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Echzell
mit Bisses und Gettenau (Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des Arbeitskreises
"Jüdisches Leben in Echzell"
www.juedisches-echzell.de
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Echzell bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht
in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1572 Juden
in Echzell genannt: nachdem am 27. Juni 1572 Landgraf Ludwig von Hessen befohlen
hatte, dass alle jüdischen Männer zum 7. Juli nach Marburg kommen sollten,
erschienen auch Abraham und Isack von Echzell. In den folgenden
Jahrhunderten lebten zunächst nur jeweils wenige jüdische Familien am Ort:
1734 waren es drei erwachsene Juden und 14 Kinder, 1770 wurden sechs jüdische
Familien gezählt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gehörten die in Echzell
lebenden jüdischen Personen zur Gemeinde in
Bisses.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1828 29 jüdische Einwohner, 1861 76 (4,6 % von insgesamt 1.650
Einwohnern), 1880 96 (6,1 % von 1.562), 1895 79 (5,0 % von 1.553), 1910
64 (4,1 % von 1.557). Seitdem Echzell Hauptgemeinde war, gehörten auch die in Bisses
und Gettenau lebenden jüdischen Personen
zur Gemeinde in Echzell. Die jüdischen Familien in Echzell lebten vor Handel
mit Vieh, Textilien, als Metzger, Getreidehändler oder Bäcker.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibungen der Stelle unten). Es werden als Lehrer genannt: spätestens
seit 1865 und bis um 1880 Lehrer G.C. Bamberger, 1889 bis 1891 Lehrer Weinschenk und
wenige Jahre später Lehrer Joseph Stern (gestorben 1935, siehe
Artikel unten).
Seit Ende der 1860er-Jahre bestand für einige Jahre unter Lehrer
G. Bamberger (und dem weiteren Lehrer Benjamin Heidingsfelder) ein Israelitisches Lehr-
und Erziehungsinstitut am Ort. 1871 wurde es nach
Nidda verlegt.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Unteroffizier
Gustav Simon (geb. 30.3.1890 in Bisses, gef. 20.8.1917) und Moritz Simon
(gleichfalls aus Bisses).
Um 1924, als noch 66 Gemeindeglieder gezählt wurden (4,1 % von insgesamt
1.602), waren die Vorsteher der Gemeinde Sally Wormser, Julius Simon und Sigmund
Simon. Als Lehrer und Kantor war der oben bereits genannte Joseph Stern tätig.
Im Schuljahr 1924/25 hatte er sieben jüdische Kinder in Religion zu
unterrichtet. An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Israelitischen Wohltätigkeitsverein
Chevre Gemilus Chassodim (gegründet 1885, zur Hilfe in Krankheits- und
Todesfällen, 1924/32 unter Leitung von Moritz Adler, 1932 17 Mitglieder). 1924
gehörten aus Bisses 20, aus Gettenau 5 Personen zur jüdischen
Gemeinde in Echzell. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Sali
Wormser (1. Vors.) und Julius Simon (2. Vors.), neu im Vorstand war Max
Schreiner (3. Vors.). Als Lehrer war weiterhin Josef Stern tätig (für die im
Schuljahr 1931/32 sechs jüdischen Kinder), als Schochet ist Kurt Schreiner
eingetragen. In diesem Jahr gehörten aus Bisses zwölf, aus Gettenau sechs
Personen zur jüdischen Gemeinde.
1933 lebten noch 56 jüdische Personen in Echzell (3,5 % von
insgesamt 1.609). In den folgenden Jahren ist der Großteil der jüdischen
Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien
weggezogen (insbesondere nach Frankfurt oder in andere Städte, teilweise von
dort deportiert) beziehungsweise ausgewandert (von acht Personen bekannt). Beim
Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge im Inneren zerstört (s.u.), aber auch jüdische
Familien (Rossmann und Simon) überfallen, die Wohnungen zertrümmert und die
Bewohner misshandelt. 1939 wurden nur noch sechs jüdische Einwohner gezählt. Von
Echzell wurden schließlich die beiden letzten der noch am Ort lebenden
jüdischen Personen deportiert: Hermann Heilbronn und Emma Heilbronn geb. Mayer.
