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im Kreis Offenbach"
Dreieichenhain mit
Götzenhain und Offenthal (Stadt Dreieich, Kreis
Offenbach)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Dreieichenhain bestand eine jüdische
Gemeinde bis um 1930. Bereits 1428 werden Juden in Dreieichenhain genannt,
in den folgenden Jahrhunderten waren offenbar immer einige
"Schutzjuden" ansässig. Die Zahl der jüdischen Familien am Ort blieb
jedoch klein. Zeitweise gehörten sie zur Gemeinde in Langen,
zeitweise bildeten sie gemeinsam mit den in den umliegenden Orten lebenden
jüdischen Familien eine gemeinsame Gemeinde.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1861 32 jüdische Einwohner, 1890 40. Die jüdischen Familienvorstände
waren als Metzger, Textilhändler und Viehhändler tätig. In der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten mehrere von ihnen offene Handlungen
beziehungsweise Kaufläden am Ort.
Zur jüdischen Gemeinde in Dreieichenhain gehörten auch die wenigen in
(Dreieich-)Götzenhain
(1924 4) und (Dreieich-)Offenthal lebenden jüdischen Personen.
Im benachbarten Dietzenbach
bestand eine kleine eigene jüdische Gemeinde, allerdings ohne Synagoge. Die
dortigen jüdischen Einwohner besuchten die Gottesdienste in Dreieichenhain und
in Heusenstamm.
An Einrichtungen bestanden im "Judenhaus" in der Fahrgasse
(s.u.) eine Synagoge (Betraum, s.u.), eine jüdische Schule sowie ein rituelles Bad.
Dazu hatte die Gemeinde einen Friedhof. Die
Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk Offenbach am Main.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 19 Personen gehörten, waren die
Gemeindevorsteher Ruben Strauß und Emanuel Bendheim (letzterer Götzenhain). Die damals noch drei
schulpflichtigen jüdischen Kinder der Gemeinde erhielten ihren
Religionsunterricht durch Lehrer Leopold Kaufmann aus Sprendlingen.
Da die Zahl der jüdischen Einwohner bereits in den 1920er-Jahren so
zurückgegangen war, dass ein selbständiges jüdisches Gottesdienst- und
Gemeindeleben kaum mehr möglich war, wurden die in Dreieichenhain lebenden
jüdischen Personen um 1930 der Gemeinde in Offenbach am Main
zugeteilt.
1933 lebten noch 18 jüdische Personen in fünf Familien in Dreieichenhain.
In
den folgenden Jahren sind alle von ihnen auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Fünf Personen (Familie
Otto Strauß) emigrierten 1938 beziehungsweise 1939 nach Südamerika; andere
waren zum Teil schon 1935, die letzten 1938 nach Frankfurt verzogen. Von
Frankfurt aus konnte der Sohn des Kaufmanns Siegmund Manasses aus nach Paraguay
auswandern. Von den von Frankfurt aus Deportierten überlebte aus Dreieichenhain
nur Siegfried Grünebaum, Sohn des Metzgers Jakob Grünebaum. Seine Familie war
am 11. November 1941 von Frankfurt am Main aus nach Minsk (Russland) deportiert
worden. Er selbst war in den Lagern Minsk, Budzyn bei Majdanek, Auschwitz und
Flossenbürg.
In Götzenhain hatte 1933 eine jüdische Familie gelebt. Der Metzger
Emanuel Bendheim (Wohnung Wallstraße 21) verließ am 18. November 19838 mit
Frau und Sohn seinen Heimatort und ging nach Frankfurt. Sein Geschäft war beim
Pogrom am 10. November 1938 völlig verwüstet worden. Seine Tochter war bereits
1936 in die USA emigriert. An Familie Bendheim erinnern
"Stolpersteine" (siehe Bericht zur Verlegung
unten).
Von den in Dreieichenhain geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Bacharach geb.
Goldschmidt (1868), Amalie Frohmann geb. Grünebaum (1873), Berta Grünebaum
(1885), Ferdinand Grünebaum (1875), Jakob Grünebaum (1883), Manfred Grünebaum
(1921), Amalie Jonas geb. Strauß (1882), Sigmund Manasses (1873), Johanna
Metzler geb. Neu (1882), Ida Recha Neu (1892), Jenny Neu geb. Grünebaum (1882),
Klara Neu (1891), Max Neu (1889), Ida Rosenthal geb. Grünebaum (1878), Albert
Strauss (1889).
