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Baden-Württemberg
Creglingen (Main-Tauber-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Creglingen bestand eine jüdische Gemeinde im Mittelalter
(Judenverfolgung 1298) und in der Neuzeit bis 1938.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 16./17.
Jahrhunderts zurück. In der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach, zu der
Creglingen seit 1448 gehörte, wurden Juden in einer Zeit aufgenommen, in der
sie aus den meisten Regionen vertrieben wurden. Noch während des Dreißigjährigen
Krieges konnte eine jüdische Gemeinde in der Stadt entstehen. 1714 gab es
12 jüdische Familien in der Stadt, 1808 17 Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1824 105 jüdische Einwohner (8,7 % von insgesamt 1.202 Einwohnern),
höchste Zahl um 1846 mit 130 Personen, 1880 115 (8,6 % von 1.332), 1895
118, 1910 84 (6,9 % von 1.210). Nach einem Bericht von 1870 gehörten die
damaligen Gemeindeglieder dem Mittelstand der Bevölkerung an. Viele lebten vom
Ellenwaren- und Hausierhandel.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (Israelitische Volksschule von 1831 bis 1924), ein
rituelles Bad (zunächst vermutlich im Synagogengebäude, seit 1895 neues
rituelles Bad am sog. Hahnenweg am Herrgottsbach unterhalb der heutigen Treppe
zum Krankenhaus, bestand bis 1939) und einen Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An der Schule unterrichteten die
folgenden Lehrer: als erster Lehrer Ephraim Löwental (1831-1836), danach
Haium Stern (1836-1843), Selz (1843-1848), Isaac Levi
Kallmann (1848-1855; geb. 1818 in Hochberg;
war verheiratet mit Sara geb. Adler aus Edelfingen;
nach seiner Zeit in Creglingen war er Lehrer in Eschenau), Ludwig Stern (1853-1860,
geb. 1824; war verheiratet mit Bärbel/Babette geb. Adler aus Markelsheim;
ab 1864 I. Lehrer / Direktor am Israelitischen
Lehrerseminar in Würzburg), Moritz/Moses Kahn (1860-1877,
geb. 1835 in Affaltrach, war verheiratet
mit Nannchen geb. Sauer aus Tauberbischofsheim;
Sohn David Kahn geb. 1870 ist in der NS-Zeit nach der Deportation umgekommen) und
Josef Preßburger (1877-1924; vgl. Berichte unten). Das zuständige Rabbinat war von 1832 bis 1914
Weikersheim,
von 1914 bis 1939 Mergentheim.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Heinrich Stern (geb.
8.11.1894 in Camberg, gef. 25.12.1918). Sein Name steht auf dem Ehrenmal für
die Gefallenen des Krieges im Friedhof an der Herrgottskirche.
Um 1924, als etwa 90 jüdische Einwohner in Creglingen gezählt wurden,
waren die Vorsteher der Gemeinde Oberlehrer Josef Preßburger, Benjamin Oberndörfer,
Emil Lissberger, Max Gutmann und Rudolf Sinsheimer. Oberlehrer Preßburger
erteilte neun Kindern des Religionsunterricht; vier weitere Kinder erhielten von
ihm Religionsunterricht an höheren Schulen. An jüdischen Vereinen gab
es: die Chewra Gemilus Chesed (Wohltätigkeitsverein, 1924 unter Leitung
von Emil Lißberger), die Chewra Kadischa (Wohltätigkeits- und
Bestattungsverein), den Israelitischen Frauenverein (1924 unter Leitung
von Ida Oberndörfer), den Ohawei-Tora-Verein und die Baukasse
(gegründet 1887, 1924 unter Leitung von Josef Preßburger). An Stiftungen
gab es eine Brautaussteuerstiftung, Jahrtagsstiftungen und die Krankenfürsorgestiftung.
1932 war weiterhin Oberlehrer Preßburger erster Gemeindevorsteher.
Inzwischen war als Religionslehrer Harry Katzenstein angestellt. Er
unterrichtete im Schuljahr 1931/32 sieben Kinder in Religion.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handelsbetrieben im Besitz jüdischer
Familien / Personen sind bekannt: Landesproduktenhandlung G. Ehrenberger und Söhne
(Hauptstraße 7), Aussteuerhaus Gutmann, Inh. Gutmann und Landauer (Kreuzstraße
5), Handelsmann David Gutmann (Torstraße 19), Tabak- und Zigarettengeschäft
Emil Gutmann (Neue Straße 17), Kaufmann Karl Gutmann (Neue Straße 15),
Handelsmann Isaak Gutmann und Viehhandlung Max Gutmann (Lindleinstraße 4),
Viehhandlung Siegfried Güthermann (Poststraße 7), Manufakturwarenhandlung Emil
Lissberger (Hauptstraße 30; Emil Lissberger war bis 1933 Mitglied des
Gemeinderats, ebenso Vorstandsmitglied des Fußball- und des Gesangvereins in
Creglingen), Manufakturwarenhandlung Adolf Oberndörfer (Hauptstraße 41),
Viehhandlung Meyer Rosenfeld (Lindleinstraße 16); Manufaktur- und
Korbwarenhandlung Rudolf Sinsheimer (Hauptstraße 23; der benachbarte Hausplatz
Hauptstraße 25 war von 1692 bis 1897 in jüdischem Besitz), Viehhandlung
Hermann Stern (Hauptstraße 9).
1933 wurden noch 73 jüdische Personen in Creglingen gezählt. Am 25.
März 1933 kam es bei einem Pogrom durch die SA zur Ermordung von
zwei Creglinger Juden: der 67jährige Hermann Stern und der 53jährige Arnold
Rosenfeld starben auf Grund der erlittenen Misshandlungen. Der Vorfall bewirkte,
dass eine größere Anzahl jüdischer Einwohner kurz darauf im Ausland Zuflucht
suchte. 1935 richtete die jüdische Gemeinde für ihre Kinder eine Privatschule
ein, die bis 1938 bestand (Lehrer Harry Katzenstein). Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge demoliert; eine größere Zahl jüdischer Männer
wurde in das KZ Dachau verschleppt. 1939 verließen die letzten jüdischen
Einwohner die Stadt.
Von den in Creglingen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ida Allersheimer (1884),
Bernhard Baar (1880), Frieda Baar geb. Allersheimer (1882), Jakob Blumenfeld
(1873), Rudolf Blumenfeld (1880), Fanny Cohn geb. Lissberger (1904), Zilli Elkan
geb. Fuchs (1877), Jakob Fuchs (1868), Karoline Grünewald geb. Gutmann (1857),
Minna Günther geb. Gutmann (1859), Jakob Abraham Gutmann (1851), Max Gutmann
(1884), Fanny (Ferdel, Fradel) Hahn geb. Gutmann (1867), Tekla Heinemann geb.
Stern (1891), David Kahn (1870), Rosa Kapp geb. Obenheimer (1871), Rosa Lehmann
geb. Ehrenberg (1889), Bernhard Lissberger (1907), Emil Lissberger (1873), Emma
Lissberger (1877), Sigmund Lissberger (1875), Emil Obenheimer (1897), Adolf
Oberndörfer (1864), Benjamin Oberndörfer (1879), Gertrud Oberndörfer (1901),
Helene Oberndörfer geb. Oberndörfer (1866), Sally Oberndörfer (1901), Sigmund
Oberndörfer (1904), Aron Rosenfeld (1880), Rosa Sinsheimer (1877), Cäcilie (Cilly)
Stern geb. Blumenfeld (1866), Hermann Stern (1866), Meta Thalheimer geb.
Oppenheimer (1872), Abraham Wolf (1879, wurde von Köln nach Lódz deportiert),
Hermann Wolf (1878), Justin Wolf (1917), Lazarus Wolf (1877), Ludwig Wolf
(1920), Marianne Wolf geb. Heidelberger (1883).
Seit 1947/2001 erinnert im Sitzungssaal des Alten Rathauses sowie im
Eingangsbereich (Hauptstraße 13) eine Gedenktafel/Gedenkstätte an den Pogrom
im März 1933.
Seit November 2000 besteht ein jüdisches Museum
zur Erinnerung an die jüdische Geschichte der Stadt im Gebäude Badgasse 3.
Dieses 1880 errichtete Gebäude ersetzte ein altes Wohnhaus (frühere
Judenschule), das vom 17. bis zum 19. Jahrhundert von jüdischen Familien
bewohnt war.
Link: www.juedisches-museum-creglingen.de.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Zur Geschichte der jüdischen
Volksschule in Creglingen (Beitrag von Oberlehrer Joseph Preßburger von 1932)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Februar 1932: "Ein
Schuljubiläum. Von Oberlehrer Joseph Preßburger, Creglingen.
Das Gesetz vom 25. April 1828 bestimmt in Art. 43: Jede
Israelitische Kirchengemeinde ist befugt, eine besondere öffentliche
Elementarschule für ihre Kinder zu errichten, wenn sie für die Gehalte
der Lehrer, deren Betrag nach dem für die christlichen Schulen
bestehenden Maßstab bestimmt wird, und für die übrigen
Schulbedürfnisse Sicherheit leistet. Früher war es den Juden
überlassen, ob und welchen Unterricht sie ihren Kindern geben lassen und
ob sie dieselben in die christliche Ortsschule schicken wollten oder
nicht. Von diesem nun den Juden zustehenden Recht, eigene Schulen ihrer
Konfession errichten zu dürfen, machten die meisten Gemeinden unseres
Landes freudig Gebrauch. Es entstanden nach und nach außer den von den
politischen Gemeinden zu unterhaltenden jüdischen Volksschulen in vielen
Gemeinden unseres Landes sogenannte Konfessionsschulen, d.h. Volksschulen,
die nicht von der politischen Gemeinde, sondern von den Mitgliedern der
jüdischen Konfession zu unterhalten sind. Es ist ein rühmendes Zeugnis
für das damalige Geschlecht, dass es bereit war, die Opfer, welche die
Errichtung und Unterhaltung der Schule sowie die Schaffung der nötigen Schulräume
erforderten, zu bringen.
Nach Überwindung verschiedener Schwierigkeiten konnte genau vor hundert
Jahren, am 13. August 1831, vom damaligen Stadtpfarrer Roth in
Anwesenheit des Stadtschultheißen Genth und den Vorstehern Abr.
Amson, Isak Gutmann und Samuel Amson mit gleichzeitiger
Einführung des ersten ordnungsgemäß vorgebildeten Lehrers, Ephraim
Löwental, die Schule eröffnet werden. Die Schule, deren Errichtung
vom Evangelischen Konsistorium genehmigt worden war, unterstand der
Aufsicht des hiesigen Stadt- |
pfarrers,
der vorschriftsgemäß allwöchentlich der Schule zwei Besuche abstattete
und halbjährlich Visitation abhielt. Mit Ausnahme eines einzelnen Falles
bestand zwischen dem Ortsschulinspektor und den Lehrern der Schule das
beste Verhältnis, ja, ich kann bekunden, dass sich zwischen Lehrer und
Ortsgeistlichen ein Freundschaftsverhältnis herausgebildet hat. Von den
jüdischen Lehrern unseres Landes wäre sicher eine Anregung auf Aufhebung
der geistlichen Schulaufsicht nicht ergangen. Von den Erfolgen, die in der
Schule erzielt wurden und von dem Segen, der von der Schule ausging, legen
die zahlreichen Berichte des Ortsgeistlichen Zeugnis ab. Die hiesige
Gemeinde wusste den Wert der Schule hoch zu schützen und brachte gerne
die Opfer, die ihr durch ihren Bestand auferlegt werden
mussten.
Allerdings ging es nicht immer ohne Reibungen ab. Im Jahre 1836 mussten
drei Sonntagsschüler I.B., H.G. Jeremias Sohn und H.G. Isaksohn,
wegen Unhöflichkeit und Unbotmäßigkeit gegen den Lehrer zu einer
zwölfstündigen Eintürmung vom Ortsschulrat, dem auch der
Stadtschultheiß angehörte, verurteilt werden. Als Lehrer
wirkten an der Schule Ephraim Löwenthal (bis 1836), Haium Stern
- später Sekretär bei der Israelitischen Oberkirchenbehörde und
Kirchenpfleger bei der Israelitischen Gemeinde in Stuttgart (1836-1843), Selz
(1843-48), Levi (1848 bis 1855), Ludwig Stern - später
Direktor am Seminar in Würzburg (1855-1860), M. Kahn (1860-77) und
vom 31. Oktober 1866 bis zur Auflösung der Schule J. Preßburger.
Die Schülerzahl betrug bei Übernahme der Schule durch den Schreiber
dieser Zeilen im Jahre 1877 noch 29. Nach und nach nahm aber die Zahl der
Schüler ab: im Jahre 1923 waren es noch neun Schüler. Da Oberlehrer
Preßburger das 65. Lebensjahr ereicht hatte, beschloss die
Oberschulbehörde auf Anregung der damaligen Oberkirchenbehörde die
Aufhebung der Schule. Das hiesige Vorsteheramt hat zwar gegen die
Aufhebung der Schule in mehreren Eingaben an den Ev. Oberschulrat
Einsprache erhoben, hat besonders der Oberkirchenbehörde gegenüber in
einer Eingabe darauf hingewiesen, dass durch Aufhebung jüdischer Schulen
Recht preisgegeben werden, die in langen Kämpfen erfochten wurden. Alle
Bemühungen des Kirchenvorsteheramtes und der Israelitischen
Oberschulbehörde, die Schule zu halten, waren vergeblich. Mit dem 1.
April 1924 ging die Schule ein: die jüdischen Schüler mussten in die
allgemeine Volksschule übertreten.
