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Treuchtlingen (Landkreis
Weißenburg-Gunzenhausen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen
Gemeinde (english
version)
In Treuchtlingen lebten Juden bereits im Mittelalter.
Sie waren von der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 betroffen. Ob es zur
Bildung einer Gemeinde gekommen ist, ist unbekannt.
Die Entstehung der
neuzeitlichen Gemeinde geht auf die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück.
Erste Nachweise von jüdischen Niederlassungen stammen aus der Zeit Ende des 16.
Jahrhunderts, als Treuchtlingen den Grafen von Pappenheim gehörte. Zunächst
benutzten die jüdischen Einwohner Treuchtlingens die Synagoge und den Friedhof der Pappenheimer
Juden. Im Laufe des
18. Jahrhunderts entstand in der Stadt jedoch eine der wichtigsten jüdischen Gemeinden in Bayern.
Zuzug erhielt die Gemeinde u.a. nach der Ausweisung der Juden im Herzogtum
Pfalz-Neuburg 1741 (vgl. Monheim).
Im 19. Jahrhundert erreichte die Zahl der
jüdischen Einwohner ihren Höhepunkt 1837 mit 282 Personen (17,7 % von insgesamt 1.590
Einwohnern). In den folgenden Jahrzehnten ging
die Zahl durch Aus- und Abwanderung zurück (1890 158 Personen, d.h. 5,6 % von
2.811 Einwohnern, 1910 128 Personen, d.h. 3,3 % von 3.858 Einwohner).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Elementar-(Volks-) und Religionsschule, ein rituelles Bad sowie einen
eigenen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein Rabbiner
angestellt (bis 1873), danach ein Elementarlehrer sowie ein Vorbeter
(Kantor).
Letzterer war auch als Schochet (Schächter) tätig. Zu einzelnen Personen siehe
unten bei den Berichten.
Treuchtlingen war bis 1873 Rabbinatssitz. Letzter Rabbiner war seit 1826
- damals als Nachfolger von Rabbi Jakob Meschulam Feist - Rabbiner Isaak
Pinkas Skutsch (1800 - 1873 in Treuchtlingen). Danach gehörte die Gemeinde zum Distriktsrabbinat Schwabach. 1932 wurde das Schwabacher
Rabbinat aufgelöst und für kurze Zeit ein selbständiges Rabbinat
Treuchtlingen unter der Führung des Schwabacher Rabbiners Dr. Salomon
Mannes errichtet. Seit 1935 wurde die Gemeinde durch Rabbiner Abraham (Adolf)
Isaak Klein von der orthodoxen Gemeinde Nürnberg betreut. Über die Einrichtung
des Rabbinates 1932 berichtet die Zeitschrift "Der Israelit":
Artikel in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1932: "München, 25. September
(1932). Ganz entgegen der Entwicklung in Bayern, die einer Zusammenlegung der
Klein-Rabbinate zustrebt, errichtet die Gemeinde Treuchtlingen mit dem 1.
Oktober ein selbständiges Rabbinat. Treuchtlingen war bis zum Jahre 1873 ein
besonderes Rabbinat zuletzt unter Rabbiner Skutsch. In jenem Jahr schloss sich
Treuchtlingen an die Person des Rabbiners Wissmann, des damaligen Rabbiners des
Distriktsrabbinats Schwabach, an. Unter dessen Nachfolger Rabbiner Dr. Mannes
blieb der Status quo, dass Treuchtlingen rechtlich nicht zum Distriktsrabbinat
Schwabach als solchem gehörte. Als mit dem 1. Juli das Distriktsrabbinat
Schwabach aufgelöst wurde, schlossen sich fast alle Gemeinden entweder an das
Rabbinat Ansbach oder nach Nürnberg an. Treuchtlingen, das in
gemeindepolitischer Hinsicht energisch seine kulturellen Interessen wahrt,
beschloss nun in Anbetracht der – jedenfalls in Treuchtlingen – Tradition
gewordenen Anhänglichkeit und Entgegenkommen zu ihrem Rabbiner von neuem ein
selbständiges Rabbinat Treuchtlingen unter dem ihnen lieb gewordenen Rabbiner
Dr. Mannes zu errichten.
So zeigt sich wieder einmal, dass eine Gemeinde, der Jüdischkeit nicht nur
Deckmantel des Selbstvorteils ist, vieles auch gegen den Willen übergeordneter
Organe durchsetzen kann." |
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Jacob Bacharach
(geb. 9.3.1895 in Treuchtlingen, gef. 6.8.1915), Albert Guldmann (geb.
10.11.1894 in Treuchtlingen, gef. 30.9.1915), Otto Guldmann (geb. 16.6.,1898 in
Treuchtlingen, gef. 7.4.1918), San.Gefreiter Max Gutmann (geb. 1.10.1892 in
Heidenheim, gef. 4.10.1917) und Hermann Oppenheimer (geb. 3.7.1893 in
Treuchtlingen, gef. 21.3.1918).
Um 1925, als noch 115 Gemeindeglieder gezählt wurden, gehörten dem Synagogenvorstand
an: Albert Neuburger, Siegfried Mayer, W. Bürger, H. Naumburg, L. Weinmann, A.
Bacharach, H. Lang. Als Lehrer an der privaten Jüdischen Volksschule war
Bernhard Fulder tätig (von 1911 bis zur Zurruhesetzung 1933), als Kantor und Schochet Moses
Kurzweil. An jüdischen
Vereinen bestanden die Chewra Kadischa (Wohltätigkeits- und
Beerdigungsverein), der Israelitische Frauenverein, eine Ortsgruppe der Agudat
Jisroel und ein Armenunterstützungsverein.
1933 wurden noch 119 jüdische Einwohner gezählt (2,8
% von
insgesamt 4.237 Personen). Durch die zunehmende Entrechtung und zahlreiche gewaltsame
und entwürdigende Aktionen gegen die Juden der Stadt verzogen immer mehr in andere Städte oder wanderten
aus Deutschland aus. Letzter jüdischer Lehrer war von 1933 bis 1938 Salomon
Frank, der nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 (Wohnung zerstört)
mit seiner Frau Else geb. Levi und den Kindern Ruth und Paul zu seinen
Schwiegereltern nach Frankfurt - Höchst
am Main floh. Beim schon genannten Novemberpogrom 1938 kam es in Treuchtlingen zu
äußerst brutalen Szenen. SA-Männer, verstärkt durch zahlreiche Einwohner
(auch Frauen und Schulkinder) drangen in die insgesamt 26 jüdischen Häuser
ein. Der Hausrat wurde vernichtet, Wertsachen, Kleidung und Wäsche geraubt. Das
Haus der Arztes Dr. Siegfried Meyerson wurde zerstört, seine große Bibliothek
ins Rathaus verschleppt, worauf er Selbstmord beging. Ein anderer alter Mann,
Adolf Salomon, wurde schwer verprügelt, weil er einen Revolver im Haus hatte.
Die meisten jüdischen Einwohner flohen aus der Stadt. Fünf wurden festgenommen
und wochenlang in Gefängnissen festgehalten. Bis Ende Dezember 1938 verließen
mit zwei Ausnahmen alle jüdischen Einwohner die Stadt. Zehn konnten noch
auswandern, 62 verzogen innerhalb von Deutschland. Ein Teil der Schicksale ist
bis heute nicht aufgeklärt. Unter den (aus Frankfurt am Main) Deportierten und
Ermordeten war die Lehrerfamilie Frank mit ihren Kindern Ruth, Paul und dem 1942
noch in Frankfurt geborenen Sohn Moses.
Von den in Treuchtlingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Betty Adler geb.
Stettauer (1865), David
Bacharach (1898), Ilse Bacharach (geb. ?), Margot Bacharach (1931), Elisabeth
Berger geb. Kallmann (1909), Benno
Bieringer (1881), Irma Bieringer (1922), Johanna Bieringer geb. Bacharach
(1896), Ida Braun geb. Oestreicher (1884), Sabine Dachauer geb. Oestreicher (1878,
"Stolperstein" in Eichstätt, Westenstr.
1), Thekla
Engelmann geb. Naumburg (1896), Antonie Firnbacher geb. Lang (1870), Else Frank geb. Levi (1908), Pinchas Frank
(1937), Ruth Rosa Frank (1934), Salomon Frank (1903), Benjamin (Benno) Freimann (1914),
Adolf Fuldauer (1929), Jakob Fuldauer (1936), Julie
Fuldauer geb. Bacharach (1907), Max Fuldauer (1932), Rudolf Fuldauer (1901), Ida Fulder geb. Naumburg
(1901), Philippine Grünbaum geb. Stettauer (1857), Betty (Babette) Guldmann
(1889), Leo Hänlein (1902), Max Hänlein (1864), Paula Hänlein geb. Lang
(1904), Josef Herz (1926), Ludwig Herz (1872), Max
Herz (1928), Selma Horwitz geb. Oestreicher (1883), Paula Hummel geb. Lang
(1904), Amalie Jakobi geb. Bronner (1868), David Jochsberger (1885), Herbert Jochsberger (1921), Klara Jochsberger (1893), Martin
Jochsberger
(1926), Lea Kurzweil (1884), Moshe Kurzweil (1874), Alexander Lang (1861), Fanny
Lang (1887), Hermann Lang (1873), Julius Lang (1876), Leopold Lang (1869),
Lothar Lang (1934), Ludwig Lang (1888), Max Lang (1864), Frieda Lehmann geb. Lang (1867), Klothilde
Lion geb. Lang (1910), Jeanette Marx geb. Oestreicher (1857), David Meier
(1865), Siegfried Meyerson (1864), Resi (Rosi) Naumburg (1910), Ludwig Oestreicher
(1886), Ullrich Oestreicher (1886), Bernhard Oppenheimer (1902), Max Reinemann (1883),
Frieda Salomon (1897), Irma Salomon (1902), Paula Stahl geb. Oestreicher (1889),
Ludwig Strauss (1905), Ludwig Strauß (1926), Ruth Strauß (1929), Regine Tunko geb. Bibinger
(1897).
Aus dem Leben der jüdischen Gemeinde
Aus
der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Jüdische
Familien in Treuchtlingen suchen 1854 einen qualifizierten Lehrer für ihre
Kinder
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November
1854: "Mehrere Familienväter hiesigen Ortes wünschen für ihre Jugend einen
israelitischen Lehrer, ledigen Standes, in provisorischer Eigenschaft
aufzunehmen mit folgenden Ansprüchen:
1) gehörigen allgemeinen Unterricht in den Elementen und höheren Gegenständen,
insonders auch im Französischen;
2) den Unterricht im Hebräischen, selbst in Mischna und Talmud;
3) Musik möchte sehr empfehlungswert sein.
