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im Elsass"
Muttersholtz (Müttersholz,
Dep. Bas-Rhin / Alsace /
Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Histoire juive / Synagoge / Synagogue
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Muttersholtz bestand eine jüdische
Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17.
Jahrhunderts zurück. Unter den Zuwanderern waren vermutlich auch Familien,
die aus anderen Orten Süddeutschlands (Günzburg 1617 s.u.) vertrieben worden
waren.
Im 18. Jahrhundert stieg die Zahl der jüdischen Familien am Ort bereits
auf 28 im Jahr 1784 (zusammen etwa 130 Personen).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 39 jüdische Familien, 1846 393 jüdische Einwohner, 1861 313, 1870
286, 1887 249, 1888 247, 1894 181 (in 47 Familien), 1900 149, 1910 104.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(israelitische Elementarschule/Volksschule; um 1840 mit zwei Lehrern, siehe Bericht von 1843), ein rituelles Bad. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt (beziehungsweise
zeitweise zwei Lehrer). Dazu gab es einen Kantor (Vorbeter), der zugleich als Schochet tätig war.
Als Lehrer sind bekannt: um 1887/1889 G. Reinmund, um 1894/1903 L. Blum.
1893/95 wurde die israelitische Schule von 24 Kindern besucht, 1903 von 26
Kindern. Als Kantoren sind bekannt: um 1887/93 F. Loeb, 1894 F. Blum,
1897 F. Loeb, 1913 Herr Klein.
Zwischen 1807 und 1866 war Muttersholtz Sitz eines Rabbiners. Bis 1832
war Nathan Strauss (1771-1841) Rabbiner in Muttersholtz. Sein Nachfolger war von
1832 bis 1862 Marcus Meier Ulmo (1803-1895, s.u.). Unter ihm wurde das Rabbinat, zu
dem bis dahin die in Boesenbisen, Diebolsheim,
Mackenheim, Marckolsheim und
Muttersholtz lebenden Juden gehörten hatten, 1862 nach Schlettstadt (Selestat) verlegt.
Hier war Marc Ulmo noch bis 1885 Rabbiner.
An jüdischen Vereinen gab es: die Israelitische Unterstützungskasse
(1894/1897 unter Leitung von D. Weil, A. Wolf, H. Weil und Lazarus Weil; 1903
von Alex Wolff, Ab. Weil, A. Wolf und H. Weil), den Israelitischen Frauen-Verein
(1894 unter Leitung der Witwe von Jonas Weil, der Frau von E. Wolf, der Witwe
von L. Levy und der Frau von Jacob Weil; 1903 unter Leitung der Witwe von B.
Bigart, der Frau von Jonas Weil und der Frau von B. Weil).
An Gemeindevorstehern sind bekannt: um 1887 Herr Weil; um 1893/1897 V.
Bigart, D. Weil, A. Wolf, L. Weil und H. Weil; 1903 S. Bigart, L.L. Weil, A.
Wolf, H. Bigart.
1913 wurde in den bürgerlichen Gemeinderat Prospère Weill gewählt.
1936 wurden noch 45 jüdische Einwohner gezählt. Vier Jahre später
wurden unter der deutschen Besatzung die letzten am Ort lebenden jüdischen
Personen nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Muttersholtz geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): Rachel Alkan (1869), Rene Berr (1888), Albert Bloch
(1888), Arlette Bloch (1926), Caroline Bloch (1926), Gaston Bloch (1926),
Jacques Bloch (), Jules Bloch (1892), Lucien Bloch (1921), Marthe Bloch (1922
oder 1923), Palmyre Levy geb. Bloch (1878), Helene Weill geb. Bloch (1897),
Charles Weixler (1889), Marcel Wolff (1896).
Nur ein Teil der früheren jüdischen Gemeindeglieder ist nach 1945
zurückgekehrt. 1950 gab es 50 jüdische Einwohner am
Ort.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine Beiträge
Hinweis auf Günzburger-Familien in Muttersholtz in 1784
(Beitrag von 1901)
Anmerkung: vermutlich haben sich einige der 1617 aus
Günzburg ausgewiesenen jüdischen
Familien im Elsass und dann auch in Muttersholtz niederlassen können. Zur
jüdischen Geschichte in Günzburg
https://de.wikipedia.org/wiki/Jüdische_Gemeinde_Günzburg).