Die Schlussfeier ging am 28. März 1924 - dem letzten Schultage - in
eindrucksvoller Weise vor sich. Nach vorgenommener Schulprüfung hielt Schulrat
Huber in Anwesenheit der jüdischen Gemeindemitglieder und einer
Anzahl geladener Gäste einen Vortrag über 'Das israelitische Schul- und
Erziehungswesen'. Oberlehrer Preßburger dankte dem Redner für die
belehrenden Worte und ganz besonders für die Fürsorge, die erselbe in
vorurteilsfreier Weise der Schule angedeihen ließ. Mit einer vom Lehrer
an seine Schüler gerichteten Bitte, auch in der Schule, in die sie nun
übertreten, brav, fleißig und verträglich zu sein, schloss die für
Schule und Gemeinde bedeutungsvolle Schlussfeier. Die hiesige jüdische Konfessionsschule
hatte aufgehört zu bestehen." |
Lehrer Ludwig Stern - in Creglingen Lehrer von 1853 bis 1860 - wird I. Lehrer
/Direktor an der
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg an (1864)
Anmerkung: Ludwig Stern ist am 9. März 1824
in Bieringen als (unehelicher) Sohn der
Jentle Hirsch Stern (Tochter des Handelsmannes Hirsch Baruch Stern) geboren (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440598-2).
Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Lehrer dürfte
Unterdeufstetten seine erste Stelle
gewesen sein (um 1842/1850?). Nach dem Beitrag unten war Stern nach
Unterdeufstetten Lehrer in
Markelsheim, wo er 1854 Bärbel/Babette geb. Adler aus
Markelsheim heiratete (geb. 28. Juli
1831). Von 1853 bis 1860 war er Lehrer in Creglingen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442332-96),
danach in Freudental und ab 1864 I. Lehrer
/ Direktor an der Israelitischen
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Er starb am 15. August 1890 in Würzburg,
seine Frau Babette am 31. Januar 1902 ebd.
Von den zehn Kindern des Ehepaares sind die ersten vier in
Creglingen geboren (Abraham Hartwig 1855,
Jacob 1856, Gustav Gedalja 1858, Ida 1860), die nächsten zwei in
Freudental (Josua 1863, gest. 1863, Mirjam
1864), die übrigen vier in Würzburg (Baruch 1866, Nathan 1868, Julia 1873 und
Lina 1875).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1864: "Aus
Württemberg. Dem inneren Berufe folgend, hat am Anfang dieses Monats ein
Mann das Schwabenland verlassen, dessen Verlust nicht nur die Gemeinden,
in deren Mitte er als Lehrer und Vorsänger gewirkt hat, sondern nahezu
das ganze Württemberg empfinden dürfte, für das er besonders in
jüngster Zeit in edelster Weise, ersprießlich und wacker gewirkt und
gekämpft hat. Ludwig Stern, bisher in Freudental angestellt, hat die
Lehrer- und Hausmeister-Stelle an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg
angenommen, welche von den dortigen hochherzigen Rabbinen unter Protektion
der bayerischen Regierung ins Leben gerufen worden ist. Wie unser
Stammvater folgte auch er der inneren Himmelsstimme und zog weg aus seinem
Land und aus seiner Heimat wie aus dem Haus seines Vaters, verließ
Vaterland, Heimat, Verwandte und Freunde, um zu wirken für das Ideal, das
er auch bei uns zu erstreben bemüht gewesen, um vereint zu sein mit den
Verwandten des Geistes, die seinem Edelmute mehr gelten als irdische
Beziehungen. Rastlos wie seine pflichttreue Tätigkeit stieg auch er in
seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe und bewährte sich an ihm
jeder göttliche Segen, der solchen Männern verheißen ist 'und ich
will groß machen deinen Namen und er wird ein Segen sein'. Von der
kleinen Filialgemeinde Unterdeufstetten
aus, für die er ein Faktotum war, wie von Markelsheim
und Creglingen, wo die Gemeinden zu
jedem Opfer bereit waren, um ihn länger besitzen zu dürfen, wie durch
die größere Kehilla (Gemeinde) Freudental, wo sein hervorragendes
Wissen und Wirken, obschon neben einem Rabbinen, doch in der ehrenvollsten
Weise Anerkennung gefunden hat, verbreitete sich sein Name immer weiter in
den Gauen Württembergs. Sein rednerisches Talent und seine theologischen
und pädagogischen Kenntnissee fanden ihren besten Lobredner in seinen
Predigten, seinen Vorträgen und seinen schriftstellerischen und publizistischen Werken und Aufsätzen, welche auf der Kanzel vernommen
worden, oder durch die Presse in Büchern, Zeitschriften und Broschüren
an das Licht der Öffentlichkeit getreten sind. An der Spitze steht hierin
das von ihm erschienene 'Deutsche Lesbuch für israelitische Schulen in
5 Abteilungen' (Stuttgart 1862), das im Auslande fleißig gebraucht
wird, obgleich unsere israelitische Oberkirchenbehörde, deren meisten
Mitglieder nicht wohl die wahren Freunde eines solchen Strebens sein
können, es nicht offiziell in den württembergischen Schule eingeführt
hat. Mit einem wahren Eliasmute aber ist er als wackerer Kämpe in die
Schranken getreten, um eine Revision des israelitischen Kirchenwesens in
Württemberg zu erstreben, um die jetzt das ganze Land in allen seinen
Parteien einstimmig und sehnlich petitioniert. So hat sich sein Verdienst
über das Weichbild der Gemeinden hinaus durchs ganze Land nicht nur
ausgebreitet und unvergesslich gemacht, sondern auch – gestützt auf 1.
Samuel 12,23 – die Hoffnung erzeigt, dass die politische Grenze, die ihn
nun von uns trennt, keine Scheidewand zwischen uns sein werde in den
religiösen Bestrebungen, die wir bis jetzt gemeinschaftlich unternommen
haben, und bald zum segensreichen Ziele führen werden.
Möge er in Würzburg die Liebe und Achtung finden, die er unter uns
besitzt, seine Aufnahme dort so herzlich sein, wie sein Abschied von hier
und sein Wirken immer allgemeiner und segensreicher sich enthalten! Im
Namen der Freunde im Neckartale, im Taubergrunde und am Donaustrome. S.
Levy in Stuttgart." |
Neujahrsgrüße von Lehrer Moritz Oberndörfer (1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. September 1898:
"Allen
Freunden und Bekannten herzliche Gratulation zum
Jahreswechsel.
Moritz Oberndörfer und Familie,
Creglingen." |
25-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Preßburger
(1902)
Artikel in der Zeitschrift
"Der Israelit"
vom 8. Dezember 1902: "Aus Württemberg, 3. Dezember
(1902). In Creglingen feierte Herr Lehrer Preßburger sein
25-jähriges Amtsjubiläum und durfte sich dabei vieler Beweise der
Anhänglichkeit und Wertschätzung der jüdischen wie christlichen
Einwohner erfreuen. Bei der festlichen Versammlung im Lammsaale wurden
seine Verdienste als Lehrer wie als Bürger in verschiedenen Reden
gewürdigt. Dem Jubilar wurde der Chowertitel
verliehen." |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Preßburger
(1927)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. November 1927: "Creglingen.
Am 31. Oktober werden es 50 Jahre, seitdem Oberlehrer a.D. Josef
Preßburger hier als Religionslehrer und Vorsänger tätig ist. Nachdem er
vom 16. Juli 1877 an als Stellvertreter in Freudental
ein Vierteljahr tätig wesen, siedelte er am 31. Oktober desselben Jahres
als Amtsverweser nach Creglingen über. Seit dem 8. Juni 1883
wirkte er hier als ständiger Lehrer, bis er am 31. März 1924 in den
bleibenden Ruhestand versetzt wurde. Aber auch seither ist der jugendlich
rüstige Mann weiter als Vorsänger und Religionslehrer hier tätig
geblieben. Josef Preßburger hat es in vorbildlicher Weise verstanden,
sich durch sein bescheidenes würdiges Betragen, durch seine stete Hilfsbereitschaft
und Liebenswürdigkeit die ungeteilte Achtung aller Kreise unseres Ortes
zu erwerben. Als Seelsorger der Gemeinde und als ihr Lehrer hat er fast
zwei Generationen großgezogen, die mit aufrichtiger Liebe und Dankbarkeit
an ihrem verehrten Lehrer hängen. Er hat durch seine Amtsführung nicht
wenig zur Achtung seines Berufes und zur Ehre des Judentums beigetragen.
Die Lehrer des Landes haben ihm durch die Wahl zu ihrem Vertreter in der
Landesversammlung ihr besonderes Vertrauen bewiesen. Preßburger hat
dieses Vertrauen im besten Sinne durch eine tatkräftige Wahrnehmung der
Lebensinteressen der Religionslehrer des Landes zu rechtfertigen
verstanden. Es ist überdies wiederholt auch schriftstellerisch in den
jüdischen Zeitungen hervorgetreten. Kurz, er darf als eine der besten und
tüchtigsten Lehrergestalten unseres Landes bezeichnet werden. Der
Israelitische Oberrat hat die bleibenden Verdienste Preßburger um die
Religionsgemeinschaft Württembergs stets dankbar anerkannt und ihm
anlässlich seines Jubiläums unter Überreichung einer Ehrengabe seine
dankbare Anerkennung und Wertschätzung ausgesprochen. Mögen dem
würdigen und wackeren Manne noch viele Jahre ungebrochener Kraft und
ungetrübten Glückes beschieden sein!" |
|
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1927: "Creglingen. Wie
seinerzeit mitgeteilt wurde, hatte sich Oberlehrer Preßburger anlässlich
seiner 50-jährigen Tätigkeit jede öffentliche Ehrung verbeten. Trotzdem
ließ es sich der hiesige Gesangverein nicht nehmen, dem Jubilar ein Ständchen
darzubringen. Der Dirigent des Gesangvereins hielt dem Jubilar eine kurze
Ansprache, worauf Oberlehrer Preßburger in beredten, zu Herzen gehenden
Worten seinen Dank zum Ausdruck brachte." |
70. Geburtstag von Lehrer Josef Preßburger (1928)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Dezember 1928: "Creglingen.
Am 7. Dezember dieses Jahres begeht Oberlehrer Josef Preßburger,
der noch immer im Amte ist, in voller geistiger und körperlicher Frische
seinen siebzigsten Geburtstag, verehrt von seinen Schülern, seiner
Familie und der ganzen Gemeinde. Möge dem Jubilar in Gesundheit ein recht
angenehmer Lebensabend beschieden sein. Ad meoh weeßrim schono (=
alles Gute bis 120 Jahre)" |
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1928:
"Die Stelle eines unständigen Religionslehrers
für die Israelitische Gemeinde Creglingen soll wieder besetzt
werden. Die Stelle wird mit einem Bewerber besetzt, der die deutsche
Reichsangehörigkeit besitzt und die erste Volksschullehrerdienstprüfung
erstanden hat. Die Besoldung wird nach den Grundsätzen für staatliche
Lehrer berechnet und aus der Israelitischen Zentralkasse bezahlt. Wohnung
kann beschafft werden. Bewerber, die bereits sind, die Schechitah
auszuüben, wollen sich unter Darstellung ihres Lebenslaufs und Anschluss
ihrer Zeugnisse bis zum 21. Dezember 1928 melden beim
Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs Stuttgart,
Reinsburgstraße 19,2." |
Abschied von Oberlehrer Preßburger (1929)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juni 1929: "Creglingen.
Oberlehrer Preßburger, der nun in den wohlverdienten Ruhestand tritt,
hielt vor kurzem seine Abschiedsrede im Gotteshaus. In beredten,
rührenden Worten schilderte er sein Wirken in der hiesigen Israelitischen
Gemeinde während nahezu 52 Jahren. Preßburger verließ das Esslinger
Seminar mit 18 Jahren und, nachdem er in den Gemeinden Laupheim
und Freudental als Hilfslehrer
tätig gewesen, wurde ihm die hiesige israelitische Schulstelle als Lehrer
und Kantor zugeteilt. Mit 19 Jahren war es für ihn nicht leicht, den
Anforderungen, die man an ihn stellte, gerecht zu werden. Der Redner sagte
dann auch, dass er stets bemüht gewesen sei, die Harmonie der Gemeinde zu
pflegen. Von allen bei seinem Amtsantritt lebenden verheirateten Männern
und Frauen sind nur noch zwei Witwen am Leben. In den 52 Jahren seines
Wirkens hat er in Freud und Leid den Mitgliedern der Gemeinde seine
Teilnahme jederzeit bewiesen. Es war auch sein Bestreben, seine Schüler
in der langen Zeit seiner Tätigkeit zu tüchtigen Menschen heranzubilden,
die in der Welt ihr Fortkommen finden konnten. Möge es dem Scheidenden
vergönnt sein, in steter Rüstigkeit seinen Lebensabend froh im Kreise
seiner Familie und Gemeinde zu verbringen!
Lehrer Katzenstein aus Frankfurt am Main hat als Nachfolger
Preßburgers sein Amt angetreten." |
Lehrer Harry Katzenstein hat seine zweite
Volksschullehrer-Dienstprüfung bestanden (1932)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. November 1932: "Creglingen. Religionslehrer Harry Katzenstein hat
vor kurzem seine zweite Volksschullehrer-Dienstprüfung beim Evangelischen
Oberschulrat mit Erfolg bestanden". |
Geburtsanzeige des Sohnes von Harry Katzenstein und Flora
geb. Hausdorff (1935)
Anmerkung: Harry Jacob Katzenstein war der letzte Lehrer der jüdischen
Gemeinde. Er ist am 14. August 1897 als Sohn von Sigmund H. Katzenstein und der
Jenny geb. Grebenau in Frankfurt geboren. Am 2. September 1924 heiratete er
Flora Katzenstein geb. Hausdorff, die am 22.November 1896 in Rotterdam geboren
ist als Tochter von Michael S. Hausdurff und der Helene geb. Bondi. Die beiden
hatten drei Kinder: Gertrud (geb. 8. September 1925, siehe ein Bericht von hier
unten), Berta (geb. 24. Juni 1928) und Kurt (geb. Februar 1935), dessen Geburt
unten angezeigt wurde (im Familienbuch und im Geburtsregister Creglingen steht
als Geburttermin 24. Februar 1935, das Datum der Anzeige unten - 17. Februar
1935 - kann nicht stimmen).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Juni 1935:
"Mit
Gottes Hilfe. Die glückliche Geburt eines Sohnes zeigen
an
Harry Katzenstein und Frau Flora geb. Hausdorff.