Über diese Kenntnisse muss derselbe mit genügenden Zeugnissen sich ausweisen.
Bezüglich des Gehalts, Kost und Logis möge man sich in portofreien Briefen an
den Unterzeichneten wenden. Otto Neustein in Treuchtlingen (Mittelfranken)." |
Ausschreibungen der Stellen des Elementarlehrers
(Volksschullehrers) sowie des
Vorbeters und Schächters (Schochet) 1878 / 1879 / 1887 / 1890 / 1923
Ausschreibungen der Elementarlehrerstelle
zur Zeit des Gemeindevorstehers Samuel Hirschmann 1878/79: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1878:
"Vakanz. Die hiesige israelitische Elementarlehrerstelle wird Anfangs
Juni dieses Jahres erledigt und soll sofort besetzt werden. Reflektanten
wollen sich gefälligst unter Vorlage ihrer Zeugnisse an den
unterzeichneten Vorstand wenden. Treuchtlingen (Bayern), 14. Mai
1878.
S. Hirschmann, Kultusvorstand". |
|
Bereits Ende 1879 wurde die Stelle wieder
ausgeschrieben, nachdem sie im Jahr zuvor nur provisorisch besetzt worden
war. |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1879:
"Die seit dem 1. Oktober 1878 provisorisch verweste Stelle eines
Elementarlehrers ist bis längstens 1. Mai 1880 wieder definitiv zu
besetzen. Diese Stelle bietet außer dem fassionsmäßigen Gehalt
bedeutende Nebenverdienste. Ebenso ist eine sehr hübsche Lehrerwohnung
mit Garten vorhanden. Bewerber um diese Stelle wollen baldigst ihre
Zeugnisse bei dem unterzeichneten Kultusvorstand einsenden. Nähere
Auskunft wird bereitwilligst erteilt. Treuchtlingen, im Dezember 1879.
Sam. Hirschmann, Kultusvorstand." |
|
Auf diese Ausschreibung hin wurde die
Stelle definitiv mit Hauptlehrer Jakob Heß besetzt, der bis 1911 als
Hauptlehrer an der jüdischen Volksschule in Treuchtlingen tätig sein
sollte.
Hinweis: Lehrer Jakob Heß wird bei der Beisetzung von Fanni Heß in Reichenberg
1882 als deren Neffe genannt.
Zusätzlich zum Hauptlehrer hatte die jüdische Gemeinde in
Treuchtlingen als weiteren Kultusbeamten einen Vorbeter/Kantor, der
zugleich als Schächter (Schochet) tätig war. Zwei Ausschreibungen
von 1887 und 1890 liegen vor. Die erste erschien nach dem Tod des
langjährigen Vorbeters Abraham Naumburg (s.u.), der 27 Jahre lang
als Vorbeter und Schochet in der Gemeinde tätig war. Auf die zweite
Ausschreibung von 1890 hin bewarb sich erfolgreich Marx Oppenheimer,
der von 1890 bis 1920 in der Gemeinde tätig sein sollte.
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1887:
"Vakante Kantor- & Schochet-Stelle. Durch das Ableben unseres
bisherigen Kantors und Schochet ist dessen Stelle erledigt und soll
baldigst wieder besetzt werden. Das Erträgnis dieser Stelle ist 1.400
Mark nebst freier Wohnung und guten Nebenverdiensten. Bewerber orthodoxer
Richtung mit musikalischer Bildung wollen unter Angabe ihrer bisherigen
Amtstätigkeit und ihrer Verhältnisse sich an den Unterzeichneten werden.
Treuchtlingen (Bayern), 25. Februar 1887. Der Kultusvorstand: J.
Bürger." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli
1890:
"Die Vorbeter- und Schächterstelle zu Treuchtlingen (Bayern) ist
erledigt und soll bis zum 15. Oktober dieses Jahres wieder besetzt werden.
Die mit dieser Stelle verbundenen Gehaltsbezüge sind: 1) Bar aus der
Gemeindekasse Mark 400. 2) Bar aus Stiftungen Mark 200. 3) Ertrag der
Schechita Mark 530. 4) Ertrag der Mikwa Mark 100. 5) Ertrag des Friedhofes
Mark 170. Zusammen: Mark 1.400.
Außerdem noch gute Nebenverdienste und freie Wohnung. Reisevergütung
erhält nur der Gewählte. Ausländer sind ausgeschlossen. Meldungen sind
unter Beischluss von Zeugnissen oder beglaubigter Abschriften innerhalb 4
Wochen an die Kultusverwaltung zu richten.
Treuchtlingen, 17. Juli 1890. Der Kultusvorstand: S.
Hirschmann". |
Auf diese Ausschreibung hin bewarb sich Marx
Oppenheimer (s.u.), der bis 1920 in der Gemeinde tätig sein sollte. |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1923:
"In hiesiger Gemeinde ist die Stelle des Vorbeters und Schochets baldigst
zu besetzen. Streng religiöse Bewerber wollen sich schriftlich melden. Israelitische
Kultusgemeinde Treuchtlingen." |
Zum Tod von Abraham
Naumburg, 27 Jahre lang Vorbeter und Schochet der Gemeinde, 45 Jahre lang
Mohel (Beschneider) in der Umgebung (1886)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember 1886:
"Treuchtlingen (Bayern).' Einen großen Schaden hat die Tochter meines
Volks erlitten, einen sehr schmerzlichen Schlag'. Dieses Klagewort des
Propheten Jeremias (nicht: Jesajas) 14,17 konnte die hiesige Gemeinde mit
Recht ausrufen, als sie am Montag den 6. dieses Monats die schmerzliche
Kunde vernahm: Herr Abraham Naumburg hat nach 12stündiger Krankheit
unerwartet und plötzlich sein edles Erdenwallen vollendet. Schmerzergriffen
und tieferschüttert mochte keiner an das Unerwartete
glauben, da der Verblichene noch Abends zuvor dem
Maariw-(Abend-)Gottesdienste munter angewohnt hatte. Von der hohen Achtung
und der allseitigen Liebe, welche der edle Verblichene sich im Leben zu
erwerben verstanden, gab das großartige Leichenbegängnis, dem sich nicht
allein sämtliche hiesige Gemeindemitglieder, sondern auch fast alle
diejenigen aus Ellingen, Berolzheim und Pappenheim, sowie die
Geistlichkeit der beiden christlichen Konfessionen, die Lehrer, sonstige
Beamten und der größte Teil der gesamten Einwohnerschaft dahier
angeschlossen haben, rühmendes Zeugnis. Herr Lehrer Heß dahier, ein
treuer Freund des Verstorbenen, schilderte in ergreifenden und zu Herzen
sprechenden Worten das Leben und Wirken des Heimgegangene. Der
Heimgegangene war dahier geboren, am 2. Dezember 1818 und verehelichte
sich im Mai 1950 mit seiner ihm stets treu zur Seite stehenden, und um
ihn tieftrauernden Gattin. Von seinen vier Söhnen leben drei in Amerika, während
der jüngste derselben ihn in seinem Amte unterstützte. Als
Kantor und Schochet fungierte er ca. 8 Jahre in Pappenheim und 27
Jahre in seiner Heimatgemeinde. Vor 1 1/2 Jahren überreichte ihm die
Gemeinde in Anerkennung seines verdienstvollen Wirkens einen silbernen
Pokal mit sinniger Widmungsinschrift zum 25-jährigen Jubiläum. Als
gewandter Mohel (Beschneider) fungierte er 45 Jahre in hiesiger
Gegend und hat er 354 in den Bund Abrahams eingeführt- Ein treuer,
liebender Gatte, ein besorgter Vater, war er ein streng pflichttreuer
Beamter, ein rechtschaffener Bürger der Gemeinde und des Staates. Der
edlen Tonkunst eifriger Verehrer, huldigte er derselben nicht zu profanen
Zwecken, sondern sie vor allem in den Dienst seines Gottes stellend, indem
er hier einen Männer- und Knabenchor einführte und so ungemein zur
Hebung der Andacht beim Gottesdienste beitrug. Gewissenhaft war er auch
als Schochet (Schächter). Mit seinen übrigen guten Eigenschaften verband
er die Liebe zum Frieden, den er nicht nur zwischen sich und der Gemeinde
zu erhalten wusste, sondern auch Differenzen zwischen Einzelnen mit
Nachdruck auszugleichen suchte. Fröhlich mit den Fröhlichen, trauerte er
auch mit den Trauernden und wusste manch schönes Trosteswort zum Herzen
zu sprechen. Selbst als die letzten Jahre ihm seinen Dienst durch ein
eingetretenes Leiden beschwerlich machen, versah er denselben mit
größter Pünktlichkeit und war er ganz mit seinem Berufe verwachsen. Die
Seinigen, seine Freunde und seine Gemeinde, fühlen tief seinen Verlust
und wird letzterer als Chasan (Vorbeter) nicht leicht zu ersetzen
sein. Im Auftrage der Verwaltung legte der Redner in warmen,
tiefempfundenen Worten den Dank und die Verehrung an der Bahre des edlen
Verblichenen nieder. Mit den Worten des Trostes an die trauernden
Hinterbliebenen und an die Gemeinde schied der Redner als Freund vom
Freunde und schloss mit einem innigen Gebet für das Seelenheil des nun in
den Gefilden des Lichtes weilenden wahrhaft frommen und edlen Beamten und
Menschen, dem wir alle ein treues Andenken bewahren werden, dauernder als
Stein und Erz, weil es in den Herzen gegründet. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Hinweis auf Kantor Eduard Goldberg (vermutlich von 1887 bis 1890 Kantor und
Schächter in Treuchtlingen)
Anmerkung: der Hinweis auf Eduard
(Esril) Goldberg konnte auf Grund einer Mitteilung von Raimund Wolfert
(Berlin) eingearbeitet werden. Kantor Goldberg (geb. 21. März 1852 in
Przedbory nördlich von Warschau; gest. 1922 in Berlin, wo er bis kurz vor
seinem Tod Oberkantor der Synagogengemeinde in Berlin-Lichtenberg war) war
seit den 1880er-Jahren in mehreren Städten und Gemeinden des Deutschen
Reiches als Kantor und Schächter tätig. Die erste Stelle war in
Treuchtlingen. Seine Frau war Sara geb. Burstyn (geb. 7. April 1862 in
Cherps). Das Ehepaar hatte sechs Kinder. Die Tochter Selma und
der Sohn Wilhelm wurden 1887 und 1889 in Treuchtlingen geboren, die
anderen Kinder kamen im Raum Posen zur Welt. Alle Mitglieder der engeren
Familie überlebten den Holocaust, unter anderem in Norwegen.
