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Frankfurt am Main
Westend - Synagoge
(ehem. auch genannt: "Synagoge an der Königsteiner
Straße")
Übersicht:
Zur Geschichte der
Synagoge
Bei der Frankfurter Westend-Synagoge handelt es sich um die einzige der
Synagogen Frankfurts, die die Brandstiftungen während der Pogromnacht im
November 1938 überstanden hat, da das Feuer gelöscht werden konnte. Das
Gebäude ist bis heute ein wesentlicher Bestandteil der für den Stadtteil
typischen gründerzeitlichen Blockrandbebauung.
Die Synagoge Westend war seit ihrer Einweihung 1910 das wichtigste Zentrum
jüdischen Gemeindelebens in den westlichen Stadtbereichen Frankfurts. Sie
löste in dieser zentralen Funktion die 1893 eingeweihte Synagoge
in der Unterlindau ab, die jedoch als weiteres Zentrum jüdischen
Gemeindelebens bis 1938 bestehen blieb.
Der Bau der Westend-Synagoge wurde nach den Plänen des Architekten Franz
Röckle 1908 bis 1910 durchgeführt. Die Einweihung war am 28.
September 1910. Die Synagoge bot im Innenraum und auf der Empore
ursprünglich für etwa 1.200 Besucher Platz, dazu 40 Plätze für den Chor auf
der Sängerempore. In einem Nebengebäude zur Synagoge wurden Verwaltungsräume
eingerichtet, dazu eine Wochentagssynagoge, Rabbinerwohnungen und vier
Schulsäle für den Religionsunterricht. Der gesamte Bau wurde in Formen der
frühen Moderne gestaltet.
Beim Novemberpogrom 1938 und bei Bombenangriffen des Zweiten Weltkrieges
(vor allem im März 1944) wurde
das Gebäude stark beschädigt, aber nicht zerstört. Während des Krieges war
das Gebäude als Möbellager für bombengeschädigte Frankfurter Familien sowie
als Kulissenlager für die Oper Frankfurt zweckentfremdet worden.
Kurz nach Kriegsende wurde am 12. September 1945 der erste Gottesdienst
in der noch schwer beschädigten Synagoge abgehalten. 1950 wurde die Synagoge
nach einer zweijährigen Renovierung wiedereingeweiht (Architekten: Max Kemper,
Werner Hebebrand in Zusammenarbeit mit Hans Leistikow). Dabei wurde der
ornamentale und vielfarbige Stuck reduziert. Ein neuer Toraschrein und eine Bima
im Zentrum des Raumes entstanden. 1988 bis 1994 wurde die
Synagoge durch den Architekten Henryk Isenberg denkmalgerecht restauriert. Nun
wurden die Reste der alten Dekoration wieder freigelegt beziehungsweise
restauriert, sodass der Raum sich heute wieder dem ursprünglichen Eindruck
annähert.
Die Gottesdienste in der Westend-Synagoge wurden die Gottesdienst seit 1950 nach
orthodoxem Ritus abgehalten. Sie ist Synagoge unterschiedlicher religiöser
Richtungen des Judentums. Auch in der Gegenwart werden im eigentlichen
Synagogenbau mit der repräsentativen Kuppel die Gottesdienste der orthodoxen
Hauptgemeinde abgehalten. Im ehemaligen Trausaal rechts des Toraschreines hat
die Chabad-Gemeinde ein Talmudseminar eingerichtet. In einem Raum links des
Toraschreines treffen sich seit 2007 die liberale Gemeindeglieder des
Egalitären Minyan mit Rabbinerin Elisa Klapheck.
2012/13 wurde der Vorplatz neu gestaltet. Bis dahin hatte ein Gewirr von
Absperrungen und Barrieren die Synagoge vor Anschlägen geschützt. Im Zuge der
Umgestaltung des Vorplatzes wurden die Betonbarrieren und andere
Sicherheitseinrichtungen entfernt. Die begehbaren Flächen um die Synagoge
wurden vergrößert und mit drei Stufen eingefasst.
Adresse/Standort der Synagoge: Freiherr-vom-Stein-Straße
30-32 (früher: Königsteiner Straße / Altkönigstraße)
Berichte zur Geschichte der
Synagoge
Die Westend-Synagoge geht ihrer Vollendung entgegen
(1910)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 11. März 1910: "Frankfurt am Main, 6. März (1910). Die
sechste Synagoge in unserer Stadt, die im Frankfurter 'Tiergartenviertel',
in der Königsteinerstraße im Westend errichtet wird, geht jetzt ihrer
Vollendung entgegen. Dieses neue Gotteshaus, das neben den Synagogen in
der Börnestraße, am Sandweg, der Löwen-, Schützenstraße und
derjenigen an der Unterlindau, auch in architektonischer Hinsicht eine
Zierde der Stadt zu werden verspricht, wird 1200 Plätze enthalten und
eine Sängerempore für 40 Personen. In einem Nebengebäude werden die
Verwaltungsräume, die Wochentagssynagoge, Rabbinerwohnungen und vier
Schulsäle für Religionsunterricht eingerichtet. Das Nebengebäude soll
bereits am 1. April in Benutzung genommen werden."
Zu den genannten Synagogen siehe
Synagoge Börnestraße
Synagoge Schützenstraße
Unterlindau |
Zur Einweihung der neuen Westend-Synagoge
(1910)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30.
September 1910: "Frankfurt am Main. Franz Roeckle hatte
mit der neuen Westend-Synagoge, deren Einweihung gestern Abend
stattfand, eine schwierige Aufgabe zu lösen, denn der von verhältnismäßig
schmalen Straßen begrenzte Platz und die Forderung zahlreicher
Nebenräume gaben sehr ungünstige Bedingungen für ein machtvoll
wirkendes Gotteshaus. Roeckle hat im Rahmen des Gegebenen das Mögliche
geschaffen. Der graue Muschelkalk, die durchdachte organische Gliederung
und die mächtige Kuppelwölbung vereinen sich zu einem seiner Bestimmung
treuen Gesamtbilde. Im Inneren war die Aufgabe leichter, und so ist der
mächtige Synagogenraum - er hat in seiner Kuppel eine Höhe von 27 Metern
und bietet Raum für 1200 Beter - künstlerisch geradezu ein Vollendetes.
Wie genial hier der Übergang von der Bogen- zur Kuppelwölbung, wie
unübertrefflich der Farben Harmonie, um weihevolle Stimmung zu erwecken!
Aber auch einen jüdischen Charakter - wenn man überhaupt von einem
solchen reden kann - hat der Erbauer der Synagogenhalle zu geben
verstanden; dass die christliche Orgel über dem Oraun-Hakaudesch
(Toraschrein) gerade in diesem Raume ohne jeden Anklang an christliche
Kirchenbauart umso störender empfunden wird, ist nicht Schuld des
Baumeisters.
Zur Einweihung war die von dem gewaltigen Kronleuchter und von den
elektrischen Flammen der Wände lichtdurchströmte Halle bis auf den
letzten Platz gefüllt. Der Zuhörerraum war in drei Bankreihen geteilt.
Rechts und in der Mitte die Herren in Zylinder und links die Frauen in
Federhüten. In der Mitte, auf der ersten Bankreihe die Spitzen der
Staats- und städtischen Behörden.