Creglingen (Württemberg). 17. Februar 1935. 14. Adar Rischon." |
Zum 75. Geburtstag von Oberlehrer a.D. Josef Preßburger
(1933)
Anmerkung: Josef Preßburger (geb. 1858 in Rexingen,
gest. 1938 in Creglingen) war von 1877 bis 1924 jüdischer Lehrer und Vorbeter
in Creglingen, zeitweise Vorsitzender im Verein israelitischer Lehrer
Württembergs; spielte auch eine bedeutende Rolle im Verband der israelitischen
Lehrer Deutschlands. Von 1924 bis 1930 gehörte Preßburger als Vertreter der
Lehrer der Israelitischen Landesversammlung an. Preßburger trug wesentlich dazu
bei, dass sich in der kleinen Gemeinde Creglingen ein tiefreligiöser Geist bis
in die NS-Zeit erhielt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. November 1933: "Creglingen,
21. November (1933). Am 7. Dezember dieses Jahres begeht Herr Oberlehrer
a.D. Josef Preßburger, Creglingen (Württemberg) seinen 75. Geburtstag.
Herr Oberlehrer Preßburger kann auf eine lange arbeits- und segensreiche
Tätigkeit zurückblicken. Er wirkte als Elementar- und Religionslehrer
über 50 Jahre (von 1877 bis 1929) ununterbrochen in vorbildlicher Treue
und Anhänglichkeit an der hiesigen israelitischen Gemeinde. Ganze
Generationen blicken zu ihm in Dankbarkeit und Verehrung als ihrem Lehrer
und Erzieher auf. Fast sämtlichen württembergischen jüdischen
Wohlfahrtseinrichtungen stellte er während seiner hiesigen Wirksamkeit an
führender Stelle seine unermüdliche Arbeitskraft zur Verfügung. Mit
besonderer Liebe wandte sich seine Schaffenskraft der hiesigen Gemeinde
zu, war er doch jahrzehntelang Vorsitzender des israelitischen
Vorsteheramtes und in der Chewroh Kadischoh stets an erster Stelle und
beispielgebend tätig. Möge es dem allseits beliebten Jubilar vergönnt
sein, sich im Kreise seiner Familie noch vieler ungetrübter Jahre der
Frische und Gesundheit zu erfreuen. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
|
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Dezember 1933:
Derselbe Artikel wie in der Zeitschrift "Der Israelit" (siehe
oben) |
Goldene Hochzeit von Oberlehrer i.R. Josef Preßburger
und Caroline geb. Oberndörfer (1935)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. November 1935: "Creglingen.
Am 1. November begingen Oberlehrer i.R. Preßburger und seine
Gattin Caroline geb. Oberndörfer in voller Rüstigkeit das Fest
der Goldenen Hochzeit im Kreise ihrer Kinder in Berlin. Möge dem
Jubelpaar, das sich zeitlebens in verdienstvoller Weise auf dem Gebiete
der Wohlfahrt betätigt hat, noch ein langer sonniger Lebensabend
beschieden sein!" |
Zum Tod von Oberlehrer i.R. Josef Preßburger
(1938)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1938: "Creglingen
(Württemberg), 10. April (1938). Am 3. Nissan verschied hier nach kurzem
Krankenlager Oberlehrer i.R. Josef Preßburger, der mehr als fünf
Jahrzehnte hier als Volksschullehrer, Religionslehrer und Kantor wirkte
und auch seinen Ruhestand hier im Kreise der ihm lieb gewordenen Gemeinde
Creglingen verbrachte, die zu ihm als dem Erzieher von Generationen von
Schülern und stets hilfsbereiten Berat aufblickte. Als 19-jähriger, aus Rexingen
stammend, kam er im Jahre 1877 nach hier und entwickelte sich hier im
Laufe der Jahrzehnte zu einer jüdischen Persönlichkeit, deren Rat und
Stimme in allen Gremien der Gemeinde und der württembergischen Judenheit
geschätzt und geachtet wurde. So gehörte er lange Jahre dem
Israelitischen Vorsteheramt Creglingen, dem württembergischen und
allgemeinen israelitischen Lehrerverein als Vorstandsmitglied, und als
Mitglied der württembergischen israelitischen Landesversammlung an. Ein
vortrefflicher Jehudi, der seiner Gemeinde und dem württembergischen
Judentum ihr Gepräge gab, geht mit ihm dahin.
Die Bestattung fand am 5. Nissan auf dem altehrwürdigen Friedhof der
Israelitischen Gemeinde Creglingen statt. Es sprachen würdigende Worte
des Abschieds Lehrer H. Katzenstein, Creglingen, Herr Bezirksrabbiner Dr.
M. Kahn, Mergentheim, Herr Emil
Lißberger, Creglingen, im Namen des Israelitischen Vorsteheramtes,
Creglingen, Herr Anstaltsdirektor Theodor Rothschild, Esslingen,
im Namen des Israelitischen Lehrervereins und des Israelitischen Oberrats,
Stuttgart, sowie Herr Oberlehrer Adler, Cannstatt,
im Namen der württembergischen israelitischen Landesversammlung, und Herr
Karl Gutmann, Creglingen, im Namen der ehemaligen Schüler des
Verstorbenen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Gründung einer Ortsgruppe des "Central-Vereins" (1927)
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 11. Februar 1927: "Am 29. Januar
wurde in Creglingen (Württemberg) eine neue Ortsgruppe des Centralvereins
gegründet. Ministerialrat Dr. Hirsch (Stuttgart) sprach in einer gut
besuchten Versammlung über 'Den Verstand des Judentums'. Sämtliche
anwesenden Familien meldeten sich als Mitglieder. Die allgemeine
Begeisterung war so groß, dass ein jugendlicher Zuhörer, der an diesem
Tage seine Barmizwoh feierte, dem Centralverein eine Spende von seinen
Geschenken machte." |
Mitgliederversammlung des Frauen-Vereins (1929)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1929: "Creglingen. Dass
man auch in mittleren Gemeinden es versteht, Chanukkafeste zu
veranstalten, konnte man am Samstag, 15. Dezember, anlässlich der
Mitgliederversammlung des hiesigen Frauen-Vereins bemerken. Nachdem
von den nahezu vollständig erschienenen Mitgliedern die Verdienste der
verstorbenen Vorsitzenden des Württembergisch-Hohenzollerischen
Frauenbundes, Frau Henle, gewürdigt worden waren, wurde dem Oberlehrer
Preßburger, der am 7. Dezember 1928 das 70. Lebensjahr vollendete, in
Anerkennung der für den Verein geleisteten Dienste eine Ehrengabe
überreicht. Der Kassenbericht zeigte kein ungünstiges Bild. Durch die
Inflation war das Vermögen des Vereins vollständig verloren. Nunmehr
beginnen sich die Vermögensverhältnisse zu bessern. Einstimmig wurde
beschlossen, alljährlich dem Waisenhaus
in Esslingen, dem Asyl in Sontheim,
dem Schwesternheim in Stuttgart und dem Ehevermittlungsverein in Frankfurt
am Main einen Beitrag zuzuführen. eine eingehende Aussprache veranlasste
die Bekanntgabe des vom Frauenbund vorgelegten Protokolls und Programms.
Während nahezu allen Punkten zugestimmt werden konnte, machten sich
Bedenken gegen eine Verbindung mit irgend einer Versicherungsgesellschaft
geltend. Bei bester Bewirtung und angeregter Unterhaltung endete die
Versammlung nach
Mitternacht." |
Mitgliederversammlung des Jüdischen Frauenvereins
(1930)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1930: "Creglingen. Am 7. September
hielt der 'Jüdische Frauenverein' seine diesjährige
Mitgliederversammlung ab. Oberlehrer Preßburger begrüßte die
Anwesenden und wies auf die Bedeutung der Frau im jüdischen Leben hin, wobei
er besonders betonte, dass auch die moderne Frauenbewegung nicht an der
jüdischen Frau vorübergegangen sei, was auch in der Zuerteilung des aktiven
beziehungsweise passiven Wahlrechtes an die jüdischen Frauen in der
Verfassung der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs zum
Ausdruck komme. Gleichzeitig rief er der von unserer Gemeinde scheidenden
Familie Benjamin Oberndörfer herzliche Abschiedsworte zu. Benjamin
Oberndörfer, der lange Jahre als Mitglied des Vorsteheramts sich dem Dienste
der Gemeinde widmete, insbesondere das Amt eines Baal Tefilloh
(ehrenamtlicher Vorbeter) und Bar Taukeah (Schofarbläser) an den
hohen Feiertagen mit großer Gewissenhaftigkeit versehen hat, wurde als
äußeres Zeichen der Anerkennung eine silberne Schale von der hiesigen
Gemeinde überreicht; auch die Frauenvereinigung überreichte ein Geschenk.
Mehrere Freunde und Kollegen vom Vorsteheramt richteten sodann
Abschiedsworte an die Scheidenden." |
Neuwahlen für den Gemeindevorstand nach Wegzug der
Familie Benjamin Oberdörfer (1930)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. Januar 1930: "Creglingen.
Durch den Wegzug der Familie Benjamin Oberdörfer musste für den
entscheidenden Gemeindevorsteher und ebenso für den Vorstand der
Synagogengemeinde Oberlehrer Preßburger, dessen Wahlperiode
abgelaufen war, eine neue Wahl stattfinden. Oberlehrer Preßburger
wurde einstimmig wiedergewählt und Siegfried Güthermann zum
Kirchenvorsteher bestimmt." |
Vortrag von Frau Bergmann aus Laupheim im Jüdischen
Frauenverein (1931)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Februar 1931: "Creglingen. Am 18.
Januar hatte der hiesige jüdische Frauenverein die Freude, als Rednerin Frau
Bergmann aus Laupheim in seiner
Mitte begrüßen zu können. Unter Hinweis auf die Erfolge, welche der Bund in
seiner langjährigen Tätigkeit aufzuweisen hat, erläuterte die Rednerin die
Bestrebungen des Jüdischen Frauenbundes. Der Bund, der in religiöser
und politischer Hinsicht vollständig neutral sei, und der infolgedessen
orthodoxe und liberale Frauen und Vereine zu seinen Mitgliedern zähle,
vertrete nur allgemeine jüdische Interessen. Die Rednerin erörterte
Erziehungs-, Bildungs- und Berufsfragen. Besonders ausführlich wurde die
Frage der Berufsausbildung der jungen Mädchen behandelt und darauf
hingewiesen, dass die Aufgaben, die das junge Mädchen heutzutage zu erfüllen
habe, ganz anderer Art seien als in früheren Jahren. Der früher vorhandene
unbedingte Autoritätsglaube sei fast ganz geschwunden. Die heutige Jugend
sei ganz anders eingestellt wie vor dem Kriege. Daraus ergebe sich aber auch
für die Eltern die Pflicht, sich in den Ideenkreis der Jugend einzufühlen.
Auch die überaus segensreiche Tätigkeit des Bundes auf dem Gebiet der
Erholungsfürsorge wurde eingehend besprochen.
Mit gewohnter Aufmerksamkeit folgten die zahlreichen Zuhörerinnen den
Ausführungen der gewandten Rednerin, an die sich eine rege Aussprache
anschloss. Mögen sich derartige Veranstaltungen recht oft wiederholen: denn
sie wecken und vertiefen auch in mittleren und kleineren Vereinen das
Verständnis für die Bestrebungen des jüdischen Frauenbundes und in seinen
Mitgliedern das Gefühl, dass auch sie in Sorgen und Nöten nicht allein
stehen." |
Purimabend in der Gemeinde (1931)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. März 1931: "Creglingen. Man
schreibt uns: ein Fest, wie ein solches in den Gemeinden nicht schöner
veranstaltet und durchgeführt hätte werden können, erlebte die hiesige
israelitische Gemeinde am Purimabend. Zeigte doch der Abend, welch
gute künstlerische Kräfte in unserer Gemeinde vorhanden sind. Eröffnet wurde
der Abend durch einen Reigen, ausgeführt von acht Schulkindern. Jedes Kind
trug ein auf die Purimgeschichte bezugnehmendes Gedicht vor. Am Klavier
zeichneten sich Else Gutmann, Ruth Güthermann, Margot Rosenfeld und
Heinz Landauer aus. Mit theatralischen Vorführungen erfreuten Herr und
Frau Landauer sowie Herr und Fräulein Grünfeld. Lehrer
Katzenstein brachte Violinstücke zu schönem Vortrag." |
Gemeindeversammlung anlässlich des Besuches von
Bezirksrabbiner Dr. Kahn (1931)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. März 1931: "Creglingen. Aus
Anlass der Anwesenheit des Bezirksrabbiners Dr. Kahn fand am Samstag, den 7.
März im "Hotel zum Lamm" eine gut besuchte Gemeindeversammlung statt,
in der Rabbiner Dr. Kahn über die geplante Kalenderreform, über deren Wesen,
deren etwaige Folgen für das religiöse Leben und über die verschiedenen
Pläne zur Abwendung der hieraus drohenden Gefahren Bericht erstattete. Die
zahlreichen Zuhörer waren für die Ausführungen überaus dankbar, denn diese
zeigten zurecht die Gefahren, die durch eine Reform des seither üblichen
Kalenders für die Feier der Sabbate und Feiertage entstehen würden.
Eingehend wurden auch die Änderungen des Kalenders, mit denen die Judenheit
sich einverstanden erklären kann und die dem Völkerbund vorgelegt werden
sollen, behandelt." |
Gemeindeversammlung mit einem Referat von Lehrer
Katzenstein über "Moses, unser Lehrer" (1932)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1932: "Creglingen. Am 26. November fand hier eine gut besuchte
Gemeindeversammlung statt, in der Lehrer Katzenstein ein Referat über
'Moses, unser Lehrer' hielt. Moses, so führte der Redner aus, sei
keineswegs ein Religionsstifter im gewöhnlichen Sinn dieses Wortes; er sei
vielmehr nur der Verkünder des ihm von Gott übermittelten Gesetzes. Moses
habe sich nie als Stifter einer Religion, sah immer nur als Übermittler des
göttlichen Wortes gefühlt. Immer heiße es: Wajaumer Elauhim el Mausche
('Und Gott sprach zu Mose'). Der Mann Mose habe alle Vorzüge, aber auch alle
Fehler gehabt, die in der Natur des Menschen begründet sind.