Aus
einem Beitrag zur jüdischen Geschichte in Günzburg in "Blätter für jüdische
Geschichte und Literatur" vom 12. Dezember 1901: "Hiermit beende
ich das Verzeichnis der Günzburg und bemerke noch, dass dieser Name im
Elsass ebenfalls ziemlich verbreitet ist. Im Dénombrement des Juifs
d'Alsace en 1784 sind mehrere Günzburger aus Muttersholz erwähnt
(vergleiche REJ Nr. 8 pag. 239). Dasselbe Verzeichnis nennt Abraham
Günzburger (Kintzburger) in Bösenbiesen, Mayer Günzburger in
Cernay, Rachel Günzburger Witwe in
Habsheim, Spenle (?) Gensburg Witwe in
Hagenau, Simon Ginzburger in
Hattstatt, Josef, David und Herz
Ginsburg im Hegenheim..." |
Aus der Geschichte des Rabbinates
Zum Tod von Rabbiner Marcus Meier Ulmo (1895 in
Markolsheim, ab 1832 Rabbiner in Muttersholz, ab 1862 in Schlettstadt)
Anmerkung: Rabbiner Marcus Meier Ulmo (geb. 1803 in
Sierentz, gest. 1895 in
Markolsheim): studierte bei Rabbinern in Metz und
Karlsruhe, 1832 nach
Muttersholz
berufen; 1862 Verlegung des Rabbinates nach Sélestat
(Schlettstadt); legte 1885 nach 53-jähriger Tätigkeit als Rabbiner das Amt
nieder und zog zu seiner Tochter nach Hüningen, später nach
Markolsheim. Die
Beerdigung war am 13. Juni 1895 in Sélestat.
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 28. Juni 1895:
"In Markolsheim (Elsass) ist der Nestor der elsässischen Rabbiner,
M. Ulmo, im 93. Lebensjahr segensreicher Wirksamkeit
gestorben." |
|
Artikel
in "Der Israelit" vom 17. Juni 1895: "Markolsheim
(Elsass). Am 11. Juni ist der pensionierte Rabbiner Marcus Ulmo im
Alter von 93 Jahren gestorben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund
des Lebens." . |
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Artikel
in "Der Israelit" vom 20. Juni 1895: "Straßburg im Elsass. Zu ihrer
kurzen Notiz über den Tod von Rabbi Meier Ulmo möchte ich mir
erlauben, noch einiges nachzutragen.
Rabbi Meier Ulmo war nicht nur der älteste, sondern wohl auch der
gelehrteste und jedenfalls einer der frömmsten Rabbiner des Elsass. Er hatte
noch das Glück, zu den Füßen der alten großen Gelehrten zu sitzen. Er lernte
in Metz bei dem Verfasser des Me'ore Ha-Esch und in Karlsruhe bei
Rabbi Oscher (= Oberrat und Oberlandrabbiner Ascher Löw, vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ascher_Löw), dem Sohn des
weltberühmten Schaagat Arye (= Aryeh Loeb Ben Asher, vgl.http://www.jewishencyclopedia.com/articles/1848-aryeh-loeb-ben-asher),
welcher der erste war, der den Titel Oberrat führte. Zuerst war Rabbi
Meir s.A. Rabbiner in Muttersholtz, dann in
Schlettstadt, wo er 53 Jahre wirkte.