Der genannte, in Treuchtlingen geborene Sohn Wilhelm Goldberg
(1889-1964) wird auch im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (Hrsg. von
Josef Focht) als Sänger und Musikpädagoge genannt (kurzer
Artikel).
Hinweis: Raimund Wolfert (Berlin) erstellte zur Geschichte der Familie
Goldberg die nachstehend genannte Publikation:
Kontakt zum Autor über Raimund.Wolfert[at]t-online.de. |
|
Raimund
Wolfert: Die Goldbergs. Zwischen Friedenstempel, Lunapark und Haus
der Modeindustrie. Hentrich & Hentrich - Centrum Judaicum Berlin
2015
(Jüdische Miniaturen Hrsg. von Hermann Simon Bd. 164). |
Neujahrsgrüße von Lehrer/Kantor Marx Oppenheimer (1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1898:
"Allen Verwandten, Freunden und Bekannten wünschen wir 'Einschreibung
und gute Besiegelung'.
Kantor M. Oppenheimer und Frau,
Treuchtlingen". |
Kantor Marx Oppenheimer empfiehlt seine koscheren Gänse (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November
1901:
"Koscher - Fette junge Fressgänse - Koscher
per Pfund 65 Pfg., fortwährend zu haben bei Kantor
M. Oppenheimer, Treuchtlingen.
Referenzen: Seiner Ehrwürden Herren Rabbiner Wißmann, Schwabach und Dr.
P. Kohn, Ansbach." |
Anzeige von Lehrer Jakob Heß (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Oktober 1901: "Gegen
hohen Lohn suche für zwei ältere Leute ein braves, solides Mädchen
im Alter von 16-19 Jahren aus Süddeutschland, das auch in der Haushaltung
Bescheid weiß. Gute Behandlung zugesichert. Bedeutende
Geschenke!
J. Heß, Lehrer, Treuchtlingen. (Mittelfranken)." |
Zum
Tod
von
Marx Oppenheimer, 30 Jahre lang
Vorbeter
und Schochet der Gemeinde sowie Mohel (Beschneider) in der Umgebung
(1920)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Januar 1921:
"Treuchtlingen, 28. Dezember (1920). Wir haben heute einen Mann zu Grabe
getragen, der es verdient, dass man auch von dieser Stelle aus seiner ehrend
gedenkt. Marx Oppenheimer aus Miltenberg, der 41 Jahre im Amt und hier allein 30
Jahre als Chasan uSchochet (Vorbeter
und Schächter) segensreich wirkte, ist vorigen Sonntag nach mehrwöchiger,
schwerer Erkrankung im Alter von 59 ¾ Jahren in ein besseres Leben abgerufen
worden. Heute fand nun die Beisetzung statt, unter großer Teilnahme von Nah und
Fern.
Im Auftrag der Kultusgemeinde und der Familie und im Namen des Rabbinats gab
Herr Distriktsrabbiner Dr. Mannes, Schwabach, seiner Klage beredten Ausdruck über
den Tod dieses Mannes und betonten den hohen Pflichteifer und die strenge
Gewissenhaftigkeit des Entschlafenen. Herr Hauptlehrer Fulder bekundete seinen
Schmerz über das Scheiden seines Freundes und Kollegen, dessen Heimgang nicht
nur für Familie und Gemeinde, sondern auch für weite Kreise einen herben
Verlust bedeute. Nahm doch der Verstorbene regen Anteil am jüdischen Leben und
an gemeinnützigen Bestrebungen und fungierte jahrzehntelang als Mohel
(Beschneider), dabei kein Opfer scheuend. Redner sprach noch im Namen des
Israelitischen Lehrervereins innigen Dank für das rege Interesse des Haniftar
(Verstorbenen) für die Bestrebungen des Vereins.
Herr Kultusvorstand Oestreicher nahm mit innigen Worten Abschied von dem treuen
Freund, mit dem er stets in echter Harmonie gelebt und sprach namens der
Kultusgemeinde herzlichen Dank für die treue Führung der Ämter als Schochet
(Schächter) und Chasan (Vorbeter).
Herr Neufeld, Nürnberg, Vorstand des Kantorenverbandes in Bayern, gedachte des
verstorbenen Freundes in ehrenden Worten und dankte dem treuen
Verwaltungsmitglied seines Vereins für all die großen Dienste, namentlich für
die reichliche Unterstützung der Waisen und Witwen. Möge der trauernden
Familie, die in den Kriegsjahren durch den Tod zweier hoffnungsvoller Söhne
soviel Leid erfahren, Sechut HaNiftar (das
Verdienst des Verstorbenen) beistehen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Jakob Heß wird zum Hauptlehrer ernannt (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Januar 1908: "Aus
Bayern, 3. Januar (1903). Den Titel Hauptlehrer erhielten am 1. Januar die
Herren Max Behr in Regensburg, Jakob Heß in Treuchtlingen, Simon
Silbermann in Kirchheimbolanden
und Michael Wolf in Winnweiler." |
Zur Wahl von Hauptlehrer Bernhard Fulder aus Diespeck
in der Nachfolge von Hauptlehrer Jakob Heß (1911)
Anmerkung: Lehrer Bernhard Fulder ist 1866 in Thüngen geboren.
Nach seinem Studium an der ILBA in Würzburg, war er insbesondere von 1896
bis 1911 Lehrer in Diespeck, danach bis nach
1933 in Treuchtlingen. Er wohnte zuletzt im Altersheim in Gailingen, von
wo aus er im Oktober 1940 in das Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich
deportiert wurde. Hier ist er bereits im November 1940
umgekommen.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26.
Mai 1911: "Treuchtlingen. Als Nachfolger des nach 52jähriger
Dienstzeit in Pension gehenden Hauptlehrers Heß wurde Hauptlehrer Fulder
- Diespeck gewählt." |
Nachfolger im Amt des Vorbeters und Schochet: Max Oppenheimer (1921)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Januar 1921:
Treuchtlingen, 10. Januar (1921). Die hiesige Kultusgemeinde hat zum
Nachfolger des kürzlich verstorbenen Chassan uSchochet (Kantors und
Schächters) Max Oppenheimer, einstimmig dessen Sohn, Zögling des Würzburger
Seminars erwähnt." |
Zurruhesetzung von Lehrer Bernhard Fulder (1933)
Artikel aus der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom
15. Januar 1933: "Kollege Fulder Treuchtlingen tritt Ende des
Schuljahres in den Ruhestand. Wir wollen jetzt schon unsere Kollegen auf
die Lehrerstelle an der privaten Volksschule Treuchtlingen hinweisen. Mit
dem Lehramte soll auch das Kantorat und die Schechita verbunden
werden." |
Die jüdische private Volksschule wird auch nach der Zurruhesetzung von Lehrer
Fulder weitergeführt (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1933: "Treuchtlingen,
8. Januar (1933). Den staatlichen Sparmaßnahmen ist schon vor mehreren
Jahren die hiesige staatliche jüdische Volksschule zum Opfer gefallen.
Der Leiter derselben, Herr Hauptlehrer Fulder, der auf Wartegeld gesetzt
und später pensioniert worden war, hat aber den Unterricht an der von der
Gemeinde als Privatschule weiter geführten Schule bisher erteilt. Da Herr
Fulder aber demnächst in den endgültigen Ruhestand tritt, hat die
Gemeinde beschlossen, trotz der großen Opfer, die ihr dabei auferlegt
werden, die Schule auch fernerhin als private Volksschule weiter zu
führen und wieder einen Volksschullehrer einzustellen." |
Ausschreibung der Lehrerstelle (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Januar 1933: "Wir
suchen zum 15. April 1933 für unsere private Volksschule einen jüngeren
Lehrer, streng orthodox, der möglichst die Anstellungsprüfung abgelegt
und entsprechende Praxis im Volksschulunterricht hat. Derselbe muss
gleichzeitig den Dienst als Chasen (Vorbeter) und Schochet versehen.
Besoldung nach der Besoldungsordnung des Verbandes der Bayerischen
israelitischen Gemeinden. Bewerbungen erbeten an Israelitische
Kultusgemeinde Treuchtlingen." |
Aus
dem jüdischen Gemeindeleben
Patriotische Feier in der Gemeinde 1882 zum Geburtstag von König Ludwig II.
(geb. 25. August 1845)
Bericht in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. September
1882: "Treuchtlingen. Gestatten Sie mir, Ihnen und der verehrlichen
Leserwelt des 'Israelit' von einer Feier zu berichten, deren erhebender
Abschluss gewiss im Herzen aller Leser einen freudigen Widerhall finden
wird. Von Seiten des Vorstandes der israelitischen Gemeinde dahier war
beschlossen, das Geburts- und Namensfest Seiner Majestät, unseres
allgeliebten Königs durch einen Festgottesdienst zu begehen. Am Vorabende
des Festes versammelte sich die israelitische Casinogesellschaft in ihrem
festlich dekorierten Lokale, woselbst der Vorstand der Gesellschaft, Herr
B. Oestreicher, zur regen Teilnahme am kommenden Tage aufforderte. Es
herrschte eine sehr gehobene Stimmung, man sang die Nationalhymne und
brachte Seiner Majestät begeisterte 'Hoch.' Zum Feste selbst erschien die
ganze israelitische Gemeinde und sonstige Festteilnehmer in festlichem
Gewande in der völlig beleuchteten Synagoge. Herr Lehrer Heß hielt die
Festrede. Mit begeisterten, von echter Vaterlandsliebe durchglühten
Worten, entzündete er Aller Herzen. Der Redner gedachte in gewählten Ausdrücken
der Verdienste des Hauses Wittelsbach um Bayerns Wohl; das Glück, dass
dieses Herrscherhaus sieben Jahrhunderte Bayerns Volk und Land regiere,
wolle durch edle Herrschertugenden verdient sein. Das hohe Verdienst
unseres allgeliebten Königs um Bayerns Glanz und das geeinigte
Deutschland sei allgemein bekannt; wir Israeliten seien namentlich zu
großem Dank verpflichtet für den Königlichen Schutz, den das mächtige
Königswort uns gewähre, dass in Bayern gleiches Recht für alle Bürger
bestehen müsse, so dass dadurch die den Juden feindliche Bewegung auf
bayrischem Boden keine Wurzel fassen konnte.