Die Feier eröffnete ein Orgelpräludium. Es folgte eine Ansprache Justizrats
Blau, des Präsidenten der Gemeinde. Er begann mit den Psalmworten:
'Um meiner Brüder und Genossen willen ruft ich dir den Friedensgruß zu,
um dieses Gotteshauses willen wünsche ich Dir ewiges Heil.' Redner
entbietet Gruß den Gästen und dankt dem Schöpfer des schwierigen
Bauwerkes, Architekt Röckle, und all denen, die zur Errichtung des
schönen Gotteshauses helfend beitrugen. Alsdann legt er die
'Weltanschauung vom Glauben an die Zweckmäßigkeit alles Werdens und Geschehens
und an ein einziges, ewiges Wesen als Zwecksetzer von Anbeginn' dar und
fährt dann fort: Es herrscht bei uns Juden über die Art des
Kultus Meinungsverschiedenheiten, und während die einen an allen seit
alten Zeiten bestehenden Formen treulich festhalten und nicht geändert
wissen wollen, sind die anderen für Änderungen im modernen Sinne.
Die Gemeindeverwaltung als Vertreterin der Gesamtheit hat sich
bloß neutral zu verhalten und dem gerecht zu werden. Sie hat
deshalb bereits vor einem Jahrzehnt durch Erwerbung eines Grundstücks
vorgesorgt und so steht jetzt der Neubau im Westend da. In diesem neuen
Gotteshause ist besonders für die deutsche Muttersprache Sorge
getragen und die hebräischen Gebete sind entsprechend den Bedürfnissen
der Zeit noch mehr beschränkt worden. Das neue Gebethaus steht als ein
Wahrzeichen da, dass das Judentum den Anspruch erhebt, zu leben, um der
Menschheit zu dienen getreu der Parole: Treu-deutsch und jüdisch
zugleich.
Es folgt darauf das Anzünden des ewigen Lichtes durch Rabbiner Dr.
Seligmann; darauf spricht Rabbiner Dr. Lazarus in eindrucksvoller
Weise das Weihegebet, worauf das Einholen der Tora-Rollen geschieht,
begleitet vom Chorgesang und Sologesang des Vorbeters Scheuermann."
|
In
der ihm eigenen meisterhaften, hinreißenden Weise hielt darauf Rabbiner
Dr. Seligmann die Predigt. Diese gipfelte in zwei Grundgedanken. An
den Satz 'Seh eli weanwehu, elaukei owi waaraumemenu' (2. Mose 15,2:
'das ist mein Gott und ich will ihn preisen, er ist meines Vaters Gott,
ich will ihn erheben') anknüpfend, wies der Redner auf den Gegensatz
zwischen 'Elaukei owi' (meines Vaters Gott), dem nationalen von altersher
überlieferten Gotte, und dem 'Eli' den modernen persönlichen Gott des
heutigen Juden, hin. In begeisternden Ausführungen charakterisierte der
Redner den 'Elaukei owi', den Gott der Ahnen, und schilderte die sittliche
Grüße und ideale Erhabenheit des Judentums, wie es die Propheten und
Psalmisten verkündet haben. Dieser Teil seiner Predigt, den der Redner
dem 'Elaukei owi' widmete, riss durch die elementare Wucht des Vortrages,
durch das feurige Gefühl, von dem er getragen wurde, die Zuhörer hin und
versetzte sie in große Begeisterung. Dann zum 'Eli', dem modernen
individuellen Gotte übergehend, suchte der Redner durch lange Argumente
die Berechtigung des modernen, reformierten Judentums zu beweisen, dem
diese neue Synagoge zu dienen bestimmt sei. Er betont, in seinem neuen
Gebetbuche alle wichtigen Gebete beibehalten und nur die
nebensächlichsten fortgelassen zu haben; als Gebetssprache sei das
Deutsche dem Hebräischen vorgezogen worden, vor allem deshalb, weil dies
den Bedürfnissen der des Hebräischen unkundigen Beter, sodann aber dem
deutschen Empfinden entspreche.
Dieser Teil seiner Ausführungen klang im Gegensatz zu dem vorhergehenden
etwas gezwungen und gekünstelt und wurde auch von den Zuhörern etwas
kälter aufgenommen; man konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass der
Redner sich im gewissen Sinne zu rechtfertigen suchte.
In der anderen Hälfte seiner Rede trat der Redner den Behauptungen
entgegen, die das Judentum als materialistisch hinstellen wollen.
Das jüdische Volk habe seit jeher und durch die ganze Zeit des Goluth
(Diaspora) hindurch trotz furchtbarer Verfolgungen seinen Idealismus bis
auf den heutigen Tag bewahrt; und wozu die anderen Völker Regierung, Heer
und Flotte bedürfen, die Erhaltung der nationalen Güter, das brachten
wir einzig und allein mit unserem Idealismus fertig. Und auch dieser
Synagogenbau, zu dem so viele großherzig beigesteuert haben, ist ein
beredtes Zeugnis dafür, dass auch heute noch unter den Juden der
Idealismus nicht erloschen sei.
Nach der Predigt tritt der Kantor Naumow aufs Almemor, und vom Chor
begleitet, trägt er verschiedene deutsche Gesänge und Sätze aus dem
Keduschohgebet vor.
Mit einem Gebet für Kaiser und Vaterland durch Rabbiner Dr. Salzberger
und dem Chorgesang 'Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre' schloss die
Feier."
Anmerkungen: - Franz Roeckle:https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Roeckle
- Justizrat Blau: Dr. Julius Blau, Grüneburgweg 87
- Rabbiner Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann, Böhmerstraße 9
- Rabbiner Dr. Lazarus: Rabbiner Dr. Arnold Lazarus, Oberlindau 53 II
- Vorbeter Scheuermann: Oberkantor Selig Scheuermann, Merkurstraße 18,
https://de.wikipedia.org/wiki/Selig_Scheuermann
- Kantor Naumow: Oberkantor Naumov Fleischmann, Wolfgangstr. 84
- Rabbiner Dr. Salzberger: Rabbiner Dr. Georg Salzberger,
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Salzberger |
Über die neue Westend-Synagoge - Baubeschreibung
(1910)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. Oktober 1910: "Frankfurt am Main, 6.
Oktober (1910). Abseits vom Verkehr unserer großen Straßenzüge ist in
den letzten beiden Jahren ein Bau entstanden, der jetzt bedeutungsvoll in
die Reihe der Bauwerke eintritt, die das architektonische Bild Frankfurts
bestimmen: die neue Westend-Synagoge, die die israelitische Gemeinde an
der Kreuzung der Königsteiner und der Altkönigstraße hat errichten
lassen. Die Synagoge, die ihre Front der Königsteiner Straße zuwendet,
zeigt sich als kuppelüberwölbter Zentralbau, dem ein Vorhof vorgelagert
ist und um den in wirkungsvollen Giebelfronten Vorhalle, Seitenschiffe und
ein die Estrade der Kultushandlungen und den geräumigen Trausaal
enthaltender Bauteil geschart sind. In die Ecken dieser Giebelbauten sind
in kleineren Proportionen Räume für die Garderobe, Zimmer für die
Vorsteher, den Rabbiner, den Kantor angebracht; auf jenem schmäleren
Teile des Grundstücks, der die Konigsteiner Straße entlang zieht,
schließt sich das Gemeindehaus an die Synagoge an. Der Eindruck des
Außenbaus ist voll gehaltener Ruhe, ernst, würdig und vor allem durchaus
organisch. Die Formen sind groß und einfach, keine überflüssige
Dekoration zieht die Aufmerksamkeit von den reinen, tektonischen Linien
ab. Lisenen gliedern die Fronten, Medaillons mit heraldisch stilisierten
Löwen, die die Symbole des jüdischen Glaubens halten, beleben die
Giebel. Man versteht ohne weiteres, dass hier der Innenbau aus sich heraus
die Außenform bestimmt hat. Das Material des Bauwerks ist Muschelkalk,
der in seiner porösen Oberfläche etwas von der Belebtheit einer
Epidermis hat. Eine wuchtig drückende, kuppelüberwölbte kleine Vorhalle
nimmt den Eintretenden auf, der einen kleinen, von einem nicht minder
wuchtigen, pyramidalen Brunnen beherrschenden Hof überschreitet und in
die Synagoge eintritt. Sobald er die Promenadenhalle der Synagoge
durchschritten, steht er unter dem großen, dem überwältigenden Eindruck
der Kuppelform. Ein Gefühl des Freiseins, der Erhebung in ungemessene
Weite überkommt ihn, wie es eben nur der Zentralbau, der das Gefühl
nicht in bestimmende, begrenzende Linien bannt, zu geben vermag. Der
farbige Eindruck des Baus wird durch den Akkord von Blau und Gelb
bestimmt. Säulen, die mit gelbem Marmor überzogen und deren Kapitäle
blau und gelb bemalt sind, tragen die Emporen der Seitenschiffe und der
Wandelhalle. Die Wände sind mit gelbem und grauem (also für blau
vikarierendem) Marmor in geometrischer, triangulärer Konfiguration
überzogen. Die Wölbungen und Wände der Emporen, die Zwickelfelder
zeigen eine Verputzfläche von kräftigem Braun, von dem sich bei den
Emporen sparsame Ornamentfleckchen, bei den Zwickelfeldern goldleuchtend
die lapidaren Buchstaben hebräischer Inschriften abheben. Die Kuppel ist
in blau und braun, ebenfalls durch Verputzarbeit, kassettiert.