Noch jetzt erzählt man dort von seinen zu Herzen gehenden Predigten, die er
in deutscher so gut wie in französischer Sprache halten konnte. Er war
geliebt von Groß und Klein und hochgeachtet von Jedermann; er besaß eine
Feinheit in seinem Wesen, die ihm die Sympathien aller, die mit ihm in
Berührung kamen, im Fluge gewann. Mit 80 Jahren legte er zum Bedauern des
ganzen Bezirkes sein Amt nieder und siedelte zu seiner Tochter in
Hüningen bei Basel, später nach
Markolsheim über. Noch wenige
Monate vor seinem Tode hielt der schon 93-jährige alte Mann eine 3/4stündige
Predigt, die alle Anwesenden zu Tränen rührt. Bis kurz vor seinem Tod hörte
Rabbiner Meir s.A. nicht auf zu lernen und er zeichnete sich bis
zuletzt durch scharfen Verstand und zuverlässiges Gedächtnis aus. Am
Donnerstag den 13. Juni morgens 8 Uhr fand die Beerdigung statt, zu der
trotz der frühen Stunde die Vorsteher der umliegenden Gemeinden,
insbesondere der gesamte Vorstand von
Schlettstadt sich eingefunden hatten. In der Synagoge sprach zuerst der
jetzige Rabbiner in Schlettstadt,
Herr Wahl, einige Worte. Hierauf hielt Herr Rabbiner Dr. Cohn in
Basel einen Hesped (Trauerrede), in welchem
er die Gelehrsamkeit, die Überzeugungstreue und Charakterfestigkeit
hervorhob, mit der Rabbi Meir s.A. an dem überlieferten Judentum
festhielt. An der Leviah (Beisetzung) nahm nicht nur die ganze
jüdische Gemeinde, sondern auch der Bürgermeister und der Stadtrat und viele
Honoratioren teil. Von Rabbiner bemerkten wir die Herren Rabbi Bamberger
von Sennheim, Dr. Wolf -
Colmar, Weil -
Rappoldsweiler und Schüler -
Bollweiler, welcher auf den dem
Beth Hakewarot (Friedhof) in
Schlettstadt einen Hesped (Trauerrede) hielt. Das Andenken von
Rabbi Meir s.A. wird fortleben in den Herzen aller, die ihn kannten.
Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." .
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Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Über die Situation der Lehrer 1843
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843:
"Muttersholtz, eine ausgezeichnete Gemeinde, die ihre beiden Lehrer
mit 1.400 Franc bezahlt und alles Übrige allein beschafft, die die Stadt
hartnäckig jeden Zuschuss und auch die Bezahlung der Rabbinerwohnung
verweigert, was jetzt höherer Behörde vorliegt. Die erste Lehrerstelle
ist augenblicklich unbesetzt, und, obgleich die Gemeinde den Gehalt von
800 auf 1.000 Franc erhöht hat, will niemand die Stelle annehmen, weil -
drei erste Lehrer der Schule durch einen schnellen Tod nacheinander
plötzlich gestorben sind." |
Zur Diskussion um die Auflösung
jüdischer Volksschulen, u.a. in Muttersholtz (1909)
Artikel
in "Der Gemeindebote" vom 27. August 1909: "Straßburg,
18. August. In der letzten Zeit hat es den Anschein, als ob man es darauf
abgesehen hätte, die bestehenden jüdischen Elementarschulen des Landes nach
und nach verschwinden zu lassen. Die Gemeinderatsbeschlüsse betreffend der
Aufhebung der jüdischen Schulen mehren sich, ohne dass irgendwie Anstalten
getroffen werden, an anderen Orten lebensfähige Schulen als Ersatz
einzurichten. Bis jetzt ist es noch - allerdings mit großer Mühe - gelungen,
die gefährdeten Schulen in Schlettstadt,
Müttersholz und
Niederbronn zu erhalten. Nebenbei möge hier bemerkt sein, dass die
Erhaltung der jüdischen Schule in
Niederbronn hauptsächlich
dem energischen Auftreten des dortigen katholischen Pfarrers zu verdanken
sein soll. Über kurz oder lang wird jedoch in genannten Gemeinden die
Katastrophe eintreten, und andere, wo die Kinderzahl auf ein Minimum
herabgesunken ist, werden folgen. Unbegreiflich erscheint jedoch die
Tatsache, dass man es selbst in Gemeinden wie in
Winz(en)heim bei Colmar, wo die
Kinderzahl noch 30 beträgt und reichlicher Nachwuchs vorhanden ist, wagt, im
Gemeinderat die Auflösung der jüdischen Elementarschule zu beschließen. Wo
in Elsass-Lothringen ist es jemals vorgekommen, dass auch nur der Gedanke
aufkam, eine christliche Schule mit 30 Schülern eingehen zu lassen? Das
Zustandekommen dieses Beschlusses gewinnt erst dann an Interesse, wenn wir
verraten, dass von den drei Vertretern der jüdischen Angelegenheiten im
Gemeinderat zwei für Auflösung der jüdischen Schule stimmten, während der
dritte bei der Abstimmung durch Abwesenheit glänzte. Die Wiederherstellung
der früheren Zustände, d.h. Wiederanstellung eines jüdischen Klassenlehrers
an den christlichen Schulen, dem dann vielleicht außer Religion an die
jüdischen Kinder noch einige technische Fächer, wie Turnen, Zeichnen,
Schreiben usw. übertragen werden, ist keineswegs ein Ersatz für den Verlust,
den die jüdische Gemeinde durch Preisgabe ihrer Konfessionsschule erleidet,
da dadurch die hiesigen Schulen ihren christlichen Charakter absolut nicht
einbüßen und von Simultanschulen also auch dann nicht die Rede sein kann.