Von den in Echzell geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Isidor Adler (1883),
Lilli Grünewald geb. Simon (1909), Emma Heilbronn geb. Mayer (1884), Hermann
Heilbronn (1879), Martin Heilbronn (1925), Siegfried Heilbronn (1913), Emilie
Heiser geb. Simon (1890), Betty Henoch geb. Mayer (1903), Herta Herz geb.
Rossmann (1888), Lina Hess (1906), Emilie Kaufmann geb. Fuld (1880), Julius
Kaufmann (1913), Karolina (Klara) Kaufmann geb. Rothschild (1889), Theodor
Kaufmann (1882), Therese Lind geb. Simon (1893), Paula Lindtheimer geb. Reis
(1870), Levi Löwenstein (1879), Mathilde Löwenstein (1875), Siegmund Löwenstein
(1876), Ernestine Meier geb. Simon (1878), Hermann Reis (1872, Dina Rothschild
(1896), Emma (Else) Rothschild (1894), Sofie Rothschild (1891), Emilie
Schreiner geb. Simon (1881), Adolf (Abraham) Simon (1873), Bernhard Simon
(1877), Mili Simon geb. Simon (1896), Moritz Simon (1879), Sigmund Simon (1878),
Erna Stern (1894).
Aus Gettenau sind umgekommen: Karl Liebrich () und Marx Lipolc (1912).
Hinweis: die in einigen Listen aufgeführte Edith geb. Schlötter (bei Yad
Vashem falsch als Edith Schlüter) hat die Zeit im KZ überlebt und ist nach
Echzell zurückgekehrt.
"Todesfallanzeige"
für Hermann Reis (umgekommen in Theresienstadt 1943)
Abbildung
links: "Todesfallanzeige" des Ghettos Theresienstadt für Hermann
Reis, geb. 3. März 1872 in Echzell, später wohnhaft in Hamburg,
deportiert von Hamburg aus, umgekommen in Theresienstadt am 16. Februar 1943; Hermann Reis war
verheiratet mit Stefanie (Steffi) geb. Schlomer, die in der
Todesfallanzeige genannt wird (geb. 1879 in Lübeck, umgekommen am 6.
Februar 1943 in Theresienstadt). Die beiden Kinder des Ehepaares -
Hans und Elly - haben die NS-Zeit überlebt: Hans war interniert auf der
Isle of Man; Elly ist in die USA emigriert.
Für Hermann und Steffi Reis wurden in Hamburg vor dem Haus
Moorweidenstraße 15 (Eimsbütter, Rotherbaum) "Stolpersteine"
verlegt (www.stolpersteine-hamburg.de)
(Quelle: © National Archives, Prague; Terezin Initiative Institute
- Website;
Abbildung und Informationen erhalten über Amelie Döge). |
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1889 / 1891
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1889:
"Die hiesige Kantor- und Religionslehrerstelle, für welche ein fixer
Gehalt von 700 Mark, sowie freie Wohnung und ein Nebeneinkommen ausgesetzt
sind, ist baldigst zu besetzen. Qualifizierte Bewerber wollen sich unter
Einsendung von Zeugnisabschriften an den Unterfertigten melden.
Echzell in der Wetterau.
Der Vorstand: Rothschild." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1891:
"Die Religionslehrer & Kantorstelle zu Echzell (Wetterau)
ist alsbald zu besetzen. Fixer Gehalt Mark 700 und freie Wohnung. Kenntnis
der Schechita erwünscht.
Der Vorstand: A. Simon I." |
Anzeigen des Lehr- und Erziehungs-Institutes in
Echzell (1869 / 1871)
Anmerkung: Das Lehr- und Erziehungs-Institut bestand in Echzell bis 1871 und
wurde danach nach Nidda verlegt.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 18. August 1869:
"Lehr- und Erziehungs-Institut
zu Echzell in der Wetterau.