Goldschimmernd, leicht und frei schwebt der Lüster, in konzentrischen
Kreisen der Lichter nach unten sich verjüngend und in seinem Feuer von
farbigen Glassteinen gesteigert, in den Raum herab. Wuchtig breite
Ornamentlinien, deren Blau durch ein lichtes Grün vertieft wird und deren
Braun in Gold aufstrahlt, bringen die tektonischen Linien des Raumes zur
Anschauung, begleiten die Brüstung und Wölbung, die die Emporen
abschließt, bilden zusammen mit einer Kette gelber Fenster den Kranz, auf
dem die Kuppel aufsitzt. Nur im Grunde, dort, wohin die Blicke sich
richten, wo der Rabbiner predigt und der Vorhang die Torarollen verhüllt,
ist das Gelb zu einem feierlichen Weiß aufgelichtet, im Marmor des Pults
und der Säulen und in der Bemalung der Brüstung, und bildet zusammen mit
dem Golde einen festlichen Zweiklang. Trotzdem der Bau in seinem
konstruktiven Bestande durchaus ein Werk der modernen Zeit, ein Werk
moderner Eisenbetonkonstruktion ist, sucht er, - und das Recht wird man
ihm nicht bestreiten dürfen, - in seiner dekorativen Ausgestaltung eine
Fühlung mit altjüdischer Tradition zu gewinnen. Einen spezifisch
jüdischen Stil hat es wohl kaum gegeben. Zur Zeit des jüdischen
Nationalstaats mögen die Einflüsse ägyptischer und assyrischer Kultur
die Formen jüdischer Tempelarchitektur bestimmt |
haben.
Die große Zeit der Tanaim sah den Dekorationsüberschwang
römisch-hellenistischer Baukunst. Die jüdische Scholastik des
Mittelalters spann die feinen Maschen ihrer logischen Gewebe unter der
labyrinthischen Filigranarbeit islamischer Ornamentation. In der schlimmen
Zeit der historischen Baustile, da das Christentum seine Kirchen mühsam
verstandesmäßig den Bauwerken einer entschwundenen Glaubenszeit
nachbildete, hat das Judentum auf diese Schmuckformen maurischer Moscheen
zurückgegriffen und auch noch in neuerer Zeit, da man gelernt hatte,
einen Raum aus den Gesetzen seines Zweckes und seines Materials zu
gestalten, mochte man dieser Formen zu einer spezifischen
Charakterisierung des Synagogenbaus nicht entbehren. Die neue
Westendsynagoge hat auf diese dem jüdischen Mittelalter entlehnten Formen
völlig Verzicht geleistet und hat dafür Anregungen der frühen Zeit des
jüdischen Altertums, der wuchtig ernsten Welt der ägyptisch-assyrischen
Baukunst entnommen. Die Pfeiler der Vorhalle, die Säulen im Gotteshause
selbst, können an ägyptische Formen die Erinnerung wecken; auch der Farbenzweiklang
von blau und gelb könnte durch die Farbenstimmung ägyptischer
Tempelbauten veranlasst sein. In der baulichen Ausgestaltung scheint mir
nur ein Teil nicht völlig geglückt: das ist die Vorhalle, die den
Besucher aufnimmt und die von einer zu ihrem Zweck in gar keinem
Verhältnis stehenden Wucht der Formen ist. Der Charakter des Baus ist der
eines großen festlich-feierlichen Raumes, fast möchte man unter dem
Eindruck dieser farbenstarken Ornamentik sagen eines Prunkraumes, dessen
Bestimmung es ist, eine Menge zur Einheit einer Betrachtung
zusammenzuschließen und ihren Sinn vom Alltäglichen emporzuheben. - Die
Einweihung des herrlichen Gotteshauses fand unter großer Beteiligung
statt. In der ersten Bankreihe saßen die Vertreter der Behörden,
darunter Regierungspräsident von Meister - Wiesbaden,
Polizeipräsident Scherenberg, Oberbürgermeister Dr. Adickes,
Handelskammerpräsident Geheimrat Andrege,
Eisenbahndirektionspräsident Neuleaux, Landgerichtspräsident Dr.
Colnot, Oberstaatsanwalt Dr. Hupertz, Oberpostdirektor Maier,
Rektor der Akademie Dr. Freudenthal, die
Stadtverordneten-Vorsitzenden Gemeinrat Dr. Friedleben und Dr.
Hertz. Sie und die übrigen Gäste begrüßte der Vorsitzende des
Gemeindevorstandes, Justizrat Dr. Blau, mit dem Wort des
Psalmisten: 'Um meiner Brüder und Genossen willen rufe ich Dir den Friedensgruße
zu, um dieses Gotteshauses willen wünsche ich Dir ewiges Heil'. Die
Ansprache brachte, nach einem Dank für den Schöpfer des Bauwerks, Architekt
Rückle und seine Helfer, eine Darlegung der Weltanschauung, der die neue
Synagoge geweiht ist. Über die Art des Kultus bestehen
Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Judentums. Die Gemeindeverwaltung
als Hüterin der gemeinsamen Weltanschauung sucht allen Richtungen gerecht
zu werden. Sie hat deshalb, als die Hauptsynagoge, in deren Gottesdienst
die moderne Richtung zum Ausdruck kommt, auf die Dauer dem Bedürfnis
nicht genügte, bereits vor einem Jahrzehnt durch Erwerbung eines
Grundstücks im Westen vorgesorgt und jetzt den Neuabu errichtet. Außen
und innen fertig steht das neue Haus da, als ein Wahrzeichen, dass das
Judentum den Anspruch erhebt, zu leben, um der Menschheit zu dienen, und
dass es seine Mitglieder zur reinsten Vaterlandsliebe und zur treuesten
Erfüllung ihrer Bürgerpflichten erzieht, getreu der Parole: Treu-deutsch
und jüdisch allezeit. Die religiösen Zeremonien - Anzünden des ewigen
Lichts, Weihgebet und Einholen der Torarollen - vollzogen die Rabbiner Dr.
Seligmann und Dr. Lazarus. Dazu ertönten von der
goldverzierten Empore herab die mächtigen Akkorde der schönen Orgel und
eines wohlgeschulten Chors, unterbrochen von den Solosängen der Vorbeter
Scheuermann und Naumow. Die Festrede hielt Rabbiner Dr. Seligmann. Mit
einem von Rabbiner Dr. Salzberger gesprochenen Gebet für Kaiser
und Vaterland und dem machtvollen Schlusschor: 'Die Himmel rühmen des
Ewigen Ehre' schloss die erhebende
Feier."