Eine rege Aussprache fand im Anschluss an den Vortrag statt." |
Lehrer Katzenstein bietet neuhebräische
Sprachkurse an - Vorträge in der Synagoge - Arbeitsgemeinschaft für jüdische
Tagesfragen (1934)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. April 1934: "Creglingen. Auch in
unserer Gemeinde ist das Interesse für jüdische Dinge wieder erneut erwacht.
Es sind seit vergangenem Sommer zwei neue hebräische Sprachkurse, die von
Lehrer Katzenstein geleitet werden, ins Leben gerufen worden. Ferner
sind im Laufe des Winters Samstagnachmittag in der Synagoge Vorträge über
ausgewählte Kapitel aus dem Prophetenbuche Ezechiel von Lehrer Katzenstein
gehalten worden, die reges Interesse bei den Gemeinde Mitgliedern fanden.
Außerdem werden in einer Arbeitsgemeinschaft wöchentlich zweimal jüdische
Tagesfragen, wobei Palästina im Vordergrund steht, besprochen." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über die Geschichte der ursprünglich
christlich-sizilianischen, dann zum Judentum konvertierten Familie Blumenfeld in Creglingen
(1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. März 1928: "Die
Geschichte von zwei Städten. Mitgeteilt von Oberlehrer L. Preßburger
in Creglingen.
In dem bildschönen Taubertal lebten vor 70 Jahren 6 Familien namens
Blumenfeld in der kleinen Stadt Creglingen und zur Zeit, da dieses
geschrieben wird, sind eine Witwe mit einem unverheirateten Sohn die
Einzigen, die diesen Namen noch tragen.
An der Ecke der Hauptstraße und der Neuen Straße steht ein gut gebautes
Haus für zwei Familien, welches vor 120 Jahren von dem Großvater dieses
Schreibers, einem gewissen Raphael Blumenfeld, gebaut wurde, und dann
wurde es bewohnt von seinen beiden Söhnen Lazarus und Jacob Blumenfeld
und deren Familien. Mit Jakob Blumenfeld lebte der alte Großvater,
welcher schon viele Jahre ein Witwe war. Raphael war ein besonders
bemerkenswerter Mann, er war gut gebaut mit einem wohlwollenden Gesicht
und sehr feinen Zügen, streng orthodox in seinen religiösen
Anschauungen. In seinem Zimmer hatte er eine ziemlich große Bibliothek,
wo er viele Stunden mit Studieren verbrachte. An Sabbat und Feiertagen
nach dem Gottesdienst, als seine Freunde und Verwandten spazieren gingen,
um die Schönheiten der Natur zu bewundern, oder sich in anderer Weise
vergnügten, saß er immer in seinem Zimmer über große Buchbände
gebückt und las bis zur Dunkelheit: Auf diese Weise lebte er fast bis zu
seinem Ende, welches in seinem 87. Jahre kam, ohne dass er ein besonders
Leiden gehabt hatte. Eines Abends, im Jahre 1851, blieben drei seiner
Söhne die ganze Nacht bei ihm bis zum Morgen, als er starb. Er
hinterließ ein gutes Andenken.
Ein paar Tage nach der Beerdigung sagte Vetter Hermann Blumenfeld zu dem Schreiber
dieses: 'Lass uns einmal Großvaters Bibliothek durchsehen, welche er sein
ganzes Leben durch immer gut verschlossen hielt, aber jetzt ist der Schlüssel
im Schloss und niemand kümmert sich darum, was aus der Bibliothek wird;
denn wir sind |
nicht
so studienhaft angelegt.' Also untersuchten wir sie und nahmen ein Buch
nach dem andern aus den Regalen. In einem der schweren mit Leder
gebundenen Bände entdeckten wir ein flaches Paket, welches aus 10 Bogen
bestand, mit starkem Leinfaden zusammengenäht, mit sehr kleinen
Buchstaben beschrieben war, gut leserlich, obgleich ziemlich verblasst.
Wir erinnerten uns, dass der Verstorbene manchmal geheime Andeutungen gab
betreffs der Vorfahren der Blumenfelds, ohne irgend welche spezielle
Bemerkungen zu machen. Dieses alte Dokument, welches 1690 datiert war, hat
das Geheimnis geöffnet. Eine gedrängte Übersicht folgt hiermit:
Es lebte im 17. Jahrhundert zwischen 1620 und 1630 ein gewisser Ravaelo
Floricampo in Italien in der Provinz Sizilien an den Abhängen des Berges
Ätna, wo er große Weingärten besaß und viele Äcker, welche mit
Olivenbäumen bepflanzt waren. Sein Haus war ein großes solides
Steingebäude, nur einen Stock hoch wegen der in diesem Teil Italiens so
oft vorkommenden Erdbeben. Das größte Zimmer im Hause gebrauchte er für
eine Restauration. Hier kamen Gäste von nah und fern wegen seiner
vorzüglichen Weine sowie einer Portion Makkaroni, welche seine Frau
Bianka besonders gut zu bereiten verstand; während seine hübsche Tochter
Florina mithalf, die Gäste zu bedienen, und ihr Bruder, Ravaele junior,
half seinem Vater die Weinberge zu bebauen und die Weine im Keller zu behandeln.
Ravaelo Floricampo war erfolgreich und glücklich. Eines Tage kam unter
anderen Gästen ein vornehm aussehender junger Herr, um sich zu
erfrischen. Bianca war gerade daran, ihn zu bedienen, als ihre Tochter
Florina sagte: 'O Mutter, lass mich es für Dich tun.' Als ihm der
perlende Wein und die schmackhaften Makkaroni von dem lieblichen Mädchen
vorgesetzt wurden, machte deren Schönheit sofort einen tiefen Eindruck
auf ihn, und er fragte nach ihrem Namen, welchen sie ihm errötend angab.
'Mein Name', sagte er dann, ist Gustav Stürmer, von weit her in
Deutschland, geboren in Creglingen, einem Städtchen, wo meine verwitwete
Mutter und meine Schwester Agnes noch wohnen. Ich reise soeben in eurem
herrlichen Land, wo ich Kunstwerke, besonders Gemälde, studieren will;
denn ich selbst bin Maler. Darf ich wiederkommen, Sie zu sehen?' 'O,
nichts würde mir angenehmer sein', antwortete sie, und auf diese Weise
kam er oft hin und wurde als ein sehr intimer Freund der Familie
betrachtet. Aber dieser glückliche Zustand sollte nicht lange anhalten.
Eines Tages brach nach mehreren leichten Erderschütterungen, welche sie
nicht ängstigten, der Berg Ätna, nach vielen Jahren Ruhe, mit
schrecklicher Wucht aus, warf die feurige Asche auf viele Meilen aus,
bedeckte die ganze Umgegend mit einem knietiefen Mantel, zerstörte alles
Wachstum und nach einer weiteren schrecklichen Explosion floss glühende
Lava aus dem Krater die Berge hinunter und setzte Ravaelos Haus in Feuer
und zerstörte die Weingärten und Olivenbäume. Glücklicherweise sind
alle zur Zeit mit dem lebend davongekommen und es ist Vater Ravaelo
gelungen, seine Ersparnisse, welche aus einer großen Summe Goldmünzen
bestand, in Sicherheit zu bringen. Während all dieser Begebenheiten war
Stürmer eine große Hilfe für die Familie und unter eigener Lebensgefahr
trug er Florina, welche in Ohnmacht fiel, hinweg von dem Wege und der
rasch sich nähernden Lavaflut.
Nachdem sich alle von den Schrecknissen dieser Tage etwas erholt hatten,
reisten sie mit ihrem Freund Stürmer in die Stadt Messina in derselben
Provinz. In einem Gasthaus dort fanden sie zeitweilig Quartier und ein
Familienrat wurde gehalten, in welchem entschieden wurde, mit Stürmer
nach seinem Heimatort zu reisen, um Creglingen zur zukünftigen Heimat zu
machen. Also schifften sie sich auf dem großen, starken, dreimastigen
Segelschiff 'The Harlem', Kapitän van Horn, nach Amsterdam in Holland
ein, wo sie ankamen, nachdem sie eine Woche auf dem Ozean verbracht
hatten. Dann ging es den Rhein und teilweise den Main aufwärts durch die
schönsten Landschaften, vorüber an berühmten Städten, Schlossern und
Kirchen, und alle waren sehr zufrieden mit dem Lande, welches von nun an
ihre Heimat werden sollte, welches von nun an ihre Heimat werden sollte.
Freund Stürmer half ihnen, Unterkommen zu finden und stand ihnen in jeder
Weise zur Seite.
In jener Zeit führten die Brüder David und Salomon Amson eine bedeutende
Weingroßhandlung mit Kunden in den Niederlanden, Norddeutschland und Skandinavien
und suchten einen erfahrenen Leiter für ihre enorm großen Kellereien.
Auf die Empfehlung von Stürmer nahmen sie Ravaelo für diesen Posten und
Ravaelo junior als Gehilfskellermeister, in welcher Stellung sie sich die
vollste Zufriedenheit ihres Prinzipals erwarben.
Mit dem Geld, das Ravaelo von Italien mitbrachte, baute er sich ein sehr
gutes, solides Wohnhaus in dem Lendleinteil des Ortes, wo die Familie
wieder in Frieden und Glückseligkeit lebte, bis Biancas Gesundheit sehr
rasch abnahm, weil sie das Klima noch nicht gewöhnt war. Sie fühlte ihr
Ende nahen und äußerte den Wunsch, ihre Tochter Florina mit Stürmer
verheiratet zu sehen. Die Hochzeit wurde dann auch gehalten und sehr bald
darauf schloss die Mutter ihre Augen für immer.
Als der Vater für ein Begräbnis in dem christlichen Kirchhof nachsuchte,
wurde es ihm abgeschlagen, mit dem Vorwande, dass die Verblichene nicht
von demselben christlichen Glauben war, als die Leute hier zu Lande.
Jedoch das Direktorium des jüdischen Friedhofes bot ihm einen
Begräbnisplatz an und Bianca wurde dort zur Ruhe
bestattet. |
Der Witwer war sehr aufgebracht über die grausame Tat seiner christlichen
Brüder und dachte lange darüber nach, bis er beschloss zur jüdischen
Religion überzutreten, und er und seine Söhne traten der jüdischen
Gemeinde bei und seitdem blieben ihre Nachkommen bis zum heutigen Tag
diesem Glauben treu. Es war in allen Familien dieser Blumenfelds
gebräuchlich, einen der Söhne 'Raphael' zu nennen, in ehrendem Andenken
an den Gründer dieser Familie, aber Großvater Raphael, welcher im Anfang
dieser kleinen Geschichte genannt wurde, war der letzte, der diesen Namen
trug. Seitdem sind an ihre Stellen Namen getreten mit dem
Anfangsbuchstaben R, z.B. Rudolf, Raymond, Ralph, Robert
usw.
In der Neuzeit ist unser liebes kleines Heimatstädtchen 'Creglingen' von
den meisten der jüngeren Blumenfelds verlassen worden, um in
verschiedenen Teilen der Welt zu sein, wo sie überall gute Bürger wurden
und sich auszeichneten als Kaufleute, Journalisten, Erfinder
usw.
Stürmer, der Maler, war sehr erfolgreich und seine Gemälde fanden liberale
und reiche Abnehmer. Sein Ruhm verbreitete sich sehr schnell und er würde
an den Hof des Regierungen Herzogs Eberhard von Württemberg gerufen und
mit dem Titel 'Hofmaler' beehrt. Er zog deshalb mit seiner Familie nach
Ludwigsburg, wo die herzogliche Residenz war, und von dort aus besuchten
seine geliebte Florina und eine Anzahl kleiner Stürmer das alte liebe
Vaterstädtchen recht oft. Ein paar seiner Gemälde können immer noch in
der Stuttgarter Gemälde-Galerie gesehen
werden." |
|
Hinweis auf David Blumenfeld (geb.
1828 in Creglingen, gest. 1905 in Watertown, USA): Journalist und
Verleger, begründete und verlegte nach seiner Auswanderung 1850 den "Watertown Weltburger", eine der bedeutendsten deutschsprachigen
Zeitungen Amerikas. Das Elternhaus von Blumenfeld stand Ecke Hauptstraße
/ Neue Straße. |
Zum Tod von Lazarus Oberndörfer, Onkel von Lehrer Oberndörfer in Archshofen
(1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1891: "Creglingen.
Einen tief schmerzlichen Verlust hat die hiesige jüdische Gemeinde durch den
Tod des Herrn Lazarus Oberndörfer erlitten. (Hebräisch und deutsch:) 'Gefallen ist die Krone unseres Hauptes', so ruft jammernd seine
Familie, so stimmt wehklagend seine Gemeinde mit ein. Von religiösen
Eltern abstammend, bewahrte der Dahingeschiedene die religiösen
Traditionen seines väterlichen Hauses im privaten und öffentlichen
Leben. Wenn auch nicht selbst ein Studierter, suchte er das
Torastudium durch pekuniäre Unterstützung entsprechender Anstalten etc.
zu fördern. Er war ein fleißiger Besucher des Gotteshauses, in welchem
er andächtig sein Gebet verrichtete. Ohne Lehrvortrag übte
er Wohltätigkeit. Arme und Kranke, Witwen und Waisen - sie alle
rühmten an ihm das warmfühlende Herz. 30 Jahre war er Mitglied des
Vorsteheramts, und was er in dieser Zeit geleistet, wird ewig
unvergesslich bleiben. Seinem rastlosen Eifer haben es die Gemeinden
Creglingen - Archshofen zu
verdanken, dass der gemeinsame Friedhof umzäunt wurde. 9.000 -
10.000 Mark waren hierzu nötig, welche größtenteils im Wege der
Sammlung vom Verstorbenen aufgebracht wurden. Viele Jahre war der
Dahingeschiedene auch ehrenamtlicher Vorbeter an den ehrfurchtgebietenden
Tagen, und Vorstand einer Chewra (Wohltätigkeitsverein). An
seinem Leichenbegängnisse beteiligten sich die sämtlichen Mitglieder der
hiesigen und viele aus auswärtigen Gemeinden, sowie eine große Anzahl
christlicher Mitbürger. Herr Lehrer Preßburger schilderte in
durchdachter, formvollendeter Rede den Verblichenen als Familienvater,
Bürger und Mensch, die Verdienste desselben entsprechend
würdigend.