Nach beendetem Gottesdienste versammelte sich die Casinogesellschaft zu
einem Festessen und nach Absingung der bayrischen Königshymne wurde vom
Vorstande der Gesellschaft, Herrn Bernhard Oestreicher ein Toast auf Seine
Majestät aufgebracht; hierauf wurde beschlossen an unsern vielgeliebten
Herrscher folgendes Huldigungstelegramm abzusenden:
'An Seine Majestät den König von Bayern!' Die heute aus Anlass Euer
Königlicher Majestät Allerhöchstem Geburts- und Namensfeste festlich
versammelte israelitische Casinogesellschaft Treuchtlingen sendet Eurer
Königlichen Majestät tiefgefühlte Glückwünsche mit der Versicherung
treuester Anhänglichkeit. Gott erhalte Euer Königliche Majestät zum
Glücke Bayerns, zum Wohle Deutschlands. In tiefster Ehrfurcht
untertänigste Vorstandschaft: gez. Bernhard Oestreicher. gez. Max Meyer.
Andern Tages, Sabbat Nachmittags sollte die hiesige israelitische Gemeinde
und besonders die Casinogesellschaft hocherfreut werden, durch die
gütigste Beantwortung ihres Huldigungstelegramms und Glückwunsches. Von
Seiner Majestät, unserm allgeliebten Regenten traf folgendes Telegramm
ein: Schloss Berg. Herrn Bernhard Oestreicher, Treuchtlingen. Seine
Majestät der König sendet für die in so warmen Worten ausgesprochenen
Glückwünsche Huldvollsten Dank. Im Allerhöchsten Auftrage gez. v.
Ziegler.
Es lässt sich wohl denken, dass die huldvollen Worte, durch die wir uns
so hoch geehrt fühlen, einen freudig erregten Dank im Herzen der ganzen
israelitischen Gemeinde hervorriefen und wir nie aufhören werden, für
das teure Leben unseres vielgeliebten Landesvaters zu beten. Gott erhalte
und beschütze Bayerns erhabenen und hochherzigen Königlichen Herrscher
immerdar." |
Der Gesangverein in Treuchtlingen darf gemäß Urteil
des Landgerichtes jüdische Personen nicht ausschließen (1847)
Artikel in der Zeitschrift "Der Orient"
vom 5. Februar 1847: "...Auf dem Rechtsboden hingegen sehen wir
dagegen unser gutes Recht immer festern Fuß fassen. Wo eine Rechtsfrage
zu entscheiden, da wird bei unsern Gerichten, wenn nicht klare, geltend
gemachte Gesetzesbestimmungen in Frage stehen, nicht nach Ansehen der
Person, nicht nach der Konfession entschieden. Zeuge dessen mag aus der
neuesten Zeit ein kleiner Vorfall in dem Markte Treuchtlingen sein.
Dort hatte man mehrere israelitische Jünglinge von dem bestehenden
Gesangverein ausgeschlossen. Auf erhobene Beschwerde wahrte das
königliche Landgericht Heidenheim die Rechte der Ausgeschlossenen und
verurteilte den Gesangverein zur Tragung sämtlicher nicht unbedeutender
Kosten." |
Erweiterung der Gebietes der israelitischen Gemeinde (1930)
Bekanntgabe
des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Bekanntmachung
über die Erweiterung des Gebietes der Israelitischen Kultusgemeinde
Treuchtlingen. Die Israelitische Kultusgemeinde Treuchtlingen hat
beschlossen, ihr Gebiet auf dem Amtsgerichtsbezirk Pappenheim auszudehnen.
Es ergeht hiermit die Aufforderung an alle Religionsgenossen, die in dem
von der Ausdehnung betroffenen Gebiete wohnen oder unabhängig vom
Wohnsitz steuerpflichtig sind, etwaige Einsprüche gegen die
Gebietserweiterung bis spätestens 1. September 1930 bei dem Vorstand der
Israelitischen Kultusgemeinde Treuchtlingen schriftlich oder mündliche
einzulegen.
München, 23. Juli 1930. Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Dr.
Neumeyer." |
Vortrag von Distriktsrabbiner Simon Schwab aus
Ichenhausen (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1934: "Treuchtlingen
(Bayern), 3. Februar (1934). Auf Einladung unseres Rabbiners Dr. Mannes,
Schwabach, hielt Sonntag, den 21.
Januar im Anschluss an den Abendgottesdienst Herr Rabbiner Schwab aus
Ichenhausen in hiesiger Synagoge
einen Vortrag über Israels Aufgabe. Redner verstand es, durch vorzügliche
Ausführung die Anwesenden zu fesseln. Er führte uns zurück in die alte
Zeit vor 150 Jahren, wo Thora und Mizwotat bei unseren Vätern die beste
Pflege fanden, dann zur Emanzipation, in deren Gefolge die Assimilation so
viel Unheil in Israels Mitte anrichtete. - Er forderte in beredter
Sprache, an Hand treffender Bibel- und Talmudstellen zur Rückkehr auf,
dass wir alle zu einer Aguda werden. Herr Rabbiner Dr. Mannes
dankte dem Redner für die begeisternden
Worte." |
Trauerfeier in der Synagoge für den verstorbenen
Kissinger Rabbiner Seckel Bamberger (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. November 1934:
"Treuchtlingen, 14. November (1934). Am Sonntag, den 4. Kislew,
hielt Herr Rabbiner Dr. Mannes, Schwabach,
in der hiesigen Synagoge eine tief gefühlte Trauerrede für den
verewigten Kissinger Raw Seckel Bamberger - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen -, unter Zugrundelegung der laufenden
Haftorah. Er schilderte das Leben und Wirken des großen Gelehrten
und auf eine Erklärung des Verewigten zu Baal Milchamah
hinweisend, sagte er, Rabbi Seckel Bamberger war kein Kriegsmann,
er liebte vielmehr den Frieden, aber nicht den Frieden um jeden Preis.
Wenn er sah, dass das Recht unterdrückt wurde und die Tora in
Gefahr kam, dann wusste er zu kämpfen und hier zeigte er sich als wahrer Kriegsmann.
Wahrheits- und Friedensliebe waren ihm gleich wichtige Dinge, aus der
richtigen Erkenntnis heraus, dass weder Wahrheit ohne Friede,
noch Friede ohne Wahrheit existieren könne." |
Über die Arbeit der Ortsgruppe der Agudat Jisrael (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März 1936: "Treuchtlingen,
16. März (1936). Ein Beispiel, wie auch an kleineren Orten mit geringer
jüdischer Bevölkerung ein Agudaleben möglich ist, gibt die unter
Leitung des sehr verdienten Hauptlehrers Fulder stehende Gruppe
Treuchtlingen, die in regelmäßig wöchentlich mehrstündigen Schiurim
zusammentrifft, in denen Dinim, Chumisch und T'nach sowie Mischna gelernt
werden." |
Vortrag von Distriktsrabbiner Simon Schwab aus Ichenhausen (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1936:
"In Treuchtlingen sprach Herr Distriktsrabbiner Simon Schwab, Ichenhausen,
über: 'Zwei Wege nach Palästina'. Der Referent wies in einer zu Herzen
gehenden, eindrucksvollen Weise die gewaltige Kluft auf, die zwischen
toratreuem und toralosem Aufbau von Erez Jisroel besteht. Die vollzählig
erschienene Gemeinde Treuchtlingen sowie die zahlreichen aus der Umgegend
herbeigeeilten Zuhörer folgten den Ausführungen mit stärkstem
Interesse." |
Hochzeitsanzeige von Rabbiner Dr.
Moses Kahn (Bad Mergentheim) und Lina geb.
Oppenheimer aus Treuchtlingen (1937)
Anmerkung: nach dem Tod seiner ersten Frau Klara Kahn geb. Marx am 26.
Oktober 1934 heiratete der Bad Mergentheimer Rabbiner Dr. Moses Kahn in zweiter
Ehe Lina geb. Oppenheimer, eine am 21. Dezember 1891 in Treuchtlingen geborene
Tochter von Max Oppenheimer und Hina geb. Eldod.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
29. Juli 1937:
"Freunden und Bekannten zeigen wir unsere am Mittwoch, 4. August (27.
Av) in Stuttgart, Pension Agulnik, Eberhardstraße 69, stattfindende
Trauung an.
Rabbiner Dr. Kahn, Bad
Mergentheim, Lina Kahn geb. Oppenheimer, Treuchtlingen."
|
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Ein Jude namens Oscher aus
Treuchtlingen lässt sich in Schwabach taufen
(Artikel von 1934)
Anmerkung: Der Beitrag ist von Prof. Heinrich Loewe über "Namensänderungen".
Aus einem Artikel über die Namen konvertierter jüdischer Personen in
"Bayerische israelitische Gemeindezeitung" vom 15. Juli 1934: "Oscher
aus Treuchtlingen, der sich mit zwei Söhnen und zwei Töchtern (31.
Mai 1711) in Schwabach taufen ließ,
erhielt die Vornamen Wilhelm Christian, ein Sohn den Vornamen Christian,
eine Tochter den Vornamen Christiana. Familienname wurde Gottlieb.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es in Hamburg einen bekehrten Juden
Christian Georg Gottlieb, der 1693 eine Schrift zur Erläuterung der
jüdischen Irrtümer drucken ließ. Löw David, der Sohn eines Schamasch in
Prag, der von klein auf Waisenkind gewesen war, wurde (20. April 1738) in
Schwabach auf den Namen George Daniel
Marcus Daniel Gotttreu getauft. Moses Herschel aus Loschwitz in
Mähren verwandelte sich (3. Januar 1770) in Görlitz in einen Christian
Nathanael Gottwalt oder Gottwaldt. Siegmund Levy aus
Westhofen im Elsass, der in Celle
(26. September 1713) als übergetretener Jude erscheint, führt nunmehr den
Namen Christian Fürchtegott." |
Treuchtlingen war nicht nur Rabbinatssitz - aus der Gemeinde stammten auch
Rabbiner: Rabbiner Weimann, geb. 1818 in Treuchtlingen
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 12. Oktober 1886: "Man schreibt aus Stuttgart vom
27. September: Gestern Nacht verschied schnell an einem Schlaganfall der
erst vor einigen Tagen hierher übergesiedelte pensionierte Rabbiner
Weimann aus Buchau, von dessen Abschied in dieser Woche berichtet wurde.
Rabbiner Weimann ist geboren zu Treuchtlingen 1818, er besuchte die
dortige Volksschule, später das Gymnasium in Augsburg und 1839-43 die
Universität zu München. Nachdem er als Hauslehrer in Büdingen und
später in Fulda gewirkt hatte, ward er 1847-61 Rabbiner in Welbhausen
(Bayern) und trat 1861 in den württembergischen Kirchendienst ein, war
1861-62 Rabbiner in Lehrensteinsfeld-Heilbronn und 1862-1886 in Buchau.