Anmerkungen: - Lisenen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lisene
- Regierungspräsident von Meister: Wilhelm von Meister
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Meister
- Polizeipräsident Scherenberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_von_Scherenberg
- Oberbürgermeister Dr. Adickes: Dr. med. hon. c. Franz Adickes,
Guiolettstraße 55,
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/362g
https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Adickes_(Politiker)
- Dr. Colnot: Dr. jur. Heinrich Colnot, Untermainkai 28 II
- Dr. Hupertz: Dr. jur. Eduard Hupertz, Geheimer Oberjustizrat, Königlicher
Oberstaatsanwalt und Reichsbankkommissar, Beethovenplatz 5 E.
- Oberpostdirektor Maier: Geheimer Oberpostrat Friedrich Maier,
Hohenzollernplatz 64 II
- Dr. Freudenthal: Dr. jur. Berthold Freudenthal, Parkstraße 73 und
Westliche Fürstenberger Straße 217 I
- Dr. Friedleben: Dr. jur. Fritz Friedleben-Andreae, Geheimer Justizrat,
Rechtsanwalt und Notar, Bockenheimer Anlage 50 E. Wohnung: Rossertstraße 8
E.
- Dr. Hertz: Dr. jur. Moritz Philipp Hertz, Rechtsanwalt, Schillerstraße 14
I, Wohnung; Königsteiner Straße 18 III
- Justizrat Dr. Blau: Dr.jur. Julius Blau, Grüneburgweg 87
- Rabbiner Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. phil. Caesar Seligmann, Böhmerstraße
9,
http://www.judengasse.de/dhtml/P145.htm
- Rabbiner Dr. Lazarus: Rabbiner Dr. phil. Arnold Lazarus, Oberlindau 53 II
http://www.judengasse.de/dhtml/P146.htm
- Rabbiner Dr. Salzberger: Rabbiner Dr. Georg Salzberger
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Salzberger |
Bekanntgabe von Gottesdienstzeiten zu den hohen Feiertagen
(1914)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September
1914: "Bekanntgabe von Gottesdienstzeiten
Israelitische Gemeinde: Hauptsynagoge, Freitag, 18. September,
abends 6 Uhr, Rabbi Dr. Seligmann. Samstag, 19. September, mor-gens 9 Uhr,
Rabb. Dr. Lazarus. Nachmittags, 4 Uhr. Sabbatausgang 7 Uhr 10 Min.
Wochengottesdienst: Morgens 7 Uhr, nachmittags 4 Uhr. Neujahrsfest, Sonntag,
20. September abends 6 Uhr 30 Min. Predigt, Rabbiner Dr. Lazarus. Montag,
21. September, morgens 8 Uhr 30 Min, Predigt Rabb. Dr. Seligmann,
nachmittags 4 Uhr. Abends 7 Uhr. Dienstag, 22. September, morgens 8 Uhr 30
Min., Rabb. Dr. Lazarus. Nachmittags 4 Uhr. Festesausgang 7 Uhr 5 Min.
Synagoge am Börneplatz, Freitag, 18. September, abends 6 Uhr.
Samstag, 19. September, Frühgottesdienst 6 Uhr 15 Min. Morgens 8 Uhr.
Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Ausgang 7 Uhr 15 Min. Wochengottesdienst: Sonntag,
morgens 5 Uhr. Freitag, 18. September, Frankfurter Taanis,
Minchagottesdienst 12 Uhr 45 Min. Neujahrsfest, Sonntag, 20. September,
morgens 5 Uhr 55 Min., Predigt. Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Abends 7 Uhr 5
Min. Montag, 21. September, morgens 5 Uhr 55 Min. Predigt. Nachmittags 4 Uhr
30 Min. Abends 7 Uhr 5 Min. Dienstag, 22. September, 5 Uhr 55 Min,
nachmittags 4 Uhr 30 Min. Festesausgang 7 Uhr 30 Min. Wochenendgottesdienst:
Morges 5 Uhr 15 Min., nachmittags 6 Uhr.
Synagoge in der Königsteinstraße, Freitag, 18. September,
Jugendgottesdienst, 6 Uhr 30 Min. Rabbiner Dr. Lazarus. Samstag, 19.
September, morgens 9 Uhr 30 Min., Rabb. Dr. Seligmann. Wochengottesdienst:
Morgens 7 Uhr 30 Min., nachmittags 7 Uhr. Neujahrsfest. Sonntag, 20.
September, abends 6 Uhr 30 Min., Rabb. Dr. Seligmann, Montag, 21. September,
morgens 9 Uhr 30 Min. Rabbiner Dr. Lazarus. Abends 7 Uhr. Dienstag, 22.
September, morgens 9 Uhr 30 Min. Rabb. Dr. Seligmann. Festesausgang 7 Uhr 5
Min.
Frankfurt-Loge, Eschersheimer Landstr. 27, Neujahrsfest. Sonntag, 20.
September, abends 6 Uhr 30 Min. Montag, 21. September, morgens 7 Uhr.
Predigt, Dr. May. Nachmittags 4 Uhr, abends 7 Uhr 5 Min. Dienstag, 22.
September, morgens 7 Uhr, Predigt Dr. Horovitz. Nachmittag 4 Uhr.
Festesausgang 7 Uhr 10 Min.
Rechneisaal, Langestraße 29. Neujahrsfest. Sonntag, 20. September,
abends 6 Uhr 30 Min. Montag, 21. September, morgens 7 Uhr Predigt Dr.
Mainzer. Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Abends 7 Uhr 5 Min. Dienstag, 22.
September, morgens 7 Uhr. Nachmittags 4 Uhr. Festesausgang 7 Uhr 10 Min.
Synagoge in Bockenheim: Freitag, 18. September, abends 6 Uhr.
Samstag, 19. September, morgens 8 Uhr. Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Ausgang 7
Uhr 15 Min. Neujahrsfest. Sonntag, 20. September, mittags 4 Uhr 30 Min.
Abends 7 Uhr 30 Min. Dienstag, 22. September, morgens 7 Uhr. Nachmittags 4
Uhr 30 Min. Festesausgang 7 Uhr 10 Min."
Anmerkungen: - zur Hauptsynagoge:
http://www.alemannia-judaica.de/frankfurt_hauptsynagoge.htm
- Rabbiner Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann, Böhmerstraße 9
http://www.judengasse.de/dhtml/P145.htm
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=2573
- Rabbiner Dr. Lazarus: Rabbiner Dr. Arnold Lazarus, Oberlindau 53 II
Taanis: https://de.wikipedia.org/wiki/Ta%E2%80%99anit_(Mischna)
- Mischna: https://de.wikipedia.org/wiki/Mischna
- Dr. Mainzer: Lehrer Dr. Moritz Mainzer, Rhönstraße 2.
|
Bekanntgabe von Gottesdienstzeiten zu den hohen Feiertagen in der Kriegszeit
(1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. September
1918: "Bekanntmachung. Israelitischer Gottesdienst betreffend.
Mit Rücksicht auf die Fliegergefahr ist für das Neujahrsfest und den
Versöhnungstag Folgendes angeordnet worden.
1. Um eine Überfüllung der Synagogen zu verhüten, ist der Zutritt zu den
Synagogen unserer Gemeinde ausnahmslos nur gegen Vorzeigung der Einlasskarte
von 1918/19 gestattet.
2. In der Hauptsynagoge und der
Synagoge am Börneplatz
bleiben die Frauenemporen an den oben genannten Feiertagen im Allgemeinen
geschlossen. Für den Besuch geöffnet und lediglich am 2. Tag des
Neujahrsfestes (8. September) von 8 ½ Uhr vormittags und ab bis nach dem
Schofarblasen, und am Börneplatz auch zum Minchahgebet 4 ½ Uhr nachmittags,
wo noch einmal Schofarblasen stattfindet, ferner in beiden Synagogen am
Versöhnungstag (16. September) von 4 ½ Uhr nachmittags, ab bis zum Schluss
des Gottesdienstes.