Der Neffe des Verstorbenen, Herr Lehrer Oberdörfer in Archshofen,
sprach hiernach den Dank der Familie aus. Der Dahingeschiedene hat sich
durch sein gemeinnütziges Leben und Streben die Krone des besten Namens
erworben." |
Zum Tod von Jeanette Oberndörfer, Mutter von Lehrer Oberndörfer (1907)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Januar 1908: "Hardheim,
29. Dezember (1907). Am 12. Tebeth (= 17. Dezember 1907) ist nach langem,
schwerem, aber mit großer Ergebung getragenem Leiden Frau Jeanette
Oberndörfer in Creglingen zur ewigen Ruhe eingegangen. Die
Verschiedene gehörte zu jenen hehren Frauengestalten, jenen frommen
Frauen, deren Verdienste unsere Weisen als bestimmend für das Schicksal
unseres Volkes erkannt haben. Das fühlte ein jeder bei der Kunde von dem
Tod dieser Frau, dass durch ihren Verlust eine große Lücke in unsere
Reihen gerissen worden sei. Sie alle, die gekommen waren von nah und fern,
um ihr die letzte Ehre zu geben, nahmen teil an dem Schmerz der Kinder,
dem Herr Lehrer Oberndörfer, der Sohn der Verstorbenen, im
Trauerhause Worte lieh. Auf dem Friedhof gab Herr Lehrer
Preßburger ein treffend gezeichnetes Bild von dem musterhaften Leben,
das Jeanette Oberdörfer nun vollendet hatte. Er sprach von ihrer tiefen
Frömmigkeit, ihrer Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit, schilderte ihr
Wirken im Hause, in dem sie 44 Jahre mit ihrem Gatten in glücklicher Ehe
gelebt und eine Pflanzstätte echt jüdischen Lebens geschaffen, legte
dar, wie sie in der Gemeinde ein glänzendes Beispiel gegeben und zur
Nacheiferung angeregt, wie sie die Armen und Bedrückten gestützt und
ihren Nächsten in Freud und Leid eine ratende und helfende Gefährtin
gewesen. Ihr Schwiegersohn, Herr Ludwig Kohn aus Nürnberg, ergriff
sodann das Wort zu einem ergreifenden Nachruf, in dem er dieses Charakterbild
von der Entschlafenen ergänzte und sie als die wackere Frau
rühmte, deren Lob ihr eigenes Wirken verkündet. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Fanny Oberndörfer wird im Turnverein für
hervorragende Leistungen ausgezeichnet (1924)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. August 1924: "Schrozberg.
Aus Anlass des am 20. Juli dieses Jahres in Schrozberg stattgefundenen
60-jährigen Vereinsjubiläums des Turnvereins erhielt Fräulein Fanny
Oberndörfer aus Creglingen für hervorragende Leistungen einen Preis mit dem
Ehrenlaubkranz." |
Emil Lißberger wurde wieder in den (bürgerlichen)
Gemeinderat gewählt (1929)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1929: "Creglingen.
Am 16. Dezember (1928) wurde Emil Lißberger wieder in den hiesigen
Gemeinderat gewählt." |
80. Geburtstag von Isak Gutmann (1932)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1932: "Creglingen. Am 6. Dezember vollendete Isaak Gutmann
das 80. Lebensjahr. Auf ein Leben voller Arbeit und Mühen, aber auch
freudigen Erlebnissen und kann der sehr rüstige Jubilar zurückblicken.
Der Jubeltag gestaltete sich für den 80-jährigen zu einem wahren Ehrentage.
Neben der Israelitischen Gemeinde haben die vielen Freunde Gutmanns den
Jubilar durch Geschenke und Aufmerksamkeiten erfreut. Von nah und fern
liefen Glückwunschschreiben ein. Der 'Viehhändlerverein', dessen Mitglied
Gutmann schon seit vielen Jahren ist, gratulierte in seinem Vereinsorgan.
Besondere Freude rief das Glückwunschschreiben des israelitischen Oberrates
hervor.
Möge dem Jubilar noch ein langer und gesegneter Lebensabend beschieden
sein!" |
90. Geburtstag von Jette Sinsheimer (1933)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1933: "Creglingen. Am 10.
Juli vollendet Frau Jette Sinsheimer in ungetrübter geistiger Frische
das 90. Lebensjahr. Auf ein bewegtes, arbeitsreiches Leben kann die
Jubilarin, deren Erinnerungsvermögen noch ungetrübt ist, zurückblicken.
Reiche Geistesgaben, unbegrenzte Friedensliebe und Herzensgüte sind heute
noch Eigenschaften, durch welche die jetzt Neunzigjährige sich die Zuneigung
und Verehrung sämtlicher Gemeindemitglieder und darüber hinaus weiterer
Kreise erworben hat. Von 1907 bis 1923 war Frau Sinsheimer Vorsteherin des
hiesigen Israelitischen Frauenvereins, den sie mit viel Geschick und Umsicht
leitete. Bei ihrem Rücktritt von diesem Vorstandsposten kam die Verehrung,
deren sich die Jubilarin erfreute, in der Errichtung einer 'Jette
Sinsheimer-Stiftung', die noch heute im hiesigen Frauenverein verwaltet
wird, zum Ausdruck. Leider ist die nun ins Patriarchenalter Tretende seit
zwei Jahren nahezu erblindet; aber mit frommem Sinn und heiterem Gemüt trägt
sie dieses Schicksal. Möge auch weiter Gottes Segen auf ihr ruhen!" |
Bericht von Gertrud Katzenstein aus Creglingen über das Simchas-Tora-Fest
in der Kinderheilstätte Bad Kreuznach (1937)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1937: "Simchas-Tauroh
im Kinderheim in Bad Kreuznach. Simchas Tauroh war ich im Jüdischen Kinderheim in Bad Kreuznach. Dort war
es sehr schön. Am Simchas Taurohabend haben wir zuerst gegessen, und dann
sind wir in die Synagoge zum Gottesdienst gegangen. Danach haben wir uns
umgezogen und sind dann in den großen Spielsaal gegangen. Dort bekam
jedes Kind ein Fähnchen, und dann zogen wir durchs ganze Heim. Dabei
sangen wir viele jüdische Lieder, natürlich auch von Simchas Tauroh. Als
der Umzug fertig war, gingen wir wieder in den großen Spielsaal. Dort
standen die Stühle im kreis herum, da setzten wir uns hin. Tante Else
suchte dann Tanzpaare heraus, und dann tanzten wir lustig herum. Wir
Größeren tanzten natürlich auch Horrah solange, bis wir nicht mehr
konnten. Nach dem Tanzen trugen einige Kinder Gedichte vor oder sangen
Lieder. Zur Belohnung dafür bekamen sie Süßigkeiten. Als das fertig
war, gingen die Kleinen hinaus auf den Flur. Dort waren Tischchen und
Stühlchen aufgestellt. Dort aßen sie Kuchen und tranken Tee. Dann gingen
sie ins Bett.
Währenddessen kam ein Pilot mit einem Flugzeug (er stand auf einer
Leiter) und einer Landkarte zu uns. Er sang uns vor, wo er schon überall
gewesen war, und nach jeder Strophe sangen wir alle den Refrain mit: 'Wir
sind die lustigen Piloten'
usw. Das war sehr schön. Zum Schlusse bekamen wir auch Kuchen und Tee und
mussten dann ins Bett.
Am Simchas Taurohmorgen war es in der Synagoge sehr schön. Das
Herumziehen mit der Sefer Tauroh (Torarolle) war sehr spaßig. Die Mädels
durften auch mit herumziehen. Während des Umzuges wurden Nüsse, Bonbons
und Schokoladezigaretten verteilt. Alle Jungens, auch die, die noch nicht
Barmizwoh waren, wurden aufgerufen, immer zehn zusammen. Beim Mittagessen
war es sehr gemütlich. Bei jedem Kind lag ein Geschenk auf dem Teller,
bei mir ein schönes Buch. Das war der schönste Simchas Tauroh, den ich
bis jetzt erlebt habe. Das werde ich nicht so schnell vergessen. Gertrud
Katzenstein (12 Jahre), Creglingen (Württemberg)." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Bettina Grünfeld und Moritz
Lissberger (1927 / 1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1927:
"Baruch
HaSchem (Gott sei gepriesen)
Bettina Grünfeld - Moritz Lissberger
Verlobte
Tauberrettersheim (Bayern) - Creglingen (Württemberg)
Schabbat Chanukka - 24. Dezember 1927." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1928: Gott
sei gepriesen.
Emil Lissberger und Frau - Lina Grünfeld geb. Fromm
beehrten sich die Vermählung ihrer Kinder Moritz und Bettina
anzuzeigen.
Tauberrettersheim (Bayern) -
Creglingen (Württemberg).
Trauung: Dienstag, den 28. August / 12. Elul 5688. Hotel Miltenberg, Bad
Mergentheim." |
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge
1618 konnte Jud Simson zu Reinßbronn ein Haus in der Badgasse 3
erwerben. Möglicherweise hat er bereits wenig später in diesem Haus auch einen
Betsaal eingerichtet. Auf jeden Fall war im 17. Jahrhundert ein solcher in
Creglingen vorhanden. Noch während des Dreißigjährigen Krieges wurden
zwei junge jüdische Männer in der Creglinger Synagoge ermordet. 1659
wird von einem Streit zwischen dem jüdischen Schulmeister von Creglingen mit
seinem Kollegen von Aub
(Landkreis Würzburg) berichtet: "Beide Juden Schulmeister von Aub undt
hier, haben ein groß geschrey uf der gaßen gehabt und sich mitteinander
gezanckt, sindt umb 10 Taler abgestrafft worden".
Das Gebäude in der Badgasse blieb mehrere Generationen in Familienbesitz. Von
1704 an gehörte es Simsons Urenkel Lazar Moses. Spätestens unter ihm wird
sich ein Betsaal/Synagoge in diesem Haus befunden haben. 1709 wird davon
berichtet, dass im Haus des Marx Levi (er war "Mitvorsteher und Parnaß der
Judenschaft" und wohnte seit 1707 im Haus Hauptstraße 29) eine neue
Torarolle für die Creglinger Synagoge geschrieben wurde. Diese wurde "in
Begleitung sämtlicher Judenschaft von daraus in ihre Synagoge ohne weitere
Sollenitäten still gebracht, sonsten auch nichts weiteres dabei sich
ereignet".
Zeitweise, möglicherweise auch vor der Einrichtung eines Betsaales in der
Badgasse 3, könnte es einen solchen auch im Haus Lindleinstraße 30 gegeben
haben. Auch dieses Haus (genannt "das alte Judenhauß") war vom 17.
bis zum frühen 20. Jahrhundert (ausgenommen die Jahre 1716 bis 1766) in jüdischem
Besitz. Als es 1766 von Eysig Jacob erworben wurde, fand er im Keller noch eine
"Juden-Tauch" (ein rituelles Bad) und auf den alten Fenstersimsen in
der Stube eingeschnittene hebräische Buchstaben. So könnte auch hier ein
Betsaal gewesen sein.
1731 gab es einen Gottesdienst mit einem ungewöhnlichem Zwischenfall.
Nachdem sich die Gemeinde in der "Schul" zum Gebet versammelt hatte,
sollten wie üblich die Torarollen aus dem Schrank ausgehoben und an den
Schulmeister weitergereicht werden. Mit dem Ausheben war Eyßig Lazar an der
Reihe, der aber schlug dem Schulmeister Hirsch die Rolle ins Gesicht, sodass er
blaue und gelbe Flecken am Kopf bekam. Lazar hatte mit Schulmeister Hirsch schon
längere Zeit Streit und ihm auch "das Schulklopfen" und das Sammeln für
die Armen in seinem Haus verboten. Sein Verhalten in der Synagoge wurde mit
einem Gulden Strafe belegt sowie der Auflage, das dem Schulmeister bisher
verweigerte Geld zu bezahlen.
Bereits 1765 plante die jüdische Gemeinde den Bau einer Synagoge. In dem
bislang in einem jüdischen Wohnhaus befindlichen Betsaal wurde keine dauerhafte
Lösung gesehen. Die Gemeinde erwarb zum Bau der Synagoge ein baufälliges
Haus neben dem Faulturm, um hier eine "Schul" mit einer Wohnung für
den Lehrer zu bauen. Der Bau verzögerte sich jedoch, wurde erst im Mai 1799 begonnen
und im Jahr 1800 eingeweiht. Baumeister war der Freudenbacher Maurer und
Steinhauer Johann Leonhard Vorherr. Nach den Bauakten befand sich in dem Gebäude
auch ein rituelles Bad. Der Betsaal lag im 1. Stock des Gebäudes (über dem
Schulraum im Erdgeschoss); die Frauenempore lag im Bereich des 2. Stockes. Auch
der baulich mit der Synagoge verbundene Faulturm war seit 1849 im Besitz der jüdischen
Gemeinde. Die Turmwohnung vermietete die Gemeinde später auch an christliche Bürger,
die Armenunterstützung bezogen. Auf Anfrage der Stadt stellte sie den Faulturm
kostenfrei als Jugendherberge zur Verfügung. Dazu wurde der Turm 1932/33
umgebaut.