Seit 3 Jahren war er kränklich und konnte seinem Amte nicht mehr
vorstehen. Der Verstorbene war mit einem seltenen Rednertalent
begabt." |
Zum
Tod des 17jährigen Sohnes von A.H. Meyer (1885)
Artikel in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 13. August 1885: "Nekrolog. Mittwoch, den 5.
d. M. (August 1885), am 24. Aw, wurde eine der angesehensten Familien
unserer Gemeinde von einem schweren Verluste betroffen. Der 17 Jahre 4 Monate
alte Sohn des Herrn A.H. Meyer wurde am genannten Tage nach kaum eintätiger
Krankheit unerwartet seiner Familie entrissen. Um ihn weint der schmerzgebeugte
Vater und seine tief trauernden Geschwister, um ihn trauert jeder, der ihn
gekannt. Allgemeine Bestürzung bemächtigte sich eines Juden dahier sowohl, als
nah und fern, zu dem die Trauerkunde drang. Und mit Recht ist die Teilnahme an
dem herben Verluste der Seinen eine allgemeine. Er war nicht nur ein treuer,
dankbarer Sohn seinem liebenden Vater, sondern auch ein treuer, liebender Bruder
seinen Geschwistern. Höflich und zuvorkommend gegen Jedermann, gefällig gegen
Alle, war er seiner heiligen Religion innig und wahr ergeben. Er versäumte
keinen Gottesdienst, und andächtig stand er vor seinem Gotte. Ein dankbarer Schüler
seinem Lehrer, war er ein Freund aller Menschen. Nur eine Stimme herrscht über
seine Tugenden, wie sie selten ein Jüngling seines Alters in vollem Maße
besessen. Darum wird sein Verlust von Allen gefühlt und sein frühes Scheiden
schmerzlich empfunden. Möge der Allgütige in seiner Liebe den tiefgebeugten
Hinterbliebenen den rechten Trost gewähren und Ruhe senden in ihre aufgeregten
Gemüter. Wir aber wollen ihm ein treues Andenken bewahren. Möge die Erde ihm
leicht sein, den Lohn seines edlen Lebens möge er droben finden in den lichten
Höhen, aus der Hand seines himmlischen Vater, dem er so treu ergeben war alle
Zeit seines kurzen Erdenwallens. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens.
Treuchtlingen, Erew Schabbat Kodesch Reeh (am Tag vor dem Schabbat mit der
Toralesung Reeh) 5645 (7. August 1885).
H."
|
25-jähriges Amtsjubiläum von Magistratsrat Simon Mayer als 2.
Kultusvorstand und Kassier (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1915: "Treuchtlingen,
12. September (1915). Magistratsrat Simon Mayer konnte an diesem Tage auf
eine 25-jährige Tätigkeit als 2. Kultusvorstand und Kassier
zurückblicken. Aus diesem Anlass hat unser Rabbiner, Herr Dr. Mannes aus
Schwabach, der - wie gewöhnlich am Schabbat vor den Selichot-Tagen -
in unserer Gemeinde weilte, in der Morgenpredigt auf diese Feier Bezug
genommen und den Jubilar als Vorbild eines echten Jehudi und
gewissenhaften Vorstands hingestellt. Nach dem Gottesdienst erschien die
Gemeindeverwaltung mit dem Rabbiner und den Gemeindebeamten in der Wohnung
des Jubilars. Zuerst sprach der 1. Vorsteher Herr Oestreicher dem Jubilar
herzliche Worte des Dankes für die der Gemeinde geleisteten treuen
Dienste und überreichte ihm in deren Namen und aus Anerkennung seiner
gesegneten Wirksamkeit einen prachtvollen silbernen Pokal. Alsdann feierte
Herr Hauptlehrer Fulder Herrn Mayer als den Mann, dem die Gemeinde, nicht
zuletzt in religiöser Hinsicht gar viele zu verdanken habe. Äußerst
gerührt, sprach darauf Herr Mayer in einigen Worten seinen Dank aus für
die erwiesene Aufmerksamkeit und erklärte sich bereit, auch weiter seine
Kräfte in den Dienst der Gemeinde stellen zu wollen. Zuletzt sprach noch
der Herr Rabbiner herzliche Worte." |
Zum
Tod des zweiten Kultusvorstandes und Kassiers der Gemeinde Simon Mayer im
Dezember 1915
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember
1915: "Treuchtlingen, 13. Dezember (1915). In der Freitagnacht wurde unser 2.
Kultusvorstand, Herr Simon Mayer, infolge eines Schlaganfalls seiner irdischen
Laufbahn entrissen. Familie und Gemeinde haben durch den Heimgang dieses Zadik
wejaschar (Gerechten und Aufrechten) einen schweren, ja unersetzlichen
Verlust erlitten. Gehörte doch der Entschlafene zu den Menschen der Tat, zu den Männern, die treu zur alten Fahne halten
und vor keinem Opfer zurückschrecken. In diesem Sinne erzog er im Verein mit
seiner edlen Gattin seine Kinder und machte sein Haus zu einem …
So waltete er nach den Prinzipien …
seines Amtes als 2. Vorstand und Kassier der Kultusgemeinde und war stets
ein Förderer aller Bestrebungen des orthodoxen Judentums.
Die Beerdigung fand unter sehr großer Beteiligung von nah und Fern am Montag,
29. dieses Monats statt. Am Grabe hielten Herr Distriktsrabbiner Dr. Kohn,
Ansbach und Herr Hauptlehrer Fulder ergreifende Trauerreden. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens".
|
Zum Tod von Regine Mayer (1932)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1932:
"Treuchtlingen, 1.
Mai (1932). Am Tage vor Erev Pessach
wurde hier Frau Regine Mayer im Alter von 71 Jahren zu Grabe getragen. Mit ihr
ist der Stolz dieser alten Kehilloh
(Gemeinde) von uns gegangen, eine seltene Frau, deren Leben vorbildlich war auf
allen Gebieten jüdischen Wirkens. Sie hatte es verstanden, ihre Güte und
Klugheit auszuwerten als fürsorgliche Mutter ihres großen Familienkreises, als
würdige Gattin ihres ob seiner Frömmigkeit und Rechtlichkeit in jüdischen und
nichtjüdischen Kreisen gleich angesehenen Mannes, aber auch als Helferin und
Beraterin der Armen. Es passte ganz zu ihrer Bescheidenheit, dass an ihrem Grabe
von Lobesbezeugungen abgesehen werden musste, trotzdem würdigte Herr Rabbiner
Dr. Mannes aus Schwabach, sowie Herr Hauptlehrer Fulder in wenigen, aber
herzlichen Worten ihre edle Persönlichkeit vor einem ganz ungewöhnlich großen
Kreis, der aus nah und fern trotz der Pessach-Nähe sich zusammengefunden hatte,
um der Heimgegangenen den letzten Zoll liebevoller Verehrung zu beweisen. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Goldene Hochzeit von Max Lang und Nanny geb.
Bretzfelder (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Mai 1933:
"Treuchtlingen, 10. Mai (1933). Am Sonntag, Lag ba'omer feiern Herr
Max Lang und seine Ehefrau Nanny geb. Bretzfelder das Fest der diamantenen
Hochzeit. Die Eheleute erfreuen sich noch guter Rüstigkeit und ist Herr
Lang noch ein eifriger Besucher der Synagoge." |
Zum Tod von Siegfried Meyer- 22 Jahre zweiter Vorsteher der Gemeinde
(1937)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Dezember 1937: "Aus der Gemeinde Treuchtlingen. Unsere Gemeinde hat
am 2. November dieses Jahres einen schweren Verlust erlitten. Herr
Siegfried Meyer, der seit dem Tode seines Vaters im Jahr 1915 das Amt des
zweiten Vorstandes mit seltener Gewissenhaftigkeit und Treue verwaltete,
ist leider nicht mehr. Sein Herz gehörte neben seiner Familie seiner
Gemeinde. Was er an Armen und Bedrückten, an Kranken und an seiner
Gemeinde getan, möge ihm der Allgütige in reichstem Maße lohnen! Die
Lücke, die sein Hinscheiden in unsere Reihen gerissen, wird sich wohl
nimmer schließen, sein Andenken aber wird in unserer Gemeinde nie
verlöschen." |
|
Todesanzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1937:
"Mein Mann, unser Bruder und Schwager, Herr
Siegfried Mayer,
ist
heute plötzlich im Alter von 54 Jahren sanft verschieden.
Im Namen der
Hinterbliebenen Mina Mayer geborene Altmann.
Treuchtlingen, den 2.
November 1937." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. November 1937:
"Treuchtlingen, 15. November 1937. Durch den plötzlichen Heimgang
von Siegfried Mayer, des zweiten Vorsitzenden der Kultusgemeinde
Treuchtlingen, ist ihr eine unersetzliche Lücke entstanden. In jungen
Vater hatte der Verblichene dieses Amt von seinem Vater, Simon Mayer - das
Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - übernommen und sich 22 Jahre
lang mit seiner ganzen Kraft für das Wohl der Gemeinde eingesetzt. Erfüllt
von einem unerschütterlichen Vertrauen, war Siegfried Mayer in jeder Form
der vorbildliche Leiter der Gemeinde. Der pünktliche Besuch der noch
täglich zweimal stattfindenden Gottesdienste war ihm
Selbstverständlichkeit. Mit dem 'Fürther-Minhag'-Buch beschäftigte sich
Siegfried Mayer gerne, um in allen Belangen der Gemeinde dem Din und der altüberlieferten
Tradition zu entsprechen.
Was der allzu früh Heimgegangene seiner Familie und den Vielen war, die
Rat und Hilfe bei ihm fanden, lässt sich in Worten nicht sagen. Seine
überragende Kenntnis der Verhältnisse in mittleren und kleinen Gemeinden
wusste auch der Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden zu schätzen,
dem er jahrelang als beratendes Mitglied angehörte.