Die Anstalt wird am 3. Oktober dieses Jahres eröffnet. Sie soll
namentlich eine Vorbereitungs-Anstalt für den Kaufmannsstand sein.
Vorbereitung zum Examen für den einjährigen, freiwilligen
Militärdienst. Für Kost und Wohnung beträgt das Honorar jährlich 180
Gulden Schulgeld, für die 3. Klasse 30 Gulden, für die zweite 40 Gulden
und für die erste 50 Gulden.
Für die besten Lehrkräfte ist Sorge getragen.
Die Anstalt wird einen eigenen Hausgottesdienst einrichten und in
echt-religiösem Geist geleitet werden.
Das Direktorium Bamberger & Heidingsfelder." |
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Anzeige
in "Der israelitische Lehrer" vom 29. März 1871: "Von
Großherzoglicher Oberstudien-Direktion konzessioniertes
Lehr-Institut zu Nidda (Bad Salzhausen).
Unser seither in Echzell bestandenes Institut haben wir nach Nidda verlegt
und mit dem dortigen vereinigt. Das Sommer-Semester beginnt den 24. April.
Vorbereitung für's Handelsfach und für die höheren Gymnasialklassen.
Prospekte gratis.
Echzell im März 1871. Der Institutsvorstand: Bamberger & Heidingsfelder.
" |
Anzeigen von Lehrer Weinschenk (1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1891: "Für
ein braves, kräftiges, 16jähriges Mädchen, das sich allen häuslichen
Arbeiten unterziehen will, wird in einer religiösen Familie eine Stelle
gesucht, in welcher Gelegenheit zum Erlernen des Kochens geboten ist. Es
wird weniger auf Lohn, als auf familiäre Behandlung gesehen. Offerten
sind zu richten an Lehrer Weinschenk, Echzell in der Wetterau." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April 1891: "Ein
in allen Zweigen der Haushaltung tüchtiges und sonsthin gebildetes
Fräulein von 24 Jahren und angenehmem Äußeren, in Handarbeiten sehr
geübt, sucht in einem besseren, religiösen Hause Stellung als
Haushälterin, oder auch als Buffetmädchen in einem jüdischen Hôtel, da
dasselbe namentlich in der Feder sehr bewandert ist. Dasselbe wäre
alleinstehenden Personen als Haushälterin ganz besonders
anzuempfehlen.
Offerten sind zu richten an Lehrer Weinschenk, Echzell in der
Wetterau." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Mai 1891: "Für
einen kräftigen Metzgergesellen (tüchtiger Wurstler) wird in einer
religiösen Metzgerei bei sofortigem Eintritte Stellung gesucht.
Offerten
sind zu richten an Lehrer Weinschenk, Echzell in der
Wetterau." |
40-jähriges Lehrerjubiläum von Lehrer Stern (1923)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1923:
"Würzburg, 15. September (1923). Ihr 40jähriges Lehrer-Jubiläum
begingen im Hotel Goldschmidt dahier die Lehrer: Ehrenreich - Langenselbold,
Fröhlich - Gießen, Goldstein - Würzburg, Klein -
Gießen,
Levi - Burgpreppach, Rau - Hirschaid, Rosenthal - Worms, Schloss -
Langen, Stern - Echzell, Strauß -
Gelnhausen, Weichselbaum - Adelsberg. Gleichzeitig übergaben sie dem hiesigen israelitischen
Seminare ein ansehnliches Geschenk. Von den 15 Absolventen des Jahrganges
1883 sind leider drei mit Tod abgegangen und einer in einer Nervenanstalt
untergebracht." |
70. Geburtstag von Lehrer Joseph Stern (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März 1933: "Echzell,
5. März (1933). Herr Lehrer Josef Stern, Echzell (Oberhessen), beging am
19. März seinen 70. Geburtstag. Wir wünschen dem verdienten Lehrer ein