In den 1860er-Jahren wurde die Synagoge gründlich renoviert. Im Blick
auf einige Veränderungen in der Inneneinrichtung versuchte die Gemeinde auf
Grund ihrer sehr angespannten finanziellen Situation Geld zu sparen. Vorsänger
Kahn und die drei Gemeindevorsteher richteten daher an den württembergischen König
Karl die Bitte, der Creglinger Gemeinde zur Ausschmückung der Synagoge "drei Kronleuchter zu einem Gnadenpreis" zu überlassen. Leider ohne
Erfolg, da der Hofmarschall des Obersthofmeisteramtes am 22. August 1870
mitteilen musste, dass "sich schon länger keine derartigen entbehrlichen
oder abgängigen Kronleuchter bei der Königlichen Schlossverwaltung" mehr
finden würden. Nach der Synagogenreparatur und dem damals gleichzeitig
notwendigen Erwerb einer Lehrerwohnung hatte die Gemeinde trotz Gewährung eines
Staatsbeitrages eine Schuldenlast von 1450 Gulden. Wenig half dabei das außer
den Immobilien im Gemeindebesitz befindliche Stück Wiese, das einen jährlichen
Pachtertrag von vier Gulden abwarf.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Synagogengebäude im Inneren
demoliert, sämtliche Fenster wurden eingeschlagen. 1939 kam das Gebäude
samt dem Faulturm in den Besitz der Stadt. Das Synagogengebäude wurde zusammen
mit dem Faulturm als Jugendherberge genützt, bis es um 1970 in
Privatbesitz überging und danach Lagerzwecken diente. 1987 wurde das Gebäude
restauriert; es wird seitdem als Restaurant genutzt. Eine Hinweistafel zur
Erinnerung an die Geschichte des Hauses ist seit 1987 am Gebäude angebracht.
Der Faulturm wurde im Frühjahr 2002 restauriert.
Seit November 2000 besteht ein jüdisches Museum zur Erinnerung an die jüdische
Geschichte in der Stadt im Gebäude Badgasse 3 (interner Link). Dieses 1880 errichtete Gebäude
ersetzte ein altes Wohnhaus (zu dessen Geschichte s.o.).
Fotos
Historisches Foto
(Quelle: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg.
1932)
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Die Creglinger Synagoge, angebaut an den
"Faulturm" |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos Dezember 1983 vor
der Renovierung
(Fotos: Hahn) |
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1983 war das ehemalige
Synagogen-
gebäude in baufälligem
Zustand |
Eingangstüre, über der die Inschrift noch an
die
Benutzung als Jugendherberge erinnerte |
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Der Blick zum Dach zeigt den
schlechten Bauzustand |
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Fotos um 1990 nach der Renovierung des
Hauses
(Fotos: Hahn) |
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Nach der Renovierung präsentierte
sich das
Synagogengebäude
mit offenem Fachwerk |
Eingangstüre mit der Spur
einer Mesusa am Türpfosten |
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Fotos 2003
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.11.2003) |
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Die ehemalige
Synagoge beim Faulturm - inzwischen ein Eiscafé |
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Der Eingang der ehemaligen
Synagoge |
Die Mesusaritze - farblich
hervorgehoben |
Die 1987 angebrachte Gedenktafel |
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Das
Gefallenendenkmal in Creglingen mit
dem Namen des jüdischen Gefallenen
(Fotos und Anmerkungen von Christoph Bittel) |
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Das
Gefallenendenkmal in Creglingen für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges
im Friedhof an der Herrgottskirche wurde von Prof. Wilhelm Jost
(1887-1948) im Auftrag der Stadtgemeinde Creglingen 1922 erstellt. Die
Muschelkalk-Säule trägt auf der Spitze ein Kreuz aus Metall. Nach dem
Zweiten Weltkrieg wurden die Inschriften auf dem Säulenschaft ergänzt.
Seitdem ist das Gefallenendenkmal gewidmet "Unseren Gefallenen und
Vermissten aus beiden Weltkriegen zum Gedächtnis". Unter den 1918
Gefallenen ist der Name von Heinrich Stern zu
lesen. |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Februar 2011:
Schülerinnen und Schüler der Creglinger
Realschule begeben sich auf Spurensuche |
Artikel in der "Südwestpresse" (Lokalausgabe Bad Mergentheim)
vom 8. Februar 2011 (Artikel):
"Creglingen. Creglinger Realschüler gedachten am Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Ausschwitz der Opfer des Nationalsozialismus. Schüler der neunten und zehnten Klassen begaben sich auf Spurensuche.
Der 66. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz war in der Realschule Creglingen Anlass, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Es war nicht nur Geschichtsunterricht in anderer Form für die jeweils drei 9. und 10. Klassen, die sich in Creglingen auf Spurensuche machten - die Dokumentation der Entrechtung, des Ausschlusses aus der Gesellschaft, des Verlustes der Heimat, des Leidens und Sterbens jüdischer Mitbürger bewirkte bei den Schülern sichtliche Betroffenheit.
Die sechs Schülergruppen machten sich auf den Weg, an den Stationen erhielten sie die wichtigsten Informationen und Impulse durch die Geschichtslehrer. In der Schule gab Konrektor Siegfried Walz einen Abriss des langen Zusammenlebens der christlichen und jüdischen Gemeindemitglieder vom 16. Jahrhundert bis zum April 1939, als mit Emil Stern der letzte jüdische Mitbürger Creglingen verließ und Bürgermeister Liebert an die Kreisverwaltung meldete, dass Creglingen nun
'judenfrei' sei. Das Zusammenleben in Creglingen war friedlich, jüdische Mitbürger waren sozial integriert, wie unter anderem Bilder vom Turnverein oder von Faschingsveranstaltungen belegen. Der jüdische Lehrer Josef Preßburger war bis zu seinem Tod 1938 insgesamt 60 Jahre eine zentrale Gestalt der jüdischen Gemeinde und gehörte zu den Honoratioren in Creglingen.
Die jüdische Gemeinde hatte Ende des 18. Jahrhunderts neben dem zur Stadtbefestigung gehörenden Faulturm auch das angrenzende baufällige Gebäude erworben und nach dessen Abriss eine Synagoge gebaut, die 1800 eingeweiht wurde und bis 1938 genutzt wurde. Was sich am heutigen
'Bistro' noch von dieser Funktion als jüdisches Gotteshaus erkennen lässt, erfuhren die Schüler vor Ort von den sie begleitenden Lehrern.
Ab dem 25. März 1933 war für die Juden in Creglingen nichts mehr so wie vorher: Nur knapp zwei Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler wurden 16 jüdische Männer vom Gottesdienst aus der Synagoge förmlich herausgerissen, aufs Rathaus geschleppt und gefoltert.
Zwei von ihnen, Hermann Stern und Arnold Rosenfeld, starben an den Folgen dieser brutalen Misshandlungen, die anderen trugen bleibende physische und vor allem seelische Schäden davon. Über diese von Heilbronner SA mit Unterstützung durch einheimische Nazis vollzogene
'Judenaktion' berichtete Jürgen Silberberger am Tatort im alten Rathaus, dessen ehemaliger Sitzungssaal seit 2005 Gedenkstätte ist. Der Raum selbst ist leer, der Besucher seinen eigenen Gedanken überlassen, wenn sich die Fenster im Wechsel immer wieder verdunkeln und erhellen.
Letzte Station für die Schüler war das jüdische Museum mit der Dauerausstellung, die den treffenden Titel
'Wurzeln und Wege' trägt. Helmut Wörrlein informierte kurz über die Entstehungsgeschichte des Museums. Hauptthema war an diesem Tag aber die Dokumentation im zweiten Stock, die an Beispielen die Verfolgung und Entrechtung der Juden im Dritten Reich aufzeigt.
Es ist aber etwas anderes, ein Bild von einer Propagandaveranstaltung zu sehen, als im Geschichtsbuch etwas über die Nürnberger Gesetze zu lesen. Was mögen Menschen wie der gebürtige Creglinger Rudolf Sinsheimer damals gedacht haben, der ein Jahr zuvor, 1934, noch für seinen Einsatz als Soldat im Ersten Weltkrieg einen Orden bekommen hatte?
Rudolf Sinsheimer weigerte sich lange, seine Heimat zu verlassen, ehe er dann, mit einem dicken
'J' und dem Zusatz 'Israel' zu seinem Vornamen im Reisepass, auf den letzten Drücker auf Umwegen in die USA emigrierte.
23 Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Creglingen und Archshofen gelang es nicht, ihr Leben zu retten. hw." |
Juni - Juli 2013:
Rückblick auf eine Ausstellung vom 9. Juni bis 21.
Juli 2013 im Jüdischen Museum Creglingen |
Jüdische Portraits. Fotografien von Herlinde Koelbl
In ihren Gesichtern spiegeln sich existenzielle Erfahrungen, individuelle Lebenswege und persönliche Schicksale. Bilder, die mit dem Betrachter kommunizieren. Fotografien in klassischem Schwarz-Weiß. – Die
"Jüdischen Portraits" von Herlinde Koelbl sind in Verbindung mit ausdrucksstarken Interviewsequenzen eine einzigartige Studie über Trennendes und Verbindendes in einer Schicksalsgemeinschaft. 26 großformatige Bildnisse dieses herausragenden Werks der international renommierten Fotografin werden mit den zugehörigen Interviewtafeln vom 9. Juni bis 21. Juli im Jüdischen Museum Creglingen, Badgasse 3, in 97993 Creglingen gezeigt. Die vom Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zusammengestellte Fotoschau ist jeden
Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppen und
Führungen auf Anfrage.
Herlinde Koelbl, 1939 in Lindau am Bodensee geboren, zählt seit den 1980er Jahren zu den wichtigsten Fotokünstlerinnen Deutschlands. Sie fotografiert Menschen im Kontext sozialer, politischer und historischer Prozesse und entwirft somit ein Portrait unserer Gesellschaft. In ihren Arbeiten erfasst Koelbl die Persönlichkeit von Menschen, indem sie nach Spuren im Umfeld, im Alltag und in der Person selbst – ihrer Körpersprache und Selbstdarstellung – sucht.
Dieses gelingt Koelbl insbesondere auch bei Sujets, die scheinbar einem narrativen Kontext entzogen sind – Bildnisse bekannter deutsch-jüdischer Persönlichkeiten, die die Shoa überlebt haben: Jüdische Portraits. Die Künstlerin zeigt sie frei von jeglicher Inszenierung. Es sind Details wie Gestik, Ausdruck oder Körperhaltung, die dem Betrachter vieles über die Person hinter den Bildern verraten. Die zugeordneten Zitate offenbaren die unterschiedlichen individuellen Auffassungen und Überzeugungen hinter den eindrucksvollen Gesichtern.
Der Journalist und Politiker Uri Avnery beispielsweise schließt: "Der Gott, der Auschwitz zugelassen hat, kann nur unmoralisch sein oder gar nicht
existieren", und der ehemalige Comedian Harmonist Roman Cycowski antwortet auf die Frage nach seinem Gottesbild:
"Wenn man an Gott glaubt, muss man sagen Gott ist gerecht. Er weiß was er tut. Es gibt keine Lösung für dieses Problem. Die Unschuldigen haben für die Schuldigen
gelitten".
Herlinde Koelbl hat ihre Arbeiten in renommierte Zeitungen und Zeitschriften wie Stern, Zeit und New York Times veröffentlicht. In der Fachwelt machte sich die mehrfach preisgekrönte Künstlerin mit diversen Ausstellungen im In- und Ausland einen Namen. Neben ihrem fotografischen Werk und ihren zahlreichen Buchveröffentlichungen produziert Herlinde Koelbl verschiedentlich Dokumentarfilme zu verwandten Themen. Heute lebt und arbeitet sie in Neuried bei München.
Das Foto oben: Herlinde Koelbl: Portrait der Schriftstellerin Grete
Weil (1906-1999), Foto: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland). |
Ausstellungshinweis
als pdf-Datei. www.juedisches-museum-creglingen.de |
November 2013:
Rückblick auf eine
Veranstaltung im Jüdischen Museum Creglingen zum 75.
Jahrestag des Novemberpogroms 1938 |
Vortrag von Prof. Wolfgang Benz
zum Thema: "Aufkündigung der bürgerlichen Humanität. Die Novemberpogrome
1938 im Jüdischen Museum Creglingen am 18.11.2013 um 19:30 Uhr
Zum 75-jährigen Gedenken an die antisemitischen Ausschreitungen spricht Prof. Dr. Wolfgang Benz am 18. November 2013 um 19:30 Uhr im Jüdischen Museum Creglingen, Badgasse
3. Der renommierte Historiker, 1941 in Ellwangen/Jagst geboren, war bis März 2011 Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin und hatte Gastprofessuren u.a. in Australien, Bolivien, Nordirland, Österreich und Mexiko inne. Prof. Benz hat zahlreiche Publikationen zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert, zum Nationalsozialismus, Antisemitismus und Problemen von Minderheiten verfasst, so u. a.
"Die Feinde aus dem Morgenland. Wie die Angst vor den Muslimen unsere Demokratie gefährdet" (München 2012).
"Die Novemberpogrome 1938 bedeuten nicht nur das Ende jüdischen Lebens in
Deutschland", so der Referent, der zu den international anerkannten und profundesten Vertretern der NS- und Antisemitismusforschung in Deutschland zählt,
"sondern auch den Untergang bürgerlichen Anstands in der
Mehrheit".
Foto oben: Prof. Dr. Wolfgang Benz (Pressestelle TU Berlin/ Ulrich Dahl). |
August/September
2014: Rückblick auf eine Ausstellung im Jüdischen Museum Creglingen
|
"Feldrabbiner in den deutschen Streitkräften des Ersten
Weltkrieges", Sonderausstellung im Jüdischen Museum Creglingen, 24.
August bis 28. September 2014. Foto links: Feldrabbiner Aron Tänzer (Foto Jüdisches Museum Göppingen)
Das Jüdische Museum in Creglingen gedenkt des vor 100 Jahren ausgebrochenen Ersten Weltkrieges mit einer kleinen Sonderausstellung
über "Feldrabbiner in den deutschen Streitkräften des Ersten Weltkrieges".
Feldrabbiner widerspiegeln die Präsenz deutscher jüdischer Soldaten an den
Fronten dieser "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" . Es entstand erstmals
neben der evangelischen und katholischen auch eine institutionalisierte jüdische
Feldseelsorge. Die jüdischen Gemeinden und Organisationen verbanden damit
auch die Hoffnung auf eine weiter zunehmende Anerkennung der jüdischen Gemeinschaft und ihrer Religion durch die Umgebungsgesellschaft.