Bei der geringsten Abnahme der jüdischen Schüler könnte auch der jüdische
Lehrer ganz verschwinden. Es wird also Sache der Kultusverwaltung und des
Konsistoriums des Oberelsass sein, unverzüglich an maßgebender Stelle die
nötigen Schritte zu tun, um das selbst zu veranlassen, dass der in
Winz(en)heim gefasste
Gemeinderatsbeschluss betreffend Aufhebung der jüdischen Schule höheren
Ortes nicht genehmigt werde." |
Aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Spendenliste aus Mutterholz -
Sammlung durch Kantor Klein (1913)
Aus einer Spendenliste in "Das jüdische Blatt" vom 9. Mai 1913: "Kantor
Klein Müttersholz 28.80 (Chaloh) und zwar:
Frau Henry Weil 4.-, Witwe A. Weil 4.-, Emil Weil 1.50, Arthur Wolf 2.60,
Witwe Leon Weil 2.40, Frau Abraham Wolf 1.60, Abraham Bloch 2.20, Nathan
Metzger 2.00, Moritz Bloch 1.32, Leopold Metzger 0.50, Witwe Guth 1.12,
Rafael Bloch 0.92, Samuel Klein 1.84, Emanuel Weil 2.00, Moose Bloch 0.80.
Summe 28.80 " |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Abraham Dreyfus wird im Krieg 1870/71 schwer verletzt
(1872)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Februar 1872: "Französische
Soldaten jüdischer Religion. Fortsetzung.
In Nummer 49 vorigen Jahres haben wir nach den Archives israélites
die Liste der französischen Soldaten jüdischer Religion während des Krieges
1870/71 aus Lothringen gegeben. Zu den dort aufgeführten 22 mögen jetzt noch
folgende hinzugefügt werden: …
Dreyfus (Abraham), aus Muttersholtz, von einer Bombe auf den Wällen
von Schlettstadt erreicht, am rechten Fuß amputiert." |
Zum Tod des aus Muttersholtz stammenden Oberrabbiner Isaak
Bigart (1885)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. März 1885:
"Aus dem Reichslande. Am Mittwoch, den 24. Adar ist der Oberrabbiner
von Metz, Herr Isaak Bigart - er ruhe in Frieden - vom
Schauplatze seiner irdischen Tätigkeit abberufen worden. - Geboren am 23.
März 1828 zu Mutterholz, Kreis Schlettstadt, wirkte der
Entschlafene ehedem segensreich in Bergheim im Ober-Elsass als Rabbiner.
Vor 11. Jahren wurde er als Oberrabbiner an das israelitische Konsistorium
für Lothringen nach Metz berufen. - Wenn ich die vorzüglichen
Eigenschaften des Entseelten aufzählen wollte, die er mit der Würde
seiner hohen Stellung verband, so könnte ich aber auch seines vielfachen
mit Geduld ertragenen Schicksals nicht verschweigen, womit der Allgütige
ihn heimsuchte. Frau und Kinder sind ihm im Tode vorangegangen. Darüber
weine ich... (Threni / Klagelieder 1,16)." |
Zum Tod von Rabbiner Joseph Bloch (1905 in
Muttersholtz)
Anmerkung: Rabbiner Joseph Bloch (geb. 1820 in Cernay (Sennheim)
als Sohn des Seligmann
Bloch und der Lea geb. Pfeiffer geboren; gest. 15. November 1905 in
Muttersholtz): besuchte seit 1843 die École rabbinique in Metz; seit 1852
Rabbiner in Surbourg; 1866 Verlegung des Rabbinates nach
Soultz-sous-Forêt;
von 1882 bis 1900 Rabbiner in Bischheim, danach im Ruhestand; war verheiratet
mit Karolina geb. Kahn (gest. 1900).