3. Kinder unter 11 Jahren ist der Besuch sämtlicher Gottesdienste untersagt.
4. Bei Fliegeralarm werden die Garderoben in sämtlichen Gemeindesynagogen
sofort geschlossen; eine Herausgabe der abgegebenen Garderobenstücke findet
unter keinen Umständen vor Beendigung der Fliegergefahr statt.
5. Nach erfolgtem Fliegeralarm bleibt es jedem Synagogenbesucher überlassen,
in der Synagoge zu bleiben, oder einen der nahegelegenen Unterstände
aufzusuchen.
Die Kellerräume der Synagoge sind als Fliegerdeckung nicht geeignet.
Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln kann eine Gewähr für die Sicherheit der
Synagogenbesucher natürlich nicht gegeben werden.
Der Besuch der Synagogen erfolgt auf eigene Verantwortung und Gefahr der
Besucher.
Frankfurt a. M., den 4. September 1918
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde
Israelitische Gemeinde - Gottesdienste am Neujahrsfest
Hauptsynagoge: Freitag, den
6. September abends 7 Uhr Predigt Rabbiner Lewin. Samstag, 7.
Sept., morgens 8 Uhr 30 Min. Predigt Rabbiner Dr. Seligmann, nachmittags 4
Uhr, abends 7 Uhr 30 Min. Sonntag, 8. September, morgens 8 Uhr 30 Min.
Rabbiner Lewin, nachmittags 4 Uhr. Festesausgang 8 Uhr 35 Min.
Synagoge am Börneplatz
Freitag, den 6. September 7 Uhr. Samstag, den 7. September morgens 6 Uhr 25
Min., nachm. 4 Uhr 30 Min., abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 6
Uhr 25 Min., Schofarruf 8 Uhr 30 Min., Predigt nachmittags 4 Uhr 30 Min.
Schofar. Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Synagoge an der Königsteiner
Straße: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr. Samstag, den 7.
September morgens 7 ½ Uhr, Predigt Rabbiner Dr. Horovitz, nachm. 4 ½ Uhr,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 ½ Uhr, nachmittags 4 ½ Uhr.
Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Gemeinde-Synagoge Bockenheim: Freitag,
6. September, abends 7 Uhr. Samstag, 7. September, morgens 7 1/2 Uhr,
Predigt Rabbiner Dr. Horovitz, nachmittags 4 1/2 Uhr, abends 8 Uhr 40 Min.
Sonntag, 8. September, morgens 7 1/2 Uhr, nachmittags 4 1/2 Uhr, Festausgang
8 Uhr 40 Minuten.
Frankfurt-Loge: Freitag, den 6. September, abends 7 Uhr. Samstag, den
7. September morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt Dr. May, nachm. 4 Uhr 30 Min.,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt
Rabbiner Dr. Horovitz, nachmittags 4 Uhr 30 Min., Festesausgang 8 Uhr 40
Min.
Loge Adler: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr. Samstag, den 7.
September morgens 7 Uhr 30 Min., Predigt Dr. Mainzer, nachm. 4 Uhr 30 Min.,
abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr 30 Min., nachmittags 4
Uhr 30 Min., Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Synagoge an der Unterlindau: Freitag, den 6. September abends 7 Uhr,
Predigt Rabbiner Dr. Horovitz. Samstag, den 7. September morgens 7 Uhr,
nachm. 4 Uhr 30 Min., abends 8 Uhr 40 Min. Sonntag, 8. Sept. morgens 7 Uhr,
Predigt nachmittags 4 Uhr 30 Min. Festesausgang 8 Uhr 40 Min.
Anmerkungen: Neujahrsfest:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosch_ha-Schana
Versöhnungstag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jom_Kippur
Schofar:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schofar
Rabbiner Lewin:
https://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Lewin_(Rabbiner)
Rabbiner Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann, Böhmerstraße 9
https://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_Seligmann
Rabbiner Dr. Horovitz: Rabbiner Dr. Jakob Horovitz,
Staufenstraße 30
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/4231
Dr. May: Lehrer Dr. Benjamin May. Unterer Atzemer 14 I (geb.
Westhofen, Elsass 23. Mai 1882, gest.
29. Mai 1929 Frankfurt/Main).
Dr. Mainzer: Lehrer Dr. Moritz Mainzer, Rhönstraße 2.
"Stolperstein" Rhönstraße 2 |
In der Westend-Synagoge entstehen große Heizkosten (1920)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. November 1920: Von der Israelitischen Gemeinde.
Die
Kälte in der Synagoge Königsteiner Straße macht sich wohl im Winter
doppelt bemerkbar. Die Wärmezufuhr durch Heizung des Hauptraumes im
Winterhalbjahre erfordert einen Kostenaufwand von 80.000 Mark, der wie in
der letzten Sitzung des Ausschusses mitgeteilt wird, zum Teil von
Gemeindemitgliedern gedeckt wird. Es wurde außerdem in der gleichen
Sitzung der Vertrag mit dem
'Verein für jüdische Krankenpflegerinnen' genehmigt und diesem einen
Zuschuss von 75.000 Mk. bewilligt. 4.850 Mk. wurden für Reparaturen in der
Mazzobäckerei bewilligt. Mit der Frage von Erbplätzen in der Hauptsynagoge,
die für die Gemeinde einen finanziellen Ausfall bilden, soll die nächste
Sitzung befassen."
Anmerkung: Mazza:
https://de.wikipedia.org/wiki/Matze |
Über eine religiöse Weihestunde mit Rabbiner Dr.
Freudenthal aus Nürnberg in der Westend-Synagoge (1929)
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 8. März 1929: "Frankfurt am Main (Religiöse
Weihestunde in der Westend-Synagoge). In manchen Gemeinden des
Rheinlandes, auch in Nürnberg, seit kurzem in München, ist es üblich
geworden, in den Synagogen an Sonntagvormittagen oder -nachmittagen
Vorträge von Rabbinern der eigenen, auch auswärtigen Gemeinden, in
gewissen Abständen zu veranstalten. Man will damit einem doppelten Zweck
dienen. Juden und Jüdinnen, denen beruflicher Zwang den Besuch des
Gotteshauses am Sabbat verwehrt, will man wenigstens in diesem knappen
Ausmaße religiös-jüdische Belehrung und Erbauung bieten. Nichtjuden
sollen Gelegenheit haben, in einer ihnen verständlichen Form die
religiöse Welt des Judentums, frei von den Verzerrungen antisemitischer
Einstellung, kennen zu lernen. Bei uns in Frankfurt hat vor Jahren an den
Sonntagnachmittagen im Winterhalbjahr, auch im Hinblick auf den
erstgenannten Zweck, der selige Rabbiner Nobel unter starker Beteiligung
aus allen Teilen der Gesamtgemeinde seine bekannten Lehrvorträge
gehalten. Am Sonntagnachmittag, 17. Februar, fand sich nun in der
Westend-Synagoge um 5 Uhr ein großer Kreis von Interessierten zusammen.