Die Sonderausstellung informiert einführend über die allgemeine Entwicklung der
Militärseelsorge, um sich dann der jüdischen Militärseelsorge im Ersten
Weltkrieg zuzuwenden. Wer konnte Feldrabbiner werden und welche Aufgaben hatten diese? In vier biographischen Skizzen wird beispielhaft der
Lebensweg der Feldrabbiner Leopold Rosenak, Leo Baerwald, Paul Lazarus und Siegfried
Alexander nachgezeichnet. Der Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung nach
dem Krieg verdeutlicht, dass die jüdische Militärseelsorge nur eine Episode war.
Die Texte werden durch interessantes und weitgehend unbekanntes Bild- und
Dokumentenmaterial ergänzt.
Die von der "Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum" in Verbindung
mit der "Leo Baeck Foundation" und dem "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V."
konzipierte Sonderschau ist in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Göppingen um eine Darstellung des württembergischen
Feldrabbiners Dr. Aron Tänzer (1871-1937) erweitert worden. Dieser seit 1907 in
Göppingen am Fuß des Hohenstaufens wirkende deutsch-patriotische Rabbiner,
Literat, Journalist, Lokalhistoriker und Wissenschaftler war von 1915 bis 1918 in
Brest-Litowsk und Pinsk (Weißrussland) als "Mann des Friedens im Gewand des
Krieges" tätig. In diesem erweiterten Teil der Ausstellung vergegenwärtigen
Fotografien, Dokumente und Bücher die Persönlichkeit des Göppingers, der unter
dem NS-Regime 1937 ohne Traueranzeige, ohne öffentlichen Nachruf und fast ohne
nichtjüdische Trauergäste zu Grabe getragen wurde.
Die Sonderausstellung "Feldrabbiner in den deutschen Streitkräften des Ersten
Weltkrieges" ist im Jüdischen Museum Creglingen in der Badgasse 3 vom 24. August
bis 28. September jeweils sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. |
November 2014:
Rückblick
auf eine Ausstellung zu Georg Elser im Jüdischen Museum Creglingen |
"Ich habe den Krieg verhindern wollen – Georg Elser und das Attentat
vom 8. November 1939"
Sonderausstellung vom 2. – 30. November 2014, jeweils sonntags, 14:00 – 17:00 Uhr,
Jüdisches Museum, Badgasse 3, 97993 Creglingen
Am 8. November 2014 jährt sich der Bombenanschlag des 36-jährigen schwäbischen Schreiners Georg Elser aus Königsbronn (Landkreis Heidenheim) auf Adolf Hitler zum 75. Mal. Der geschickte Handwerker wollte 1939 den Diktator töten, um ein
"noch größeres Blutvergießen" zu verhindern, jedoch verfehlte der Anschlag im Münchner Bürgerbräukeller sein Ziel. Hitler verließ wenige Minuten vor der Explosion den Versammlungssaal. Georg Elser wurde noch am selben Tag verhaftet und nach nahezu sechsjähriger Isolationshaft am 9. April 1945 im Konzentrationslager Dachau ermordet.
Das Jüdische Museum in Creglingen zeigt die Sonderausstellung "Ich habe den Krieg verhindern wollen – Georg Elser und das Attentat vom 8. November
1939" anlässlich des 75. Jahrestages vom 2. bis 30. November 2014 jeweils sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr in der Badgasse 3. Zusammengestellt und inhaltlich erarbeitet wurde die Ausstellung von den beiden renommierten Historikern und Politikwissenschaftlern Prof. Dr. Peter Steinbach und Prof. Dr. Johannes Tuchel aus Berlin, beide Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in der Bundeshauptstadt.
Leihgeber der Sonderschau ist die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Stuttgart) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand, realisiert wurden die 29 Ausstellungsfahnen mit den Themen
"Biographisches zu Georg Elser, Das Attentat vom 8. November 1939, Vorbereitungen zum Attentat, Nach der Explosion, Nationalsozialistische Reaktionen, Ermittlungen, Vernehmungen, KZ-Haft und Ermordung,
Nachwirkungen" mit Förderung durch die Landesstiftung Baden-Württemberg. Im Jüdischen Museum in Creglingen wird die Wanderausstellung durch die Präsentation einer Reihe von Büchern erweitert, die die lange und kontroverse Rezeptionsgeschichte des Attentäters und seiner Tat nach 1945 illustrieren. |
Die Ausstellung
"Ich habe den Krieg verhindern wollen – Georg Elser und das Attentat vom 8. November
1939" würdigt eine Persönlichkeit, die neben den Geschwistern Scholl und den Brüdern Stauffenberg zu den herausragenden Gestalten des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus im deutschen Südwesten zählt. Sie zeigt die politisch-moralische Motivation des eher verschlossenen Einzelgängers und seinen Widerstand gegen den Unrechtsstaat. Elser hatte einen ausgeprägten Sinn für Recht und Gerechtigkeit und war auf Grund ganz handfester Tatsachen zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Lage der
"kleinen Leute" unter dem Nationalsozialismus drastisch verschlechtert hatte.
Die Georg-Elser-Sonderausstellung im Jüdischen Museum beschäftigt sich mit einem Thema, das nicht direkt mit dem Judentum oder der jüdischen Geschichte und Gegenwart im Zusammenhang steht. Sie will die Besucherinnen und Besucher dazu motivieren, sich gegen Unrecht, Gewalt und Unfreiheit zu engagieren. Die Ausstellung ist für den Besuch von Schulklassen und für den Einbau in den Schulunterricht besonders gut geeignet. Auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten werden Führungen für Schulklassen und interessierte Gruppen jederzeit durch professionelle Kräfte gern organisiert.
Fotos: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (oben:
Georg Elser, unten: der Bürgerbräukeller in München nach dem
Attentat)
Stiftung Jüdisches Museum Creglingen, Torstraße 2, 97993 Creglingen, Tel. 07933/701-0, E-Mail:
jmc@stiftung-jmc.de. |
Juni/Juli 2015:
Rückblick auf eine Sonderausstellung im Jüdischen Museum
Creglingen |
Sonderausstellung im Jüdischen Museum Creglingen, 14. Juni – 26. Juli 2015:
"Juden in Deutschland heute. Photographien von Edward Serotta"
Das Jüdische Museum Creglingen (Main-Tauber-Kreis) zeigt im Sommer 1915 diese Ausstellung der Bonner
"Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland". Die Fotoschau ist in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt und Edward Serotta entstanden und wurde im Bonner Haus der Geschichte erstmalig 1997 präsentiert. Seit 1998 war sie bereits an verschiedenen Stationen in Deutschland, Israel, Finnland und in den USA zu sehen.
Mehrere Jahre reiste der amerikanische Fotograf und Autor Edward Serotta durch das vereinigte Deutschland. Seine Fotos zeigen eindrucksvolle Bilder der Vielfalt jüdischen Lebens im Deutschland der 1990er Jahre. Serottas Bilder dokumentieren den Verlust von Kindheit und Heimat derer, die Verfolgung und Vernichtung überlebten. Einige von ihnen sind dennoch in Deutschland geblieben andere sind emigriert und kehren heute als Besucher zurück. Seit 1945 bildeten sich neue jüdische Gemeinden. Aus Osteuropa emigrierten Juden nach Deutschland, in den neunziger Jahren kamen viele aus der ehemaligen Sowjetunion hinzu.
Edward Serotta ist diesem spannungsvollen Thema als Fotograf und Journalist nachgegangen. Mit seinen Fotografien gelingt es ihm, in der scheinbaren Normalität des Alltags das Außergewöhnliche festzuhalten, den objektiven Befund mit dem subjektiven Empfinden des Einzelnen zu verbinden. Darüber hinaus erinnern die Bilder an das Verlorene und die Suche nach der eigenen Geschichte. Serottas Fotos sind ein Kaleidoskop deutsch-jüdischer Wirklichkeiten, in dem Schmerz über die Vergangenheit neben Hoffnung auf Zukunft steht.
Zur Ausstellung ist eine Begleitpublikation unter folgendem Titel erschienen:
"Edward
Serotta: Juden in Deutschland heute. Eine Photographische Reise", herausgegeben von der Nicolaische Verlagsbuchhandlung Berlin. Sie kostet 34,80 Euro.
Edward Serotta ist 1949 in Savannah, Georgia (USA) geboren. Seit Anfang der 1990er Jahre lebt und arbeitet Edward Serotta in Berlin und Wien. Der Fotograf und Filmregisseur, Journalist und Autor beschäftigt sich seit Jahren mit jüdischen Themen. Mit dieser Ausstellung vollendet er seine fotografische Trilogie über Juden in Europa. Seine Arbeiten
"Jüdisches Leben im Osten Europas" und "Überleben in Sarajewo" wurden in mehr als 45 Orten in 12 Ländern gezeigt. Seit Ende der 1990er Jahre erarbeitet Serotta mit einem Team von Historikern, Journalisten und Fotografen in Wien das Central Europe Center for Research and
Documentation. Ziel der Institution ist es, den Alltag europäischer Juden vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu dokumentieren. Dazu werden Zeitzeugenberichte, Interviews und Fotografien gesammelt und in einer Datenbank im Internet zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen unter:
www.centropa.org
Die Sonderausstellung "Juden in Deutschland heute. Photographien von Edward
Serotta" ist im Jüdischen Museum Creglingen in der Badgasse 3 vom 14. Juni bis 26. Juli jeweils sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
www.juedisches-museum-creglingen.de. |
Pressebericht vom 19. Juni 2015 zur
Ausstellungseröffnung mit Rabbiner Pushkin: http://www.fnweb.de/region/main-tauber/niederstetten-creglingen/deutsches-judentum-hat-zukunft-1.2296303 |
September / Oktober
2015: Sonderausstellung zu
"Luthers Sündenfall gegenüber den Juden" |
"Drum immer weg mit Ihnen – Luthers Sündenfall gegenüber den Juden"
Sonderausstellung im Jüdisches Museum Creglingen, Badgasse 3, 97999 Creglingen
Vom 6. September bis 11. Oktober wird in der Badgasse 3 die Sonderausstellung
"Drum immer weg mit Ihnen – Luthers Sündenfall gegenüber den Juden" zu
sehen sein, die von "ImDialog – Evangelischer Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und
Nassau" in Darmstadt erarbeitet und umgesetzt worden ist. Diese
Herbstausstellung zeigt die ambivalente, intolerante, ja aggressive Haltung
des deutschen Reformators gegenüber dem Judentum seiner Zeit. Sie gibt einen
Überblick über die kirchenhistorische Vorgeschichte und die Rezeption des
lutherischen Antijudaismus im Dritten Reich und stellt die Frage nach den
Konsequenzen für heute. Die Schau besteht aus zwölf Fahnen, die sich mit den
Themen Bekehrungshoffnung, Unbezweifelbarkeit der Schrift, "Judensau", Sieben Ratschläge, Josel von Rosheim,
"Die Juden sind unser Unglück", Kirchliche Maßnahmen lange vor Luther, Nachwirkungen, Stolze Kirche und blinde Synagoge sowie
"Was bleibt zu tun?" auseinandersetzen. Im Rahmen des Begleitprogramms wird versucht werden, den
"Sündenfall" Luthers gegenüber den Juden in den Gesamtzusammenhang von Leben und Werk des großen Reformators zu stellen – im Vorfeld des großen Martin-Luther-Jubiläums 2017.
Eröffnet wird die Sonderausstellung am Freitag, 4. September 2015, um 19:30 Uhr in der Badgasse 3 mit einer Einführung von Pfarrer i.R. Ulrich
Schwemer, Michelstadt. Am gleichen Ort hält am Montag, 28. September 2015, um 19:30 Uhr Pfarrerin Sibylle Biermann-Rau, Albstadt, einen Vortrag über das Thema
"An Luthers Geburtstag brannten die Synagogen".
Der Eintritt zur Ausstellung und zu den Vorträgen ist frei. Das Jüdische Museum Creglingen in der Badgasse 3 ist jeweils sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
www.juedisches-museum-creglingen.de |
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November 2016:
Gedenkstunde für den verstorbenen Arthur S.
Obermayer |
Artikel von Inge Braune in den
"Fränkischen Nachrichten" vom 8. November 2016: "Jüdisches Museum Creglingen: Gedenkstunde zu Ehren des Stifters Arthur S. Obermayer / Grußschreiben der Familie aus den Vereinigten Staaten
'Bewundernswerte Persönlichkeit'. In einer Gedenkstunde für den im Januar verstorbenen Arthur S. Obermayer hat das jüdische Museum dessen große Verdienste gewürdigt.
Creglingen. Den Abschluss der Gedenkveranstaltung für Museumsstifter Arthur Sinsheimer Obermayer überstrahlt sein Lächeln: Ein mit strahlendem Blick über den Ozean in den Plenarsaal des Abgeordnetenhauses in Berlin gesendetes Lächeln, mit dem er bei der Verleihung der
'German Jewish History Awards' im Januar die mit dem von ihm gestifteten Preis Ausgezeichneten zumindest elektronisch grüßte und zur Fortsetzung ihrer Versöhnungsarbeit ermutigte.
Am 13. Januar verstarb Arthur S. Obermayer, dem Creglingen und seine Bürger, so Martin Heuwinkel, Obermayers Vertreter im Vorstand der Stiftung Jüdisches Museum Creglingen,
'mehr als nur ein Museum' verdanken. Als 'freundlicher, kluger und weiser
Mensch' habe Obermayer auch dazu beigetragen, 'dass die Stadt Wege gefunden hat, mit der Vergangenheit umzugehen und in Zukunft manches vielleicht besser zu
machen,' hob Heuwinkel, seit 2000 Geschäftsführer der Stiftung, hervor...'
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Artikel: "Preisträgerin portraitiert Stifter..."
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Februar 2017:
Das Portrait von Arthur S.
Obermayer kommt als Dauerleihgabe in das Jüdische Museum
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Artikel von Arno Boas in "Fränkische Nachrichten" vom 15. Februar 2017: "Jüdisches
Museum: Porträt von Arthur S. Obermayer als Dauerleihgabe erhalten / Neue
Medienstation eingeweiht. Ein Menschenfreund mit warmherziger Ausstrahlung
Creglingen. Arthur S. Obermayer lächelt den Betrachter auf dem in
warmen und zugleich vitalen Farben gehaltenen Bild freundlich-offen an. Es
offenbart sein den Menschen zugewandtes Wesen - als Menschfreund mit
warmherziger Ausstrahlung kannte und schätzte man den vor einem Jahr
gestorbenen Hauptinitiator des jüdischen Museums. Mit der Übergabe des
Bildes als Dauerleihgabe schloss sich jetzt der Kreis. Denn ohne das
Engagement des jüdischen US-Amerikaners mit deutschen Wurzeln gäbe es das
Museum in Creglingen nicht. Und nun erinnert das Bild von Marlis Glaser an
eben diesem Ort an Arthur S. Obermayer, der bis zu seinem Tod auch im
Vorstand der Stiftung saß und dort von Martin Heuwinkel vertreten wurde.