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. November
1905: "Aus dem Elsaß. In Müttersholz verschied am 18.
Cheschwan ein Mann, der es verdient, dass seiner in den weitesten
jüdischen Kreisen gedacht wird. Im Alter von 86 Jahren hat Herr Rabbiner
Jos. Bloch seine irdische Laufbahn beschlossen.
Rabbiner Bloch wurde im Jahre 1819 in Sennheim (Oberelsass) geboren. Den
Grundstein seines reichen jüdischen Wissens legte er bei seinem Lehrer
Oberrabbiner Salomon Wolf Klein seligen Andenkens in
Dürmenach. - Seine
Studien beendete er an der école rabbinique in Metz, wurde Rabbiner in
Surburg,
Sulz am Wald und später in
Bischheim, als würdiger Nachfolger
des allbekannten und berühmten Rabbi Itzig Baer seligen Andenkens.
Rabbiner Bloch war noch einer von den echten Alten, die den
Rabbinerberuf aus einem inneren Drange heraus ergriffen, beseelt von dem
Wunsche, Tora zu lehren und zu verbreiten. Er fasste sein Amt nicht, wie
dies heute leider so oft geschieht, von der pekuniären Seite auf, sein
Leitmotiv war einzig und allein seine große Liebe zur Tora, die bei allen
seinen Handlungen zum Durchbruch kam.
Rabbiner Bloch war bei all seiner Gelehrsamkeit ein bescheidener Mann.
Persönliches war ihm fremd, er kannte nur die Sache, und von
eifersüchtigen Motiven wusste sein rechtlicher und frommer Sinn
nichts.
Unbeugsam und hartnäckig war er einzig und allein in der Verfechtung
unserer heiligen Gesetze und Minhagim (Gebräuche). - Da gab es für ihn
nichts Kleines, Unbedeutendes, Veraltetes, und er bestritt jedem, auch dem
bedeutendsten Rabbiner, das Recht, altehrwürdige Sitten und Gebräuche,
die durch Jahrhunderte geheiligt erscheinen, durch Neues, Zeitgemäßes zu
ersetzen. Er wollte den Beruf eines Rabbiners nicht vom Standpunkte eines
Gesetzgebers, sondern nur von dem eines Lehrers aufgefasst wissen, und von
diesem Gesichtspunkte war sein Handeln bestimmt. - Wer mit ihm in nähere Berührung
kam, bewunderte seine wahre, aufrichtige Friedensliebe und seinen edlen
Charakter, und mancher Toragelehrte war erstaunt über das große Wissen
dieses so bescheidenen Mannes.
19 Jahre waltete Rabbiner Bloch in Bischheim seines Amtes, und erst im
Alter von 80 Jahren, als ihm seine würdige Lebensgefährtin entrissen
wurde, zog er sich vom Amte zurück und verbrachte den Rest seiner Tage
bei seiner Tochter.
Rabbiner Bloch hat sich jede Trauerrede verbeten. Doch mehr wie Worte
verkündete die große Beteiligung bei der Trauerfeier in
Müttersholz,
sowie bei der Beerdigung, die in Bischheim erfolgte, dass ein Großer zu
Grabe getragen wurde.
Möge sein Andenken anfeuernd wirken auf alle Berufenen, wie er, zum Heile
unserer heiligen Religion, zum Wohle und zum Frieden der Gemeinden zu
wirken." |
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Artikel in "Der Gemeindebote" vom 8. Dezember 1905: "In
Bischheim wurde am 17. vorigen
Monats Rabbiner Bloch zur letzten Ruhe geleitet. Bis vor sechs Jahren
übte er sein Seelsorgeramt in dieser Gemeinde aus. Nach dem Tode seiner
neuen Lebensgefährtin gab er sein Amt infolge hohen Alters auf und siedelte
nach Straßburg zu seiner Tochter über. Als diese nun aber ihren Gatten
verlor und hierauf Straßburg verließ, verzog er zu einer anderen Tochter
nach Muttersholtz, um aber bald nach Paris dem Rufe der verwitweten
Tochter und seines einzigen Sohnes, eines dortigen Professors, zu folgen.