Die Beisetzung unter voller Beteiligung der Gemeinde, der Nachbargemeinden
und sehr vieler Angehöriger und Freunde gestaltete sich zu einem
würdigen Abschied für den Verblichenen. Nach dem letzten Willen des
Heimgegangenen mussten Klagereden am Grabe unterbleiben. Nach der
Beisetzung richtete Herr Rabbiner Dr. Klein im Trauerhause einige innige
Trostesworte an die Hinterbliebenen. Seine Seele sei eingebunden in den
Bund des Lebens." |
Anzeigen jüdischer
Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Koscheres Zahnpulver aus Treuchtlingen (1893)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. September 1893:
"Die verschiedenen Sorten Zahnpulver, die man gewöhnlich im Handel
zu kaufen bekommt, enthalten oft Seifenbestandteile und Glyzerin sowie
sonstige zum Genusse verbotene Ingredienzien, wodurch man bei Benutzung
dieses Reinigungsmittels innerhalb der Mundhöhle sehr leicht in den
verbotenen Bereich gelangen kann. Herr Rudolf Bronner in Treuchtlingen
fertig nun ein Zahnpulver an, dessen Herstellung von Herrn Rabbiner
Wißmann in Schwabach beaufsichtig wird und daher allen Anforderungen in
Bezug auf rituelle Reinheit entspricht. Es wäre zu wünschen, wenn Herr
Bronner auf der Etikette den Vermerk Koscher anbringen ließe." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. September 1893: "Koscher
auch zu Pessach. Großer Verdienst, 50 % Rabatt für Grossisten,
Wiederverkäufer und Hausierer durch das neuerfundene Arnica Zahnpulver
zur Pflege von Mund und Zähnen, wundervolles Aroma, verleibt den Zähnen
blendende Weiße, beseitigt den üblen Geruch aus dem Munde, erfrischt den
Atem, wird in 2 Größen als 5 und 6 in geschmackvollen Schachteln à 40
und 60 Pfennig verabreicht. Probesendungen von 1-3 Dutzend mit 25 %
Rabatt, Bei Abnahme von 6 Dutzend mit 33 1/3 % Rabatt, bei Abnahme von 12
Dutzend und mehr 50 % Rabatt. Franco Zusendung bei Einsendung des Betrage.
Direkt zu beziehen von dem Erfinder Rudolf Bronner, Treuchtlingen." |
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Anzeige in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 7. September 1893: "Erklärung.
Schwabach, 5. September (1893). In Nr. 71 vom 4. September des 'Israelit'
wird berichtet, dass das von Herrn Rudolf Bronner in Treuchtlingen
erfundene Zahnpulver unter meiner Aufsicht bereitet werde. Ich erkläre
hiermit, dass ich von der Existenz des Pulvers erst durch die Annonce des
'Israelit' Kenntnis erhielt und daher von einer Beaufsichtigung
meinerseits bei der Herstellung genannten Pulvers nicht die Rede sein
kann.
Löb Wißmann, Distriktsrabbiner." |
Lehrlingssuche der Eisen- und Kolonialwaren-Großhandlung Meyer (1911)
Lehrling
gesucht: In den jüdischen Handlungen wurde der Schabbat gewöhnlich streng
eingehalten. Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1911: "Suche
einen Lehrling mit guter Schulbildung. Schabbat
und Versöhnungstag streng geschlossen. Freie Kost.
A.H. Meyer sen. Treuchtlingen. Eisen- und Kolonialwaren-Großhandlung". |
Anzeige der Eisen- und Eisenwarenhandlung A. Neuburger (1915)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1915: "Lehrling
mit guter Schulbildung gesucht.
A. Neuburger. Eisen- und Eisenwaren. Treuchtlingen." |
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Das Geschäftshaus von A.
Neuburger
auf einer historischen Karte zu
Treuchtlingen -
"Blick auf die
Kirchen" (Quelle: Sammlung
Peter Karl
Müller, Kirchheim/Ries)
vgl. weitere Karten unten |
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Anzeige des Vorstandes der
israelitischen Gemeinde (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1922: "In
Treuchtlingen (40 jüdische Familien) fänden jüdische Handwerker mit
schulpflichtigen Kindern (Schuster, Schneider, Buchbinder etc.) gutes
Auskommen. Eventuell könnte die Synagogendienerstelle mit ca. 2.000 Mark
Erträgnis übertragen werden. Anfragen an den
Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde." |
Anzeige des Pferdehändlers Hermann Lang (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Mai 1922:
"Für
meinen kinderlosen Haushalt suche tüchtige, ordentliche Person gesetzten
Alters.
Hermann Lang, Pferdehandlung, Treuchtlingen (Bayern)". |
Verlobungsanzeige für Emilie Mayer und Alfred Naumburg (1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1922:
"Statt Karten!
Emilie Mayer - Alfred Naumburg. Verlobte.
Treuchtlingen, 3. Elul 5682 / 27. August 1922." |
Stellenausschreibungen der Kolonialwaren- / Lebensmittelgroßhandlung A. H.
Meyer sen. (1923)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1922: "Einige
tüchtige junge Leute für meine Schabbos geschlossene
Kolonialwarengroßhandlung zu baldigem Eintritt gesucht.
A.H. Meyer senior, Treuchtlingen." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1923:
"Für sofort oder später suche ich
1 Lageristen, 1 Kontoristin und
1 Reisenden.
A. H. Meyer sen., Lebensmittelgroßhandlung,
Treuchtlingen." |
Hochzeitsanzeige von Sigmund Würzburger und Mira geb. Mayer (1928)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1928: "Gott
sei gepriesen.
Statt Karten: Herr und Frau Josef Würzburger, Mannheim Frau
Regine Mayer, Treuchtlingen
beehren sich, die Vermählung ihrer Kinder
Sigmund und Mira anzuzeigen.
Trauung: Monat, 15. Oktober 1928 - 2. Marcheschwan 5689, 13.30 Uhr.
Nürnberg, Künstlerhaus." |
Verlobungs- und Trauungsanzeige von Albert Mayer und
Jenny geb. Fulder (1930)
Anzeige
in der CV-(Centralvereins-)Zeitung vom 17. Oktober 1930:
"Albert
Mayer und Jenny Mayer geb. Fulder. Vermählte.
Treuchtlingen. Trauung:
Nürnberg, Künstlerhaus.
21. Oktober 1930 / 29. Tischri 5691." |
Verlobungsanzeige von Käthe Bürger und Robert Müller (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar
1934:
"Statt besonderer Anzeige
Käthe Bürger - Robert Müller. Verlobte.
Treuchtlingen/Bayern Strassburg/Elsass
rue de rosheim 12." |
Anzeige von Philipp Freimann (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Februar
1934:
"Vertreter(innen)
werden gegen gute Provision sofort gesucht.
Philipp Freimann,
Treuchtlingen / Bayern". |
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Historische
Ansichtskarten vom Marktplatz und Umgebung
(alle aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries)
Obere Bildzeile: die Ansichtskarte aus der Zeit um 1900 vom Marktplatz in Treuchtlingen
zeigt drei Anwesen/Gewerbebetriebe in damals jüdischem Besitz: rechts im Vordergrund das Haus Freimann. 1929 und bis 1938 befanden sich darin die Wohnungen
und die Öle-Fette-Handlung der Familien Philipp und Louis Freimann. Dahinter an der Ecke auf der darüber liegenden Straßenseite
das repräsentative Haus von Adolf Neuburger mit der Eisenwarengroßhandlung.
Dem Eingang des Hauses Freimann gegenüber liegend vor dem Rathaus das Textilgeschäft
Oestreicher.
Zum Anwesen Neuburger: aus dem bereits 1574 genannten Anwesen - ab 1744 eine Wirtschaft (später Zum Ochsen)
- wurde 1858 das repräsentative Haus der Familie Neuburger mit der Eisenwaren-Großhandlung von Albert Isidor
Neuburger.
Weitere Informationen siehe bei Walter E. Keller (s. Lit.) S. 46.62-63.67.68. |
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Blick über den
Marktplatz
mit dem Rathaus |
Ausschnitt links: das
Haus
der Familie Oestreicher |
Das Haus der Familie
Adolf Neuburger (vgl. Karte oben) |
Das Haus der
Familie Freimann |
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Weitere Ansichtskarte
von Treuchtlingen: "Partie mit dem Rathaus". Die Karte wurde versandt am
21. Dezember 1924 nach Raitenberg; am rechten Kartenrand ist das Haus der Familie Neuburger
mit der Eisenwaren-Großhandlung Albert Neuburger zu sehen (mit einem Schaufenster,
über dem zu lesen ist: "Öfen & Herde, Haushaltungsartikel". Links direkt neben dem Rathaus
ist das Anwesen und Textilgeschäft Oestreicher mit dem Schriftzug "Ulrich Oestreicher"
zu erkennen. |
Weitere
Ansichtskarte von Treuchtlingen: "Markt mit Blick in die Kirchenstraße ".
Dise Karte wurde versandt nach Regensburg am 21. Juni 1931.
Auch auf dieser Karte ist die Eisenwaren-Großhandlung von Albert Isidor Neuburger zu sehen;
rechts das Anwesen Brandt, das früher zeitweise in jüdischem Besitz
war.
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Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Theresa
Obermeier geb. Hertzfelder aus Sulzbach (gest. 1879) und Isaac Obermeier aus
Treuchtlingen (1811-1875)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.
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Grabstein für
"Theresa Obermeier nee Hertzfelder,
Born Sulzbach Bavaria,
Died New York April 26, 1879" und für
"Isaac Obermeier
Born October 1811 in Treuchtlingen, Germany,
Died at New York, November 27th 1875". |
Postkarte an Max Hänlein (1883-1888)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim /
Ries)
Postkarte
an Max Hänlein, Pferdewärter
in Pappenheim, später Treuchtlingen
(Karte von 1883-1888) |
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Es handelt sich um eine Antwortkarte, die zusammen mit einer normalen Postkarte
verschickt wurde, um dem Empfänger die Portokosten der Antwort zu ersparen.
Leider ist die Rückseite nicht beschrieben. Es befindet sich dort nur ein nicht lesbarer
Poststempel. Anhand des auf der Karte abgebildeten Wappens lässt sich die Verwendungszeit
der Karte in etwa auf die Jahre 1883 bis 1888 bestimmen.
Die Antwortkarte ist adressiert an Max Hänlein, Pferdewärter in Pappenheim.
Max Hänlein ist 1864 in Pappenheim geboren, war von Beruf Kaufmann und Reisender. Später
wohnte er in Treuchtlingen. Ermordet am 26. September 1942 in Treblinka.
Quelle: http://www.treuchtlingen.de/fileadmin/media/Juden_in_Treuchtlingen/Haenlein.pdf
vgl. das Buch von Walter E. Keller_ Jüdisches Leben in Treuchtlingen, Walter E. Keller, 2010.
S. 127. |
Zur Geschichte der Synagoge
Ende des 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besuchten die in
Treuchtlingen zugezogenen jüdischen Familien die Synagoge in Pappenheim. Vermutlich
dürfte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Treuchtlingen selbst ein
Betsaal
eingerichtet worden sein. Eine erste Synagoge wurde 1730 erstellt. Durch die starke Zunahme der jüdischen
Bevölkerung am Ort plante man um 1815 den Bau einer neuen Synagoge. Sie wurde 1818/19 unter Verwendung von Teilen der alten Synagoge
an ihrer Stelle erbaut. Die feierliche Einweihung der neuen Synagoge war am 10.