Man sah nicht nur die gewöhnlichen Synagogenbesucher. Manch einer, der,
obschon er Jude, sonst nie ein jüdisches Gotteshaus betriff, war
erschienen. Und dieser und jener Christ hatte den Weg zu unserem
herrlichen Tempel in der Freiherr-vom-Stein-Straße gefunden. Ein Lied
erklingt von der Höhe der Orgelempore. Prof. Dr. Iggersheimer sang, seine
Zuhörer innig ergreifend, das 'Gebet', vertont von Hugo Wolf. Dann
schritt Seine Ehrwürden Herr Rabbiner Dr. Freudenthal aus Nürnberg zu
dem vor dem Vorbetertisch aufgestellten Rednerpult. Dass es ein
auswärtiger Rabbiner war, der in einem unserer Gotteshäuser nunmehr das
Wort ergriff, bedeutete die Erfüllung des schon längst gehegten
Wunsches, durch einen Austausch bewährter Kanzelredner erneute Anregung
in die Gemeinden, auch in unsere, zu bringen. Und wahrlich, wir waren
nicht enttäuscht. In lebendiger, klarer, anschaulicher, zu Herzen
gehender Weise zeigte uns Rabbiner Freudenthal 'Wege der Frömmigkeit',
wie sie das Judentum gesucht, gefunden und beschritten hat, indem er
helles Licht auch auf die verdunkelten Darstellungen jüdischer Religiosität,
wie sie von christlicher Seite mannigfach gegeben werden, zu werfen
verstand. Erhebung, Belehrung, Aufklärung boten seine Ausführungen,
denen die Zuhörer mit gespannter Aufmerksamkeit folgten. Diese erste
'Religiöse Weihestunde' fand die Deutung ihres Sinnes und ihre
Erfüllung. Fünf Gellert-Lieder, vertont von Beethoven, schlossen sich
dem Vortrag auch inhaltlich an und sicherten in der Schönheit ihrer Darbietung,
die wir wiederum in der Sangeskunst des Prof. Dr. Igersheimer und
seinem feinfühligen Begleiter Herr Organisten Würzburger verdanken,
einen harmonievollen Ausklang. Unter rauschenden Orgeltönen verließ die
innig bewegte Menge, die den Hauptraum der Synagoge fast bis auf den
letzten Platz gefüllt hatte, das Gotteshaus. In allen war wohl der Wunsch
einer baldigen Wiederkehr solcher Stunde lebendig. Dank denen insgesamt,
die an ihrer Gestaltung mitgewirkt haben."
Anmerkungen: - Rabbiner Nobel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Nehemia_Anton_Nobel
https://www.deutsche-biographie.de/sfz72202.html
http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?gnd=124731511
http://www.judengasse.de/dhtml/P138.htm
- Prof. Dr. Iggersheimer: Prof. Dr. med. Josef Igersheimer, Augenarzt,
Brentanostraße 1 E
- Gebet von Hugo Wolf: "Herr, schicke, was du willst...", 1888, Text: Eduard
Mörike vgl. z.B.
https://josephjoachim.com/2019/05/13/joseph-joachim-lied-herr-schicke-was-du-willst-morike/
- Rabbiner Dr. Freudenthal:
https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Freudenthal
- Gellert-Lieder:
https://www.lieder.net/lieder/assemble_texts.html?SongCycleId=51
- Organist Würzburger: Siegfried Würzburger, Gesangspädagoge, Pianist und
Organist, Friedberger Landstraße 9 |
Bekanntgabe der Gottesdienstzeiten in den Frankfurter
Synagogen (1928)
Anzeige in der "Jüdisch-liberalen Zeitung"
vom 10. Februar 1928: "Israelitischer Gottesdienst in
Frankfurt/Main.
Liberaler Ritus: Hauptsynagoge.
Freitag, den 10.2., abends 5.15, Jugendgottesdienst: Rabbiner Dr. Lazarus.
Sonnabend, den 11.2., morgens 9, nachmittags 4, Sabbat-Ausgang 6.25.
Wochengottesdienst: morgens 7.30, nachmittags 4.
Synagoge an der Königsteiner Straße. Freitag, den 10.2. abends 6.30,
Predigt: Rabbiner Dr. Seligmann. Sonnabend, den 11.2., morgens 9.30,
Sabbat-Ausgang 6.25. Wochengottesdienst: morgens 7.30, abends 7.
Konservativer Ritus: Synagoge
am Börneplatz Freitag, den 10.2. abends 5.10. Nach dem
Gottesdienst Vortrag Rabbiner Dr. Hoffmann. Sonnabend, den 11.2.,
Frühgottesdienst 7, morgens 8.15, nachmittags 4, nach Mincho für junge Leute
'Die Grundlehren des Judentums im Anschluss an Maimonides', Rabbiner Dr.
Hoffmann. 1 Stunde vor Nacht Vortrag 'Moses und Esra', Dr. Ernst Simon.
Sabbat-Ausgang 6.25. Wochengottesdienst: morgens 6.45, nachmittags 5.
Synagoge Bockenheim. Freitag, den
10.2., abends 5.10, Vortrag Dr. Horowitz. Sonnabend, den 11.2., morgens
8.45, nachmittags 4, Sabbat-Ausgang 6.25. Wochengottesdienst: morgens 7.15.
Israelitisches Krankenhaus Gagernstr. 36. Freitag, den 10.2., abends 5.10.
Sonnabend, den 11.2., morgens 8.15, nachmittags 4."
Anmerkungen: - Rabbiner Dr. Lazarus: Rabbiner Dr. phil. Paul Lazarus,
Cronberger Straße 30
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Lazarus_(Rabbiner)
http://www.judengasse.de/dhtml/P146.htm
- Rabb. Dr. Seligmann: Rabbiner Dr. Cäsar Seligmann,
Böhmerstraße 9
https://de.wikipedia.org/wiki/Caesar_Seligmann
http://www.judengasse.de/dhtml/P145.htm
- Rabbiner Dr. Hoffmann: Rabbiner Dr. phil. Jakob Hoffmann,
Gemeinderabbiner, Börneplatz 16 I
http://www.judengasse.de/dhtml/P139.htm
- Mincho:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mincha
- Maimonides:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maimonides
- Dr. Ernst Simon: Dr. phil. Ernst Simon, Redakteur,
Bockenheimer Landstr. 115
- Rabb. Dr. Horovitz: Rabbiner Dr. Jakob Horovitz, Staufenstraße
30
https://frankfurter-personenlexikon.de/node/4231 |
Der
Lehrer am Philanthropin (Frankfurt) Frank Rothschild
leitet den Chor in der Westendsynagoge
- Artikel zu seinem 60. Geburtstag (1938)
Anmerkung: Zum Philanthropin Frankfurt
https://de.wikipedia.org/wiki/Philanthropin_(Frankfurt_am_Main) und
https://lichtigfeld-schule.de/was-sie-ueber-uns-wissen-sollten/die-geschichte-der-i-e-lichtigfeld-schule/
Dazu auch: Wolfgang Roth: Jüdischer Sport in Frankfurt am
Main vor 1938. Als
pdf-Datei eingestellt.
Frank Rothschild ist 1878 in Krautheim geboren und 1940 in Boston/USA gestorben.
Er war 1902 bis 1938 Lehrer am Philanthropin Frankfurt und Dirigent des Chores
der Westendsynagoge Frankfurt; 1939 emigrierte er in die USA. 1940 trat er eine
Stelle als Director of Music am Temple Sinai in Boston an. Er starb jedoch
bereits im Oktober 1940. Grab vermutlich
https://de.findagrave.com/memorial/230837895/frank-rothschild,
Artikel
in "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main" vom Juli
1938: "Persönliche Nachrichten. Frank Rothschild zum 60.
Geburtstag.
