
Knoblauch (Herrenstr. 8, 97956 Werbach-Wenkheim, Tel. 09349 / 929888; Mobil:
0151 / 11858717) |
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Januar 2020:
Toramantel aus Wenkheim ist in
der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen
Anmerkung: der
Toramantel mit Fotos ist zu sehen unter
https://americanhistory.si.edu/collections/search/object/nmah_683368
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Artikel von Bernhard Müller im "Mannheimer
Morgen" ("Fränkische Nachrichten") vom 9. Januar 2020: "Werbach. Ausstellung
'California Dreams' in der Bonner Bundeskunsthalle zeigt kostbareres
Dokument aus der Ortsgeschichte. Wertvoller Toramantel aus Wenkheim
Ein besonderes Zeitdokument, ein Toramantel aus den Jahren 1785/86, von
jüdischen Wenkheimer Auswanderern ist derzeit in der Bundeskunsthalle in
Bonn zu sehen.
Wenkheim/Bonn. Ein besonders wertvoller und kostbarer Toramantel, der
von jüdischen Auswanderern aus Wenkheim einst nach San Francisco mitgebracht
worden war, ist in Bonn in der Ausstellung 'California Dreams: San Francisco
– Ein Porträt' in der Bundeskunsthalle zu sehen. Die Ausstellung dauert noch
bis zum Sonntag, 12. Januar. Auf das besondere Präsentationsobjekt machte
Korina Dörr, die seit 28 Jahren in Bonn lebt, die FN aufmerksam und stellte
auch das Foto zur Verfügung: 'Als gebürtige Gissigheimerin hat es mich
bewegt, auf solch ein Zeugnis aus meiner Heimat in dieser sehr feinen
Ausstellung zu stoßen.' Der Toramantel dokumentiere zum einen die Wege und
den Mut der Bürger aus dem Taubertal, ihr Glück in der neuen Welt zu suchen,
und zum anderen zeige dies gleichzeitig das reiche jüdische Leben, das es
einmal in Wenkheim gab. Dass es sich bei dem Toramantel aus Wenkheim in der
Tat um ein außergewöhnliches Dokument und Zeitzeugnis handelt, macht die
Legende zum Ausstellungsstück in der Bonner Präsentation deutlich. Hier ist
Folgendes zu lesen: 'Wenkheim (Werbach), Baden-Württemberg, 1785–86,
Baumwolle, Metall, Seide, Leinen, Metallfaden, Holz, Papier, National Museum
of American History, Washington, DC (https://americanhistory.si.edu/)
Der kostbare seidene Toramantel wurde von deutschen jüdischen Einwanderern
aus Wenkheim (Baden-Württemberg) während des Goldrausches mit nach San
Francisco gebracht. Der reich verzierte Stoff wurde der 1850 in San
Francisco eröffneten Emanu-El (hebräisch für 'Gott ist mit uns') Synagoge
gestiftet, der ersten Synagoge San Franciscos. In ihn wurde die Torarolle
eingeschlagen, eine handgeschriebene Pergamentrolle mit dem hebräischen Text
der fünf Bücher Mose. San Francisco galt damals als vorurteilsfreier
gegenüber Juden und Katholiken als die Städte an der amerikanischen
Ostküste.' Wie Henriette Pleiger, eine der Kuratorinnen der Ausstellung 'California
Dreams' auf Nachfrage der FN mitteilte, sei leider der Name der jüdischen
Auswanderer aus Wenkheim nicht bekannt.
Vielfältiges Porträt. Die Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn
ein vielfältiges Porträt der Stadt San Francisco über vier Jahrhunderte..."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica III,2 S. 1583. |
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 292-293. |
| Joachim Hahn: Synagogen in Baden-Württemberg. 1987. S. 81ff. |
| Elmar Weiss: Zeugnisse jüdischer Existenz in Wenkheim. 1992. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
| Elmar
Weiss: Wenkheim. Ein fränkisches Dorf im Laufe seiner Geschichte.
Osterburken 2009. Insbesondere Abschnitt "Die Juden in Wenkheim" S. 441-452;
Abschnitt "Der jüdische Friedhof" S. 453-462; Abschnitt "Die
Synagoge" S. 463-468; Abschnitt "Die jüdische Suche nach den
Wurzeln" S. 471-474. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Wenkheim Baden. Jews were
present in the 14th-15th centuries. The community grew to 160 (total 930) in
1875 and subsequently declined to 46 in 1933. Twenty-two emigrated to the United
States and eight to Palestine. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the
synagogue was vandalized and the last 13 Jews were deported to the Gurs
concentration camp on 22 October 1940; five survived the Holocaust.
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