September 1819, worüber in einem Artikel der Zeitschrift "Sulamith"
(Jg. 6 Bd. 1 1819-21) berichtet wird:
Königreich Bayern. Markt Treuchtlingen, Landgerichts
Heidenheim, von 10ten September 1819. (Verspätet). Ein von allem Menschen- und Glaubenshass
reiner Sinn und Geist sprach sich am 10ten dieses Monats bei der Einweihung der
fast ganz neu erbauten Synagoge der Israelitischen Gemeinde zu Markt
Treuchtlingen aus, wobei sich besonders der Herr Landrichter Schneider, und der
Herr Rentbeamte Mozart, als hell- und edeldenkende Männer bewiesen haben. Denn
unter Paradierung und Bedeckung eine Abteilung der dortigen Königlichen Landwehr-Kompanie
und Begleitung ihrer vorzüglichen Musik begann der wohlgeordnete Zug der ganzen
Israelitengemeinde daselbst, von der Wohnung des Vorstehers Josef Haimann aus.
Voraus gingen die jüdische Schuljugend, die Mädchen in weißer Kleidung mit
Bändern der Bayrischen Nationalfarbe geziert, geführt von ihren Lehrern.
Darauf folgte die Musik mit zwei jüdischen Sängern, die auf dem Marktplatze
und kurz vor der Synagoge einen deutschen und hebräischen Gesang zum Lobe des
Allerhöchsten anstimmten. Nach diesen kamen der erste Assessor und Herr Aktuar
Weiß vom Königlichen Landgericht Heidenheim, viele katholische und
evangelische Beamten und andere Honoratioren. Nach diesem wurden die
Gesetzrollen von den angesehensten Israeliten des Ortes getragen, denen eine
Abteilung der Königlichen Landwehr zur Seite ging, ihnen folgten die Männer
und Jünglinge der Treuchtlinger und anderer benachbarten Israelitengemeinden,
und den Schluss machten die Frauen und Mädchen. Als der ganze Zug in den
schöngeschmückten jüdischen Tempel eingetreten war, erfolgte unter Gebeten
und Gesängen die Einweihung und nachdem ein jüdischer Jugendlehrer eine
passende Rede gesprochen hatte, entfernten sich die Christen, begleitet von den
Dankgefühlen der Israeliten. Möge sich eine solche friedliche einträchtige
Gesinnung der Christen gegen die Israeliten allenthalben aussprechen! |
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Link zur Festschrift zur Einweihung der
Synagoge: "Die Israelitische Tempelhalle oder die neue
Synagoge im Mt. Treuchtlingen, ihre Entstehung, Einrichtung und Einweihung
nebst der dabei gehaltenen Rede von N. B. Horwitz, Israelitischem
Privatlehrer daselbst". 1820.
Eingestellt
als pdf-Datei. |
Fast 120 Jahren lang war die Synagoge in Treuchtlingen Mittelpunkt des
religiösen Lebens der jüdischen Gemeinde der Stadt.
In der NS-Zeit kam es schon vor 1938 zu Aktionen gegen die Synagoge. So
wurden im September 1936 deren Fenster eingeschlagen. Beim Novemberpogrom 1938
wurde die Synagoge mit allem Inventar, den Torarollen und den Ritualien
niedergebrannt. Die städtische Feierwehr war anwesend und schützte die
Nachbarhäuser. Auch die beiden Wohnhäuser und das rituelle Bad der Gemeinde
wurden in Brand gesetzt. Das Synagogengrundstück wurde von der Stadt gegen
Verrechnung der Abbruchkosten übernommen.
Eine Gedenk- und Informationstafel wurde vor einigen Jahren am
Synagogengrundstück aufgestellt.
Adresse/Standort der Synagoge: Uhlengasse 5 und 7
Fotos der Synagoge und einige ihrer wertvollen Ritualien, die allesamt beim Novemberpogrom 1938 vernichtet wurden:
(Fotos der Ritualien von Theodor Harburger Juni 1927 und
August 1928, veröffentlicht in: Th. Harburger: Die Inventarisation jüdischer
Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern, Hg. von den Central Archives Jerusalem
und dem Jüdischen Museum Franken in 3 Bänden 1998; Foto der Synagoge vor 1938 in
Pinkas Hakehillot Bd. Bavaria hrs. Yad Vashem Jerusalem 1972 S. 311)
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Die Synagoge in Treuchtlingen
(vor 1938) |
Tora-Vorhang (Parochet)
aus
dem Jahr 1722 |
Weiße Leinendecke mit
Filetmotiven
aus dem Jahr 1624 |
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Tora-Aufsatz (Rimmon) aus dem
Jahr 1808 |
Silberkorb aus dem Jahr 1818 |
Seder-Teller zum Passafest |
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Etrog-Behälter aus dem Jahr
1776/80 |
Besamim-Büchse |
Etrog-Behälter aus dem Jahr
1776/80 |
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Das Synagogengrundstück 2006
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.7.2006) |
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Blick über das Grundstück
der ehemaligen Synagoge |
Gedenktafel mit
Hinweisen zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Treuchtlingen |
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Modell der
Treuchtlinger
Synagoge |
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Ein Modell der
Treuchtlinger Synagoge im Maßstab 1 : 25 ist im Volkskundemuseum in
Treuchtlingen
(Heinrich-Aurnhammer-Str. 12, Tel. 09142-3840, Info)
zu sehen. |
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Erinnerung im
Jüdischen Museum
in Fürth |
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Toraaufsatz, der
möglicherweise aus der
Synagoge von Treuchtlingen stammt
(Jüdisches
Museum in Fürth; Foto: Hahn,
Aufnahmedatum 21.10.2007) |
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Die
Gedenkstätte am 'Judenstadel'
seit November 2009
(siehe Bericht unten; Quelle:
Walter E. Keller, Treuchtlingen) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Oktober
2009: Besuch aus Jerusalem: Die
Enkelin von Albert Mayer und Bernhard Fulder besuchte ihre Geburtsstadt
Treuchtlingen
(Artikel
im "Treuchtlinger Kurier" vom 26.10.2009, eingestellt als
pdf-Datei) |
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November
2009: Die neue Gedenkstätte wird
eingeweiht |
Artikel
im "Treuchtlinger Kurier" (sta) vom 10. November 2009:
"Gedenkstätte am 'Judenstadel': Das Erinnern wächst. Die ersten
jüdischen Namen erhielten am Sonntag ihre Paten.
Treuchtlingen (sta) - Das Gedenken an die Reichspogromnacht im Jahr 1938
hat seit Jahren einen festen Platz im kulturellen Leben Treuchtlingens. In
diesem Jahr wurde der Gedenktag in besonderer Weise begangen: Die
Gedenkstätte neben dem ehemaligen 'Judenstadel', der heutigen
Stadtbibliothek, erhielt ihre ersten vier Namenssterne. Eigens zu dieser
Feierstunde war der Urenkel des Treuchtlinger Ehrenbürgers Elkan
Naumburg, Dr. Christopher London, in die Altmühlstadt
gekommen..."
Zum weiteren Lesen des Artikels bitte Textabbildung anklicken; der
Artikel ist auch eingestellt als pdf-Datei.
Dazu auch der Text:
"Die ersten 'Sterne der Erinnerung' - Wachsendes Gedenken an
jüdische Bürger in Treuchtlingen". |
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Juni 2010:
Treffen von Bürgermeister Werner Baum und
weiteren Personen mit Personen in Israel, die in Treuchtlingen ihre
Wurzeln haben |
Artikel im "Treuchtlinger Kurier"
vom 14. Juni 2010 (Artikel;
pdf-Datei):
"'Botschafter' Treuchtlingens zu Besuch in Jerusalem:
'Wir sind gute Freunde geworden' - Zusammentreffen mit Angehörigen der Familien Bürger, Mayer, Naumburg, Fulder und Kurzweil
TREUCHTLINGEN – Zu einem offiziellen Besuch reisten Bürgermeister Werner Baum, Stadtrat Stefan Fischer und Verleger Walter Keller für fünf Tage nach Israel. Die Begegnung in Jerusalem mit vielen Menschen, die ihre Wurzeln in Treuchtlingen haben, war für sie ein eindrückliches Erlebnis. Die Offenheit der Begegnung und zugleich die Verbundenheit mit Treuchtlingen, die sie von ehemaligen Treuchtlinger Juden, ihren Angehörigen und Nachkommen erfahren haben, werden sie nicht vergessen,
ebenso wenig die Besuche der heiligen Stätten in Jerusalem, Bethlehem, Nazareth und am See Genezareth.
Vor 30 Jahren besuchten Amram Kurzweil und seine Frau Sigrid als erste Gäste nach der schrecklichen Zeit Treuchtlingen. Amram, der in Deutschland Adolf hieß, war der Sohn des letzten jüdischen Kantors in Treuchtlingen, Moses Kurzweil. Das Ehepaar war offiziell von der Stadt eingeladen worden. Auch sein Bruder Isi Kurzweil kam 1984 mit seiner Frau nach Treuchtlingen. Beide hatte zuvor Walter Keller in Israel bei einer Journalistenreise getroffen. In einem Schreiben an den damaligen Bürgermeister Hans Döbler wünschte sich Kurzweil, dass diese
'alt-neuen' Beziehungen aufrechterhalten werden.
Ein Zufall war damals im Spiel, als bei einem Geschäftskontakt die gebürtigen Treuchtlinger Fritz Dollhopf und Amram Kurzweil aufeinandertrafen und dies gegenseitige Besuche auslöste. Auch eine Reisegruppe der ev. Kirchengemeinde unter Leitung von Pfarrer Reinhard Schmitz besuchte 1984 Israel und traf mit den Kurzweil-Brüdern zusammen.
Dann gab es 25 Jahre lang keine offiziellen Beziehungen mehr zu den ehemaligen Treuchtlingern. Es war wieder einem Zufall zu verdanken, dass es jetzt erneut intensive Kontakte zwischen Treuchtlingen und den einstigen jüdischen Bürgern und deren Nachfahren gibt. Yehezkel Naumburg besuchte 2008 mit seiner Familie Treuchtlingen. Auf der Straße fragte er die Frau eines Treuchtlinger Arztes nach dem Haus seiner Vorfahren. Die konnte ihm zwar nicht weiterhelfen, aber ließ sich seine Visitenkarte geben. Bei einer Israel-Reise mit der kath. Pfarrgemeinde im gleichen Jahr nahm sie in Jerusalem telefonisch Kontakt mit ihm auf. Ein Treffen scheiterte am engen Zeitplan der Treuchtlinger Reisegruppe. Wieder zu Hause, sandte sie ihm jedoch das soeben erschienene Buch
'Jüdisches Leben in Treuchtlingen', herausgegeben von Walter Keller.