weiteres arbeitsreiches Leben. (Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Zum Tod von Lehrer Joseph Stern (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1935:
"Echzell (Oberhessen), 5. Februar. Tiefer Schmerz erfüllt alle
Freunde und Bekannt, welchen die Nachricht von dem Ableben des Lehrers
Joseph Stern zu Ohren kam. Eine der einprägsamsten Persönlichkeiten
unseres Orte und unseres Kreises wurde uns genommen. Mit Joseph Stern
sinkt ein Stück Geschichte unserer Gemeinde und unseres Kreises ins Grab,
und wir wissen, was seinem engsten kreise genommen wurde, dem Sohn, der
Tochter und den Verwandten. Ganz besonders seiner Gemeinde, der er über
40 Jahre als geistiger Führer bevorstand, war er ein Seelsorge im wahren
Sinne des Wortes. Für jeden wusste er das passende Wort, zur gegebenen
Stunde. Allen konnte er mit Rat und Tat belehrend und aufklärend zur
Seite stehen. Er war das eiserne Band, das seine Gemeinde zusammenhielt
und vor dem Verfall bewahrte. Es ist ein gewaltiger Riss, der in unser
aller Sein gerissen wurde. Joseph Stern, der ein Alter von 72 Jahren
erreichte, wirkte lange Jahrzehnte als Lehrer und Kultusbeamter in
Echzell. - Die Trauerfeier fand unter großer Beteiligung in der Synagoge
statt. Nach der Rede des Herrn Selig sprachen ergreifende Worte Herr
Lehrer Klein, Gießen als Jugendfreund und Schulkollege und die Vorsteher
der Gemeinden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
81. Geburtstag von Süßkind Simon (1902)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1902:
"Echzell, 24. März (1902). Am Sabbat Paraschat Sachor (das war der
22. März 1902) beging unser ältestes Gemeindemitglied, Herr Süßkind
Simon, seinen 81. Geburtstag. Der Genannte hatte es verstanden, in jeder
Beziehung sich die Sympathie seiner Mitmenschen zu erwerben. Sein herzlich
freundliches Wesen gewann ihm die Herzen Aller. In hervorragendem Maße
hat er sich um unsere Gemeinde als Mitvorbeter verdient gemacht. Schon
seit 60 Jahren wirkte er als solcher. Namentlich an den hohen Feiertagen
betete er vor. Seine kräftige, wohlklingende Stimme, der man sein hohes
Alter unmöglich anmerken kann, seine schönen, altjüdischen Melodien
begeistern seine Zuhörer oft in solchem Grade, dass er oftmals Gegenstand
von Ovationen wurde. Man ehrte den hochbetagten und noch so rüstigen
Greis, umso mehr, weil dieser für seine schätzenswerten Dienste
keinerlei Gebühren annahm. An seinem 81. Geburtstage betete er abermals
vor. Die ganze Gemeinde war tief gerührt, als er mit altgewohnter Frische
die Gesänge vor dem Ausheben der Tora anstimmte. In seinem Segensspruche
bedachte er alle Gemeindemitglieder und spendete reichlich für die Armen.
Nach dem Gottesdienste stürmte Alles auf den Jubelgreis ein und brachte
ihm die herzlichsten Glückwünsche dar. Möge dieses Gemeindemitglied zu
Gottes Ehre, zu unserer Gemeinde Freude noch viele Jahre uns erhalten
bleiben." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Gesellensuchen des Bäckers Emanuel Roßmann
(1885 / 1890 / 1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1885: "In
meiner Bäckerei kann sofort ein tüchtiger Bäckergeselle dauernde
Beschäftigung erhalten. Samstag und Feiertage geschlossen. E. Roßmann.
Echzell, Wetterau." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember 1890:
"Ein ordentlicher Junge, welcher die Bäckerei erlernen will,
kann per sofort in die Lehre treten. Samstage und Feiertage
geschlossen.