Aus Götzenhain ist umgekommen: Johanna Adler
(1874).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die jüdischen Einwohner in den Landgemeinden werden weniger (1921 / 1922)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 30. Juni 1921: "Kreis Offenbach. Zum Rabbinatsbezirk
Offenbach werden immer noch 12 jüdische Gemeinden zählen, wovon Dietzenbach
und Dreieichenhain die kleinsten Gemeinden sind. Wenngleich
dieselben keinen Lehrer mehr haben, so ist doch für Religionsunterricht
von auswärts genügend gesorgt. Größere Gemeinden bilden Bürgel,
Seligenstadt, Steinheim
und Sprendlingen. - Einer der
ältesten Glaubensgenossen unserer Umgegend ist der 86-jährige G. Mayer
in Messel. Derselbe wurde noch von dem
verstorbenen Rabbiner Dr. Formstecker - Offenbach zum Schochet
autorisiert." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. September 1922: "Aus
dem Kreise Offenbach. In dem letzten Jahrzehnt sind auch einige
Gemeinden des Kreises ganz bedeutend an Seelenzahl zurückgegangen. So die
Gemeinden Dietzenbach, Dreieichenhain und Weiskirchen.
In Bieber sind fast alle eingewanderten Polen wieder nach ihrer Heimat zurückgekehrt.
In Obertshausen und Hausen h.d.S. wohnten früher auch einige
israelitische Familien. Es ist infolge der kritischen Zeiten zahlreichen
kleinen Gemeinden nicht mehr möglich, einen Kultusbeamten anzustellen,
und auf Zuwachs ist nicht mehr zu rechnen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Der Betraum der jüdischen Familien am Ort sowie die jüdische
Schule und das rituelle Bad befanden sich in einem Fachwerkhaus ("Judenhaus")
in der Fahrgasse. Vermutlich wurden bereits 1714 in diesem Gebäude diese
Einrichtungen geschaffen. Das Gebäude war nicht als jüdisches Bet- oder
Gemeindehaus erstellt worden; vielmehr handelte es sich um ein jüdisches
Wohnhaus mit Laden, in dem auch der Betraum und die anderen Einrichtungen Platz
fanden. Der Zugang zum Betsaal lag über den seitlich gelegenen Hof auf der
Längsseite des Gebäudes. Im vorderen Teil befand sich in den 1920er-Jahren ein
Schuhgeschäft.
Bis nach 1933 wurden die Einrichtungen von den am Ort lebenden jüdischen
Familien genutzt.
Noch vor dem Novemberpogrom 1938 ging das Gebäude in nichtjüdischen Besitz
über. Der neue Besitzer baute das Gebäude zu einem Wohnhaus um, wobei er das
Dachgeschoss ausbaute und eine Zwischendecke einzog. Das Gebäude ist bis zur
Gegenwart erhalten; eine Hinweistafel ist angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Fahrgasse
49
Fotos
(Quelle: sw-Fotos: Th. Altaras s. Lit. 1988 S. 171; Farbfotos: Hahn, Aufnahmedatum 3.8.2008)
Historische Fotos des
Synagogengebäudes
in Dreieichenhain |
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Die Fahrgasse, im Hintergrund
das "Judenhaus"
(drittes Haus von rechts, um 1910)) |
Die Fahrgasse mit dem
"Judenhaus"
(= drittes Haus von links, um 1925) |
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Neuere Fotos |
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Blick entlang der
Fahrstraße |
Das
ehemalige jüdische Gemeindezentrum |
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Hinweistafel mit
dem Text: "Ritualbad. Juden sind im Hain schon seit 1428 ansässig.
Ein Betsaal und eine Schule entstanden in diesem Gebäude im Jahre 1714.
Im Kellergeschoss befand
sich ein Ritualbad. Von 1909 bis 1911 war im
Hinterhaus das erste Heimatmuseum untergebracht." |
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Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
Anmerkung: In Dreieichenhain wurden erstmals
am 24. Januar 2006 siebzehn Stolpersteine zur Erinnerung an die aus
dem Ort vertriebenen, teilweise umgekommenen jüdischen Personen verlegt. Am 24. Januar 2009
wurden
weitere sechs Steine in Götzenhain verlegt, die seitdem an nichtjüdische Opfer der NS-Zeit und
die jüdische Familie Bendheim erinnern; diese musste aus
Dreieichenhain fliehen.
(Foto: hr-Presseservice;
Foto von Christopher Bernhard) |
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Januar 2009:
In Dreieichenhain-Götzenhain werden
"Stolpersteine" verlegt, darunter für die jüdische Familie
Bendheim |
Artikel in der "Offenbach-Post" vom 25. Januar 2009 (Artikel
in op-online)
Dreieich - Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte sechs Stolpersteine in Götzenhain
Götzenhain Die Spitze seines rechten Schuhs ist so abgewetzt, dass die Stahlkappe blank hervorglänzt. Das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich nimmt der Kölner Künstler Gunter Demnig immer eine gewisse Haltung ein, wenn er seine Stolpersteine verlegt. Und das waren in den vergangenen Jahren mehr als 18 000 an 406 Orten.