Frank Rothschild wird am 16. Juli 60 Jahre alt. Von Jugend auf an
Selbstzucht geübt, ist er sich in seinem jugendlichen Temperament äußerlich
und innerlich gleich geblieben. Das ist vielleicht das schönste, was von ihm
gesagt werden kann: er ist sich selber seit den Tagen, da er von seinem
badischen Heimatort Krautheim an der Jagst nach Karlsruhe auf das
Lehrerseminar auszog, treu geblieben, weiterhin als junger Lehrer in
Bretten,
Müllheim und Mannheim, immer an
seiner Weiterbildung, an der Verwirklichung seiner Anlagen arbeitend. Als er
1902 ans Philanthropin kam, hatte er die Turnlehrer- und Musiklehrerprüfung
in Karlsruhe abgelegt und konnte in kurzer Zeit diese beiden Disziplinen
Turnen und Musik in der Schule neu aufbauen und zu ungewöhnlicher Höhe
entwickeln. Die organische Verbindung von Körperschulung und Musik war
damals kaum bekannt, und so manches Schauturnen zeugte von der
künstlerischen Durchdringung, die nur ein künstlerischer Mensch erzielen
konnte. Am stärksten offenbarte sich dieser künstlerische Mensch im
Musikunterricht und in den zahlreichen Schulfeiern, bei denen sein Chor und
das von ihm geschaffene Schulorchester unter seiner strafen Führung
harmonisch zusammenwirkten. Unvergesslich bleiben jene Aufführungen beim
Jahrhundertjubiläum (1904), bei der Einweihung des neuen Schulhauses (1908),
bei der Jubiläumsfeier 1929 und bei so vielen anderen Anlässen, alles wahrte
künstlerisches Niveau, trug in den musikalischen Teilen das persönliche
Gepräge des Dirigenten Frank Rothschild. Seine pädagogischen Leistungen und
sein musikalisches Können - er war hier in Frankfurt Schüler von Sekles und
hat auch noch das preußische Musiklehrerexamen in Berlin abgelegt - wurden
durch die Ernennung zum künstlerischen Studienrat offiziell anerkannt und
gewürdigt.
Neben seiner Schultätigkeit hat Frank Rothschild aber zugleich auch
entscheidenden Anteil an der Gestaltung des liberalen Gottesdienstes in der
Westendsynagoge, deren Chor er
von Anbeginn geleitet und in zäher Arbeit zu einem höchst beachtlichen
musikalischen Instrument geformt hat. Er hat dies über seine eigentlichen
Aufgaben hinaus in großen Synagogenkonzerten erweisen können. Er ist als
Dirigent nicht nur Bearbeiter, sondern auch Komponist und bei alledem ein
Interpret von feinster Einfühlung, der seinen persönlichen Gestaltungswillen
in den Dienst des Kunstwerks stellt.
Ein aufrechter, gerader, echter Mensch, der überall - auch im Felde - seine
volle Pflicht getan, und ein treuer Kamerad! Möchten ihm noch viele Jahre
einer unverminderten Wirksamkeit beschieden sein!" |
Bekanntgabe der Gottesdienstzeiten zu den hohen Feiertagen (Oktober / November
1938)
Anmerkung: die Gottesdienste ab dem 9./10. November 1938 konnten auf Grund
des Novemberpogroms 1938 nicht mehr stattfinden!
Fotos
Historische
Abbildung
der Westend-Synagoge |
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Blick auf
die Westend-Synagoge von Südwesten, links das Verwaltungs- und
Schulgebäude,
rechts die Synagoge mit ihrer hohen Kuppel. Foto rechts aus:
http://www.vor-dem-holocaust.de/
unter "Frankfurt") |
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Die Westend-Synagoge
im Sommer 2012
(Fotos: Hahn,
Aufnahmedatum 20.8.2012) |
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Blick auf die
Westend-Synagoge
von Westen, im Vordergrund die Vorhalle |
Blick auf die
Westend-Synagoge
von Südosten |
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Das
Foto oben in hoher Auflösung |
Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Blick auf das Gebäude
von Süden |
Löwe mit
Gebotstafeln |
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Das
Foto oben in hoher Auflösung |
Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Innenaufnahmen
in hoher Auflösung siehe Wikipedia-Artikel
"Westend-Synagoge" |
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Innenaufnahmen
der Westend-Synagoge
(Quelle: übernommen aus www.synagogen.info;
Fotos von 2002 von Borislav Davidkov, Frankfurt;
Foto zweite Zeile rechts von Ulrich Knofinke, Braunschweig) |
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Im Vorhof - Blick zum
Eingangsgebäude |
Im Vorhof: Blick zur
Synagoge |
Der Kronleuchter |
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Blick nach Osten - zum
Toraschrein |
Blick auf den Toraschrein |
Blick zum Toraschrein |
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Seitenschiff |
Der Hauptraum mit
dem Kronleuchter -
Blick nach Westen |
Hauptraum
gegen Norden |
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Die Westend-Synagoge Frankfurt im Film:
Einzelne
Presseberichte zur Westend-Synagoge
November 2006:
Zur Geschichte der Westend-Synagoge - Artikel zum
Gedenktag der Pogromnacht 1938 |
Artikel von Hans Riebsamen in der
"Frankfurter Allgemeinen" vom 8. November 2006: "Synagogen.
Dem Abriss entgangen. Alle vier großen Synagogen in Frankfurt sind in der Pogromnacht vom 9. November 1938 gestürmt und angezündet worden. Nur die Westend-Synagoge ist danach nicht abgerissen worden und hat überdauert.
Die Westend-Synagoge ist erstaunlicherweise nach dem 9. November 1938 nicht abgerissen worden wie die anderen drei großen Synagogen in Frankfurt. Wie die 1860 eingeweihte Hauptsynagoge an der damaligen Börnestraße an der ehemaligen Judengasse, die am Ende von den Liberalen in der Einheitsgemeinde, der Israelitischen Gemeinde, genutzt worden war.
Wie die außen im Stil der italienischen Renaissance gehaltene und innen nach orthodoxem Ritus gestaltete Börneplatz-Synagoge, vollendet 1882 und Versammlungshaus der Orthodoxen in der Einheitsgemeinde. Und wie die Synagoge an der Friedberger Anlage, gebaut 1907 für die besonders streng orthodoxen Mitglieder der Israelitischen Religionsgesellschaft, die nicht der Frankfurter Einheitsgemeinde angehören wollten..."
Link
zum Artikel |
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September 2010:
Zum hundertjährigen Bestehen der
Westend-Synagoge |
Artikel von Hans Riebsamen in der
"Frankfurter Allgemeinen": 100 Jahre Westend-Synagoge. Früher von Nazis bedroht, heute von Terroristen
1910 gründeten liberale Juden in Frankfurt die Westend-Synagoge. In der Nazizeit auf
wundersame Weise der Vernichtung entgangen, muss das Gotteshaus dieser Tage vor Terroristen geschützt werden. Gefeiert wird das Jubiläum dennoch.
Heute vor 100 Jahren wurde die Westend-Synagoge geweiht. Gefeiert wird, weil der jüdische Kalender etwas kompliziert ist, allerdings erst in einem Monat, am 24. Oktober. Damals, 1910, als der Frankfurter Oberbürgermeister Franz Adickes, der Nobelpreisträger Paul Ehrlich und der Religionsphilosoph Hermann Cohen ihre Zylinder vor der großen Leistung der hiesigen jüdischen Gemeinde zogen, hat sich niemand vorstellen können, dass dieses Gotteshaus ein Jahrhundert später gegen Terroristen verbarrikadiert werden muss..."
Link
zum Artikel |
Artikel von Salomon Korn in der
"Frankfurter Allgemeinen" vom 26. Oktober 2010: "Die Frankfurter Westend-Synagoge
Eine Zuflucht in der Schwere unserer Tage
Vor hundert Jahren wurde die Frankfurter Westend-Synagoge geweiht. In seinem Festvortrag beschreibt Salomon Korn die wechselvolle Geschichte eines Bauwerks, das die beiden religiösen Hauptrichtungen des Judentums unter einem Dach vereint.
Die Geschichte der 1910 geweihten Westend-Synagoge umspannt ein Jahrhundert, ragt aber in drei Jahrhunderte hinein. Keine andere Frankfurter Synagoge durchlief in ihrer Geschichte so viele Zeitenwenden, Umbrüche und Neuanfänge wie dieses Gotteshaus. Und keine andere Synagoge in Frankfurt, ja in Deutschland, wurde vier Mal eingeweiht.