Echzell (Wetterau). E. Roßmann." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober 1900:
"Ein kräftiger Bäckergeselle
findet gegen gute Bezahlung dauernde
Stellung. Samstags geschlossen. Offerten mit Gehaltsansprüchen sind zu
richten an
Emanuel Roßmann, Echzell,
Oberhessen." |
Lehrlingssuche von Metzger Levy
Rothschild (1890 / 1899)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1890:
"Einen braven, kräftigen Jungen aus anständiger Familie sucht als
Lehrling bei sofortigem Eintritte Levi Rothschild, Metzger in Echzell,
Wetterau." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. November 1899:
"Ein Junge, welcher die Metzgerei erlernen will, kann sogleich
eintreten Levy Rothschild, Echzell." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
für die in Echzell
geborene Mathilde Löwenstein |
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Kennkarte (ausgestellt in
Dieburg 1939) für Mathilde Löwenstein (geb. 10. September
1875
in Echzell), wohnhaft in Dieburg; am 27. September 1942 ab Darmstadt
deportiert in das
Ghetto Theresienstadt, wo sie am 21. Februar 1943 umgekommen
ist |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst besuchten die in Echzell lebenden Juden die
Synagoge im Nachbarort Bisses. Nachdem um 1850 die Hauptgemeinde nach Echzell
verlegt wurde, begannen die Planungen zum Bau einer Synagoge in Echzell.
1863-1865 konnte die Synagoge erbaut werden. Ein Bericht zur Einweihung der
Synagoge wurde noch nicht gefunden.
Bei der Synagoge handelte es sich um einen zentrierten Saalbau über
einem quadratischen Grundriss. Zur Straße hin hatte der Bau Zwerchgiebel vor
einem Walmdach. An der Westseite lag das mit einem Rundbogen versehene
Eingangsportal, rechts und links davon hohe Rundbogenfenster, darüber ein
Rundfenster, das vermutlich einen Davidstern zeigte. Auf der Nordseite hatte das
Gebäude drei schmalere Rundbogenfenster. Breite Ecklisenen waren mit schmalen,
hohen Rundbogennischen versehen. Im Inneren gab es 72 Plätze für Männer,
40 für Frauen.
1878-79 wurde eine gemauerte Einfriedung um das hinter der Synagoge
liegende Gartengrundstück vorgenommen, nachdem der Nachbar, Sattlermeister
Wötzold dieses zur Synagoge gehörende Stück als "seinen" Platz
benutzte, Holz bis dicht an die Synagoge hin lagerte und anderen das Graben von
Kalkgruben auf diesem Platz erlaubt hatte. Das Synagogengebäude wurde mehrfach
renoviert. So sind 1925 die Außenfenster und die Eingangstüre neu gestrichen
worden. 1926 wurde der Außenputz erneuert und die Holzdecke ersetzt.
Beim Novemberpogrom 1938 sammelte sich vor der Synagoge eine große
Menschenmenge. Junge Männer sprengten die Tür, verwüsteten den Innenraum und
legten unter dem Beifall der Menge Feuer.
Bis in die 1960er-Jahre stand das in Privatbesitz befindliche Gebäude
leer und geriet in einen baulich immer schlechteren Zustand. Der Besitzer ließ
es schließlich bis auf Mauern im Erdgeschoss abbrechen und in eine Gaststätte
mit Tanzbar umbauen. 1988 (?) wurde auf einem Gedenkstein auf dem Gehsteig vor
dem Gebäude eine Hinweistafel angebracht mit der Inschrift: "Synagoge.
Hier auf dem Grundstück Bisseser Straße 21 stand die 1863-1865 von der jüdischen
Gemeinde erbaute Synagoge. In der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurde
die Inneneinrichtung durch Brand zerstört."
Adresse/Standort der Synagoge: Bisseser
Straße (beziehungsweise Bisserstraße) 21.
Fotos
Die ehemalige Synagoge
in
Echzell |
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(Quelle: Arnsberg
Bilder S. 47) |
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Die zu einer Gaststätte
und einer
"Tanzbar" umgebauten Reste der
ehemaligen
Synagoge |
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(Quelle: Altaras 1988 S. 185.