Dort hat den Greis nun der Tod ereilt, nachdem er einige Jahre erblindet
war." |
Albert Bloch wird Synagogendiener und Aufseher des israelitischen Friedhofes in
Schlettstadt (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 16. Mai 1913: "Schlettstadt.
Anstelle des nach Paris verzogenen Synagogendieners Bauer ist seit 1. Mai
Herr Albert Bloch aus Müttersholz zum Synagogendiener und
gleichzeitig zum Aufseher des
israelitischen Friedhofs in Schlettstadt ernannt. Es hatten sich um
diese einträgliche Stelle viele Kandidaten beworben. " |
Zum Tod von Mordochee Bloch geb.
Henriette Fohlen (1932)
Artikel in "Der Israelit" vom 11. August 1932: "Straßburg
(Elsass), 8. August. Am Morgen des 17. Tammus verschied Mordochee Bloch,
geb. Henriette Fohlen im Hause ihrer einzigen Tochter und ihres
Schwiegersohnes Herrn Henry Weil in Muttersholtz und wurde am Erew
Schabbat Hakodesch (= Freitag) in
Selestat zu Grabe getragen. Die Dahingeschiedene bildete ein jüdisches
Zentrum, von welchem Kraftströme zur Bildung neuer jüdische Häuser
ausgingen. An ihrer Bahre trauerten drei Kinder, außer der Tochter noch zwei
Söhne. Der eine Sohn ist der Rabbiner Camille Bloch in
Mulhouse (Mühlhausen), In dessen Händen
alle Arbeit für Keren haTora, Keren haJischuw und Erez Jisroel
für ganz Frankreich sich konzentriert. Der zweite Sohn ist der Präsident der
israelitischen Gemeinde von Markirch,
Inhaber der Weberei Henry Bloch und Co., wo trotz des großen Betriebes am
Sabbat alle Räder still stehen. Das schönste Denkmal für die dahin
geschiedene Mutter und ihren schon vor fast 40 Jahren gestorben Gatten.
Diese edle jüdische Frau, deren Zauber jeder verspürte, der in ihr Haus kam,
konnte am 17. Tammus von dannen gehen im Bewusstsein, dass bei ihren Kindern
und Kindeskindern die Gesetzestafeln nicht zerbrochen sind. Die Rabbiner
Uhry von Selestat und Armand
Bloch von Saverne brachten an der
Bahre in schönen Worten zum Ausdruck, was alle fühlten, die diese vornehme
Frau gekannt haben. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige der Mechanischen
Mazzenbäckerei Gebr. M. & H. Weil (1913)
Anzeige in "Das jüdische Blatt" vom 28. Februar 1913: "Mechanische
Mazzen-Bäckerei
unter Aufsicht. Gebrüder M. & H. Weil Müttersholz (Elsass).
Telefonamt Schlettstadt Nummer 58
Wir teilen hierdurch unseren geehrten Kunden von Straßburg und Umgebung
höflich mit, dass die Firma Weil-Schuhl in Straßburg keine Mazzen von
uns hat.
Wir machen unsere werte Kundschaft darauf aufmerksam, dass nur die mit
unserer Firma-Plombe versehene Packung aus unserem Betrieb stammt.
Referenzen stehen zu Diensten." |
Anzeige des Restaurants Josef Lévÿ
(1913)
Anzeige in "Das jüdische Blatt" vom 5. Dezember 1913: "Restaurant
Josef Lévÿ
Müttersholz im Elsass.
Exquisite Küche: Kommissionsgeschäft sämtlicher Landesprodukte
Hopfen, Tabak, Gerste und Kartoffeln. Telephon-Nr. 64 Amt Schlettstadt." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine Synagoge war bereits im 18. Jahrhundert vorhanden. Eine
neue Synagoge wurde 1838 erbaut.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge wurde nach 1940 umgebaut und wurde
gewerblich genutzt.