Nun kniet er am Samstagvormittag vor dem Haus Nummer 53 in der Langener Straße und verlegt einen von insgesamt sechs Stolpersteinen in Götzenhain. Diese zehn mal zehn mal zehn Zentimeter großen Steine sollen an die Opfer der Nazi-Herrschaft erinnern. Weitere installiert er in der Wald- und in der Brühlstraße. Trotz dieser Menge und obwohl
'ich nichts anderes mehr tue', kommt bei ihm nie Routine auf. Im Gegenteil.
'Wenn ich die Buchstaben einschlage in die Platte, bekommt der Stein eine
Bedeutung', sagt Demnig nach der Aktion..." |
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Hinweis auf Führungen zu den Spuren der
jüdischen Geschichte am Ort |
Hinweis:
Es ist möglich, über den "Geschichts- und Heimatverein
Dreieichenhain e.V." eine Führung "Spaziergang entlang der
Stolpersteine" und "Der Jüdische Friedhof in
Dreieichenhain" zu buchen. Manuela Schneider, die zum Leben und
Schicksal der jüdischen Einwohner von Dreieichenhain gründlich recherchiert
hat, begleitet die Besucher auf den Spuren der jüdischen Geschichte und
der jüdischen Familien am Ort.
Foto links aus einer Seite
des "Geschichts- und Heimatvereins Dreieichenhain e.V.":
Kontakt über die Geschäftsstelle des Vereins bzw. die
Touristinformation, Frau Behr, Tel. 06103-8049640. |
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September 2013:
Führung entlang der Stolpersteine und zum
jüdischen Friedhof Dreieichenhain |
Quelle: Presseservice des Hessischen
Rundfunks vom 18. September 2013: "Führung entlang der Stolpersteine und zum jüdischen Friedhof Dreieichenhain.
Eine Veranstaltung im Begleitprogramm der Ausstellung 'Legalisierter Raub'
Seit sieben Jahren liegen in Dreieichenhain siebzehn Stolpersteine. Sie erinnern an Juden, die über viele Generationen in Dreieichenhain Teil der
Dorfgemeinschaft waren – bis zu den Ereignissen der Reichspogromnacht am 9. und
10. November 1938. Manuela Schneider hat die Geschichten der Familien
erforscht und die Verlegung der Stolpersteine initiiert. Am Sonntag, 22. September, gibt sie während einer Führung ab 15 Uhr einen Einblick in die Schicksale der letzten Juden im Ort. Die Teilnehmer treffen sich auf der Burgbrücke der Burg Hayn (Fahrgasse 52).
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Begleitprogramms zur Ausstellung
'Legalisierter Raub', die der Hessische Rundfunk und das Fritz Bauer Institut bis zum Sonntag, 10. November, im Dreieich-Museum zeigen. Die Ausstellung ist donnerstags und samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Für Schulen und Gruppen öffnet sie auf Anfrage außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten. (Dreieich-Museum: 06103-84914 oder 06103-8049640,
info@dreieich-museum.de)
Kontakt: Hessischer Rundfunk - Kommunikation / Ausstellungen
Dr. Bettina Leder-Hindemith Tel.: 069 / 155-4038 Handy: 0173 / 6557351
Mail: Bettina.Leder-Hindemith[et]hr.de
Dreieich-Museum: Corinna Molitor Tel: 06103 / 84914
Mail: corinna.molitor[et]dreieich-museum.de" |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 143. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 171-172. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 142 (ohne weitere
Informationen). |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
358-359.
Hinweis: in der Neuauflage 2007² ist ein falsches Foto zu Dreieichenhain
aufgenommen worden. Das Foto Nr. 187/2 [1988] wurde durch ein anderes Foto
(nicht aus Dreieichenhain!) Nr. 187 Abb.1 [2007] ersetzt. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 271-273. |
| Kein Artikel zu Dreieichenhain in Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch). |
| Dreieichenhain im Wandel: 750 Jahre Stadt im Zentrum
Europas. Hrsg.: Cives in Hagen - 750 Stadtrechte Dreieichenhain e.V.
Geschichts- und Heimatverein e.V. Dreieichenhain (www.burg-hayn.de
). Dreieich Hayner Burgverlag 2005. Darin die beiden Aufsätze:
- Manuela Schneider: Die letzten Juden im Hayn. ".
273-286.
- Peter Hörr: Der jüdische Friedhof in Dreieichenhain. S.
287-309. |
n.e.
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