Der Vorsitzende der Stiftung, Dr. Christoph Bittel, erinnerte bei der
Bildübergabe an die mit Creglingen verknüpfte Familiengeschichte Obermayers
und würdigte seine Verdienste um die Bewahrung der jüdischen Kultur.
Zugleich stellte Dr. Bittel die in Attenweiler lebende Künstlerin Marlis
Glaser vor, die für ihre Arbeiten 2015 in Berlin mit dem Obermayer German
Jewish History Award ausgezeichnet worden war.
2000 ins Leben gerufen. Diesen Preis hatte Arthur S. Obermayer 2000
ins Leben gerufen, um damit Menschen auszuzeichnen, die durch ihr
praktisches Handeln zur Erinnerung und zum Erhalt des jüdischen Erbes in
Deutschland beitragen. Dass das Gemälde nun seinen Platz im jüdischen Museum
gefunden hat, ist in erster Linie Veit Feger aus Ehingen zu verdanken, der
es gekauft und nun dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat.
Der ehemalige Verleger der Schwäbischen Zeitung ist ein großer Kunstfreund
und zugleich Mäzen von Marlis Glaser. Der 72-Jährige erläuterte bei der
Bild-Übergabe seine seit rund acht Jahren bestehende Verbindung zur
Künstlerin und outete sich als Fan ihrer Arbeiten. Vor allem ihre Werke mit
Bezug zum Judentum seien ihm besonders wichtig, erklärte Veit Feger. Dass er
Bilder generell nicht verschenkt, sondern als Dauer-Leihgabe zur Verfügung
stellt, hat seinen Worten zufolge damit zu tun, dass sie nicht irgendwann in
einem Depot landen sollen, sondern dauerhaft 'anständig aufgehängt' bleiben.
Marlis Glaser würdige die Menschen, indem sie sie male, betonte Veit Feger,
der schon mehreren Schulen Glaser-Bilder als Dauerleihgabe zur Verfügung
gestellt hat.Adolf Hitler bezeichnete Veit Feger als 'Antideutschen'. Es
habe viele Juden gegeben, die als Künstler, Wissenschaftler oder Sportler
Großes geleistet hätten. Schon als Jugendlicher habe er sich gefragt, wieso
die Nazis diese 'tollen Leute' fortgejagt hätten. Sein Interesse am Judentum
sei auch angesichts der geografischen Lage seiner Heimatgemeinde erklärbar,
denn Ehingen liege zwischen drei jüdischen Gemeinden, und 'zu allen Orten
habe ich einen gewissen Bezug', so der 72-Jährige. Die Bild-Übergabe war
verbunden mit der Vorstellung einer neuen Medienstation im Museum. Diese
ermöglicht vertiefte Informationen zu 22 aus Creglingen und Archshofen
stammenden Juden, deren Porträts an einer Wand im Museum hängen. Darunter
neben anderen der letzte jüdische Creglinger Stadtrat Emil Lißberger, der
Lehrer Harry Katzenstein, Käthe Wolf-Wasserstrom oder Arnold Rosenfeld,
eines der beiden Todesopfer des Pogroms vom 25. März 1933.
Ausgewandert oder geflüchtet
Zwölf dieser 22 Personen waren ausgewandert beziehungsweise geflüchtet, fünf
starben vor 1938 und fünf kamen ab 1941 im Holocaust ums Leben. Die Texte
haben Albert Krämer und Christoph Bittel erarbeitet. Dr. Bittel zeigte sich
bei der Vorstellung der Medienstation erfreut über die moderne Form der
Darstellung, 'Sie können die Informationen wie auf einem Tablet ohne Maus
aufrufen,' so der Stiftungsvorsitzende. Zwei Schülerinnen der Kaufmännischen
Schule Bad Mergentheim, Emily Baur und Lea-Marie Beer, sowie ihr Lehrer
Klaus Huth wiesen abschließend auf die vom 28. Mai bis 2. Juni geplanten
'jüdischen Kulturtage' hin. In deren Rahmen gibt es an verschiedenen Orten
im gesamten Main-Tauber-Kreis kulturelle Veranstaltungen."
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Dezember 2017:
Aus der Arbeit des Jüdischen Museums Creglingen
2017/18 |
Artikel im "Mannheimer Morgen" /
"Fränkische Nachrichten" vom 18. Dezember 2017: "JÜDISCHES MUSEUM CREGLINGEN RÜCKBLICK UND VORSCHAU.
Besucherzahl ging zurück
CREGLINGEN. Das Jüdische Museum in der Badgasse 3 blickt auf ein recht erfolgreiches Jahr mit zwei Sonderausstellungen und mehreren Veranstaltungen zurück. Die Zahl der Ausstellungs- und Veranstaltungsbesucher war gegenüber dem Vorjahr ganz leicht rückläufig. Während die Anzahl der Führungen für Erwachsene nur geringe Einbußen zu verzeichnen hatte, gingen die Führungen für Schüler und Jugendliche um mehr als die Hälfte zurück.
Recht gut besucht war die Sonderausstellung 'Was habt ihr da für einen
Brauch?' über die wichtigsten jüdischen Feste und Riten, die von Mitte Juni bis Ende Juli zu sehen war. Die Schau mit 32 Tafeln in großformatigen Farbfotos mit kurzen Texterklärungen war vom Arbeitskreis für das christlich-jüdische Gespräch in Hessen und Nassau erarbeitet worden. Die Einführung übernahm Rabbiner Yehuda Pushkin aus Esslingen.
Fastnacht und Purim. Ein sehr interessiertes Publikum lockte von Anfang Oktober bis Anfang Dezember auch die Ausstellung
'jüdisch jeck! Fastnacht und Purim – eine Annäherung' mit historischen Fotografien, Publikationen, Masken und anderen Exponaten in die Badgasse. Zwei Mitarbeiterinnen des Deutschen Fastnachtsmuseums in Kitzingen hatten die Sonderschau über die ähnlichen Erscheinungsformen, aber höchst unterschiedlichen Wurzeln des jüdischen Purim-Festes und der christlich fundierten Fastnacht zusammengetragen. Humorvoll, tiefgründig und fachkompetent führte das fränkische
'Fastnachts-Urgestein' Hans Driesel aus Schweinfurt bei der Eröffnung in das Ausstellungsthema ein.
Mit einer Doppelveranstaltung startete das Museum am 10. Februar in die Saison. Kunstmäzen Veit Feger aus Ehingen/Donau übergab das von der Künstlerin Marlis Glaser gemalte Porträt des 2016 verstorbenen Museumsinitiators Arthur S. Obermayer dem Museum als Dauerleihgabe.
Zugleich wurde eine neue Medienstation (Tablet) mit vertiefenden Informationen zu 22 Fotoporträts von Creglinger Juden eingeweiht. Die Texte stammen von Albert Krämer und Dr. Christoph Bittel.
Der ehemalige Realschulrektor Krämer übernahm auch zwei gut frequentierte öffentliche Führungen: am 31. Mai zu
'Jüdischen Einrichtungen und Häusern in Creglingen' im Rahmen der 'Jüdischen Kulturtage
2017' und am 3. September durch das 'jüdische Creglingen' als Beitrag zum
'Europäischen Tag der Jüdischen Kultur'.
Jüdischer Kulturweg. Am 11. Juli konnte im Romschlössle als Veranstaltung der Stadt unter großer Beteiligung der
'Jüdische Kulturweg Hohenlohe-Tauber' eröffnet werden. Er verbindet zwölf Kommunen mit jüdischen Wurzeln. An der Vorbereitung und Durchführung dieses vom Rabbinatsmuseum Braunsbach initiierten Informationsweges waren auch Mitarbeiter des Jüdischen Museums Creglingen beteiligt. Geschäftsführer Martin Heuwinkel nahm regelmäßig an den Sitzungen des Arbeitskreises teil, Vorsitzender Dr. Christoph Bittel verfasste Texte für die Broschüre und für drei Informationstafeln in der Stadtmitte, vor dem Museum und am jüdischen Friedhof.
Ein volles Haus brachte am 30. September der hebräische Liederabend mit der Sängerin Esther Lorenz und dem Gitarristen Peter Kuhz. Gut besucht war auch am 10. November die Lesung des in Bolivien lebenden Schweizer Schriftstellers Stefan Gurtner aus seinem Buch über den jüdischen Emigranten, Buchhändler und Verleger Werner Guttentag. Mit Hilfe einiger Requisiten und unterstützt von der Sprecherin Sabine Jorkowski schlüpfte Gurtner in die Rolle Guttentags, der nach 1945 zum ersten und bedeutendsten Verleger Boliviens aufstieg.
Attraktive Sonderausstellungen. Auch im neuen Jahr wird das Jüdische Museum wieder bemüht sein, attraktive Sonderausstellungen und Veranstaltungen nach Creglingen zu holen.
Fest stehen bereits zwei Nachmittagsveranstaltungen im Mai 2018, die im Rahmen der von Seminarteilnehmern der Kaufmännischen Schule in Bad Mergentheim organisierten
'Jüdischen Kulturtage' stattfinden. Am 5. Mai gibt es eine Führung im jüdischen Friedhof und am 10. Mai im Museum einen Vortrag über
'Pflanzen in jüdischer Kultur und Religion'. Bis zum 6. Februar 2018 ist im Jüdischen Museum Winterpause, erstmals geöffnet ist das Haus wieder am Mittwoch, 7. Februar zum Pferdemarkt von 14 bis 17 Uhr." |
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November 2018:
Ein Toravorhang aus Creglingen
ist im Jüdischen Museum zu sehen |
Artikel von "pm" im "Mannheimer Morgen" /
"Fränkische Nachrichten" vom 21. November 2018: "Creglingen. Jüdisches
Museum Schau mit Thoravorhang. Erstmals seit 80 Jahren zu sehen
Creglingen. Aufgrund des großen Interesses wurde die Wechselausstellung
'Die Synagoge – Schnittpunkt jüdischen Lebens' im Jüdischen Museum
Creglingen bis zum Creglinger Weihnachtsmarkt am ersten Adventswochenende
verlängert. Kernstück der Ausstellung ist der Thoravorhang aus der
Creglinger Synagoge aus dem Jahr 1908. Nach dem Ende der jüdischen Gemeinde
im Jahr 1938 kam der Vorhang nach Stuttgart. Dort wird er in der Synagoge
der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg ausgestellt. Für die
aktuelle Wechselausstellung wurde der Vorhang dem Jüdischen Museum als
Leihgabe zur Verfügung gestellt und ist damit erstmals seit 80 Jahren wieder
in Creglingen zu sehen.
Am Sonntag, 25. November und während des Creglinger Weihnachtsmarkts am
Samstag, 1. Dezember und Sonntag, 2. Dezember besteht jeweils von 14 bis 17
Uhr letztmalig die Gelegenheit, die Wechselausstellung und den Creglinger
Thoravorhang zu besichtigen, bevor er zurück nach Stuttgart gebracht wird
und das Museum bis zum Pferdemarkt die Winterpause geht. pm."
Link zum Artikel |
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Januar 2020:
Das Jüdische Museum wird
zum Holocaust-Gedenktag illuminiert |
Artikel von "pm" im "Mannheimer Morgen" /
"Fränkische Nachrichten" vom 30. Januar 2020: "Creglingen. Jüdisches Museum.
An Befreiung von Auschwitz erinnert. 'Lichter gegen Dunkelheit'
Creglingen.Zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers
Auschwitz-Birkenau wurde das Jüdische Museum Creglingen am 27. Januar von 17
bis 19 Uhr illuminiert.
Das Jüdische Museum Creglingen beteiligte sich damit an der bundesweiten
Aktion 'Lichter gegen Dunkelheit'. Die Überlebenden des Konzentrationslagers
Auschwitz wurden am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee befreit. 1996 wurde
dieser Tag auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum
nationalen Gedenktag proklamiert, zum 'Tag des Gedenkens an die Opfer des
Nationalsozialismus'. Im Jahr 2020 jährte sich die Befreiung von Auschwitz
zum 75. Mal. Aus diesem Anlass hat die Berliner Gedenk- und Bildungsstätte
'Haus der Wannsee-Konferenz' zu einer Beleuchtungsaktion 'Lichter gegen
Dunkelheit' aufgerufen. Bundesweit wurden am 27. Januar zahlreiche
Gedenkstätten und bestehende Denk- und Mahnmale zu Beginn der Dämmerung
beleuchtet. An der Aktion beteiligte sich auch das Jüdische Museum
Creglingen. pm."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S.
63-66. |
| Hartwig Behr/ Horst F. Rupp: Vom Leben und Sterben – Juden in Creglingen. 1999. |
| Gerhard Naser (Hg.): Lebenswege Creglinger Juden – Das
Pogrom von 1933. 1999. |
| Claudia Heuwinkel: Jüdisches
Creglingen. Ein Gang durch die Stadt. 2001. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 122-123. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Creglingen
Wuerttemberg. The first community was wiped out in the Rindfleisch massacres of
1298. The Jews again lived there in the 1530s but were expelled in 1560. In 1620
they were allowed to establish a permanent settlement, which grew to a
population of 130 in 1854 (around 10 % of the total) before declining through
emigration. In the Weimar Republik, Jews were influential economically and
active publicly. In 1933, 73 remained. In March 1933, 16 were dragged out of the
synagogue by the SA and severely beaten, two dying. By 1938, all Jewish stores
had closed down. The Jewish school opened in 1935 was closed after Kristallnacht
(9-10 November 1938). At least 52 Jews managed to leave Germany, most to the
United States. Of the 16 expelled from Creglingen, one survived.
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