Baugestalt und Dekor der Westend-Synagoge gehen auf den Historismus des 19. Jahrhunderts zurück, auf eine Architekturströmung, die sich - dem restaurativen Geist der Zeit folgend - aus dem Formenschatz vergangener Epochen bediente. Im Jahrhundert europäischer Nationalstaatenbildung kamen jedem Baustil jeweils unterschiedliche Bedeutungen und Botschaften zu. Sie dienten vor allem weithin sichtbaren Bekenntnissen im öffentlichen Raum zum jeweiligen Souverän, sei es Herrscher, Kirche oder Vaterland..."
Link
zum Artikel |
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August 2012:
Neuer Eingangsbereich für die Synagoge |
Artikel in der "Frankfurter
Rundschau" vom 9. August 2012: "Frankfurt - Jüdische
Gemeinde - Synagoge mit neuem Entree. Die Betonsperren, die zurzeit die Westend-Synagoge vor terroristischen Angriffen schützen, sollen einer neuen Treppenanlage weichen. Das jüdische Gotteshaus soll so einen würdigeren Rahmen erhalten.
Seit vielen Jahren treffen sich die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde hinter Betonsperren, wenn sie am Sabbat zum Beten in die Westend-Synagoge gehen. Diese Sperren in der Freiherr-vom-Stein-Straße sollen Sicherheit gegen terroristische Attacken bieten, sie halten aber alle Außenstehenden auf Abstand und isolieren das jüdische Leben.
Jetzt will die Stadt aus der dem Verkehr entzogenen Fahrbahn einen gepflasterten Vorplatz für das über 100 Jahre alte Gebäude machen. Statt der Beton-Abweiser kommt
'eine dreistufige Treppenanlage' an den Rand. Außerdem sollen zwei Dutzend Betonkuben gesetzt werden, die
'die Fläche zur Straße gliedern'...".
Link
zum Artikel |
Artikel in der "Frankfurter Neuen
Presse" vom 9. August 2012: "Neues Entree für die Synagoge.
Für zwei Millionen Euro werden die Straße und der Vorplatz
umgestaltet...."
Link
zum Artikel |
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September 2012:
Über eine Foto-Ausstellung
des Fotografen Rafael Herlich |
Artikel von Hans Riebsamen in der
"Frankfurter Allgemeinen" vom 3. September 2012: "Westend-Synagoge. Orthodoxe, Liberale und ganz Fromme
Die Westend-Synagoge hat Geschichte geschrieben. Seit vielen Jahren fängt der Fotograf Rafael Herlich die besonderen Momente in diesem Tempel ein.
Er hat die Besuche der Politiker in der Westend-Synagoge mit seiner Kamera festgehalten. Jenen des Bundeskanzlers Helmut Kohl oder den des Bundespräsidenten Johannes Rau noch in Schwarz-Weiß. Daran lässt sich ablesen, dass Rafael Herlich schon lange der Dokumentarist der hiesigen Jüdischen Gemeinde und damit auch ihres Gotteshauses ist. Der bärtige Mann mit der Kamera ist der bedeutendste Bild-Chronist jüdischen Lebens nicht nur in Frankfurt, sondern in der ganzen Republik. Kein ordinärer Knipser, sondern ein Lichtkünstler, der Gemälde des Judentums mit seiner Kamera malt.
Bei den Jüdischen Kulturwochen, die noch bis Sonntag dauern, zeigt Herlich in einer Ausstellung im Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum ausschließlich Aufnahmen, die er in der Westend-Synagoge gemacht hat..."
Link
zum Artikel |
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September 2016:
Drei Rabbiner - darunter der neue
Leipziger Rabbiner - werden in der Westend-Synagoge ordiniert
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Artikel in der "Leipziger Volkszeitung" vom
26. September 2016: "Neuer Leipziger Rabbiner Jochanan Guggenheim in
Frankfurt ordiniert
In der Frankfurter Westend-Synagoge sind am Montag drei orthodoxen Rabbiner
ordiniert worden. Jochanan Guggenheim wird künftig in der Israelitischen
Religionsgemeinde Leipzig tätig sein.
Frankfurt a.M. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat am Montag in
Frankfurt am Main die Ordination von drei Rabbinern gefeiert – darunter auch
von Jochanan Guggenheim. Der gebürtige Duisburger soll künftig Rabbiner
Zsolt Balla in der Israelitischen Religionsgemeinde Leipzig unterstützen.
'Die Ordination neuer Rabbiner zeigt wie kaum ein anderes Ereignis die
Stärke unserer Gemeinschaft', sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am
Montag in der Frankfurter Westend-Synagoge. Schuster warnte, durch den
Erfolg der Partei AfD und anderer Rechtspopulisten sowie der steigenden Zahl
von Islamisten wehe 'ein kalter, heftiger Wind durch Deutschland'. Ihm
setzten die jüdischen Gemeinden ihre Werte und Gebote entgegen. 'Wir zeigen,
dass das geht. Wir lassen unsere Werte nicht einfach wegpusten. Das haben
wir schon über Jahrtausende bewiesen', sagte Schuster.
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bezeichnete die
Ordination der Rabbiner als 'ein herausragendes Ereignis und Anlass großer
Freude für unser Land'. Es sei 'die Fortsetzung eines Stücks bedeutender
deutsch-jüdischer Geschichte', sagte Bouffier. Das jüdische Leben habe
wieder einen festen Platz in der deutschen Gesellschaft. 'Mit der Rückkehr
der jüdischen Kultur ist auch unser Land wieder zu unserer Kultur
zurückgekehrt.' Die Perspektive des jüdischen Glaubens sei für die gesamte
Gesellschaft eine Bereicherung. Israel- und Judenfeindlichkeit 'dulden wir
nicht', sagte der Ministerpräsident. Die drei ordinierten Theologen haben
nach Angaben des Zentralrats der Juden ihre Ausbildung am orthodoxen
Rabbinerseminar in Berlin abgeschlossen. Rabbiner Nosson Kaplan wird
Assistenzrabbiner der Jüdischen Gemeinde Osnabrück. Jochanan Guggenheim wird
ab Oktober in Leipzig als Assistenzrabbiner arbeiten, und Rabbiner Benjamin
Kochan ist als Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde Erfurt sowie als
Landesrabbiner von Thüringen tätig. 'Für eine jüdische Gemeinde ist es ein
großer Gewinn, einen eigenen Rabbiner zu haben. Das stärkt den Zusammenhalt
und die Identifikation', sagte Zentralratspräsident Schuster. Seit 2009
werden wieder orthodoxe Rabbiner in Deutschland ordiniert. In jenem Jahr
wurde auch das Rabbinerseminar in Berlin als Nachfolgeinstitution für das
1938 durch die Nationalsozialisten geschlossene Hildesheimer'sche
Rabbinerseminar in Berlin gegründet. Bisher wurden nach Angaben des
Zentralrats in München, Leipzig, Köln und zuletzt 2014 in Würzburg insgesamt
acht orthodoxe Rabbiner nach einem Studium zu Geistlichen erklärt. Angehende
Rabbiner der liberalen Richtung können in dem 1999 gegründeten
Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam ihr Studium absolvieren. Es
steht nach eigenen Angaben in der Tradition der Berliner Hochschule für die
Wissenschaft des Judentums, die 1942 von den Nationalsozialisten geschlossen
wurde. Die erste Ordination eines liberalen Rabbiners in Deutschland nach
1945 fand 2006 in Dresden statt. Meistens gibt es nach Angaben des
Zentralrats abwechselnd in einem Jahr eine Ordination liberaler Rabbiner und
im anderen Jahr eine Ordination orthodoxer Rabbiner."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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