Dieses Buch machte die Runde unter den ehemaligen Treuchtlingern in Jerusalem und ihren Nachkommen. Es entwickelte sich ein lebhafter Austausch per Telefon und E-Mail mit den Jerusalemern. Zeitgleich wuchs in Treuchtlingen das Denkmal für die ehemaligen jüdischen Mitbürger. Im Sommer letzten Jahres wurde die vom Lions Club Altmühltal gesponserte Grundstele übergeben, im November kamen dann die ersten Sterne der Erinnerung aus Spenden von Bürgern, Firmen und Institutionen hinzu.
Aus diesem Anlass besuchte Mirjam Riegler, geb. Mayer, die in Treuchtlingen ihre ersten Lebensjahre verbracht hatte, nach über 70 Jahren Treuchtlingen. Sie wurde von ihrem Mann Dr. Michael Riegler begleitet.
Der vielfach ausgesprochenen Einladung nach Jerusalem folgten jetzt Bürgermeister Baum, Stadtrat Fischer, der sich im Arbeitskreis
'9. November' für das Denkmal engagiert hatte, und der Herausgeber des Buches über die jüdische Gemeinde, Walter Keller, der die Reise auch arrangiert hatte. Als Botschafter der Stadt Treuchtlingen reisten sie in offizieller Mission, wenn auch auf eigene Kosten.
Zu der Begegnung in einem Cafe in der neuen Jerusalemer Prachtmeile Mamilla Street waren 23 ehemalige Treuchtlinger bzw. ihre Kinder, Enkel und sonstigen Anverwandten aus den Familien Mayer, Fulder, Naumburg und Bürger gekommen. Sigrid Kurzweil, die Witwe von Amram Kurzweil, war eigens mit dem Taxi aus Nethanja an der Küste nach Jerusalem angereist.
Abraham Mayer, 1927 in Treuchtlingen als Alfred Hugo geboren, hielt die offizielle Begrüßungsansprache. Der 83-Jährige, der 1938 nach der Reichspogromnacht mit seiner Familie geflohen war, kann sich noch gut an die bösen Zeiten erinnern. Wörtlich sagte er:
'Man kann sich nicht vorstellen, wie schlimm der Antisemitismus in Treuchtlingen war. Es gab nur wenige, die menschlich waren.' So schickte ein ehemaliger Angestellter seines Großvaters der nach Berlin geflohenen Familie Lebensmittelpakete. Er durfte es aber nicht wagen, die Sendungen in Treuchtlingen aufzugeben, sondern musste dies von einem Nachbarort aus tun.
In seiner Antwort zeigte sich Bürgermeister Baum sehr berührt von dieser Begegnung. Ihm liege es am Herzen, die Beziehungen zu den ehemaligen Treuchtlingern und ihren Angehörigen wieder aufzunehmen. Wichtig sei es ihm auch, dass mit dem wachsenden Denkmal an die ehemaligen Treuchtlinger erinnert wird,
'die Jahrhunderte unter uns gelebt und viel zum Wachsen von Treuchtlingen beigetragen haben'. Er lud alle Treuchtlinger in Jerusalem offiziell zu einem Besuch ein. Bei den Gesprächen wurde deutlich, dass viele von ihnen immer wieder einmal in der Stadt waren, den Friedhof besucht hatten, aber keinen Ansprechpartner kannten oder fanden. Das ist jetzt anders geworden. Beim Austausch von Gastgeschenken brachte es Dr. Michael Riegler auf den Punkt:
'Wir sind schon gute Freunde geworden.' Diese Äußerung kam unerwartet – angesichts der Last der Geschichte. Deutlich wurde dies den Reisenden insbesondere bei einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. In deren Archiv zeigte ihnen
Dr. Jacob Borut nicht nur das Gästebuch von Auschwitz-Kommandant Rudolf Höss, sondern auch die Original-Aufzeichnungen von Moritz Mayer über die ihm in Treuchtlingen und im KZ Dachau widerfahrenen Gräuel. Das erschütternde Dokument ist übrigens im Wortlaut in dem Buch
'Jüdisches Leben in Treuchtlingen' abgedruckt. Herausgeber Keller übergab sein Werk offiziell an die Bibliothek von Yad
Vashem.
Moritz Mayer gehörte zu der weitverzweigten Unternehmerfamilie, die in der Hauptstraße ein Bankhaus und ein Großhandelsgeschäft unterhielt. Die heutige Stadtbücherei, neben der das Denkmal steht, war ihr Lager. Moritz ist der Vater von Abraham Mayer, der die Gäste sehr warmherzig begrüßte, obwohl er als Junge Demütigungen in Treuchtlingen erfahren musste.
Die mitgebrachten Fotos vom wachsenden Treuchtlinger Denkmal und von der neuen jüdischen Abteilung im Volkskundemuseum fanden große Aufmerksamkeit in Jerusalem. Aber auch dort wird an Treuchtlingen erinnert. Im Tal der Gemeinden in Yad Vashem finden sich in einem Steinlabyrinth die Namen von über 5000 jüdischen Gemeinden, die während des Holocausts vernichtet wurden. Hier ist der Schriftzug
'Treuchtlingen' in deutscher und hebräischer Sprache in Stein gemeißelt.
pm." |
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Fotos der
Israelreise (erhalten von Walter E. Keller, Treuchtlingen) |
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Gruppenbild bei
der Israel-Reise mit den
Angehörigen/Nachkommen früherer
Treuchtlinger jüdischen Familien |
Autor Walter E.
Keller überreicht ein
Exemplar seiner Buches an Dr. Jacob Borut
(siehe Artikel oben) |
Im "Tal der
untergegangenen jüdischen
Gemeinden" in Yad Vashem in
Jerusalem;
links Bürgermeister Werner Baum |
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November
2011: Weitere drei Namenssterne werden
zum Gedenktag an den Novemberpogrom 1938 auf dem "Bürgerdenkmal" ergänzt |
Foto
links: Bürgermeister Werner Baum am "Bürgerdenkmal" während
seiner Ansprache am 9. November 2011
2008 als "wachsendes Denkmal" initiiert und 2009 begonnen, wurden die
"Sterne der Erinnerung" für die jüdischen Bürger Treuchtlingens bereits 2011 fertiggestellt. Die auf einer zentralen Betonstele aufsitzenden Davidsterne in Edelrost-Metall tragen jeweils drei Familiennamen. Es ist kein Denkmal nur für Opfer der Schoah; die insgesamt dreißig Namen stehen für alle jüdischen Familien, die in Treuchtlingen wohnten – die von Rabbinen, Kantoren und Kleinhändlern ebenso wie die von Lehrern, wohlhabenden Kaufleuten oder eines Arztes, die einst Kultur, Wirtschaft und Gemeinwesen
Treuchtlingens bereichert haben. Einige starben im Ersten Weltkrieg, andere waren in den Magistrats- bzw. Stadtrat gewählt. Einige wanderten – auch schon im 19. Jahrhundert – vor allem nach Amerika aus, manche schafften in den 1920ern und 1930ern den Sprung nach Palästina. Alle noch hier Lebenden verließen Treuchtlingen nach dem 10. November 1938, für viele der erste Schritt hin zur Deportation in Konzentrationslager.
Jeder Name wurde von Bürgern, Institutionen, Vereinigungen, Schulen, den Stadtratsfraktionen nebst Bürgermeistern und Ortssprechern, Firmen und einer Stiftung gesponsert, die Stadt Treuchtlingen hat sich um das Grundstück, das Umfeld und die Arbeiten am Denkmal gekümmert. Es hat seinen Platz neben der jetzigen Stadtbücherei im so genannten
"Judenstadel", der Lagerscheune der Großhändler-Familie Mayer nahe des Rathausplatzes – inmitten der Stadt, wo sich früher auch die Häuser der jüdischen Einwohner befanden.
cm.
Foto und Text erhalten von Christel Keller, Treuchtlingen für den
Arbeitskreis 9. November). |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Bd. II,2 S. 825. |
| "Die Israelitische Tempelhalle oder die neue
Synagoge im Mt. Treuchtlingen, ihre Entstehung, Einrichtung und
Einweihung nebst der dabei gehaltenen Rede von N. B. Horwitz, Israelitischem
Privatlehrer daselbst". 1820. Eingestellt
als pdf-Datei. |
| Siegfried Haenle: Geschichte der Juden im ehemaligen Fürstenthum
Ansbach. Ansbach 1867. S. 122.139. |
| Baruch Z. Ophir / Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. S.
232-234. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 184-185. |
| Walter
E. Keller (Hrsg.): Jüdisches Leben in Treuchtlingen von Walter E. Keller (Herausgeber)
- Geschichte und Geschichten.
Geschichtliche Tatsachen und Geschichten über einzelne Personen erzählen in diesem Buch vom einst blühenden jüdischen Leben in Treuchtlingen, von hier gebürtigen Juden, die es zu Ruhm und Ansehen in der Welt gebracht haben, und den Schicksalen anderer, deren Lebensläufe sich spannender lesen als ein Abenteuerroman. Und berichtet wird von Menschen und Umständen, die dazu beitrugen, dass jüdisches Leben in Treuchtlingen und anderswo aus ideologischem Fanatismus ausgelöscht wurde. Jüdische Geschichte und Verfolgung am Beispiel einer fränkischen Kleinstadt, in der es einst eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden in Bayern gab.
Format 14,8 × 20,0 cm - 182 Seiten - ISBN: 978-3-934145-62-7 Paperback
€ 14,80
(Infos zur Bestellung auf der
Verlagsseite) |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band II:
Mittelfranken.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Angela Hager, unter Mitarbeit von
Frank Purrmann und Axel Töllner. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern, Teilband 2: Mittelfranken. Lindenberg im Allgäu 2010.
Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-89870-448-9. Abschnitt zu Treuchtlingen S.
652-662. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Treuchtlingen (among Jews, also
Troilingen) Middle Franconia. Germany. Jews were among the victims of the Black
Death persecutions of 1348-49. In the 17th and 18th centuries, they lived under
letters of protection and constituted one of the important communities in
Bavaria. New synagogues were built in 1730 and 1819. A Jewish school was open
from 1877 to the Nazi period. In 1837 the Jewish population was 282 (total
1,590), declining to 168 in 1867 and 119 in 1933 (total 4,237). In 1936, Jews
were attacked on trains and Jewish children were expelled from the local school.
On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned to the ground.
By the end of the year, all but two of the Jews had left the town, most to other
German cities.
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