Aufnahme August 1984) |
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Dass. mit Erinnerungsstein
auf
dem Gehsteig vor dem Gebäude |
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(Quelle: Altaras 1995 S. 149,
Aufnahme 1992?) |
Inschrift auf dem
Erinnerungsstein |
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Foto von Anfang 2003 (Quelle:
S. Jesberger,
Darmstadt, www.synagogen.info) |
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Das 2015 aufgestellte
Mahnmal
zur Erinnerung an die Echzeller Juden
(Foto erhalten von Jochen Degkwitz) |
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"Wer
vergisst, wird blind dem Unrecht. Wer gedenkt, umarmt die Opfer.
Zur Erinnerung an die Echzeller Opfer der Judenverfolgung
1933-1945..."
mit den Namen der umgekommenen jüdischen Personen, die in Echzell, Bisses
und Gettenau
geboren wurden oder als Familienangehörige dort gelebt haben. |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
August 2011:
Ein "Arbeitskreis Jüdisches Leben in
Echzell" hat sich gegründet |
Artikel im "Kreis-Anzeiger"
(Wetterau-Kreis") vom 26. August 2011 (Artikel):
"Aufarbeitung der jüdischen Geschichte
ECHZELL (red). Der Einladung des Arbeitskreises 'Jüdisches Leben in
Echzell' waren viele Bürger gefolgt, die mit Interesse die bisherigen Überlegungen der Initiatoren zur Kenntnis nahmen. Diskutiert wurde insbesondere, auf welche Art und Weise man die jüdische Vergangenheit Echzells wieder ins Bewusstsein rufen könne..." |
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September 2011:
Über die Forschungen des "Arbeitskreises
Jüdisches Leben" in Echzell |
Artikel im "Kreis-Anzeiger"
(Wetterau-Kreis) vom 24. September 2011:
"Internet macht umfangreiche Recherche möglich
ECHZELL. 'Arbeitskreis Jüdischen Lebens' hat viele Namen der ehemals in Echzell wohnenden Juden bereits ermittelt
(pha). 'Es krachte draußen und ich hörte meinen Vater aus dem Fenster rufen: ‚Um Himmels willen, was tut ihr
da?‘', erinnert sich eine Echzellerin, die als Achtjährige die Novemberpogrome vom 9. auf den 10. November 1938 miterlebte. Ihr Vater war bedroht worden, er solle das Fenster schließen, sonst werfe man seine Scheiben auch noch ein. Doch da war ohnehin schon alles zu spät, die Echzeller Synagoge brannte lichterloh.
Nicht zu spät aber auch nicht zu früh wurde begonnen, diese Zeit in Echzell aufzuarbeiten. Die Zeitzeugen werden immer weniger. Doch wäre noch vor einigen Jahren die Aufgabe, die sich der neu gegründete
'Arbeitskreis Jüdisches Leben in Echzell' gestellt hat, ungleich schwerer gewesen. Das erkennt man, wenn Dr. Christian Becker von seiner Recherche über Leben, Tod und Vertreibung der Echzeller Juden erzählt. Eine so umfangreiche Ermittlungsarbeit hat erst das Internet möglich gemacht. Dadurch entsteht nun eine relativ kurze Zeitspanne, in der man einerseits das moderne Medium des Internets zur Nachforschung nutzen kann und andererseits noch Augenzeugen befragen kann..." |
Hinweis: Zum obigen Artikel im
"Kreis-Anzeiger" kann nicht mehr verlinkt werden; ein ähnlicher
Artikel in der "Wetterauer Zeitung" vom 17. November 2014
ist oben als Textabbildung eingestellt (bitte zum Lesen Textabbildung
anklicken) |
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November 2011:
Gedenkfeier zum Jahrestag des
Novemberpogroms 1938 |
Artikel
in der "Wetterauer Zeitung" vom 9. November 2011: "'Vergessen
bedeutet, die Opfer ein zweites Mal zu töten'. Gedenkveranstaltung
anlässlich der Novemberpogrome - Gottesdienst und Gedenkmarsch zum
Jüdischen Friedhof..."