Adresse/Standort der Synagoge:
Fotos
Die Synagoge in
Muttersholtz
(Quelle) |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Mai 2019:
Die ersten "Stolpersteine" im
Elsass werden in Muttersholtz verlegt
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Artikel
von Robert Schmidt in "Baden-online" vom 2. Mai 2019:
"Gedenken an jüdische NS-Opfer. Die ersten "Stolpersteine" im
Elsass gesetzt
In dieser Woche sind die ersten elsässischen 'Stolpersteine' gesetzt
worden. Bei einer Veranstaltung in Muttersholtz unterstrichen zahlreiche
Akteure die Bedeutung der Aktion für die Erinnerungskultur über die
Greueltaten der Nazis gegen Juden. Im Elsass hatte es jüngst eine Reihe
antisemitischer Straftaten gegeben. Viele Ortenauer kennen sie: Die
Stolpersteine ragen ein Stück weit aus dem Bordstein heraus und erinnern mit
ihren Aufschriften an das Schicksal jüdischer Mitbürger zu Zeiten des
Nationalsozialismus. Nun sind am Dienstag und Mittwoch dieser Woche erstmals
auch im Elsass an mehreren Orten die kleinen goldfarbenen Monumente verlegt
worden.
Einige Hundert Menschen haben sich am ersten Aktionstag im elsässischen
Muttersholtz beteiligt, viele von ihnen kamen zur feierlichen Verlegung vor
die vormalige Synagoge gekommen. Unter den vor allem älteren Gästen fanden
sich nur eine Handvoll junge Menschen, unter ihnen ein junger Mann aus dem
nahen Séléstat. Auf Deutsch sagte der
Student, dass er froh sei über die Erinnerungsarbeit, die hier geleistet
wurde. In seiner eigenen Familiengeschichte gäbe es dagegen viele Lücken.
Sein eigener Urgroßvater habe im Zweiten Weltkrieg einige jüdische Mitbürger
versteckt, genaues wisse er aber nicht. Die Gedenksteine seien ein 'gutes
Projekt'. An einem Stolperstein ginge schließlich 'niemand einfach vorbei'.
Insgesamt 27 von privaten Spendern finanzierte Stolpersteine sind an
verschiedenen Stellen in Muttersholtz verlegt worden. Drei Jahre lang
hatte der deutsch-französische Historiker Christophe Woehrle auf diesen Tag
hingearbeitet und nicht nur die Recherchen, sondern auch die Organisation
federführend übernommen. Mit den Stolpersteinen erinnere man nicht nur den
Verstorbenen, man bringe auch die Lebenden zusammen, sagte Woehrle bei der
Veranstaltung in Muttersholtz, bei der auch der Künstler Gunter Demnig
anwesend war sowie Vertreter aus Politik, Religion und Zivilgesellschaft.
'Wir sind sehr dankbar für diese großartige Aktion', bekräftigte Maurice
Dahan, Vorsitzender des israelischen Verwaltungsrats im Departement Bas-Rhin.
Er erinnerte daran, dass Juden im Elsass bis in die heutige Zeit angegriffen
würden. Sie spielte damit an auf die jüngste Schändung eines jüdischen
Friedhofs im Elsass und weitere antisemitische Straftaten in Ostfrankreich.
Die Muttersholtzer Pastorin Carmen Dölling betonte, wie wichtig die Aktion
'gerade in solchen bewegten Zeiten' sei. Gott helfe den Menschen, dass sich
solche barbarische Akte niemals wiederholten, so die protestantische
Geistliche. Großrabbiner Avraham Weill sah in der Stolperstein-Verlegung
eine 'Botschaft der Hoffnung' und einen 'Weg des Weiterlebens'. Die Steine
ermöglichten den Verstorbenen 'bleibende Spuren' zu hinterlassen.
Weitere Stolpersteine wurden am Mittwoch in
Herrlisheim bei Colmar
verlegt. Auch in Straßburg gab es am 1. Mai eine Veranstaltung bei der
Verlegung von 20 Stolpersteinen."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 35.98.
|
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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