Zum Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken oder über
Link zum Artikel. |
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Februar 2015:
Mahnmal wird aufgestellt (vgl. Foto oben) |
Artikel von Andreas Grotz in der "Frankfurter Rundschau" vom 31.
Januar / 1. Februar 2015: "Ein Sockel mit 59 Schicksalen. Echzell.
Das Mahnmal für die Echzeller Juden steht an einem außergewöhnlichen
Ort...."
Link zum Artikel
über die "Echzeller Nachrichten" oder links Abbildung des
Artikels anklicken. |
|
Artikel von Ines Dauernheim in der "Wetterauer Zeitung" vom 24. Februar 2015: "Für
Toleranz, gegen Radikalität. Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten
Juden eingeweiht - Lob für Arbeitskreis..."
Link zum
Artikel über die "Echzeller Nachrichten" (mit weiteren
Fotos) oder links Abbildung des Artikels anklicken
|
Weiterer Artikel im "Gießener
Anzeiger" vom 26. Februar 2015: Mahnmal für ermordete Juden in Echzell (Gießener Anzeiger, 26.02.2015) |
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November 2019:
Gedenken zum Jahrestag der
Pogromnacht 1938 |
Artikel in der "Wetterauer Zeitung" vom 31.
Oktober 2019: "'Jüdisches Leben in Echzell' lädt ein zur Gedenkfeier
Echzell (pm). Am Jahrestag der Reichspogromnacht wird der Arbeitskreis
"Jüdisches Leben in Echzell" erneut an die ehemaligen jüdischen Mitbürger
erinnern sowie der jüdischen Opfer der Nazi-Diktatur gedenken. Beginnen wird
die Veranstaltung am Samstag, 9. November, um 16.30 Uhr im Pfarrsälchen mit
dem Erzählen von Geschichten. Dr. Christian Becker berichtet von der
Reichspogromnacht in Echzell, und die jüdische Kantorin Leah Frey-Rabine
wird jüdische Geschichten erzählen. Parallel dazu soll aber auch gegessen
und getrunken werden. Zudem wird Frey-Rabine ein jüdisches Ritual (Hawdalah),
welches das Ende des Schabbats und den Anfang der neuen Woche bzw. das Ende
eines Feiertags markiert, zelebrieren. Hierbei werden Wein, Gewürze, Licht
und der Übergang vom Heiligen ins Alltägliche gesegnet. Enden wird diese
etwas andere Gedenkfeier mit dem Totengebet und dem Kaddisch der Trauernden
vor dem Mahnmal. Alle interessierten Bürger sind zur Gedenkveranstaltung
eingeladen."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Echzell |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Echzell sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,144 Familien- und Personenstandsregister der Juden von
Echzell 1760 - 1862;
enthält Jüdisches Familienregister mit Angabe der Geburts-, Trau- und
Sterbedaten 1760 - 1862
sowie Jüdisches Geburts-, Trau- und Sterberegister 1774 -
1855 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2590334
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 147-148. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 47. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 184-185. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 149. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 318-319. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 63-65. |
| Dietrich Lucius: Zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde in Echzell und Bisses. In: 1200 Jahre Echzell. 782-1982. Ursprung,
Epochen und Strukturen einer Dörfergemeinschaft. Echzell 1982 S.
208-211. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Echzell
Hesse. Jews living in Bisses, Gettenau and Echzell formed one community,
numbering about 90 in 1830. They were an integral part of village life and some
Yiddish terms entered local parlance. The community in Echzell was established
in 1864, when a new and larger synagogue was opened. The Jewish population
declined from 96 (6,1 % of the total) in 1880 to 56 (3,5 % in 1933). On Kristallnacht
(9-10 November 1938), the synagogue's interior was destroyed and Jewish homes
were vandalized. By 1939 only a few Jews remained.
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